Markus Zschaber, V.M.Z. Vermögensverwaltung
Das globale Konjunkturkarussell dreht sich zwar zunehmend langsamer, dennoch gilt der derzeitige Pessimismus, welcher in nahezu allen Rubriken des weltweiten ökonomischen Systems vorherrscht, als ebenso ungerechtfertigt wie der übertriebene Optimismus in den vergangenen Jahren. Das kapitalistische Grundgerüst der Globalisierung wird nicht zusammenbrechen. Die Wertschöpfungskette wird sich auch nicht zurück entwickeln und die globalen Strukturen und Vernetzungen werden nicht gekappt. Das zyklische Muster, in der sich die Weltwirtschaft derzeit befindet, gilt zwar sicherlich als außergewöhnlich, aber nicht als außergewöhnlich ungewöhnlich! Der vielzitierte Risikoneubewertungsprozess ist immer noch in vollem Gange und wird auch noch einige Zeit in Anspruch nehmen, bevor die sich durch die Globalisierung entstandenen ökonomischen Ungleichgewichte normalisieren.
Aus diesem Grund erachten wir das Segment der Aktienmärkte als sehr differenziert zu bewerten, da zum einen die makroökonomischen Daten noch kein absehbares Ende des zyklischen Abschwungs vermitteln und die Finanzmarktkrise und ihre Auswirkungen noch nicht vollständig beendet sein sollten. Dennoch bestehen für einen professionellen Investor in jedem Marktzyklus auch Chancen. Die wichtigste Erkenntnis sollte diesbezüglich sein, dass die Identifizierung und Lokalisierung der Chancen sich aber deutlich komplexer gestalten wird als in der Vergangenheit.
Nach unseren ökonomischen Einschätzungen kann den industrialisierten Volkswirtschaften zwar weiterhin ein sehr schwieriges Umfeld beigemessen werden, dennoch bestehen auch hier auf nationaler Ebene Chancen und Möglichkeiten. Gerade die Volkswirtschaften, deren Haushalt solide Strukturen und nur eine geringe Verschuldung anzeigt, sowie der Arbeitsmarkt, der durch die Restrukturierungsmaßnahmen vergangener Jahre nicht ganz so anfällig sein sollte, könnten ein gewisses Chancenpotenzial aufzeigen. Hierbei erkennen wir partiell Chancen in Deutschland, Schweiz, Österreich, Frankreich und Kanada.
Attraktive Segmente
Auf sektoraler Ebene erkennen wir nachhaltig die attraktivsten Chancen in der Segmentierung Gesundheit, Infrastruktur, Chemie, Pharmazie, Technik/Konstruktion, Umweltschutz, Businesseinrichtungen, Software, Erdgas, Elektrizität, Wasserversorgung, Internetindustrie, Medien, Maschinenwerkzeuge, Maschinenbau und Elektronik. Auf langfristige Sicht wird vor allem das Gewinnwachstum bzw. die Umsatzrentabilität dieser Sektoren und die Abhängigkeit der globalen gesamtvolkswirtschaftlichen Strukturen zu diesen Sektoren weiteres Wachstumspotenzial fördern.
Die Schwellenländer wie z.B. Brasilien, China, Indien, Südafrika, Russland, etc. zeigen immer noch eine sich dynamisierende Tiefenstruktur in der verarbeitenden Industrie sowie bei der Herstellung von Investitionsgütern auf und sorgen somit für gezielte Investitionen in die materielle und soziale Infrastruktur. Dies sollte auch bei einer Reduzierung der Nachfrage aus den industrialisierten Nationen beibehalten werden können. Hier erkennen wir auch einen sogenannten "Megatrend", welcher viele Jahrzehnte andauern könnte und somit durchaus aus heutiger Sicht Chancenpotenziale mit sich bringt.
Grundsätzlich bleibt somit festzuhalten, dass die Aktienmärkte sehr differenziert zu bewerten sind, da die ökonomischen Strukturen sich stark verändert haben. Insgesamt identifizieren wir aber bereits in einigen Segmenten wieder Chancen und sind den Aktienmärkten gegenüber generell vorsichtig optimistisch eingestellt.
Bonitätsstarke Staatsanleihen zu teuer
Das Segment der Anleihen bewerten wir ebenfalls als sehr differenziert, da nach dem schwierigen Rentenjahr 2008 deutliche Bewertungsunterschiede vorhanden sind. Die Kapitalflucht vieler großer Marktteilnehmer im vergangenen Jahr in das Segment der Staatsanleihen mit höchster Bonitätsstufe sorgte für außergewöhnlich hohe kurzfristige bzw. mittelfristige Standartabweichungen in den Kursen, so dass hohe Ausschläge nach oben wie auch nach unten vorhanden waren.
Die kurzfristige Nachfrage durch die verschiedensten Marktteilnehmer nach dieser Anlageklasse ließ die Kurse bonitätsstarker Staatsanleihen (z.B. Deutschland, USA) in der Konsequenz sehr stark ansteigen, so dass die Renditen von Anleihen mittel- bis langfristiger Duration (durchschnittliche Laufzeit der Kapitalbindung) entsprechend stark unter Druck gerieten und dafür sorgten, dass der Bereich der Renten in diesem Jahr größtenteils als unattraktiv einzustufen war. Das bedeutet, dass vor allem die Renditen von deutschen oder europäischen und US - amerikanischen Staatsanleihen, vor allem mit höherer Duration, negativ tendierten. Deutsche zehnjährige Staatsanleihen rentierten sogar temporär unter 3%, was einen Spread von gut 50 Basispunkten gegenüber französischen Staatsanleihen bedeutete und die aktuellen Markteinschätzungen widerspiegelt, dass bei französischen Titeln ein höheres ökonomisches Risiko eingepreist wird. In Griechenland rentierten zehnjährigen Staatsanleihen sogar mit einem Risikoaufschlag von 150 Basispunkten gegenüber den deutschen Pendants.
Aus diesem Grund erachten wir gerade die Staatsanleihen bonitätsstarker Nationen für überbewertet und erkennen hierbei eher Unattraktivitäten. Staatsanleihen, die keine höchste Bonität anzeigten, wurden im vergangenen Jahr stark abgestraft, so dass diese durchaus bei einer Normalisierung der ökonomischen Grundstruktur und einem möglichen Ende der Finanzmarktkrise mögliche Potenziale im Jahr 2009 aufzeigen könnten. Die schlagartige Zunahme der Risikoaversion des Gesamtmarktes führte dazu, dass Unternehmensanleihen, Wandelanleihen, etc. hohe Risiken beigemessen wurden, so dass eine panikartige Verkaufswelle dafür sorgte, dass die Kurse dieser Anleihengattungen einer überproportional negativen Wertentwicklung ausgesetzt waren.
Ca. 60% aller in Deutschland zugelassenen Rentenfonds, deren Investmentuniversum weltweit ausgerichtet ist (1360 Rentenfonds), entwickelten sich im Jahr 2008 negativ, größtenteils sogar mehr als -10%. Neben den hohen Schwankungen der Staatsanleihen zeigte auch die Kategorie der Wandelanleihen und der Unternehmensanleihen hohe negative Dynamik an, was ausschlaggebend für die besagte negative Entwicklung der Rentenfonds war.
Unsere Stresstests, welche kontinuierlich an jedes Ereignis angepasst und ausgewertet werden, um die entsprechenden zyklischen Muster an den Kapitalmärkten zu prognostizieren und einschätzen zu können, haben über das komplette Kalenderjahr 2008 deutliche Warnsignale für die Anlageklassen Wandelanleihen, Genussscheine, Unternehmensanleihen, ABS, CDO, CDS, Pfandbriefe oder sonstige Schuldverschreibungen in beachtlicher Dimension angezeigt.
Für dieses Jahr erwarten wir, wie angesprochen, durchaus Potenziale bei europäischen Staatsanleihen (außer Deutschland). Die Renditeabstände werden sich in den kommenden Wochen und Monaten mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder anpassen können, da sich das panikartige Verhalten vieler Investoren bereits zum heutigen Zeitpunkt entspannt. Unser Haus ist überzeugt davon, dass ein solches Jahr, in dem die bonitätsstärksten Anleihen der Eurozone besser abschneiden als Staatsanleihen, deren Bonität etwas darunter angesiedelt ist, nicht nochmals so schnell vorkommen sollte.
Darüber hinaus könnten Unternehmensanleihen durchaus interessant sein, wobei die aktuell immer noch hohen Risikoprämien in diesem Segment genauestens zu beobachten und zu bewerten sind. Auch für diesen Anlagesektor gilt: Sehr differenziert bei der Auswahl vorzugehen.
Grundsätzlich können im aktuellen Marktumfeld die Ölpreis - Notierungen wieder für interessant eingestuft werden, da die OPEC mit den Produktionskürzungen den Abwärtstrend beim Ölpreis umzukehren versuchen und damit Entschlossenheit symbolisiert, nachhaltig die Preisspanne nach oben zu entwickeln. Nach Angaben der Internationalen Energie Agentur sind die OPEC-Lieferungen zwischen Mitte Dezember und Mitte Januar um 1% zurückgegangen. Daraus resultiert, dass die beschlossenen Kürzungen noch nicht voll umgesetzt worden sind und sich somit weiterhin preisstützend auswirken werden. Die OPEC zeigt sich außerdem diesmal fest entschlossen auch weitere Kürzungen noch vor dem turnusmäßigen Treffen im März durchzuführen.
Angebot entscheidet Ölpreisentwicklung
Die Eskalation des Konflikts im Gaza-Streifen und der Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine werden wieder die geopolitischen Risiken der Energieversorgung weltweit in den Fokus rücken lassen. In den letzten Monaten war der Markt so besorgt um den Einbruch der Nachfrage, dass man die Angebotsrisiken völlig außer Acht gelassen hat, was sich nun rächen wird. Wir glauben, dass in den kommenden Monaten die Angebotsreaktionen ausschlaggebend für die Entwicklung der Ölpreise sein werden.
Die Metallpreise wurden natürlich in den vergangenen Monaten stark durch die Finanzmarktkrise und den daraus resultierenden negativen Effekte auf die Realwirtschaft getroffen, so dass viele der Preiskonstellationen sich im letzten Jahr gedrittelt haben. Betrachtet man das aktuelle Muster der Industriemetalle, so kann trotz weiterhin schlechter Konjunkturnachrichten aus aller Welt keine Reaktion an den Metallmärkten erkannt werden, was auf eine vollständige Einpreisung der Wirtschaftskrise hindeutet.
Im Gegenteil: In den letzten Handelstagen stiegen sogar an den Terminmärkten die Preise für Nickel, Aluminium, Kupfer, Zink, und Zinn um durchschnittlich 10% bis 15%. Besonders erachten wir Nickel für sehr interessant, da zum einen die weltweit bekannten Nickelvorkommen sich auf ca. 100 Mio. Tonnen begrenzen und aktuell bereits ca. 1,5 Mio. Tonnen pro Jahr gefördert werden. Gerade die Chemieindustrie benötigt besonders beständige Maschinen und Apparate, welche aus Nickellegierungen bestehen. Darüber hinaus erachten wir Zink wieder für sehr interessant, da auch hier der Verbrauch in den vergangenen Jahren sich stark potenzierte. Gerade der Korrosionsschutz für andere Werksstoffe wird durch Verzinkungen vorgenommen. Korrosionen können zu einer Beeinträchtigung der Funktion eines Bauteils oder Systems führen. Aus diesem Grund erachten wir nachhaltig das Metall Zink für interessant.
Was Anleger tun sollten
Ein Anleger sollte im aktuellen Marktumfeld weiterhin sehr vorsichtig bei der Asset Allokation vorgehen, da nahezu in jedem Segment durch die Ereignisse der Finanzmarktkrise in den vergangenen Monaten starke Schwankungen auftraten. Wie bereits angesprochen empfehlen wir eine Kombination aus Aktien, Staatsanleihen, Unternehmensanleihen, Offenen Immobilienfonds und Geldmarkt, wobei die Priorität auf das aktive Handeln gelegt werden sollte. Der aktuelle Zyklus untermauert unseren Anspruch, dass nur durch ein flexibles und aktives Management eines Portfolios und vor allem einer konservativen Vorgehensweise bei der Asset - Auswahl nachhaltig Erfolg erzielt werden kann. Die Marktentwicklungen aus dem vergangenen Jahr beweisen wie wichtig es ist, einen aktiven Managementansatz zu nutzen, der durch einen ausgeprägten Risikomanagementansatz die ökonomischen Risiken frühzeitig erkennt und entsprechend handelt wenn es notwendig ist.
Was Anleger auf keinen Fall tun sollten
Der Privatanleger sollte auf gar keinen Fall sich in ein extremes Muster steuern lassen. Das bedeutet, er sollte nicht ausschließlich sein Vermögen auf Sparbuch legen oder in Tagesgeld oder Festgeld investieren, genauso wenig, wie er sein Kapital ausschließlich in risikoorientierte Investments wie z.B. Aktien, Zertifikate, Rohstoffe, Hochzinsanleihen oder der gleichen investieren sollte. Als besonders uninteressant erkennen wir weiterhin die Märkte des Automobilssektors oder der Banken, so dass der Anleger hierbei weder Aktien noch Anleihen kaufen sollte. Auch Staatsanleihen von Nationen mit exorbitanter Verschuldung (wie z.B. Ukraine, Ungarn, Griechenland, etc.) sollten derzeit gemieden werden.
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