Gewachsen aus dem provinziellen Trümmerfeld der Themen

Im Juni 1980 inszeniert eine Gruppe junger Leute ein Ärgernis, das die Kleinstadt Oberwart – Einwohneranzahl kaum über 7000 – für einige Tage in Angst und Schrecken versetzt. Es handelt sich um eine Aktionsreihe unter dem bezeichnenden Titel „ausnahmsweise oberwart“, die die Palette der damals fälligen gesellschaftlichen Themen mit unbedarft aktionistischer Attitüde aufgreift und eine Provinzstadt, die wie viele andere, ähnliche Orte im bürgerlichen Wohlstandsaufschwung liegt, mit einer Unzahl unaufgearbeiteter Fragen konfrontiert.

Auszug aus dem Folder der „ausnahmsweise oberwart“:
Aktion Zigeunerdenkmal zu Erinnerung an die in den Nazi-KZs umgekommenen Roma; Ausstellungen „Subjekt-Lust-Mann-Lust-Objekt“ und „Arbeiterinnen bei der Firma Schrack“; Ausstellung mit Plakaten von Klaus Staeck in den Auslagen oberwarter Geschäfte; Eröffnung der Ausstellung „Behindert Sein“ mit dem Film „Karl – Integration eines Behinderten in die Gesellschaft“; Ausstellung „Verfolgung und Widerstand im Südburgenland“ mit Podiumsdiskussion; thematischer Tagesschwerpunkt „Drogen brauchen“, u.a. mit dem „Ersten Burgenländischen Fernsehwettschauen“ auf dem Hauptplatz in Oberwart und der „Konsumidiotenrevue“ des Linzer Lehrlingstheaters; thematischer Tagesschwerpunkt „Frau im Burgenland“ mit der Ton-Dia-Schau „Frauenbilder“, dem Film „Schrei lauter“ und einer Informationsschau zu den Themen Fristenlösung und Verhütungsmittel“; Workshop „Jugendhaus in Oberwart“ mit anschließender Gründung des Vereins „Jugendhaus Oberwart“.

Das Ärgernis, ursprünglich determiniert auf 10 Veranstaltungstage, sollte eine manifeste, bis in die Gegenwart sich erstreckende Verlängerung erfahren, auch wenn das damals noch niemand ahnen konnte. Denn der „Verein Jugendhaus Oberwart“ wurde tatsächlich gegründet und legte damit den Grundstein für eine kulturelle Bewegung, der der Großteil der Einwohner des Ortes skeptisch bis ablehnend gegenüber stand. In verwegen praktizierter Umkehr der vermeintlichen Bedürfnislage der Bevölkerung stellte diese Bewegung den emanzipatorischen Anspruch einer Zivilgesellschaft, wie er sich am konkretesten in der Jugendkultur artikulierte. Sie brachte autonome Kulturarbeit und schließlich sogar das Luxusgut Kunst, nach der niemand verlangt hatte, in die politische Peripherie, die damals noch, unweit des „Eisernen Vorhanges“, ein unbemerktes, mit sich selbst zufriedenes Dasein fristete, schließlich aber genauso von den großen Umwälzungen des Jahres 1989 überrollt wurde.

Wie logisch fällt denn auch die Gründung des autonomen Kulturzentrums „Offenes Haus Oberwart“, das sich wie Phönix aus der Asche aus den Trümmern des gescheiterten Jugendhauses erhob, genau in dieses ominöse Jahr 1989. Und mit der gleichen zwingenden, wenn auch makabren Folgerichtigkeit stellte das bis heute in Österreich schwerwiegendste rassistische Attentat, dem vier junge Roma-Männer aus Oberwart zum Opfer fielen, dem Haus einen präzisen Legitimationsausweis aus: wenn in dem multiethnischen Gebilde Oberwart weiterhin reflektiert und gesellschaftspolitisch wie künstlerisch aufgearbeitet wird, nicht nur im Falle der Roma, dann passiert dies im Offenen Haus Oberwart.


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