Wahlen in Taiwan sorgen für Aufbruchstimmung.
Oliver Stönner, Investment-Stratege bei Cominvest
Von Oliver Stönner, Investment-Stratege bei Cominvest
Der Sieg des oppositionellen Präsidentschaftskandidaten Ma Ying-jeou bei den Wahlen vor etwas über einer Woche hat zu einer neuen Aufbruchsstimmung insbesondere bei den Unternehmen geführt. Ausschlaggebend hierfür sind die Ankündigungen der Präsidentschaftskandidaten im Hinblick auf die Verbesserung der wirtschaftlichen Beziehungen zu China. Seit der Niederlage der bisherigen Regierungspartei DPP bei den Parlamentswahlen im Januar überboten sich die Kandidaten mit neuen Vorschlä-gen, um in dem für die Wähler zentralen Wirtschaftsthema zu punkten. Ma Ying-jeou fällt nun die Ausfgabe zu, das aufgebaute Reformerimage parteipolitisch umzusetzen, und das dürfte noch einigen Einsatz erfordern, da die lange Zeit straff regierende, traditionelle und national-orientierte Kuomintang (KMT) weiter modernisiert werden muss.
Quelle: Cominvest
Mit der Mehrheit im Parlament bietet sich aber eine schnelle Chance Entschlossenheit zu beweisen. Zentrale Punkte sind zu allererst die Aufnahme bzw. der Ausbau direkter Flugverbindungen. Dies schafft die Voraussetzung dafür, dass eine Lockerung der Investitionsbeschränkungen für taiwanesische Unternehmen in China schneller und einfacher genutzt werden kann. Bislang dürfen Unternehmen nicht mehr als 40% ihres Kapitals in China investieren.
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Um diese Grenze zu umgehen, wurden in der Vergangenheit häufig Umwege bspw. über Singapur oder Hongkong genutzt. Mit anderen Worten, erleichterte Investitionsbedingungen in China wird es taiwanesischen Unternehmen erleichtern Produktionskostenvorteile zu nutzen und die Festlandsmärkte zu erschließen. Dies sollte dazu führen, dass die im regionalen Vergleich recht geringe Investitionsquote ansteigt und auf diese Weise sowohl der Wirtschaft als auch den Finanzmärkten neue, frische Impulse liefert. Schließlich implizierten die Handels- und Investitionsbeschränkungen gerade in den letzten Jahren einen erheblichen Wettbewerbsnachteil taiwanesischer Unternehmen insbesondere gegenüber anderen asiatischen Anbietern.
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Damit die wirtschaftliche Verflechtung auch von chinesischer Seite vorangetrieben werden kann, müssen zudem die Geschäftmöglichkeiten für Festlands-Unternehmen in Taiwan erleichtert werden. Erste Schritte zur Erleichterung des Erwerbs kommerzieller Immobilien und zum Ausbau des Tourismus wurden bereits unternommen, aber in den kommenden Monaten muss eine grundsätzliche Öffnung erfolgen, damit Taiwan ähnlich positive Effekte spüren kann, wie die Wirtschaft Hongkongs. Das Potenzial im Bereich Tourismus lässt sich besonders eindrucksvoll verdeutlichen. Im letzten Jahr besuchten 18 Mio. Chinesen vom Festland Macau und 16 Mio. Hongkong. Taiwan besuchten hingegen nur eine 0,5 Mio. Chinesen.
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Alles in allem muss der neue Präsident die hohen wirtschaftlichen Erwartungen erfüllen, ohne die Eigenständigkeit Taiwans zu leicht aufzugeben. Die Bereitschaft zur Annäherung an China wird vermutlich schrittweise zunehmen, wenn die wirtschaftlichen Früchte für die privaten Haushalte konkret spürbar werden. Die Finanzmärkte werden zunächst vor allem die unternehmensseitigen Verbesserungen bewerten, und darin liegen die Chancen des Wahlergebnisses.
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