Trauriger Geburtstag: 

netzeitung.deJohn Wayne starb durch die Atombombe

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John Wayne und seine Söhne mit Geigerzähler (Foto: Utah Historical Quarterly<br/>Quelle: NZ Netzeitung GmbH)

Lupe John Wayne und seine Söhne mit Geigerzähler
Foto: Utah Historical Quarterly
Quelle: NZ Netzeitung GmbH

Wäre die Atombombe Dirty Harry nicht explodiert, würde John Wayne vielleicht noch leben. Ronald Dükers traurige Gratulation zum 100. Geburtstag des Schauspielers. Bilderschau: Hundert Jahre John Wayne

Der Mann, der John Wayne erschoss, heißt Dwight D. Eisenhower. Und er war ein feiger Mann, denn es fehlte ihm der Mut, sich dem größten Cowboy aller Zeiten direkt in die Schusslinie zu stellen. Auch verließ er sich bei seiner Tat nicht auf einen einfachen Revolver.

Der Mann, der John Wayne erschoss, fuhr das größtmögliche Kaliber auf und stellte die Sache so geschickt an, dass sein Opfer erst viele Jahre später merkte, dass es erschossen worden war. Oder war es etwa so, dass Dwight D. Eisenhower gar nicht vorhatte, den berühmtesten Westernhelden aller Zeiten zu töten?

Dwight D. Eisenhower, Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika und vormals Oberbefehlshaber der amerikanischen Streitkräfte hat John Wayne mit der Atombombe ums Leben gebracht. Deshalb ist der männlichste aller amerikanischen Männer nur 72 Jahre alt geworden und man kann, wo er doch heute seinen hundertsten Geburtstag feiert, nur noch einem Toten gratulieren. Der Kollege Johannes Heesters ist übrigens zwei Jahre älter als Wayne und lebt noch immer.

In den Blitz geschaut
Wie hat sich die Sache also abgespielt? Man versetze sich zurück ins Frühjahr des Jahres 1953. Josef Stalin ist soeben gestorben und Nikita Chruschtschow zum Ersten Sekretär der KPdSU gewählt worden, während sich auch in den USA, die sich in den letzten Zügen des Koreakrieges befinden, ein politischer Umschwung vollzogen hat. Dwight D. Eisenhower, der Republikaner, hat das Präsidentenamt von dem demokratischen Weltkriegspräsidenten Harry S. Truman übernommen.

Der kalte Krieg läuft auf Hochtouren, und seit zwei Jahren wird in der Wüste von Nevada eine Atombombe nach der anderen getestet. Die Regierung hält die von der nuklearen Belastung schwer betroffene Bevölkerung durch eine beispiellose Desinformationskampagne in Unwissenheit, tausende Soldaten werden abkommandiert, den atomaren Blitz mit bloßen Augen zu beobachten.

Dschingis Khan radioaktiv
Am 19. Mai 1953, um fünf nach vier Uhr morgens, war es die Bombe Harry, oder, wie sich schnell herumsprach, Dirty Harry, die zu dem bis dato schlimmsten radioaktiven Fallout überhaupt führte. Eine Turmexplosion in 100 Metern Höhe mit einer Sprengkraft von 32 Tonnen und eine schreckliche Strahlenkatastrophe. Tausend Gis starrten in den Ball aus Feuer, der ganze 17 Sekunden lang brannte.Von den 5000 Einwohnern des nahe gelegenen Ortes St. George erkrankte später die meisten an Krebs.

Und Dirty Harry, das enthüllte allerdings erst im Jahr 1979 das Boulevardmagazin «Star», hatte auch John Wayne auf dem Gewissen. Der hatte sich nämlich die unselige Idee in den Kopf gesetzt, in einem Historienfilm über die Mongolen mitzuspielen, in dem er die für ihn völlig atypische Rolle des Eroberers Dschingis Khan übernehmen sollte. «The Conqueror» wurde 1954 unter der Regie von Dick Powell in unmittelbarer Nähe des Testgeländes gedreht.
90 von 220
Schließlich beförderte der Produzent und Medienmogul Howard Hughes die Katastrophe noch dadurch, dass er tonnenweise radioaktiven Sand aus dieser Gegend ins Studio nach Hollywood karren ließ. Dort benötigte man ihn zum Bau allerdings völlig verstrahlter Kulissen, in denen dann in aller Ruhe noch einige Szenen nachgedreht wurden. Das traurige Resultat dieser Dreharbeiten:

30 Jahre später waren 90 Mitglieder 220-köpfigen Filmteams an Krebs erkrankt, und im Jahr 1981 bereits 46 der Beteiligten gestorben. John Wayne starb 1979, die weibliche Hauptdarstellerin Susan Hayward vier Jahre früher, der Regisseur war der Krankheit bereits 1963 erlegen.

Zu schlecht für die Sowjets
Dabei gehört zur Tragödie dazu, dass «The Conqueror», die letzte Produktion von Howard Hughes und mit einem Budget von sechs Millionen Dollar der bis dahin teuerste Film überhaupt, in künstlerischer und kommerzieller Hinsicht ein kompletter Ausfall war. Die Kritik zerriss den albernen Sandalenfilm mit seinen schwachsinnigen Dialogen in der Luft und auch das Publikum strafte das Powells Machwerk mit Nichtachtung.

John Wayne, der, warum auch immer, dafür plädiert hatte, dass «The Conqueror» in Moskau uraufgeführt werden könne, provozierte mit diesem Vorschlag eine zusätzliche Lachnummer. Der Film wurde sowjetischen Offiziellen nämlich tatsächlich in einer Voraufführung gezeigt. Die aber lehnten dankend ab – und zwar nicht einmal aus politischen Gründen. 'Zu schlecht', lautete ihr Befund, dieser Film sei dem sowjetischen Publikum ganz einfach aus qualitativen Gründen nicht zuzumuten.

Nur der Vorführer war Zeuge
Howard Hughes war übrigens kurze Zeit später selbst der Meinung, dass dieser Film niemandem zuzumuten war. Oder aber, der Produzent, der in seinen späteren Jahren zu einem erbitterten Gegner von Atomversuchen wurde, wusste um das schreckliche Erbe seiner Produktion. Oder aber – so die rätselhafteste Erklärung dieses Vorgangs – er wollte den Film ganz für sich alleine haben.

Jedenfalls zog Hughes «The Conqueror» aus dem Verkehr. Er kaufte jede einzelne Kopie, die sich noch im Umlauf befand, auf, was ihn satte 12 Millionen Dollar kostete, also das Doppelte des gesamten Produktionsbudgets. Es heißt, dass Hughes sich den Film bis zu seinem Tod im Jahr 1976 wieder und wieder angeschaut hat. In einer Art Endlosschlaufe und mit seinem privaten Filmvorführer als einzigem Zeugen.

Sorglos mit Geigerzähler
Das Foto, das diesen Artikel illustriert ist, obwohl kaum bekannt, ein Jahrhundertbild. Es zeigt einen unidentifizierten Mann, John Wayne und seine beiden Söhne Michael und Patrick während einer Drehpause der Arbeiten zu «The Conqueror». Mit erstaunlicher Unbekümmertheit begutachtet diese Gruppe die Funktion eines Geigerzählers, der auf den radioaktiven Boden mit heftigen Ausschlägen reagierte. Man wusste also von der Bedrohung, hielt sie aber offenbar für wenig bedenklich.

Michael Wayne, der 2003 im Alter von 68 Jahren gestorben war, hatte zuvor das nach seinem Vater benannte «John Wayne Cancer Institute» gegründet. Sein Bruder Patrick lebt noch und hat nach dem Tod seines Bruders die Leitung des Institutes übernommen. Ihrem Vater, der Dschingis Khan den Eroberer gespielt und dafür mit dem Leben bezahlt hat, gratulieren wir heute zu seinem hundertsten Geburtstag.