Die Aufwertung des Renminbi könnte der Inflationsentwicklung in China gegensteuern.
Von den Experten der ING Investment Management Asia Pacific
Der chinesische H-Aktienmarkt hat seit Ende Oktober eine tief greifende Korrektur erlebt. Das lag unter anderem an folgenden Faktoren:
1. Presseberichte zu Maßnahmen seitens der chinesischen Regierung, die insbesondere den Zugang chinesischer Privatanleger zum Markt in Hongkong beschränken.
2. Erneute Unruhe am US-Kreditmarkt, dessen Verluste nicht nur die Märkte in den USA, sondern auch die internationalen Aktienmärkte belasteten.
3. Die Aussicht auf Sparmaßnahmen von Seiten der Regierung führte am chinesischen A-Aktien-Markt zu einer Korrektur. Infolge dieser negativen Meldungen sind die Kurse chinesischer Aktien in Hongkong laut Hang Seng China Enterprise Index seit ihrem Höchststand im Oktober um nahezu 22 Prozent gefallen. Zwar sind die Sorgen berechtigt, man darf dabei jedoch nicht die positiven Entwicklungen übersehen, wonach die Situation in China bei weitem nicht so kritisch ist, wie manche Marktkommentatoren uns glauben machen wollen. Insbesondere muss betont werden, dass der chinesische Renminbi (RMB) kontinuierlich gegenüber dem US-Dollar zulegt.
Die Aufwertung des Renminbi gegenüber dem Dollar beschleunigt sich zunehmend. Chinesische Volkswirtschaftler formulieren bereits ein neues Aufwertungsziel, das bei 10 Prozent pro Jahr liegen soll. Unserer Auffassung nach wird diese Maßnahme weit reichende Konsequenzen haben:
- Da die H-Aktien-Unternehmen einerseits in Hongkong notieren, ihre Erträge aber in Renminbi kalkulieren, wird das Ertragswachstum chinesischer Unternehmen zwangsläufig steigen. Die gegenwärtige Wachstumsprognose von 21 Prozent für 2008 beim Ergebnis je Aktie im MSCI China wird möglicherweise noch auf 26 Prozent aufwärts korrigiert (auf USD- oder HKD-Basis), Folge der beschleunigten Aufwertung des Renminbi.
- Chinesische Aktien in Hongkong, deren Kurse im Laufe der Korrektur gefallen sind, dürften unter Berücksichtigung der schnelleren RMB-Aufwertung im nächsten Jahr mit einem KGV von 18 gehandelt werden. Das entspräche für 2008 einem dynamischen KGV (PEG-Ratio) von nur 0,69. Damit wären Chinas Aktien weitaus billiger als die der meisten entwickelten und aufstrebenden Märkte.
- Die Aufwertung des Renminbi könnte in gewissem Umfang auch der Inflationsentwicklung in China gegensteuern. Auf globaler Ebene folgen die Notenbanken dem Beispiel der Federal Reserve und gehen bereits in einen Zinssenkungszyklus über. Damit bestünde für die geldpolitischen Instanzen Chinas weniger Dringlichkeit, eine zunehmend restriktive Geldpolitik umzusetzen, denn unter Umständen hat die Aufwertung der chinesischen Währung bereits den gewünschten Erfolg bewirkt.
- Der Risikoappetit hat zugegebenermaßen weltweit seit Oktober nachgelassen. Das mag auch daran liegen, dass institutionelle Investoren zum Jahresende auf Nummer Sicher gehen und ihre Gewinne festschreiben wollen. Wenn dieselben Investoren allerdings für 2008 einen erneuten Risikovergleich zwischen China und den entwickelten Märkten vornehmen, könnten chinesische Aktien, die an der Börse in Hongkong notieren, wiederum ganz oben auf der Einkaufsliste stehen, denn die wirtschaftlichen Rahmendaten Chinas sind weiterhin günstig.
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