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 Recht >  Mustertexte > Stiefkindadoption

Kurzer Ratgeber für Stiefkindadoptionen

Inhalt:

Inhalt:
1. Hinweis
2. Zur Rechtslage
3. Vereinbarungen
4. Formulierungsvorschläge
--- 4.1. Wohl des Kindes
--- 4.2. Einwilligung des Samenspenders
--- 4.3. Keine Einwilligung des Samenspenders
--- 4.4. Adoptionspflegejahr
--- 4.5. Anzuwendendes Recht
5. Adresse


1. Hinweis

In dem nachfolgenden Abschnitten finden Sie

  • eine kurze Erläuterung der Rechtslage (Abschnitt 2),
  • Hinweise, welche Vereinbarungen Lebenspartnerinnen mit dem Samenspender und gegebenenfalls auch mit seinem Partner treffen können (Abschnitt 3) und
  • Textvorschläge zu den Problemen, über die es bei Stiefkindadoptionen zu Diskussionen kommen kann (Abschnitt 4). 

Nach unseren Erfahrungen sind nicht alle Notare und Notarinnen mit den besonderen Problemen hinreichend vertraut, die bei Stiefkindadoptionen von Inseminationskindern durch Lebenspartnerinnen auftreten können. Dann können Sie die Textvorschläge zu Ihrem Notar oder Ihrer Notarin mitnehmen und mit ihm oder ihr absprechen, ob die Ausführungen schon in den Adoptionsantrag mit aufgenommen oder ob sie erst später an das Familiengericht weitergeleitet werden sollen, wenn es dazu Veranlassung gibt.



2. Zur Rechtslage

Die Insemination ist für die Frau und den Samenspender nicht verboten (§ 11 Abs. 2 ESchG). Dasselbe gilt für die Ärzte. Die Behauptung, dass den Ärzten die Mitwirkung bei der künstlichen Befruchtung von Lebenspartnerinnen berufsrechtlich nicht erlaubt sei, trifft nicht zu, siehe dazu die Seite: Berufsordnungen der Ärztekammern zur assistierten Reproduktion bei Lebenspartnerinnen.

Das Gesetz unterscheidet zwischen dem "gesetzlichen" und dem "biologischen" Vater.

Gesetzlich gilt als Vater (§ 1592 BGB),

  • wer mit der Kindesmutter zum Zeitpunkt der Geburt verheiratet war,
  • wer die Vaterschaft anerkannt hat oder
  • wessen Vaterschaft durch gerichtliches Urteil festgestellt worden ist.

Als biologischer Vater gilt, wer glaubhaft macht, dass "er der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt hat" (§ 1747 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 1600d Abs. 2 Satz 1 BGB). 

Der bloße Samenspender gilt danach weder rechtlich noch biologisch als Vater des Kindes. Er hat rechtlich nichts mit dem Kind zu tun.

Der Samenspender wird erst zum "Vater" im rechtlichen Sinne, wenn er das Kind anerkennt oder wenn seine Vaterschaft gerichtlich festgestellt wird (§ 1592 Nr. 2 und 3 BGB).

Die Anerkennung bedarf der Zustimmung der Mutter (§ 1595 BGB). Die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft kann von der Mutter, dem Kind oder dem Samenspender beantragt werden. Für das Kind kann nur die Mutter klagen, solange das Kind noch minderjährig ist.

Niemand kann den Samenspender zwingen, das Kind anzuerkennen, auch nicht das Jugendamt oder die Unterhaltsvorschussbehörde. Die Anerkennung ist außerdem nur mit Zustimmung der Mutter möglich. Die Mutter kann ebenfalls nicht gezwungen werden, ihre Zustimmung zu erteilen.

Davon abgesehen bringt eine Anerkennung der Vaterschaft dem Samenspender wenig, wenn eine Stiefkindadoption beabsichtigt ist, weil er seine Vaterschaft durch die Stiefkindadoption sofort wieder verliert.

Die Einwilligung des Samenspenders in die Stiefkindadoption und die Anerkennung seiner Vaterschaft sind zwei verschiedene Dinge.

Die Einwilligung ist auch ohne vorherige Anerkennung der Vaterschaft möglich und sinnvoll.

Die Stiefkindadoption wird natürlich erleichtert, wenn der Samenspender zustimmt. 

Unterhaltspflicht des Samenspenders

Der bloße Samenspender ist weder gegenüber dem Kind noch gegenüber der Mutter unterhaltspflichtig.

Das Kind andererseits ist ihm gegenüber nicht erbberechtig undwenn es mal erwachsen ist, auch seinerseits nicht unterhaltspflichtig. 

Gilt der Samenspender im rechtlichen Sinne als Vater des Kindes, ist er dem Kind (§ 1601 BGB) und der Mutter (§ 1615l BGB) gegenüber unterhaltspflichtig.

Die Mutter kann von dem Samenspender, der seine Vaterschaft anerkannt hat, für die Dauer von sechs Wochen vor der Geburt und acht Wochen nach der Geburt Unterhalt verlangen..

Soweit die Mutter einer Erwerbstätigkeit nicht nachgeht, weil sie infolge der Schwangerschaft oder einer durch die Schwangerschaft oder die Entbindung verursachten Krankheit dazu außerstande ist, ist der Vater verpflichtet, der Mutter für diesen Zeitraum Unterhalt zu gewähren.

Das Gleiche gilt, wenn von der Mutter wegen der Pflege und Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Die Unterhaltspflicht beginnt frühestens vier Monate vor der Geburt und besteht für mindestens drei Jahre nach der Geburt. Sie verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind insbesondere die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.

Wenn nicht die Mutter, sondern der Vater das Kind betreut, kann der Vater von der Mutter Betreuungsunterhalt verlangen (§ 1615l BGB).

Für die Zukunft kann auf den Unterhalt nicht verzichtet werden (§ 1614 Abs. 1 BGB). Die Mutter und die Co-Mutter können sich aber gegenüber dem Samenspender verpflichten, ihn von Unterhaltsansprüchen des Kindes freizustellen.

Wenn die Co-Mutter das Kind adoptiert (Stiefkindadoption), entfällt damit der Unterhaltsanspruch des Kindes gegen den Vater.

Sorgerecht:

Das Sorgerecht steht der Mutter allein zu, auch wenn der Samenspender das Kind anerkannt hat und deshalb rechtlich als Vater des Kindes gilt. Ein gemeinschaftliches Sorgerecht kann der Vater nur mit Zustimmung der Mutter erlangen (§ 1626a BGB).

Das Bundesverfassungsgericht hat diese Regelung für verfassungswidrig erklärt (Beschl. v. 21.07.2010, 1 BvR 420/09, BVerfGE 127, 132). Der Bundestag berät deshalb zur Zeit über eine Neuregelung. 

Bis zur Neureglung kann das Familiengericht aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auf Antrag des nichtehelichen Vaters den Eltern die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge gemeinsam übertragen, soweit zu erwarten ist, dass dies dem Kindeswohl entspricht. 

Außerdem kann das Familiengericht dem Vater auf Antrag die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein übertragen, soweit eine gemeinsame elterliche Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass dies dem Kindeswohl am besten entspricht.

Diese Neuregelung gilt aber nur für nichtehelich Väter im Rechtssinn, nicht dagegen für bloße Samenspender, die ihre Vaterschaft nicht anerkannt haben. Demgemäß beschränkt sich auch der Gesetzentwurf, der zur Zeit vom Bundestag beraten wird, nur auf die Reglung des Sorgerechts nichtehelicher Väter.

Umgangsrecht:

Ein Umgangsrecht steht dem Samenspender oder Vater nur zu, wenn er für das Kind tatsächlich Verantwortung trägt oder getragen hat. Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung ist in der Regel anzunehmen, wenn der Samenspender oder Vater mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft gelebt habt.



3. Vereinbarungen

Wir haben aufgrund der Beratungsanfragen zum Thema "Stiefkindadoption" den Eindruck gewonnen, dass spätere Spannungen zwischen den Müttern und dem Samenspender nicht selten darauf zurückzuführen sind, dass die Beteiligten ihr Verhältnis zueinander und zu dem Kind nicht ausführlich genug diskutiert und dazu keine klaren Festlegungen getroffen haben.

Da die Vorstellungen der Beteiligten über ihr zukünftiges Verhältnis zueinander sehr unterschiedlich sind, ist es nicht möglich, dafür Vertragsmuster anzubieten.

Wir haben im Folgenden Hinweise für solche Vereinbarungen zusammengestellt. Die Vereinbarungen brauchen nicht notariell beurkundet zu werden. Es reicht die einfache Schriftform.

Die Mutter, die Co-Mutter, der Samenspender und sein Mann können vertraglich vereinbaren:

  • dass die Mutter und die Co Mutter den Samenspender von Unterhaltsansprüchen des Kindes freistellen werden,
  • dass die Co-Mutter den Samenspender von Unterhaltsansprüchen der Mutter freistellen wird,
  • dass der Samenspender - und sein Mann - in tatsächlicher Hinsicht als väterliche Bezugsperson(en) des Kindes gelten soll(en),
  • dass sich der Samenspender - und sein Mann - bis zur Stiefkindadoption an dem Unterhalt des Kindes beteiligen wird/werden,
  • dass sich der Samenspender - und sein Mann - auch nach der Stiefkindadoption an dem Unterhalt des Kindes beteiligen wird/werden,
  • dass der Samenspender - und seine Mann -  ein Recht zum Umgang mit dem Kind haben soll(en),
  • dass das Kind an einigen Tagen in der Woche (z.B. während der Woche) bei den Müttern und an den restlichen Tagen der Woche (z.B. am Wochenende) bei dem Samenspender - und seinem Mann - leben soll,
  • dass die Mutter und die Co-Mutter dem Samenspender ein Mitspracherecht in allen Angelegenheiten einräumt, die über die Angelegenheiten des täglichen Lebens hinausgehen.

Vereinbarungen zum Umgangs- und Mitspracherecht sind zwar möglicherweise rechtlich nicht bindend, aber sie beugen Streitigkeiten vor und sind für die Gerichte wichtige Hinweise für ihre Entscheidungen, wenn es zum Streit kommt.



4. Formulierungsvorschläge

--- 4.1. Wohl des Kindes

Das Kind ist aufgrund eines gemeinsamen Entschlusses seiner leiblichen Mutter und der Annehmenden durch Insemination gezeugt worden und wird von beiden Partnerinnen gleichermaßen geliebt und umsorgt. Bereits die Schwangerschaft der leiblichen Mutter ist von der Annehmenden intensiv begleitet worden. Das Kind ist von Anfang an mit dem Selbstverständnis aufgewachsen, zwei Mütter zu haben. Es hat sowohl zu seiner leiblichen Mutter als auch zu der Annehmenden eine sehr intensive Bindung. Der Ausspruch der Stiefkindadoption hat auf den Verbleib des Kindes in der Familie der beiden Frauen keinen Einfluss. Es wird weiter in dieser Familien aufwachsen, auch wenn die Stiefkindadoption abgelehnt oder unverhältnismäßig verzögert werden sollte. 

Die Annehmende möchte aber mithilfe der Stiefkindadoption die bereits tatsächlich wahrgenommene Verantwortung als gemeinsame elterliche Verantwortung weiterführen. Dadurch werden sich die Lebenssituation und die Rechtsstellung des Kindes verbessern. Das ist vor allem wichtig, wenn der leiblichen Mutter des Kindes etwas passieren sollte. Die Annehmende ist dann nicht nur sittlich verpflichtet, sich um das Kind zu kümmern, sondern auch rechtlich. Außerdem wird die tatsächliche Betreuung und Erziehung des Kindes durch die Stiefkindadoption als Sorgerechtsmitinhaberschaft verfestigt und aufgewertet. Dem entsprechen die Unterhalts- und Erbansprüche, die das Kind durch die Stiefkindadoption gegen die Annehmende erwirbt.

Die Annahme dient somit dem Wohl des Kindes (so auch OLG Köln, Beschl. v. 16.10.2012 - II-4 UF 71/12, LG Berlin, Beschl. v. 17.08.2009 - 87 T 36/09)1.

So sieht das auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 19.02.2013 (1 BvL 1/11 u. 1 BvR 3247/09 juris). Es hat daraufhin gewiesen, dass die behüteten Verhältnisse einer eingetragenen Lebenspartnerschaft das Aufwachsen von Kindern ebenso fördern können wie die einer Ehe (Rn. 80). Durch die Ablehnung der Elternstellung des Stiefelternteils werde das durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützte familiäre Zusammenleben des Kindes mit seinen Eltern erschwert, weil dann eine gleichberechtigte Wahrnehmung der Elternverantwortung durch beide Lebenspartner nicht möglich sei (Rn. 73). Außerdem werde die Rechtsstellung des Kindes bei Auflösung der Lebenspartnerschaft durch Trennung oder Tod verbessert (Unterhalts- und Erbansprüche). Bei einer Trennung bleibe das Sorgerecht ohne Stiefkindadoption bei dem rechtlichen Elternteil. Ein gemeinsame Sorgerechtsausübung oder die Übertragung des Sorgerechts auf den anderen Partner sei auch dann nicht möglich, wenn das für das Kindeswohl besser wäre (Rn. 84 ff.).

____________________

1. Die Entscheidungen können auf der Webseite des "Lesben- und Schwulenverband in Deutschland“ heruntergeladen werden: http://lsvd.de/211.0.html#c5995 und dort im Abschnitt „Zivilgerichte".



--- 4.2. Einwilligung des Samenspenders

Der "Samenspender" als biologischer Erzeuger des Kindes ist bereit, in die Stiefkindadoption einzuwilligen. Bei dem Samenspender  handelt es sich um ..................... , wohnhaft in ..................... .

Die Annehmende und die leibliche Mutter des Kindes versichern, dass der Samenspender mit allen Umständen der Zeugung des Kindes durch Samenspende und im Falle der Geburt eines so gezeugten Kindes mit der anschließenden Adoption durch die Lebenspartnerin der Mutter uneingeschränkt einverstanden ist.

Der Samenspender ist jedoch nicht bereit, seine Vaterschaft anzuerkennen. Auch die leibliche Mutter des Kindes ist nicht bereit, einer solchen Vaterschaftsanerkennung zuzustimmen. Die zusätzliche Vaterschaftsanerkennung wäre zudem unsinnig, weil Herr ..................... seine "Vaterrechte" durch die Stiefkindadoption sofort wieder verlieren würde.

# ... Herr ..................... hat seine Einwilligung in die Adoption bereits notariell beurkunden lassen. Die Urkunde liegt dem zuständigen Amtsgericht - Familiengericht - in ..................... bereits vor. ...

# ... Herr ..................... wird seine Einwilligung in die Adoption gesondert notariell beurkunden lassen.



--- 4.3. Keine Einwilligung des Samenspenders

# ... Das Kind ..................... ist durch Insemination gezeugt worden. Der Samen stammt von einem Mann, dem die Mutter des Kindes und die Annehmende Anonymität zugesichert haben. Da beiden das Interesse des Samenspenders an der Geheimhaltung seiner Identität berechtigt erscheint, sind sie nicht bereit, zu offenbaren, wer der Samenspender ist. Sie haben aber mit dem Samenspender vereinbart, dass sie ihrem Kind den Namen des Samenspenders nennen dürfen, wenn es seinen Erzeuger kennen lernen will. ... #

# ... Das Kind ..................... ist durch Insemination gezeugt worden. Der Samen stammt aus einer Samenbank in ..................... die mit „Nein-Spendern“ arbeitet. Der Mutter des Kindes und der Annehmenden ist daher der Name des Samenspenders nicht bekannt. ... #

Nach § 1747 Abs. 1 BGB muss der Mann der Stiefkindadoption zustimmen, der nach § 1592 BGB rechtlich als Vater des Kindes gilt. Das trifft auf den Samenspender nicht zu, da er nicht mit der Mutter verheiratet ist und seine Vaterschaft nicht anerkannt hat. In einem solchen Fall muss nach § 1747 Abs. 1 BGB der Mann zustimmen, der die Voraussetzung des § 1600d Abs. 2 Satz 1 glaubhaft macht, das heißt also, der glaubhaft macht, dass er der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt hat.

Auch das trifft auf den Samenspender nicht zu, weil er der Mutter des Kindes nicht beigewohnt hat. Aus der Amtlichen Begründung der Parallelvorschrift des § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB ergibt sich dazu Folgendes: 

Der Bundesrat hatte gemeint (BT-Drs 15/2253, S. 14):

"Eine weitere Schwierigkeit der Entwurfsregelung entsteht dann, wenn der Anfechtende – aus welchen Gründen auch immer – zwar nicht glaubhaft machen kann, der Mutter beigewohnt zu haben, dennoch aber der leibliche Vater des Kindes ist. In diesem Falle müsste seine Klage als unbegründet abgewiesen werden. Die damit eintretende materielle Rechtskraft würde ihm die Möglichkeit der Erlangung der Vaterschaft endgültig verwehren, obwohl ihm als dem leiblichen Vater – nach der umzusetzenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts – die Rechte aus Artikel 6 GG zustehen. Dies erscheint bedenklich."

Das hat der Rechtsausschuss in seiner "Beschlussempfehlung und Bericht" wie folgt zurückgewiesen (BT-Drs. 15/2492, S. 9):

"Dadurch dass sich die eidesstattliche Versicherung auf die Tatsache der Beiwohnung erstreckt, wird zugleich verhindert, dass ein samenspendender Dritter als „biologischer Vater“ ein Anfechtungsrecht erhält. Gegen einen solchen Ausschluss des Anfechtungsrechts bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Unabhängig von der Frage, inwieweit der Samenspender als genetischer Vater in den Schutzbereich des Artikels 6 Abs. 2 GG einbezogen ist, ist jedenfalls seine erklärte Bereitschaft zur Teilnahme an einer Samenspende als konkludenter Verzicht auf die rechtliche Vaterschaft und damit auf ein entsprechendes Anfechtungsrecht zu deuten. Durch die Regelung eines Anfechtungsausschlusses über die Anforderungen an die Anfechtungsberechtigung bedarf es keiner eigenständigen Ausschlussvorschrift, wie sie vom Bundesrat vorgeschlagen ist."

Demgemäß hat der Bundesgerichtshof im Urteil vom 26.01.2005 ausgeführt (XII ZR 70/03 juris, NJW 2005, 1428, Rn 24, zitiert nach Juris):

"Entsprechend ist auch der bloße Samenspender nicht zur Anfechtung der Vaterschaft berechtigt. Denn § 1600 Abs. 1 BGB räumt neben dem Kind, der Mutter und dem Mann, dessen Vaterschaft nach §§ 1592 Nr. 1 und 2, 1593 BGB besteht, nur solchen weiteren Männern ein Anfechtungsrecht ein, die an Eides statt versichern, der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben (§ 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Das trifft für den Samenspender aber regelmäßig nicht zu (vgl. Dauner-Lieb/Heidel/Ring/Gutzeit/Klebeck BGB § 1600 Rdn. 20).“

Der bloße Samenspender kommt im BGB nicht vor. Anders als der Mann, der der Mutter beigewohnt hat, hat er in der Regel kein Interesse an dem Kind, das mit seinem Samen gezeugt worden ist. Deshalb kann die Regelung, dass der Mann, der der Mutter beigewohnt hat, einer Stiefkindadoption zustimmen muss, nicht auf den Samenspender übertragen werden.

Außerdem lässt sich dem Gesetz nicht eindeutig entnehmen, was geschehen muss, wenn die Kindesmutter den biologischen Erzeuger nicht mitteilen kann oder will. Das Gesetz bestimmt lediglich, dass die Einwilligung eines Elternteils nicht erforderlich ist, wenn er zur Abgabe einer Erklärung dauernd außerstande oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist (§ 1747 Abs. 4 BGB).

Dazu wird auf zwei Entscheidungen des Oberlandesgerichts Dresden verwiesen. Es hat entschieden, dass die Zustimmung des Samenspenders nicht erforderlich ist, wenn dessen Identität nicht zu ermitteln ist (Beschl. v. 03.06.2010, 21 UF 0177/10) oder wenn die Annehmende und die Mutter des Kindes seinen Namen nicht nennen wollen, weil sie dem Samenspender Anonymität zugesichert haben (Beschl. v. 28.11.2010, 21 UF 0433/10).1

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1. Die zitierten Entscheidungen können auf der Webseite des "Lesben- und Schwulenverband in Deutschland“ heruntergeladen werden: http://lsvd.de/211.0.html#c5995 und dort im Abschnitt „Zivilgerichte".

 



--- 4.4. Adoptionspflegejahr

Die Annehmende und die Mutter des Kindes bitten darum, von der Einhaltung eines Adoptionspflegejahres abzusehen. Das Amtsgerichts Elmshorn hat mit Beschluss vom 20.12.2010 entschieden (46 F 9/10 juris, NJW 2011, 1086), dass ein Adoptionspflegejahr nicht einzuhalten ist, wenn ein als Wunschkind beider Lebenspartnerinnen durch Insemination entstandenes Kind durch die Lebenspartnerin der Mutter angenommen wird.

Zudem gebietet die Gleichbehandlung von ehelich geborenen, unehelich geborenen und in einer Lebenspartnerschaft geborenen Kindern, zeitnah die Adoption auszusprechen. Nach Art . 3 Abs. 1 GG hat die Prüfung einer Ungleichbehandlung der genannten Gruppen anhand eines strengen Gleichheitsmaßstabs zu erfolgen (vgl. z.B. BVerfG, Beschl. v. 07.07.2009, 1 BvR 1164/07, BVerfGE 124, 199; Beschl. v. 21.07.2010, 1 BvR 611 u. 2464/07, BVerfGE 126, 400; Beschl. v. 19.06.2012, 2 BvR 1397/09, FamRZ 2012, 1472).

Das ehelich geborene Kind hat von Geburt an zwei Elternteile (§ 1592 Nr. 1 BGB). Für das uneheliche Kind besteht durch Anerkennung der Vaterschaft (§§ 1592 Nr. 2; 1594 ff. BGB) schon vor der Geburt, aber auch zeitnah nach der Geburt, die Möglichkeit, zwei Elternteile zu haben. Es gibt keinen hinreichenden sachlichen Grund, dem durch Insemination in einer Lebenspartnerschaft geborenen Kind diese Möglichkeit im ersten Jahr nach der Geburt zu verwehren.

Es mag zwar sachlich gerechtfertigt sein, die Stellung der Partnerin als zweiter Elternteil in diesem Fall von einer Adoption abhängig zu machen. Denn eine natürliche Elternschaft ist biologisch nicht möglich. Die rechtliche Fiktion, dass eine Vaterschaftsanerkennung bzw. eine eheliche Geburt den natürlichen Vater anzeigt, verbietet sich daher für die eingetragene Lebenspartnerschaft zweier Frauen. Jedoch ist es sachlich nicht gerechtfertigt, das Kind ein Jahr auf eine rechtliche Verbindung zu der Person warten zu lassen, die faktisch bereits der zweite Elternteil ist. Denn diese rechtliche Verbindung kann sehr relevant werden, indem sie etwa beim Tod eines der Elternteile bedeutende erb- und sorgerechtliche Folgen haben kann.



--- 4.5. Anzuwendendes Recht

Die Adoption unterliegt entsprechend Art. 22 Abs. 1 Satz 2 EGBGB deutschem Recht. 

a)     Der Gesetzgeber ist bei der Regelung des deutschen internationalen Lebenspartnerschaftsrechts bewusst von dem sonst im deutschen internationalen Eherecht üblichen Regelungskonzept abgewichen. In der Amtlichen Begründung zu Art. 17a EGBGB (jetzt Art. 17b EGBG) wird dazu ausgeführt (BT-Drs. 14/3751 S. 60):

"Der Vorschlag des Entwurfs berücksichtigt, dass bislang nur eine kleine Zahl von Staaten das Rechtsinstitut der Eingetragenen Lebenspartnerschaft kennt, so dass es – anders als im deutschen internationalen Eherecht – problematisch wäre, vorrangig an das Heimatrecht der Lebenspartner anzuknüpfen. Denn dann bliebe einer Vielzahl ausländischer Staatsangehöriger selbst nach langjährigem Inlandsaufenthalt die Begründung einer Lebenspartnerschaft versagt, weil ihr Heimatrecht ein solches Rechtsinstitut (noch) nicht kennt."

Auch beim Unterhaltsrecht und beim Erbrecht, für das in erster Linie das nach den allgemeinen Vorschriften maßgebende Recht gilt, ist letztlich deutsches Recht anzuwenden, wenn die Lebenspartnerschaft in Deutschland abgeschlossen worden ist und die Lebenspartner sonst keine gesetzliche Unterhaltsberechtigung oder kein gesetzliches Erbrecht hätten. Genauso ist der Gesetzgeber bei dem später in die Vorschrift eingefügten Versorgungsausgleich verfahren. Dabei hat der Gesetzgeber ganz bewusst „hinkende Rechtsverhältnisse“ in Kauf genommen.

b)     Andererseits hat der Gesetzgeber bei der Regelung der Stiefkindadoption durch das „Überarbeitungsgesetz“ vom 15.12.2004 (BGBl I S. 3396) in dem neuen § 9 Abs. 7 LPartG ganz bewusst nur die Sonderregelungen für entsprechend anwendbar erklärt, die für die Stiefkindadoption erforderlich sind. Im Übrigen ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass die sonstigen, nicht die Stiefkindadoption betreffenden Vorschriften des Adoptionsrechts ohne besondere gesetzliche Anordnung anwendbar sind (vgl. BT-Drucks 15/3445, S. 15).

Diese Regelungstechnik gilt natürlich auch für Art. 22 EGBGB. Dagegen spricht nicht, dass der Gesetzgeber durch das Überarbeitungsgesetz in § 17b EGBGB zusätzlich Regelungen über den Versorgungsausgleich eingefügt hat. Das war notwendig, weil das Überarbeitungsgesetz den Versorgungsausgleich für Lebenspartner neu eingeführt hat (§ 20 LPartG) und ohne Erweiterung des Art. 17b EGBGB in allen Fällen das Recht des registerführenden Staates gegolten hätte. Das sollte nach der Vorstellung des Gesetzgebers nicht generell so gelten, sondern nur wenn es der Billigkeit entspricht. Aber auch diese Vorschrift verweist für in Deutschland erworbene Versorgungsanwartschaften letztlich auf deutsches Recht.

Aus Art. 17b EGBGB kann man deshalb den allgemeinen Grundsatz entnehmen, dass nach deutschem internationalen Lebenspartnerschaftsrecht deutsches Recht anzuwenden ist, wenn ausländische Lebenspartner sonst die Rechte nicht wahrnehmen können, die ihnen das Lebenspartnerschaftsgesetz gewährt.

c)     Es gibt in den Materialien des Überarbeitungsgesetzes keinerlei Hinweise dafür, dass der Gesetzgeber bei der neu eingeführten Stiefkindadoption von diesem Regelungskonzept abweichen und ausländische Lebenspartner, die in Deutschland leben, auch dann ihrem Heimatrecht unterwerfen wollte, wenn dieses keine Lebenspartnerschaft und keine Stiefkindadoption durch Lebenspartner kennt.

Das würde auch dem „Wohl des Kindes“ widersprechen, das bei der Stiefkindadoption oberste Richtschnur sein muss und zwar auch für die Gesetzesauslegung. Die Mutter des Kindes und die Annehmende wollen auf Dauer in Deutschland leben. Das Kind ist als "Wunschkind" in ihre Familie hineingeboren worden und wird von beiden Partnerinnen gleichermaßen geliebt und umsorgt. Bereits die Schwangerschaft der leiblichen Mutter ist von der Annehmenden intensiv begleitet worden. Das Kind ist von Anfang an mit dem Selbstverständnis aufgewachsen, zwei Mütter zu haben. Es hat sowohl zu seiner leiblichen Mutter als auch zu der Annehmenden eine sehr intensive Bindung. Der Ausspruch der Stiefkindadoption hat auf den Verbleib des Kindes in der Familie der beiden Frauen keinen Einfluss. Es wird weiter in dieser Familien aufwachsen, auch wenn die Stiefkindadoption abgelehnt oder unverhältnismäßig verzögert werden sollte. Das Kind wäre aber durch die Stiefkindadoption rechtlich besser abgesichert für den Fall, dass seiner leiblichen Mutter etwas passieren sollte. Die Annehmende wäre dann nicht nur sittlich verpflichtet, sich um das Kind zu kümmern, sondern auch rechtlich bzw. das Kind hätte dann Unterhalts- und Erbansprüche gegen die Annehmende.

Die Annahme dient somit dem Wohl des Kindes (so auch OLG Köln, Beschl. v. 16.10.2012 - II-4 UF 71/12, LG Berlin, Beschl. v. 17.08.2009 - 87 T 36/09).1

So sieht das auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 19.02.2013 (1 BvL 1/11 u. 1 BvR 3247/09 juris). Es hat daraufhin gewiesen, dass die behüteten Verhältnisse einer eingetragenen Lebenspartnerschaft das Aufwachsen von Kindern ebenso fördern können wie die einer Ehe (Rn. 80). Durch die Ablehnung der Elternstellung des Stiefelternteils werde das durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützte familiäre Zusammenleben des Kindes mit seinen Eltern erschwert, weil dann eine gleichberechtigte Wahrnehmung der Elternverantwortung durch beide Lebenspartner nicht möglich sei (Rn. 73). Außerdem werde die Rechtsstellung des Kindes bei Auflösung der Lebenspartnerschaft durch Trennung oder Tod verbessert (Unterhalts- und Erbansprüche). Bei einer Trennung bleibe das Sorgerecht ohne Stiefkindadoption bei dem rechtlichen Elternteil. Ein gemeinsame Sorgerechtsausübung oder die Übertragung des Sorgerechts auf den anderen Partner sei auch dann nicht möglich, wenn das für das Kindeswohl besser wäre (Rn. 84 ff.)..

d)      Die Tatsache, dass der Gesetzgeber die entsprechende Anwendung des Artikel 22 Abs. 1 Satz 2 EGBGB nicht ausdrücklich angeordnet hat, spricht nicht gegen diese Überlegungen. Das hat der Gesetzgeber nicht für erforderlich gehalten, weil er davon ausgegangen ist, dass alle für die Adoption maßgebenden Vorschriften ohne besondere Anordnung auf die Stiefkindadoption durch Lebenspartner entsprechend anwendbar sind.

Für die Anwendbarkeit des deutschen Rechts: AG Stuttgart, Beschl. v. 31.07.2009 - F 9 XVI 246/08, und  Beschl. v. 25.10.2010 - 29 F 2062/09; LG Düsseldorf, Beschl. v. 15.03.2012 - 25 T 758/10 - Rn. 191.

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1. Die Entscheidungen können auf der Webseite des "Lesben- und Schwulenverband in Deutschland“ heruntergeladen werden: http://lsvd.de/211.0.html#c5995 und dort im Abschnitt „Zivilgerichte".



5. Adresse

Ich bin gern bereit, Vereinbarungen gegenzulesen und zu überprüfen.

Wenn es bei einer Stiefkindadoption zu Problemen mit dem Familiengericht, dem Jugendamt oder der/dem Notar/in kommt, schicken Sie mir bitte den Vorgang entweder als PDF- oder Grafik-Datei per E-Mail oder per Fax oder Briefpost. Ich werde Ihnen dann schreiben, ob und wie Sie reagieren müssen und Ihnen Entwürfe für Gegenäußerungen und Stellungnahmen übersenden.

Wenn Sie mir Entwürfe zwecks Überprüfung per E-Mail übersenden, schicken sie die Schriftstücke bitte nicht als PDF-, sondern als Textdateien. Diese kann ich einfacher korrigieren und ergänzen.

Ich behandele alles, was Sie mir schicken, streng vertraulich.

Manfred Bruns
Lessingstrasse 37i
76135 Karlsruhe
Tel.: 0721 831 79 53
Fax: 0721 831 79 55
E-Mail: recht(at)lsvd.de

 
 

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