Espelkamp
Martinshaus
Modellstadt Espelkamp - Das Laboratorium der Integration
 
Die Martinskirche: Als Offizierscasino erbaut, wird nach dem Krieg von hier aus die "Modellstadt Espelkamp" geplant, gestaltet und verwaltet.

Flüchtlinge, Vertriebene und Spätaussiedler

1945-1952 aus dem Baltikum, Bessarabien, Pommern, Nieder- und Oberschlesien, Ost- und Westpreußen, Siebenbürgen und dem Sudetenland.
Ab 1970 aus der DDR, Paraguay, Polen, Rumänien und der UdSSR.

Allein in der unmittelbaren Nachkriegszeit kommen über 7,5 Millionen so genannte "Flüchtlinge und Vertriebene" aus den ehemaligen Ostgebieten nach Westdeutschland, in den Dörfern Ostwestfalens gehört bald jeder Dritte zur Gruppe der Vertriebenen. Die einheimische Bauernschaft muss auf ihren Höfen Zimmer räumen, Küche und Waschräume mit den Fremden teilen, während sich die Flüchtlinge entwurzelt und deklassiert fühlen – ein hautnahes Miteinander.

Espelkamp, im östlichen Westfalen gelegen, ist bis 1945 eine kleine ländliche Gemeinde. Seine Entwicklung zur Stadt verdankt es der Ansiedlung der "fremden Deutschen". Eine bei Alt-Espelkamp im Wald versteckte Munitionsanstalt der deutschen Wehrmacht, von den Alliierten zur Sprengung vorgesehen, wird im Juni 1945 zur Anlaufstelle der ersten 400 Vertriebenen. Sie beginnen, die Holzbaracken zu besetzen, die in Kriegszeiten russischen Zwangsarbeitern als Unterkunft dienten. Während die Flüchtlinge in der so genannten Muna zu Pionieren des Siedlungsaufbaus werden, beginnen Vertreter von Kirche und Staat, einen Master-Plan für die Modellstadt Espelkamp zu entwerfen.
1959 ist das Wunder vollbracht: 10.000 Espelkamper Neubürger feiern die Verleihung der Stadtrechte.

Espelkamp bleibt ein "Laboratorium der Integration": In den 1960er Jahren kommen Arbeitsmigranten aus Südosteuropa hierher, in den 1970er und späten 1980er Jahren sind es vor allem Spätaussiedler aus der Sowjetunion. Die integrative Qualität der Flüchtlingsstadt war indessen immer umstritten: Eigentlich als Modell für 100 weitere Projekte zur Ansiedlung von Flüchtlingen in Deutschland gedacht, bleibt Espelkamp in seiner Art einzig.

Bilder

Ansicht Martinshaus Foto Dietrich Hackenberg

 

St. Martin - Das Wahrzeichen formuliert den Appell, das Land zu teilen, wie der Heilige seinen Mantel geteilt hat. 1950er Jahre.

Grafik.  Espelkamper Nachrichten.