Wohnungslose  

Leben auf der Straße

Übersicht:

Menschen brauchen ein Zuhause. Das ist mehr, als nur "ein Dach über dem Kopf". Aber es gibt in unserer Gesellschaft Menschen, die ihr Zuhause seit vielen Jahren verloren oder aufgegeben haben. Die Gründe dafür sind vielfältig: Tragische Lebensereignisse, Schicksalsschläge, Resignation oder fehlende soziale Bindungen. Am Ende stehen sie da als wohnungslose Menschen. Sie ziehen umher, leben die meiste Zeit buchstäblich auf der Straße oder in Übernachtungseinrichtungen. Sie haben keine eigene Wohnung mehr, kein Zuhause, selten Arbeit, kein Ansehen, keine stabilisierenden sozialen Kontakte. Gesundheitlich sind sie meist stark angegriffen.

ein Wohnungsloser beim Wohnungslosenfestival 2007 in Saarbrücken
Wohnungslosenfestival 2007 in Saarbrücken 

 

Offiziell gezählt hat sie bisher niemand. Es sind überwiegend Männer - aber auch Frauen, die der Szene der Wohnungslosen angehören. Sie fristen ihr Dasein am Rande der Gesellschaft.
Gesetzlich gibt es verschiedene Möglichkeiten der Hilfe. Jedoch sind die damit verbundenen Anforderungen für den Einzelnen oft zu hoch - oft zu hoch. Fordern und Fördern - in dieser Reihenfolge kommt erfahrungsgemäß ein Hilfeprozess mit den Betroffenen kaum in Gang. Ein Verbundsystem differenzierter Hilfen, vom niedrigschwelligen ambulanten Angebot bis zur spezialisierten stationären und teilstationären Hilfe (Resozialisierungseinrichtungen und Wohngemeinschaften), ist deshalb erforderlich.

Almosen geben ist zu wenig

Die Hilfe für wohnungslose Menschen gehört traditionell zu den sozialen Aufgaben der katholischen Kirche und damit zu den Aufgaben der Caritas. Almosen zu geben reicht aber nicht.
In allen Caritas-Geschäftsstellen erhalten wohnungslose Menschen beratende und vermittelnde Hilfen. In verschiedenen Städten wurden Tagesaufenthalte eingerichtet, die vom Engagement Ehrenamtlicher leben.

Das Ziel dabei ist, Zugang zu den Menschen zu finden, ihnen das Leben auf der Straße zunächst zu erleichtern, um vielleicht später den Einstieg in einen Resozialisierungsprozess zu schaffen. In vielen katholischen Krankenhäusern und Altenheimen wird wohnungslosen Menschen die Möglichkeit einer warmen Mahlzeit geboten. Das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Trier und der Caritasverband Koblenz haben medizinische Ambulanzen speziell für Wohnungslose eingerichtet. In Saarbrücken, Saarlouis und Trier sind die örtlichen Caritasverbände und in Leutesdorf eine Ordensgemeinschaft Träger von Resozialisierungseinrichtungen mit Übernachtungsplätzen.

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Beim Wohnungslosenfestival 2007 in Saarbrücken sitzen obdachlose Männer in einem Wohnzimmer unter freiem Himmel.
Wohnungslosenfestival 2007 in Saarbrücken:Wohnzimmer unter freiem Himmel


Probleme durch Hartz IV verschärft

Durch Hartz IV und die damit verbundenen sozialgesetzlichen Neuerungen hat sich die Lage wohnungsloser Menschen verschärft. Die Möglichkeiten sozialer Hilfen und Integration sind deutlich schwieriger zu realisieren. Dieses Fazit ziehen die Caritas-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Wohnungslosenhilfe im Bistum Trier. Heribert Rhoden, Referent für Armut und Existenzsicherung im Diözesan-Caritasverband Trier: "Unsere Aufgabe ist es, Wohnungslosen zu helfen, in menschenwürdiger Weise zu leben und so gut wie möglich wieder Anschluss an die Gesellschaft, den Weg in ein selbständiges Leben, zu finden. Dazu zählen insbesondere die Vermittlung in eine eigene Wohnung, in Arbeit, die Sicherung der Gesundheit und die persönliche Stabilisierung durch Stärkung sozialer Kontakte."

Hartz IV hat mit seinen veränderten Rahmenbedingungen die Situation dieser Menschen verschlechtert, so dass oft nur das Nötigste bleibt, nämlich die Sicherung der Existenz. Immer stärker sind niedrigschwellige Hilfeangebote der Caritas und kirchlicher Einrichtungen gefragt, insbesondere Wärmestuben und Mittagstische, Lebensmittelversorgung über Tafelangebote, Pflegeambulanzen und Tagesaufenthalte.

Deutliche Verschlechterungen der Integrationschancen von Wohnungslosen sind vor allem in drei Bereichen zu bemerken:

Wohnungsmarkt

Auf dem Wohnungsmarkt hat ein Verdrängungsprozess in billigeren und kleineren Wohnraum eingesetzt, der die ohnehin schlechten Chancen von Wohnungslosen, eine eigene bezahlbare Wohnung zu finden, weiter erschwert. Da in vielen Städten die Arbeitsagenturen Arbeitslose per Umzugsverfügung auffordern, sich kleineren, preiswerteren Wohnraum zu suchen, entsteht ein zusätzlicher Druck, der die Wohnungslosen fast hoffnungslos ausgrenzt. Aber auch in stationären Einrichtungen nimmt der Druck nach Erfahrungen der Caritasmitarbeiter zu: Eine Bewilligung für einen Platz in einem Wohnheim wird oft nur noch für kurze Zeit erteilt. Die Vermittlung in eine eigene Wohnung soll möglichst schnell erfolgen. Die Situation am Wohnungsmarkt lässt dies aber kaum zu. Der Weg der Betroffenen zurück auf die Straße ist vielfach vorprogrammiert.

Gesundheitliche Versorgung

Weiterhin problematisch ist die gesundheitliche Versorgung Wohnungsloser. Vieles ist gegenüber früher schwieriger geworden. Die gesetzlichen Regelungen sollten zwar dazu führen, dass alle Hilfesuchenden krankenversichert sind. In der Praxis funktioniert dies aber oft nicht. Die Lebensumstände der Betroffenen und die verwaltungsmäßige Abwicklung zur Einrichtung der Krankenversicherung stellen im Einzelfall große Hürden dar. Ein weiteres Problem ergibt sich aus der Praxisgebühr und den Zuzahlungen. Wohnungslose haben Schwierigkeiten, Belege zu sammeln und damit eine Befreiung zu erwirken. Da die Betroffenen erfahrungsgemäß meist nur im Akutfall zum Arzt gehen, stellt sich für sie auch dann erst die Frage, ob sie die dafür notwendigen Mittel aufbringen können. In der Folge führt dies dazu, dass sich im Einzelfall die gesundheitliche Verfassung dramatisch verschlimmern kann. Dem versuchen Orden, Krankenhäuser und Caritasverbände mit Pflegeambulanzen entgegenzuwirken. Diese versuchen, zumindest eine medizinische Grundversorgung für kranke Obdachlose sicherzustellen.

Arbeitsmarkt

Vergleichbar dem Wohnungsmarkt ist die Situation am Arbeitsmarkt. Geeignete niedrigschwellige Jobangebote gibt es wenige. Wohnungslose haben oft das Nachsehen. Viele würden gerne in einem "Ein-Euro-Job" arbeiten, bekommen aber aufgrund ihrer Lebenssituation und ihrer gesundheitlichen Verfassung keinen Job. Es bleibt schwierig, den Teufelskreis von Wohnungs- und Arbeitslosigkeit zu durchbrechen. Beschäftigung im Rahmen von Integrationsmaßnahmen, wie sie das Land Rheinland-Pfalz ermöglicht, sind eine wichtige Hilfe, die sich bewährt hat. Aber angesichts des großen und differenzierten Bedarfs ist das bei weitem nicht ausreichend, um die Integration der wohnungslosen Menschen nachhaltig zu fördern.

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