Aufnahmestelle für Vertriebene, Flüchtlinge, Aus- und Umsiedler und Asylbewerber
Ab 1945 Deutsche aus Ost- bzw. Südosteuropa und der Sowjetunion. |
"Teute" – altdeutsch für "Grenze" - lautet der Flurname des Geländes in Massen, auf dem 1951 eine Siedlung weiß verputzer Häuser im normierten Sozialbaustil gebaut wird. Ein Lager mit 1500 Plätzen, "Grenzland" für Flüchtlinge und Zuwanderer, die hier erstversorgt und vorbereitet werden auf den Eintritt in das Bundesland Nordrhein-Westfalen.
Seit 1945 ist das Durchgangslager zunächst in Siegen in der Kaserne am Wellersberg angesiedelt. Ein tristes Provisorium der unmittelbaren Nachkriegszeit, durch das die Transporte der Vertriebenen aus Schlesien geschleust werden. "Das wird kein Elendslager" muss deshalb der Bürgermeister von Massen seine Gemeinde beruhigen, als direkt gegenüber der Bergbausiedlung Korsika eine Aufnahmestelle mit Kindergarten, Schule, Sportplätzen und Krankenstation entsteht.
Die Nutzung der Gebäude als Flüchtlingswohnheime ist eigentlich nur für den Übergang gedacht. "In zwei bis drei Jahren wird die Einrichtung überflüssig“, schätzt 1951 der Lagerleiter Alfred Becker. Dann sollen hier Bergleute einziehen. Doch die Zuwanderung vor allem aus der DDR bricht nicht ab. 1955 kommen die letzten kriegsgefangenen deutschen Soldaten aus der Sowjetunion frei. Aussiedler aus Polen, Ungarn, Rumänien und der CSSR finden Unterkunft.
Als der afrikanische Diktator Idi Amin in einem Willkürakt 1972 Einwohner indischer Herkunft aus Uganda vertreibt, finden 26 von ihnen vorübergehende Betreuung in der Landesstelle. Chile-Flüchtlinge, "Boatpeople" aus Kambodscha und Vietnam, Flüchtlinge der Konflikte im ehemaligen Jugoslawien - Unna Massen wird zu einem "Seismographen" für die Fluchtbewegungen in der Welt.
2,5 Millionen Menschen aus über hundert Ländern hat die Landesstelle bis heute vorübergehend aufgenommen.
Nur noch einige wenige Spätaussiedler und jüdische Zuwanderer wohnen Anfang 2008 in den Unterkünften.
Die Menschenzüge, die unmittelbar oder mittelbar Folgen des Zweiten Weltkrieges gewesen sind, haben ein Ende gefunden: Die Vertriebenen sind längst in Nordrhein-Westfalen integriert, die Bundesrepublik ist wiedervereinigt und fast alle Deutschstämmigen aus Osteuropa und Russland sind, seit der "Eiserne Vorhang" gefallen ist, in die "Urheimat" zurückgekehrt.
Die aktuellen Flüchtlingsbewegungen in der Welt spiegelt Unna-Massen nicht mehr.
Als "Kompetenzzentrum für Integration" wird die Landesstelle zukünftig neue Funktionen übernehmen.
Bilder
Foto Dietrich Hackenberg
Titel der Werbeschrift "Dreizehn Jahre Hauptdurchgangslager für Vertriebene und Flüchtlinge Siegen=Massen" von 1959.
Dokument. Archiv Landesstelle Unna Massen.