Erzeugung von Magnetfeldern in helikalen Strömungen



Zur Zeit ist die Dynamotheorie die einzige anerkannte Theorie, die Aussagen über die Entstehung und Entwicklung der Magnetfelder von Himmelkörpern (Planeten, Sterne, Galaxien etc.) macht. Der Grundgedanke ist, daß Bewegungen der Materie, die aufgrund der Zustandsgrößen elektrisch leitend ist, im Inneren dieser Körper (z.B. durch Konvektion) zu Strömen führen, die nach der Theorie der Elektrodynamik mit Magnetfeldern verbunden sind.
Die Dynamotheorie versucht nun Mechanismen aufzuzeigen, welche zur Erhaltung oder Verstärkung von Magnetfeldern führen können und Bedingungen abzuleiten, die dazu an die Bewegung der Flüssigkeit zu stellen sind. Derartige Untersuchungen verlangen nicht zwangsläufig die komplette Modellierung z.B. eines ganzen Planeten (was auch unmöglich wäre); in erster Linie interessiert, welche räumliche oder zeitliche Variationen ein Geschwindigkeitsfeld aufweisen muss, um dynamoaktiv zu sein und welche Wechselwirkungen zwischen Geschwindigkeits- und Magnetfeld stattfinden. Das kann häufig an sehr einfachen Modellen untersucht werden.

Ein Geschwindigkeitsfeld, das sich als dynamoaktiv erwiesen hat und als Roberts-Strömung bezeichnet wird (zu Ehren von G.O. Roberts), soll hier vorgestellt werden. Es weisst eine helikale Gestalt auf, d.h. ein in der Strömung mitfließendes Teilchen bewegt sich auf einer Schraubenbahn in positive bzw. negative z-Richtung, in benachbarten »Rollen« in jeweils entgegengesetzte Richtung. Dabei weist die Bewegung aber überall den gleichen Schraubensinn auf, was zu einer nichtverschwindenden kinematische Helizität führt. Das widerum ist nach der »Theorie der mittleren Felder« (Krause/Rädler 1980) begünstigend für einen funktionierenden Dynamo.
Die Robertsströmung ist dabei unabhängig von der z-Achse.



Robertsstroemung

Abb.1 : Projektion der Geschwindigkeitsvektoren der Roberstströmung in die x-y-Ebene (links) und Kontur-Darstellung der kinematischen Helizität (rechts)


Motiviert wird die Untersuchung der Roberts-Strömung zusätzlich dadurch, dass Modelle für den Erddynamo von Konvektionsbewegungen im Erdinneren ausgehen, die eine ähnliche Geometrie wie die Roberts-Strömung aufweisen. Der äußsere und innere Erdkern sowie der Erdmantel drehen sich danach mit unterschiedlichen Winkelgeschwindigkeiten, was zur Ausbildung von Konvektionsrollen in den Grenzbereichen führt. Diese Bewegung soll der Theorie nach die Ursache für den Dynamomechanismus sein, und damit die Grundlage für die Entstehung bzw. Erhaltung und Entwicklung des Erdmagnetfeldes darstellen.

Grundlage der Analyse sind die Navier-Stokes-Gleichung mit einem 'forcing'-Term und der Lorentzkraft und die Induktionsgleichung. Das Medium wird als inkompressibel angenommen.
Das Verhalten dieses Systems in Abhängigkeit von dem freien Parameters, der magnetischen Reynoldszahl Rm, wird dann untersucht.
Im kinematischen Fall, also ohne den Einfluß der Lorentzkraft zu berücksichtigen, zeigt sich eine Bifurkation bei Rm=8.4. Für größere Werte von Rm ergeben sich positive Wachstumsraten für das Magnetfeld. Wird nun die Rückwirkung des Magnetfeldes auf die Bewegung der Flüssigkeit mit einbezogen, so findet eine erste Bifurkation ebenfalls bei Rm8 statt, die den Übergang in einen Zustand mit nichtverschwindendem Magnetfeld kennzeichnet. Eine weitere Bifurkation gibt es bei Rm=12.5, bei der sich ein periodisch veränderndes Magnetfeld einstellt. Für noch größere Werte der magnetischen Reynoldszahl findet man quasiperiodisch und chaotisch variierende Magnetfelder (siehe Abb. 2).



Bifurkationsdiagramm

Abb.2 : Bifurkationsdiagramm, das die Abhängigkeit der Magnetfeldstärke vom Bifurkationsparameter darstellt. (schwarzes Kreuz - steady state, rote Vierecke - periodisches Verhalten, grüne Dreiecke - quasiperiodisches Feld, blaue Quadrate - chaotisches Magnetfeld)


Besonders interessant sind die beobachteten Veränderungen in Geschwindigkeitsfeld. Im Ausgangszustand weisst dieses eine Symmetrie auf, die mit der G × S1 - Gruppe beschrieben werden kann. Dabei ist S1 die Kreisgruppe (die die Unabhängigkeit von der dritten Koordinatenachse kennzeichnet) und G kann als semidirektes Produkt D2 ×s Z4 der Dihedralgruppe D2 und der zyklischen Gruppe Z4 dargestellt werden.
Nach der ersten Bifurkation ist die S1 Symmetrie gebrochen, das Geschwindigkeitsfeld bekommt eine z-Abhängigkeit und ein stationäres Magnetfeld wird beobachtet. Desweiteren bilden sich im Geschwindigkeitsfeld sogenannte Stagnationspunkte. Dass sind Fixpunkte, an denen das Fluid ruht. In Abbildung 3 ist die Lage dieser Punkte skizziert. Man unterscheidet zusätzlich zwischen Stagnationspunkten vom - und - Typ, je nachdem, ob diese durch zwei negative und einen positiven reellen Eigenwert gekennzeichnet sind () oder umgekehrt.



veraendertes_Geschwindigkeitsfeld

Abb.3 : Geschwindigkeitsfeld nach der ersten Bifurkation bei Rm=8 (links). Die Unabhängigkeit von der z-Achse geht verloren, was allerdings nur schwach erkennbar ist. Es bilden sich Stagnationspunkte an den gekennzeichneten Orten (rechts), die Pfeile deuten die heteroklinen Orbits an, durch die die benachbarten Stagnationspunkte verbunden sind. Die heteroklinen Orbits sind hier Geraden, die sowohl zur eindimensionalen stabilen Mannigfaltigkeit des einen als auch zur instabilen eindimensionalen Mannigfaltigkeit des anderen Punktes gehören.


Diese Bezeichnung der Stagnationspunkte wurde von Dombre et. al 1986 für die sogenannte ABC-Strömung eingeführt. Die Autoren bringen die Fixpunkte und deren Typ, insbesondere den zugehörigen stabilen und instabilen Mannigfaltigkeiten, die für chaotische Trajektorien um die Fixpunkte herum verantwortlich sind, mit der Wirkungsweise des Dynamos in Verbindung. Danach handelt es sich um eine Stretch-Twist-Fold-Mechanismus (STF).
In Gegensatz dazu scheint aber bei der Robertsströmung kein so unmittelbarer Zusammenhang zwischen Stagnationspunkten und Dynamo zu bestehen. Hier ist vielmehr die starke Scherung an den Grenzen der benachbarten Rollen verantwortlich für die Dynamowirkung. Der Mechanismus ist als Stretch-Fold-Shear (SFS) bekannt und wurde schon 1984 von Soward in diesem Zusammenhang erwähnt. Es entstehen so lokalisierte Bereiche, an denen das Magnetfeld besonders groß ist. Die Bildung der Stagnationspunkte ist dann eine Folge der in diesen Orten verstärkten Lorentzkraft.

Zusammenfassend wurde mit der Untersuchung gezeigt, dass die Roberstsströmung auch im kinematischen Fall in der Lage ist, einen Dynamo zu treiben. Die erste Bifurkation findet ziemlich genau bei der gleichen magnetischen Reynoldszahl statt, wie im magnetohydrodynamischen Szenario. Letzteres zeigt weitere Bifurkationen, als deren Folge periodisch oder quasiperiodisch varrierende Magnetfelder beobachtet werden bis schliesslich chaotischem Verhalten.
Beim Übergang zum magnetischen Zustand erfolgt eine Symmetriebrechung, in deren Folge die Strömung ihre Unabhängigkeit von der dritten Koordinatenrichtung verliert und sich Fixpunkte, sogenannte Stagnationspunkte vom - und -Typ ausbilden.
Der Mechanismus, der für die Dynamowirkung verantwortlich ist, ist vom Stretch-Fold-Shear (SFS) Typ, der hauptsächlich durch die starke Scherwirkung in der Strömung verursacht wird. Die Bildung der Stagnationspunkte ist dann eine Folge der Dynamowirkung, für die die Loretzkraft verantwortlich ist.

Veröffentlichungen

  1. Feudel, F., Gellert, M., Rüdiger, S., Witt, A. & Seehafer, N. (2002). »Dynamo effect in a driven helical flow «,
    in : Phys Rev E (to be published).


  2. Gellert, M. (2000). »Dynamoeffekt und Lagrange'sches Chaos in einem Modell der Magnetohydrodynamik«, Diplomarbeit.


  3. Feudel, F., Rüdiger, S., Witt, A. & Gellert, M. (1999). »Lagrangian chaos and the dynamo effect in the Magnetohydrodynamics«,
    in : Equadiff 99 - International Conference on Differential Equations, Volume II, World Scientific, Berlin, 1275-1277.


  4. Rüdiger, S., Feudel, F. & Seehafer, N. (1998). » Dynamo bifurcations in an array of driven convection-like rolls«,Phys. Rev. E, 57, 5, 5533-5538.


  5. Feudel, F., Seehafer, N., Galanti, B. & Rüdiger, S. (1996). »Symmetry-breaking bifurcations for the magnetohydrodynamic equations with helical forcing«, Phys. Rev. E, 54, 2589-2596.


  6. Feudel, F., Seehafer, N. & Schmidtmann, O. (1996). »Bifurcation phenomena of the magnetofluid equations«, Math. Comput. Simulat., 40, 235-245.
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