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04.01.2011 11:53
Hochtief und die Fluchtwege
Es gibt nur noch ein kleines Hintertürchen, das sich für Hochtief öffnen könnte, um vor ACS zu flüchten. Das Türchen heißt BaFin. Analyst Alexander Groschke von der LBBW erklärt, welche Optionen Hochtief nun hat.
Alexander Groschke, Analyst der Landesbank Baden-Württemberg (Quelle: Unternehmen) Alexander Groschke, LBBW 

boerse.ARD.de: Der spanische Baukonzern ACS hat seinen Anteil an Hochtief auf über 30 Prozent gesteigert. Ein teures Pflichtangebot entfällt damit, die Spanier können Aktien in Ruhe über die Börse kaufen. Hat also nun Hochtief keine Möglichkeit mehr, sich zu wehren?

Alexander Groschke: Was das Überschreiten der 30-Prozent-Schwelle angeht, so ist dieser Schritt höchstwahrscheinlich in trockenen Tüchern. Es gibt allerdings noch eine strittige Frage: Ob es eine Zusammenarbeit von ACS mit dem Investor Southeastern Asset Management gab. Das könnte von der Finanzaufsicht BaFin als "Acting in Concert" gewertet werden – mit den entsprechenden Folgen. Es könnte zum Beispiel sein, dass ACS seine Stimmrechte nicht ausüben kann. Auch wäre dann noch die Frage offen, ob vielleicht doch ein Pflichtangebot fällig würde. Aber ich halte dieses Szenario für sehr unwahrscheinlich.

boerse.ARD.de: Gibt es außer diesem vagen Hintertürchen für Hochtief keine anderen Abwehrmöglichkeiten mehr? Eine Kapitalerhöhung vielleicht?

Groschke: Das ist mittlerweile schwierig. Grundsätzlich ist bei Hochtief noch genehmigtes Kapital vorhanden, daher kann der Konzern das Kapital erhöhen, ohne eine Hauptversammlung einzuberufen. Aber Hochtief darf eine Kapitalerhöhung nicht als schlichte Abwehrmaßnahme ergreifen, das ist laut dem deutschen Übernahmerecht verboten. Der Konzern müsste also nachweisen, dass eine sinnvolle Verwendung vorliegt.

boerse.ARD.de: Was wäre denn solch eine sinnvolle Verwendung?

Groschke: Die letzte Kapitalerhöhung war mit dem Einstieg des Emirates Katar als neuer Großaktionär verbunden. Zudem hatte Hochtief eine Anleihe zu begeben. Daher konnte man die Kapitalerhöhung nachvollziehen. Jetzt würde man eine Kapitalerhöhung aber als Abwehrmaßnahme klassifizieren. Daher halte ich es für unwahrscheinlich, dass Hochtief zu diesem Mittel noch einmal greift.

boerse.ARD.de: Vielleicht findet Hochtief ja eine nachvollziehbare Verwendung?!

Groschke: Das wäre natürlich denkbar. Wenn Hochtief zum Beispiel eine geeignete Kaufmöglichkeit fände und für die Übernahme eine Milliarde zahlen müsste. Aber eine reine Wandelschuldverschreibung wäre durch das Übernahmerecht nicht abgedeckt. Die vielen anderen Abwehrmöglichkeiten, die in der Vergangenheit diskutiert wurden, dürften jetzt vom Tisch sein. Eine Möglichkeit war die Verschmelzung mit der australischen Tochter Leighton.

boerse.ARD.de: Ist das noch eine realistische Option?

Groschke: Nein. Für einen Zusammenschluss mit Leighton braucht Hochtief einen Hauptversammlungs-Beschluss. Für eine solche Entscheidung dürfte eine Mehrheit von 75 Prozent erforderlich sein, ACS könnte sie also wahrscheinlich blockieren. Ein Zusammenschluss mit der australischen Tochter ist aber schon allein deshalb fraglich, weil Leighton derzeit der Juniorpartner ist. Bei einem Zusammenschluss würde sich das Verhältnis umdrehen, weil Leighton wesentlich größer als Hochtief ist. Das wäre fast so, als spränge Hochtief aus dem Fenster, bevor sie sich erschießen lassen.

boerse.ARD.de: Also bleibt Hochtief nur noch, sich seinem Schicksal zu fügen und sich zerschlagen zu lassen?

Groschke: Hochtief dürfte jetzt die Strategie verfolgen, Gas zu geben im operativen Geschäft. Der Konzern könnte außerdem die Tochter Concessions verkaufen. Das sind alles Maßnahmen zur Wertsteigerung der Firma, was zu einer Steigerung des Aktienkurses führen kann. Je höher der Kurs, desto geringer ist aber der Anreiz für ACS, Aktien weiter zuzukaufen, um das Unternehmen zu zerschlagen.

boerse.ARD.de: Wird sich also ACS beeilen und möglichst schnell weitere Hochtief-Aktien zukaufen?

Groschke: Natürlich wird ACS-Chef Pérez Interesse daran haben, aber er lässt sich nicht in die Karten schauen, um den Preis von Hochtief nicht in die Höhe zu treiben. Eventuell macht er gar nichts in der Hoffnung, dass der Kurs noch einmal fällt. Er könnte sich auch ein Jahr Zeit dafür lassen.

boerse.ARD.de: Aber wenn er sich Zeit lässt, bringt ihm die Übernahme von Hochtief doch nichts.

Groschke: In der Tat hat ACS erst einmal nur optisch was davon. Ab einem Anteil von 50 Prozent an Hochtief könnte man den übernommenen Konzern konsolidieren. Die Bilanz sähe also besser aus, optisch wäre man geringer verschuldet. Faktisch würde ACS aber keine Verbesserung erreichen, bei der Kreditvergabe schauen Gläubiger auf die Verschuldung der einzelnen Gesellschaften, und da hätte ACS mit 50 Prozent Anteil nicht den Durchgriff auf Hochtief.

boerse.ARD.de: Sie sprachen die Verschuldung von ACS an. Hat der Konzern überhaupt genug Geld, um die Übernahme von Hochtief zu stemmen?

Groschke: Davon gehe ich aus. Die Spanier wollen zunächst einmal nur weitere 20 Prozent an Hochtief kaufen. Bei dem derzeitigen Marktwert von Hochtief, der bei 4,9 Milliarden Euro liegt, müsste ACS also eine weitere Milliarde aufbringen. Das dürfte zu stemmen sein. Dass ACS genug Geld hat, hat der Konzern ja gerade erst bewiesen, als er seinen Anteil an Iberdrola um vier Prozent aufstockte und dafür rund 1,4 Milliarden Euro ausgab.

Das Interview führte Bettina Seidl.

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