Die Praxis

Beispiel Trierer Tafel

"Armut sieht man einem Menschen nicht am Gesicht an", sagt Marga Kranz (68), die jede Woche vier bis fünf Stunden lang die Einsatzpläne von rund 60 ehrenamtlichen Tafel-Mitarbeitern des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) Trier koordiniert.

Zusammen mit Anni Becker (83) ist sie seit Eröffnung der Tafel 2001 von Anfang „an Bord“. Die beiden tatkräftigen Frauen, beides ehemalige hauptamtliche SkF-Mitarbeiterinnen, sind mit ganzem Herzen dabei. Warum? Für beide steht der Gedanke, für ihre Mitmenschen etwas Gutes zu tun, im Vordergrund.

Nach ihrer Beobachtung nimmt Armut zu. Besonders arm seien Witwen mit schmaler Rente, denen oft das Nötigste fehlt und die regelmäßig zur Tafel kommen, um Brot, Butter, Gemüse oder Dosengerichte mitzunehmen.

 
Tafeln  

Mehr als ein Becher Joghurt

Im Bistum Trier gibt es in kirchlicher Trägerschaft an 18 Standorten Ausgabestellen für Lebensmittel. Im Schnitt werden an jedem Ausgabetag je Ausgabestelle etwa 120 Familien mit ca. 400 Personen versorgt. Rund 320 Ehrenamtliche helfen an den verschiedenen Standorten täglich mit, dass das Einsammeln und die Ausgabe von Lebensmitteln reibungslos klappt.
Die Zahl der Tafeln ist in den vergangenen Jahren sprunghaft angestiegen. Das ist sehr bedauerlich. Aber immer mehr Menschen – Alleinerziehende, Hartz-IV-Empfänger, Menschen mit kleiner Rente oder Wohnungslose – benötigen die Tafeln.

Der Bedarf zur Versorgung mit dem Lebensnotwendigsten ist stark gestiegen

Der Grund liegt im Umbau der sozialen Sicherungssysteme. Die in vielen Bereichen gestiegenen Kosten, zum Beispiel für Energie oder Lebensmittel, führen dazu, dass verfügbare Budgets schmäler werden. Dies gilt besonders für Menschen, die längere Zeit hilfebedürftig und abhängig von sozialen Leistungen sind.

Die örtlichen Caritasverbände im Bistum Trier wollen mit den Tafeln dazu beitragen, finanzielle Engpässe zu überbrücken. Oft steht in armen Familien am Wochen- oder Monatsende kein Budget mehr zur Verfügung, um sich mit Lebensmitteln zu versorgen. Hier helfen die Tafel aus.

Kleiner Junge beim Trinken
KNA/Deutscher Caritasverband e.V.

Tafel plus+

In vielen Fällen geht das Angebot über die Abgabe von Lebensmitteln hinaus: Mit dem 2007 verabschiedeten Konzept der "Tafel plus+" wollen die Caritasverbände in Zukunft weitergehende Hilfen anbieten und die Selbsthilfekräfte der Tafelkunden stärken. Der Diözesan-Caritasrat hat am 27. April 2007 "Tafel plus+" auf den Weg gebracht: Bereits an den Ausgabestellen kann weiterer Hilfebedarf festgestellt und nach Unterstützung für die Betroffenen gesucht werden.

Hilfe kann der Ratsuchende innerhalb seines Sozialraumes finden, wie zum Beispiel Beratungsstellen oder Unterstützung bei der Kinderbetreuung. Ein wichtiger Aspekt ist dabei auch, Selbsthilfekräfte zu stärken und beispielsweise Eltern anzuleiten, mit dem vorhandenen Budget gesund zu kochen und die Ausgaben für die Haushaltsführung besser zu kontrollieren.

Weihnachtsaktionen

Ein anderer Aspekt von zunehmender Armut sind auch die zahlreichen Wunschbaumaktionen, die nahezu alle Caritasverbände sowie einzelne Fachverbände (SkF Saarbrücken) durchführen.

Nachdem Viele bereits seit Jahren zu Weihnachten immer wieder besondere Aktionen initiierten, um armen Familien eine Freude zu bereiten, trat in den letzten Jahren deutlich zu Tage, dass Armut zunimmt: Es geht nicht mehr nur um Spielzeug oder Süßigkeiten, sondern es gibt immer mehr Anfragen nach warmer Kinderkleidung, Schuhen oder Schulmaterialien. Spender können seit Neuestem auch Gutscheine stiften, die Kindern und Jugendlichen eine stärkere Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen: Dies kann beispielsweise ein auf bestimmte Zeit finanzierter Vereinsbeitrag oder ein Kursbeitrag sein, damit ein Kind Musikunterricht bekommen kann.