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Al-Takfir wal-Hijra
Die 'al-Takfir wal-Hijra' (am häufigsten übersetzt mit "für ungläubig erklären und auswandern") ist keine fest strukturierte Organisation, sondern eine sunnitisch islamistische ideologische Strömung, die sich durch eine äußerst aggressive Militanz auszeichnet. „Takfiris“ (Anhänger dieser Glaubensrichtung) lehnen alle Staatsformen, die nicht auf den Grundsätzen der Scharia basieren, als unislamisch ab und bekämpfen sie. Sie bezeichnen Andersdenkende als ungläubig und erklären ihre Schädigung für rechtens. Die Ideologie der TwH hat unter arabischen Mujahidin weite Verbreitung gefunden.

Die TwH entstand zu Beginn der 1970er Jahre in Ägypten, wo sie sich vor allem an den Universitäten etablierte. Als ihr Gründer gilt der 1942 im ägyptischen Assiut geborene Shukri Mustafa. Im Zentrum der Aktivitäten der 'al-Takfir wal-Hijra' stand die praktische Unterstützung ihrer studentischen Anhängerschaft in Form von kostenlosen Fahrdiensten zur Universität, der Vergabe von Stipendien und der Bereitstellung unentgeltlicher medizinischer Versorgung. Von den Sympathisanten der Bewegung und Nutznießern ihrer sozialen Dienste wurde im Gegenzug ein frommes Verhalten sowie die optische Anpassung an die religiösen Normen der Bewegung verlangt – für Studentinnen war der Schleier (hijab) vorgeschrieben, Studenten hatten Bärte zu tragen.

In ihren Anfängen wurde die TwH als Organisation geführt. 1977 löste die ägyptische Regierung die Organisation offiziell auf. Vorausgegangen waren zahlreiche Gewaltaktionen ihrer Anhänger seit 1974, die ihren Höhepunkt in der Entführung des ehemaligen Kultusministers Hussein al-Dhahabi fand. Shukri Mustafa sowie mehrere seiner Anhänger wurden deswegen zum Tode verurteilt und im März 1978 hingerichtet. Die bis dahin streng hierarchisch strukturierte TwH bestand zwar fortan nicht mehr offiziell als Organisation, ihre Ideologie aber lebte fort. 1981 soll die TwH-Bewegung in die Ermordung des ägyptischen Staatspräsidenten Sadat verwickelt gewesen sein.

Sympathisanten der TwH bauten in den Folgejahren Kontakte nach Pakistan, in die Golfstaaten, in die Türkei, nach Syrien, Jordanien, Libyen, Sudan, Libanon und in die Maghrebstaaten, insbesondere Algerien, auf. Die Ideologie der TwH prägte eine Reihe militant-islamistischer Gruppierungen beziehungsweise Organisationen, wie die algerische GIA, die ägyptische 'al-Gama’a al-Islamiya' und den ebenfalls ägyptischen 'Jihad Islami'.

Anhänger der TwH-Strömung finden sich in der Regel in hochgradig aufgesplitterten Zirkeln von selten mehr als 10 Personen zusammen. Sie sind häufig in kriminelle Delikte (Bandendiebstahl, Fälschung von Kredit- und Telefonkarten sowie Ausweisdokumenten) verwickelt, die dazu dienen, TwH-Gruppen zu unterstützen.

In das Blickfeld der Öffentlichkeit geriet die TwH Anfang Dezember 2000, als Anhänger einen Anschlag auf die Moschee einer rivalisierenden Gruppierung bei Omdurman (Sudan) verübten, bei dem über 25 Menschen ums Leben kamen und zahlreiche weitere zum Teil schwer verletzt wurden. 65 Islamisten, die man der TwH zurechnete, wurden verhaftet.

„Takfiris“ sind auch in Anschlagsvorbereitungen gegen westliche Ziele involviert gewesen. In das Blickfeld der Sicherheitsbehörden geriet im Jahr 2001 das von Anhängern der TwH logistisch unterstützte Netzwerk des Algeriers Jamal Baghal, das Selbstmordanschläge in Europa durch in Afghanistan ausgebildete Personen vorbereitete. Als einer dieser potentiellen Selbstmordattentäter wurde Nizar Trabelsi bekannt, der in diesem Zusammenhang von einem belgischen Gericht zu 10 Jahren Haft verurteilt wurde.

 

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