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Solingen
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Hypothese:
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In Köln waren schon lange vorher Schwerter erzeugt worden. Eines Tages aber gab es Streit zwischen Zünften und Patriziern, natürlich um Privilegien, also um Geld. Die einen wollten mehr haben, die andern
nichts herausrücken. Man kennt das. Aus dem Streit wurde eine Sezessionsdrohung, was zu gut deutsch heißt: Die einen kündigten an, daß die anderen fortan ihren Kram allein zu machen hätten.
Weil die einen ihren eigenen Laden aufzumachen gedächten. Die Arbeit ruhte unterdes. Auch das kennt man. Zum Glück für beide Parteien gab es damals in Köln noch einen Erzbischof, dem die sogenannte Tarifautonomie
unbekannt war. Und weil er gleichzeitig, als Graf von Berg, weltlicher Herrscher im Bergischen Land war, konnte er massiv eingreifen, nahm die Rädelsführer der einen beim Arm und sprach zu ihnen: “Jungs, Ihr werdet
hier fürderhin nicht gelitten sein. Zum Glück kenne ich eine Gegend, nicht weit von hier, wo Ihr einen neuen Anfang machen könnt, als freie Männer auf freiem Grund. Dort ist die Luft besser, dort gibt es noch viel
Grün. Dort steht Euch die Welt offen - und die Aussichten sind glänzend. Na?” Da nickten die Männer freudig, und am nächsten Mittag fanden sie sich alle dort ein, wo heute der Wipper Kotten steht - hinter dem
Parkplatz mit den vielen Schleifsteinen
So oder ähnlich könnte es gewesen sein. Wir schauen weiter: Diesmal keine Hypothese, sondern gesichertes Wissen: Als Graf Adolf V. von Berg regierte - und das war in der zweiten Hälfte des 13.
Jahrhunderts - formierte sich in Solingen die Bruderschaft (sprich Zunft) der Schwert- und Messermacher. Weil sie es, wie gut zu verstehen ist, gern schriftlich hatten, erhielten sie von ihrem Landesherrn eine
ausdrückliche Bestätigung, das Zunftprivileg.
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Kein Wort zuviel über Klingen - aber auch keins zuwenig.
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Eins ist ganz klar. Über die Geschichte der Solinger Schneidwarenindustrie könnte man dissertieren, das ist dutzendfach geschehen, oder historische Abrisse, beginnend bei der Pingsdorfer
Keramik oder Graf Wilhelm von Berg, liefern. Zahllose Schriftsteller haben diese Drohung wahrgemacht. Was sie ermittelt haben, ist sicher verdienstvoll und stellenweise auch interessant. Wir aber
überspringen Jahrhunderte, während derer fleißige Leute an den 45 Bächen Solingens und an der Wupper werkelten, vergessen die höchst undurchsichtigen Wirtschaftsbeziehungen zwischen dem
frühmittelalterlichen Köln und Solingen, lassen Graf Adolf V zurück und begeben uns direkt an das Ende des 14. Jahrhunderts Damals entstand plötzlich ein so starker Mehrbedarf an Schwertern, Dolchen und
sonstigen Klingen, daß die bis dahin an geruhsame Arbeit gewöhnten
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Solinger sich etwas einfallen lassen mußten, wenn sie nicht wichtige Kunden - und die hatten sie schon damals in ganz Europa - verlieren wollten.
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Warum Blankwaffen und Schneidwaren damals so stark gefragt waren, weiß niemand. Vielleicht gab es abends Gesindel in dunklen Gassen, gegen das sich die Bürger schützen wollten, vielleicht wurde es modisch, Brot mit
Messern zu zerteilen, möglicherweise waren Armeen umzurüsten. Gleichwie : Die Solinger mußten Abschied vom Handschleifstein nehmen und bauten an den erwähnten Bächen und der Wupper die ersten Schleifkotten, mit
Wasserkraft betriebene Schleifbetriebe. Na, und?
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Gemach: Dieser Zwang war - das stellte sich später heraus - Solingens Glück. Denn jetzt begann ein ganz früher Taylorismus: Das Prinzip der Arbeitsteilung setzte sich durch. Vorher waren Schmieden und
Schleifen örtlich verbundene Arbeitsgänge gewesen - und beides fand auf den zahlreichen Anhöhen der Solinger Gegend statt. Jetzt aber wurde oben geschmiedet und in den Tälern geschliffen , dazwischen
lagen abschreckende Entfernungen. Es bildeten sich dreierlei Stärke der Solinger heraus:
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Sie wurden rüstige Fußgänger, die Schmiede mauserten sich zu unübertrefflichen Schmieden, die Schleifer zu unvergleichlichen Schleifern. Und weil die Spezialisierung gerade im Schwange war, geriet auch das
Härten zu einer eigenen Kunst. Die Härter etablierten sich. Schließlich zogen noch die Leute nach, die man damals wie heute Fertigmacher, Feger oder Reider nennt. Sie machten sich gleichfalls selbständig und an die
berufliche Fortbildung. Wenn zwei auf deutschem und erst recht auf Solinger Boden dasselbe tun, schließen sie sich zusammen. Erstens kann man dann besser über Preise sprechen, zweitens sieht man genauer, was der
andere macht. So entstanden die Solinger Zünfte, die sich Bruderschaften nannten. Einige Bruderschafts-Brüder aber waren geschäftstüchtiger als die anderen. .
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Sie entwickelten sich von Handwerkern zu Händlern und kamen darauf, die von ihnen gelieferten Schneidwaren mit unverwechselbaren Zeichen zu versehen. Diese Zeichen wurden Eigentum dessen, der es zuerst
verwendet hatte und in eine Zeichenrolle schutzwürdig eingetragen. Wir müssen ein Datum nennen:1571.Aus diesem Jahr datiert das Messermacher-Privilegium. Damit jeder im Ausland wisse, daß es Solinger
Messer seien, durften die Solinger Klingen fortan nicht allein mit den Erbzeichen versehen werden. Ein Zusatz war ab sofort vorgeschrieben. Entweder: Me fecit Solingen - das weltberühmte
Drei-Wörter-Ursprungszeugnis oder ein für den Herkunftsort charakteristisches Beizeichen. Für das Jahr 1684 nennt eine
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Zeichenrolle gut 1500 Erbzeichen und 1300 Namen von Klingenverfertigern. Kein Wunder also, daß es Prioritätsgerangel gab, und bald auch eine regelrechte Börse für laut Zeichenrolle geschützte Wort- und Bildmarken.
Kurz und gut: Zeichen wurden gehandelt wie heutzutage Internet Domainnamen. Eine weitere Komplikation trat ein: Die Schwertschmiede durften auch Messer herstellen, für die Messerschmiede aber waren die Schwerter
tabu. Das führte zu Niveau-Unterschieden im Einkommen. Weil dennoch alle nicht schlecht verdienten, einigte man sich auf einen sogenannten Verbleibungseid. Jeder Solinger Klingenmacher verpflichtete sich durch
Schwur sein handwerkliches Geschick und sich selber nicht zu exportieren. Aber Eide waren und sind nun einmal dazu da gebrochen zu werden ...
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So lange, bis wieder 0rdnung einkehren würde. Aber zunächst kam es ganz schlimm: Napoleon wischte die alten Privilegien mit einem Federstrich weg. Die Restauration brachte nicht nur Wiederherstellung des Status quo,
sondern mehr: 1840 ein Gesetz zum Schutz der Warenbezeichnung; 1841 eine Erweiterung, die den Solingern zupaß kam: Schutz für die alten figürlichen Zeichen, Auflage, daß mit dem Fabrikzeichen auch der
Fabrikationsort erscheine. Im Klartext hieß das: Der Name Solingen war zum Solinger Beizeichen avanciert. Die Solinger Schneidwarenindustrie muß damals - seltener Gemütszustand! - überglücklich gewesen sein
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Denn jetzt war der Weg frei für die weltweite Karriere der Herkunftsbezeichnung “Solingen". Wiederum waren die Wermutstropfen nicht weit. Denn es gab Schneidwarenproduzenten in allen vier Ecken der
Erde, die auf gute Geschäfte
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durch mißbräuchliche Benutzung der Herkunftsbezeichnung "Solingen" spekulierten. Solingen hieß solid, hieß Qualität und auf diesem renommierten Wagen wollten viele illegal mitfahren. 1883 gab es die
Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums. 1891 das Madrider Herkunftsabkommen, das den Vertrieb von Waren mit falschen Herkunftsbezeichnungen ausschließen wollte. Ungerührt schlugen in- und
ausländische Konkurrenten der Solinger das magische Wort Solingen auf ihre fast immer minderwertigen Erzeugnisse. Solingen wehrte sich - aber häufig mit den falschen Mitteln. Viele Unternehmen gingen dazu über, der
billigeren ausländischen Konkurrenz ebenso billige Solinger Erzeugnisse entgegenzusetzen.
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Dieser Irrweg endete, als 1938 die Lex Solingen veröffentlicht wurde, das
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Dieses Gesetz sichert nur denjenigen Solinger Schneidwaren die Herkunftsbezeichnung "Solingen” zu, die nach Qualität und Verarbeitung “solingenfähig" sind. Es hat Jahre und Jahrzehnte
strapaziöser Verhandlungen erfordert, den gesetzlich geschützten Solingen-Anspruch auch im Ausland durchzusetzen. Immer wieder kommen Leute
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in den entferntesten Weltwinkeln darauf das Qualitätsversprechen "Solingen” bedenkenlos für ihre eigenen kommerziellen Zwecke zu nutzen.In mehreren südamerikanischen Staaten, vor allem Argentinien,
Chile, Brasilien, Venezuela und Mexiko gab es groß angelegte Versuche, mit falschen Herkunftsbezeichnungen wie “Casas Solingen” oder “Solingen Industria Brasileira” den Weltruf Solinger Schneidwaren auszunutzen.
Dasselbe geschah in den USA, in Japan, Pakistan und Australien, in der Türkei, Ägypten, Jugoslawien, Peru, Polen und zehn anderen Ländern und zum Glück der Solinger gibt es in Solingen eine Industrie und
Handelskammer, die solchen Verstößen nachgeht. Und einen Industrieverband Schneidwaren- und Bestecke, der die Schneidwarenanbieter der Welt kennt, und durch persönliche Kontakte unerlaubte und unfaire
Produktauslobungen verhindert.
Bis heute.
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Der Schleifer , Kolumbusstraße 15 , 42655 Solingen Tel. +49 212 58541 , Fax +49 212 2541914
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