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    Zuletzt aktualisiert: 13.07.2014 um 18:47 UhrKommentare

    Grinzing, das Dorf in der Stadt

    Grinzing ist das Zentrum von Döbling. Hier, im Herzen des 19. Bezirks, lässt es sich abseits des Bustourismus ganz wunderbar flanieren. Selbst ein Bad mit Aussicht kann man hier nehmen. ACHIM SCHNEYDER

    Die Weinberge von und um Grinzing

    Foto © Fotolia / CreativemarcDie Weinberge von und um Grinzing

    Robert Ludwig ist ein Wirt von stattlicher Statur. Und als er noch nicht ganz so stattlich war, ging er ein Wagnis ein. Es ist über zehn Jahre her, da erweckte der gastronomische Autodidakt einen stillgelegten und dem Verfall preisgegebenen Heurigen zu neuem Leben und eröffnete ein Wirtshaus. Wird das denn gut gehen?, fragte so mancher. Und ist das nicht vielmehr ein Frevel? Ein Wirtshaus mitten in der Heurigengegend? Ganz ohne Büfett, dafür mit handgeschriebener Speisekarte? Und ganz ohne Heurigenmusik, ganz ohne Wienerlied?

    Es ging gut und es war auch kein Frevel. Denn so ein richtiges Beisl kann nie schaden, zumal es damals keines gab im Herzen von Grinzing rund um das Grinzinger Platzl. Da kann man sich schon eher darüber alterieren, dass im Frühjahr 2015 ein kalifornisches Lokal samt Bar und Lounge im ehemaligen Operetten-Heurigen an der Ecke Grinzinger Allee/Grinzinger Straße einzieht. Mal sehen, ob das gut geht . . .

    "Liebstöckl & Co." heißt das besagte Beisl in der Sandgasse, das längst eine Institution ist. Die Küche ist ausgezeichnet und der Gastgarten an heißen Tagen ein schattiges Idyll.

    Wir befinden uns quasi auf dem Dorfplatz des Dorfes, wo es alles gibt, was man so braucht: den Bäcker, den Nahversorger, den Fleischhauer, das Beisl, den Heurigen, den Zeitungsladen und nicht zuletzt die Kirche und die Endstation der Straßenbahn. Und hier ist auch der ideale Ausgangspunkt für Streifzüge durch das restliche, teils verwunschene Grinzing. An dieser Stelle sei auch mit einem außerhalb der Grenzen Wiens weitverbreiteten Irrtum aufgeräumt: Nein, der 19. Bezirk heißt nicht Grinzing, er heißt Döbling. Grinzing ist nur der größte Teil neben den neun anderen wie Nussdorf, Sievering, Neustift oder Heiligenstadt.

    Wo der Wein wächst

    Spaziert man vom Grinzinger Platzl über den Grinzinger Steig und quert dann den Schreiberweg, so landet man in der Wildgrube. Hier fährt kein Auto, hier wächst der Wein. Grinzinger Wein und Wein aus Heiligenstadt, die Grenze ist nicht erkennbar für den Spaziergänger.

    Keucht man sich nun durch die Wildgrube zum Teil recht steil hinauf auf den Kahlenberg, auf dessen Gipfel neben der Kirche architektonisch umstritten das Restaurant und Hotel hocken, liegt abseits des Wegs unscheinbar und seit Jahrzehnten nicht gepflegt ein kleiner Waldfriedhof, den zu besuchen sich lohnt. Und das nicht zuletzt eines einzigen Grabes wegen, denn neben Hocharistokraten aus der Ära Metternich liegt hier die 1815 verstorbene Karoline Traunwieser, bei der es sich - so steht's auf dem Grabstein geschrieben - um "die schönste Frau des Wiener Kongresses" gehandelt haben soll.

    Dass der Friedhof mit seinen 30 Gräbern zum Teil in Josefsdorf liegt, dem kleinsten Bezirksteil Döblings, sei an dieser Stelle der Ordnung halber erwähnt.

    Von der Wildgrube aus erreicht man allerdings nicht nur diesen zauberischen Friedhof, man erreicht auch, wenngleich auf kleinen Umwegen, das längst legendäre "Krawa", wie das "Krapfenwaldbad", das höchstgelegene Bad Wiens, im Volksmund heißt. Benannt ist es nach Franz Josef Krapf, der im Jahre 1751 hier ein Waldhaus errichten ließ. Das Areal ringsum wurde lange Zeit als Park genützt, Johann Strauß Vater komponierte 1828 den "Krapfenwaldl Walzer" und 1923 wurde das Bad eröffnet.

    Hier kommt man zwar weniger zum Schwimmen her, weil die zu kleinen und zu wenigen Becken - außer in aller Früh und wenn die Sonne bereits im Untergehen begriffen ist - meist überfüllt sind, aber im "Krawa" zeigt man sich. Man kommt, um zu sehen und um gesehen zu werden. Und um beim Posieren einen einmaligen Ausblick zu genießen, denn vom Beckenrand des Sportbeckens aus hat man in Wiens erstem Oben-ohne-Bad (1979) freie Sicht auf Stephansdom, Donauturm, Riesenrad und Rest der Stadt.

    Wo viele Prominente liegen

    Wieder unten im Herzen von Grinzing sollte man einen Blick in die Pfarrkirche werfen, denn auf der im Jahre 1997 nach den strengsten musealen Richtlinien restaurierten und davor seit 1975 mangels Pflege nicht mehr bespielbaren Orgel musizierten schon Beethoven und Schubert.

    Nur wenige Gehminuten sind es von hier auf den Grinzinger Friedhof, auf dem man zahlreiche Prominente trifft, die man wohl eher in einem Ehrengrab auf dem Zentralfriedhof vermutet hätte. Doch aufgrund ihrer Liebe zum Bezirk liegen sie hier: Heimito von Doderer, Gustav Mahler, Paula Wessely, Peter Alexander oder auch Thomas Bernhard.

    Natürlich sollte man einen Rundgang durch Grinzing beim Heurigen ausklingen lassen. Da bietet sich beispielsweise der "Feuerwehr Wagner" an, weil's im schönsten Gastgarten auch die besten Backhendln von Wien gibt. Und darüber, dass der "FWW" gut fünf Schritte außerhalb von Grinzing und bereits in Heiligenstadt liegt, darüber sehen wir einfach gnädig hinweg.


    Fakten

    Grinzing war bis zum Jahr 1892 eine eigenständige Gemeinde und ist heute mit gut 613 Hektar der größte Bezirksteil Döblings, des 19. Wiener Gemeindebezirks. Der größte Wirtschaftszweig Grinzings ist der Weinbau, wovon etliche Heurige und Buschenschenken zeugen.

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