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Sitzungsberichte d. kaiserl. Akademie d. Wissenschaften
Volume 1
sehr klein klein grosz sehr grosz Faxsimile
SITZUNGSBERICHTE
DER KAISERLICHEN
AKADGM^^ DER WISSENSCHA^^^^^
MATHEMATISCH - NATURWISSENSCHAFTLI^^^ CLASSE.
ERSTER BAND.
WIEN.
AUS DER K. K. HOF- UND STAATSDRUCKEREI.
IN COMMISSION BEI W. BRAUMÜLLER. BUCHHÄNDLER DES K. K. HOFES UND DER
K. AKAD^^IE DER WISSENSCHAFTEN.
1848.

SITZUNGSBERICHTE
DER
MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHEN
CIASSE
DER KAISERLICHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
ERSTER BAND.
JAHRGANG 1848. HEFT I — V.
ZWEITE UNVERÄNDERTE AUFLAGE.
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WIEN.
AUS DER K. K. HOF- UND STAATSDRÜCKEREL
IN COMMIS&ION BEI W. BRAUMÜLLER, RÜCHHÄNDLER DES K. K. HOFES UND DER
K. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
1848.

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SITZUNGSBERICHTE
DER
KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE CLASSE.
ERSTER BAND.
JABRGATO 1848.


SITZUNG VOM 25. NOVEMBER 1847.
^^achdem, der Geschäftsordnung gemäss, wegen Abwesenheit des
Herrn Classen-Präsidenten das älteste Mitglied, Herr Regierungsrath
Prechtl, den Vorsitz übernommen hatte, erklärte die Classe nun-
mehr ihre Geschäfte beginnen und regelmässig fortsetzen zu wollen.
Der Secretär legte hierauf die bereits zahlreich eingegangenen, in
das Gebiet der Classe fallenden Drucksc^^rift^^ vor, deren Titel in
dem diesen Berichten angehängten Verzeichnisse aufgeführt sind.
SITZUNG VOM 2. DECEMBER 1847.
Von dem Präsidium dei^ k. k. Hofkammer im Münz - und Berg-
wesen war ein EXemplar der, unter des Bergrathes W. Haidinger
Leitung am Montanistischen Museum in Wien zusammengestellten
„Geognostischen Übersichtskarte der österreichischen Monarchie" an
die kaiserliche Akademie der Wissenschaften übersendet worden. Der
Herr Bergrath sah sich hiedurch veranlagst, zur Erläuterung dieses
Werkes Folgendes vorzutragen:
Die Karte wurde im Januar dieses Jahres in dem k. k. militä-
risch - geographischen Institute unter der Direction des k. k. Herrn
General-Majors von Skribanek , nach einer Arbeit von etwas über
zwei Jahren, in Tonplattendruck vollendet. Als Grundlage war die
Generalstab-Strassenkarte in neun Blättern gewählt, zusammen vier
Fuss hoch und fünf Fuss sechs Zoll breit, ohne Terrain, im Mass-
stabe von 1/804000 der Natur, oder 12.000 Klafter auf den Wiener
Zoll. Auf diese Karte sind die Gesteinsgrenzen aufgetragen, durch
Umdruck auf neun Platten die neuen Steine gewonnen worden, auf
welchen die einzelnen Farbentöne angelegt wurden, und von diesen

4 Haidinger's geognostische
endlich zusammen die Exemplare der Karten gedruckt. Man weiss,
wie schwierig und mühevoll die Vorbereitung und die Ausführung
der bei einem solchen Unternehmen vorkommenden einzelnen Arbei-
ten ist. Der Grad des hygroskopischen Zustandes während der
vielen aufeinander folgenden Pressarbeiten muss genau beachtet wer-
den , dann das Zusammenstimmen der Farbentöne, manche wurden
durch übereinander fallende Lagen der Farben gewonnen, endlich
das in der vorliegenden Karte wirklich meisterhaft beobachtete ge-
naue Übereinstimmen der nach und nach erfolgenden Drucke, das
man an den Farbengrenzen so leicht prüft. —
Nicht weniger als sechs und neunzig Tonplatten zu neunzehn
verschiedenen Farbentönen waren in dem Verlaufe der Arbeit erfor-
derlich. Die genaueste Untersuchung sämmtlicher neun Blätter der
Karte wird als Beweis der Aufmerksamkeit gelten können , mft wel-
cher die Arbeit vollendet wurde.
Die Karte, wie sie hier vollendet ist, wird immer ein Denkmal
der Umsicht und der Anstrengung bleiben, welche der Sections-Chef
der lithographischen Anstalt des Institutes, Herr J. S c heda, und in
der Ausführung selbst der Chef der Pressen-, Herr G. Prokop, un-
ablässig bei der Vollendung der Karte bewiesen haben.
Schon vor sechs Jahren wurden die Vorarbeiten zur Karte be-
gonnen; damals war es wohl unmöglich vorauszusehen y dass Berg-
rath Haidinger, wie er nun erwähnte, den Genuss haben würde,
die vollendete Karte der mathematisch-naturwissenschaftlichen Classe
der kaiserlichen Ahademie der Wissenschaften in der ersten Sitzung
vorzulegen, in welcher wissenschaftliche Mittheilungen vorkommen
sollten. Das erste Exemplar war am 27. November 1846 einer Ver-
sammlung von Freunden der Naturwissenschaften 1) vorgezeigt wor-
den, aber selbst jetzt sind die Exemplare noch nicht allgemein durch
den Handel zu beziehen, sondern nur erst eine Anzahl derselben ist
in verschiedenen Richtungen vertheilt worden.
Der verewigte Präsident der k. k. Hofkammer im Münz - und
Bergwesen, Fürst August von Lobkowitz, hatte im Frühjahre
1841 die Anregung zur Zusammenstellung der Karte gegeben. Selbst
früher war im nieder-österreichischen Gewerbsvereine, z. B. in der
*) Berichte u. s. w. ([. S. 29.

Übersichtskarte der österreichischen Monarchie. 8
allgemeinen Versammlung des Decembers 1840, durch Herrn Escher
eine solche Arbeit als wünschenswerth bezeichnet worden. Bergrath
Haidinger suchte nun zuvörderst die damals vorliegenden Hilfs-
mittel zusammen zu bringen. Fürst Lobkowitz ordnete die Ein-
sendung aller jenen Karten an, welche bereits auf den montanisti-
schen Ämtern in den Provinzen vorräthig waren, und die in Bezug
auf die Genauigkeit der Grenzen der Gesteine, wo sie angegeben
waren, als massgebend betrachtet werden konnten. Auch in der
Bibliothek der k. k. Hofkammer im Münz - und Bergwesen waren
mehrere Manuscript - Daten vorräthig. Endlich lag in der Literatur
fiir die einzelnen Provinzen höchst schätzbares Material vor, denn
bei dem grossen Interesse , das diese Länder der geologischen For-
schung darbieten, waren sie schon längst, vorzüglich von Auslän-
dern, untersucht und die Resultate bekannt gemacht worden. Aber
wenn auch dort die Namen Leopold von Buch, Buckland,
Murchison, Keferstein, Studer, Bou^, Naumann, Cotta,
Pusch, Zeuschner, Beudant die ersten und wichtigsten Bei-
träge bezeichnen, so waren doch auch viele inländische Forscher
mit dem gleichen Eifer der Sache der Wissenschaften hingegeben,
ein Lill von Lilienbach, Partsch, v. Roslhorn, Reuss,
Unger, Zippe, die Italiener Maraschini, Catullo, Pasini
und Andere, der älteren und auch derer nicht zu erwähnen, die ihre
Resultate vorzüglich erst nach dem Beginne der Arbeiten an der Karte
mitgetheilt haben.
Die Übersichtskarte sollte nun zuerst mit den vorhandenen Mit-
teln vollendet, und in einem zweiten Zeitabschnitte die nothwendige
Verbesserung unternommen werden. Im Herbste 1842 trafen die für
den ersten mineralogischen Lehr-Curs von ST. Excellenz dem k. k.
Herrn Hofkammer-Präsidenten, Freiherr n von Kübeck, einbe-
rufenen k. k. Bergwesens-Practikanten am k. k. montanistischen Museo
ein. Bergrath Haidinger benützte die zum Theil sehr genaue au-
toptische Kenntniss dieser jungen eifrigen Männer in den Provinzen,
in welchen sie früher den montanistischen Ämtern zugetheilt waren,
um durch sie die vorliegenden Angaben in die Karte einzutragen. Es
waren vornemlich folgender Herr Karl Foith, von Deesakna in
Siebenbürgen, gegenwärtig k. Salzamts-Controlor in Kolos; Franz
vonKolösväry ausRezbänya, gegenwärtig k. Einfahrer in Ora-
vitza; Gustav Faller, von der Schürfung in Kroatien und dem

g Haidinger'8 geognostische
ungrischen Küstenlande, gegenwärtig Schichtmeister in Schemnitz
Adolf Hrobony, von Borsa, nun k. k. Eisenwerks-Director in
Kobolo-Pojana; Franz Weineck von Weyer, nun k. k. Schür-
fungs-CommissärinWindisch-Feistriz; Theodor Karafiat, von
Schemnitz , gegenwärtig k. Probirer in Offenbänya; Pasqual Rit-
ter von Ferro, von Eisenerz, nun k. k. Hammer- und Kohlschaffer
in Kleinboden; endlich Herr Franz Bitter von Hauer, gegenwär-
tig Assistent am k. k. montanistischen Museum, der noch zuletzt die
Revision aller Theile der Karte und die Vergleichung mit den im Ver-
laufe der dreijährigen Arbeit neu hinzugekommenen Quellen besorgte.
Bergrath Hai ding er glaube, dass der heute in der Classe
ausgesprochene Dank für die Bemühungen und Leistungen dieser
jungen Männer ihm als Pflicht obliege. Vorzüglich aber mache es
ihm die grösste Freude, auf diese und andere wissenschaftliche Lei-
stungen seines jungen Freundes, Herrn von Hauer, hinzuweisen;
den er in nicht zu langer Zeit in nähere Beziehung zur Akademie
gebracht zu sehen hoffe. Einen öffentlichen Dank müsse Bergrath
Haidinger hier auch dem k. k. Herrn Hofrathe Grafen Breuner
aussprechen, der ihm alle Resultate seiner vielen Untersuchungen
mitgetheilt, und ihn bei der Arbeit überhaupt, wesentlich durch
Rath und That, unterstützte. Näheres auch über die vielen Verbind-
lichkeiten, die er noch an andere Personen habe, so wie überhaupt
sämmtliche Quellen enthält der der Karte beigegebene Bericht.
Im Frühjahre 1844 konnte Bergrath Haidinger endlich die
Karte Sr. Excellenz dem hochverehrten Präsidenten der k. k. allge-
meinen und montanistischen Hofkammer, Freiherrn von K ü b e c k,
vorlegen, dessen nachdrucksvollen Beifalles sie sich erfreute.
Seine Majestät der Kaiser geruhten Allergnädigst
zu genehmigen, dass die Karte auf Staatskosten herausgegeben
werden solle, und zwar mit der Bestimmung einer ansehnlichen
Anzahl von Exemplaren zur Vertheilung an die k. k. montanisti-
schen Ämter in der Hauptstadt und in den Provinzen, während
eine andere Zahl für den Bedarf des Publikums übrig bleibt.
Herr Bergrath Haidinger suchte die Farben möglichst der
geschmackvollen Auswahl in der schönen v. De ehe naschen Über-r
sichtskarte anzuschliessen. Die Farbenllffel enthält die nachfolgen-
den Töne, ausserdem noch durch Buchstaben bezeichnet, damit
der Besitzer bei etwaigem Ausbleichen der Farben oder wenn er

Ü>erstchtsliarte der Ssterreichischen Monarchie.
etwa Torziehen sollte, die Töne überhaupt stärker zu Iahen, das
Nothwendige veranlassen könne. Zu diesem Zvecke sind auch die
am vortheilhaftesten anzuwendenden Pigmente beigesetzt, wie sie
der „Bericht" enthält.
A

Te

L

K

Q

Go

Do

Ka

W

M

K

Alluvium, Diluvium
Färblos
Tertiär
Blass apfelgrün
(Grünspan und Gummigutt)
Leithakalk
Berggrün
(Chromgrün)
Kreide
Blass berggr&n
(Grünspan und Tusche)
Quadersandstem
Gelb
(Grummigutt)
Gosau- Schichten
Bräunlich-orange
(Ochsengalle)
Dolomit
Perlgrau
(Berlinerblau und Karmin)
Alpenkalk
Blassblau.
(Berlinerblau)
Wiener Sandstein
Blass rothlicbgelb
(Jnäiangelb)
Muschelkalk
Bla-ssblau.
(Berlinerblau)
Rother Sandstein
Röthlich braun
( Venetianerroth)
| Kohle. Schwarz. (Dffl]
Stemkohlengelirg
Dunkel aschgrau
(Tusehe)
Tlionschiefer, Grattwacke
Blass rauchgrau.
(Bister)
Übergangskalk
Hochblau.
(Kobaltblau)
Gneiss, Glimmerschiefer
Blassroth ins Gelbe
(JodseharlacJt, sehr heU)
Granit
Blass rosa
(Karmin, heU)
Diorit, Dioritschiefer
Bräunlich grün
(Gummigutt und Tusche)
Quarzporphyr
Hell bräunlich roth
(Jodscharlach, hell)
Melapbyr
Röthlich perlgrau
(Karmin und Tusche)
Serpentin
Karminroth
(Karmin, dunkel)
Trachyt
Danke! blaaüctgrau
(Berlinerblau und Tusche)
Basalt
Dunkel seladongrun
(Grüner Lack)
Salz. Roth. ® Gyps. Rotb.
S

Th

U

Ga

Gr

Di

P

Me

Se

Tr

B

Es wurde nun kürzlich auf die Verbreitung der einzelnen
Gebirgsarten in den Formationen hingewiesen.
Die zwei Hauptgebirgssysteme, vor Allem das nördliche und
das südliche. Jenes begreift Böhmen, und reicht mit seinen Graniten
im Süden bis über die Donau hinüber, Mähren, Schlesien, und noch

§ Haidinger^s geognostiscbe
weiter Östlich die Ebene Galiziens; in den vielen Einschnitten der
Thäler eröffnet. Alle einzelnen Gebirgsformationen schliessen sich
genau an die in Norddeutschland, Frankreich, England durchforsch-
ten , so wie an die Formationen Russlands an. — Die wichtigsten
paläontologischen Arbeiten sind in Böhmen im Gange , die der Her-
ren J. Barrande und A. Cord a. Auch die grosse mährische Thon-
schieferformation verspricht reiche Ausbeute, werth der besonderen
Aufmerksamkeit der Akademie, so wie die ostgalizischen, devoni-
schen und silurischen Schichten, die Herr Professor R. Kner zu
untersuchen begann.
Die Grenzen dieses Gebirgssystemes bilden ungefähr die nörd-
lichen Ränder der Tertiärschichten des Wiener Beckens, an der
östlichen Seite fortgesetzt durch die südlichen Ränder der Alluvionen
der grossen norddeutschen und polnischen Ebene.
Die Alpen- und Karpathen-Kette zusammen bilden mit ihren
Veränderungen das zweite oder südliche grosse Gebirgssystem.
Die Central-Axe der Alpen besteht aus krystallinischen Schie-
fern und wenigen Graniten. Sie gabelt sich an der Grenze von Salz-
burg, Steiermark und Kärnten, fällt weiter östlich mehr an Höhe ab,
ist sogar durch Tertiärschichten gänzlich bedeckt, und erhebt sich
dann in den Karpathen und gegen Siebenbürgen sowohl als in der
südlichen Fortsetzung in Slawonien nur in einzelnen Inseln. Das sie-
benbürgische Hochland ist von krystallinischen Schiefern umschlos-
sen. — Die krystallinischen Schiefer sind beiderseits, aber unter-
brochen und ungleich breit, begleitet von wenig krystallinischen
Thonschiefern; die obern silurischen Schichten neuerdings in Dien-
ten durch Fossilien nachgewiesen. Die grauwackenähnlichen Gesteine
von der Stangalpe, von Bleiberg gehören der Kohlenperiode. Hin
und wieder rother Sandstein. Zu beiden Seiten folgt nun der mäch-
tige südliche und nördliche Gürtel der Kalkalpen, mehr noch im
Süden als im Norden, mehr in den Alpen als in den Karpathen
entwickelt Noch weiter von der Axe entfernt folgen nun die Sand-
steine mit Fucoiden, schmal an der westlichen Grenze in Vorarlberg,
imyr breiter gegen Osten, wie vorzüglich in den Karpathen. Jen-
seits folgen dann, so wie in den Becken — dem Wiener Becken,
dem ungrischen Becken, dem siebenbürgischen Hochland — die
Tertiärformationen und die Alluvionen.

Übersichtskarte der österreichischen Monarchie. 9
Der Kalkstein, Alpenkalk, ergreift den Muschelkalk, den Jura,
die Kreide; der Sandstein, Wiener Sandstein, Karpathensandstein,
Flyseh, Hogi-, Gurnigel-Sandstein u. s. w. begreift Schichten des
Keuper, des Grünsandes und N^ocomien, endlich der tertiären
Molasse. Es war bei der Anlage der Karte so wenig möglich, alle
Fundorte genau zu bezeichnen, als es selbst jetzt geschehen könnte,
wenn eine schnelle Vollendung einer Karte beabsichtigt würde.
Nach den in der Nähe von Wien angestellten Beobachtungen glaubte
Bergrath Haidinger den Kalk über den Sandstein stellen zu müssen,
den letztern auf die Beobachtungen der Calamiten, Pterophyllen u. s. w.
von Wienerbrückel, Gaming, Hinterholz, Pechgraben u. s. w. dem
Keuper anreihend. Unzweifelhaft lässt sich die Gosau-Formation
mit den Schichten der unteren Kreide parallelisiren, aber es war
auch dies nicht durchgängig anzugeben möglich. Überhaupt bleiben
hier noch sehr viele Aufgaben zu lösen übrig.
Es wurde ferner noch die merkwürdige Austheilung der abnor-
men Gebilde hervorgehoben, der rothen Porphyre im Süden der
Alpenkette, der Trachyte im Süden der Karpathen, endlich der
Basalte im Süden des Erzgebirges, wo sie in einer Linie quer durch
den östlichen Alpenbusen bis nach Siebenbürgen, auch südlich von
den rothen Porphyren Tirols; so wie die Austheilung der Salzvor-
kommen und der Steinkohlen, von den Schwarzkohlen durch die
Alpenkohlen bis zu den Braunkohlen. Auch der Erzformationen und
der Mineralwasser wurde gedacht.
Durch die Karte ist nun eine schöne Übersicht gewonnen,
freilich wie bei ersten Übersichtskarten dieser Art eine solche,
dass jeder Gebirgsforscher in der Regel gerade da, wo er genau
bekannt ist, Verbesserungen anzubringen weiss. Um diese für
künftige Arbeiten zu benützen, erging auch in dem Berichte die Bitte:
„Ich lade alle Freunde der geologischen Kenntniss unseres
Landes, welche für die eine oder die andere Art der Ausführun-
gen und Verbesserungen (Bestimmung der Grenzen und der Art
der Gesteine) Angaben zu liefern vermögen, auf das Angelegent-
lichste ein, mir selbe mitzutheilen/'
Dabei erscheint die Karte als ein nothwendiger Schritt, der
gemacht werden musste, um Arbeiten vorzubereiten, wie sie gegen-
wärtig in allen civilisirten Ländern theils vollendet, theils noch im
Gange sind. So die wundervollen Leistungen der geologischen Landes-

IQ Schrötter. Anträge.
Aufnahme in England, wofiir unter der Leitung des berühmten
Geologen Sir Henry De l a Bech e bedeutende Summen verwendet
werden, die von Greenough und ändern, die schöne Karte von
Frankreich von ^lie de Beaumont und Dufr^noy^ die Arbeiten
in Sachsen, Preussen, Russland, den vereinigten Staaten von Nord-
Amerika u. s. w. Wohl sei auch in unseren Ländern einiges vorbe-
reitet, so wie in Tirol, wo schon die Karte durch den geognostisch-
montanistischen Verein nach München in Druck gegeben wurde; in
Inner-österreich, wo der geognostisch-montanistische Verein Herrn
von M o rl o t als Commissär gewonnen hat. In Ungern wurde diesen
Sommer unter günstigen Auspicien ein Verein gegründet, und in
Böhmen ein neuer Verein besprochen. Aber es sei allerdings noch
so viel zu thun übrig, dass die Akademie selbst, deren mathema-
tisch-naturwissenschaftlicher Classe hier die Übersichtskarte vorge-
legt wird, mit kraftvoller Hand eingreifen muss um alle diese ver-
einzelten Bestrebungen aus einem höheren Gesichtspunkte, dem
der Wissenschaft, zu verknüpfen, und einem schönen Ziele ent-
gegen zu führen.
Die Classe schloss sich der so eben ausgesprochenen Ansicht
einstimmig an, und forderte die Herren P arisch und Haidinger
zu einem gemeinschaftlichen Vorschlage auf, wie die Akademie zur
Förderung des angegebenen Zweckes thätig werden könne.
Professor Schrötter las eine Mittheilung des Professors
Nendtvich über den Sand von Olähpian in Siebenbürgen, welcher
Nikel, Eisen und Platin als Gemengtheile enthalten soll.
Auf die Einladung der Classe übernahm Herr Custos P arisch
die Bericht-Erstattung über diese Mittheilung.
Professor SchrötUr stellte ferner den Antrag, die Classe möge
sich bei der Gesammt-Akademie um Bewilligung zur Anschaffung
eines genauen Goniometers zu krystallographischen Untersuchungen,
wie solche von den Mechanikern Bötticher und H a l s k e zu
Berlin nach Mitscberlich^s Angabe ausgeführt werden, verwenden,

Partsch und Haidinger. Bericht. 11
Derselbe sprach auch den Wunsch aus, dass eine bei dem Mineralien-
Händler Dr. B a ade r vorräthige Quantität Honigsteine zum Behufe
chemischer Arbeiten über Honigsteinsäure und deren Salze angekauft
werde.
Die Classe genehmigte beide Anträge, und die angesprochenen
Ausgaben wurden später von der Akademie bewilliget.
SITZUNG VOM 9. DECEMBER 1847.
Die Herren Partsch und Haidinger erstatten über die in
der vorhergehenden Sitzung angeregte Unternehmung einer geolo-
gischen Karte der österreichischen Monarchie folgenden Bericht:
. Die mathematisch-naturwissenschaftliche Classe der kais. Aka-
demie der Wissenschaften hat uns in der Sitzung vom 2. December
den ehrenvollen Auftrag ertheilt, die in Folge der Vorlage von
W. Haidingers geognostischer Übersichtskarte der Österreichischen
Monarchie gestellte Frage, ob es nun nicht zeitgemäss wäre, weitere
Arbeiten in dieser Beziehung zu unternehmen, ausführlich zu
besprechen, und sodann den Erfolg unserer Berathung in einem
Berichte derselben vorzulegen, nebst den Anträgen, welche
sich etwa darauf gründen lassen würden.
Der Gegenstand hat uns so lebhaft seit so vielen Jahren be-
schäftigt , er erscheint uns von so ungemeiner Wichtigkeit für die
Wissenschaft, aber auch von so allgemeiner Anwendung und Nütz-
lichkeit, dass wir heute schon, in der ersten Sitzung nach der, in
welcher wir jenen geehrten Auftrag erhielten, bereit sind, diejenigen
Betrachtungen zu übergeben, welche unserer Überzeugung zum
Grunde liegen, und daran diejenigen Anträge zu reihen, von welchen
wir glauben, dass sie zu dem beabsichtigten Zwecke fuhren werden.
Wir bitten die Classe, ja nicht die Kürze der Zeit etwa als
einen Mangel an gehöriger Aufmerksamkeit in der Überlegung der
Sache zu erklären, sondern vielmehr aus dem Wunsche, möglichst
die Arbeit zu fördern, und insbesondere Zeit zu den vielen Vorarbeiten
zu gewinnen, welche von einer so grossen Unternehmung unzer-
trennlich sind. Möge es uns gelingen, ein günstiges Ürtheil der Classe
zu begründen.

12 Parts ch und Haidinger. Bericht über die
Schon die am 2. December vorgelegte Übersichtskarte enthält
Arbeiten beider Mitglieder der Commission, deren Bericht hier erstattet
wird. Aber die Arbeiten sämmtlicher Forscher konnten bisher nur
in einer solchen allgemeinen Übersicht gesammelt werden, die noth-
wendig ihrerseits den Wunsch nach weiterer Verfolgung der begon-
nenen Arbeiten erregt, und als ein erster Schritt zur Vollendung
eines grossen Ganzen gelten kann. So schön der Überblick der
Gebirgsformationen in dem ganzen Umfange der Monarchie auf der
Karte zum Auge spricht, so ist es doch eben so deutlich, dass die
Resultate, wozu die geologische Forschung in so manchen ändern
Ländern gelangt ist, bereits als ein viel vorgerückterer Zustand der
Entwickelung wissenschaftlicher Kenntniss betrachtet werden muss.
Wir ersuchen die Classe, einen Blick auf die vorliegenden
schönen Leistungen von Frankreich und England zu werfen, oder
vielmehr nicht bloss Einen Blick, denn es ist unmöglich, hat man
sie erst ins Auge gefasst, sich den Genuss längerer Betrachtung zu
versagen; die Karte von Frankreich, unter Brochants Leitung
begonnen, von felie de Beaumontund Dufrenoy vollendet; die
ersten Blätter der, nach einem noch grossartigeren Plane unter
Leitung von Sir Henry De la Beche unternommenen geologischen
Landes-Aufnahme von England. Die Schönheit der Blätter wird nur
durch denWerth der wissenschaftlichen Resultate übertroffen, welche
man ihnen verdankt.
Das Schönste, was geleistet worden, muss stets da als Muster
gelten, wo in^an Arbeiten gleicher Art unternimmt; auch dürfen
wir wohl bei der grossen Ausdehnung der Länder unserer schönen
Monarchie unser Augenmerk nur auf die Lösung gleich ausgedehnter
Arbeiten richten, wie diejenige ist, welche uns selbst vorliegt; daher
auch hier die classischen Arbeiten in Schönheit und Genauigkeit
mancher kleineren Länder, wie die .von Naumann und Cotta in
Sachsen, der Vergleichung weniger angemessen erscheinen.
Die Aufgabe besteht eigentlich darin, eine mit Gebirgszeichnung
versehene Karte mit der Angabe der geologischen Gesteinsvorkommen
zu verbinden, und sie in einem solchen Massstabe auszuführen, dass
sie gleicherweise den Anforderungen der Wissenschaft und der
möglichsten Anwendbarkeit in der Beurtheilung der Beschaffenheit
des Landes entspricht. Sie verbindet die Ergebnisse der Forschungen
in zwei Wissenschaften, der Geographie und Geologie. Eine gute

Unternehmung einer geologischen Karte Österreichs, l 3
geographische Grundlage bringt mit den geologischen Daten ver-
bunden erst das Ganze hervor. Auch die erklärenden Gebirgsdurch-
sehnitte dürfen nicht fehlen.
Es würde hier wohl nicht der Ort sein, mit vielen Worten erst
den praktischen Nutzen des Unternehmens zu erörtern. Er ist zu
handgreiflich und vielfältig besprochen worden und zu allgemein
angenommen, als dass es hier auch nur schicklich wäre. Auch liegt
eine einfache praktische Richtung für die Anwendung der Wissen-
schaft nicht in der Stellung der kais. Akademie. Ihr ist dagegen
das Interesse der Wissenschaft selbst überwiesen, die Erweiterung
derselben, die wir insbesondere noch hier in unserer Arbeit der
Vorsehung schuldig sind, die uns diese schöne grosse Monarchie
zum Vaterlande gegeben.
Das Bedürfniss einer geologischen Kenntniss des Landes ist
jedem Bewohner angeboren. Das Eigene wird untersucht, das Fremde
bereist. Wenn aber dem Menschen überhaupt die Kenntniss des
Erdkörpers als unabweisliehe Pflicht der Forschung erscheint, wie
vielmehr noch jenen einzelnen Abtheilungen der menschlichen Gesell-
schaft, wie sie zusammen Ein Land bewohnen. Bei den eigenthüm-
lichen Verhältnissen der verschiedenen Provinzen des Österreichi-
schen Kaiserstaates war auch die Entwickelung dieser Forschungen
provinziell. Den Ständen von Nieder-Österreich gebührt
die Ehre, zuerst, und zwar bereits vor 24 Jahren, die Nothwendig-
keit einer geognostischen Landesdurchforschung erkannt zu haben,
und dass sie es waren, welche die ersten dahin zielenden ünter-
suchungsreisen von einem der Berichterstatter vornehmen liessen-
Drei Jahre später wurde demselben von Seite der k. k. Hofkammer
im Münz- und Bergwesen, der damals als Viee-Präsident der Frei-
herr von P i llersd orff vorstand, auch eine Mission zur geogno-
stischen Erforschung Siebenbürgens zu Theil. Diese Reisen lieferten
zahlreiche Materialien, wovon einige der Öffentlichkeit übergeben
worden sind, andere aber wegen Unzulänglichkeit der zu diesen
üntersuchungsreisen verwendeten Zeit und der Geldmittel, die der
Ausführung zugestanden waren, zwar nicht zum Abschlüsse kamen,
aber weiterer Anwendung offen stehen, und zum Theil auch bereits
im Privatwege vielfältig benützt worden sind.
Die geognostische Übersichtskarte der Monarchie war die Folge
einer Central-Anstalt, des k. k. montanistischen Museums. Mehrere

^4 Parts ch und Haidinger. Bericht über die
Privatgesellschaften, denen aber die ersten Männer der Monarchie
angehören, sind seit einigen Jahren ins Leben getreten, um das
oben erwähnte Bedürfniss zu befriedigen. Wir dürfen es uns nicht
versagen, hier dankend zu erwähnen, dass es unser eigener hoher
Cu rat o r war, der den Verein zur geognostisch-monta-
nistischen Durchforschung von Tirol und Vorarlb-erg
gegründet. Ein ähnlicher ist nun in Inner-Österreich thätig.
Zu einem dritten wurde vor ein Paar Jahren in Böhmen der Grund
gelegt. Der vierte Verein dieser Art verdankt seinen Anfang der
diesjährigen Versammlung der ungrischen Naturforscher und Ärzte
in ödenburg.
Das einem jeden dieser Vereine als Aufgabe vorliegende Gebiet
begreift nur einen Theil der Monarchie, manche Theile derselben
gehen ganz leer aus. Vieles wurde wohl auch von einzelnen Forschem
untersucht, aber die Kraft, die Alles aus einem hoheren Standpunkte
vereinigt, und wie aus einem Gusse vollendet, kann man von keinem
Einzelnen, von keinem Theilvereine erwarten. Ein schönes, geregeltes
Zusammenwirken ist dazu erforderlich, dessen Vermittelung gewiss
der hohen Stellung der k. k. Akademie der Wissenschaften würdig
ist. Die Zusammenstellung, Sichtung, Fortsetzung aller dieser
Anfänge muss eigenen Individuen anvertraut werden, deren Sorge
die Gegenstände selbst überlassen bleiben. Hier würde die Akademie
durch Veranlassung unmittelbarer Arbeit wirken, so wie sie durch
Anerkennung, Förderung und Benützung der bereits geleisteten
Arbeiten die Stellung einer Beschützerinn des bestehenden Werthes
einnimmt. Eine weit verzweigte Vermittelung würde ihr aber erst
das vollständige Gelingen des Unternehmens sichern.
Förderung fremder Arbeit, Unternehmung eigener Vorarbeiten,
und Veranlassung und Vollendung der Karten selbst, sind also die
drei Abtheilungen, innerhalb welcher wir die Classe bitten, uns in
der Ordnung derselben ihre geneigte Aufmerksamkeit zu schenken,
um darauf die Anträge zu begründen, die überall unmittelbar ange-
reiht werden sollen.
I.Förderung fremder Arbeit. Die kais. Akademie der
Wissenschaften tritt mit ihrem ersten Einwirken in das Leben ein.
Es ist nicht unwichtig, dass sie sogleich durch thatkräftige Zeichen
beurkunde, dass sie einen warmen freundlichen Antheil auch an
jenen Leistungen in der Wissenschaft nimmt, die vor ihrem Beste-

Unternehmung einer geologischen Karte Österreichs. 15
hen begonnen» ohne ihre Einwirkung fortgeführt werden würden,
aber gewiss nicht ohne den Wunsch, dass sie zu besserem Gedeihen
behilflich gewesen wäre. Es bezieht sich dies vorzüglich auf die im
Vorhergehenden erwähnten geologischen Vereine. Eine kleine
Bewilligung etwa von 100 fl. -jährlich für jeden würde ohne Zweifel
die gewünschte Wirkung hervorbringen.
2. Eigene Vorarbeiten. Unter diese Abtheilung glauben
wir diejenige Art der Wirksamkeit der Akademie stellen zu müssen,
welche die Verbindung aller speeiellen Arbeiten vom Anfange bis zur
Vollendung des Unternehmens sichert, nämlich die Leitung des Gan-
zen durch Individuen, welche die dazu nothwendigen Kenntnisse
besitzen, und sonst die wünschenswerthen Bürgschaften für eine
künftige Durchführung des Unternehmens bieten. Alle Umstände
vereinigen sich, um hier insbesondere zwei junge Männer zu nennen,
die durch bereits geleistete Arbeiten und genaue Bekanntschaft
mit den allgemeinen geologischen Verhältnissen der Monarchie,
bei der wünschenswerthen Jugendkraft und längst erprobter Hin-
gebung für die Wissenschaft und die Pflichten ihres Amtes, vor-
zugsweise der Aufgabe gewachsen erscheinen, nämlich die Herren
Dr. Moriz Hörnes, Assistent am k. k. Hof - Mineralien - Cabi-
nete und Franz Ritter von Hauer, Assistent am k. k. montani-
stischen Museo.
Eine sehr wünschenswerthe Vorbildung zu dem in Aussicht
gestellten Zwecke für beide Herren ist jedoch die, dass sie selbst mit
eigenen Augen diejenigen Gebirgsformationen in ihren Lagerstätten
gesehen haben sollten, welche mit den in der Monarchie vorkommen-
den gleichartig, aber anderwärts vorzüglich in Frankreich und Eng-
land, bereits genauer untersucht und besser bekannt sind. Eine wohl
durchdachte und vorbereitete Reise von einem Sommer würde zu
diesem Zwecke genügen. Wir würden gerne nicht nur die vortheil-
hafteste Reiseroute auswählen und mittheilen, sondern auch durch
unsere Verbindungen die freundliche Aufnahme von den Geologen
Frankreichs und Englands erleichtern.
Eine zweite Reise-Aufgabe wäre, genau die mannigfaltigen An-
stalten kennen zu lernen, welche in jenen Ländern zu dem Zwecke
eingerichtet sind, und die Erfahrungen zu sammeln, die bei den
jahrelang dauernden Fortschritten der Arbeiten gemacht wurden.
Eine gedruckte Nachricht über die Arbeiten in England von Herrn

j[g Parts ch und Haidinger. Bericht über die
Professor Favre1) liegt hier vor; eine kurze Darstellung des Ver-
fahrens in Frankreich ist in dem Berichte zur geognostischen Über-
sichtskarte der österreichischen Monarchie enthalten. Aber keine
der Bekanntmachungen durch die Presse, keine brieflichen Mitthei-
lungen können die Nachrichten ersetzen, welche der Reisende durch
Nachfragen an Ort und Stelle gewinnt. Das Verfahren der Arbeit im
Felde verdient in England insbesondere die grösste Aufmerksamkeit.
In den französischen Arbeiten finden wir übrigens als ersten
Schritt zum ernstlichen Beginn der Arbeit, dass Brochant selbst,
in Begleitung der beiden späteren Hauptarbeiter, Elie de Beau-
m o n t und Dufrenoy nach England gesandt wurde, um dort die
Vergleichungspunkte für die ferneren Aufgaben zu studiren. Weit
mehreres ist gegenwärtig, seit zwanzig Jahren, in den beiden Län-
dern geleistet, dem wir uns nun anschliessen können.
Es wird keine Lust- oder Erholungs-Reise sein, sondern eine
Reise voll geistiger und körperlicher Anstrengung, voll von Erfolgen
in der spätem Anwendung auf die Arbeiten an der Karte. Die Kosten
für jeden der beiden Theilnehmer dürften auf 1000 fl. Conv. Münze
angeschlagen werden, also zusammen auf 2000 u. Der beste Zeit-
punkt der Abreise wäre der Anfang des Monats Mai. In der Bewilli-
gung dieser Summe würd^ die wichtigste der eigenen Vorarbeiten
der Akademie bestehen.
3. Arbeiten für die Karte. Einen kurzen Abriss des Pla-
nes, wenn auch nur ganz im Allgemeinen, ist es uns jetzt schon
möglich, der Classe darzulegen. Er besteht in Folgendem:
1. Der Massstab der Karte wird bestimmt. Die Unkosten für
die den geologischen Untersuchungen und den Bekanntmachungen
bestimmten Blätter werden berechnet. Daraus ergibt sich die Fest-
stellung der geographischen Grundlage.
2. Die Landesuntersuchung beginnt mit der Würdigung des
bereits vorhandenen wissenschaftlichen Materiales und der Verknü-
pfung desselben zur Herausstellung gewisser leitender Fragen» die
bei der ferneren Bearbeitung berücksichtigt werden müssen.
3. Übersichtsreisen zur Verfolgung einzelner zusammengehöri-
gen Gebilde reihen sich an.
*) Aus den Berichten über die Mittheihmgen von Freunden der Naturwissen-
schaften. Von W. Haidinger, Hl, p. 29.

Unternehmung- einer geologischen Karte Österreichs, f 7
4. Die eigentliche Begehung im grössten Detail wird nach der
gewonnenen Übersicht in grosseren und kleineren, bereits wissen-
schaftlich begrenzten Bezirken der Reihe nach vorgenommen.
5. Die mineralogische und chemische Untersuchung der Ge-
birgsarten, die paläontologische der Fossilreste hält gleichen Sehritt
mit der geologischen Untersuchung der Vorkommen in der Natur.
6. Während dieser Arbeiten wird dafür gesorgt, dass die Mo-
nographien der erhaltenen Ergebnisse fortwährend durch den Druck
bekannt gemacht werden.
Es ist wohl aus den hier verzeichneten einzelnen Aufgaben
augenscheinlich, dass die Arbeit nicht sämmtlich von den zwei oben-
genannten Individuen vollendet werden kann. Wir werden selbst
gerne in der Leitung der Arbeiten thätig sein, aber es wird
sich auch das Bedürfniss herausstellen, zahlreiche Theilnehmer in
allen Gegenden des Landes heranzubilden und zu benutzen. Jüngere
Kräfte werden dann in Anspruch zu nehmen sein, die selbst wieder
vielleicht in späteren Zeiten der besonderen Aufmerksamkeit der Aka-
demie sich würdig zeigen werden. Die Arbeit muss überhaupt mög-
lichst auf eine solche Art fortgeführt werden, dass sie auch da anre-
gend wirkt, wo man sonst nur Theilnahmslosigkeit gefunden hätte.
Man soll nicht nur die Arbeit leisten, sondern auch den Geist der
Forschung anregen.
4. Benützung der Arbeitskräfte des Landes zur
Vollendung der Karte. Die Aufzählung der Arbeiten, die Ver-
gleichung mit den Anstrengungen anderer Länder zeigt wohl hinläng-
lich, dass die kais. Akademie der Wissenschaften, nebst der Über-
nahme eines Theiles der Arbeiten für sich selbst, doch auch noch des
freundlichen Zusammenwirkens mächtiger Kräfte bedarf, um die
grosse Aufgabe der Vollendung entgegen zu führen. Aber hier zeigt
sich eben der schöne Zweck des Zusammenlebens einer grossen
Staatsgesellschaft, wo, würdig der Vorrechte des menschlichen Ge-
schlechtes, jeder Einzelne, jede Theilverbindung nach ihren Kräften
das Gute fördert.
Es ist natürlich, dass in der Ausführung der Arbeiten und der
Möglichkeit der Benützung vieler Individuen das k. k. Mont ani-
st icu m vielfach unterstützend und fördernd eintreten kann. Wir
glauben nicht erst nöthig zu haben, viele Worte darüber zu machen,
dass dasjenige auch bei einer Einladung der kais. Akademie der
Sitzb. d. mathem.-natTirw. CI. I« Bd. ä

lg Partsch und H a i ding er. Bericht über die
Wissenschaften geschehen wird, was man bereits den geologischen
Privat-Vereinen angedeihen liess. Hat doch durch die Sorgfalt des^
Chefs der k. k. Hofkammer im Münz- und Bergwesen, Sr. Excelleaz
des Freiherrn von Kübeck, die wissenschaftliche Central-Anstalt
dieser hohen Stelle, das k.' k. montanistische Museum, denjenigen Auf-
schwung genommen, der es möglich machte, dass.von ihr die wich-
tige Vorarbeit der geognostischen Übersichtskarte der österreichi-
schen Monarchie ausgehen konnte.
Aber gerade bei dieser Karte hat sich auch die Bereitwillig-
keit des k. k. Hofkriegsrathes unter der Leitung Sr. Excellenz
des Herrn Grafen von Hardegg bewährt, zur Ausführung des
Nützlichen freundlich die Hand zu bieten. Die Frage der Karten
würde auch hier wieder viele Beihilfe wünschenswerth machen.
Während die zwei Beisenden von der kais. Akademie ausgesen-
det werden, um die genauesten Daten über die Vollendung jener
schönen französischen und englischen Karten'zu sammeln, würden
wir beide gerne thätig sein, durch Verständigung und Berathung mit
Geographen, Geologen und Montanistikern des Inlandes die grösste
Masse des positiven Wissens, der Theilnahme an der Aufgabe und
der sachgemässen Rathschläge für die Erleichterung der Arbeiten
zu vereinigen. Wir zählen zu diesen, vornehmlich, obwohl nicht in
Wien, unsere verehrten Collegen, die Professoren Zippe und Ün-
ger, in Wien selbst die k. k. Herren Hofräthe, den Grafen August
Breuner und den Central-Bergbau-Director M. Layer, den k. k.
Herrn General-Major von Skribanek und den k. k. Herrn Obersten
von Hauslab. Wir habenden trefflichen Dr. A. Bou6, den ge-
nauen Kenner, dem wir die erste Beschreibung und Bekanntmachung
so vieler Beobachtungen in unserer Monarchie verdanken, der den
ersten Versuch einer geologischen Erdkarte gemacht hat. Die italieni-
schen Forscher, de Zigno, Pasini, Curioni, würden wir zur
Theilnahme einladen, und auch nicht versäumen, die wünscheos-
werthe Verbindung mit den wirkenden Männern der Privatvereine,
Dr. S t oft er für Tirol und Vorarlberg, insbesondere Herrn von
Morlot für Inner-Österreich u. s. w. herzustellen.
Es lässt sich vorhersehen, dass am Schlüsse des Jahres 1848
der ausführliche Plan der Unternehmung selbst vorgelegt werden
könnte, dann erst wird es möglich sein, über die wahrscheinlichen
Kosten des ganzen ünternehmeas, so wie über die Vertheilung

Unternehmung einer geologischen Karte Österreichs. 19
derselben auf eine Reihe von Jahren zu berichten, aber auch in dem
Antrage derselben sich den Verhältnissen zu bequemen, die als
massgebend angenommen werden müssen.
Anträge. Wir bitten dieCIasse, die vorhergehende Entwicke-
lang des wahren Bedürfnisses sowohl, als auch die Mittel und das
Verfahren zur Befriedigung desselben, einer freundliehen nähern Be-
trachtung zu unterziehen. Für günstige Entscheidung schliessen wir
die zur Schlussfrage zu stellenden Anträge an, auf deren Bewilligung
wir einrathen.
1. Die kais. Akademie der Wissenschaften bewilligt jedem der
vier geologischen Vereine in der osterreichischen Monarchie einen
jährlichen Beitrag von 100 fl. C. M., nämlich :
dem Vereine zur geognostisch - montanistischen Durchforschung von
Tirol und Vorarlberg, jährlich ...... 100 fl.
geognostisch - montanistischen Vereine für Inner-
österreich und das Land ob der Enns, jährlieh . 100
geologischen Vereine in Böhmen, jährlich ... 100
» geologischen Vereine in Ungern, jährlich ... 100
Summe 400 fl.
2. Die Icais. Akademie der Wissenschaften trägt dem Assisten-
ten am k. k. Hof-Mineralien-Cabinete, Doctor Moriz Hörnes und
dem Assistenten am k. k. montanistischen Museo, Franz Ritter
von Hauer, die Unternehmung einer wissenschaftlichen Reise nach
den Instructionen der kais. Akademiker P. P arisch und W. Hai-
dinger auf, und bewilligt an Reisebeitrag
Herrn Doctor M. Hörnes . ....... 1000 fl.
Herrn Franz Ritter von Hauer ..... 1000
Summe . 2000 fl. C. M.
Die kais. Akademie der Wissenschaften wendet sich wegen Be-
willigung eines halbjährigen Urlaubs , vom l. Mai 1848 an, an die
competenten hohen Behörden.
3. Die kais. Akademie der Wissenschaften überträgt an die
Akademiker?. P arisch und W. Haidinger die Abfassung eines
Berichtes über die vortheilhafteste Ausführung einer geologischen
Karte der österreichischen Monarchie, meiner dem Stande
der Wissenschaft entsprechenden und der österreichischen Monarchie
würdigen Gestalt, welcher mit den darauf bezüglichen Anträgen im
2^

20 HyrtL Beitrag zur vergleichenden Angiologie.
Winter 1848_1849 der kais. Akademie der Wissenschaften vorzu-
legen ist.
Die kais. Akademie ermächtigt die beiden Akademiker, die noth-
wendigen Vorberathungen mit den obengenannten oder anderen Per-
sonen in ihrem Namen zu pflegen.
Sämmtliche Anträge wurden von der Classe genehmigt, und
später von der Gesammt-Akademie gutgeheisen.
Professor Doctor HyrtI legte eine Abhandlung vor, welche
den ersten Beitrag zur vergleichenden Angiologie ausmacht, worüber
derselbe eine ausgedehnte Arbeit, deren Resultate in Fortsetzungen
nachfolgen werden, unternommen hat.
Der Inhalt dieser ersten Abhandlung betrifft die von dem Herrn
Professor aufgefundenen Nasalwundernetze der Wiederkäuer und
Pachydermen. Sie gehören jenen Wänden der Nasenhöhle an, in
welchen sich die Tastnerven des Quintus verästeln: Unterer Theil
der Nasenscheidewand, Boden und Seitenwand der Nasenhöhle, so
wie untere Nasenmuschel. Das Siebbeinlabyrinth bleibt von Wunder-
netzbildungen frei. Die Nasalwundernetze sind Erzeugnisse der Art
spkenopalatina y welche bei den genannten Thiergattungen auffal-
lend stark gefunden wird. Die Arten, bei welchen die Wundernetze
beobachtet wurden, sind : Oms aries, Capra hircus, Cervus
elaphus^ dama und capreolus y Antilope rupicapra^ Bös tau-
rus, Sus scrofa domesticcL Nach den Spuren zu urtheilen, wel-
che die Wundernetze auf den von ihnen bedeckten Knochen zurück-
lassen, dürfte ihr Vorkommen eine allgemeine Regel in der Ordnung
der Wiederkäuer sein.
Die Classe beschloss den Druck der Abhandlung für die Denk-
schriften.
Herr Custos Parts ch erstattet folgenden Bericht über die
S. 114 erwähnte Mittheilung des Herrn Professors Nendtvich.
In der Sitzung der mathematisch-naturwissenschaftlichen Classe
am 2. December las das Mitglied derselben, Herr Prof. Schrötter

Partseh. Bericht über den goldführenden Sand von Olähpiän. 21
einen Aufsatz vor, den ihm der gegenwärtig in Wien verweilende
Doctor Nendtvich, Professor der Chemie am technischen Insti-
tute in Pesth, der wissenschaftlichen Welt durch mehrere chemi-
sche Untersuchungen vortheilhaft bekannt, zur Mittheilung an die
kaiserliche Akademie übergeben hatte. Dieser Aufsatz führt die Auf-
schrift : „Über die Wichtigkeit des Olähpianer Sandes in Siebenbür-
gen," und macht vorzugsweise auf die angebliche Auffindung von
gediegenem Eisen und Platin in diesem Sande aufmerksam. Da der
Berichterstatter die Olähpianer Gegend aus eigener Anschauung
kennt, hat die Classe ihm aufgetragen, ihr seine Ansicht über den
vorgelesenen Aufsatz mitzutheilen.
Der Aufsatz des Professors Nendtvich bespricht zuerst den Um-
stand, dass in dem Schliche, oder den schweren Rückständen des
goldführenden Sandes von Olähpiän mit den Granaten, dem Titan-
Eisen u. s. w. häußg auch kleine Splitter von regulinischem Eisen
gefunden werden, von denen man glaubte, dass sie von den eiser-
nen Instrumenten herrühren, deren man sich zum Graben und Wa-
schen des Sandes bedient. Doctor Karl Böor, Apotheker in Pesth,
unterzog, von einigen Freunden der Naturgeschichte daselbst darauf
aufmerksam gemacht, diese Eisensplitter vor zwei Jahren einer ge-
naueren Untersuchung, in Folge deren er zuerst die Vermuthung aus-
sprach , dass sie dem Sande ursprünglich angehören. — Kürzlich
wurde der Gegenstand in der Gesellschaft ungrischer Naturforscher
zu Pesth von Neuem angeregt und Apotheker Molnär daselbst be-
auftragt, den Sand von Olähpiän einer genauen Prüfung zu unter-
werfen. — Die Resultate dieser Untersuchung hat Herr Molnär
im verflossenen Monate October der obengenannten Gesellschaft mit-
getheilt. — Herr Nendtvich, ebenfalls ein Mitglied dieser Gesell-
schaft, machte sie der mathematisch - naturwissenschaftlichen Classe
der k. Akademie bekannt. Diese Resultate bestehen wesentlich in
Folgendem:
l. Die Splitter und Stückchen regulinischen Eisens im Sande
von Olähpiän sind keineswegs Bruchstücke von Eisengeräthschaften
sondern selbstständige dem Sande ursprünglich angehörige Körper.
Als Beweis für diese Behauptung wird in dem Aufsatze des Herrn
Nendtvich die unter dem Mikroskope angeblich zum Vorschein kom-
mende krystallinische Form, verbunden mit krystallinischem Gefüge.
angeführt. Herr Nendtvich fügt diesem aus eigener Beobachtung

00 Partsch. Bericht über den
noch den Umstand bei, dass die Eisensplitter an ihrer Oberfläche
jene flimmernden Blättchen tragen, die das gediegene Eisen von Arva
auszeichnen.
2. Die chemische Untersuchung lieferte Herrn Molnär das über-
raschende Resultat, dass in diesem Eisen Nikel enthalten ist, also
jener Bestandtheil, welchen wir, wie sich Herr Nendtvich ausdrückt,
als charakteristisches Merkmal des Meteor-Eisens anzusehen gewohnt
sind. Herr Nendtvich hält diesen Umstand (den Nikelgehalt des
Eisens) für sehr wichtig und von grossem Interesse für die Wissen-
schaft. Er folgert nun: da das Eisen von Olähpian unzweifelhaft tel-
lurischen Ursprungs ist, dasselbe aber Nikel enthält, so wird das
Criterium des kosmischen Ursprungs der auf der Oberfläche unserer
Erde gefundenen Gediegen-Eisen-Massen aufgehoben, und es dürfte
daher vieles Eisen, welches bisher für meteorisch gehalten wurde,
namentlich das bei Arva in Ungern gefundene , kein solches sein.
3. Der Olähpianer Sand ist noch in einer anderen Beziehung
von hohem Interesse. Herr Molnär hat nämlich darin Blättchen und
kleine Flimmer gefanden, die nach der chemischen Beaction alle
charakteristischen Merkmale von Platin an sich trugen. Es sei
dadurch die alte Vermuthung, dass Siebenbürgen Platin besitze, zur
Wahrheit geworden.
Am Schlüsse seines Aufsatzes fügt Herr Nendtvich noch die
Äusserung bei, dass es interessant wäre, die Beziehungen auszumit-
teln, in welchen der Sand von Olähpian zu dem der Seifenwerke des
Urals steht; in beiden habe man nun Gold, Platin und Eisen gefunden.
Auch wäre es, wie er meint, wünschenswert!!, das gediegene
Eisen zu untersuchen, das in Gesellschaft mit dem Platin im Ural
gefunden wird, indem zu vermuthen ist, dass es, gleich dem von
OMhpian, Nikel enthalte.
Ihr Berichterstatter hat nun die Pflicht, seine Ansicht über
diese scheinbar sehr interessanten Mittheilungen anzusprechen. Vor
allem muss er bemerken, dass es nicht möglich ist, über Unter-
suchungen abzuurtheilen, deren materielle Ergebnisse, hier das
gediegene Eisen und Platin, der Beurtheilung nicht vorliegen. Das
erstere, nämlich das gediegene Eisen betreffend, hält man sowohl
in Olähpian als auch am Ural, das in dem gewaschenen Goldsande
vorkommende metallische Eisen für künstliches. Gustav Rose
sagt darüber in seiner Reise nach dem Ural (Bd. l, S. 16l): Wer

goldführenden Sand von Olahpian. 23
die Art gesehen, wie am Ural der gold- und ebenso der platinhaltige
Sand gewaschen wird, kann über den Ursprung der Schüppchen
metallischen Eisens, die man in diesem Sande gefunden hat,
nicht zweifelhaft sein. Man kann wohl ohne Bedenken annehmen,
dass es Stückchen Eisen sind, die sich von den Krücken beim Wa-
schen des Goldes abgestossen habend— In dem über meine Reise
nach Siebenbürgen geführten Tagebuche finde ich angemerkt, dass
man in den Olähpianer Seifen beim Waschen zuweilen Fragmente
eiserner Instrumente, Münzen, Menschen- und Thierknochen findet.
Die früher aufgeführte Untersuchung der Eisensplitter aus dem
Olähpianer Sande unter dem Mikroskope, an welchen man Krystall-
gestalt und Theilbarkeit, ja sogar die dem Arväer Eisen eingemeng-
ten flimmernden Blättchen, nämlich den Schreibersit, nach Herrn
P a tera^s Untersuchung eine Verbindung von Eisen und Nikel mit
Phosphor, entdecken wollte, scheint wohl nur eine täuschende, wie
eine solche bei Splitterchen undurchsichtiger Mineralien leicht mög-
lich ist, gewesen zu sein. Zur Bestimmung einer mineralogischen
Species sind noch andere Untersuchungen nöthig.
Was den angeblichen Nikelgehalt des im Olähpianer Sande
gefundenen Eisens betrifft, wo würde dieser Umstand, wenn er sich
bestätigte, grosse Aufmerksamkeit verdienen. Es darf hier wohl
angeführt werden, dass Herr Pater a einer Gesellschaft von Freun-
den der Naturwissenschaft in Wien die Mittheilung machte, dass
er in einer Partie ausgewaschenen Sandes von Olahpian im k. k.
montanistischen Museum zwar Eisensplitter, in diesen aber kein
Nikel fand. Dieses Ergebniss bestreitet übrigens nicht die Richtig-
keit der Untersuchung mit einer anderen Partie Olähpianer Sandes.
Die Schlussfolgerungen alwr, die Herr Nendtvich aus dem angeb-
lichen Nikelgehelt des Olähpianer Eisens zieht, sind ganz unrichtig.
Die Identität des unzweifelbar auf unsere Erde niedergefallenen
Meteoreisens von Agram in Croatien, mit anderen auf der Ober-
fläche der Erde gefundenen nikelhältigen Eisenmassen, ist erwiesen.
Dass solche Eisenmassen zuweilen, wie bei Arva in Ungern und bei
Petropawlowsk in Sibirien, in letzterer Gegend namentlich in einer
Goldseife in einer Tiefe von 31 englischen Fussen gefunden worden
sind, beweiset weiter nichts, als dass das Niederfallen dieser Eisen-
massen in der Diluvial- oder in einer vordiluvianischen Periode statt-
gefunden hat. Das sibirische von Petropawlowsk (siehe Erman^s

24 Part s eh. Bericht über den goldführenden Sand von Olähpian.
Archiv für wissenschaftliche Kunde von Russland, Bd. l, S. 314) ent-
hält wie das Arväer Eisen-Nickel, und gleicht, wie man an dem im
k. k. Mineralien-Cabinete davon befindlichen Stücke sehen kann,
in allen Kennzeichen, namentlich den Widmannstättischen Figuren
dem unzweifelhaften Meteor-Eisen von Agram. Man kann hier fragen:
„Wie ist das unzweifelhafte tellurische gediegene Eisen beschaffen?^
Wo ist aber ein solches zu sehen? Welche Sammlung besitzt
eines? „In allen alten Lehr-und Handbüchern der Mineralogie, ja
selbst auch in einigen neueren spukt es herum, und zwar in desto
grösserer Anzahl, je älter diese Bücher sind; da findet es sich zu
Allemont in Frankreich, zu Platten in Böhmen, zu Grosskamsdorf
in Sachsen, in Schlesien, Steiermark, Salzburg, Bayern, im Juli-
chischen und Hackenburgischen, in Norwegen, auf Island u. s. w.
Einiges davon, wie das, schon in Marggrafs Besitz gewesene Eisen
von Steinbach bei Eibenstock in Sachsen, das Eisen von Guildfort
in Nord-Amerika ist später, auf unabweisbare Analogien gestützt,
als Meteor-Eisen erkannt worden. Das tellurische Gedicgen-Eisen
von Canaan im nordamerikanischen State Connecticut, das zwischen
Glimmerschiefer vorkommen soll, ist nicht reines gediegenes, mit
dem specifischen Gewichte von 7,4 bis 7,9, sondern eine Verbindung
von Eisen und Kohle, mit einem specifischen Gewichte von 6, T; es
constituirt daher, wenn sein Vorkommen ausser Zweifel gestellt
wird, wohl eine eigene Species, ebenso wie das von Berzelius
erwähnte eisenreiche Platin vom Ural, Breithaupt^s Eisen-Platin, mit
einem specifischen Gewichte von 14,6 bis 18,7. Das tellurische
gediegene Eisen, das in kleinen Flimmerchen im schwedischen
Cerinstein und in Schwefelmetallen in Amerika eingesprengt vor-
kommen soll, ist von einzelnen Chemikern nur durch chemische
Reaction, nicht aber durch eine naturhistorische Untersuchung als
solches erkannt worden, bedarf daher noch weiterer Bestätigung.
In dieser Art des Vorkommens, in festen, den äusseren Einflüssen
unzugänglichen, die Schuppen oder Flimmer umhüllenden Gesteinen
ist übrigens die Erhaltung des Eisens in kleinen Parcellen leicht
denkbar; dagegen in hohem Grade unwahrscheinlich, dass sich
solche in dem so leicht durchdringlichen Sand- und Schuttlande seit
der vorhistorischen Zeit erhalten haben sollten; eine Schwierigkeit,
die selbst Herr Nendtvich in seinem Aufsätze erwähnen zu müssen
glaubte.

Schrotte r. Allofcropischer Zustand des Phosphors. 2 S
Was endlich des Letzte der oben angeführten Resultate betrifft,
zu denen Herr Molnär gelangt zu sein vorgibt, nämlich das über-
raschende Auffinden von Platin in dem Olähpianer Sande, so lässt
sich nur der Wunsch ausdrücken, dass das Product dieser glückli-
chen Schlemmung (eine andere am montanistischen Museum durch
Herrn Kopetzki mit dem Olähpianer Sande vorgenommene Schlemm-
probe gab keinen Erfolg) zur Ansicht und Untersuchung vorgelegt
werden möge. Einleitungen dazu hat Herr Nendtvich selbst getroffen.
Erst wenn die Gegenstände der Frage angelangt sein sollten, wird
man darin weiter gehen können.
Der Berichterstatter macht den Antrag, die Sache bis dahin
ruhen zu lassen. Hinsichtlich der am Schlüsse des Nendtvich^schen
Aufsatzes berührten wünschenswerthen Ausmittelung der geologi-
schen Beziehungen des goldführenden Sandes von Olähpian zu den
Seifenwerken des Urals behält der Berichterstatter sich vor, über die
siebenbürgische Lagerstätte, da diese in geologischer Hinsicht fast
unbekannt ist, der Akademie in einer der nächsten Sitzungen einen
besonderen Bericht abzustatten. Aus diesem wird die Verschieden-
heit ersichtlich werden, die auch in geologischer Beziehung zwischen
beiden Lagerstätten stattfindet.
Professor Schrötter liest folgenden Auszug aus einer für die
Denkschriften bestimmten Arbeit: „Über einen neuen allotro-
pischen Zustand des Phosphors."
Es ist eine seit langer Zeit bekannte Thatsache, dass der
Phosphor, der Einwirkung des Lichtes ausgesetzt, eine rothe Farbe
annimmt Die Ursache dieser Veränderung wurde bisher eben so
wenig untersucht, als die näheren Umstände, unter welchen sie vor
sich geht. Berzelius schreibt dieselbe einem Übergange des
Phosphors in einen ändern allotropischen Zustand zu, während
viele andere Chemiker den rothen Körper für Phosphoroxyd halten.
Ich wurde im Juni des Jahres 1848 veranlasst, diese Verhält-
nisse näher zu studiren, und fing damit an, zu untersuchen, ob die
durch das Licht bewirkte Veränderung in verschiedenen gegen den
Phosphor indifferenten ganz trockenen Gasen, also bei vollkomme-
nem Ausschluss des Wassers, auf ganz gleiche Weise vor sich gehe.
Derselbe wurde zu diesem Behufe in Kugelröhren eingeschmolzen,

Schrotte r. Über einen, neuen
welche verschiedene mit allen möglichen Vorsichten gereinigte und
getrocknete Gasarten, wie Kohlensäure, Wasserstoffgas oder Stickgas
enthielten. Um die dem Phosphor hartnäckig anhängende geringe
Menge von Feuchtigkeit zu entfernen, wurde derselbe vor dem Zu-
schmelzen der Röhren zuerst erwärmt, und aus der ersten Kugel in
die zweite überdestillirt. Die so vorgerichteten Röhren wurden nun
der Einwirkung des Lichtes ausgesetzt, und es fand sich, dass die
Veränderung des Phosphors in allem auf gleiche Art vor sich ging.
Beim Aufbrechen der Röhren war weder durch den Geruch, noch
sonst auf eine Weise, das Vorhandensein eines fremden Gases zu
bemerken, und dies war auch dann nicht der Fall, als der Phosphor
in feuchtem Zustande angewendet wurde. Hieraus muss geschlossen
werden, dass die Veränderung, welche der Phosphor durch das
Licht erleidet, von der Gegenwart des Sauerstoffes ganz unabhängig
ist, also von keiner Oxydation bedingt sein kann.
Bei einer aufmerksamen Betrachtung des roth gewordenen Phos-
phors zeigte sich, dass derselbe nicht durch seine ganze Masse
gleichförmig gefärbt war, sondern dass sich feine rothe Theilchen
in demselben abgesondert hatten. Diese rothen Theilchen sind in
Kohlensulfid unlöslich, sie lassen sich daher durch dasselbe von dem
übrigen Phosphor trennen, und ich werde weiter unten durch die
unzweideutigsten Versuche zeigen, dass sie wirklich nichts anderes
als reiner Phosphor sind, der sich in einem anderen allotropischen
Zustande, und zwar in dem amorphen, befindet.
Sowohl die Erscheinungen, welche ich bei dem Behandeln des
Phosphors in den verschiedenen Gasen zu beobachten Gelegenheit
hatte, als auch die Betrachtung, dass die chemischen Wirkungen
der Wärme denen des Lichtes meistens analog sind, veranlassten
mich, zu untersuchen, ob dies auch hier der Fall sein werde.
Ich erwärmte zu diesem Behufe Phosphor in einer Atmosphäre
von Stiekgas, Kohlensäure oder Wasserstoffgas nach und nach bis
zu 226° C. und erhielt diese Temperatur durch einige Zeit constant.
Es traten bald Erscheinungen ein, die gewiss längst vor mir von
Anderen oft gesehen, aber nicht beobachtet und bisher von
Niemandem richtig gedeutet wurden. Auch ich hätte dieselben
vielleicht unbeachtet gelassen, wenn ich nicht durch die vorher an-
gegebenen Thabachen darauf vorbereitet gewesen wäre. Der Phos-
phor nahm nämlich bald die schöne fast carmoisinrothe Farbe an»

aUotropischen Zustand des Phosphors. 27
welche er durch die Einwirkung des Lichtes erhält. Behandelt man
die erkaltete Masse mit Kohlensulfid, so bleibt derselbe rothe Körper
zurück, der bei einer gleichen Behandlung des durch die Einwirkung
des Lichtes modificirten Phosphors erhalten wird. Da diese Ver-
suche unter Umständen angestellt wurden, bei welchen jede Berüh-
rung mit Sauerstoff oder mit einem anderen Körper, der direct auf
den Phosphor hätte einwirken können, auf das Sorgfältigste vermieden
war, und bei der Einrichtung des Apparates auch jede Abscheidung
eines fremden Körpers hätte wahrgenommen werden müssen, so ist
hiedurch bewiesen, dass die Umwandlung des Phosphors durch
länger fortdauernde Einwirkung der Wärme weder von der Aufnahme
noch von der Abscheidung eines fremden Körpers herrühren könne,
sondern nur in einer Molecularveränderung desselben liegen müsse.
In Bezug auf die besondere Anordnung der Versuche und die getrof-
fenen minutiösen Vorsichten und Abänderungen derselben, welche
zum Zwecke hatten, jedem Einwurfe gegen die Richtigkeit des obigen
Schlusses zu begegnen, muss ich auf die Abhandlung selbst ver-
weisen, will jedoch hier einen Versuch beschreiben, der ganz scharf
beweisend, und dennoch so leicht auszuführen ist, dass er im Colle-
gium gemacht werden kann. Man lässt an das Ende einer etwa 40
Zoll langen, ungefähr 4 Linien weiten Röhre eine Kugel, und in
Entfernungen von 2 zu 2 Zoll von derselben noch 3 oder 4 andere
anblasen, füllt die am Ende der Röhre befindliche Kugel zur Hälfte
mit Phosphor, biegt dann die Röhre hinter der letzten rechtwinkelig
um, und bringt sie in eine solche Lage, dass der etwa 16 Zoll lange
Schenkel mit den Kugeln horizontal, der andere hingegen vertical
steht, und lässt ihn in Quecksilber tauchen. Erwärmt man nun den
Phosphor in der ersten Kugel, so entzündet er sich bald, verzehrt
allen in der Röhre befindlichen Sauerstoff, und befindet sich nun,
wenn auch nicht in einer vollkommen reinen Atmosphäre von Stick-
gas, so doch in einer solchen, die nicht im Stande ist, weiter auf
denselben einzuwirken. Wird nun der Phosphor aus der ersten
Kugel in die zweite überdestillirt, so sammelt sich derselbe darin
als eine fast wasserhelle, das Licht stark zerstreuende Flüssigkeit,
die durch einige Zeit bei einer Temperatur erhalten, bei welcher
sie eben langsam verdunstet, ohne jedoch zu sieden, bald rothund
undurchsichtig wird. Erhitzt man nun stärker, so destillirt der unver-
ändert geblichene Antheil des Phosphors über, während der modi-

9fi Schrott er. Über einen neuen
ficirte in Form einer rothen Kruste zurückbleibt. Auf gleiche Weise
in der dritten Kugel behandelt, erhält man dasselbe Resultat, Wird
'nun der in der zweiten und dritten Kugel geblichene Rückstand stark
genug" erhitzt, so fängt derselbe sehr bald an zu verschwinden,
während sich in den kälteren Theilen der Röhre wieder wasserhelle
Tropfen von gewöhnlichem Phosphor ansammeln. Man kann auf
diese Weise den Phosphor beliebig aus der einen Modification in die
andere überführen, und ihn fast gänzlich in der letzten Kugel als
wasserhelle Flüssigkeit sammeln, in welchem Zustande er zuweilen
durch längere Zeit bleibt. In einem Falle sah ich ihn durch 36 Tage
bei einer Temperatur, die während dieser Zeit einigemal — S°
betrug, vollkommen flüssig bleiben. Es ist kein Fall bekannt, wo
das Vorhandensein verschiedener allotropischer Zustände auffallender
und bestimmter den Augen der Schüler vorgeführt werden könnte,
als eben dieser. Übrigens lässt sich die Umwandlung in den amor-
phen, und aus diesem wieder in den gewöhnlichen, y. i. krystal-,
lisirten Zustand, auch in einer ganz zugeschmolzenen, mit einer
indifferenten Gasart gefüllten Röhre, obwohl nicht ganz ohne Gefahr,
anstellen.
Als ich versuchte den Phosphor in einem Räume, der nur sehr
verdünnte Luft enthielt, durch Erwärmung in den amorphen Zustand
überzuführen, zeigte es sich, dass dies nicht zu bewirken war,
man mochte denselben noch so lange erwärmen. Die Ursache hieven
liegt aber nur in dem verminderten Drucke, welcher bewirkt, dass
der Phosphor nicht die Temperatur erreichen kann, die zur Umwand-
lung nothwendig ist. Obwohl ich, was das Nähere der hierüber
angestellten Versuche betrifft, auf die Abhandlung selbst verweisen
muss, so will ich hier nur anführen, dass der Siedepunkt des Phos-
phors unter einem Drucke von 120^ bei 168° liegt, während, wenn
der Druck ^U"1"1 beträgt, das Sieden erst bei 230° eintritt.
Die Temperatur, bei welcher der gewöhnliche Phosphor in den
amorphen übergeht, lässt sich nicht mit Genauigkeit bestimmen,
denn innerhalb gewisser Grenzen bewirkt eine niedere Temperatur
dasselbe in längerer Zeit, was bei einer höheren schon in kürzerer
geschieht. Ich sah die Umwandlung bei 218° C. eintreten, wenn der
Phosphor lange genug dieser Temperatur ausgesetzt wurde; am
raschesten geht sie indess zwischen 240 und 280° C. vor sich. Als
ich den Versuch so anstellte, dass der Phosphor beim Erwärmen

aliotropischen Zustand des Phosphors. 29
zugleich vom Lichte getroffen wurde, sah ich deutlich, dass die
Wirkung des Lichtes und die der Wärme sich gegenseitig unter-
stützen, so dass man sagen kann: erwärmter Phosphor wird durch
das Licht viel schneller geröthet, als kalter; oder, vom Lichte
getroffener Phosphor bedarf einer geringeren Erhöhung der Tem-
peratur , um auf die eben angegebene Art verändert zu werden, als
im Dunkeln befindlicher.
Hieraus geht hervor, dass die Einwirkung der Wärme und die
des Lichtes von gleicher Art sein müssen.
Die einfachste Art, den amorphen Phosphor zu bereiten, ist fol-
gende: Man bringt reinen, möglichst trockenen Phosphor in einen
Kolben mit flachem Boden, und verschliesst diesen mittelst eines
guten, doppelt durchbohrten Korkes. In der einen Bohrung befindet
sich ein bis in den Phosphor reichendes Thermometer, in dem
anderen eine rechtwinkelig gebogene Röhre, in deren horizontalem
Theile eine zur Aufnahme von etwas Phosphor bestimmte Kugel
aufgeblasen ist. Die Länge des im Korke befestigten Schenkels
beträgt nur wenige Zolle, während der verticale, in Quecksilber
tauchende Schenkel, 28 Zoll lang ist. Man stellt den Kolben auf
eine ebene Blechplatte, welche durch eine Weingeist- oder besser
Gasflamme erhitzt wird. Ehe dies geschieht, muss man indess
den Phosphor in der Kugel bis zum Entzünden erwärmen, um so
allen Sauerstoff aus dem Apparate zu entfernen. Ich habe auf
diese Weise aus ungefähr 18 Loth Phosphor nach SOstündigem
Erhitzen 12 Loth amorphen Phosphors erhalten, der in diesem
Falle eine feste, dem geschmolzenen Selen sehr ähnliche Masse
bildete. Dauert die Erhitzung weniger lang, und ist die Tem-
peratur nicht so hoch, so backt die Masse nicht zusammen, und
erscheint nach der Behandlung mit Köhlensulfid als ein sehr zartes
Pulver. Die grosse Menge des bei diesem Versuche erhaltenen Pro-
ductes ist zugleich ein schlagender Beweis dafür, dass kein fremder
Körper bei Bildung desselben mitwirken konnte, da der Stand des
Quecksilbers zugleich zeigt, ob der Apparat luftdicht hält oder nicht.
Bei einiger Aufmerksamkeit kann man auch das Thermometer ganz
weglassen, indem die Flamme nur so regulirt zu werden braucht,
dass der Phosphor nicht kocht, aber eben anfängt langsam zu subli-
miren. Nachdem der Phosphor wieder erkaltet ist, giesst man
Wasser auf das Quecksilber und senkt das Gefäss langsam, so dass

gO Schrott er. Über einen neuen
die Röhre etwas über das Quecksilber zu stehen kömmt. Der Appa-
rat füllt sich so mit Wasser, man entfernt nun den Kork, und behan-
delt die dunkelrothe Masse mit Kohlensulüd, in welchem sich, wie
bereits oben angeführt wurde, nur der gewöhnliche, nicht aber der
amorphe Phosphor löst. Dieser wird nun ohne Unterbrechung auf
dem Filter mit Kohlensulfid vollkommen gut ausgewaschen. Hiebei
muss man darauf achten, dass das Pulver immer von Kohlensulfid
gehörig benetzt ist, indem sich sonst der darin gelöste, beim Ver-
dunsten des Kohlensulfides feinvertheilt zurückbleibende Phosphor
von selbst entzündet. Den auf diese Art behandelten Phosphor bringt
man in eine Porzellanschale, und trocknet ihn bei 70—80°. Um
demselben die letzten Spuren von Kohlensulfid zu entziehen, muss
man ihn entweder mit einer schwachen Kalilauge kochen, oder in
einem Strom von Kohlensäure bis ISO oder 160° erhitzen. Auch
darf das Filter nicht vom Wasser benetzt werden, ehe die Phos-
phorlösung darauf kömmt, weil diese sonst nur sehr langsam durch-
geht. Hat sich der Phosphor zu einer festen Masse vereiniget, so
muss diese unter Wasser fein zerrieben und dann erst mit Kohlen-
sulfid behandelt werden.
Der amorphe Phosphor erscheint nach dem Trocknen als ein
glanzloses Pulver, dessen Farbe vom Scharlachrothen ins Dunkel-
carmoisinrothe, ja unter gewissen Umständen bis ins Bräunlich-
schwarze übergehen kann.
Beim jedesmaligem Erwärmen erscheint die Farbe dunkler.
Die Dichte desselben beträgt bei 10°C. 1,964. Jedenfalls ist
derselbe dichter als der geschmolzene Phosphor, weil er darin unter-
sinkt.
Der Phosphor zeichnet sich in seiner amorphen Modification
durch seine grosse Indifferenz aus. Er leuchtet im Dunkeln erst dann,
wenn er bis nahe zu der Temperatur erhitzt wird, bei der er sich
entzündet, was sowohl in Sauerstoff als in atmosphärischer Luft erst
bei 260° eintritt. An der Luft bleibt derselbe vollkommen unver-
ändert, und von den Körpern, die den gewöhnlichen Phosphor lösen,
wird er fast gar nicht, oder nur in höchst unbedeutender Menge auf-
genommen. Chlor wirkt auf denselben zwar schon bei gewöhnlicher
Temperatur, aber die Bildung der beiden Chloride geht ohne alle
Feuer-Erscheinung und ohne einen Rückstand zu lassen vor sich.
Nur wenn man den amorphen Phosphor bis zu der Temperatur

allotropischen Zustand des Phosphors. 31
erwärmt, wo er in den gewöhnlichen übergeht, tritt wie sonst die
Feuer-Erscheinung ein. Die Einwirkung des Broms hingegen ist
von Feuer-Erscheinung begleitet. Jod wirkt bei gewöhnlicher Tem-
peratur zwar nicht auf den amorphen Phosphor, beim Erwärmen
erfolgt die Verbindung jedoch ohne alle Feuer-Erscheinung. Man
kann überhaupt sagen, dass dem amorphen Phosphor die Fähigkeit,
sich unter Licht-Erscheinung mit anderen Körpern zu verbinden, in
einem weit geringeren Grade zukommt, als dem gewohnlichen. Nur
in wenigen Fällen wird durch die grössere Anzahl von Berührungs-
punkten, welche der fein vertheilte amorphe Phosphor, im Vergleiche
mit dem gewöhnlichen, den Körpern darbietet, eine raschere Ein-
wirkung auf ersteren bedingt. Dies geschieht z. B. beim Chlor-
wasser und namentlich bei der Salpetersäure, welche letztere den-
selben unter Aufbrausen auflöst. Verdünnte Kalilauge wirkt auch
beim Kochen nur höchst unbedeutend auf den amorphen Phosphor,
concentrirte hingegen löst denselben unter Entwickelung von reinem,
nicht selbst entzündlichen Phosphor—Wasserstoffgas. Die Wirkung
der Kalilauge auf den amorphen Phosphor ist aber noch eine andere.
Lässt man denselben nämlich durch einige Zeit mit sehr concentrirter
Kalilauge in Berührung, oder kocht man ihn einige Augenblicke mit
einer weniger concentrirten Lauge, so nimmt derselbe eine dunkel-
chocoladebraune, fast schwarze Farbe an, und zwar eine um so
dunklere, je feiner er v^rtheilt ist. Es ist sehr wahrscheinlich, dass
der Thenard'sche schwarze Phosphor nichts anderes ist, als
gewohnlicher Phosphor, dem dieser dunkle amorphe Phosphor beige-
mengt ist, und der dann gleichförmig schwarz erscheint, wie er
durch Beimengung des rothen diese Farbe annimmt.
In technischer Hinsicht wichtig ist das Verhalten des amorphen
Phosphors gegen solche Oxyde, die ihren Sauerstoff nicht zu fest
halten, oder gegen Superoxyde, die einen Theil desselben leicht an
andere Körper abgeben, oder endlich gegen Salze, welche von
sauerstoffreichen, leicht zerlegbaren Säuren gebildet werden. Wird
derselbe nämlich mit diesen Körpern zusammen gerieben, so erfolgt
die Entzündung des Phosphors bei einigen unter Verpuffung, bei
anderen unter ruhigem Abbrennen. Beim Erwärmen mit diesen Kör-
pern finden ähnliche Erscheinungen Statt. Gelingt es, ein im Grossen
leicht ausführbares Bereitungsverfahren des amorphen Phosphors zu
finden, was nach den eben mitgetheilten Daten wahrscheinlich bald

32 S ehr ötter. Allotropischer Zustand des Phosphors.
gesehehen dürfte, so wird derselbe den gewöhnlichen bei allen
Zündpräparaten mit grossem Vortheile ersetzen, und vielleicht auch
dort Anwendung finden, wo jetzt andere explodirende Körper
gebraucht werden. Die Substanzen, welche sich insbesondere zu
derlei Gemengen eignen, sind: Mennige, braunes Bleisuperoxyd und
chlorsaures Kali.
In Betreff des speciellen Verhaltens des amorphen Phosphors
gegen andere Körper muss ich auf meine Abhandlung verweisen.
Schlüsslich will ich nur noch erwähnen, dass wohl manche
Körper, die sich jetzt als Phosphoroxyd in den Händen der Chemiker
befinden, nichts als amorpher Phosphor sein mögen; auch halte ich
die Substanz, welche Berzelius im Band I, S. 300, seines Lehr-
buches als Phosphorkohlenstoff anführt, für nichts als ein Gemenge
von Kohle und amorphem Phosphor, dessen Bildung unter den bei
der Bereitung des Phosphors stattfindenden Umständen leicht erklär-
lich ist. Ich hoffe bald in der Lage zu sein, der Akademie die
Resultate der Untersuchungen vorzulegen, welche zum Zwecke haben,
sowohl die Lücken in der anliegenden Arbeit auszufüllen, als die
Frage zu beantworten, ob nicht noch andere Grundstoffe, insbeson-
dere Schwefel, Selen, Tellur und Arsen auf ähnliche Art wie der
Phosphor modificirt werden können.
Professor Dr. Hyrti legte ein Gesuch an die Akademie vor,
worin er den Wunsch ausspricht, dass seine anatomischen Untersu-
chungen durch einen Beitrag von drei Hundert Gulden zum Ankaufe
von Thieren zu Präparaten, und durch Bezahlung eines Zeichners
mit monatlichen 20 fl. für ein Jahr unterstützt werden möchten. —
Die Classe erklärte einstimmig, sich für dieses Ansuchen bei
der Gesammt-Akademie verwenden zu wollen, welche dasselbe auch
genehmiget hat.

H a i d i n g e r. Überreicht zwei Mittheilungen. 3 3
SITZUNG VOM 23. DECEMBER 1847.
Der Secretär legte die eingegangenen Druckschriften vor. (Man
sehe das Verzeichniss am Ende.)
Der Mechaniker K appeller unterzieht der Ansicht der Classe
ein von ihm verfertigtes Normal-Barometer, dessen Eigenthümlich-
keiten er in einer Eingabe hervorhebt.
Die Herren Schrötter und v. Ettingshause n werden
zur Berichterstattung darüber aufgefordert.
Herr Bergrath Haidinger legte Separat-Abdrücke aus dem
letzten Bande der Abhandlungen der königl. böhmischen Gesellschaft
der Wissenschaften (V. Folge, Band 4) vor: Der rothe Glaskopf,
eine Pseudomorphose nach braunem, nebst Bemerkungen über
das Vorkommen der wichtigsten eisenhaltigen Mineral-Species in
der Natur" und „Über das Eisenstein - Vorkommen von Pitten in
Österreich."
Erbemerkte, dass diese beiden Mittheilungen eigentlich die
Einleitung zu der interessanten Thatsache bilden, über welche er
heute der mathematisch-naturwissenschaftlichen Classe eine kurze
Mittheilung zu machen beabsichtige, nämlich über einevollstän-
dige, nicht zerdrückte G eode von rothem Glaskopf. Mehrere
Eisensteine von dem Bergbau des Herrn Daniel Fischer am
Eibelkogel bei Turnau in Steiermark wurden vorgelegt, die
Bergrath Hai ding er im vorigen Jahre in Gesellschaft der Herren
von Haue r und vonMorlot an der Stelle gesammelt, und die
Herr Fischer, Besitzer des Hochofens in Thörl, freundlichst an
das k. k. montanistische Museum eingeschickt hatte.
Der Oxydations- oder Schwefelungs-Zustand des Eisens lie-
fert für sich schon die wichtigsten Daten für die Beurtheilung der
verschiedenen Epochen, durch welche die Gebirgsgesteine ge-
bildet und verändert wurden, und selbst an jenen Orten hat man
noch hinlänglich Gelegenheit, Studien darüber zu machen, wo
die eisenhaltigen Mineralien reich und häufig genug vorkommen, um
als Eisenerze zu Bergbau-Unternehmungen Veranlassung zu geben.
Sitzb. d. mathem.-naturw. CL l. Bd. 3

g 4 GÖppert. Meteoreisen von Seeläsgen.
Am Eibelkogel nun wurde das merkwürdige Vorkommen einer
ganzen, nicht zerdrückten Geode von rothem Glaskopf gefunden.
Bergrath Haidinger hatte in jener ersten Abhandlung über den
rothen Glaskopf darauf aufmerksam gemacht, dass dergleichen von
den Mineralogen noch nie beschrieben worden wären. Dies ist nun
der erste Fall, wo ein solcher beobachtet wird, aber auch unter
ganz eigenthümlichen Verhältnissen.
Die Eisenerz-Lagerstätte selbst ist ein im Durchschnitte vier
Fuss mächtiges Lager, dessen Hangendes Kalkstein, das Liegende
Thonschiefer, aber mit beiden dergestalt durch Schichtenstörung
aufgerichtet, dass es nur an dem mittägigen Bergabhange entblösst,
in senkrechter Lage gegen den Berg hinein, einem Gange ähnlich,
aufsetzt. Die Lagermasse war ursprünglich Spatheisenstein, ist
aber an dem Ausgehenden viele Klafter tief durch Hydro-Oxydation
verändert. Der Brauneisenstein zeigt noch hin und wieder die
Spuren der früheren Spatheisenstein-Structur. Unmittelbar unter
der Oberfläche nun wurden die rothen Glasköpfe in Geoden ange-
troffen. In der vorgewiesenen Skizze ist auch der Ort angedeu-
tet, wo sich Psilomelan fand, so wie das Zusammentreffen des
rothen und des braunen Glaskopfes. Der Psilomelan enthält Man-
gan und Baryt, die beide, der erstere im Spatheisenstein, der
andere als Schwerspath, in der ursprünglichen nun verwitterten
Lagermasse enthalten waren.
Eine erhöhte Temperatur an der Oberfläche kann nicht wohl
als Erklärung dieser Veränderung und der Bildung des rothen
Glaskopfes angenommen werden. Aber die beständige Abwechslung
der Temperatur, die Bewegung von Feuchtigkeit an der Oberfläche
kann leicht Veranlassung gewesen sein, in dem braunen Glaskopf
die in demselben in nichtchemisch verbundenem Zustande enthal-
tene Kieselerde aufzulösen, und dadurch bei dem nun reineren
Eisenoxyd-Hydrate den Verlust des Wassers vorzubereiten.
Herr Professor Göppert zu Breslau übersendet ein Stück-
chen des bei Seeläsgen unweit Frankfurt an der Oder gefundenen
Meteoreisens und die darüber in der Breslauer Zeitung bekannt
gemachte Notiz.

Parts eh. Über die geognostißchen Verhältnisse von Olähpiän. 35
Das Fragment Meteoreisen wurde Herrn Custos P arisch für
die kaiserliche Sammlung eingehändigt, und derselbe zu einem
Berichte darüber aufgefordert.
SITZUNG VOM 8. JÄNNER 1848.
Herr Custos Partsch hält über die geognostischen Verhält-
nisse der Umgegend von Olähpiän in Siebenbürgen, die Beschaffen-
heit, den Betrieb und die Wichtigkeit der dortigen Goldseifen nach-
stehenden Yortrag:
In der Sitzung vom 16. December des verflossenen Jahres
habe ich der Akademie Bericht über die vorgebliehe Auffindung
von Platin und tellurischem Gediegen-Eisen im Olähpiäner Sande,
die der Akademie durch Professor Nendtvich aus Pesth angezeigt
wurde, erstattet, und bei dieser Gelegenheit versproehen, einen
weiteren Bericht über die Olähpiäner Goldseifen folgen zu lassen.
Dieses Versprechen erfülle ich mit dem nachstehenden Aufsatze.
Er enthält Nachrichten über Gegenstände, von welchen, mit Aus-
nahme von ganz kurzen und oberflächlichen Andeutungen in älteren
Werken, namentlich von Born („Briefe über mineralogische Ge-
genstände." Frankfurt und Leipzig 1774, Seite 133) und Es mark
(»Kurze Beschreibung einer 'mineralogischen Reise durch Ungern,
Siebenbürgen und das Banat." Freiberg 1798, Seite 116) noch
nichts der Öffentlichkeit Übermacht worden ist.
Das Dorf Olähpiän (oder Wallachisch-Piän, im Gegensätze zu
dem nahen Szäsz-Piän oder Sächsisch-Piän) liegt am nördlichen
Rande der hohen Gebirgskette, die Siebenbürgen von der Wallachei
trennt, wo diese am weitesten nach Norden vorspringt, gleichsam
an einem Vorgebirge, 2% Meilen südwestlich von Mühlenbach
(üngrisch-Szäsz-Sebes), dem Hauptorte des gleichnamigen säch-
sischen Stuhles, an dem Sztrugarer oder Olähpiäner Bache, der
3 Meilen von da bei Alvincz in die Maroseh fällt. Das die südliche
Gebirgskette umgebende Hügelland von Olähpiän grenzt nördlich
an die Thai-Ebene des genannten Flusses.
Die von Olähpiän südlich liegende, Siebenbürgen von der Wal-
lache! scheidende Gebirgskette besteht vorherrschend aus krystalli-
nischen Schiefergesteinen, ehemals sogenannten primitiven oder
3»

36 Partsch.
ür-Felsarten. Unter diesen sind Gneiss, Glimmerschiefer und Hörn-
blendegestein die vorherrschenden. Sie werden von Granit- und
Quarzgängen durchsetzt. An mehreren Orten ist ihnen ein grob-
oder femkörniger, manchmal fast dichter Kalkstein ein- oder auf-
gelagert. In grösserer Entfernung von Olähpiän, wie am Vulcan-
Passe, oberhalb des in die Wallache! hinausströmenden Schyl-
Flusses, bei Czod und Resinär, südlich von Hermannstadt, treten
auch massige oder Eruptivgesteine 5 Serpentin und Gabbro auf.
Übrigens ist diese menschenleere,- nur den Sommer über von zahl-
reichen Alpenwirthschaften bedeckte waldige Gebirgskette, die am
Durchbruche des Schyl-Flusses zu hohen, von Gemsen bewohnten
Felsenkegeln aufsteigt, sowohl in geologischer als geographischer
Beziehung fast noch unbekannt.
Das Hügelland, das sich nördlich an dieses Gebirge in der
Olähpiäner Gegend anlegt, ist ziemlich hoch, und von den nach
Norden allmählich an Höhe abnehmenden Bergen am Rande der
wallachisch-siebenbürgischen Gebirgskette im Äussern und der Phy-
siognomie nach nicht scharf getrennt. Es dehnt sich nördlich bis
an die Marosch aus, und ist da durch eine massig breite Thai-Ebene
von dem jenseitigen Binnenlande getrennt, das wir von der Betrach-
tung ausschliessen müssen. Die geologische Beschaffenheit dieses
Hügellandes südlich von der Marosch, oder, da wir uns beschrän-
ken müssen, des Hügellandes zwischen Mühlenbach und dem Rande
der wallachisch-siebenbürgischen Gebirgskette in den Umgebungen
von Olähpiän, Rekite, Szäszcsor, Sebeshely u. s. w. ist eine von
dem Felsbaue dieses Gebirges gänzlich verschiedene. Die Bildung
dieser Hügel fällt in die Perioden der Tertiär- und Diluvial-Zeit
Der Hauptmasse nach bestehen sie aus miteinander alternirenden
Schichten von quarzigem weissen und gelben Sandstein, von verschie-
denfarbigem Quarzsand, von Thon und Mergel. Die zwei letzteren Ge-
steine sind meist von blaulichgrauen und röthlichen Farben-Nuancen.
Auch Bänke von Conglomeraten und Breccien treten hie und da da-
zwischen in untereinander abwechselnden Schichten. Alle diese Gebilde
verleihen der Gegend, dort wo sie entblösst sind oder wo die Boden-
krumme die Unterlage verräth, eine sonderbare nicht gewöhnliche
bunte Färbung. Hie und da finden sich in diesen Schichten Braunkoh-
len, meist in einzelnen Stamm- oder Aststücken, wohl nur selten ia
Plötzen. Das ganze Gebilde wird den unteren Tertiärschichten

Über die geognos tischen Verhältnisse von Olahpian, 37
zuzuzählen sein. Hinsichtlich des paläontologischen Charakters des-
selben hat mir in der Olähpiäner Gegend die Umgebung des Dorfes
Szäszesor überraschenden Aufschluss gegeben. In den untersten
allda durch Wasserrisse entblössten Schichten von Sand und Sand-
stein, die aber mit den oberen parallele Lagerung haben, erscheint
jene grosso Art von Tornatella (Tornatella gigantea Sow^ Acfeo-»
nella gigantea <TOrb.), die an der Wand bei Wiener Neustadt,
bei Lunz, in der Garns, bei Hieflau, bei Windischgarsten und an
anderen Orten in den Österreichischen und steiermärkischen Alpen
die sogenannten Gosauschichten charakterisirt. Diese wurden be-
kanntlich zuerst von den Herren Murchison <und Sedgwick als
eine intermediäre Formation zwischen der Kreide- und der Tertiär-
Periode aufgestellt, später aber fast allgemein der ersteren, nämlich
der Kreide-Periode, zugewiesen. Bei Szäszcsor sind diese Gosau-
Petrefacten für die Tertiär-Zeit in Anspruch zu nehmen, und die
Gliederung der siebenbürgischen, auch durch ihren Reichthum an
Steinsalz so merkwürdigen Tertiär - Formation enthält durch sie
erhöhtes Interesse. Andere organische Reste sind mir in der Oläh-
piäner Gegend nicht bekannt geworden. In den Umgebungen von
Hermannstadt bei Szakadat finden sich aber in diesen unteren Ter-
tiär-Schichten Fische und Seetange. Die letzteren sind durch den
verstorbenen Grafen Sternberg, dem ich sie mittheilte, in der
Flora der Vorwelt, irrthümlich als einer früheren geologischen Pe-
riode angehörig, beschrieben worden. Es heisst nämlich da (Band II,
S. 3S) bei Beschreibung von zwei neuen Cystoseirites-Arten:
in formatione inter schistum jurassicum et crefam inter-
posita (dies müsste also die Wealden- oder die Neocomien-BiI-
dung sein) a Partsch Molasse dicta. Die reichen Lager von
Tertiär-Versteinerungen von Ober- und Unter-Festes oder Bujtur,
von Rakosd und anderen Orten der von Olahpian westlich lie-
genden Hunyader Gespannschaft, die mit denen des Wiener Beckens
so viel Analogie zeigen, gehören den oberen Tertiär-Schichten an.
Die Basis der ganzen siebenbürgischen Tertiär-Ablagerung dürften,
neueren Ansichten zu Folge, die Nummuliten-Kalke machen. Diese
treffen an mehreren Stellen des, das siebenbürgische Becken umge-
benden Gebirgsrandes, auf und lose Nummuliten sind zuweilen in
solcher Menge über dem Boden verbreitet, dass sie, wie in Ägypten
und anderen Ländern, zu Volkssagen Veranlassung gaben.

38 Partsch.
Das tertiäre Hügelland von Olähpiän ist mit DiluviaI-Schutt
bedeckt. Diese Bedeckung gewinnt durch den in ihr stattfindenden
Goldseifenbetrieb grösseres Interesse. Sie besteht fast durchgängig
nur aus zwei Gliedern, aus Gerollen (Schotter) und aus Sand, diese
sind aber, wie überall, fast stets mit einander gemengt, und bald dieser
bald jene vorherrschend. Lehm und Mergel machen darin zuweilen
nesterartige Ausscheidungen, bilden aber nur selten schwache
Bänke. Die im Rhein- und Donau-ThaIe so mächtigen Ablagerungen
des Lösses oder Diluvial -Lehms sind weder bei Olähpiän, noch in
anderen Gegenden Siebenbürgens anzutreffen. Ein glimmeriger
Quarzsand von mittelfeinem Korne ist der Hauptbestandtheil des
goldführenden Schuttlandes; in ihm liegen Geschiebe von Hasel-
nussgrösse bis zu einem Durchmesser von 3 bis 4 Fuss und von
mehreren Centnern an Gewicht. Solche grosse Geschiebe sind Jedoch
nicht häufig; die meisten haben Taubenei- oder Faustgrösse. Die
Grosse der 'Geschiebe ist auch nach den Localitäten verschieden.
Die Gebirgsarten und Mineralien, aus welchen sie bestehen, sind
der Mehrzahl nach und mit Hinweglassung der einzeln vorkommenden
Gesteine folgende: Quarz, Gneiss, Glimmerschiefer, Granit, tertiärer
Sandstein und tertiäres Conglomerat, Hornblendegestein, Kiesel-
schiefer, Eisenkiesel, Horn^tein und Jaspis. Der schwer zerstörbare
Quarz bildet fast die Hälfte des Gerölles. Dies deutet darauf hin,
dass das Gold der hiesigen Seifen ursprünglich in diesem so oft als
Gangmasse auftretenden Gesteine enthalten war. Dea Beweis dafür
geben auch die zuweilen vorkommenden grösseren Goldgeschiebe,
die noch Quarz umschliessen und die, wiewohl auch nur selten sich
findenden, mehr oder weniger Gold eingesprengt enthaltenden
Quarzgerölle. Die Gneissgeschiebe machen ungefähr den vierten
Theilder Rollsteineaus. Unter ihnen kommt öfters ein porphyrar-
tiges Gneissgestein mit feingemengter, beinahe dichter Grundmasse
vor, das jedoch nicht mit dem Grünsteinporphyr, der goldführenden
Felsart anderer siebenbürgischen Gegenden, die im wallachischen
Grenzgebirge mangelt, zu verwechseln ist. Der Glimmerschiefer,
der Granit, de? tertiäre Sandstein und die festen tertiären Conglo-
merate, die Homblendegesteine und die oben angeführten unreineren
Abänderungen des Quarzes (Kieselschiefer, Eisenkiesel, Hornstein
und Jaspis) bilden zusammen und ungefähr zu gleichen Theilen
das letzte Viertel der Geschiebe des OlÄhpiäner Schuttlandes. Wir

Über die geogn-ostischen Verhältnisse von Olähpiän, 39
nnen hier auf keine nähere Betrachtung dieser Gesteine eingehen,
müssen aber doch des interessanten Ümstandes gedenken, dass die
Hornsteingeschiebe zuweilen Abdrücke von Planorben und Lymneen
einschliessen und daher von einer zerstörten Süsswasserbildung her-
rühren, Das angegebene Verhältniss der Geschiebe gilt nur von den
Olähpianer Goldwäschen; an benachbarten Orten ist dasselbe etwas
verschieden. Die ihrer Masse nach zusammen nur einen höchst klei-
nen Theil der Gemengtheile dieses Schuttlandes ausmachenden, erst
im Scheidtroge besser zum Vorschein kommenden Mineralien von
weit kleinerem Volum sind: Rutil (die eisenhaltige Varietät, die
Werner davon unter dem Namen Nigrin als eigene Species trennte,
magnetischer oder Titan-Eisensand (der Rom der Wallachen), Gra-
nat, einige nur vereinzelt und in ganz kleinen Körnern oder Kry-
stallen vorkommende Mineralien, die erst einer näheren Untersuchung
bedürfen, endlich das Mineral, das für viele das meiste Interesse
hat, das gediegene Gold. Das Volum dieses Metalls wechselt darin
.von der Grosse eines Staubkornes bis zu der einer Haselnuss, es
erscheint aber gewöhnlich in kleinen Plättchen. Rollstücke von Gold
von l Piset (etwas über \jz Wiener Loth) sind schon sehr selten.
In Sammlungen finden sich als grosse Seltenheiten noch grössere
Goldgeschiebe von Olähpiän; im Hof-Mineralien-Cabinete z. JB. ein
Stück von 3yi6 Loth oder mehr als 15 Ducaten an Gewicht» im
montanistischen Museum eines, das mit dem anhängenden Quarz 44%
Ducaten, wiegt. Ein älterer Schriftsteller, Köleseri (in der
Auraria romanodacica S. 59), spricht von einer Masse auri solidi,
palmae humanae cum digitis figuram aemulantis, pondere unius
librae. Zu verwundern wäre es, wenn man in dem ausgewaschenen
Sande mit dem Golde nicht schon längst auch das noch schwerere Platin,
dessen Anwesenheit im Olähpianer Sande neuerlichst behauptet wor-
den ist, aufgefunden hätte. Dass sich in dem dortigen goldführenden
so vielfach durchwühlten Schuttlande auch Kunstproducte und Kno-
chen von Thieren der Jetztzeit finden, habe ich bereits in meinem
früheren, der Akademie vorgelegten Berichte angeführt.
•Das Diluvialgebilde von Olähpiän bedeckt nicht nur das ter-
tiäre Hügelland', sondern steigt in den südlichen Umgebungen des
Dorfes auch auf die Höhen des ürfelsgebirges, zuweilen bis zu einer
Höhe von 40 Klaftern über der Thalsohle des Olähpianer Baches
hinauf. Die Unterlage machen aber weit vorherrschend die Tertiär-

40 Partsch.
schichten, unter welchen Sandstein- und Mergelbänke vorwalten.
Diese Unterlage ist niemals goldführend. Das darüber gelagerte
Schuttland wechselt von ein paar Schuhen bis zu mehreren Klaftern
Mächtigkeit. Schwache Spuren von Gold zeigt fast die ganze Schutt-
ablagerung; die Mühe des Wasch ens oder des Seifenbetriebes lohnen
aber nur einzelne Theile derselben, die durch gewisse äussere
Merkmahle (rothe Färbung, grösseren Zusammenhang des Sandes
und der Geschiebe u, s. w.) dem Erfahrenen kennbar, darin unre-
gelmässig zerstreute Bänke oder Lager, und Nester oder Putzen bil-
den. Diese werden auf dem Scheidbrete näher untersucht, um darin
vor Allem dem schwarzen titanhältigen Eisensand oder Rom, den die
Goldwäscher die Mutter des Goldes nennen, nachzuspüren. Die
goldreicheren Lager und Nester sind meist nur zwei Fuss mächtig
und erreichen höchstens eine Mächtigkeit von fünf Fuss. Die reich-
sten Lager befinden sich meist unmittelbar ober der tertiären Un-
terlage.
Auf die meisten dieser goldreicheren Lager und Nester wird in
Stollen gebaut, die zuweilen bis 7 Klafter mit geringer Sorgfalt ia
die Schottermasse hineingeführt werden, daher oft einstürzen und
Arbeiter begraben. Der gewonnene Goldschotter wird auf einen
möglichst nahen Ort, wohin das Wasser aus einem mit Regenwasser
gefüllten Teiche geleitet werden kann, in Schiebkarren gefuhrt, und
allda der bekannten in Siebenbürgen pioch sehr wenig rafHnirten Bear-
beitung, zuerst mit Krücken in einem Canale, wodurch die schwe-
reren Theile dem Scheidbrette zugeführt werden, und sodann auf
dem Scheidtroge unterzogen.
Die südliche Gegend von Olahpiän gewährt durch die tiefen
Einschnitte und die unzähligen Wasserrisse, die theils von Regen-
güssen herrühren, theils in Folge der Seifenarbeiten durch das, aus
nstlichen Wasserbehältern in Canälen zugeleitete Wasser ent-
standen sind und zwischen sich verschiedengefärbte Schuttmassen
mit scharfen, abfallenden Kanten, mit Nadeln und Pyramiden zurück-
liessen, ein sonderbares, zerrissenes und zerstörtes Ansehen, zu-
gleich von dem hohen Alter des hiesigen Seifenbetriebes Zeugniss
gebend.
Der goldfilhrende Sand und Schotter soll sich mit abnehmendem
Reichthum noch weiter nach Osten bis in die Gegend von Hermann-
stadt erstrecken, wird aber da nicht abgebaut.

Über die geogn ostischen Verhältnisse von Olahpian. 41
Wir müssen hoch einen Blick auf den Alluvialboden der Gegend
von Olahpian werfen. Die Diluvialablagerung des goldführenden
Sandes und Gerölles fand vor der Thalbildung Statt. Was man daher
in der südlichen Gegend von Olahpian in den Thälern des Ürfelsge-
birges von goldführendem Schotter antrifft, ist aus dem höher lie-
genden Diluvialschuttland durch Wassergüsse herabgeführt worden.
An einigen Stellen, vorzüglich wo Wassergräben in die Thai-Ebene
ausmünden, lohnt sich das Waschen dieses Alluvialschotters mehr
oder weniger reichlich. Unterhalb der tertiären, mit Diluvialschotter
bedeckten Hügel von Olahpian, liegt die ziemlich breite Thai-Ebene
la Gruetze, die gegen die Maros sich noch mehr erweitert. Man
sieht da viele kleine Hügel und Gruben, auch Spuren eines alten
Wassergrabens. Es muss hier in alten Zeiten Gold gewaschen wor-
den sein. Ein auf dieser Thai-Ebene, die ebenfalls dem Alluvialboden
angehört, auf meine Veranlassung unternommener und auf die Tiefe
von 3 Klaftern, 2 t/a Schuh nieder geführter Versuchschacht gab in
den ausgehobenen und Waschproben unterzogenen Sand- und
Schotterlagen so wenig Goldgehalt, dass dieser Boden, abgesehen
von der Schwierigkeit der Wasserzuführung, für ganz unergiebig
erklärt werden musste.
Olahpian ist der Hauptort des Seifenbetriebes, der noch 12 be-
nachbarte Ortschaften beschäftiget. Von 632 Goldwäschern, die im
Jahre 1826, in welchem ich Siebenbürgen bereiste, in Olahpian und
in den 12 benachbarten Ortschaften conscribirt waren, befanden sich
277 in dem genannten Dorfe, Die Zahl der Goldwäscher ist aber sehr
veränderlich, da in nassen Jahren der Seifenbetrieb weit schwung-
hafter ist.
Die Seifenwerke von Olahpian gehören zu den ärmsten, den
Betrieb kaum lohnenden. Man gewinnt in nassen Jahren (trockene
sind des dortigen Wassermangels wegen der Ausbeute noch ungün-
stiger) höchstens SOO bis 700 Piset Gold, oder, da fast 54 Piset
(genauer 53i7/^ Piset) einer Wiener Mark gleich sind, 9 bis 13
Mark Goldes. Eine sehr unbedeutende Ausbeute, vorzüglich im Ver-
gleiche mit der jetzigen Goldgewinnung am Ural und am Altai, wo
in einzelnen Gegenden, etwa von der Ausdehnung, wie jene von
Olahpian, oft mehrere Pude Goldes (das Pud oder 40 russische
Pfunde gleich 29% Wiener Pfund) liefern. Auch sind es meist nur
arme Leute, gewöhnlich Zigeuner oder sogenannte Neubauern, welche

43 Parts eh.
gegen die geringen Vortheile, die ihnen die Conscription als Gold-
wäscher sichert, worunter die Befreiung vom Militärdienste für sie
die wichtigste ist, der Goldwäscherei sowohl in den Seifen von
Olähpiän, als in den goldreichen Flüssen Siebenbürgens, namentlich
der Aranyos und Märos, obliegen. Dies ist in den Olähpiäner Gold-
seifen vorzüglich in nassen Jahren, wenn zugleich Missernten ein-
treten, der Fall. So wurde in dem regenreichen Hungerjahre 1816
ausnahmsweise die für die dortige Gegend ungewöhlich grosse Menge
von 1300 Piset oder 24 Mark Goldes gewonnen.
Bei der Reise, die ich im Auftrage der k. k. Hofkammer im
nz- und Bergwesen zur geognostischen Erforschung Siebenbürgens
unternahm, war es eine der speciellen Aufgaben, die ich mir stellte,
die Goldseifen von Olähpiän, nach der kurz vorher gemachten Ent-
deckung der sibirischen, einer genauen Untersuchung zu unterziehen.
Man meinte, es liessen sich da ähnliche reiche Lagerstätten auffinden.
Ich habe es damals an Ort und Stelle nicht an Bemühungen fehlen,
und auch an Plätzen, die zu jener Zeit nicht im Betrieb standen,
Abbauversuche und Waschproben vornehmen lassen. Das Resultat
war aber überall dasselbe, nämlich: dass die Lagerstätte von Olähpiän
eine sehr arme, yon den sibirischen sowohl an Reichthum als auch
in geologischer Beziehung verschiedene sei und dass dem lebhafteren
Betrieb der siebenbürgischen Goldseife $owohl Wassermangel, als
auch die, Wasserleitungen erschwerende -Situation Hindernisse in
den Weg legen.
Zum Schlüsse wollen wir nach den Nachrichten von E r man
in dem Archive für wissenschaftliche Kunde von Russland (Band 2,
Seite S22 u. s. f.) einen kurzen Blick auf die geognostischen Ver-
hältnisse des Waschgoldes in Sibirien werfen, um diese mit denen
von Olähpiän» die wir nun kennen, vergleichen zu können.
In Sibirien, namentlich am Ural, sind die Schuttlager ebenfalls
nur stellenweise goldhaltig. Eine solche goldhaltige Stelle oder Seife
ist selten über 2000 Fuss lang und 70 Fuss breit, oft aber auch nur
70 Fuss lang und 14 Fuss breit. Man findet gewöhnlich mehrere von
ihnen gruppenweise beisammen.
Die Geburtsorte des üralischen Schuttgoldes sind dicht an dem
Fundorte zu suchen, und meist durch Zertrümmerung des ehemaligen
Ausgehenden entstanden, da die Gesteinstrümmer immer von Felsen,
die in der Nähe anstehen, stammen. Die Vertheilung des Goldschuttes

Über die geognostischen Verhältnisse von Olahpiän. 43
ist nahe dieselbe, wie die der ursprünglichen Lagerstätte, und diese
ist vorzugsweise zertrümmert worden, weil sie der ursprünglichen
Erdoberfläche sehr nahe war.
Die Hauptmasse des Urals besteht aus metamorphischen Schie-
fern, vorherrschend Chlorit- und Talkschiefer, die aber stellenweise
durch versteinerungsleeren Thonschiefer und auch, wiewohl seltener,
durch Glimmerschiefer ersetzt sind. Diese ürfelsschiefer werden
von eruptiven oder massigen Gesteinen, Granit, Grünstein oder
Diorit mit verwandten Augitge steinen (Rose's Uralitporphyr), Ser-
pentin, seltener Euphotid oder Gabbro durchbrochen. Sowohl am
Ural, als in anderen nordasiatischen Goldwäschen, wie auch in einem
grossen Theile von Amerika, hat man die Erfahrung gemacht, dass
ein Vorherrschen von Talksilicaten in den Gebirgsarten des Schutt-
landes in letzter Instanz das chemische, und ein Reichthum an
Grünstein oder der damit verwandten Augitgesteine das geognostische
Kennzeichen, den unterscheidenden Charakter für die Gebirge mit
Goldschutt ausmacht. Auch Serpentin, ebenfalls ein Talksilicat, den
einige für eine den uralischen Dioriten oder Grünsteinen gleichzeitige
Bildung halten, und der am Ural in einer merkwürdigen, mit dem
Chloritschiefer gleichmässigen Lagerung auftritt, ist häullg in der
Nähe, und auch im goldführenden Detritus selbst zu finden.
Die Goldgewinnung in Sibirien betrug im Jahre 1842 nach
Erman (Archiv, Band 4, S. 372) 971 Pud, oder das Pud zu 20 %
Wiener Pfund gerechnet, 86.6023/5 Wiener Mark.—Im Jahro 184K
stieg sie auf 1371 Pud (Erman s Archiv, Band S, S. 728) oder
T^^Oys Mark. Dagegen betrug nach den Tafeln zar Statistik der
österreichischen Monarchie die Goldausbeute m Siebenbürgen, dem
goldreichsten Lande in Europa, im Jahre 1842 auf den Ärarial-
und Privatwerken nicht mehr als 3 S 9 7 Mark.
Professor Schroffer th eilt bei dieser Gelegenheit eine andere
Zuschrift des Herrn Professors Nendtvich mit, worin angezeigt
wird, dass Herr Moll när die Existenz des Platins im Olahpianer
Sande unzweifelhaft nachgewiesen zu haben glaube.

44 Schrötter.
Professor Schrötter hält nun folgenden Vortrag:
Eine der Hauptaufgaben jeder Akademie ist, solche Arbeiten
durch Vereinigung ihrer Kräfte ins Leben zu rufen und möglich
zu machen, die einzelne Gelehrte auszuführen nicht im Stande sind.
Unter diesen Arbeiten wird sie vor allen anderen jene zuerst in
Angriff nehmen müssen, welche Bestimmungen zum Gegenstande
haben, die ihrer Natur nach als Grundlage für weitere Forschungen
dienen. Hiezu gehören ganz vorzüglich dem jetzigen Standpunkte
der Wissenschaft entsprechende richtige Bestimmungen und Ver-
gleichungen des eigenen Masses und Gewichtes mit denen anderer
Länder. Frankreich ist hierin, wie in so vielem Anderen, den übrigen
Nationen vorangegangen; und so viel und so Begründetes man auch
gegen die Wahl der daselbst eingeführten Einheiten einwenden mag:
so bleibt doch die Grundidee, gewisse, mit Genauigkeit
bestimmbare constante Grossen derNatur denMass-
und Gewichts-Systemen zu Grunde zu legen, eine so
schöne, dass sie wohl kaum durch eine bessere ersetzt werden kann,
so wenig als der Meter und Gramm sobald aufhören werden, die in
der Wissenschaft allgemein gebrauchten zu sein.
Alle Akademien Europa's haben ihre Aufgabe in dieser Hinsicht
erkannt, und mit mehr oder weniger Glück gelöst. Es wäre sehr am
unrechten Platze, wenn ich hier die bedeutenden Arbeiten mehrerer
derselben aufzählen wollte; ich begnüge mich nur anzuführen, dass
die letzte, welche von der k. Akademie in Petersburg unter der
Leitung Kupfer^s ausgeführt wurde, wirklich bewunderungswürdig
ist, und wohl nur durch die grossartige Unterstützung möglich wurde,
welche die russische Regierung derselben angedeihen liess, so wie
durch das Talent der Männer, denen sie die Arbeit anvertraute.
Österreich besitzt ausser den schönen Arbeiten von Vega und beson-
ders denen unseres verdienten Collegen Stampfer, keine den
jetzigen Verhältnissen entsprechenden Bestimmungen über Masse und
Gewichte. Dies gilt ganz besonders von den letzteren, wie sehr
deutlich aus der oben erwähnten Arbeit Kupfer^ hervorgeht. Der-
selbe nahm nämlich ausser einer neuen Dichtenbestimmung des
Wassers, auch eine höchst lehrreiche Vergleichung der in vers-chie-
denen Ländern vorhandenen Masse und Gewichte vor. Um sich ein
authentisches Originalgewicht aus Österreich zu verschaffen, wandte
sich derselbe an den russischen Botschafter, Grafen von Tauschet,

Antrag wegen Regulirang von Mafsen und Gewichten. 48
und erhielt einen Gewichtseinsatz aus Messing, verfertigt vom
Mechanikus Huck in Wien, der nicht einmal mit einem ämtlichen
Stempel versehen war. Wenn sich jetzt ein auswärtiger Gelehrter an
die-kais. Akademie in Wien wendete, um durch sie das wahre öster-
reichische Originalpfand zu erhalten, so würde die Akademie kaum
in der Lage sein, diesem Wunsche unmittelbar entsprechen zu können,
sondern müsste erst, wenn sie nicht das Auskunftsmittel des Grafen
Tatischef ergreifen wollte, eben die Untersuchungen beginnen, die
ich in Vorschlag zu bringen im Begriffe stehe.
Ein anderer Übelstand liegt ferner für alle Jene, welche
absolute Bestimmungen zu machen haben, darin, dass selbst die
verschiedenen in Wien befindlichen, Original-Grammgewichte sein-
sollenden mit einander nicht vollkommen übereinstimmen, wie sich
der Antragsteller erst neuerlich zu überzeugen Gelegenheit hatte,
was eine sehr peinliche Unsicherheit zur Folge hat. Nach allem
diesem glaube ich der mathematisch-naturwissenschaftlichen Classe
in Antrag bringen zu dürfen, dass die kais. Akademie in Wien sich
vorläufig an die k. Akademie in Paris um ein Originalmafs und ein
Originalgewicht wende, und zwar wäre letzteres nach demselben
Originale zu nehmen, dessen sich Dumas und Regnault bei ihren
letzten grossen Arbeiten bedienten; dass die Akademie ferner eine
Commission aus ihrer Mitte zusammensetze, welche zuerst ihr Pro-
gramm zu entwerfen, und dann der mathematisch-naturwissenschaft-
lichen Classe vorzulegen hatte. Erst wenn diese dasselbe genehmigt
und die Akademie die nöthigen Mittel bewilligt hat, wäre zu den
eigentlichen Arbeiten zu schreiten.
Der Antrag wird genehmigt und die Commission aus den Herren
Prechtl, Stampfer und Schroffer gebildet.
Das wirkliche Mitglied, Professor Dr. Redtenbacher zu
Prag, ersucht in einem an die Akademie gerichteten Schreiben um
Bewilligung von 400 Gulden zum Ankaufe von Material zu Arbeiten
über organische Alkaloide der Solaneen.
Die Classe beschliesst, dieses Ansuchen bei der Gesammt-Aka-
demie zu unterstützen, welches auch von derselben genehmigt worden ist.

Aß ' S eh r ötter, Bericht.
SITZUNG VOM 13. JÄNNER 1848.
Herr Professor Schrötter erstattet im Namen der in der
vorhergehenden Sitzung aufgestellten Commission folgenden Bericht:
Die Commission, welche in Folge des in der Sitzung vom
8. Jänner d. J. gestellten Antrages zusammengesetzt wurde,-um in
reifliche Überlegung zu ziehen, welche Normalmasse und Gewichte
vorläufig von der kaiserlichen Akademie verschrieben werden sollen,
hält die folgenden für nothwendig:
1. Einen Normalmeter von Stahl, ein halbes Kilogramm aus
Platin, und einen Gewichtseinsatz von Messing von l Kilogramm,
mit den Unterabtheilungen bis zu l Milligramm. Die Commission hält
es für besonders wünschenswerth, dass namentlich die Gewichte mit
denen genau verglichen werden, welche die Herren Dumas und
Regnault bei ihren letzten wichtigen Arbeiten benützt hatten.
2. Da der durch seine Genauigkeit bekannte Akademiker Herr
Steinheil sich längere Zeit in Paris aufgehalten hat, um eine
umfassende Untersuchung der dort befindlichen Originalmasse und
Gewichte, so wie eine Copie derselben zu bewerkstelligen, so hält
es die Commission für nothwendig, dass die Akademie auch von die-
sem Gelehrten folgende Gegenstände kommen lasse;
a) Eine Copie des Platin Metre primitive aus Glas, welche in
dem Preisverzeichnisse, das Professor Steinheil in Nr. 609 der
astronomischen Nachrichten einrücken liess , mit Nr. 22 be-
zeichnet ist und 200 fl. Rhn. kostet; die Genauigkeit desselben
ist bis auf ± 0,001 Millimeter verbürgt; und
b) das in demselben Verzeichnisse mit Nr. 29 bezeichnete Kilo-
gramm aus Messing vergoldet zu 100 fl. bis auf ±0,1 Milli-
gramm verbürgt.
Die Classe genehmiget diesen Bericht. Die beantragten Ausga-
ben wurden später von der Akademie bewilliget.

Hyrtl. Abhandlungen. Parts ch über Meteoreisen. 47
Herr Professor Dr. Hyrtl legt der Classe eine druckfertige
Abhandlung über drei verschiedene Gegenstände vor. Der erste ist
ein neuer Muskel des Gehörorgans bei Phoca mtulina, Er entspringt
an der inneren Wand der Trommelhöhle und befestigt sich unter der
Gelenkfläche des Ambosses. Seine Wirkung besteht darin, den Steig-
bügel durch den Ambos stärker in das ovale Fenster zu drücken, und
durch Druck auf die Perilympha des Labyrinths die membrana tym»
pani secundaria nach aussen zu drängen.
Den zweiten und dritten Gegenstand bilden Zusätze und Berich-
tigungen über die Trommelhöhle und die Gehörknöchelchen seltener
Säugethiere aus der Ordnung der Marsupialien: Phascolomys, Pera-
meles, Phalangista, und die Beobachtung eines grossen herzförmigen
Sesambeines im Musculus stapedius des Wombat.
Herr Custos P arisch berichtet über das bei Seeläsgen, un-
weit Frankfurt an der Oder, gefundene Meteoreisen:
Die mathematisch-naturwissenschaftliche Classe hat mir in der
Sitzung vom 23. December v. J. ein kleines Stückchen Metcoreiscn
übergeben, um dasselbe der Meteoriten-Sammlung des k. k. Hof-
Mineralien-Cabinetes einzuverleiben. Es wurde auf Veranlassung
unseres verehrten Mitgliedes, -Herrn Bergralhes II cU ding er, von
Professor Goppert in Breslau an die Akademie eingesendet und
stammt von einer fast zwei Centner schweren ELscnmasse, die bei
Seeläsgen, einem Dorfe in der Provinz Brandenburg*, Frankfurter
Regierungsbezirk , Kreis Schwiebus, gefunden und von da nach
Breslau gebracht worden ist. Professor Düflos daselbst hat in die-
ser Masse nebst dem Eisen: Nickel, Kobalt, Phosphor u. s. w. ge-
funden und dadurch ihren meteorischen Ursprung, den schon das
Äussere der Masse vernmthen liess, festgestellt.
Die letzteren Nachrichten sind der Breslauer Zeitung vom
9. December v. Jahres entnommen und gingen aus dieser in die
Wiener Zeitung und in die österreichischen Blätter für Literatur,
Kunst u. s. w. über.
Die Seeläsgener Eisenmasse ist seitdem um eine ansehnliche
Geldsumme von zwei Privaten angekauft worden und wird gegen-

48 Part s eh. Über das Meteoreisen von Seeläsgen.
wärtig m Breslau zerschnitten. Ein Theil der Fragmente wird Dach
Dresden wandern und dort käuflich ausgeboten werden, ein anderer
soll in feste Hände gekommen sein. Dem kais. Mineralien-Cabinete
sind von Dresden bereits zwei Musterstückchen von diesem Eisen
zugekommen, die ich der Akademie zur Ansicht vorlege. An dem
einen wurden hier vier Schnittflächen polirt und sodann mit Salpe-
tersäure geätzt, von dem anderen ein kleines Stückchen abgesägt,
um das specifische Gewicht zu bestimmen. Auch der kleine von
der Akademie erhaltene Abschnitt wurde polirt und geäzt, und
liegt ebenfalls zur Ansicht vor.
Durch die eben genannte Behandlung (Poliren und Ätzen.)
kann bekanntlich die innere Beschaffenheit der Meteor-Eisenmassen
aufgeschlossen werden. Es ist dadurch bei den bisher bekannt ge-
wordenen Eisenmassen eine nicht geahnte Verschiedenheit an Tag
gekommen. Herr von Widmannstätten hat das Verdienst, die
Entdeckung jener merkwürdigen Figuren an, durch Hitze angelau-
fenen oder mit Säuren behandelten Meteoreisen gemacht zu haben,
die man ihm zu Ehren Widmannstättische Figuren nennt. Hofrath
von Schreibers hat in den Beiträgen zur Geschichte und Kennt-
niss meteorischer Stein- und Metallmassen die Natur derselben ge-
nauer erörtert und auch zuerst unmittelbare Abdrücke von geätzten
Flächen einiger Arten von Meteoreisen geliefert. In der Schrift:
„Die Meteoriten oder vom Himmel gefallenen Steine und Eisen-
massen im k. k. Hof-Mineralien-Cabinete zu Wien," habe ich die
innere Beschaffenheit aller in unserer Meteoriten-Sammlung befind-
lichen, auf die verschiedenste Art zu wissenschaftlichen Untersu-
chungen vorgerichteten. Eisenmassen erörtert und dieselbe darnach
in eine systematische Reihe zu bringen gesucht. Wir wollen nun
sehen, wie das meue Seeläsgener Eisen beschaffen ist, und wo wir
dasselbe einzureihen haben werden.
Dieses Meteoreisen gehört zu den derben Eisenmassen von
unbestimmter Form, oder zu jener Abtheilung, in welcher keine
Einmengungen vorkommen, die auf die Gestalt des Eisens Einfluss
ausüben können, wie dies zum Beispiel bei dem Palass^schen oder
sibirischen Meteoreisen der Fall ist, bei welchem der eingemengte
Olivin die ästige oder schwammartige Gestalt des Eisens, wenn er
aus der Masse heraus gefallen ist, bestimmt. Von fremdartiger
Einmengung ist in den, uns zur Ansicht vorgelegten drei kleinen

Parts eh. Über das Meteoreisen von Seelfsgen. 49
Eisenstücken von Seeläsgen nur Schwefelkies oder Schwefeleisen,
und zwar die in Säuren nicht lösliche Art enthalten. Dieser Schwe-
felkies ist in &ehr kleinen Pünktchen durch die ganze Masse zer-
streut, aber auch in kurzen Linien vereinigt, die in verschiedenen
Richtungen durch das Eisen ziehen. Die Ätzung hat an diesem
Eisen keine Widmannstättischen Figuren zum Vorschein gebracht.
Nach den verschiedenen Richtungen der Schnittflächen erscheint
auf diesen entweder -nur eine rauhe, körnige Oberfläche, oder es
durchziehen diese (abgesehen von den erwähnten Schwefelkies-
Linien) sehr feine und undeutliche, schwach eingeschnittene Linien,
die sich zuweilen berühren und schneiden. In dieser Beziehung
ist das Seeläsgener Eisen den Meteor-Eisenmassen von Tucuman
in der Argentinischen oder La PIata- Republik und denen vom Senegal
verwandt, noch verwandter aber dem im Monate Juli 1847 bei
Braunau in Böhmen gefallenen Meteoreisen, von welchem der Classe
ein kleines geätztes Stückchen, an welchem ebenfalls verschiedene
Richtungen in den vertieften Linien der zwei Schnittflächen wahr-
zunehmen sind, zur Ansicht und Vergleichung vorgelegt wird.
Der Bruch ist an dem Seeläsgener Eisen, wenigstens in den
zu unserer Kenntniss gelangten Proben, uneben und nicht so
ausgezeichnet blättrig, wie an dem Braunauer Eisen. Das speci-
fische Gewicht ist bei 13° R. 7-S9, die Härte 4-0 (also unge-
wöhnlich gering).
Eine merkwürdige Eigenthümlichkeit des Seeläsgener Meteor-
eisens wird mir aus Dresden durch Herrn Bondi, Eigenthümer
eines Theiles der Masse, nach Nachrichten, die ihm von Breslau
von einem Augenzeugen bei Durchsägung derselben zukamen,
berichtet. Diese wird nämlich von verschiedenartigen, den Zusam-
menhang der Masse jedoch durchaus nicht gefährdenden Rissen
oder Spalten durchzogen, welche sich öfters erweitern und eine
Zelle abzeichnen oder auch wieder verengen. Diese Risse oder
Spalten sind nicht Folge einer Zerklüftung, die von Verwitterung,
wie beim Arvaer Meteoreisen herrühren, sondern ursprüngliche
Gänge und öfters mit einer noch zu untersuchenden schwärz-
lichen Substanz erfüllt. Diese Substanz schliesst zuweilen kleine,
isolirte Partien oder Inselchen voa Eisea ein. Wie es scheint,
sind von der Binde aus, iß welche, and autbin an die ursprüng-
liche OberiäeJte der Masse, die Gänge ausmünden, eine Veräa-
Sitzl>< d. iaatlM?H»,-aat(rw. CL I. Bd. ^

§0 Partsch. Über das Meteorelsen von Seeläsgen.
derung der schwarzen, die Spalten oder Gänge ausfüllenden Sub-
stanz vorgegangen, die in ein braunes Eisenoxyd-Hydrat um-
geändert worden ist.
Eine andere Merkwürdigkeit dieses Eisens besteht darin, dass
von der Oberfläche der Eisenmasse innerhalb dieser Gangspalten
Zacken oder zähnige Gestalten von Eisen aus der Masse hervor-
treten, die das braune Eisenoxydhydrat umhüllt. Dies ist noch bei
keiner anderen meteorischen Eisenmasse wahrgenommen worden.
Eines von den zwei, von Herrn Bondi mir eingesendeten und der
Akademie vorliegenden Stückchen, zeigt die braune Oberfläche
einer Gangkluft und einen daraus sich erhebenden kleinen Zacken
ziemlich deutlich. Derlei Zacken, oder um in der mineralogischen
Terminologie zu sprechen, derlei zähnliche und drathförmige,
nachahmende Gestalten, durch reihenförmige Zusammenhäufung von
Krystallen, die sich gegenseitig berührten und in der Ausbildung
hinderten, entstanden, mögen in diesem interessanten Eisen wohl
noch weit ausgezeichneter vorkommen.
Zur Geschichte des brandenburgischen Meteoreisens diene
noch folgende mir ebenfalls von Herrn Bondi mitgetheilte Notiz.
Die Masse wurde vor mehreren Jahren in der Nähe des Dorfes
Seeläsgen auf einer Wiese, beim Ziehen eines Grabens, 7 Ellen
tief unter der Oberfläche des Bodens gefunden. Der Eigenthümer
des Grundes verkaufte sie an einen Eisentrödler in dem benach-
barten Städtchen Zülliehau, bei dem sie einige Jahre verblieb, bis
ein Breslauer Mechaniker, durch die bei Braunau in Böhmen nieder-
gefallene Eisenmasse aufmerksam gemacht, sie kürzlich ins Auge
fasste und an sich brachte.
Wie viele solche, entweder in vorhistorischer oder in einer
Zeit, als die Erde noch wenig bevölkert war, gefallene Eisenmassen
mag die Oberfläche der Erdrinde nicht noch einschliessen! Dieser
merkwürdige Fund erinnert an die vielen Meteor-Eisenmassen, die
man in den letzten Jahren, als sich die Aufmerksamkeit mehr auf
solche Gegenstände richtete, bei Urbarmachung bis dahin wüst ge-
legener Landstriche in den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika
aufgefunden hat. Es sind ihrer allda in wenigen Jahren, vorzüglich
durch die Bemühungen der Herren Troost und Shepard 18 bis 20
bekannt geworden, unter welchen aber etwa 2 oder 3 Kunstpro-
ducte sein dürften.

81
SITZUNG VOM 10. FEBRUAR 1848.
-Uer Präsident der Classe, Herr Hofrath Baumgartner, richtete
an die bei dieser Sitzung zum ersten Male anwesenden neugewählten
wirklichen Mitglieder, die Herren K oll a r, Burg und Fenzi,
dann an die correspondirenden Mitglieder, Herren v. Hauslab,
Ritter v. Hauer, Heckel, Hessler und L. Redtenbacher,
einige begrüssende Worte, in welchen er sie aufforderte, ihre
wissenschaftlichen Kräfte den Zwecken der Akademie zuwenden
zu wollen.
Herr Bergrath Haidinger gab den Abriss eines Aufsatzes:
über die Metamorphose der Gebirgsarten, den er nach
einem etwas grösseren Plane schon vor einiger Zeit begonnen hatte,
aber duren mancherlei Zwischenfölle zu vollenden verhindert war.
Er sollte eine Dwehfuhraog der Studien an Pseudomorphosen
im Vergleiche mit den der metamorphlsehen Gesteioschichten
sein. An das Einzelne sollten sich Schlüsse anreihen lassen. Aber
während die einzelnen Fälle gesammelt' wurden, zeigte sich eine
einleitende Betrachtung nothwendig, um den Standpunkt genauer
zu bezeichnen, von dem man ausgehen soll. Diese allein ist es,
welche hier in den allgemeinsten Zügen gegeben wurde.
Bergrath Haidinger bemerkte, dass es nun bald nicht mehr
gestattet sein dürfte, über Metamorphismus im Allgemeinen eine
abgerissene Mittheilung zu machen, ohne, wie auch er es beab-
sichtigt, eine Reihe von Thatsachen daran zu knüpfen; so allge-
mein ist die Lehre schon verbreitet, so wichtige Arbeiten wurden
von den trefflichsten Geologen geliefert, einem Mac Culloch,
^

52 Haidinger. Metamorphose
Boue, L. v. Buch, Elie de Beaumont und Dufrenoy,
Lyell, Keilhau, Studer, Fournet, A. Escher, Hoffmann,
Forchhammer, Virlet, de Boucheporn, Durocher,
Bunsen und Anderen. Indessen fehle nach seiner Ansicht gerade
ein wichtiger Punkt in den bisherigen Betrachtungen, den jener
Aufsatz hätte ausfüllen sollen, nämlich das in Übereinstimmungbrin-
gen der eigentlich geologischen und der mineralogischen
Studien. In dem Studium der Sprache der Natur beginnt dieses mit
dem Kennenlernen der Buchstaben, jenes mit dem Durchblättern
eines in fremder Sprache geschriebenen Buches. So wie die oben
genannten Geologen bereits manche schöne Fragmente in der Ge-
schichte der Bildung unseres Erdkörpers enträthselt, seien auch die
mineralogischen Studien nicht vernachlässiget worden, wie die Ar-
beiten von Blum, Mitscherlich, Gustav Rose, Breithaupt,
Marx, Zippe, Dana, Forchhammer, Landgrebe u. s. w.,
beweisen. Er selbst habe stets den Gegenstand mit vielem Antheile
betrachtet, es sei jetzt wieder ein Abschluss nöthig, und er glaube
auch das Wenige nicht mehr zurückhalten zu dürfen, was er zu
diesem Zwecke beitragen könne, mit dem alleinigen Wunsche, den
jüngeren Kräften nicht im Wege zu stehen, wenn sie abwarten,
aber auch nicht thatlos von denselben überholt und zurückgelassen
zu werden.
Die Metamorphose des Felsdolomites wurde von geologischer
Seite als eine Thatsache vorausgesetzt; die Pseudomorphose von
Dolomit nach Kalkspath wurde von mineralogischer unwiderleglich
bewiesen1). Als Verbindung steht der durch Herrn von Morlot
ausgeführte Versuch da, Dolomit und Gyps durch gegenseitige Zer-
setzung von Kalkspath und Bittersalz darzustellena).
Bei den Studien der einzelnen Fälle der Gebirgs-Metamor-
phose, sollten folgende Punkte immer möglichst berücksichtigt
werden:
l. Angabe eines dem gegebenen entsprechenden Falles einer
bekannten Krystall-Pseudomorphose.
1) W. Hai ding er. Transaciions of ihe Royal Society o f Edinburgh, for
1827, u. a.
2) Naturwissenschaftliche Abbandlungen gesammelt und durch Subscription
herausgegeben von W. Haldiuger I. S. 305.

der Gebirgsarten. 53
2. Nebst der bisher gebräuchlichen Darstellung der in der
KrystalI-Pseudomorphose stattfindenden chemischen Unterschiede,
noch die Theorie des Vorganges bei dieser Veränderung durch ein
genügendes chemisches Agens.
3. Beziehung des letzteren Vorganges auf die metamorphosirte
Gebirgsart.
4. Erläuterung durch einen Versuch, wo es möglich ist.
Das Wort Metamorphose bedarf hier weniger einer Defi-
nition, als die verschiedenen Ausdrücke, welche innerhalb derselben
gebraucht wurden. Unmittelbar auf den chemischen Act des Vor-
ganges, ob dieser in oxydirender oder reducirender, elektronegati-
ver oder elektropositiver Richtung vorgehe, den Veränderungen am
Zinkpole, der Anode, oder am Kupferpole, der Kathode entsprechend,
beziehen sich die von Haiditiger vorgeschlagenen Ausdrücke
a n o gen und k a logen 1). Sie bezeichnen zugleich die geologi-
sche Stellung des in der Veränderung begriffenen Krystalles, ob
dieser mit sammt der umgebenden Masse hinaufgehoben oder hinab-
gedrückt sei. Herrn von Humboldts Ausdrücke: endogen und
exogen 2) geben den Gegensatz der eruptiven, und der sedimentär
gebildeten Gesteine. Sie beziehen sich auf diejenige Periode in der
Bildung der Gebirgsarten, von welcher an erst die Anogenie oder
Katogenie beginnt. LyelPs Ausdruck: hypogen stimmt mehr mit
dem von H u mboldf sehen endogen überein, doch in ausgedehnte-
rem Sinne, indem er auch das Metamorphische begreift.
Der Vorgang bei der Bildung von Krystall-Pseudomorphosen
muss dem bei der Metamorphose als Vergleichung dienen. Er setzt
einen Strom von soleher Beschaffenheit voraus, dass er gerade die
Erscheinung erklärt.
Dies fuhrt auf die nähere Betrachtung der überall vorhandenen
Gebirgsfeuchtigkeit, welche alle Gesteine durchdringt. Es
werden sowohl die wässerigen Auflösungen unter diesem Abschnitte
betrachtet, als auch diejenigen Flüssigkeiten, welche durch begin-
nende oder noch vorhandene Erweichung und Schmelzung der
wasserlosen Mineralspecies selbst entstehen,
A) Abhandlungen der k. bohm. Gesellschaft der Wissenschaften V. Folge, Bd. 3.
2) Kosmos I. p. 47$,

g A; Haidinger. Metamorphose
Die Gebirgsfeuchtigkeit ist in den Gesteinen in beständiger Be-
wegung, aber in einer sehr allmählichen. Ja sie kann oft als nahezu
unbeweglich angenommen werden, während die in derselben gelös-
ten Bestandtheile ihren Ort verändern, und der Wirkung chemischer
Kräfte freigegeben sind. Die Gebirgsfeuchtigkeit füllt alle zufällig
in den Gesteinen enthaltenen Hohlräume aus. Blasenräume geschmol-
zener Massen, Klüfte, Spalten u. s. w. In diesen werden aufgelöste
Körper leicht abgesetzt. Sie sind durch die Wände in die Räume wie
durch ein Filtrum gedrungen; sie sind buchstäblich infiltrirt,
Die Materie kommt nicht durch einen einzelnen Punkt oder Canal
ursprünglich in den Raum, sei es BIasenraum, Gesteindruse oder
Gang, daher auch dieser Vorgang, ganz analog dem Durchdringen
der Flüssigkeiten durch die Poren des Filtrums, nicht dem Eintropfen
in ein Gefäss entspricht. L. v. Buch hat längst die Analogie der
Ausfüllung von Blasenräurnen und Gängen ausgesprochen. Auch
Nöggerath hat in der neuesten Zeit viel Wichtiges über die
Bildung der Achatkugeln mitgetheilt.
Bei den Kugeln kann man grösstentheils den chemischen Bestand
aus dem Nebengestein erklären, bei den Gängen gellt dies nicht
so leicht. Aber ihrer grösseren Ausdehnung wegen, hat man da auch,
wie Cotta sehr richtig bemerkt „einen viel grösseren Spielraum
für Translocationen."
Die Gebirgsfeuchtigkeit verbindet die mit derselben in unmittel-
barer Berührung stehenden Extreme, auf einer Seite die grossen.
Wasseransammlungen der Erdoberfläche, auf der ändern die unbe-
kannte Tiefe, jene befinden sich in einem anogenen, diese in einem
katogenen Zustande, ein Gegensatz, der sich in der chemischen
Beschaffenheit der atmosphärischen Niederschläge und Oberflächen-
wasser gegenüber der aus grossen Tiefen heraufdringenden Quell-
wasser erkennen lässt
Die Gebirgsfeuchtigkeit, sei sie wässeriger, sei sie durch
anfangende Schmelzung bedingt, feurig-flüssiger Natur, befindet
sich immer in dem Zustande der Amorphie. Corpora non agunt
nisi sint amorpha, Treffend sagt Fuchs: Dem krystallini-
schen Zustande muss immer der amorphe voraus-
gehen i). Aber das Amorphe ist in der That noch ein dem flüssigen
l) Über die Theorie der Erde, den Amorphismus fester Körper, u. s. w.

der Gebirgsarten. 55
analoger Zustand. Man hat z. B. dieselbe chemische Mischung in den
drei verschiedenen Formen des Erscheinens, als Granat, als Vesu-
vian, als Glas. Magnus, Mitscherlich, Deville, Gustav
Rose haben in Bezug auf diese und andere Mischungen manche
werthvolle Arbeit geliefert.
Wenn ein Individuum einer Species zerstört, ein Individuum
einer neuen gebildet wird, muss nothwendig ein amorpher Zustand
dazwischen liegen. Die allerallgemeinsten Beziehungen in der Bil-
dung von Individuen neuer Species, sind die Oxydation
und die Reduction. Nach diesen sind die Pseudomorphosen in ano-
gene und katogene zu unterscheiden. Es verdient bemerkt zu werden
dass, während bekanntlich in der elektro-chemischen Spannungsreihe
Oxygen und Kalium die Endpunkte sind, und während das Oxygen
sich vornehmlich an der Erdoberfläche findet, das Kalium, wenn auch
oxydirt als Kali, manchen Schichten in der Tiefe neu zugeführt wird.
Für die Bildung der Individuen jeder Species gibt es gewisse
vorzüglich günstige Umstände, die noch ein recht genaues Studium
verdienen. Ruhe und ein langer, andauernder Fortschritt in elektro-
positiver oder katogener Richtung, ist dabei unerlässlich.
Entgegengesetztes findet an der Oberfläche und in der Tiefe
Statt. Es muss einen Punkt geben, ein Niveau, einen Horizont, wo
sich die entgegengesetzten Wirkungen berühren. Die steigende
Erwärmung gegen das Innere zu, erreicht in gewissen Tiefen den
Schmelzpunkt des Chlornatriums, in ändern den Schmelzpunkt der
Schwefelmetalle, in ändern den Schmelzpunkt der ganzen Masse.
Für die Bezeichnung der Gegend, wo diese und andere verschiedene
Wirkungen eintreten, schlägt Bergrath H a i dinge r den Namen
eines R e actions-Horizontes vor, um sie Herrn von Humboldts
Ausdrucke anzuschmiegen, der die mannigfaltigen dahin gehörigen
Erscheinungen „Thermalquellen, Ausströmung von Kohlensäure
und Schwefeldämpfen, harmlose Salsen, Schlammausbrüche und die
furchtbaren Verheerungen feuerspeiender Berge — aneinander gereiht
zusammenschmilzt^ in einem grossen Naturbilde, dem Begriff der
„Reaction des Innern eines Planeten gegen seine Rinde
und Oberfläche."
Herr Bergrath Haidtnger verfolgte nun die Verhältnisse, welche
bei dem Beaetions - Horizont für das Eisenoxyd stattfinden. An
der Erdoberfläche unter dem Einflüsse der Atmosphäre wird nur

g g Haidioger. Metamorphose
Eisenoxydhydrat, selbst oft in Verbindung mit organischen Säuren,
gebildet. Unter dem Einflusse von Wasser, Pressung und Ausschluss
der oxydirenden, atmosphärischen Einflüsse bilden sich in den Schich-
ten anstatt der
ursprünglichen, folgende Körper:
Eisenoxydhydrat Eisenoxydul,
Organische Reste \ Kohlensaure Salze,
Schwefelsaure Salze Schwefelkies;
Forchhammer hat die schwefelsauren Alkalien in den fucusartigen
Pflanzen der heutigen Meere nachgewiesen. Der Einfluss ähnlicher
organischer Körper auf die Bildung des Schwefelkieses der skandina-
vischen Alaunschiefer wird dadurch unzweifelhaft.
Aber diese Veränderung erheischt noch keine bedeutend erhöhte
Temperatur, wenn auch die allmählich steigende günstig auf den
Vorgang einwirken kann. Man trifft immer dabei noch auf keinen
rothen Thon, keinen reihen Schiefer, keinen rothen Sandstein — von
reihen Porphyren oder Graniten nicht zu sprechen. Nur trockenes,
wasserloses Eisenoxyd bringt diese Färbung hervor, und zwar
im oder unter dem Reactionshorizonte für das Eisenoxyd. Dann wer-
den Eisen oxydhydrat. Eisenoxydulhydrat, Spatheisenstein, Schwefel-
kies, je nach den eigenthümlichen Verhältnissen ihres Zusammen-
vorkommens mit anderen Mineralien zerlegt, ein Tlieil des Oxygens
zur Bildung von Eisenoxyd verwendet, ein anderer geht mit Hydro-
gen als Wasser fort, oder es bilden sich durch die Verbrennung und
Reduction schweflige Säure, Schwefelwasserstoff und Kohlenwasser-
stoff. — Die gleichzeitige Bildung von schwefliger Säure und Schwe-
felwasserstoff hat kürzlich Bunsen am Hekla sowohl in der Natur
beobachtet, als auch der Erklärung vieler Erscheinungen in dem
vulcanischen Haushalte der Natur zum Grunde gelegt. Man darf
sie wohl in allen Tiefen vor sich gehend annehmen, wo sich die Ver-
änderung des Zustandes der Gebirgsschichten durch sie erklären lässt.
Der Reactionshorizont für das Eisenoxyd ist die untere Grenze
des Bestehens von Eisenoxydhydrat, und überhaupt so ziemlich die
Grenze für die Wasserhaltigkeit der Gesteine, oder ein R e a c t i o n s-
horizont für das Minimum des Wassers. Aber da von oben
nieder der Druck des Wassers immer zunimmt, so muss es zwischen
der Oberfläche und jenem auch einen Reactionshorizont für das
Maximum des Wassers geben, eine Gegend, in der das Wasser

der Gebirgsarten. 57
von oben nieder und von unten hinauf gleichförmig in die Gesteine
eingepresst wird. Hier ist wohl der geologische Ort für die
Erzeugung solcher Verbindungen, in welchen nach Scheerer drei
Atome Wasser ein Atom Talkerde in fester chemischer Verbindung
zu ersetzen im Stande sind, hier der Ort für die Spannung gewisser
Quellen, endlich so mancher wässeriger Eruptionen.
Die Verbindung durch, die Gebirgsfeuchtigkeit geschieht ohne
Zweifel auf den Sandlagern, die sich zwischen Thonschichten finden.
Letztere verhärten zu Mergel, zu Schieferthon, auf ersteren bewegt
sich das Ausgeschiedene, von dem insbesondere die aufgelöste Kiesel-
erde sich mit dem Sande verbindet, und so nach und nach die festen
Sandsteine hervorbringt.
Das Studium der Gesteine theilt sich in das der Verhältnisse
ihrer ursprünglichen Ablagerung und in das der Verän-
derungen, welche sie seitdem erlitten haben, oder ihre Meta-
morphose.
Das erste, nach LyelFschem Princip der Zurückführung auf
bekannte Verhältnisse erscheint in 3 Abtheilungen t):
1. Aus dem flüssigen Zustande fest geworden, und ursprüng-
lich geschmolzen.
2. Aus einem Gemenge mit Wasser abgesetzt, oder im eigentli-
chen Sinne des Wortes sedimentär.
3. Durch organische Processe gebildet, oder ursprünglich
Reste des Pflanzen- und Thierreiches.
Die aus feurigem Flusse abgekühlten Massen sind wieder ent-
weder ,glasig oder steinig. Sie enthalten Bruchstücke anderer
Gesteine, Blasenräume, Krystalle; letzteres ist schon Metarmorphose.
Sedimente aus Wasser sind die Tufe» Breeeien, Conglomerate,
Schutt, Geschiebe, Schotterbänke, Sand, Schlamm; letzterer kie-
sel-oder thon-, oder kalkartig. Die chemischen Kalkniederschläge
reihen sich den letzteren an. Analog den Sedimenten aus Wasser
werden die aus der Atmosphäre betrachtet Die Meteoriten geben durch
ihren oft hoehkrystallißisehea Zustand den Beweis langer Ruhe und
selbststäüdiger Entwiekeluag durch Krystall - Metamorphose. Durch
organisehe Kräfte gebildet geben Torf-, Treibholz, Humus-, nach
F o rehhammer Fucüs-AbIagerungen Veranlassung zur Bildung der
1) Vergl. W. Haidioger's Handbuch der bestimmenden Mineralogie S. 315.

§8 Haidinger. Gebirgs-Metamorphose.
Kohlenschichten. Kiesel-Polygastrier und Kalk-Polythalamier erschei-
nen im Grossen als sedimentäre Schichten, die Korallenriffe, nach
Darwin auf sinkendem Meeresboden aufgebaut, treten bereits aus
der Arbeitsthätigkeit des Thierreiches mit Gesteinfestigkeit, als
Anfangspunkt für Metamorphose in das Reich des Geologen ein.
In den abgelagerten Schichten beginnt nun die eigentliche
Gebirgs-Metamorphose, durch -die Bildung von Krystall-
Individuen. Die Krystallisation ist in der That der Charakter der
Metamorphose. Jedes krystallinische Gestein kann unbedingt als ein
metamorphisches betrachtet werden, denn es war einst nicht, was
es jetzt ist. Man hat von einer ersten Erstarrungskruste i) der
Erde gesprochen, und als solche die krystallinischen Schiefergesteine
betrachtet. Aber selbst angenommen, es habe je eine solche Rinde
gegeben, so muss ihre Beschaffenheit eine andere gewesen sein.
Ein glühender Erdkern konnte eine hohle Wasserkugel entfernt von
sich halten, wie das Beispiel des L eidenfrosf sehen Tropfens,
wenn der Reactions-Horizont für das Minimum des Wassers ausser-
halb desselben füllt. Nähert er sich, so kann sich erst nur Obsidian,
Schlacke, Perlstein, steinige Lava bilden, bevor die Krystallisation,
die eigentliche Metamorphose beginnt. Man kann also selbst dann
^ nur in der Metamorphose eine Erklärung des gegenwärtigen Zustan-
des jener krystallinischen Schiefer finden. Wenn man also auch eine
ursprüngliche Erstarrungskruste annimmt, so bleibt doch nur die
Theorie des Metamorphismus, welche eine genügende Construction
für den Vorgang bei der fortschreitenden Ausbildung zu geben im
Stande ist. l ,
Noch neuerdings hat N au m a n n auf das Vorkommen von Linear-
und Flächen-Parallelstructur auch unzweifelhaft eruptiver Massen
hingewiesen. Sie lassen die Schieferung der Gneisse und Gneiss-
granite nicht als ausschliesslichen Beweis wässeriger, sedimentärer
Bildung annehmen.
Für die Verfolgung der Veränderungen in einzelnen Gestei-
nen sind spätere Mittheilungen bestimmt.
Herr Bergrath Haidinger überreichte für. den Verfasser die
kürzlich vollendete „G eogno s tische Karte der Umgebungen
A) Vergl. Cotta, Grundriss der Oeognosie und Geologie §. 386.

Czjzek. Geognostische Karte der Umgebungen Wien's. SO
Wien^s," von Johann Czjzek, k. k. Montan-Hoftuehhaltungs-
Rechnungs-Officialen, und gab dabei einige Erläuterungen über
die Geschichte ihrer Ausarbeitung und Herausgabe, so wie über die
Einrichtung und den Zweck derselben.
Der höchst thätige und unterrichtete Verfasser war von dem
k. k. Oberst-Jägermeister-Amte beauftragt worden, eine geognostische
Durchforschung ihres Forst-Terrains im Wiener Walde vorzuneh-
men. Als eines der Resultate entwarf er eine geognostische Karte
auf welcher insbesondere die Ausdehnung und die Grenzen, des
Wiener Sandsteines und des Alpenkalkes nebst den verschie-
denen Tertiärschichten genau verzeichnet waren. Bei der Aufsuchung
aller vorräthigen Quellen für die Zusammenstellung der geognostischen
Übersichtskarte der österreichischen Monarchie, wurde Herrn Berg-
rath Haidinger auch ein Exemplar dieser Karte von dem k. k.
Herrn Custos Partsch mitgetheilt. Später übergab Herr Czjzek
selbst ein Exemplar an das k. k. montanistische Museum. Bergrafh
Haidinger freute sich, heute wiederholen zu können, dass er damals
Herrn Czjzek aufgefordert, ja diese Arbeit noch über ein Stück
Land so weit fortzusetzen, dass die Residenz in die Mitte der Karte
zu liegen käme. Es würde dies die Befriedigung eines Bedürfnisses
vorbereiten, die für andere grosse Städte längst vorliege. Obwohl
das Schwierigste, was die grösste körperliche Anstrengung gefor-
dert, die Untersuchung der gebirgigen Theile der Karte bereits
vollendet war, so erforderte es doch eine gute Verwendung der
wenigen, dem Comptabilitäts - Beamten disponiblen Zeit, um den
südlich, nördlich und Östlich gelegenen Theil genau zu begehen.
Am 11. Mai 1846 wurde die Karte im Manuseript vollendet, in einer
Versammlung von Freunden der NaturwisseBsehaften vorgezeigt1).
Aber noch konnte kein sicherer Plan für die Herausgabe, die doch
ein kleines Kapital erforderte, entworfen werden. Die Karte selbst
war mit Veranlassung, nebst anderen um Jene Zeit vorhandenen
Arbeiten, die Subscriptm voa 20 fl. C. M. jährlich zur Herausgabe der
naturwissenschaftlichen Abhandlungen zu eröffnen. Der Aufschwung,
den sie nahm, liess voraussehen, dass es möglich sein würde, durch
sie einen Theü der Kosten zu decken, und Bergrath Haidinger
verabredete mit Herrn Czjzek, dass 200 Exemplare derselben den
±) Berichte. I. Band, Seite 10.

60 Czjzek. Geognostische Karte der Umgebungen Wien^s.
ersten 200 Subscrihenten als Theil ihres Anspruches zukommen
sollten, welches nun in der That im zweiten Subscriptionsjahre
geschieht Bergrath Haidinger vertraute auf die Güte der hoch-
verehrten Classe, dass sie ihm gerne diese Nachweisung seiner
eigenen Betheiligung an dem Fortgange des Werkes zu Gute
halten würde, da nebst dem Genüsse sein eigenes Werk denen zu
zeigen, welche man hochschätzt, der höchste doch derjenige ist,
zu beweisen, dass man auch fremde Arbeiten nach Kräften zu
fördern bereit war.
Herrn Czjzek^s Karte *) ist auf einem einzigen Blatte von
24 Zoll Höhe gegen 32 Zoll Breite in Farbendruck ausgeführt. Die
Grundlage bildet die von A^rtaria herausgegebene topographische
Karte in dem Massstabe von 3 Zoll auf eine Meile, oder von 1/96000
der Natur. Sie umfasst einen Flächenraum von S l Quadratmeilen.
Der Tonplattendruck zeugt von der Vollendung, womit Arbeiten dieser
Art in dem k. k. militärisch-geographischen Institute geleistet
werden.
Die neuesten Fluss-Alluvionen sind auf der Karte weiss gelassen.
Eilt Gestein- und Boden-Abänderungen sind durch gleichförmige
Farbentöne angegeben. Darunter gehören zwei der DiluviaI-Periode,
nämlich l. die Gerolle und 2. derLöss; sieben den Tertiärschichten,
unter den Benennungen von 3. Süsswasserkalk, 4. Schotter- und
Sandlagen, S. Conglomerat, 6. Leithakalk, 7. Sand mit Tegellagen,
8. Sandsteine und Cerithienkalk, 9. Tegel; die noch übrigen zwei
Farben bezeichnen 10. den Alpenkalk, 11. den Wiener Sandstein.
Eigene Zeichen geben noch das Vorkommen von Kalktuf der
Jetztzeit, erratischen Granitblöcken der DiluviaI-Periode, der tertiä-
ren Braunkohlen, so wie der Gypse, Hornstein-Ausscheidungen und
Schwarzkohlenspuren in den älteren secundären Schichten.
Überdies ist eine bedeutende Anzahl von Beobachtungen über
das Streichen und Fallen eingetragen. Sie sind überaus wichtig in
der Beurtheilung der Auflagerungsverhältnisse, die Herr Czjzek
unermüdlich verfolgt hat.
Um die Lagerungsverhältnisse überhaupt mehr anschaulich dar-
zustellen, sind drei Schichtendurchschnitte als Randeinfassungen bei-
A) Vergl. Czjzek in den Berichten. III. üand, Seite 163,

ünger. Landschaftliche Darstellung vorweltlicher Perioden. @1
gegeben, die so zweckmässig gewählt sind, dass der eine die Verhält-
nisse der secundären Gesteine unter einander, ein zweiter die der
secundären und der tertiären, der dritte die Verhältnisse der tertiä-
ren Schichten unter einander deutlich hervorhebt.
In Bezug auf die Auflagerung des Kalksteines auf den Wiener
Sandstein wollte Bergrath Haidinger noch bemerken, dass diejeni-
gen Beobachtungen, auf welche er selbst die Folge der Gesteinfarben
in seiner tabellarischen Aufzählung auf der geognostischen Über-
sichtskarte der österreichischen Monarchie gegründet, vollkommen
mit denen des Herrn Czjzek übereinstimmen, und in dieser Überein-
stimmung eine werthvolle Bestätigung finden.
Es verdient besonders hervorgehoben zu werden, dass auf der
gegenwärtigen Karte des Herrn Czjzek der erste Versuch gemacht
ist, die einzelnen Schichten der Tertiär-, Diluvial- und Alluvial-Ge-
bilde für die Umgebung von Wien nachzuweisen. Nur die Leitha-
kalkvorkommen sind von den übrigen Tertiärgebilden in Herrn
Partsch^s Karte getrennt, was bei dem viel kiemeren Massstabe
l Zoll auf l Va Meile oder 6000 Klaftern, und der ungemeinen Aus-
dehnung dieser letzteren nicht anders thunlich war.
Durch diese speziellen Untersuchungen der Natur des Bodens
in den verschiedenen Tertiär-, Diluvial- und Alluvial-Schichten hat
aber Herr Czj z e k die Anwendbarkeit seiner Arbeit ungemein vermehrt,
indem sich ja auf sie die Benützung derselben in landwirthschaft-
licher Beziehung gründet. Dazu ist aber auch ein so sehr in das Einzelne
gehender Massstab unerlässlich. Die Karte bildet das erste Glied für
viele Arbeiten, die später sich über gleich kenBenswer&e einzelne
Gegenden verbreiten werden» so wie das geologische Stadium des
Landes selbst genauer und allgemeiner verbreitet wirf.
Bergrath Haidinger schloss mit der Bemerkung, dass es ihm
als Zeichen des Zutrauens von Seite des verdienten Verfassers unge-
mein schätzbar gewesen sei, dieses schöne Werk der hochverehrten
mathematiseh-aaturwisseasehaftlieben Classe vorlegen zu können.
Herr Custos P artseh legt im Namen des wirklichen Mitgliedes
der Classe, Professors ünger in Gratz, „Landschaftliche Darstel-
lung vorweltlicher Perioden," mit vorzüglicher Berücksichtigung der

ßg A. v. Ettingshaus en.
Flora der Vorwelt in zwölf, von Professor ünger unter Mitwirkung
des Künstlers Kuwassegin Sepia ausgeführten Blättern vor.
Professor v. Ettingshausen überreicht eine Abhandlung
über die Differential-Gleichungen der Lichtschwingungen, und hält
zur Darlegung ihres Inhaltes folgenden Vortrag:
Der Aufsatz, den ich hier der Classe vorlege, ist als der erste
Theil einer Arbeit anzusehen, welche ich über verschiedene Punkte
der ündulationstheorie des Lichtes unternommen habe, und womit ich
noch gegenwärtig beschäftiget bin. Was ich jetzt gebe, enthält eine
Ableitung der Differential-Gleichungen der Lichtschwingungen aus den
einfachsten Principien der Mechanik, und zwar in solcher Allgemein-
heit, dass daraus auch jene Gleichungen folgen, welche man bis jetzt
nur auf empirischem Wege zur Nachweisung der eigenthümlichen
Fortpflanzung des Lichtes in den Stoffen, worin die Polarisations-
ebene eine Drehung erleidet, aufgestellt hat.
Mac Cullagh hat zuerst in einer im Februar 1836 zu Dublin
gelesenen Abhandlung (Transacfions ofthe Royal Jrish Academy
Bd. n) für die Fortpflanzung des Lichtes im Bergkrystall Differen-
tial-Gleichungen angegeben, woraus sowohl die elliptischen Schwin-
gungen folgen, wie sie Airy zur Erklärung der Farben-Curven,
welche Quarzplatten im polarisirten Lichte zeigen, vorausgesetzt hat»
als auch das von Biot aus Beobachtungen erkannte Gesetz, nach
welchem der Drehungswinkel der Polarisationsebene des längs der
Bergkrystallaxe fortgepflanzten homogenen Lichtes von dessen Farbe
und von der Dicke der Platte abhängt. Über die theoretische Begrün-
dung dieser Differential-Gleichungen spricht sich Mac Cullagh in
der Abhandlung nicht aus; er stellt dieselben bloss hypothetisch hin,
als ein Mittel, die Gesetze der Fortpflanzung des Lichtes im Quarze,
die nach den Entdeckungen von A rago, Biot, Fresnel und Airy
als eben so viele von einander unabhängige Thatsachen auftreten,
miteinander in Zusammenhang zu bringen. Später, im November 1841,
zeigte derselbe Gelehrte in einer zu Dublin gelesenen Note, welche
jedoch erst durch das Maiheft des Jahrganges 1843 des PhilosopMcal
Magazine (Bd. 22» S. 399) eine grössere Verbreitung erhalten haben
mag, dass die von Cauchy auf die Wellentheorie des Lichtes ange-
wandten Differential-Gleichungen der, in einem Sys teme einander anzie-

Differential-Gleichungen der Lichtschwingungen. 63
hender oder abstossender materieller Punkte, stattfindenden Bewegun-
gen die Gesetze der Fortpflanzung des Lichtes in Bergkrystall und in
den die Polarisations-Ebene drehenden Flüssigkeiten nicht in sich
enthalten, ja vielmehr mit denselben in offenem Widerspruche stehen,
in eben dieser Note gibt Mac Cullagh zu erkennen, dass es ihm,
aller Bemühungen ungeachtet, nicht gelungen sei, seine Differential-
Gleichungen auf irgend eine Weise mit den Principien der Mechanik
in Zusammenhang zu bringen. Da die allgemeinsten Gleichungen
Cauchy^s die Erscheinungen des Lichtes nicht vollständig nachwei-
sen, so schliesst Mac Culla.gh — und zwar mit Recht — dass die
Voraussetzung einander anziehender oder abstossender materieller
Punkte zur Erklärung der Fortpflanzung des Lichtes nicht hinreicht.
Er meint, Cauchy's Rechnungen passen nur auf feste elastische Kör-
per, und würden fälschlich auf das Lichtmedium oder den sogenannten
Äther übertragen. Schon Fresnelhabe den Äther immer nur als
eine'Flüssigkeit betrachtet, und Poisson behaupte, dass er als solche
betrachtet werden müsse, und schreibe seine scheinbaren Eigenthüm-
lichkeiten der ungeheuren Raschheit der Vibrationen zu, was zur Folge
hat, dass das Gesetz der Gleichheit des Druckes während der Bewe-
gung nicht Stich halten könne. Nach Mac Cullagh^ s Äusserung
wäre der Äther als eine Substanz eigener Art zu betrachten, welche
sich von allen wägbaren Stoffen, den festen wie den flüssigen, durch
die Unfähigkeit die Dichtigkeit zu ändern, unterscheidet, wesshalb
sich darin bloss transversale Schwingungen fortzupflanzen vermögen.
Cauchy hat in seinen vielfachen von 1830 bis 1842 über
die Undulationstheorie des Lichtes bekannt gemachten Arbeiten
nirgends die von ihm gebrauchten Differential-Gleichungen auf die
Erscheinungen des Bergkrystalls oder der die Polarisations-Ebene
drehenden Flüssigkeiten wirklich angewendet; doch scheint dieser
Gelehrte, wie aus Äusserungen desselben, namentlich aus dem
Schlüsse des ersten im Jahre 1836 geschriebenen und in denCom^-
tes rendus abgedruckten Briefes an Ampere erhellet, der Meinung
gewesen zu sein, dass die Bewegung des Lichtes in jenen Stoften
ebenfalls unter der Herrschaft der Gesetze stehen müsse, welche
aus seinen Gleichungen folgen, wofern nur die Glieder ungerader
Ordnung beibehalten werden, die bei der gewöhnlichen symme-
trischen Anordnung der Ätherth eil eben hinwegfallen. Indessen
genügt schon, was Mac Cullagh am Eingange der vorerwähnten

ß4 A. v. Ettiügshausen.
Note besonders hervorhebt, die in dem Briefe enthaltene Be-
hauptung, dass die Polarisation des parallel zur Axe des Bergkry-
stalles, dann im Terpentinöl u^ s. w. fortgepflanzten Lichtes keine
streng circulare sei, sondern in diesen Fällen die Ellipse nur sehr
wenig vom Kreise abweiche (s. Comptes rendus Bd. 2, S. 182, oder
Poggendorffs Annalen Bd. 39, S. 37), um die Zulässigkeit der
angeblichen Rechnung in Zweifel zu ziehen, da wegen der gleich-
massigen Anordnung der Theilchen um die Axe des Bergkrystalles
herum kein Grund vorhanden ist, aus welchem die Axen der Ellip-
sen, welche die Äthertheilchen bei der Fortpflanzung des Lichtes
ngs der Krystall-Axe beschreiben sollen, in der auf diese Axe
senkrechten Ebene irgend eine bestimmte Lage, und ihre Längen
irgend ein bestimmtes Verhältniss zu einander haben müssten, und
noch mehr gilt dieses von den Flüssigkeiten, in welchen nothwen-
dig Gleichheit der Anordnung der Theilchen nach allen Richtungen
obwaltet. Erst gegen das Ende des Jahres 1842 las Cauchy in
der Pariser Akademie zwei Aufsätze (Comptes rendus Bd. IS,
S. 910 und 1076), in welchen er die richtigen Differential-Glei-
chungen der Bewegung des Äthers in den mit rotatorischer Eigen-
schaft begabten Flüssigkeiten, und zwar mit Berücksichtigung der
Dispersion des Lichtes aufstellt, und mittelst derselben über alle von
B i o t erkannte Erscheinungen der Fortpflanzung des Lichtes in derlei
Flüssigkeiten, selbst von den Anomalien der weinsteinsäurehäl-
tigen Stoffe, Rechenschaft gibt. Die neuen Differential-Gleichungen
folgert jedoch Cauchy nicht wie seine früheren aus den die
Äthertheilehen beherrschenden Kräften, sondern er gibt sie als
auf indirectem Wege aus den mittelst eben dieser Gleichungen
zu erklärenden Erscheinungen abgeleitet. Nach seiner Meinung
würde, wenn man auf alle die Beschaffenheit des virbrirenden
Systems bestimmenden Umstände, alsda sind: die Rotationen der
Theilchen, die Zusammensetzung eines Theilchens aus seinen
Atomen, die Mengung verschiedener Systeme von Theilchen mit
einander, achten wollte, die Zahl der in die Gleichungen eingehen-
den Coefficienten so gross, dass es ein Zufall wäre, wenn man,
indem man diesen Coefficienten verschiedene Zusammenstellungen
particulärer Werthe zu geben versucht, gerade diejenigen träfe,
welche die continuirliche Drehung der Polarisations-Ebene eines
Lichtstrahles möglich machen. Es sei daher angemessener, die

Differential-Gleichungen der Licütschwingungen. ßt)
einer bestimmten Fortpflanzungsweise des Lichtes entsprechenden
Gleichungen aus den Phänomenen selbst abzuleiten.
Aus dem Gesagten erhellet, dass, der Arbeiten von Mac
Cullagh und Cauchy ungeachtet, in der Begründung der ündu-
lationstheorie auf theoretischem Standpunkte eine Lücke vorhanden
ist, deren Ausfüllung die Wissenschaft fordert. Es scheint mir nicht,
dass dieses durch neuere Arbeiten, wie z. B. durch jene von O^Brien
im Jahrgange 1844 des Philosoph. Magazine (Bd. 28, S. 326
und ö21) und durch verschiedene von Lauren t der Pariser Aka-
demie überreichte "Aufsätze, wovon die Comptes rendus von 1844
und 184ä gedrängte Auszüge enthalten, auf befriedigende Weise
geschehen sei, und desshalb hoffe ich keinen nutzlosen Schritt zu
thun, wenn ich den eigenthümlichen Weg, welchen ich zur Errei-
chung dieses Zieles eingeschlagen habe, der Beachtung der Sach-
kenner unterziehe.
Sobald man im Sinne der ündulationstheorie zur Erklärung der
Erscheinungen des Lichtes das Vorhandensein des Äthers als eines
besonderen Stoßes annimmt, eine Annahme, zu welcher die Thatsache
der Verbreitung des Lichtes durch Räume, worin keine andere
Materie nachweisbar ist, nöthigt; so kann man wohl nur voraussetzen,
dass die Äthertheilchen, wie immer sie sich während der Fort-
pflanzung des Lichtes bewegen mögen, stets in der Nähe jener
Positionen bleiben, welche sie im Zustande der Ruhe, d. i. als kein
Licht vorhanden war, inne hatten: dass also der ruhende Äther
sich im Zustande eines stabilen Gleichgewichtes befinde, welches
eben durch die Erschütterung, die durch ihn hindurch geht, gestört
worden ist. Ein solcher Vorgang ist aber nur bei Annahme von
bewegenden Kräften erklärlich, welche auf jedes einzelne Äther-
theilchen ausgeübt werden, und diese Kräfte können nur von den
benachbarten Äthertheilchen, und falls die Fortpflanzung des Lichtes
in einem Körper vor sich geht, von den Theilchen dieses Körpers
herrühren. Welche Vorstellung man sich nun über die Beschaffen-
heit des Äthers machen will, oder auf Grundlage unbezweifelbarer
Thatsachen machen muss, der Annahme dieser Kräfte kann man sich
nicht entschlagen, und selbst wenn man den Äther seinen Raum mit
Stetigkeit erfüllen lassen wollte, müsste man darin vorerst räumlich
geschiedene auf einander einwirkende und der Einwirkung benach-
barter Körperpartikel unterliegende Theilchen betrachten. Dieser
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. I. Bd. 5

ßß A. v. Ettingsbausen.
Weg ist allerdings von demjenigen, welchen man bei der Untersu-
chung der Fortpflanzung eines Impulses in einem festen Korper
einzuschlagen hat, wesentlich nicht verschieden; allein daraus kann
gegen die Zulässigkeit einer solchen Betrachtung durchaus keia
haltbarer Einwand erwachsen, so wenig es ungereimt ist, zu sageo,
dass selbst flüssige Körper, sofern sich die Theilchen derselben
nur äusserst wenig von ihrer Gleichgewichtslage entfernen, ganz
die Rolle fester Körper spielen können, wie denn auch tropfbare
Körper, während sie den Schall fortpflanzen, sich in der That
nicht anders verhalten. Der Grund, warum die von Cauchy
früher gebrauchten Gleichungen unzureichend sind, wird also nicht
darin zu suchen sein, dass dieselben sich auf ein System voa
einander entfernter und Änderungen der Abstände zulassender
Punkte beziehen.
Bei aller Feinheit der Äthertheilchen wird man sie doch nicht
im Ernste für mathematische Punkte halten können, sondern ihnen
eine gewisse, wenngleich äusserst geringe Ausdehnung zugestehen
müssen. In der Bewegung eines Äthertheilchens wird daher m
Allgemeinen eine fortschreitende und eine drehende Compo-
nente zu unterscheiden sein. So weit wir gegenwärtig die Erschei-
nungen des Lichtes kennen, haben wir noch keine Veranlassung,
dieselben auf die drehende Bewegung, welche einem Äthertheilchea
um den Mittelpunkt seiner Masse zukommen mag, zurückzuführen.
Nach den bekannten Gesetzen der Mechanik ist es sonach erlaubt,
alle Kräfte, welche die für die Erscheinungen des Lichtes in Betracht
kommende Bewegung eines Äthertheilchens bestimmen, sich ihren
Riehtungen parallel an dem Mittelpunkte der Masse dieses T?heil-
chens angebracht zu denken, welchen Punkt man desshalb dem
Äthertheilchen substituiren darf, sofern man auch dessen Masse auf
diesen Punkt überträgt. Hierin allein liegt der wahre Sinn des
Vorganges, die Äthertheilchen als materielle Punkte zu betrachten.
Die Kraft, womit zwei Äthertheilchen auf einander einwirken,
mag man immerhin als eine Function ihrer Distanz gelten lassen,
doch ist es nicht schwieriger, die allgemeine Voraussetzung, dass
diese Kraft überhaupt von der Lage eines Äthertheilchens gegen das
andere abhänge, in Rechnung -zu nehmen.
Der Einfluss der Körpertheilchen auf die Bewegung der Äther-
theilchen darf bei der Aufstellung der Grundgleichungen dieser

Differential-GleichuDgen der Lichtgchwinguugen. 67
Bewegung nicht unbeachtet bleiben. Wie bedeutend er ist, zeigt
die gewaltige Änderung der optischen Eigenschaften eines Stoffes,
wenn die gegenseitige Lage seiner Theile durch äusseren Druck
oder Temperaturwechsel abgeändert wird. Es scheint mir aber ganz
unzulässig, allgemein anzunehmen, dass die Richtung der Kraft,
womit ein Körpertheilchen auf ein Äthertheilchen einwirkt, bei allen
Stellungen des Äthertheilchens um das Körpertheilchen herum stets
durch einen und denselben Punkt gehe, und dass die Intensität die-
ser Kraft bloss einer Function der alleinigen Distanz des Äthertheil-
chens von diesem Punkte proportional sei. Bei chemisch zusammen-
gesetzten Stoffen, deren Partikel aus mannigfaltig gruppirten Atomen
gebildet werden, kann sich die Sache gar leicht anders verhalten.
In der Nichtbeachtung dieses ümstandes liegt meiner Meinung nach
der Grund, warum die Formeln Cauchy^s die der Gesammtheit
der Licht-Erscheinungen angemessene Allgemeinheit nicht besitzen.
Die Masse des Äthers, welcher in einem von wägbarer Materie
erfüllten endlichen Räume enthalten ist, kann gegen die Masse die-
ser Materie als gänzlich verschwindend betrachtet werden, daher
darf man sich die Massen der Körpertheile im Vergleich mit jenen
der Äthertheile ungemein gross denken, und desswegen die Bewe-
gungen, welche die Schwingungen der Äthertheilchen den Körper-
theilchen beizubringen vermögen, insofern es sich lediglich um die
Fortpflanzung des Lichtes im Innern eines Körpers handelt, ver-
nachlässigen, d. h. die Körpertheilchen als ruhend ansehen.
Dies sind die einzigen, und wenn ich nicht irre, naturgemässen
Voraussetzungen, deren man zur Aufstellung der Differential-Glei-
chungen des Äthers bedarf. Es wird dabei die eigentliche Beschaf-
fenheit der Partikel eines Körpers und deren Vertheilung in seinem
Innern, wie auch die Natur der Äthertheilchen und das Gesetz der
sämmtliche Theilchen beherrschenden Kräfte ganz unbestimmt ge-
lassen. Von vorne herein lässt sich hierüber nichts entscheiden,
sondern nur auf Grundlage der Erfahrung in so fern etwas aussagen,
als die Besonderheit einer Erscheinung einen Schluss auf die Funda-
mentalgrössen möglich macht. Es ist allerdings ein für die Ent-
wickelung der Theorie des Lichtes sehr glücklicher umstand, dass
es zunächst bloss auf die Form der Grundgleichungen ankommt.
Die Ableitung der allgemeinen Differential-Gleichungen der Be-
wegung der Äthertheilchen ,> unter der Voraussetzung, dass nicht alle
5*

Kollar. Insecten-Fauna von PersieD.
Kräfte, welche auf diese Theilchen wirken, durch blosse Fuactioneii
der Distanz der Theilchen von der Quelle der Kraft bestimmt werden,
macht den ersten Abschnitt meiner Abhandlung aus. In dem zweiten
Abschnitte untersuche ich, welche Formen die Gleichungen annehmen,
wenn man, wie es namentlich bei Flüssigkeiten nothwendig der Fall
ist, voraussetzen darf, dass die Fortpflanzung des Lichtes nach allea
Richtungen auf einerlei Weise vor sich geht. Ich finde genau die
Formen, welche Cauchy auf dem oben erwähnten indirecten Wege
erhalten hat, und da diese Formen durch die Möglichkeit einer natur-
gemässen Darstellung der Phänomene bedingt sind, so erlaube ick
mir daraus auch auf die Richtigkeit meiner Grundansicht der hier
waltenden Kraftäusserungen zu schliessen.
Die weiteren Abschnitte meiner Arbeit werde ich der Classe
später überreichen. Sie betreffen die Fortpflanzung des Lichtes im
Bergkry stalle, und in den durchsichtigen Körpern, welche unter dem
Einflusse eines galvanischen Stromes stehen.
Ich bemerke nur noch, dass ich diese Arbeit bereits im Anfange
des Jahres 1846 begonnen, und das Wesentlichste davon in den
Vorlesungen, welche ich an unserer Universität über höhere Physik
halte, vorgetragen habe. Eine zur Veröffentlichung bestimmte, im Mai
genannten Jahres geschriebene Note hierüber, hielt ich, als die Errich-
tung der Akademie kund ward, zurück. Die Verspätung der Organi-
sation der Akademie veranlasste mich, die Note der Pariser Akademie
einzusenden, in deren ^Comptes renäus^ vom S. Mai 1847 (Bd. 24,
S. 801) sie erschienen ist. Ich beschränkte mich in derselben bloss
darauf, zu zeigen, dass die Differential-Gleichungen der unendlich
geringen Verschiebungen in einem Systeme materieller Punkte,
deren Einwirkung auf einander nicht einzig von ihren Abständen
abhängt, die neueren Gleichungen Cauchy's als speciellen Fall in
sich enthalten.
SITZUNG VOM 17. FEBRUAR 1848.
Herr Custos Kollar theilte eine, gemeinschaftlich mit dem cor-
respondirenden Mitgliede Dr. L. Redtenbacher, nach der von
K o t s c h y in der südpersischen Provinz Farsistan im J. 1842 zu Stande
gebrachten Sammlung verfasste Insecten-Fauna dieses Landes mit,
und machte auf den aus den Temperatur-Verhältnissen und der höheren

HyrtL Über die Cärotiden des Ai. g 9
Lage des Landes erklärbaren eigenthümlichen Charakter dieser Fauna
aufmerksam, welche, der Mehrzahl nach, nicht arabische und ägyptische
Formen, sondern vielmehr syrische und südeuropäische Formen zeigt,
also zur Mediterran-Fauna zu rechnen ist. Von den 2'06 untersuchten
Arten gehören nämlich 156 bekannte diesem Gebiete an, und auch
die übrigen SO neuen und dem Lande eigenthümlichen Formen sind
zunächst damit verwandt.
Herr Custos Fenzi knüpft an die von Herrn Kollar hervor-
gehobene Eigenthümlichkeit der südpersischen Fauna einige Bemer-
kungen über den eigenthümlichen Charakter der dortigen Pflanzen-
welt. Das botanische Hofcabinet hat von Kotschy eine über 1000
Arten zählende Sammlung von Pflanzen derselben Gegend acquirirt.
Herr Kollar fügt hinzu, dass allerdings über die Flora Süd-
persiens sich noch ein bestimmteres Urtheil als über die Fauna
fassen lasse, da Kotschy, welcher als Botaniker reiste, sein Fach
vorzugsweise berücksichtigt hat.
Herr H ecke l bemerkt, dass die südpersischen Süsswasser-
Fische grösstentheils indische Formen darbieten; mit den euro-
päischen identische kommen da nirgends vor.
Professor Dr. HyrtI legte eine mit Abbildungen ausgestattete
druckfertige Abhandlung über die Cärotiden des A i (Braäipus ior-
guatus} vor. Der Verfasser sprach zuerst über die durch die Lebens-
weise des Thieres bedingte besondere Organisation desselben. Das
Thier, welches auf Bäumen lebt. Tage lang an selben mit zur Erde
gekehrtem Rücken hängt, ist daher mit mehr Halswirbeln ausge-
stattet, um eine Drehung des Kopfes von fast 180° möglich zu
machen; ebenso erfordern die heftigen Bewegungen desselben eine
Veranstaltung zur Ausgleichung der dem Drucke kräftiger Brust- und
Halsmuskeln auszuweichen genöthigten Blutmasse. Die Abhandlung
weiset die Existenz regelmässiger, mit der Zahl der Wirbel über-
einstimmenden Anastomosen zwischen der Carotis und Vertebralis,
die Gegenwart von Wundernetzen an der vorderen und hinteren
Fläche der Wirbelsäule, so wie im Verlaufe der Temporalis,
Ophthalmica^ Infraorbitalis, und der aus der Carotis cerebralis,
entspringenden Ethmoidalis nach.

^Q Haidinger. Dichros^opische Loupe.
Herr Bergrath Haidinger erläuterte den Inhalt der folgenden
Mittheilungen:
I. Ich habe die Ehre der hochverehrten mathematisch-natur«
wissenschaftlichen Classe einen kleinen optisch-mineralogischen
Apparat zu übergeben, den ich vor einiger Zeit ausgedacht, und bei
der Untersuchung der Krystalle mit Vortheil angewendet habe. Er
ist unter der Benennung der dich r oskopische n Loupe bereits
mehrmals von mir beschrieben worden, zuerst in einer Mittheilung
über die Farbe des Axinits in PoggendorfFs „Annalen für 1844,"
dann in einem Aufsatze über den Pleochroismus der Krystalle in den
Abhandlungen der königlich-böhmischen Gesellschaft der Wissen-
schaften und in Pöggendorff, auch in meinem „Handbuche der
bestimmenden Mineralogie" (S. 388), so wie in einer Versammlung
von Freunden der Naturwissenschaften in Wien am 2 S. Mai 1846
(Berichte I, S. 26), und in mehreren Cursen meiner Vorlesungen
vorgezeigt. Das Ganze ist somit nicht neu, und ich würde kaum einen
Anspruch haben, es diesem hohen wissenschaftlichen Kreise vorzu-
legen, wenn es mir nicht daran gelegen sein müsste. Alles, was ich
auch vor der Zeit der Gründung der kaiserlichen Akademie der
Wissenschaften für die Erweiterung der Lehre beitragen zu können
glaubte , nach und nach dessen freundlicher Aufmerksamkeit zu
empfehlen. Es liegt dies übrigens in der Natur der Sache, und ich
werde bei diesem Verfahren unter den ^ hochverehrten Mitgliedern
der Classe hoffentlich nicht allein bleiben.
Die dichroskopische Loupe dient vorzüglich zur Untersuchung
der Krystalle im polarisirten Lichte in Bezug auf ihre Farben. Ihre
Einrichtung gibt die beste Erklärung des Princips ihrer Anwendung.
,——. Der mittlere Theil A ist ein Stück
l* \.—————\ \( ^ Doppelspath, so wie es leicht durch Thei-
\. \ M n lungsflächen begrenzt aus dem durchsich-
L^A(AL^I tigen Stücke dieses Minerales herausge-
spalten werden kann. An die Enden desselben sind Glasprismen B
und C mit einem durchsichtigen Kitte angeklebt. Die Flächen des
Doppelspathes, der Theilbarkeit parallel, lassen sich sehr leicht voll-
kommen poliren. Als Kitt kann man Canadabalsam anwenden, aber da
er häufig sehr dünnflüssig ist, so ist oft das lange Abdampfen an^der
Weingeistflamme lästig, welches so lange fortgesetzt werden muss,
bis der Balsam beim erkalten fest wird. Ich habe daher mit Vortheil

Haidinger, Dich^oskopische Loupe* ^ l
Copal in geschmolzenem klaren Terpentinharz aufgelöst, wodurch
man die Schmelzbarkeit nach Belieben stimmen kann. Diese Bemer-
kung ist nicht unwichtig, weil man oft in die Lage kommt, bei 'dem
so tragbaren Apparate Beschädigungen selbst zu verbessern.
An einer Seite ist in einer Blendung eine Lichtöffnung L ange-
bracht. Durch die doppelte Strahlenbrechung erscheinen an der
ndern Seite zwei Bilder derselben, ein oberes O, welches den
ordinären, und ein unteres E, welches den extraordinären Strahl
enthält. Der Winkel des Hauptschnittes des Rhomboeders der Theil-
barkeit am Doppelspathe ist HO^S'. Hätten die Glasprismen Winkel
von 20°28', so. würde der ordinäre Strahl gar nicht die geringste
Abweichung zu erleiden haben, vorausgesetzt, der Brechungs-Expo-
nent des Glases wäre gleich dem Exponenten des Doppelspathes für
den ordinären Strahl oder == 1-6343. Dies ist selbst für Flintglas
ein sehr hoher Exponent, aber man hat meistens Prismen von Kronglas
mit Exponenten wenig über 1*3. In der Praxis ist das ordinäre Bild
fast ohne farbige Ränder, wenn man Kronglasprismen von 20° Winkel,
nimmt. Das Feld E des extraordinären Strahles ist zwar ebenfalls
farblos, aber mit Rändern eingefasst, von welchen der obere roth,
der untere blau ist.
Schon mit diesem Elemente des Apparates erhält man zwei, in
den in der Figur angegebenen Stellungen übereinander liegende
Bilder der Lichtöffnung, von welchen (las Licht im obcrn ordinären
0 in der Richtung beider Bilder, das hcisst auch in der Richtung
des Hauptschnittcs des Doppelspathes polarisirt ist, wahrend die
Polarisations - Ebene von E senkrecht auf der vorhergehenden steht.
Dichromatische Krystalle, vor die Lichtöflnung gehalten, erscheinen in
jedem der beiden Bilder mit einer ändern Farbe; dieser Thcii des
Apparates ist also schon ein wahres Dichroskop, von Sl-^poog und
<r%o7Tfc») in der etymologischen Bedeutung des Wortes.
Aber die Entfernung des Auges in der gewöhnlichen Sehweite
ist bei der Untersuchung, besonders kleiner Krystalle nicht vortheil-
haft. Es wird also an dem Ocular-Ende die Lonpc D hinzugefugt,
deren Brennweite, wenn sie mit dem Thcile B C combinirt ist,
gerade vor die Lichtöffnung L reicht. Eine apianatische Loupe, wie
die in der Zeichnung, lässt sich unmittelbar an das Prisma C ankle-
ben. Das Ganze wird nun in eine Messingröhre cingeschoben, um
es vor Beschädigung zu bewahren. Die der Länge nach gehenden

yg Haidinger. Dichroskopische Loupe.
Theilungsflächen können noch zur Vermeidung überflüssiger Bilder,
welche durch innere Spiegelung entstehen, rauh gemacht, und durch
einen Firnissüberzug geschwärzt werden. Die Blendung mit der
viereckigen Öffnung bildet eine Art Deckel, der herumgedreht wer-
den kann, um jederzeit die zwei Bilder 0 und E genau übereinander
stellen zu können. Der ganze Apparat ist nicht grösser und nicht
weniger tragbar als eine gewöhnliche Loupe. Er gewährt den Vor-.
theil, dass man Krystalle in den beiden senkrecht aufeinander
polarisirten Bildern — man könnte fast sagen — zugleich, wenig-
stens im unmittelbaren Gegensatze, untersuchen kann. Auch der
Preis einer dichroskopischen Loupe mit Etui 6 fl. C. M., wie sie von
Herrn Mechaniker E c kl i n g geliefert wird, übersteigt den Preis
einer gewöhnlichen Loupe nur um Weniges.
Die dichroskopische Loupe kann als eines der vielen Corolla-
rien betrachtet werden, welche aus den glänzenden Forschungen
über die Eigenschaften des polarisirten Lichtes, seit Malu's Ent-
deckung des Zusammenhanges der Reflexions- und Refractions-Pola-
risirung fliessen. Aber man liebt nicht gerade nur die möglichen
Combinationen auszubeuten, wenn es gilt neue Forschungen über
Naturgesetze anzustellen. Obwohl daher Arago^s Polariskop und
Biot^s ganz analoge Vorrichtung zur Untersuchung der Farben
'dünner Blättchen, so wie später B a d e n PowelFs Objectiv-Vor-
richtung bei einem Polarisations-instrumente, aus DoppcLspath mit
einer Blendung und einer Glaslinse bestehend (Pogg. Ann. 1843,
LIX, 640) nahe mit derselben verwandt sind, so waren es doch
immer mehr die Farbentöne ohne den Körper, was man beobachten
wollte, während es mir für den mineralogischen Zweck daran lag,
die Krystall-Individuen selbst als solche, aber im polarisirten Lichte
zu betrachten.
Die Aufstellung dieses kleinen Apparates ist also eigentlich
weniger das Resultat physikalischer Forschung gewesen, als es ganz
eigentlich in der Anwendung des längst Errungenen und Festgestell-
ten in jener Wissenschaft auf die Mineralogie liegt, deren Gegen-
stand ja die Kenntniss der unorganischen Individuen ist. Bei der
Untersuchung der Farben derselben im polarisirten Lichte begnügte
man sich die Körper ohne viele Vorrichtungen in irgend einem wie
immer erzeugten Bündel desselben zu betrachten. So hat insbeson-
dere Sir David Brewster seine höchst wichtigen Beobachtungen

Haidinger. Dichroskopische Loupe. 73
fPhiI. Trans, for 1819) gemacht, doch contrastirte er stets nur
zwei Farben. Arago, Biot, und mit ihnen Soret betrachteten
den Krystall vor einer im dunkeln Grunde gemachten Lichtöffnung,
auf welcher ein achromatisirtes Doppelspathprisma lag. Letzterer
gelangte auf diese Art zur Darstellung des Trichroismus am Topas.
Aber es fehlte an einer eigenen Vorrichtung, die sich leicht überall
anwenden liess. Diese war nun durch die dichroskopische Loupe
gewonnen. Sie hat seitdem auch in der Förderung der Forschung
selbst schon reichliche Früchte getragen. Ich hoffe im Verfolge der
Zeit der Akademie manche Beobachtungen über den Pleochroismus
der Krystalle, über den Flächenschiller, über den Glanz der Körper
selbst, welche auf der Zerlegung des durchgelassenen oder zurück-
geworfenen Lichtes beruhen, vorzulegen. Hier mögen nur ein Paar
Beispiele die Anwendung der dichroskopischen Loupe zeigen.
Lage. Man bringe die Loupe so vor das Auge, dass die zwei
viereckigen Bilder der Blendung übereinander liegen. Man weiss,
dass durch Reflexion von einer horizontalen Glastafel das Licht in
der verticalen Einfallsebene polarisirt ist. Das obere Bild O nimmt
sämmtliches in derselben polarisirt zurückgeworfene Licht in sich
auf, und erscheint hell, das untere Bild E erscheint dunkel. Diese
Stellung muss man für alle vergleichenden Untersuchungen bewah-
ren. Die Reflexion von einem horizontal gehaltenen Fingernagel
genügt für diese Orientirung.
1. EinTurmalmkrystall von gelblichbraunor Farbe, durchsichtig,
bei verticaler Axenstellung" vor die Objoctiv-öffming gebracht,
erscheint in dem obcrn Bilde absolut schwarz, im untern Bilde
zeigt er das schöne durchsichtige Gelblichbraun dos Krystalls selbst.
Der Turmalm absorbirt also alles Licht, welches bei dem Durch-
gänge durch seinen Krystall in dem Hauptscimitte, also ordinär
polarisirt war, und lässt nur extraordinär also senkrecht auf den
Hauptschnitt polarisirtes hindurch.
Entgegengesetzt diesem altbekannten Krystalle wirkt bei ver-
ticaler Axen-Stellung der Andalusit. In diesem Falle ist das obere
Bild heIlgrünlichwcLss, das untere dunkelblutroth. Der extraordinäre
Strahl ist also mehr absorbirt als der ordinäre.
2. Man streiche mit einem glatten Messer die hochcitronen-
gelben Krystall-Schuppen des Jodbleies auf eine mattgeschliffene
Glasfläche so glatt wie möglich auf. Die Oberfläche wird fettartig

TA Haidinger. Dichroskopische Loupe.
fast diamantglänzend werden. Das von dieser Fläche zurückge-
strahlte Licht gibt das überraschende Resultat eines obern weissen
Bildes 0, welches alles ordinär zurückgestrahlte Licht enthält, im Ge-
gensatze eines untern Bildes E, welches das schönste Lasurblau dar-
stellt, das selbst bei stärkerer Neigung, bei grösseren Einfallswinkeln
in Violet übergeht. Das Blau ist übrigens beim Austritte vom Jod-
blei ordinäres Licht, da man unter allen Einfalls-Azimuthen dasselbe
Resultat findet. Das Präparat, an dem ich diese Erscheinung erst kürz-
lich wahrnahm, verdanke ich meinem verehrten Freunde, dem k. k.
Herrn General-Probirer A.Löwe, und ich habe gerne dieses neue
Resultat dem altbekannten des Turmalins angereiht, um die grosse
Ausdehnung zu bezeichnen, in welcher dieser einfache kleine
Apparat mit Vortheil angewendet werden kann.
3. Mit Krystall-Pl alten combinirt lässt sich die dichroskopische
Loupe auch als Polariskop anwenden. Dickere Platten, die auf dem
für die Lichtöffnung durchbohrten Bleche in ihren eigenen Ebenen
herumgedreht werden, zeigen in der Richtung der optischen Axen
begreiflich constante Licht-Intensitäten, während diese in anderen
Richtungen nach den acht einander unter 48° schneidenden Richtun-
gen wechseln, wie bei ändern Polarisations-Apparateri.
Ganz kleine Fragmente oder Splitter lassen sich leicht auf den
PIeochroismus untersuchen, wenn man sie mit Balsamkitt zwischen zwei
Glasplatten einschliesst. Ja selbst ein Mikroskop mit der stärksten Ver-
grösserung kann einfach dadurch in ein Mikroskop im polarisirten
, Lichte verwandelt werden, dass man eine dichroskopische Loupe auf
das Ocular desselben stellt, und dann dem Focus angemessen adjustirt.
Während meiner Studien zur Vollendung dieses Apparates liess
ich Muster bei P lössl, Voigtländer, Eckling machen. Eines
derselben hat das DoppeIspath-Theilungsprisma senkrecht auf die
Kanten abgeschnitten, und den Schnitt nur mit einer dünnen Glas-
platte bedeckt. Das Ganze wird dadurch noch kürzer, und man kann
die zwei Glasprismen entbehren. Aber die Fläche polirt sich nicht
leicht, weil durch die Theilbarkeit gern dreieckige Löcher hinein-
gerissen werden. Gern hätte ich wohl noch manche Modificationen
in der Ausführung versucht, aber selbst bei so kleinen Gegenständen
sind verunglückte Versuche oft unvermeidlich, und für den Natur-
forscher bei unsern gegenwärtigen Verhältnissen zu zeitraubend
und kostspielig.

H a i d i n g e r. Neue Art des Vivianits. 7 8
Noch sei es mir erlaubt zu erwähnen, dass sich in der dichro-
skopischen Loupe auch ohne vergleichende Polarisations - Ebene
die Natur des ordinären und des extraordinären Strahles durch die
Lage der Polarisations-Ebene erkennen lässt. Im ordinären Bilde 0
geht nämlich die Richtung derselben durch beide Bilder, in dem
extraordinären Bilde E steht sie senkrecht auf der vorigen. Man
erkennt sie an der Lage der Polarisations-Büschel, und ent-
deckt diese ziemlich leicht, indem man die beiden Bilder abwech-
selnd scharf ins Auge fasst, und wenn das Auge mit dem Eindrucke
des einen gesättigt ist, schnell wieder das andere ansieht, bis man
endlich diese gelblichen Büschel in violetgrauem Grunde erblickt
hat. Ich bitte die hochverehrte Classe, mir zu erlauben, das Wesen
dieser Büschel hier nur kurz angedeutet zuhaben, um mir später ihre
Geduld nicht zu entziehen, wenn ich ihr dieselben im Zusammen-
hange vorzulegen wagen werde. Wohl ist Vieles davon bereits bekannt
gemacht, auch innerhalb einer gewissen Ausdehnung beinahe abge-
schlossen, aber doch hoffe ich auf die Theilnahme derselben rech-
nen zu dürfen, wenn sie die Wichtigkeit derselben aus demselben
Gesichtspunkte freundlich anzusehen fände, in welchem sie mir
selbst erscheinen.
H. Die folgende zweite Mittheilung bezog sich auf eine neue
Varietät von V i v i a n i t.
Man kennt viele Bildungen von Vivianit, die aus verhältniss-
mässig neuerer Zeit herrühren. Die blaue ELsenerde Werner's
ist so häu-fig in Thonen und Torfmooren, in weissem an der Luft
blau werdendem Pulver. Aber auch Krystalle haben sich öfters
gebildet. Ich nenne hier die schönen Krystalle in den Bivalven
von Kertsch» den Mullicit in Pflanzenstengeln im Sande von Neu-
Jersey, die kleinen Krystalle auf der Oberfläche des Arvaer Meteor-
eisens, die, welche Rouault in dem ^Bulletin delaSociete geo-
logique de France^ 1846, S. 317, aus recenten Knochen beschreibt.
Ich habe heute das Vergnügen, ein ganz analoges Vorkoitfmen
der hochverehrten Classe vorzulegen, dessen Mittheilung ich der
freundlichen Güte des Herrn Professors Dr. Göppert verdanke,
und das nun dem k. k. montanistischen Museo angehört. Die Kry-
stalle sind nahe zwei Linien gross, und so vollkommen aus-
gebildet, dass sie zu den merkwürdigsten gehören, die überhaupt
von der Species bekannt sind. Ihre Form ist sehr ähnlich den so

Haidinger. Neue Art des Vivianits.
häufigen rhombo'idalischen Gypstäfelchen; überhaupt ist ja die Ähn-
lichkeit der beiden Species, abgesehen von der Farbe, so gross,
und seit so lange erkannt worden, dass man dem Vivianit oft den
Namen „blauer Gyps^ gegeben hat.
Die Vivianitkry stalle sind wie in einer Druse auf der einen
Seite der Hohlröhre eines menschlichen Armknochens aufgewach-
sen. Man fand das ganze Skelet, welches ursprünglich einem Berg-
manne angehört hatte, zu Tarnowitz in Schlesien, verschüttet in
einer alten Strecke. Herr von C a mal l hat eine Nachricht dar-
über gegeben, die mir jedoch noch nicht zugekommen ist. Jedenfalls
verdient diese Thatsache alle Aufmerksamkeit.
Die Bildung des Vivianits ist unzweifelhaft der Phosphorsäure
des organischen Körpers, und einem schwefelsauren Eisenoxydul
zuzuschreiben, wie sich dies so oft in der Gebirgsfeuchtigkeit in
alten Bergbauen findet. Bei der so frischen Beschaffenheit der Kno-
chentheile selbst, dürfte aber der Phosphorsäuregehalt weniger einer
Zerstörung dieser zugeschrieben werden als vielmehr den Verwe-
sungsprocessen der Weichtheile des Körpers.
Ich kann diese Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, ohne an
eine besonders schöne neu entdeckte Varietät von Vivianit zu er-
innern, welche kürzlich das k. k. Hof-Mineralien-Cabinet mit einer
Partie Mineralien aus dem Banale, als „Grüner Gyps von Moldqwa"
acquirirte. Die Krystalle davon sind bis anderthalb Zoll gross und
ganz in der Form den bekannten Gypslinsen vom Montmartre
ähnlich, nur dass die gekrümmten Flächen in Bezug auf die Krystall-
reihe der Species eine etwas abweichende Lage besitzen. Aber die
Ähnlichkeit ist im Ganzen täuschend.
Der Vivianit ist eine trichromatische Species, eine der Farben
ist ein schönes Berlinerblau, die beiden ändern wenig ansehnlich
und blass grünlich. Aber die erstere Farbe erscheint an der Varietät
von Moldowa nur an den äussersten Kanten; anstatt derselben geben
die^innern Theile der Krystalle ein schönes sattes Lauchgrün. Es
scheint hier bei der Bildung ein demjenigen analoger Zustand Statt
gefunden zu haben, wie bei dem weissen phosphorsauren Eisenoxy-
dul, welches man oft in den Torfschichten trifft, und das erst an der
Luft blau wird.
Ich habe mich später vergebens bemüht, Nachrichten oder
Stücke aus dem Banate von diesen wunderschönen Krystallen zu

Haidinger. Meteor-Staubfälle. 77
erhalten. Leider sammelt man noch zu wenig für wissenschaftliche
Zwecke. Bei diesem Vivianit muss man sogar noch dem Zufalle
dankbar sein, der selbst ganz ohne dass man eigentliche Kenntniss
von der Species hatte, das einzige Exemplar für das k. k. Hof-Mine-
ralien-Cabinet rettete.
III. Herr Bergrath Haidinger machte noch folgende dritte
Mittheilung:
Ich bitte um die freundliche Aufmerksamkeit der hochverehrten
Classe für ein Wort über eine Naturerscheinung, die uns durch ein
neuerliches Ereigniss ganz nah gestellt ist, und von der ich über-
zeugt bin, dass sie uns fort und fort und mit desto grösserem An-
theile beschäftigen wird, je näher wir ihrer eigentlichen Erklärung
kommen, ich meine die Meteor-Staubfälle und insbesondere
den in Wien vom l. Februar dieses Jahres:
Mancherlei hatte in dem letzten Jahre auf das Vorkommen der-
selben aufmerksam gemacht. Der Fall am 31. März in den Alpen
von Chambery bis Gastein war vielfältig besprochen worden; der
vonDeffereggen von Millplaner, ÖIlacher, Heinisch, Kanka,
der von Rauris und Gastein trefflich geschildert von Werkstätter
und Reissacher. Ehrenberg hatte auch den Tirolerstaub der
scharfen Sichtung in einer Wissenschaft unterworfen, die er beinahe
selbst erst geschaffen hat. Ich schickte ihm Proben des Staubes von
Salzburg. Ich setze hier die einzelnen Angaben nicht näher aus-
einander, die in den Versammlungen von Freunden der Naturwis-
senschaften am l. October, 12. November und 31. December
besprochen, in dem IIL Bande der „Berichte' S. 289, 390, 430,
489 mitgetheilt sind.
Ich bemerkte die schmutzig-bräunliche Färbung des Schnees
an seiner Oberfläche, als ich am Morgen des l. Februars aus mei-
ner Wohnung in das montanistische Museum ging. Als ich es
wieder in Begleitung des Cabinets-Dieners Richter verliess,
machte die. gleiche Bemerkung desselben, wie wir die grosse Flä-
che des Glacis vor uns hatten, einen solchen Eindruck auf mich,
dass das Phänomen eines Staubfalles nicht bezweifelt werden konnte.
Mein verehrter Freund A. Löwe liess sogleich von dem nur ober-
flächlich liegenden gefärbten Schnee einsammeln, (der darunter
liegende war vollkommen weiss), um ihn zu schmelzen, und durch
Filtriren das röthliche Pulver zu sammeln. Herrn v. Hauer bat ich,

78 HU dinge r. Meteor-StaubfäUe.
den Staub an Herrn Dr. Reissek sicher zu besorgen, der sieh sä
viel und erfolgreich mit mikroskopischen Forschungen beschäftigte,
und der bereits so manche schöne Arbeit vollendet hat. Aber Herr
Dr. Reissek, durch seine eigenen früheren Studien vorbereitet
die Mannafälle in Kleinasien u. s. w., hatte unabhängig schon die
Beobachtung im botanischen Garten gemacht, und bereits reichlich
gesammelt, und die mikroskopische Untersuchung begonnen.
In der Versammlung am 4. Februar übergab Herr A. Löwe
das getrocknete Staubpulver. Herr Dr. Reissek war eben nicht
anwesend; Herr Dr. Karl Wedl erhielt gleichfalls eine Partie zur
Untersuchung. Ich hatte noch am Nachmittage des l. Februars auf
einem Spaziergange vor die St. Marxerlinie Alles gleichförmig mit
diesem Staube bedeckt gesehen, alle Dächer zeigten die gleiche
oberflächliche Färbung; aber wir sind in Wien den Staub so sehr
gewohnt, dass man vielleicht einen mehr localen Ursprung zur Er-
klärung auffinden durfte. Indessen zog Herr Dr. Reissek mancher-
lei Erkundigungen ein; der Staub lag gleichförmig von Wien bis
Dürnkrut und Pressburg, und darüber hinaus so weit man dies unter-
scheiden konnte. Er ertheilt Proben von Dürnkrut eingesendet. Das
Resultat der Untersuchung von dem Staube des Glacis vor der
Münze, des botanischen Gartens und von Dürnkrut war ganz gleich.
Er schliesst sieh auch ganz der Beschaffenheit an, welche in den
Untersuchungen Ehrenbergs über mehr als 100 Staubsorten
herausstellt, insbesondere die continentale Natur desselben.
Die Ansicht Ehrenberg^s ist bekanntlich diese, dass der
Staub, ursprünglich wohl aus Südamerika stammend, lange Zeit in
den Staubnebeln der Passat-Zone schwebend gehalten wird, von wo
er von Zeit zu Zeit durch Südwestwinde — Scirocco, Föhn —
insbesondere auch nach Europa geführt wird, daher er ihn auch
Passat-Staubzu nennen vorschlägt
Durch seine eigenen früheren Untersuchungen darauf hinge-
leitet, bezeichnete Reissek bei seiner Mittheilung in. der Ver-
sammlung von Freunden der Naturwissenschaften am 11. Februar,
wo er die Resultate der mikroskopischen Forschungen gab, vielmehr
die östlichen Regionen als diejenigen, wo wir nach den Quellen des
Staubes zu forschen haben, woher also die Staubnebel durch Ost-
winde gebracht, aber allerdings durch den Zusammenstoss mit dem
Südweste abgelagert werden körnen.

Haidinger. Meteor-Staubfälle. 79
Die meteorologischen Elemente Wiens waren am 30. Januar
bis l. Februar folgende, nach den Mittheilungen der k. k. Sternwarte'
in der »Wiener Zeitung:"
Den 30. Januar. Den 31. Januar. Den l. Februar.
( 6 Uhr M. 28" S'" 6"" W. M. 28" 4'" 8"" W. M. 27" y" &""
Barometer . . . < 2 Uhr N. 28" 7"' 1l"1' W 2'" 4'^ 27" 10" it""
( 10 Uhr A. 28" 6"' 5'^ 27" IV'1 8'^ 28" 0^ 0
{6 Uhr M. — 11 5 R. — 12 .j?. —5.4»
Thermometer . ^ Uhr N. — 7 7 -.9.2 — 0.1°
10 Uhr A. —10-5 —7.2 — 0 ,9
Wind und Witte-( 6 ühr M" s0 schwach- Schnee. SO schwach. Nehel. N. still. Nebel.
romc "') 2 vhr N' s0 miHehn- Heiter. SO mittelm. NebeL N. stilLNebeL
' * * * ( 10 Uhr A. SSO. mittelm. Heiter. SO schwach. Nebel. N. still Nebel.
Starker Barometerfall gegen die Nacht vom 31. auf den l.,
Erhöhung der Temperatur, Windwechsel. Herr Professor Columbus
meldete gleichzeitig den 31. Abends Scirocco in Salzburg bei
+ 6°, während in Linz die Temperatur noch — 8*6° R. war.
Um ein etwas vollständigeres Gemälde zusammenstellen zu können,
habe ich mich um Mittheilung mehrerer Daten an mehrere Anstalten
und Freunde gewendet, von welchen ich auf Nachrichten hoffe, die
mir dann später Veranlassung geben werden, den Gegenstand wieder
zu berühren. Es kann sein, dass ein Scirocco in seinem Fortschritte
senkrecht auf seine Richtung gerade zwischen Salzburg und Linz
durch eigenthümliche Umstände sein Ende erreicht, während gerade
am Saume der Staubfall stattfindet.
Ob aus dem Scirocco, ob aus den Ostwinden wird sich gewiss
später beantworten lassen, wenn einst das Phänomen allgemeiner
gewürdigt ist als bisher. Vielleicht haben wir Jedea Wfiater Sfauh-
falle dieser Art, die aber so leicht m dem Getreibe einer gpossen
Stadt der täglichen Erzeugnag voa Staub aas opffiefcen Efaflüssen
zugeschrieben werden. Wer erinnert sieh nicht der weit verbreitet
schmutzigen Oberfläche des Schnees im Frühjahr?
Ich fragte in xi^einer Einladung üD1 dte meteorologi&ehen Daten
vom 30» Jänner bis asum 7. Februar, um des. höchsten Barometer-
stand einerseits wtewsefts ab^ den 6., den Tag jenes höchst
merkrteiilgeB Glatteises emzo^fchliessen, wo es gleichzeitig in Linz
uad Wien bei — 4° K. regnete.
Auch von diesem Wiener Staube, wie von dem früheren aus
S^Wwg habe ich Proben an Ehrenberg gesandt, dessen letzte
akademische Mittheilung fiber die Staubnßbel, das Nebelmeer der

80 Burg. Centraler Stoss. Unger. Genera, ei species planiarum fossilium.
Passatzo'ne, vom 24. Jänner mir übrigens noch nicht bekannt gewör-
»«
den ist.
Die Nachrichten über den Staubfall vom l. Februar trafen erst
so allmählich zusammen, dass es nun nicht mehr möglich ist. Vieles
in Erfahrung zu bringen, was anfangs leicht gewesen wäre. Aler
die Aufmerksamkeit, die für ein künftiges Jahr vorbereitet ist, wird
dann gewiss auch durch die Akademie manche Mittel in Bewegung
setzen, über die jetzt der Naturforscher bei seiner beschränkten
Stellung in Wien nicht gebieten kann.
Herr Regierungsrath Burg las einen Aufsatz über den geraden
centralen Stoss zweier fester Körper, worin er theils die bekannten
Formeln auf eine fasslichere Weise, als bis jetzt geschehen, ent-
wickelt, theils auch der Theorie, zunächst jener des Stosses elasti-
scher Körper, durch Beachtung der unvollkommenen Elasticität, eine
neue Seite abzugewinnen sucht.
Herr Custos, Dr. F e n z l, legte der Classe im Namen des wirklichen
Mitgliedes, Professor Dr. Unger zu Gratz, das druckfertige Manu-
script eines von letzterem verfassten Werkes: Genera et species
plantarum fossüium1'1 vor. Herr Dr. Fenzi machte auf das grosse
Material, welches der Verfasser zu gewältigen hatte, und welches i/^
der ganzen gegenwärtigen Pflanzenwelt Europa's erreicht, aufmerk-
sam, und zeigte die hohe wissenschaftliche Bedeutung des gleichsani
eine Flora antedilmiana europaea darbietenden Werkes.
Herr Bergrath Haidinger übergibt eine Druckschrift betitelt:
„Theorie der schiefen Gewölbe und deren praktische Ausführung1'
von Eduard J. Heider, Beamten des k. k; Hofbaurathes und der
k. k. General-Direction der österreichischen Staats-Eisenbahnen.
Wien, 1846. Der Verfasser äussert sich in einer Zuschrift an die
Akademie über den Inhalt seines Werkes folgendermassen:
Die Nothwendigkeit, schiefe Gewölbe herzustellen ist gegenwär-
tig um so dringender, bei dem Baue von Eisenbahnen schiefe

H a u s l a b. Gletscher des Öt2.thales. 81
Übersetzungen von Strassen, Flüssen und Thälern unvermeidlich sind.
Obwohl es in den speciellen Fällen den Ingenieurs bisher immer ge-
lungen ist, die Aufgabe vollkommen zu lösen, so sind dennoch die
Grundsätze der Gewölbs-Theorie noch nicht durch eine systemati-
sche Abhandlung zusammengefasst, so dass man der Herstellung
schiefer Gewölbe — als einem nothwendigen Übel — auszuweichen
sucht.
Der Zweck der vorliegenden Schrift ist es, die Scheu vor
schiefen Gewölben zu bannen, eine vollständige Theorie der Gewölbe
auf die mathematische Analyse gestützt zu geben und nachzuweisen,
dass ein schiefes Gewölbe nicht nur grossentheils mit derselben
Leichtigkeit herzustellen sei wie ein senkrechtes, sondern auch für
jede Lage und Form der Wiederlagen, für jede Fläche und jedes
Baumateriale ohne Ausnahme den Gesetzen der Stabilität entspre-
chend möglich sei; gleichzeitig sollen sowohl dem Theoretisch-Gebil-
deten als auch dem Praktiker die Mittel an die Hand gegeben werden,
ein schiefes Gewölbe richtig zu construiren, wodurch der Grund,
welcher bisher nicht selten gegen die Ausführung schiefer Gewölbe
sprach — von selbst hinwegfallen dürfte.
SITZUNG VOM 24. FEBRUAR 1848.
Der k. k. Oberst, Herr v. Hauslab, eorresponcifreades Mi^Ked,
hält folgende» Vertrag;
Bei der AüfinerksamkeM, welche maß gegem'wifftig deA neueren
Untersuchungen über die Selweijser Eisberge zwendet, dürfte es
die Akademie nicht immteressant finde», za vernehmen, was m diesem
Zweige m Österreich geschehen ist.
Vor meh? als zwanzig Jahren war ich als Fähnrich bei der
Militär-Aufnahme des GeneraI-ßuartlenneister-Stabes in Tirol com-
mandirt.
Diese Aufnahme geschieht im Massstabe von l^ss^OO^ und
dient als Grundlage der auf 1"==2000° reducirten gestochenen Spe-
cial-Karte® '8er Provinzen.
Bei dieser Gelegenheit, und zwar un Jahre 1817, nahm ich die
Gletscher-Gruppe am Ursprünge des ötzthales auf. Diese Arbeit»
Sitz]»* d. matheni.-natorw. CL I. Bd. 6

§^ Hauslab. Aufnahme der
welche Jetzt im k. k. Kriegs-Archive aufbewahrt wird, erlaube ich
mir hier der Classe zur Ansicht vorzulegen.
Es kann nicht meine Absicht sein, der hochverehrten Versamm-
lung einen Vortrag über die jetzt vielbearbeitete Natur der Gletscher
halten zu wollen, ich beabsichtige nichts weiter, als auf ein officielles
Document über eine vor so langer Zeit in Österreich zu Stande
gebrachte Leistung hinzuweisen.
Ohne im Geringsten den Verdiensten der spätem Naturforscher,
die ausgedehntere physikalische Zwecke verfolgten, nahe zu treten,
mache ich bemerklich, dass diese Aufnahme doch, wie es auch ihr
alleiniger Zweck war, bereits ein, soviel es der Massstab erlaubt,
deutliches Bild der plastischen Form der Gletscher gibt, und somit
für sich allein ohne alle Worte zu einer genauen Kenntniss derselben
verhelfen kann.
Auf den vorliegenden Blättern sieht man deutlich, dass die
Gletscher nichts anders als flache Ausfüllungen von Thaibecken sind.
Die Schneegrenze erscheint hier als die Durchschnittslinie einer
ziemlich horizontalen Ebene mit der sich senkenden Kante der Ge-
birgsrücken, und- läuft endlich in eine Spitze aus.
Da die Klüfte getreu nach der Natur gezeichnet sind, sieht man
wo wirkliches, Klüfte bildendes Eis und wo nur Schnee sich befindet.
, Man sieht wie die Felskämme auf der rauhen Windseite mit
Schnee bedeckt, auf der mildern davon frei sind.
Wie die Zweige auf einer Seite der Rücken länger sind als auf
der ändern, und grössere Köre bilden.
Man sieht die Trennung der^thalausfüllenden Eismasse von den
steilen Felskämmen durch die Bergkluft, ähnlich der Absonderung
des gefrornen Wassers von seinem Gefässe.
Man sieht den Unterschied der hangenden von den liegenden
Gletschern.
Erstere f&üon die durch Seitenzweige auf der Höhe der Gebirgs-
rücken gebildeten flachen Köre aus, und ihre Zunge hängt auf der
vierten nicht eingedämmten Seite über den steilen Abhang der Thai-
wand herunter und bildet, durch den Übergang aus einem flachen in
ein steileres Gefalle gleichsam gebrochen. Querklüfte.
Auf einer Seite der Gebirgsrücken, wo sich die grasseren Köre
befinden, sind auch die hangenden Gletscher bedeutender als auf der
ändern.

Gletscher des Ötethales. 83
Letztere, grössere bereits aus mehreren kleinern Becken beste-
hende ürsprungsthäler ausfüllend, schieben durch das Gewicht der
grossen Eismasse ihren Rutscher oder Kees weit unter der Schnee-
linie in das Thai vor.
Die Klüfte der liegenden Gletscher entstehen durch die Seiten-
reibung an den Thalwänden, der Rutscher spiesst sich gleichsam,
und sie nehmen daher eine der Länge nach an den Seiten sich aus-
spreitende Gestalt an.
Wo das Thai sieh wendet, bilden sich Querklüfte nach dem
Halbmesser des Wendungsbogens.
Man sieht wie am Ursprünge die hangenden Gletscher mit dem
liegenden zusammenfliessen, sich später nur mit der Zunge berüh-
ren, und endlich ganz absondern.
Die Quer-Durchschnittslinie der Ausfüllung senkt sich in der
Mitte; die der Zungen und Rutscher aber ist gewölbt.
Man sieht wie zwischen den aus festen Felsen bestehenden
Strebepfeilern der Gebirgskämme sich Schuttkegel oder steile
Schuttdeltas bilden.
Wie dieses Steingerölle sich vor den Zungen und Rutschern
befindet, und durch sie fortgeschoben wird.
Wie zwei liegende Gletscher aus verschiedenen Thälern
nie zusammenschmelzen, sondern sich durch Schutt-Moräne,
welche hei Gebirgsgraten anfangen, getrennt neben einander fort-
schieben.
Man sieht wie in den durch Erdwärme gebildeten Höhlen der
ausfüllenden Eisdecke eiß Flussgeäder vorhanden sein muss, wie
es gewöhnlich oberirdisch besteht, da s^a Ende der Zungen und
Rutscher die Gewässer nicht als schwache Quellen, sondern als
bedeutende Bäche aus den Gewölben hervorbrechen.
Mehr als jede andere Gletsehergruppe dürfte gerade die vor-
liegende interessant sein, und die Aufmerksamkeit der Naturforscher
verdienen, weil hier zwei Beispiele der Bildung von Gletscher-Seen
vorkommen, der Gurgler-See, der jedes Jahr den dammbildenden
Rutscher des Özthaler Ferner durchbohrt, und der schon so oft
durch den Vernagt-Femer gestaute Bofner See. Ich verweise
hierüber auf die lehrreiche kleine Schrift: „die Gletscher des
Vernagt-Thales ia Tirol imd ihre Creschichte" von Dr. M. Stotter.
Innsbruck 1846.
6 »

§4 Haidinger. Über den
Auf der Aufnahme sieht man wo sich das Ende des Vernagt-
Ferner im Jahre 1817 befand.
Vergleicht man schlüsslich die Gletscher-Gruppen des Mont<
blanc und des Finster-Aarhorns mit jener am Ursprünge desözthales
so sieht man, dass das Gebirgsgerüste des letztern sich am meisten
dem Normalbilde eines, durch immer nach einer geraden, nicht
bogenförmig gewundenen Richtung fortgesetzten Gabelung entstan-
denen Flussgebietes nähert, und daher wie alles regelmässige die
Forschung und das Studium der Entstehung erleichtert.
Professor Schroffer macht seine alleinigen Ansprüche auf
das Verdienst der Nachweisung der wahren Beschaffenheit des rothen
Phosphors geltend, indem er hervorhebt, dass er diese bereits im
Jahre 184S erkannt, und mehreren Wiener Gelehrten mitgetheüt
habe. Der Herr Vice-Präsident Baumgartner, wie auch die
wirklichen Mitglieder Prechtl, v. Ettingshausen und Fenzi
bestätigen die Richtigkeit dieser Thatsache.
HerrBergrath Haidinger machte folgende Mittheilung: Über
den Zusammenhang des orientirten Flächenschillers
mit der Licht-Absorption farbiger Krystalle.
Es ist immer ungemein anregend für weitere Forschung, häufig
aber von dem grössten wissenschaftlichen Erfolge, Reihen von
Eigenschaften, die an sich verschieden sind, doch mit einander
durch verknüpfende Beobachtungen in Übereinstimmung zu bringen.
Einige wenige Thatsachen, die ich heute der hochverehrten Classe
vorzulegen die Ehre habe, sind die ersten, welche den orientirten
Krystall-Flächenschiller mit dem^ positiven oder negativen Charakter
der Axen doppeltbrechender Krystalle verbinden, wenn man für die
Erscheinungen der Farben-Absorption an den letztern das von
B abinet ausgesprochene Gesetz als Grundlage annimmt.
Bekanntlich hat dieser verdienstvolle Forscher für weitaus die
Mehrzahl der von ihm untersuchten farbigen Krystalle, bei welchen
sich ungleiche Absorptioas-Verhältnisse zeigten, das folgende Gesetz
der Vertheilung derselben gefunden:

orienfirten PlächenschiUer. 8 S
1. In negativen Krystallen, das heisst in solchen, wo der Bre-
chungs-Exponent des ordinären Strahles grösser ist, als der des
extraordinären Strahles, wird der erstere bei seinem Durchgänge
mehr absorbirt als der letztere.
2. In positiven Krystallen, das heisst in solchen, wo der Bre-
chungs-Exponent des ordinären Strahles kleiner ist, als der des
extraordinären Strahles, wird der letztere bei seinem Durchgange
durch den KrystaII mehr absorbirt als der erstere.
Mit einem Worte: der stärker gebrochene Strahl wird auch
stärker absorbirt als der weniger gebrochene.
Negative Krystalle sind überhaupt häufiger als positive. Als
Beispiel möge hier vor anderm der Turmalm genannt werden.
In der so leichten Untersuchung durch die dichroskopische Loupe
erscheint bei senkrechter AxensteIIung der Krystalle immer das
obere Bild 0 dunkler als das untere Bild E. So bei Saphir, Chlorit
und ändern. Quarz dagegen (im Rauchtopas), Rutil, Zinnstein, als
positive Krystalle, zeigen das untere Bild E dunkler als das obere 0.
Es gibt nichtsdestoweniger mehrere Kr^staII-Species, die sich
dem Gesetze nicht fügen, wie Apatit, Beryll, Apophyllit, und die
weitere Untersuchungen wünschenswerth machen, um auf den wah»
ren Grund der Ausnahme zu kommen.
Bei den trichromatischen Körpern mit zwei optischen Axen wird
freilich die Mittellinie als die Hauptaxe betrachtet, um sie mit den
beiden ändern Elasticitäts-Axen zu vergleichen. Indessen fehlt es
hier an Aer Durchführung noch mehr als bei den einaxigen, weil
auch da die Lage und Geltung der Brechungs-Exponenten eine
andere und schwierigere ist
Demnach bleibt bei den ersten Wahrnehmungen an neuen
Krystallen, zumal wenn sich unmittelbar zusammengehörige Ver-
hältnisse kund geben, vor der Hand nichts übrig, als jenes Babi-
n et'sche Gesetz der Vergleichung zu Grunde zu legen. Die Aus-
nahmen von demselben finden auch übrigens nur bei chromatischer
Absorption Statt, welche die eine Seite des Spectrums vor der
ändern angreift. Bei gleichfarbigen Krystallen sind begreiflich der-
gleichen Störungen nicht vorhanden.
Als ich die von Sir David Brewster angegebenen
optischen Eigenschaften des von S c h u n c k zuerst dargestell-

86
Haidinger, Über den
ten 1) ehrysanaüinsauren Kalis &) zu untersuchen wünschte, leitete
mein verehrter Freund, der k. k. General-Probirer, Herp A. Löwe ia
seinemLaboratorium eine Arbeit über die merkwürdigen und mannig-
faltigen organischen Säuren und ihre Verbindungen ein, denen (te
Aloeharz zu Grunde liegt. Herr Franz Hillebrand, Assistent an
dem k. k. General-Münz-Probiramte, der die Operationen ausführte,
stellte au-ch das chrysolepinsaure und das aloetinsaure Kali dar.
Diese beiden Salze wurden in kleinen Krystallen erhalten, die,
selbst bräunlich, in gewissen Richtungen einen bläulichen Licht-
schein zeigten. So weit es die Kleinheit derselben erlaubte, wurden
sie untersucht, und gaben folgende Resultate:
l. Chrysolepiasaures Kali. Form. Undeutliche, vier-
seitige, kurze, höchstens etwa i% Linien lange, fadenförmige Pris-
men. Zuweilen ein Flächenpaar viel breiter, und gegen beide Eaäea
zu abnehmend, so dass sich eine länglich - ovale , spitzige Gestalt
derselben zeigt; letztere an den Spitzen oft fadenförmig verlängert.
Farbe, dunkelbraun; wenig durchscheinend. Die Prismen, ia
verticaler Stellung durch die dichroskopische Loupe untersucht,
gaben das obere Bild O röthlichbraun, und dunkler als das untere
Bild E, welches gelblichbraun ist. Der ordinäre Strahl mehr absorbirt
als der extraordinäre, der Charakter der optischen Axen, dieser den
Krystall-Axen parallel genommen nach Babinefs Gesetz, negativ.
Fig. l. Glanz, schwach. Orientirter, dunkel-
i\o lasurblauer Flächenschillcr, polarisirt in
y^ der Richtung der Hauptaxe. Man beobachtet
in d^r Längenstellung, Fig. l, das obere Bild
O mit hellem, weissen Glänze wenig bläu-
lich, das untere glanzlos; in der Querstel-
lung, Fig. 2, dagegen, ist das obere Bild zwar
auch weissglänzend/ das untere aber ist
von dem schönsten Lasurblau.
2. Aloetinsaures Kali. Form.
Höchst feine rhombische, bis drei Linien
lange, nadeiförmige Prismen. Nach Herrn
Dr. S p r i n g e r's Messung beträgt der
1) Ann. der Chemie und Pharmacie. Bd. 39. S. l.
2) Pogg. Ann. 1846, LXIX. S. 552. Phil. Mag. Ser. III. Vol. XXIX. p. 331.

orientirten FlächenschiUer. 87
Prismenwinkel 110° SO'. Die Flächen gleichbreit. Farbe, hellbraun.
Vollkommen durchsichtig. Durch die dichroskopische Loupe theilt
sich die Farbe in ein oberes 0 dunkel honiggelb, und in ein unteres
E weingelb. In etwas weniger dicken Krystallen ist O röthlichbraun
und E citronengelb. Charakter xler optischen Axe, dieser der Krystall-
Axe parallel genommen: nach Babinefs Gesetz, negativ.
Glanz, stark; diamantartig. Orientirter dunkel-lasurblauer Flä-
chenschiller, polarisirt in der Richtung der Hauptaxe. Die Beobach-
tungen genau wie bei den vorhergehenden Krystallen.
Wird eine kleine Menge dieser beiden Arten von Krystallen
auf mattgeschliffenes Glas mit dem Polirstahl oder einem Messer
fest aufpolirt, so besteht das zurückgeworfene Licht aus Weiss und
Blau, in allen Richtungen polarisirt, ersteres aber in der Einfalls-
ebene, letzteres senkrecht darauf, so dass in jedem Azimuth die
dichroskopische Loupe das obere Feld O weiss, das untere Feld E
lasurblau zeigt. Die blaue Farbe des mehr dunkelfarbigen chryso-
lepinsauren Kalis ist lebhafter als die des aloetinsauren.
Aus der Vergleichung der Eigenschaften folgt, dass beide Spe-
cies den ordinären Stahl stärker absorbiren als den extraordinären,
beide also, nach Babinefs Gesetz, optisch zu den negativen
Krystallen gehören. Aber für beide Species ist auch der Flä-
chenschiller in der Richtung der Hauptaxe polarisirt. Stellt
man sich die Intensität und den Polarisations-Zustand des durchge-
gangenen Lichtes A mit dem des zurückgeworfenen B combinirt
vor, so erhält man folgendes Resultat:
A. 0 gleich der Intensität des ausserordentlichen Strahles,
weniger dem durch stärkere Absorption abgängigen Theile dessel-
ben. E die Intensität des ausserordentlichen Strahles selbst.
B. 0 die halbe Intensität des zurückgeworfenen Lichtes über-
haupt, mehr dem zurückgeworfenen Lasurblau des orientirten Flä-
chenschillers. E die halbe Intensität des zurückgeworfenen Lichtes.
Es wird dabei vorausgesetzt, dass die Richtung des Lichtstrahles
senkrecht auf den Flächen der KrystaIIe stehen.
Man sieht, dass, während ein Theil ordinär polarisirten Lichtes
im durchfallenden mehr absorbirten Strahle fehlt, gerade da ein
Antheil Licht ebenfalls ordinär polarisirt zurückgeworfen werde,
der bereits tiefer in den Krystall gelangt war, als das von der
Oberfläche zurückgeworfene Licht.

8g Haidinger. Über den
3. Krokonsaures Kupferoxyd. Bei zwei Arten von Kry-
stallen fand sich hier vollkommene Gleichheit der Erscheinungen
und der vollkommensten Abhängigkeit der Absorptions-Verhältmsse
und des Flächenschillers von einander, so dass man vorbereitet
sein kann, die Art des einen vorauszusagen — wie man so gerne den
Ausdruck wählt — wenn die Art des ändern bekannt ist.
Es war mir daher sehr erwünscht, unter den Angaben von
schillernden Krystallen in Berzelius'Lehrbuch Angaben für das
krokonsaure. Kupferoxyd1) zu finden, die ganz ähnliche Farben-
Verhältnisse erwarten Uessen: „dunkelblauer metallisch-spiegelnder
Glanz, und bräunlich-orangefarbes, durchgehendes Licht." Meinem
verehrten Freunde, Herrn Professor S ehr öfter, bin ich nun für
diese wirklich wunderbar schönen Krystalle verpflichtet, die er auf
meine Bitte zusammensetzte. Auch die Krystallform derselben ist
trefflich ausgebildet; eine Mit th eilung darüber mag indessen einer
ändern Gelegenheit vorbehalten bleiben. Im Ganzen erinnert sie an
gewisse Krystalle von Schwerspath oder von Anglesit (schwefel-
saurem Blei), und in der Stellung mit dem schärferen Winkel des
horizontalen der Theilbarkeit parallelen Prismas zu oberst gestellt,
wurden sie in optischer Beziehung untersucht. Nach Herrn Dr.
Springers Messung beträgt dieser Winkel 72° 2'.
Farbe. Dem blossen Auge erscheint durch Rückstrahlung in
jeder Richtung ein sehr lebhafter halbmetallischer bläulicher Glanz;
durchsichtige, dünne Blättchen sind hell-gelblichbraun oder bräun-
lich-orange.
In der obigen Stellung auf der breiten rhombischen Diagonal-
fläche, durch die dichroskopische Loupe untersucht, ist das obere
Bild 0 lichter, das untere E dunkler, von einer orangebraunen, dem
Brookit ähnlichen Farbe. Der Charakter der optischen Axe nach
dieser Differenz ist^ dem der obigen Kalisalze gerade entgegen-
gesetzt, also positiv.
Aber auch der starke orientirte Flächenschiller von der schön-
sten lasurblauen Farbe hat eine entgegengesetzte Lage, indem er
nicht in der Richtung der Hauptaxe, sondern senkrecht auf dieselbe
polarisirt ist. In der Längenstellung, Fig. 2 nämlich, ist das obere
^ Gmelin. Annalen der Chemie und Pharmacie. XXXVII. 55.

orientirten Flächenschiller. 89
Bild weiss, das untere prächtig lasurblau; in der Querstellung,
Fig. 3, ist selbst das obere Bild diamantartig glänzend bläulichweiss,
das untere aber glanzlos.
Das krokonsaure Kupferoxyd bildet also gleichfalls eine Bestä-
tigung des Gesetzes, dass der orientirte Flächenschiller
in seiner Polarisations-Richtung mit der Polarisa-
tions-Richtung des mehr absorbirten Strahles dop-
peltbrechender Krystalle übereinstimmt.
4. Platinblausaures Ammoniak. Unter den vielen inter-
essanten Krystallen, die ich schon Herrn Professor Redtenbacher
verdanke, gab ich bereits in einer Versammlung von Freunden
der Naturwissenschaften am 26. Februar 1847 Nachricht 1). Die
Form der feinen, nadeiförmigen Krystalle war nicht zu erkennen,
wohl aber Farbe und Flächenschiller. Die Prismen, vertical gestellt
und durch die dichroskopische Loupe untersucht, gaben das obere
Bild O citronengelb, das untere E dunkler und zwar beinahe oliven-
grün. Es war also ein positiver Krystall, und man konnte den bereits
in der Spiegelung bemerkbaren Flächenschiller in der Ebene senk-
recht auf die Axe polarisirt erwarten. Dies war auch wirklich der
Fall in der Untersuchung mit der dichroskopischen Loupe. In der
Längenstellung gab die Reflexion das weisse polarisirte Licht im
oberen Bilde 0; das untere Bild E war von dem schönsten gesät-
tigten Lasurblau. In der Querstellung ist das obere Bild 0 stark
dianiantartig glänzend ins Bläulichgraue geneigt, das untere Bild E
glanzlos. Bei der Durchsichtigkeit der Krystalle bemerkt man in
dem 0 der Läügenstellung, und in dem E der Querstellung die
gelbe Farbe im schönen Gegensatze der blauen Zurüekstrahlung.
Aber bei diesen Species ist das untere durch Transparenz
gewonnene Bild schon etwas grünlich; bei den reflectirten Glanz-
erscheinungen bemerkt man auch, dass in der Längenstellung das
Blau bei nahe senkrechter Incidenz rein, nur mit dem Weiss
gemengt, welches der Polarisation entging, oder etwa lavendel-
blau, unter dem Polarisations-WinkeI hoch lasurblau, sich bei noch
grösserem Einfallswinkel in röthliche Töne, namentlich in ein zartes
Rosenroth, verlauft.
a) Berichte. II. Band, Seite 199.

90 Baumgartner uhd K r ei l. Geographische Längenbestimmmig
Die vorhergehenden Krystalle besitzen sämmtlich gelbe Parte
zum Theile sehr dunkel, so dass sie braun erscheinen. Die comple-
mentären Töne sind daher blau, die Erscheinung überhaupt m
Bezug auf Farben so einfach als möglich. Ich erhielt in der Reihe
meiner Beobachtungen auch mehrere Resultate von abweichenden
Farben-Zusammenstellungen, die selbst durch das ganze Spectrum
hindurch reichen, aber wenn sich auch im Allgemeinen jetzt schon
behaupten lässt, dass der Ton des Flächenschillers und der des
durchfallenden Lichtes gegen einander complementär sind, so
wünschte ich doch noch mehrere Beobachtungen zu sammeln, bevor
ich sie in grösserer Ausführlichkeit der hochverehrten Classe vorzu-
legen wagen kann. Vieles davon, wie sich die hochverehrte Classe
hier selbst überzeugt hat, wurde nur an mikroskopischen Krystallen
sicher gestellt. Wie schön wäre es, wenn dem Naturforscher grössere,
gut ausgebildete Krystalle zugänglich wären. Für den Chemi-
ker können Arbeiten, die sich auf die Hervorbringung derselben
beziehen, beinahe als Luxus betrachtet werden, nicht so für den
Physiker für den Mineralogen. Gewiss würden Bemühungen in
dieser Beziehung reichlich durch den Erfolg belohnt werden. Man
ist noch nicht gewohnt, den vielartigen Erzeugnissen chemischer
Laboratorien um ihrer selbst willen Plätze in Museen anzuweisen.
Höchstens werden sie, ihrer Anwendung wegen, etwa als Beitrag
zu den Artikeln der Waarenkunde aufbewahrt. Eben so wenig
erscheinen sie aber auch noch in Systemen geordnet, die sich auf
die Krystall-Individuen selbst beziehen. Ich darf den Wunsch nicht
unterdrücken, es möge die hochverehrte Classe auch diesem Gegen-
stande einst ihre freundliche Aufmerksamkeit weihen.
Herr Vice-Präsident Baumgartner theilt der Classe eine von
ihm gemeinschaftlich mit Herrn K r ei l zu Prag in Angriff genom-
mene Anwendung der galvanischen Telegraphie zur geographischen
Längenbestimmung mit.
Hat man den magnetischen Ring, welcher bei den Apparaten,
deren sich unsere telegraphischen Anstalten bedienen, die Stelle
der Magnetnadel eines gewöhnlichen Galvanometers vertritt, mittelst
eines galvanischen Stromes aus seiner Ruhelage abgelenkt, so dass

durch galvanische Telegraphen« 91
der damit verbundene Zeiger an eine der zu beiden Seiten befind-
lichen Glocken anschlägt, und wechselt man sodann plötzlich den
Strom, so wird der Zeiger an die entgegengesetzte Glocke an-
schlagen. Der Augenblick dieses Anschlages ist der Zeitpunkt, auf
dessen Angabe die geographische Längenbestimmung beruht. Die
Zeit, welche die Nadel braucht, um von der einen Glocke zur
ändern zu gehen, lässt sich mit Hülfe einer Feder, welche an die
Axe des Ringes sanft drückt, und mit Hülfe einer mikrometrisehen
Schraube mehr oder weniger gespannt werden kann, reguliren.
Man kann somit bewirken, dass diese Zeit eine beliebige Grosse
erlangt, z. B. genau eine Secunde beträgt. Daher kann man wegen
der ungeheueren Geschwindigkeit der Elektricität, welche die
grossten Wege auf der Erde in einer für uns ganz unmerklichen
Zeit durchläuft, bewirken, dass die Nadel an einem entfernten orte,
z. B. in Prag, in einem beliebigen Momente an die Glocke schlägt.
Dieser Augenblick in Wiener und in Prager Zeit bestimmt, gibt
die Längen-Differenz beider Orte. Man kann hier mit der Genauig-
keit viel weiter gehen, als bei Blickfeuern, wo die Zeitbestimmung
nach Herrn Director KreiFs Schätzung kaum auf 0,4 Secunden
genau ist. Bei den galvanischen Apparaten ist es möglich, sehr
viele Beobachtungen hinter einander in kurzer Zeit zu machen, was
die Genauigkeit des Resultates erhöht.
Wir haben von Wien aus drei telegraphische Drathleitungen
zu Gebote, die nach Prag, Cilli und Pressburg. Mit diesen lassen
sich eine Menge interessanter Fragen über die Fortpflanzung der
Elektricität beantworten. Diese sollen nach und nach vorgenommen
werden. So lässt steh die Leitungsgüte der Erde, das Gesetz der
Abnahme der Stromstärke an unseren Leitungen in der Wirklichkeit
erproben. Der Herr Vice-Präsident erwähnte hiebet noch der
eigenthümlichen vortheilhaften Einrichtungen der Staats-Telegra-
phen, namentlich des Correspondenz-Buches.
Der Secretär bemerkte, dass es zur scharfen Messung der
galvanischen Ströme sehr erwünschlich wäre, in den Besitz einer
guten Sinus-Boussole zu kommen, wie solche nach Poggendorffs
Angabe in Berlin verfertiget werden. Um höchstens 300 fl. Hesse
sich eine solche anschaffen; er stelle daher den Antrag, die
Classe möge sich hierwegen in der nächsten Gesammtsitzung an
die Akademie wenden,

92 K oll a. r. Beurtheilang des Berichtes des
Der Antrag wurde einstimmig angenommen, und in der Folge
auch von der Gesammt-Akademie bewilligt.
Das Präsidium der k. k. vereinigten Hofkanzlei übersendet mit
Zuschrift vom IS. Februar der Akademie zur Kenntnissnahme
einen Bericht des serbischen Kreisarztes Dr. Medovics an seine
Regierung, aber die Entstehung und Vertilgung der gefährlichen
Gollubatzer Mücken, welcher Bericht einer Eingabe des k. k. Con-
suls in Belgrad als Beilage beigefügt war. Herr Custos Kollar
wird ersucht, die Abhandlung des Dr. Medovics einer Durch-
sicht zu unterziehen.
Herr Professor Dr. Hyrti legt ein Gesuch des Doctors der
Medicin Johann W eis z vor, worin derselbe die Akademie um
Unterstützung zu Versuchen angeht, die er vorhabe, um die Blut-
menge im thierischen Organismus mittelst des Eisengehaltes des-
selben zu bestimmen.
Da Professor Hyrti dieses Ansuchen der Aufmerksamkeit der
Classe für würdig hält, wird dasselbe einer aus dem genannten
Mitgliede, und den Herren Kollar und Schroffer bestehenden
Commission zur Berichterstattung zugewiesen.
SITZUNG VOM 23. MÄRZ 1848.
Herr Custos Kollar liest nachstehende Beurthcilung des
von Dr. Medovics an die serbische Regierung erstatteten Be-
richtes über die Entstehung der gefährlichen Gollubatzer Mücken
(Simulium reptans Gollubatzense), und der Mittel zu ihrer
Vertilgung (Taf. I—III):
Eine kleine Fliege unter dem Namen Kolumbatscher — richti-
ger Gollubatzer Fliege oder Mücke bekannt, ist eine Hauptplage
der unteren Donau-Gegenden, sowohl auf dem linken als rech-
ten Ufer dieses Stromes, in unserer Banaler Militär-Grenze, als
auch in dem gegenüber liegenden Serbien.

Dr. M e d o v i c s aber die Gollobatzer Mücken. 9 3
Sie erscheint alljährig zuerst zu Anfang des Frühjahrs, zuwei-
len in so dichten Schwärmen, dass selbe einer Wolke, oder einem
daherziehenden Nebel gleichen, und befallt das Vieh auf der Weide
und die Landleute, welche auf dem Felde ihrer Arbeit nachgehen,
nicht selten in solcher Menge, dass der ganze Körper mehrere
Linien dick damit bedeckt ist. Bei ihrem Angriffe sucht die Fliege,
wie Augenzeugen versichern, vorzüglich die weichen, zarten und
unbehaarten Theile ihrer Schlachtopfer aus, und setzt sich desshalb
hauptsächlich in die Winkel der Augen, bei dem Vieh an das Maul,
in die Nasenlöcher, den After und die Geschlechtstheile, ja sie
kriecht sogar in die Ohren, in die inneren Nasenhöhlungen, in den
Schlund und die Luftröhre, so dass die Thiere im eigentlichen
Sinne oft daran ersticken müssen.
Ein jeder Stich, den dieses Insect versetzt, verursacht ein
brennendes Jucken, und eine sehr schmerzende, harte, schnell entste-
hende Geschwulst, die kaum nach acht bis zehn Tagen vergeht.
Mehrere solche Stiche, besonders wenn sie nahe beisammen
sind, erregen ein heftiges Entzündungsfieber, und bei reizbaren
Körpern Krämpfe und Convulsionen, ja bisweilen sogar den Tod.
Ist aber auch der Tod nicht immer die unmittelbare Folge die-
ser Mückenstiche, so erzeugen sie doch bei dem Vieh zum min-
desten langwierige Krankheiten, als: Mangel an Esslust, Verlust der
Milch bei den Kühen, üntauglichkeit zur Feldarbeit bei dem Zug-
vieh, Magerkeit des Körpers bei dem Mastvieh, unzeitige Gebur-
ten bei den trächtigen Müttern, und derlei Zufälle mehr, wie sie
Dr. Schönbauer in seinem Werke: »Die Geschichte der
Kolumbatscher Mücke 1793" sehr umständlieh beschreibt.
Nach diesem Autor fielen im Jahre 1783 als Opfer dieser Land-
plage in dem Banale: S2 Pferde, 131 Kinder, 310 Schafe, und
130 Schweine. Nach ändern Nachrichten erlagen im Jahre 1813
zu Banlock im Palatinat von Arad 200, und in Versitz 500 Stück
Hornvieh den Angriffen dieses Insectes.
Im Jahre 1830 zeigte sich diese Plage auch in unserer Nähe:
an den Ufern der March, von ihrem Ausflusse in die Donau an bis
in die Hanna hinauf starben mehrere hundert Stück Pferde, Kühe
und Schweine an den Folgen der Verletzung durch diese Fliege.
Dr. Medovics, Kreisarzt zu Poscharewatz m Serbien, spricht
von Millionen, die das Land alljährig durch diese Landplage verliert

94 Kollar. Beurtheilung des Berichtes des
Die betreffenden Regierungen und Behörden haben es zwar
nicht unterlassen, von jeher daran zu denken, wie einem solchen
Übel, dem bedeutende Strecken der genannten Länder ausge-
setzt sind, abzuhelfen wäre: man hat Commissionen niederge-
setzt, die über die Mittel zur Abwehr berathen haben, Männer
abgesendet, welche den Feind an Ort und Stelle beobachten, seine
Geburtsstätte und die Ursachen seiner Entstehung ausmitteln, imd
die zweckmässigsten Massregeln zu seiner Vernichtung vorschla-
gen sollten; indess alle Bemühungen blieben bis jetzt fruchtlos,
alle bisher in Vorschlag gebrachten Mittel beschränken sich auf
Palliative, welche das Übel zwar lindern, aber nicht radical zu
heben vermögen.
So pflegt man im Banate zur Zeit, wenn das Insect erscheint,
Haufen von Stroh, Mist und dürrem Reisig anzuzünden, und das
geängstigte Vieh läuft zu dem Feuer, und sucht Schutz unter
dem sich entwickelnden Rauche, durch den allerdings unter dem
anrückenden Feinde grosse Niederlagen angerichtet werden; indess
seine sich rettenden Reste sind hinreichend, um im nächsten Jahre
ähnliche Überfälle durch die frisch entwickelte Brut zu verursachen.
Man hat die Öffnungen von Felsenhöhlen durch Aufführung von
Mauern verschlossen, weil man glaubte, dass dort die Geburtsstätte
der Fliege sei, da dicke Klumpen derselben an den Wänden
beobachtet wurden; indess spätere Nachforschungen haben gezeigt,
dass sich das Insect nur vor Unwetter dahin flüchte, und bei günsti-
ger Witterung daraus hervorbreche.
Als man zu der Überzeugung kam, dass alles Ankämpfen
gegen das vollkommene Insect nichts fruchte, beschloss man gegen
seine Brut die Waffen zu wenden. Indess wo diese aufsuchen, und
hat man sie gefunden, welcher Mittel sich zu ihrer Vertilgung be-
dienen? Da meinten einige, das Insect müsse sich in dem feuchten
Boden der Buchen- und Eichenwälder entwickeln, die auf den
südlichen Abhängen des Donauthaies vorherrschend angetroffen wer-
den; andere behaupteten, es entstehe gleich ändern Insecten in dem
Laube dieser Bäume, weil man in der Berzaskaer Compagnie in
einem hohlen Buchenbaume unter dessen Rinde, und auch unter
einzelnen Zweigen eine Anzahl junger Gollubatzer Mücken gefanden
haben will. Professor Oken äussert in seiner „Naturgeschichte für
alle Stände" Band 8, 2. Abtheil. S. 749: „dass das Insect wahr-

Dr.Medovics über di« Gollubatzer Mücken. 9S
scheinlich sich im Miste entwickele, da es hauptsächlich auf Vieh-
weiden vorkommt, wo sich viele Kuhfladen finden.
Doctor Schönbauer spricht in dem oben erwähnten Werke
die Vermuthung aus, dass es im Wasser entstehe. Alle diese Aus-
sagen konnten aber nicht durch Erfahrungen bestätiget werden,
niemand hat in den Gegenden, die durch dieses Insect am meisten
leiden, seine Brut, d. i. die Eier, Larven und Puppen, gesehen.
Bei der obwaltenden Rathlosigkeit in einer für das Wohl jener
Länder so wichtigen Angelegenheit entschloss sich die serbische
Regierung im verflossenen Jahre den Kreisarzt von Poschera-
watz, Herrn Doctor Medovics, mit der Untersuchung aller Um-
stände, die sich auf die Zeit, von Ort, die Ursachen und die Art
des Bestehens der Gollubatzer Fliegen beziehen, zu beauftragen,
vorzüglich aber die verlässliehsten Mittel zu ihrer Ausrottung
anzugeben.
Der Herr Doctor hat sich diesem hohen Auftrage mit grösster
Bereitwilligkeit unterzogen, und die Resultate seiner fünfmonatlichen
Untersuchung in einem sehr umfassenden Berichte dem Kreisamte
seines Bezirkes vorgelegt. Da die Beobachtungen des Dr. Medo-
vics ausser der administrativen Bedeutung auch vom wissenschaft-
liehen Standpunkte von hohem Interesse sein dürften, so fand sich
das serbische Ministerium des Innern und der auswärtigen Ange-
legenheiten veranlasst, dieselben durch das k. k. Consulat in Serbien
aa das haehlobäehe k. k. Präsidium der allgemeinen Hofkammer mit
äean Ersuchen gelangen zu lassen: das hohe Präsidium wolle diese
Arbeit der ksdseri. Akademie der Wissenschaften zur gehörigen
Würdigung mittheilea. Das genannte Präsidium säumte nicht, den
Bericht des Dr. Medovies durch die k. k. Hofkanzlei der kaiserl.
Akademie der Wissenschaften zu übergeben, welche den Unter-
zeichneten mit der Beurtheilung dieser in jeder Beziehung sehr
wichtigen Arbeit zu beehren für gut befunden.
Doctor Medovics hat sich bei seiner Untersuchung zur Auf-
gabe gemacht, folgende Punkte auszumitteln:
1. Die Brutstätte der Fliege.
2. Die Zeit ihrer Entwickelung.
3. Die Art und Weise, wie sich die kleine Gollubatzer Mücke
ausbreitet, entwickelt und schwärmt.
4. Die Ursache der Gollubatzer Mücken.

96 K oll a r, Beurtheilung des Berichtes des
5. Die Art ihrer Ausrottung und
6. die Erörterung der Frage: ob die Gollubatzer Fliege und Jene
kleine Mücke, welche in der grösseren Hälfte des Fürstenthums
Serbien das Hausvieh tödtet, ein und dasselbe Insect sei?
Sein Bericht zerfällt also in eben so viele Capitel, die ich hier
nacheinander kritisch zu beleuchten versuchen will.
Bevor ich die Erörterung dieser Punkte einer strengeren Prü-
fung unterwerfe, muss ich bemerken, dass dem Herrn Doctor leider
mehrere auf diesen Gegenstand Bezug habende Arbeiten verschie-
dener Naturforscher zur Benützung nicht zu Gebote standen; sie
hätten seine schwierige Untersuchung bedeutend erleichtert, und
ihn vor manchen Fehlschlüssen, die auf unbegründete Hypothesen
fassen, bewahrt.
Die wichtigste dieser Arbeiten ist unstreitig das ^Memoire
pour servir ä Vhistoire des Simulies, genre d^insectes de
Vordre des dipteres, famille des tipulainee,9 lu ä la reunion
de la sociefe Helvetique des sciences naturelles ä Bäle, le
25 Juület 1821, par F. F. Verdat, Med. ä Delemont (avec
une planchey; enthalten in dem naturwissenschaftlichen Anzeiger
der allgemeinen Schweizerischen Gesellschaft für die gesammten
Naturwissenschaften. Herausgegeben von Fr. Meisner. Fünfter
Jahrgang. Bern, 1823.
In dem angeführten Mänoire theilt Dr. Verdat die umständ-
liche Naturgeschichte einer mit der Gollubatzer Mücke nahe ver-
wandten Art, des Simulium (Simulia Sieig.) sericeum mit, und
liefert zugleich Abbildungen von allen ihren Entwickelungsständen
mit Ausschluss der Eier, die er zu beobachten nicht Gelegenheit
hatte.
Etwas später erschien von dem Schwedischen Naturforscher
Ben. Fr. Fries in seinen nObservationes entowlologicctey" Stock-
holm, 182^, eine Monographia Simuliarum Sueciae y in wel-
cher ebenfalls die ersten Stände desselben Insectes bekannt gemacht
werden. ^
Beide Naturforscher stimmen in ihren Angaben über die Gestalt
und Lebensweise dieser Fliege vollkommen überein; beide haben
die Larven und Puppen im Wasser angetroffen, wo sich auch die
Fliege entwickelt, die dann einige Zeit in der Luft herumschwärmt
und als blutdürstiger Quälgeist gleich der Gollubatzer Mücke

Dr. Medovics über die Gollubatzer Mücken. 97
Menschen und Thiere belästigt, bis sie dann endlich wieder zum Wasser
zurückkehrt, um ihre Eier daselbst abzusetzen. In unserer Gegend
ist dasselbe Insect von meinem Freunde, Herrn Jos. Scheffer bei
Mödling, und von mir in mehreren Bächen unseres Kahlengebirges
beobachtet worden, und ich habe erst vor wenigen Wochen davon
eine Abbildung für die Sammlung naturhistorischer Gegenstände für
Seine Majestät den Kaiser anfertigen lassen, wovon ich hier eine
Copie vorzuzeigen die Ehre habe.
Ausser der Gollubatzer Mücke, welche von mehreren Autoren
für gleich bedeutend mit dem Culex reptans des Linne gehalten
wird, einem Insecte, das dieser Naturforscher als eine grosse Land-
plage Lapplands schildert, und ausser dem eben angeführten Simu-
lium sericeum, gibt es noch mehrere zur selben, vonLatreilIe
Simulium, von M eigen Simulia genannten Gattung gehörige
Arten, die durch ihren schädlichen Einfluss auf Menschen und
Thiere gleich berüchtigt sind. So habe ich in Dr. Pohls „Reise
im Inneren von Brasilien" eine Art unter dem Namen Simu»
lium pertinax beschrieben, welche der vor wenigen Jahren ver-
storbene, um die Erforschung der Naturproducte jenes Landes so
sehr verdiente Naturforscher Job. Natter er als eines der lästigsten
Insecten Brasiliens schildert, das in der Provinz Ypamma unter dem
Namen Boraxudo bekannt ist
Andere Gegenden von Süd- und Mittelamerika scheinen von
ändern Arten belästigt zu werden, welche zum Unterschiede von
den Mosquitos ^Moustiques^ genannt werden. Auch Nordamerika
hat seine eigenen Arten, die dort Black Fly (schwarze Fliegen)
heissen.
Von allen diesen Arten ist nur von dem einzigen früher erwähn-
ten Simulium sericeum die Lebensweise in seinen verschiedenen
EntwickeIungs-Perioden ziemlich vollständig bekannt. Es ist übrigens
nach der grossen Ähnlichkeit der Arten unter einander in ihrem
vollkommenen Zustande zu vermuthen, dass auch in ihren früheren
Ständen eine grosse Übereinstimmung herrsche.
Doctor Medovics hat, ohne von der durch Dr. Verdat
zuerst erkannten und bekannt gemachten Lebensart des Simulium
sericeum Kenntniss gehabt zu haben, durch seine Nachforschungen
ausgemittelt, dass auch die Gollubatzer Mücke in ihren ersten
Ständen im Wasser lebe: er gibt sechs Bäche in Serbien von den
Sitzb. d. math em.-naturw. CL I. Bd. '7

98 Kollar. Beurtheilung des Berichtes des
Ruinen der alten Festung Gollubatz bis unterhalb des Gebirges
Eotze an, in welchen er die Brut beobachtet hat. Ausserdem will
er auch Spuren davon an den seichten Ufern der Donau angetroffen
haben. Das Vorkommen dieser Brut, d. h. der Eier, Larven und
Puppen, in klaren Gebirgsbächen stimmt vollkommen mit Dr. Ver-
dafs, mit Scheffers und meinen eigenen Beobachtungen über
das verwandte Simulium sericeum überein; ob aber die Brut der
Gollubatzer Fliege, wie Dr. Medovics angibt, auch in der Donau
vorkommt, darüber müssten doch noch genauere Nachforschungen
angestellt werden. Vielleicht hat Dr. Medovics, dem keine opti-
schen Instrumente, wie er selbst eingesteht, zu Gebote standen,
diese Brut, die völlig ausgewachsen nicht ganz vier Linien in der
Länge misst, mit einem ändern Wasser-Insect verwechselt, zu
welcher Annahme ich mich um so mehr für berechtigt halte, als
Medovics keine genaue Beschreibung von der fraglichen Brut
liefert.
In Beziehung auf die zweite Frage, nämlich die Zeit der
Entwickelung der Fliege, bemerkt Dr. Medovics, dass das
Volk zwar allgemein annehme, sie erscheine zu drei verschiedenen
Perioden im Jahre, und zwar zum ersten Male Ende April und An-
fangs Mai; dann um Christi Himmelfahrt und zuletzt um Pfingsten,
wo sie dann bis St. Peter und Paul, d. i. bis 11. Juli dauert. Seine
eigenen Beobachtungen haben ihn belehrt, dass die Entwickelung
und das Schwärmen der Mücke nicht streng an diese drei Perioden
gebunden sei, dass sie sich allerdings zuerst im Frühjahre, nach
den Witterungsverhältnissen bald früher, bald später, manchmal
schon Ende März zeige, dann aber in unbestimmten Zeitabschnitten
in grösserer oder geringerer Menge schwärme, dass durch Ungunst
der Witterung, Kälte, Regen und Stürme die Dauer des Schwär-
mens abgekürzt und die Fliege überhaupt vernichtet werde.
Die von Dr. Verdat in der Schweiz beobachtete Art erscheint
in zwei verschiedenen Perioden, zuerst im Frühjahre und dann
wieder im Herbste. Ich habe in unserer Gegend, wo das zuletzt
erwähnte Insect nicht übermässigufig ist, zwar keine solche
regelmässige Periodicität beobachtet, doch fand ich dies Jahr
bereits im Februar die vollkommen ausgewachsene Larve, so dass
ihre Verwandlung zur Puppe und Fliege gewiss im ersten Frühjahre
erfolgen muss. Andere Jahre sah ich die Larve Mitte Sommers

Dr. Medovics über die Gollubatzer Mücken. 9 9
erwachsen, und ich schliesse daher ebenfalls auf eine doppelte
Generation im Jahre.
Da indess nicht alle Individuen sich gleichzeitig entwickeln,
so gibt es, wie in der ganzen organischen Schöpfung auch hier
Früh- und Spätgeburten, und so geschieht es, dass man den ganzen
Sommer hindurch einzelne solche Mücken schwärmen sieht, und
dass zwar die Fortpflanzung der grossen Massen an eine gewisse
Periodicität gebunden ist, einzelne Paare jedoch von der Regel eine
Ausnahme machen.
Warum die Folgen der Verletzung durch die Gollubatzer
Mücke in gewissen Perioden gefährlicher sei, als zu ändern Zeiten,
darüber weiss Dr. Medovics keinen sicheren Grund anzugeben; er
glaubt, dass vielleicht die Beschaffenheit des Morastes, in welchem die
Mücke entsteht, darauf Einfluss habe. Hierin kann ich dem verehrten
Herrn Doctor nicht beipflichten; da er von der Entstehung der Fliege
in Morästen keine Erwähnung thut, sondern sie vielmehr aus reinem
Quell- und Bachwasser sich entwickeln sah; ich glaube vielmehr,
dass die Wirkung zunächst von der Quantität der Stiche, dann aber
von der individuellen Disposition des verletzten Individuums abhänge.
Wir sehen dies bei unseren gewöhnlichen Gelsen, dass ihre
Stiche bei gewissen Personen nur ein unbedeutendes Jucken verur-
sachen, während bei anderen Geschwulst und Ausschlag die Folge der
Verletzung ist. Allerdings scheinen klimatische Verhältnisse sowolil auf
dieWuth der lästigen Insecten, als auf die Receptivität der Verletzten
nicht ohne allen Einfluss zu sein. Schon in Ungern und Italien
erzeugt dieselbe Gelse, welche bei uns vorkommt, weit schmerz-
lichere und gefährlichere Zufälle.
In dem dritten Capitel beschäftigt sich Dr. Medoyics mit
der Erzeugung der Fliege: er gibt an, dass sich in einem gelblich
weissen Schleime zuerst kleine Eierchen bilden, welche nach und
nach grösser werden, und nichts anders als der Same künftiger Mücken
seien. Dieser Schleim sammt den darin enthaltenen Eiern werde
nur von einer der von ihm untersuchten Quellen ausgeworfen, aus
den übrigen komme nichts dergleichen zum Vorscheine, aber ein
ähnlicher Schleim setze sich in den Bächen, in einiger Entfernung
von ihrem Ursprünge an die im Wasser befindlichen Holzspäne, an
Gras, an Äste u. s. w., und dann fülle er sich allmählich mit den
vorerwähnten Eierchen an u. s. w.
7*

100 Kollar. Beurtheilung des Berichtes des
Man sieht, dass Dr. Medovics ein Anhänger der freiwilligen
Zeugung ist; er nimmt an, die Elemente der Gollubatzer Mücken
seien in dem Quellwasser enthalten, und gestalten sich unter günsti-
gen Umständen zuerst zu Schleim, zu Eiern, aus denen er dann
wirklich wurmähnliche Wesen, also Larven, sich entwickeln sah,
deren weitere Metamorphose er aus Mangel an geeigneten Werk-
zeugen nicht verfolgen konnte. Es ist hier nicht der Ort, zu unter-
suchen, ob und in wie weit eine freiwillige Zeugung bei organischen
Wesen zulässig sei; so viel ist indess gewiss, dass Wesen auf einer
so hohen Entwickelungsstufe wie die Insecten, jetzt gewiss nicht
von selbst entstehen.
Die Gollubatzer Fliege legt wie alle ändern Insecten Eier, aus
denen sich Larven entwickeln, die sich dann verpuppen, und endlich
wieder als Fliege zum Vorscheine kommen.
Bei ihrem Schwärmen in so dichten Massen hat die Fliege
gewiss nicht bloss die Absicht ihrer Nahrung nachzugehen, sondern
auch eine für ihr Bestehen noch wichtigere Pflicht, jene der Fort-
pflanzung zu erfüllen. Die pyramidenähnlichen- Säulen verschiedener
Mücken, die wir an schönen Sommerabenden sich in der Luft erheben
sehen, haben keine andere Bestimmung als die Erfüllung dieser von
der Natur gebotenen Pflicht zur Erhaltung der Gattung. Es sind,
wenn ich so sagen darf, Mücken-Bälle, auf denen eheliche Banden
geschlossen werden, und der aufmerksame Beobachter kann ohne
Mühe die vereinten Paare aus dem gemeinsamen Reigen scheiden
und dem Ehebette zueilen sehen. So macht es unsere Gelse, und eine
Menge ihr mehr oder weniger verwandten Gattungen. Dieselbe
Erscheinung findet auch bei den Ameisen Statt, und Dr. V er da t
setzt einen ähnlichen Vorgang bei dem Simulium sericeum voraus,
obschon er weder die Paarung, noch den Act des Eierlegens zu
belauschen Gelegenheit fand.
Wenn daher in dem von Dr. Medovics beobachteten Schleime
wirklich Eier der Gollubatzer Fliege enthalten waren, so sind sie
gewiss nicht von der Quelle ausgeworfen worden, noch haben sie
sich m den Bächen von selbst gebildet, sondern sind gewiss, von
den Weibchen selbst in Schleim gehüllt, gelegt worden, wie dies
mehrere Insecten, namentlich die Frühlingsfliegen (Phryganea) zu
thun pflegen. Es ist übrigens möglich, dass Medovics eine Süss-
wa&ser-Alge, das Batrachaspermum monüiforme für die Brut der

Dr. Medovics über die Gollubatzer Mucken. 101
Gollubatzer Fliege angesehen, seine umständlichere Beschreibung
davon passt ganz auf dieses kryptogamische Gewächs.
Um darüber ins Klare zu kommen, müsste von dieser Masse
etwas in Weingeist zur Untersuchung eingesendet werden.
Nach Dr. Verdate Beobachtung sind zur Entwickelung der
von ihm beobachteten Fliege vom Ei an bis zum vollkommenen Insecte
4 — S Monate erforderlich, und diese Beobachtung erscheint durch
Analogien vollkommen bestätiget.
Herr Dr. Medovics änssert sich über diesen Punkt nicht klar
genug: er behauptet Anfangs, dass aus dem von ihm beschriebenen
Schleime, welcher die Eier enthält, und die ganze Oberfläche der
Bäche in Form eines Netzes bedeckt, sich zugleich auch die Fliege
zu Millionen entwickelt. Später gesteht er aber ein, dass er in diesem
Schleime eine Veränderung beobachtet habe, dass die Brut die Form
eines Würmchens angenommen, an dem man Augen, Kopf, Rumpf,
und an diesem Füsse unterscheiden konnte.
Wie sich diese Brut von nun an in die Mücke verwandle,
konnte er wegen 'Mangel an den nöthigen Werkzeugen nicht beob-
achten.
Er hat also den Puppenzustand, wo das Thier in einem tutten-
förmigen, halb offenen Gehäuse ruht, nicht gesehen.
Dieser Mangel einer vollständigen Beobachtung übt aber, wie
er ganz richtig bemerkt, auf die Hauptabsicht, nämlich die Ausrottung
der Mücke, keinen wesentlichen Nachtheil aus. Seine erste Angabe
über die Entstehung der Fliege beruht gewiss auf einer Täuschung,
denn unmöglich kann aus dem Ei gleich die vollkommene Fliege zum
Vorscheine kommen.
Wenn es übrigens zur Ausrottung dieser Mücke nicht unum-
gänglich nöthig ist, ihre ganze Entwickelung vollständig zu kennen,
so wäre es doch wünschen swerth zu erfahren, zu welcher Zeit die
Gollubatzer Mücke als Larve vorhanden sei, und wie lange dieser
Zustand dauert, .denn gerade in dieser Zeit richtet man durch Mittel
der Vertilgung am meisten aus, weil das Thier, wenn es um diese
Zeit aus dem Wasser geschafft wird, unrettbar zu Grunde geht. Wahr-
scheinlich ist der hohe Sommer, dann der Spätherbst, der ganze
Winter bis in den März hinein die geeignetste Zeit zur Ausrottung;
unser Simulium sericeum wenigstens existirt zu diesen Zeiten als
Larve in den Bächen.

102 K o 11 a r. Beurtheilung des Berichtes des
In weiterem Verfolge dieses Capitels wird die Art, wie die Fließe
aus dem Wasser allmählich in dieLuffc gelangt, umständlich beschrie-
ben , und die Ausdehnung ihrer Verbreitung in Serbien angegeben.
Die ersteren Angaben stimmen mit denen anderer Naturforscher im
Wesentlichen überein.
In dem vierten Capitel handelt der Herr Doctor von den
Ursachen der Gollubatzer Mücken, oder vielmehr von dem Ent-
stehungsgrunde derselben. Er bleibt seiner bereits früher ausge-
sprochenen Ansicht treu, und leitet den Ursprung der Fliege von
gewissen organischen Theilchen her, welche dem Wasser der von
ihm untersuchten Quellen und Bäche nebst seinen wesentlichen
Bestandtheilen beigemengt sind, und unter angemessenen Lehens-
bedingungen als erste lebendige Keime der Mücke auftreten.
Dass diese Ansicht nach den bisherigen Erfahrungen über die
Entstehung der Thiere und namentlich der Insecten unstatthaft
ist, habe ich bereits gezeigt, und erkläre somit alles, was in diesem
Capitel gesagt wird, für eine längst widerlegte Hypotliese. Wenn
Dr. Medovics zur Erhärtung seiner Ansicht den Umstand anführt,
dass sich nur in den von ihm angegebenen und in keinen ändern
Wassern die Fliege erzeugt, so kann ihm entgegnet werden, dass
auch die Forelle nicht in jedem Wasser vorkommt und dass es gewiss
Niemandem einfallen wird, zu behaupten, sie werde nur darum in
Gebirgswassern gefunden, weil diese allein die Elemente zur Forel-
lenbildung enthalten.
Es sind allerdmgs Ursachen vorhanden, warum ein gewisses
Thier nur an einem bestimmten Orte und unter bestimmten Verhält-
nissen sein Leben fristen kann, indess diese Ursachen sind ganz
anderer Art, welche hier auseinander zu setzen zu weitläufig wäre.
Es genüge hier die Bemerkung: Die Gollubatzer Mücke scheint gleich
dem ihr verwandten Simulium sericeum das Wasser klarer Gebirgs-
bäxAe allen übrigen vorzuziehen, vielleicht ist die zu ihrem Unter-
halte nöthige, in solchen Bächen am reichlichsten vorkommende
Nahrung, welche aus anderen kleinen Wasserthieren zu bestehen
scheint, der Hauptgrund dieser Erscheinung.
Im fünften Capitel seines Berichtes gibt Dr. Medovics die
Mittel an, durch welche nicht, allein sein Vaterland, sondern auch
die gegenüber liegende k. k. Mältär-Gränze von dieser Landplage
befreit werden könne.

Dr. Medovics über die Gollobatzer Mücken. 103
Nachdem er die ünzulässigkeit und ünausführbarkeit gewisser
Massregeln, als: das Zumauern der Quellen, in welchen nach
seiner Meinung der Keim der Mücken erzeugt wird, das Überwölben
und Bedecken der den Schleim führenden Bäche durch Kupfer-
dächer, das Mischen gewisser Gifte in das Wasser dieser Bäche,
durch welches die Brut vernichtet werden könne, auseinander
gesetzt hat, empfiehlt er als das einzige und verlässlichste Mittel
das Wegschaffen des Schleimes aus den Bächen durch Menschen-
hände. Er meint, dass drei oder vier Individuen hinreichend wären,
diesen Schleim, in welchem sich die Mücke erzeugt, durch Besen
aus dem Wasser zu entfernen, und die Kosten dieser ganzen Ope-
ration würden keine anderen sein, als die Befreiung dieser mit der
Reinigung beauftragten Leute von ihrer halb- oder ganzjährigen
Steuer. Welch geringe Opfer für eine so grosso Wohlthat, die dem
Lande erwachsen würde.
Herr Dr. Medovics argumentirt bei seinem Vorschlage auf
folgende Art: Die Brutstätte der Mücke ist der sich im Wasser
erzeugende Schleim, welcher bald wie Froschlaich aussieht, bald
wie ein Netz die Oberfläche des Wassers bedeckt; zur Entwicke-
lung des in diesem Schleime ruhenden Keims ist Feuchtigkeit
nöthig; wird diese entzogen, so müssen die Keime zu Grunde
gehen. Man hat also nichts anderes zu thun, als den Schleim auf
das Trockne zu schaffen und der Einwirkung der Luft auszusetzen.
Wenn die Theorie des Herrn Doctors über die Entstehung der
(Mhibatzer Mücke die richtige wäre, so liesse sich auch gegen das
von ihm empfohlene Mittel Nichts einwenden, indess wir haben
gesehen, dass diese Theorie unzulässig, folglich dürften auch die
Mittel den gehegten Wünschen wenigstens nicht in dem Masse ent-
sprechen, als der Herr Doctor hoffi und versichert.
Wenn wir die, durch Beobachtung gründlicher Naturforscher
enträthselte Ökonomie der, mit der Gollubatzer Mücke nahe ver-
wandten Fliege erwägen, so finden wir, dass das Insect allerdings
in seinen ersten Ständen im Wasser lebt, dass die Larven und Pup-
pen daselbst an Gras und ändern Wasserpflanzen, an Wurzeln, an
Spänen, und überhaupt an allen im Wasser befindlichen Gegenstän-
den, folglich auch an dem von Dr. Medovics erwähnten netzför-
migen oder dem Froschlaich ähnlichen Schleime sitzen können,
welcher Schleim, wie schon erwähnt worden, theils eine Süsswasser

104 Kollar. Beurtheilung des Berichtes des
Alge (Batrachospermum moniliforme), theils verschiedene
Conferven, unter dem Namen Wasser faden bekannt, zu sein
scheinen.
Werden nun derlei Gegenstände aus dem Wasser entfernt, so
kommen damit auch die erwähnten Larven aufs Trockene und müs-
sen zu Grunde gehen. Bei diesem Geschäfte muss übrigens eine
bestimmte Zeit beobachtet werden. Geschieht das Hinausschaffen
dieser Gegenstände aus dem Wasser in der Periode, wo sich die
Fliege im Puppenzustande und folglich ihrer letzten Entwickelung
ganz nahe befindet, so nützt die Massregel nicht, man würde dann
der Fliege nur die Mühe des Herausgehens aus dem Wasser
erleichtern.
Wir sind mit dem empfohlenen Mittel vollkommen einverstan-
den, wenn wir auch eine andere Ansicht über die Entstehung der
Fliege hegen, ob eine richtigere, mag der unbefangene Richter
entscheiden.
Wenn aber auch die bisher erwähnten Gegenstände und mit
ihnen die Mücken-Larven aus dem Wasser entfernt werden, so ist
dem Übel nach unserer Meinung noch nicht ganz abgeholfen.
Der bei weitem grössere Theil der Larven, wenigstens bei
der von uns beobachteten Mücke, hält sich am Boden der Bäche
auf den Steinen auf, wir sahen sie in Klumpen zu Hunderten auf
einem einzigen Steine sitzen.
Es müssten also, wenn dem Übel vollständig abgeholfen wer-
den soll, das Gerolle und die grösseren Steine aus den Bächen
geschafft werden, und zwar zur Zeit, wo die Mücke im Larven-
Zustande daran haftet. Ob die Kosten einer solchen Arbeit mit dem
Schaden, den die Mücke anrichtet, in einem günstigen Verhältnisse
stehen, wagen wir wenigstens vor der Hand noch nicht auszuspre-
chen. Aus unserer Darstellung geht vorläufig soviel hervor, dass
der Gegenstand noch nicht erschöpfend untersucht, und dass darüber
nur Sachverständige und vorurtheilsfreie Forscher nach zu verschie-
denen Jahreszeiten anzustellenden Beobachtungen ins Klare kom-
men können.
Ist aber der Schaden, den dieses Insect anrichtet, wirklich
all jährig so gross, wie Dr. Medovics in seinem Berichte
erwähnt, so wäre es wohl der Mühe werth, dass die betreffenden
Regierungen einige Opfer auf die gründliche Untersuchung verwenden.

Dr. Medovics über die Gollubatzer Mucken, 105
Sollten auch die Resultate einer solchen Untersuchung das
Übel als unheilbar hinstellen, so würde man sich wenigstens in
Zukunft die immer mit Geldopfern angewendeten, oft ganz zweck-
widrigen, Ja lächerlichen Mittel ersparen.
Es wird gewiss niemand einfallen, die Gelsen oder Schnacken
ausrotten zu wollen, deren Ökonomie man vollkommen kennt, weil
man eben durch diese Kenntniss von der Unmöglichkeit überzeugt
wird. Beschränkt sich die Erzeugung der Gollubatzer Mücke auf
einzelne Bäche, so ist an ihrer Ausrottung nicht zu verzweifeln;
kömmt sie aber gleich den Larven der Gelse in allen stehenden
Wassern vor, dann wäre alle Anstrengung in dieser Hinsicht eine
Arbeit der Danaiden. Vor allem muss also durch einen gründlichen
Kenner ausgemittelt werden, in welche Grenzen die Erzeugung
dieser Fliege eingeschlossen ist.
Im sechsten und letzten Kapitel seines Berichtes bemüht sich
Dr. Medovics darzuthun, dass die Gollubatzer Mücke, und jenes
unter dem Namen „kleine Fliege" bekannte Insect, welches in der
grosseren Hälfte des Fürstenthumes das Hausvieh tödiet, eine und
dieselbe Mücke sei.
Er behauptet, dass die Gollubatzer Mücke am Orte ihrer Ent-
stehung, nämlich in der Gegend um das alte Schloss Gollubatx,
gar keinen Schaden anrichte, weil daselbst ihre Entwickeliing noch
nicht vollkommen sei, dass sie aber, je weiter sie sich von der
Brutstätte entfernt, immer kräftiger, vollkommener und giftiger
werde, dass sie sogar mit der Zeit, und in Folge der weitem Wan-
derung die Zeichnung und Farbe ihres Körpers etwas verändere.
Ich muss gestehen, dass ich diese Art zu argumentircn, durchaus
nicht begreife.
Ein den Puppen-Zustand überstandenes, also völlig entwickel-
tes Insect, ein Käfer, ein Schmetterling, eine Fliege u. s. w.,
erleidet in seiner Gestalt und Färbung keine weitere Veränderiinc'
mehr. Was hingegen die dynamischen Wirkungen gewisser Arten
betrifft, so muss ich allerdings eingestehen, dass sie sich nicht
immer gleich bleiben. Jedermann weiss aus Erfahrung, dass gewisse
Fliegen, Bremsen, Gelsen oder Schnaken bei schwüler Gewitter-
luft viel lästiger sind, als bei kühlem und heiterem Wetter, dass
namentlich die Gelsen am Abende und in der Nacht hauptsächlich
ihr Unwesen treiben; dass ferner die .grossere oder geringere

106 Kollar. Beurtheilung des Berichtes des Dr. Medovics etc.
Bösartigkeit gewisser Fliegen von der Localität abhängt, dass man
in Auen, im Gebüsche viel mehr zu leiden hat, als auf dem freien
Felde. Ferner muss ich noch erwähnen, dass bei manchen Insec-
ten, namentlich bei Gelsen, Fliegen, die Weibchen vorzüglich die
Quälgeister sind, während die etwas verschiedenen Männchen fast
gar keine Nahrung zu sich nehmen. Vielleicht bedürfen bloss die
ersteren der Nahrung zur Ausbildung ihrer Brut, oder um während
des Acts des Eierlegens die nöthige Kraft zu behalten.
Sollten vielleicht die hier bemerkten Umstände zu der Annahme
einer Verschiedenheit zwischen der Gollubatzer Mücke und der
„kleinen Fliege" Veranlassung gegeben haben? darüber kann nur
die Vergleichung und Untersuchung dieser zwei verschieden sein
sollenden Fliegen Aufschluss geben. Dass sich übrigens Männchen
und Weibchen zu gewisser Zeit absondern, bemerkt schon der öfter
erwähnte Schweitzer Naturforscher Dr. V crdat; er sagt: „nach-
dem die Paarung stattgefunden, trennen sich die beiden Geschlech-
ter, die Weibchen kehren zu den Bächen zurück, um dort ihre Eier
abzusetzen, und die Männer sterben, nachdem sie sich einige Zeit
herumgefummelt haben, vereint in grosscn Haufen."
Ich habe deren oft gesehen, ohne ein Weibchen unter ihnen
zu finden, wie sie gleich den kleinen Schnaken an erhöhten Plätzen
und um kahle Felsen, die von der Mittagssonne beschienen wurden,
herumschwärmten.
Aus der hier mitgetheilten Beleuchtung des Berichtes, wel-
chen Dr. Medovics über die Gollubatzer Mücke der serbischen
Regierung erstattet hat, ergibt sich, dass der Haushalt dieser ver-
derblichen Fliege durch die Bemühungen des genannten Herrn
Üoctors noch nicht vollständig erforscht ist, dass er aber wenig-
stens in jener Gegend zuerst die wahre Bahn, um zur Wahrheit
zu gelangen, betreten habe.
Verfolgt Herr Medovics den einmal betretenen Weg, und
beherzigt er, was erfahrene Naturforscher in ihren Werken, und
wir in diesem unparteiischen und aufrichtigen ürtheile gesagt
haben, so zweifeln wir nicht, dass in wenigen Jahren die Natur-
geschichte dieses so wichtigen Insects völlig enthüllt sein würde,
und dass man dann mit grösster Sicherheit wird angeben können,
ob die Ausrottung möglich oder unmöglich, und welche Mittel dazu
anzuwenden wären,

Hyrtl. Über die Wirbel etc. des Pseudopus Pallasii. 107
Wir wünschen aufrichtig, dass dem Herrn Doctor von seiner
Regierung für die bereits gehabte Mühe die verdiente Anerkennung
zu Theil werden möchte, und dass er durch Ausstattung mit den
nöthigen Behelfen zu seinen weiteren Untersuchungen versehen
werden möge, wozu vor Allem eine gute Handloupe und ein Mikro-
skop unumgänglich nöthig sind.
Da übrigens in den Handbüchern der Naturgeschichte, so weit
ich sie kenne, die neueren Erfahrungen über diese so wichtige
Gattung der Insecten noch nicht aufgenommen sind, so dürfte es
nicht überflüssig sein, wenn die kaiserliche Akademie der Wissen-
schaften die Herausgabe einer kleinen Broschüre, welcher eine
Abbildung der verschiedenen Entwickelungsstände der bekannten
Arten beigegeben wäre, zur Belehrung der von der Fliege heim-
gesuchten Länder veranstalten wollte.
Erklärung der Abbildung.
Fig. l. (Taf. I.) Simuliwn sericeum Meig.; eine mit der Gollu-
batzer Mücke (^Szmuliwn,repians Linn,) nahe verwandte
Art; l. in natürlicher Grosse; l a. vergrößert.
Fig. 2. Ihre Larve in natürlicher Grosse; 2 a. vergrössert von der
Seite angesehen; 2 b. die Rückenansicht.
Fig. 3. (Tat. II.) Der Kopf der Larve sehr stark vergrössert;
3 a. (Tat. III.) die Seitenansicht davon mit dem zapfcnför-
migen Fortsatze an der Brust; 3b. (Taf. II.) die Ansicht von
oben; 3 c. (Taf. III.) das hintere Ende der Larve mit dem
Saugnapf, mittelst welchem sie an Pflanzen, Steinen u. s. w.
im Wasser festsitzt.
Fig. 4. (Tat. L) Die Puppen der Fliege in natürlicher Grosse im
Gehäuse und ausser dem Gehäuse; 4 a. vergrössert.
Fig. 5. (Taf. L) Die Puppe ausser dem Gehäuse.
Herr Professor Dr. Hyrtl übergab der Classe eine druckfer-
tige Abhandlung mit Zeichnungen über die Wirbel und Lymph-
herzen des Scheltopusik (Pseudopus Pallasii}. Letztere weichen

108 Sehr Otter. Ober (»in neues Normal-Barometer.
von der r die übrigen Ophulier geltenden Norm in so fern ab, säg
sie ihre Lymphe aus dem grossen Abdominalsinus mittelst eiltös,
den Querfortsatz des einzigen Sacralwirbels durchbohreadftn Oa.
naies aufzunehmen, und in die Wurzel der Nabel-Vene treiben.—
Der Herr Professor setzte den Inhalt dieser seiner Abhandlung M
freiem Vortrage auseinander, und erläuterte denselben durch ehe
Zeichnung an der Tafel.
Professor Schrötter erklärte eine von ihm erdachte neue
Einrichtung des Barometers, durch welche es als Normal-Barometer
dienen, und hinsichtlich der Sicherheit, Genauigkeit und Bequem-
lichkeit der Ablesung des Barometerstandes mit allen bis jetzt
versuchten Constructionen mit Vortheil in die Schranken tretea
kann, dabei aber nur halb so hoch zu stehen kommt, als das bis
jetzt für das vorzüglichste Instrument dieser Art gehaltene
P i stoische Normal-Barometer. Das Wesen der neuen Einrichtung
besteht darin, dass von der oberen Kuppe der Barometerröhre im
Innern des leeren Raumes eine Glasspitze herabgeht, welche mit
der Oberfläche des Quecksilbers durch Heben oder Senken der
Röhre bei fixstehendem Gefässe in Berührung gebracht wird. Eine
zweite Spitze geht von dem Deckel des Gefässes herab, und die
Oberfläche des Quecksilbers darin wird auf die gewöhnliche Weise
mittelst einer Bodenschraube gestellt. Das Barometerrohr ist am
oberen Theile so weit, dass aller Capillar-Einfluss wegfällt. Zur
feinen Verschiebung der Röhre dient eine Mikrometer-Schraube,
und die Scale an der Röhre gibt den Barometerstand. Das Instru-
ment, welches der Herr Professor vorzeigte, ist von dem ausge-
zeichneten Künstler Herrn Kappellerin Wien auf das trefflichste
ausgeführt
Auf Antrag des Secretärs beschliesst die Classe den Ankauf
dieses Instrumentes. Preis 78 Gulden.
Herr Bergrath Haidinger tiberreicht den Mitgliedern der
Classe Exemplare eines ia fransischer Sprache gedruckten Send-
schreibens des Herrn v. Morlot an Herrn Alie de Beaumout
und begleitet dasselbe mit folgendem Vortrage:

Haidinger übergibt Morlot's Sendschreiben an Elie de Beaumont. 109
Es sei mir erlaubt, einige Worte über den Inhalt dieses Send-
schreibens, und den Theil, welchen Herr v. Morlot darin meinen
Ansichten angewiesen hat, kürzlich beizufügen. Der Gegenstand
desselben ist die Bildung des Dolomits an der Stelle von früheren
Kalkstein-Schichten durch den allmählichen Vorgang der Gebirgs-
Metamorphose. Arduin hatte sie gemuthmasst, Leopold von
Buch als unabweislich erkannt, und zur Erklärung- des Vorgangs
den Einfluss des Augitporphyrs und eine mögliche Verflüchtigung
der Talkerde in Dämpfen angenommen. Elie de Beaumont hatte
berechnet, dass, wenn in einem gewissen Räume ein Doppel-Atom
Kalkstein (2 C a C) durch ein Atom Dolomit (Ca C + Mg Ö) ersetzt
wird, wegen des grösseren speeifischen Gewichtes des Ganzen bei
einem niedrigeren Atomgewicht der Talkerde eine Quantität von
Drusen-Hohlräumen ===12 Procent des ganzen Volums übrig bleiben
muss. Herr v. Morlot fand durch unmittelbare Untersuchung eines
von ihm selbst am Prediel gesammelten Dolomites 12.9 Procent,
ganz nahe übereinstimmend mit der Theorie. Ohne Zweifel wurde
daher das ausgeschiedene Kalktheilchen nicht nur durch Magnesia
ersetzt, sondern auch fortgeschafft. Hier ist es nun, wo Herr v.
Morlot ganz in die Voraussetzung eingeht, welche ich bereits
vor einiger Zeit der Erklärung zum Grunde legte, nämlich, dass
bei dem vermehrten Drucke und etwas erhöhter Temperatur die
Gebirgsfeuchtigkeit mit schwefelsaurer Magnesia beladen den Kalk-
stein m Dolomit verwandelte, während Gyps ausgesehieden wurde.
Gerade aas Entgegengesetzte geschieht bei der gewöhnliehen Tem-
peratur uad Pressung der Atmosphäre. Eine Auflösung voa Gyps
durch Dolomit-Palver filtrirt gibt Bittersalz und lässt kohlensauren
Kalk zurück. Auch dafür indessen hat die Natur ihre Belege, und
zwar vollendet in den sogenannten Rauehwacken. Aber mit den-
selben findet sich nur Eisenoxydhydrat, während mit dem Dolomit
Eisenoxyd und Schwefeleisen vorkommen, also gerade die elektro-
chemischen Gegensätze des oxydirten und reducirten. Es war wün-
schenswerth, die Zerlegung in dem letzteren Sinne zu beweisen,
und dies gelang vollkommen in einem Versuche, den ich veranlasste,
den aber Herr v. Morlot ausgeführt hat1). Gleiche Proportion von
*) A. v. Morlot. Über Dolomit tt. s. w. Katurwissenscbaftliche Abhandlungen
I. S. 305.

110 Russegger. Über geologische
Bittersalz und kohlensaurem Kalke wurde in einer zugeschmolzenen
Glasröhre, die Herr v. Morlot wieder in einen Flintenlauf ein-
schloss, einer Temperatur von 200° ausgesetzt. Die Zerlegung war
vollständig, zu.Gyps oder Anhydrit, und zu Dolomit, der wie der
natürliche, nur schwach mit Säure brauste.
Wenn nun aber dieser Inhalt des Sendschreibens sich um die
Ansichten bewegt, zu denen ich selbst in dem Verfolge meiner
Untersuchungen gelangt bin, und wenn ich mich insbesondere
gegen den Verfasser desselben verpflichtet fühlen muss, der den
ganzen Vorgang in seiner Wichtigkeit für die Theorie der Gebirgs-
bildung mit Feuer erfasst und glänzend durchgeführt hat, so würde
es doch sehr unrecht von mir sein, wenn ich nicht die Gelegenheit
benützte, um anzuerkennen, dass man die Führung des letzten
Beweises seiner aufmerksamen und beharrlichen Arbeit verdankt,
so wie dass er auch in der Natur mit den theoretisch gewonnenen
Wahrheiten die Erscheinungen aufmerksam verglich. Nicht ein
einfaches Wiederholen ist es also, sondern das Resultat eigener
Arbeit, welches ihn in den Stand setzen konnte, den schönen Abriss
dieses interessanten Capitels der Gesteinbildung in dem Send-
schreiben zu geben. Aber die neuen Studien der Gebirge haben
nicht allein für die organischen Reste die Nothwendigkeit herbei-
geführt, was man im Felde, am Orte des Vorkommens gesammelt, in
dem Arbeitszimmer wieder zu erforschen, um dann mit den gewon-
nenen Erfolgen neuerdings die Natur zu vergleichen. Ich darf hier
Herrn v. Morlot noch bedeutende Erfolge in seinen Forschungen
in unsern Alpen versprechen, denn je mehr man sucht, desto mehr
darf man versichert sein, von der grossen unveränderlichen Natur
Aufschlüsse zu erhalten.
Aus einem Schreiben des k. k. Gubernialrathes Russegger,
unseres verehrten correspondir enden Collegen in Wieliczka, an
Se. k. k. Hoheit den durchlauchtigsten Herrn Curator der Aka-
demie, der es zu diesem Zwecke mitgetheilt hatte, gab Herr Berg-
rath Haidinger die Nachricht über einige Arbeiten, die für geolo-
gische Zwecke in Wieliczka begonnen wurden. Es werden nämlich
von der Tagschichte nieder in Horizonten von zehn Klaftern zu zehn

Arbeiten in Wieliczka. l \ \
Klaftern, bis zur grössten Teufe von 138°, in allen Richtungen der
Läufe und Querschläge, Strecken, Verhaue u. s. w. die vorkom-
menden Salze, Thone, Mergel, Sand- und Sandstein-Einlagerungen,
Gypse und Anhydrite u. s. w. gesammelt, um den Ablagerungs-
Momenten des einstigen organischen Lebens mit Sorgfalt nach-
zuspüren. Wo es wünschenswerth scheint, sollen noch kleinere
Distanzen gewählt werden. Als höchster Punkt gilt die Hängebank
des Schachtes Bozawola, als tiefster der Sumpf von Wodnag<$ra.
Die Ausdehnung des Sammlungs-Terrains ist dem Streichen nach
etwa 1800°, ins Kreuz beiläufig S00°. Monatlich wird eine Samm-
lung an das k. k. montanistische Museum vorbereitet, mit genauer
Angabe der Fundstätten und Teufe unter der Hängebank von Boza-
wola. Zur Orientirung dienen die Durchschnitte der Wieliczkaer
Saline bei der k. k. CentraI-Bergbau-Direction.
Von hier werden die Gegenstände sodann an unsem trefflichen
Reuss nach Bilin versendet, dem Haidinger bereits die gleiche
Nachricht, die er R u s segger früher verdankte, gegeben. laden
bisher von ihm untersuchten Wieliczkaer Vorkommea hat Reass
schon viel Neues gefunden. Er schreibt: „Die Zahl der aufgefun-
denen Fossilreste wächst überraschend schnell. Schon kenne ich
230 Species, darunter 183 Species Foraminiferen, von denen 52
Species neu sind, darunter wahrhaft merkwürdige Formen. Vor-
waltend sind die Gattungen; Biloculina, Triloeulina, Qumquekca-
lina, Textularia, üvigerina und Bulimina. Die meisten neuen Spe-
cies lieferten: Biloeulina, Triloeulma, Quinqueloeulma, Globolia%,
Polymorphina, Nonionina, von denen besonders manche Formen
von Biloeulina wahrhaft wunderlich sind. Von bisher m Wiener
Becken nicht bekannten Gattungen fand ich: Orthoeerina, Cassi-
dulina, Articulina und das neue Genus AIlomorphina. Auch sechs
bis sieben neue Arten von Cytherina habe ich wieder entdeckt."
Die Bestimmung der Mollusken hatte er bis dahin noch nicht vor-
genommen.
Russegger bemerkt ferner noch, dass die Namen Grünsalz,
Spiza- und Szybiker Salz gar keine geognostische Bedeutung haben,
wie man zuweilen erwähnt, und nur im mercantilen Sinne gebraucht
werden je nach der Reinheit des Salzes. Alle drei finden sieh in
allen Teufen, oft beisammen in einem Block. Endlich beabsichtiget
Russegger nach demselben Plane, wie in Wieliezka^ auch ia

112 Commissioüsbericht über das Ansuchen von Dr. W eis z.
Bochnia und Szwoszowice, so wie in der Krakauer Kohlenformatioa
Arbeiten vorzunehmen.
SITZUNG VOM 30. MÄRZ 1848.
Herr Professor Dr. Hyrti erstattet im Namen der in der Sitzung
am 24. Februar angeordneten Commission zur Beurtheilung des
Ansuchen« des Herrn Dr. W eis z folgenden Bericht:
In unserer vorletzten Classensitzung hatte ich die Ehre, ein
Gesuch des Dr. W eis z zu bevorworten. Von der Thatsache aus-
gehend, dass der Eisengehalt der Thiere, wenn nicht ausschliess-
lich, so doch seinem bei weitem grössten Theile nach, dem Blute
angehört, glaubt Dr. Weisz, dass die Bestimmung des Eisen-
gehaltes einen richtigeren Ausgangspunkt für die Berechnung der
Blutmenge gewähre, als sämmtliche bisher in Anwendung gebrachten
Verfahrungsweisen. Demnach wünschte er, eine kaiserliche Aka-
demie möchte seine Versuche zur Bestimmung der Blutmenge in
thierischen Organismen und ihren einzelnen Organen, so wie zur
Bestimmung des Einflusses, den Geschlecht, Alter, Schwangerschaft,
eine ausschliessliche Fleisch- und Pflanzenkost, endlich verschiedene
Krankheitszustände auf die gesammte Blutmenge, und die Art ihrer
Vertheilung ausüben, entsprechend unterstützen.
Die Wichtigkeit des Gegenstandes veranlasste die Akademie
zur Ernennung einer Commission, welche darüber berathen sollte.
Überdies hielt es unser Mitglied, Herr Professor Schroffer, für
räthlich, auch die Ansicht des Herrn Professors Redfenbacher
in Prag einzuholen.
Der Berichterstatter theilt nun in Kürze der kaiserlichen Aka-
demie das Ergebniss der Commissions-Berathung mit.
Die hohe Wichtigkeit der von Dr. Weisz beantragten Unter-
suchungen wird von uns vollkommen anerkannt. Ihrer chemischen
Ausführbarkeit stellen sich jedoch, nach den Äusserungen unserer
Mitglieder, derHerrenProfessorenRedtenbacher und Schroffer
derartige Schwierigkeiten entgegen, dass es vor der Hand noch
zweifelhaft ist, ob die Resultate den Erwartungen des Dr. Weisz

Herrmann. Verbesserung der C all ersehen Logarithmen etc. 113
entsprechen würden. Die Commission hielt es daher für zweck-
massiger, vorläufig die Beantwortung folgender zwei Fragen zu
verlangen.:
1. Welche Se- und Excrete enthalten constant Eisea, und wie
hoch kann der Eisengehalt derselben angeschlagen werden?
2. Ist auch das Organengewebe an sich eisenhaltig ?
Erst wenn die experimentelle Losung dieser Präliminar-Fragen
zu Gunsten der beantragten Blutbestimmungs-Methode erfolgt sein
wird, behält sich die Commission vor, den Dr. Weisz, m dessen
echt wissenschaftliches Streben sie übrigens durchaus keinen Zweifel
setzt, nachdrücklicher zu unterstützen. Für den Augenblick dagegen
empfehlen wir bloss die Überreichung von 300 fl. an Dr. Weisz
mit der Bedingung, dass er die Resultate der zu unternehmenden
Versuche seiner Zeit in die Hände der kaiserlichen Akademie
niederlege.
Der Antrag der Commission wird von der Classe, und später
auch von der Gesammt-Akademie Angenommen.
Der k. k. Oberst Herrmann hat an die Akademie folgende
Note eingesendet:
Verbesserung der H. Callefschen Tafel der ge-
meinen Logarithmen mit 20 Decimalen, Hebst Vor-
schlägen für die weitere Förderung dieses Zweckes.
Die hohe Wichtigkeit ganz richtiger logarithimscher Tafeln ist
so einleuchtend, dass gewiss jeder wissenschaftliche Verein wä.
jeder Verehrer der Mathematik gerne das Bestreben unterstützen
wird, solche für den verlässlichen Gebrauch geeignete Tafeln zu
Stande zu bringen. Für diesen so wünschenswerthen Erfolg sind
unstreitig die zweckmässig eingerichteten und für ihren vielseitigen
Gebrauch reichlich ausgestatteten Callefschen Tafeln (Tobles
portatives de Logarithmes etc. par Francais C all et. Editim
stereotype. Paris 1795 [Tirage 18W}) vorzüglich geeignet,
weil durch ihre Stereotypirung das Einschleichen neuer Fehler in
die spätem Abdrücke ganz beseitiget ist, somit nur noch die Sorge
erübriget, die ursprünglich unterlaufenen Fehler nach und nach zu
entdecken und zu verbessern.
Sitib. d. mathettL-naturw. Cl. I. B4. 8

114 Herrmann. Verbesserung der
Die Verlagshandlung Firmin Didot hat sich demnach durch
die stereotype Auflage dieser Tafeln einen gegründeten Anspruch
auf die allgemeine Anerkennung ihres eben so grossartigen als
wissenschaftlich nützlichen Unternehmens erworben. Um aber das
Verdienst des Herausgebers gehörig würdigen zu können, ist
es nothwendig, sein Avertissement zu lesen, welches er den
Tafeln voranschickte. ;— Ob ihm die von Seite der Mathematiker
erwartete Unterstützung für die Vervollkommnung seiner Tafeln
in ausgiebiger Weise zu Theil wurde, ist mir unbekannt. Gewiss
aber war sein in dieser Beziehung ausgesprochener Wunsch
im Interesse der Wissenschaft mehr als gerechtfertigt: ^Vinterkt
general engagera tous les mathematiciens, de yuelyue pays
gu^Us soient, ä mindiquer les f auf es </ui awont sans doute
echappe^
Nach meinem Ermessen dürfte die weitere Vervollkommnung
der C a 11 e f sehen Tafeln bis zur gänzlichen Correctheit weit sicherer
dadurch erreicht werden, dass jeder entdeckte Fehler irgend einer
dazu geeigneten wissenschaftlichen Gesellschaft angezeigt, und von
dieser zweckentsprechend bekannt gemacht würde. Die Verlags-
handlung erhielte durch diese offene Betheiligung der gelehrten Ver-
eine an der Erreichung des grossen wissenschaftlichen Zweckes
einen stärkeren Impuls für ihren Eifer, und es würde schwerlich
noch ein zweiter Zeitraum von SO Jahren erforderlich sein, um die
Callefschen Tafeln gegen jeden Zweifel über ihre Correctheit zu
sichern.
Die hier mitgetheilten Verbesserungen der II. C a lief sehen
Tafel mit 20 Decimalen werden zum Beweise dienen, dass eine
neue Berechnung derselben nöthig war, obwohl die gänzliche Aus-
führung dieser Arbeit ursprünglich nicht in meiner Absicht lag. Ich
hatte nämlich in einer „Abhandlung über die Bedingnisse zur rich-
tigen Fortsetzung der Hauptreihen mittels der Differenzen" unter
ändern Beispielen auch dieses mit angeführt, dass die erwähnte
Callet'sche Tafel nach dieser Methode leicht und ganz verlässlieh
berechnet werden könne. Nachdem hierzu die Einleitung gemacht,
und der Anfang der Berechnung für die gleichförmige weitere Fort-
setzung gezeigt worden war, bestimmte ich nur noch den letzten
Logarithmus der Tafel* (log. 101179), welcher aber zu meiner
Überraschung, von der Callet'schen Angabein der 12., 19. und

C a 11 e f sehen Logarithmen etc. 11 g
20. Decimale abwich. Obgleich ich von der Richtigkeit meiner Bestim-
mung schon überzeugt war, berechnete ich dennoch diesen Loga-
rithmus noch einmal, und zwar nach einer der bekannten Formeln,
wodurch zuerst der natürliche, und aus diesem durch dieMultiplication
mit dem Modul der gemeine Logarithmus erhalten wird, und fand
auch auf diesem, von dem frühern ganz verschiedenen Wege die
Richtigkeit meiner ersten Berechnung bestätiget. Das wissenschaft-
liche Interesse machte es mir nun zur Pflicht, mittels der gänzlichen
Durchführung der Tafel die Fr-age zu losen: in welcher Ausdehnung
und in welchem Grade die Callefsche Tafel fehlerhaft sei? — Ich
beschränkte mich dabei auf die gemeinen Logarithmen, weil ich die
natürlichen (hyperbolischen) Logarithmen für meinen Zweck nicht
nöthig hatte, dieselben überdies für minder wichtig hielt, und einen
Zeitaufwand von beiläufig acht oder zehn Tagen ersparte , welcher,
ungeachtet der schon vorhandenen Einleitung, zu dieser Arbeit noch
erforderlich gewesen wäre.
Wegen der bequemeren Vergleichung mit der Callet'schen
Tafel behielt ich in der meinigen dieselbe Form der Eintheilung,
und selbst die französischen Überschriften bei. Alle Ziffern, welche
von der C a lief'sehen Tafel abweichen, wurden in Klammern einge-
schlossen (siehe die Tafeln).
Da die ganze Tafel in meinem Manuseripte mit 24 richtigen
Decimalen, und — nach der angewendeten Methode — im unmittel-
baren Zusammenhange, nämlich so berechnet wurde, dass durch die
erprobte Richtigkeit des letzten Logarithmus und der dazu gehöriges
Differenzen zugleich die Richtigkeit aller vorhergehenden Logarithmen
und Differenzen ausser Zweifel gestellt ist, so kann sie mit voller
Veriässlichkeit für die Verbesserang der C a II ersehen Tafel benutzt
werden.
Nach Ausschliessung der sehr zahlreichen kleineren Fehler in
der letzten Decimale, welche die Einheit nicht überschreiten, zeigt
sich die Fehlerhaftigkeit der C a lief sehen Tafel bedeutsamer in
den dritten Differenzen, am stärksten aber in den letzten 31 Loga-
rithmen (von log. 101149 bis log. 101179), und in den dazu
gehörigen Differenzen.
Die Wichtigkeit der Fehler wird natürlich durch den Rang der
Decimalstelle bedingt, in welcher sie vorkommen. Die fehlerhaften
Decimalen sind:
8*

-Hg Herrmann. Verbesserung der
Die 7. Decimale, als 2. Ziffer in der ersten Differenz des
log. 1011SO;
12. in jedem der letzten 7 Logarithmen
(log. 101173 bis log. 101179);
16. als 6. Ziffer in der zweiten Differenz des
log. 101179.
Alle übrigen Fehler der letzten 31 Logarithmen beziehen sich
auf die 18., 19. und 20. Decimalstelle, so zwar, dass die Zahl der
letzten zwei oder drei Ziffern der C a lief sehen Logarithmen bei
22 Logarithmen zu gross, und bei 9 Logarithmen zu klein ist. Die
erste Gattung dieser Fehler steigt bis zu einem Unterschiede von 16,
die zweite Gattung bis zu einem Unterschiede von 36.
Die grossen Widersprüche in den C a lief sehen dritten Diffe-
renzen verdienen hier besonders besprochen zu werden. Die Ursache
der Veränderungen in den dritten Differenzen liegt natürlich in den
vierten Differenzen, welche zwar in der Tafel nicht ausdrücklich
angeführt sind, aber dennoch berücksichtigt werden mussten, weil
sie auf die S. Ziffer (20. Decimale) der dritten Differenzen unmit-
telbar einwirken. Innerhalb der Ausdehnung der ganzen II. Tafel
beträgt nämlich die vierte Differenz sehr nahe 2,S, wobei das ange-
wendete Decimalzeichen nur den Abschluss hinter der 20. Decimale
(als der letzten in der Tafel) bezeichnet. Bei der strengen Beschrän-
kung auf 20 Decimalen muss demnach die vierte Differenz alternativ
2 und 3 sein; oder, was dasselbe ist, um diesen Werth der vierten
Differenz muss die dritte Differenz fortwährend verkleinert werden.
Wir können uns von der grossen Schärfe des Werthcs 2,5 für die
vierte Differenz sehr leicht überzeugen, wenn wir den Unterschied
der dritten Differenzen vom ersten und letzten Logarithmus der Tafel
(vom log. 101000 und log. 101179) durch den Unterschied ihrer
entsprechenden Zahlen, nämlich durch 101179—101000=== 179
(d. h. durch die Anzahl aller Logarithmen) dividiren. Es ist nämlich
84301.83854 447 o Kf\n^ i i T.^
—179—^m^ ^^<2...,* also sehr nahe 2,8.
Betrachten wir die Callef sehen dritten Differenzen, so finden
wir sie keineswegs mit dem erwähnten Gesetze einer regelmässigen
Abnahme in Übereinstimmung. Abgesehen von den Ungleichheiten
der Unterschiede überhaupt, sind von 32 dritten Differenzen 2 und 2
einander gleich, und 18 Differenzen sind so verunstaltet, dass von je
zweien die nachfolgende grösser als die vorhergehende ist. Der

C a 11 e t' sehen Logarithmen etc. 117
merkwürdigste Fall in dieser letzteren Beziehung ergibt sich bei
den dritten Differenzen 840S2 und 840S6 des log. 101098 und
log. 101099, wo, statt einer Abnahme von 2 oder 3, sogar eine
Zunahme von 4 zum Vorscheine kommt.
Diese, bei einem flüchtigen Überblicke schon erkennbare,
Ünnatürlichkeit der Callefschen dritten Differenzen ist die noth-
wendige Folge des gewöhnlichen Verfahrens bei der Differenzen-
Bestimmung, indem man die Logarithmen (oder in ändern Fällen die
Glieder der Hauptreihe) auf die verlangte Anzahl der Decimalen
(hier 20) streng beschränkt, und sodann aus den Logarithmen die
ersten Differenzen, aus diesen die zweiten u. s. w. ableitet. Da aber
die letzte Decimale der Logarithmen (wegen der Weglassung der
nachfolgenden Decimalen) entweder etwas zu gross oder zu klein
sein muss, so können diese unvermeidlichen Unrichtigkeiten, obwohl
sie einzeln nur höchstens eine halbe Einheit (und selbst diese
niemals ganz) betragen, bei den auf einander folgenden S Loga-
rithmen, welche zur Bestimmung einer vierten Differenz erforderlich
sind, so beschaffen sein, dass sie, in Folge der wiederholten Sub-
tractionen, den Werth der vierten Differenz schon um mehrere
Einheiten vergrössern oder verkleinern, und hierdurch bis zur
Ünnatürlichkeit entstellen.
Das einfache Mittel, möglichst richtige Differenzen zu erhalten,
besteht darin, die Logarithmen mit 2 Decimalen über die verlangte
Anzahl, d. h. im vorliegenden Falle mit 22 Decimalen, zu berechnen,
aus diesen sodann die Differenzen nach der gewöhnlichen Weise
abzuleiten, und endlich die Logarithmen sowohl als die Differenzen
auf die verlangte Zahl von 20 Decimalen zu beschränken. Die Rich-
tigkeit der eben gemachten Bemerkungen stellt sich am besten an
einem Beispiele vor Augen; der Kürze wegen unterlasse ich es hier
ein solches durchzuführen.
Ihrer Natur nach. bilden zwar die Logarithmen unserer Tafel eine
unendliche arithmetische Reihe, welche aber durch die Beschrän-
kung auf 20 Decimalen zu einer endlichen Reihe des vierten
Ranges wird, weil die vierten Differenzen gleich sind, nämlich 21/^.
Durch die ganze Tafel bilden demnach auch die gleichnamigen
Differenzen arithmetische Reihen, und zwar die dritten Differenzen
eine Reihe des ersten, die zweiten Differenzen'eine Reihe des zweiten,
und die ersten Differenzen eine Reihe des dritten Ranges. Auf der

11 § H er r m a tt n. Verbesserung der
möglichsten Richtigkeit dieser verschiedenen arithmetischen Reihen
beruhet die strengste Probe über die Richtigkeit der ganzen Tafel.
Dagegen ist die zwischen den C a lief sehen Differenzen und ihrem
Logarithmus bestehende Harmonie ausschliesslich nur auf jeden
einzelnen Logarithmus beschränkt, und gewährt keineswegs einen
Vortheil, weil es sich bei der Anwendung solcher Hilfstafeln nicht
um die nochmalige Bestimmung eines in der Tafel schon vorhandenen,
sondern um die Berechnung eines eingeschalteten Logarithmus
handelt, dessen Werth zwischen zwei auf einander folgenden Loga-
rithmen der Tafel liegt. Wie nachtheilig jeder bedeutendere Fehler
der dritten Differenz auf den gesuchten Logarithmus einwirkt, lässt
sich auch aus der für solche Berechnungen bestimmten dritten
Formel entnehmen, welche in der Anleitung für den Gebrauch der
C a lief sehen-Tafeln (S. 101) vorkommt.
Nachdem jetzt durch die Nachweisung des fehlerhaften Zustan-
des der II. C a lief sehen Tafel eine dringende Mahnung vorhanden
ist, die nach ihrer Bestimmung zusammen gehörigen drei Tafeln
(Table I, II, III) neu zu beredinen, so wäre es gewiss sehr
erwünscht, wenn bei der II. und III. Tafel auf die möglichste Cor-
rectheit der dritten Differenzen nach der hier erklärten Weise Rück-
sicht genommen würde.
Alle jene Mathematiker, welche Öfter in die Lage kommen, bei
schärferen Berechnungen Logarithmen mit mehr als 7 Decimalen
anwenden zu müssen, hegen gewiss den Wunsch, dass die Revision
und Verbesserung der erwähnten drei Tafeln nicht lange verscho-
ben werden möge, welchem Verlangen zu entsprechen die Veriags-
handlung um so mehr bestrebt sein wird, als es in ihrem eigenen
Interesse liegt, das erschütterte Vertrauen auf ihre logarithmischen
Tafeln möglichst schnell wieder zu befestigen. Zu dieser Erwartung
berechtiget uns übrigens auch die im ^Awrtissement de Firmin
Didot^ enthaltene Zusage: y,Je ferai puWer dans l es jour'
naux les fawtes qui auront ete reconnues, et je m'engage meme
ä en faurnir les feuillets carriges aux personnes qui auroient
eu des exemplaires incorrects^
Jeder Besitzer der bis jetzt erschienenen Callef sehen Tafeln
wird ohne Zweifel ganz zufrieden gestellt sein, wenn er die ver-
besserten Ersatz-Blätter von einer durch die Zeitungen bekannt
gegebenen Buchhandlung seines Landes um einen angemessenen

Callet'schen Logarithmen etc. 1 IQ
Preis beziehen kann, und diese Auslage wird um so lieber gemacht
werden, wenn die Veriagshandlung diesen Blättern noch ein genaues
Verzeichniss aller bisher schon entdeckten Fehler beigibt, mit
Erwähnung des Jahres, in welchem die Verbesserung bei den
neuern Abdrücken Statt gefunden hat, damit jede ältere Tafel leicht
und möglichst vollständig corrigirt werden könne. Eine Bekannt-
machung der entdeckten Fehler durch französische Tagsblätter und
Zeitschriften entspricht keineswegs vollkommen ihrem Zwecke, weil
von jenen Besitzern der C a lief sehen Tafeln, welche ausserhalb
Frankreich leben, wohl die meisten von einer solchen Anzeige keine
Kenntniss erhalten würden.
Ich muss hier noch erwähnen, dass ich bereits vor zehn Jahren
in der C a lief sehen Tafel, welche die Logarithmen von l bis
108000 mit 7 oder 8 Decimalen enthält, zufällig bei zusammenhän-
genden Berechnungen einen Fehler gefunden habe. Auf der vor-
letzten Seite jener Tafel finden wir nämlich log. 106888==
O289299S, statt der richtigen Mantisse O289289S, welcher
Fehler aus der Differenz dieses Logarithmus zu dem nächst vorher-
gehenden und nachfolgenden sogleich sich erkennen lässL In dem
eingesehenen neueren Abdrucke vom Jahre 1846 ist auch dieser
Felller noch nicht verbessert. — Nach dieser Überzeugung von der
Existenz eines Fehlers in der 6. Decimale, und zwar bei einer so
häufig benützten Tafel, wäre es gewiss nicht überflüssig, jenen
Theil der Tafel, welcher die Logarithmen mit 8 Decimalen enthält,
nämlich von log. 1OOOO1 bis log. 107999, durch das einfache und
sehr schnell zum Zwecke führende Mittel der Subtraction jeder zwei
aufeinander folgenden Logarithmen zu prüfen, weil sodann nur noch
eine Unsicherheit von einer Einheit in der 8. Decimale vorhanden
sein kann, welche Unsicherheit jedoch bei dieser Tafel von keinem
erwähnenswerthen Nachtheile ist.
Die nachfolgende, in Gestalt der Callef sehen Tafel II an-
geordneten Tabelle enthält alle Logarithmen und Differenzen, an
welchen eine Verbesserung anzubringen war. Die comgirten
Ziffern sind umklammert.

120
Herrmann. Verbesserung der
Table n.
Nom.
LoganÜl. 00
Difference L "
Ü.
ffl.
101
/



002
003
004



8429(6)
8429(3)
84^9(1)
101




009



8427(8)
101010
011


42564,4448(2)
42563.6017(7)
8427(6)
84.27(3)
101
016



8426(1)
018
019


42856.8606(2)
8425(6)
8425(3)
101020

42990.72781.3344(6)
42886.018(09)
8425(1)
022
023
024


42852.6482(2)
8424(6)
8424(3)
842(41)
1010^

42988.60009.6688(2)
42551.8058(1)
8423(8)
028



8423(1)


C a U e t'schen Logarithmen etc.
TaMe II
121
]te.
logarith. 00
Diü^renoe I.
II.
Iß.
101030



8422(6)
031


42R6.m9(0)
842^(3)
032

42988.6216^17^(7)
^S^.9098(7)
8-^1)
033



8431(8)
OS4


42344,225^(9)
8421(6)
10103S


4^43.3831(3)
8421(3)
036

4^983.91986.1317(2)
42342.34(100)
842(11)
037


42841.698(89)
8420(8)
038



8^0(6)
039



8120(3)
101040


4^9.m7(3)
84(201)
041


4^^8.3307(2)
8419(8)
043


4S^35.646T(9)

044



841(91)
10104S

^moom.s^^)
4^24.9629(1))
S418(8)
046



8418(6)
047

^979.24064.49^4(1)
42833.2792(1)
8^18(3)
048

^978.81831.^13(19)
4^3^.4373(8)

101050
OS1

^2977.58936.^64(4)
42S29.9120(4)
8417(6)
8417(3)
0^



8417(1)
053


428^8.2286(0)

OS4


4^7.3869(2)
8^16(6)
lölö^

42975.838^1.8^85(6)
42S26^1S2(7)
8416(3)
0^8



8415(0)
0^9



8W(3)


122
Herrmann. Verbesserung der
Table II.
Nom.
Logarith. 00
Difference I.
IL
UL
101060



8415(1)
064
\


8414(1)
101




06ß
007
068
• 069

42970.73858.8274(7)
42817.2887(0)
42516.4473(5)
42314.7647(1)
8413(6)
8443(3)
8413(1)
841(28)
101070

42969.46012.0093(9)
42513.9234(3)
8412(6)
072
073

42968.18472.7628(4)
42512.2409(4)
4^11.3997(4)
8412(1)
8411(8)
101




W
078
079


42507.1940(8)
42306.3330(3)
8410(8)
8410(6)
8410(3)
101080
081
08^
083
084

42964.38900.4456(1)
42963.30893.6263(6)
42303.51(199)
42304.6709(9)
42502.9890(5)
42302.1481(2)
8410(1)
8409(8)
8409(6)
8409(3)
8409(1)
10108S
086
.

42800.4663(3)
8408(8)
8408(6)
088



8408(1)


C a 11 e t'schen Logarithmen etc.
Table IL
123
Nom.
Logaritn. 00
Difförence L
U.
ÜL
101090


42497.1030(5)
8407(6)
091

42960.53396.2478(9)
42496.262(30)

092


42498.4215(7)
840(71)
093

42959.68404.5640(2)
42494.^808(6)
840(68)
094


42493.7401(8)
8406(6)
101




096



8406(1)
097


4M91.2182(8)
840(58)
098

42937.53940.066(30)
42490.377(70)
8405(6)
099

42957.13449.6886(0)
4M89.3371(4J
8403(3)
101100

42956.70960.1^14(6)
42488.6966(1)
840S(1)
104



8404(1)
101105


42484.4943(2)
840(38)
106

42934.16040.8789(2)
42483.6839(4)
8403(6)
107


42482.8135(8)
8403(3)
108

4^953.31074.111(40)
42481.9732(5)
8403(1)
101110
111


42479.4524(0)
840^(6)
840^(3)
112

4^9SU1181.2601(8)
42478.6121(7)
840(21)
113

42931.18672.6479(8)
42477.7719(6)
840(18)
114


42476.9317(8)
8401(6)
101118




116


4247^.2514(8)
8401(1)
117

4294^48706.6011(5)
42474.4113(8)

119



8400(3)




,


124
Herrmann. Verbesserung der
Table n.
Nom.
LogaritL 00
Diff6rence I.
H.
ni.
iomo


42471.8912(0)
8400(1)
121

42947.'78873.9960(5)
42471.0^11(9)
8399(8)
m

42947.36402.9448(5)
42470.2112(1)
8399(6)
123
®
42946.93932.7336(S)
42469.3712(5)

m

\

8399(1)
ioms

42946.08994.8310(8)


1^6


42466.8315(2)
8398(6)
m

42945.24060.2881(6)
42466.0116(6)
8398(3)
101130
131
132

42943.34201.2804(2)
42943.11738.6279(4)
42463.4922(3)
42462.6824(7)
42461.8127(4)
8397(6)
8397(3)
8397(1)
133



8396(8)
134



8396(6)
101




136



8396(1)
137


42487.6144(4)
8395(9)
138

42940.86980.3466(5)
42456.7748(5)

139


42485.935(29)

101




m

42938.87158.284(50)


143
493.88310.88364.1624(1')



144
494.01%49.30069.Q301 (4)

42431.7378(7)

10114S
494.44187.32321.3205(7)
4%937.59800.S^5(6)
42450.8984(6)
8393(9)
146
494.87124.92121.8731(4)
42937.17349.6541(1)


W

42936.74899.S9SO(4)


148
495.72998.8^371.122(29)
4^936.32450.3753(3)


149
496.18935.16821.4976(2)
4293^.90001.9949(6)




Callet'schen Logarithmen etc.
TaMeIL
Nom.
Logarim. 00
Difl'örence I.
IL
ÜL
101150
496.58871.06823.492(88)
4(2)935.47554.4539(0)


151
497.01806.54377.946(48)
42935.03107.7521(2)

839^(4)
1S2
497.44741.59485.6986(0)
42934.62661.8896(1)

8392(1)
1^3
497.87676.22147.3882(1)
42934.20216.8663(4)

8391(9)
154
498.30610.42364.454(35)
42933.77772.6822(7)


1011SS
498.73544.20137.136(8^)
42933.38329.337(39)


156
499.16477.55466.474(21)
42932.92886.8316(8)


157
499.59410.48353.30(589)
42932.50445.1631(0)


158
500.02342.98798.47(099)
42932.0800^.3376(3)


159
500.48273.06802.808(63)
42931.65564.3492(5)


101160
500.88206.72367.15(788)



161
501.31137.95492.357(82)



162
501.74068.76179.247(48)



163
502.16999.14428.66(387)
42929.95812.7861(2)


164
502.59929.¥0241.45(199)
42929.53376.992(80)


101165
803.02858.63618.444(79)
429^9.1094^.0384(2)
42434.1154(6)

166
503.45787.7^60.483(^1)
42928.68507.9229(6)


167
503.88716.43068.406(17)
42928.2607-4.6463(8)
42432.4-377(1)

168
504.31644:.69U3.052(5S)
429^7.83642.2086(7)
m31.S988(7)
8388(1)
169
504.74572.82785.2612(2)
429^7.41^10.609(80)


101170
505.17499.93995.8710(2)
42926.98779.8497(4)


171
SOS.60426.92T75.7207(5)
42926.56349.9284(6)


17^
506.03353.49125.649(22)
42926.13920.8459(6)


173
506.46279.6(3)040.495(17)
42923.71492.6021(9)
4M27.4:OSO(S)

174
506.89205.3(4)539.097(36)
429^.29065.197(13)

8386(6)
10117S
5O7.32l30.6(3)6O4.29*(50)
42924.86638.6307(7)


176
5O7.75055.(50)242.925(27)
42924.44212.9030(7)
t

177
508.17979.9(4)455.828(33)
42924.01788.01(401)


178
508.60903.9(6)2^3.8^(84)
^923.89363.9635(6)

83SS(6)
179
509.03827.5(5)607.805(90)
429^3.16940.751(70)
424^(3)7329



126 Stampfer. Bemerkungen
Die Classe hatte dieseJMKttheilung des Herrn Obersten Herr-
mann ihrem Mitgliede Herrn Professor Stampfer zur Einsicht
übergeben. Derselbe erklärte die Arbeit des Herrn Obersten für
eine um so verdienstlichere, als es sehr selten ist, dass sich Jemand
mit derlei langwierigen und mühsamen Untersuchungen befasst.
Indem der Herr Berichterstatter auf die Veröffentlichung dieser
Mittheilung in den Sitzungsberichten anträgt, findet er es angemes-
sen folgende Bemerkungen beizufügen:
Kein einziger der vom Herrn Obersten angeführten Fehler
erscheint in dem Abdrucke der C a lief sehen Tafeln vom Jahre 1846
verbessert; ein späterer Abdruck, wenn ja ein solcher gemacht
worden ist, liegt nicht vor. Allein nicht alle jene Fehler sind
bis jetzt unbemerkt geblieben. In Schumacher's astrono-
mischen Nachrichten v. J. 1831 (Bd. 8), S. 475, befindet sich
eine Notiz von Wurm, worin gesagt wird, dass Herr Kittel,
Oberschullehrer in Nagold, die Logarithmen der Zahlen 101173
bis 101179 in der 12. Stelle (00 vorne mitgezählt) um l zu
klein gefunden habe, gerade wie der Herr Oberst. Herr Wurm
fügt bei, dass nach seinen Untersuchungen die letzten Ziffern
der 20stelligen Logarithmen mehrerer Zahlen v<m 101120 bis
101179 nicht ganz sicher zu sein scheinen. Namentlich gibt er
die Verbesserungen der Logarithmen der Zahlen 10114S, 1011S4,
101160, 101170, 10117S an, dann die der zweiten Differenz
bei der Zahl 101179.
Weiterhin bemerkt Herr Professor Stampfer: Die Fehler in
den Differenz-Reihen betreffend, so ist mit Rücksicht auf die hier
in Anwendung kommende Art der Interpolation vor Allem zu be-
merken, dass ein Fehler in den Differenzen I beinahe in seiner
ganzen Grosse auf das Resultat einwirken kann, während der Coef-
ficient der Differenz II: i, und jener der Differenz-Reihe III: -h
(genauer ?V v7 3) nicht übersteigt. Die Fehler in der Differenz-
Reihe I sind schon viel zahlreicher als in der Haupt-Reihe, betreffen
jedoch durchgehends nur die letzte DecimaI-SteIle mit Ausnahme
derjenigen Differenz I, welche neben Nr. 1011SO steht, und die
in der 7. Stelle um eine Einheit zu klein ist. Die Fehler der Diffe-
renz-Reihe II sind zwar ebenfalls zahlreich, befinden sich jedoch
durchgehends auf der letzten Stelle, wo sie zwei Einheiten nicht
übersteigen, daher keinen Einfluss auf irgend ein Rechnungs-Resultat

zu dem vorstehenden Aufsatze. 127
haben. Nur die letzte Differenz II, welche auf der 16. DecimaI-SteIle
fehlerhaft ist, macht hievon eine Ausnahme.
Die Differenz HI betreffend, so hat der Herr Oberst bei
weitem die meisten Verbesserungen hier gefunden, ja hier bilden
die verbesserten Zahlen diö Regel, und die fehlerfreien die Aus-
nahme. Allein sämmtliche Verbesserungen betragen nicht über drei
Einheiten in der letzten DecimaI-SteIle, können demnach keinen
Einfluss haben, da sie die 20. Decimal-Stelle irgend eines inter-
polirten Logarithmus nicht mehr als um A einer Einheit ändern
können. Der Berichterstatter kann desshalb mit dem Herrn Obersten
nicht derselben Ansicht sein, wenn er den von ihm gefundenen
Fehlern in der Differenz III einen bedeutenden Einfluss zuschreibt.
Mit Ausnahme der letzten Differenz II sind demnach sämmt-
liche von dem Herrn Obersten angeführten Fehler der Differenzen U
und III ohne irgend einen merklichen Einfluss auf einen inter-
polirten Logarithmus, und erscheinen sonach- in praktischer Be-
ziehung von keiner Wichtigkeit. Will man in Fällen, wie der
vorliegende, die abgeleiteten Differenz-Reihen durchgehends bis
auf eine Einheit der letzten Stelle richtig haben, so muss man, wie
der Herr Oberst richtig bemerkt, die Haupt-Reihe um einige
Decimal-Stellen weiter berechnen, aus diesen die Differenz-Reihen
entwickeln, und zuletzt in allen Reihen die überzähligen Stellen
wieder weglassen. Dieses ist aber von Callet bei der in Frage
stehenden Tafel II nicht geschehen, daher die Sprünge in den
Differenzen II und III. —
Auf die Anfrage, ob man sich nicht etwa bei der Veröffent-
lichung der Verbesserungen auf die wesentlichen Fehler beschrän-
ken, die an sich unschädlichen aber hinweglassen solle, verfugt die
Classe den Abdruck sämmtlicher Verbesserungen, da es, so selten
auch derlei ausgedehnte Tafeln gebraucht werden mögen, doch
manchem Rechner oder Besitzer der Callef sehen Tafeln angenehm
erscheinen dürfte, eine vollständige Zusammenstellung der Diffe-
renzen zu erhalten, wie sie eine auf mehrere Decimal-Stellen fort-
geführte Rechnung gegeben hat.
Das correspondirende Mitglied, Herr H ecke l, legt 37 Blätter
Abbildungen fossiler Fische vor, und hält dabei folgenden Vortrag:

128 Heckel. Über fossile Fische.
Es wäre überflüssig in einem Vereine gelehrter Männer weit-
läufig auseinander setzen zu wollen, welchen Antheil die Kenntniss
vorweltlicher Fische bei dem gegenwärtigen Fortschritte der Natur-
geschichte erlangt hat. Die fossilen Fische zeigen nicht allein dem
Systematiker manche in der Jetztwelt fehlende ausserordentliche
Typen und überraschende Übergangsformen in der gestaltenreich-
sten und ältesten Wirbelthier-Classe, welche zuerst den Erdball
beherrschte; sie leiten auch die Forschungen des Geologen, und
bieten ihm besonders jetzt, nach den scharfsinnig aufgedeckten
Gesetzen ihrer verschiedenartigen Entstehungs-perioden erwünschte
Anhaltspunkte zur möglich sicheren Bestimmung des relativen Alters
jener Erdschichten, in welchen sie gefunden werden.
Ich hatte es mir daher seit einigen Jahren zur besonderen
Aufgabe gestellt, dem Ansuchen, womit mehrere unserer ausge-
zeichneten Geognosten, vorzüglich die Herren Custos P arisch
und Bergrath Hai ding er mich beehren wollten, die fossilen
Fische ihrer Sammlungen zu. bestimmen, besonders aber jene
inner den Marken des österreichischen Kaiserstaates vorkommende
näher zu untersuchen, mit Vergnügen und mit meinen besten
Kräften entgegen zu kommen. Dass eine solche Aufgabe mit man-
chen Schwierigkeiten, detaillirten und viele Zeit raubenden Ver-
gleichungen verbunden sei, erhellt allein schon daraus, weil unter
geübteren Ichthyologen selten sich einer damit befassen wollte.
Das k. k. Hof-Naturalien-Cabinet, das montanistische Brünner,
das Pesther, Laibach er, Triestiner und Zaradiner Museum, sowie viele
Private: Graf Breunner, Graf Latour, die P. P. Meehitaristen,
Herr Emmerich in Wien; Doctor Jemelka, Baron Ozskay,
das evangelische Lyceum in Ödenburg; Herr Binder in Elbogen,
Herr Heinrich in Brunn, Professor ünger in Gratz, Franz
v.Rosthorn in Klagenfurt, Professor Sadler in Pesth, Signor
Curioni in Mailand, lieferten nun, indem sie ihre Sammlungen
beinahe gleichzeitig mir zur Untersuchung übergaben, ein wahr-
haft reichhaltiges Material. Zugleich erhielt ich vo;n Director
unserer Anstalt, Herrn Hofrathvon Schreibers, die Zusage, Alles
was sich bei diesen Untersuchungen als Neu ergeben sollte, für die
Sammlung Seiner Majestät in den herkömmlichen Monats-Lieferun-
gen abbilden lassen zu dürfen. Ferner hatte unser Maler, Herr
Zehner, welcher unter meiaer Leitung diese Abbildungen aufs

He ekel. Über fossile Fische. 1^9
Trefflichste ausführte, die uneigennützige Gefälligkeit, die fertigen
Tafeln einstweilen in meinen Händen zu belassen, bis ihre beabsich-
tigte Vervielfältigung durch den Druck erfolgen könne.
So entstand nach und nach diese Sammlung von schönen bild-
lichen Darstellungen, welche ich die Ehre habe. Ihnen hier vorzu-
legen. Der Text hiezu ist theilweise gleichfalls fertig; vorzüglich
aber sind die nöthigen Untersuchungen, in Bezug auf systematische
Stellung, Gattung und Art der abgebildeten Fische, bereits bei
allen geschehen.
Was nun der verehrten Classe abgebildet hier vorliegt, sind,
nebst einer unrichtig benannten, 33 bisher noch völlig neue Arten.
Manche derselben, wie Trachinus Dracunculus, Lepidopus lepto-
spondylum, Chatoessus longimanus, gehören zu recenten Gattungen,
woraus bisher noch kein einziger fossiler Vorgänger bekannt war.
Durch Professor S a dl er inPesth erhielt ich sogar die ersten Frag-
mente aus einer der grössten Süsswasser-Familien, den Siluroi-
den, die man bisher ausschliesslich als nur der Jetztwelt angehörig
betrachtete. Es bestehen diese Fragmente aus dem zweiten Kno-
chenstrahle der Rückenflosse und dem ersten aus der Brustflosse
eines kleinen Fisches, der in die tropische Gattung Bagrus gehört, und
dem ich den Namen des gelehrten Einsenders beigelegt habe. Unter
den neuen Gattungen erlaube ich mir nur, um nicht weitläufig zu wer-
den, auf eine aufmerksam zu machen; es ist jene mit dem Saurier-
kopfe, dem störartig beschilderten Körper, und der dabei homocerken
Schwanzflosse; eine hoch ausgezeichnete Gestalt, wie sich weder
unter fossilen noch lebenden Fischen bisher Ähnliches fand. Der
Fisch ist aus der Familie der Scierodermen, derselben, die in der
fossilen Welt schon den so merkwürdigen BIochius aufzuweisen hat.
Die verehrten Herren werden leicht bemerken, dass die Ori-
ginalien zu diesen Abbildungen verschiedenen Erdschichten ent-
nommen sind. Als interessante Resultate über das nicht hinreichend
festgestellte relative Alter einiger dieser Schichten ergab sich,
nach Untersuchung meines bisherigen Materials vom iehthyologi-
schen Standpunkte aus, ganz kurz folgendes:
Raibel gehört der Liasformation, Comen der oberen Jura, Pola,
Lesina der Kreide an, Radoboy, Cracowiza und Nikolschitz sind tertiär.
Dieselben Mittheilungen hatte ich vor einigen Monaten Herrn
Murchisson gemacht, der sie bei Gelegenheit der letzten iß
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. I. Bd. 9

130 Haidinger. Über symmetrische Gruppirung
Venedig abgehaltenen Naturforscher-Versammlung bekannt gab.
Sieit drei Tagen aber, als ich durch die besondere Gefälligkeit
des k. k. Kämmerers, Herrn Grafen Coronini eine Sendung ausge-
zeichneter Ichthyoliten aus der Sammlung seines sei. Vaters in Görz
erhielt, hat sich meine Ansicht in Bezug auf Comen am Karst, dem
Fundorte dieser Fische, geändert. Nach ihnen gehört Comen, ebenso
wie Pola und Lesina, offenbar der Kreidebildung an.
Obschon nun die hier vorliegenden Abbildungen nicht alle
Arten umfassen, die mir bereits inner den angegebenen Grenzen
bekannt sind, und hoffentlich daher noch zukommen werden, so
erlaube ich mir doch die Herausgabe des bisherigen Vorrathes
zu Gunsten der Wissenschaft dem Wohlwollen der Akademie zu
empfehlen.
Das Ansinnen des Herrn Sprechers findet bei der Classe vollen
Anklang.
Herr Bergrath Haidinger, übersendet durch Vermittlung des
correspondirenden Mitgliedes Herrn Ritter von Hauer folgende
Mittheilung:
Über die symmetrische Gruppirung ungleichar-
tiger Feldspathe.
Die Studien einzelner Vorkommen der wichtigsten Species,
aus welchen die Gebirgsarten bestehen, geben allein einen sicheren
Leitfaden in der schwierigen Lehre der Gebirgs-Metamorphose.
Unter diesem Gesichtspunkte betrachtete ich vor einiger Zeit das
höchst merkwürdige Zusammenvorkommen gewisser Krystalle von
Adular und Periklin, von Albit und dem nur wenig durchscheinenden
Feldspathe von Baveno und vom Cavalierberg bei Hirschberg in
Schlesien i). Erst vor kurzem sah ich L. v. Buch's Abhandlung
ȟber einige geognostische Erscheinungen in der Umgebung des
Luganer-Sees in der Schweiz," die mir Herr v. Morlot mit der
Bemerkung mittheilte, dass auch da schon diese parallele Gruppi-
rung von Albit und Feldspath genau beschrieben sei; in der That
1) Poggendorffs Aanalen. Bd. §8, S. 471. Berichte über die Mittheihmgen
von Freunden der Naturwissenachaften Bd. I, S. 7.

ungleichartiger Feldspathe.
131
hat der treffliche, aufmerksame Forscher schon am Q. Februar 1826
in der k. Akademie der Wissenschaften zu Berlin diese Erscheinung
vollständig und ausführlich beschrieben, und in jener Abhandlung
durch Zeichnungen erläutert. Der Wunsch, sobald als möglich
dieser frühen Beobachtung ihren Platz in der Reihe der dahin
gehörigen Untersuchungen anzuerkennen, veranlasste eigentlich die
gegenwärtige Mittheilung. Doch wünschte ich auch die Ergebnisse
der chemischen Analyse von zwei später untersuchten Varietäten
von Periklin beizufügen, die schon Einiges erläutern, was in meiner
früheren Mittheilung hypothetisch blieb,
Bereits in der englischen Ausgabe von Mob s' »Trecüise on
Mineraloge II, 262, hatte ich von Baveno die regelrechte Ver-
wachsung von Feldspath und Albit erwähnt, so dass letzterer in
paralleler Stellung als Krystallhaut an der Oberfläche des ersteren
vorzüglich auf den Diagonalflächen M. erscheint.
Fig. l. Eine Abbildung derselben, nämlich die
i Fig. l, wurde in Poggendorffs „AnnaW
gegeben. Sämmtliche den Durchschnitten von
M mit T parallelen Flächen sind mit der Albit-
rinde überzogen, die übrigen sind frei davon
geblieben. Die Albitrinde steht an den Rän-
dern sogar über die angrenzenden Flächen
P, .y, y hinaus vor.
Die nahe übereinstimmenden Krystalle, welche L. v. Buch so
trefflich in der oben angeführten Abhandlung besehreibt, vom
Luganer See denen von Baveno in geographischer Beziehung genä-
hert, stellen ohne Zweifel auch die gleiche geognostische Erschei-
nung vor. Auch hier ist nach den jener Mittheilung entnommenen
JFig. ^'^^^ Zeichnungen, Fig. 2 und 3,
jedesmal die Stellung von
weissem Albite und fleisch-
rothem Feldspathe parallel,
und die Krystalle berühren
sich in der Jüf-fläche, aber
die centralenFeldspäth-Kry-
stalle gehen in scharfe Sei-
tenkanten aus, während der'Albit in breiten Tafeln erscheint Auch
die übrigen verticalen Flächen l und l sind nach Herrn von Btteß's
9»
T
Fig. 3.

132 Hai dinge r. Über symmetrische Gruppirung
Ausdruck wie mit einem Schmelze von Albit-Krystallen bedeckt,
während man nur wenige Krystalle desselben auf den Flächen P
und x findet.
Der rothe Granit ist unmittelbar jenseits des Augitporphyrs
in dem Thale aufwärts von Figino „von einer unglaublichen Menge
eckiger Höhlungen durchzogen, so sehr, dass auch das kleinste
Stück, welches man abschlägt, immer noch einige enthält; es sind
wahre Drusen inwendig mit Krystallen besetzt." Er bemerkt dabei
noch ausdrücklich, dass die Krystalle, Quarz und Feldspath mit Albit,
grösser sind als in der Grundmasse, und nicht ursprünglich in einer
Grundmasse eingewachsen gebildet, sondern in dem freien offenen
Räume. Endlich liegen noch Chloritkugeln auf denselben.
„Deutlich sind," sagt Herr v. Buch, „alle diese eckigen
Drusen durch offene Klüfte verbunden, welche von einer zur ändern
hinlaufen. Es sind daher spätere Erscheinungen nach dem Hervor-
treten der Gebirgsmasse, und die Krystalle haben sich darin wahr-
scheinlich erst später erzeugt." Noch viele andere wichtige Bemer-
kungen sind beigefügt, aber ich will ja nicht Herrn v. Buch's
Mittheilung wiedergeben, sondern- nur auf einige derjenigen Äusse-
rungen aufmerksam machen, die nun nach mehr als zwanzig Jahren
immer mehr als in der Natur der Sache gegründet anerkannt werden.
In der Abhandlung: „Über die Lagerung von Melaphir und
. Granit in den Alpen von Mailand" (gelesen den 10. April 1829) wird
noch im Grossen das Verbältniss erläutert, wie jener rothe Granit
mit Drusen nur gegen die Oberfläche zu sich findet, und wie der
Granit im Innern seine Rothe verliert, und zuletzt nurgelblichweiss
vorkommt. Zunächst äusserst kleine aber viele Drusen, dann einzelne
grössere mit grösseren Krystallen von Feldspath, auch auf den Flä-
chen M, T, J, mit Albit überzogen, gar nicht auf P und a?, nicht
selten auch Flussspath; im weissen Granite keine Spur von Albit,
eben so wenig von Drusen. „Der weisse Granit ist daher gleichsam
ein Kern, um den der rothe wie eine Schale gelagert ist."
Die schönsten, zum Theile sehr grossen Feldspath-Krystalle
mit Albit besetzt sind die, welche ich hier der Classe vorzuzeigen,
die Ehre habe, vom Cavalierberg bei Hirschberg in Schlesien. Der
Feldspath ist fleischroth, zum Theile mit dunkel bräunlichrother
Oberfläche, und fast undurchsichtig. Die Krystalle tragen viel durch-
sichtigere Albit-Krystalle, obwohl diese auch manchmal bräunlich-

ungleichartiger Feldspathe. ^gQ
roth gefärbt sind, und zwar zuweilen wie ausgeschwitzte Tropfen,
aber auch in dicken Häuten auf den Flächen des der Axe parallelen
Prismas oo A === 118°49', abgesetzt. Ein durch Zurückstrahlung
von der vollkommenen Theilungsfläche P gewonnenes Bild eines
leuchtenden Punktes, etwa einer Kerzenflamme, erscheint dreifach, das
Hauptbild ist von zwei schwachen Nebenbildern begleitet. Dies
beweist die Vertheilung ganz kiemer Albittheilchen durch den
ganzen Krystall hindurch.
Eine andere Art von regelmässiger Zusammenwachsung ist die,
von welcher hier sehr schöne Beispiele aus dem k. k. montanisti-
schen Museum vorliegen, von Putsch in Tirol, Periklin-Krystalle
Fig. 4. theilweise überdeckt von Adular-Kry-
stallen, die Stellung parallel, und unge-
fähr so, wie es die Fig. 4 zeigt.
Mehrere derselben verdankt das
k. k. montanistische Museum der Gnade
unseres hohen Curators, des durch-
lauchtigsten Erzherzogs Johann. Der Mineralienhändler Augu-
st i n brachte im vorigen Frühjahre grosse Krystalle von Periklin
nach Wien, die zum Theile undurchsichtig, selbst zerfressen und
voll Höhlungen sind, zum Theile aber auch noch den ganz klaren
Körper zeigen, der ihnen ohne Zweifel bei ihrer ursprünglichen
Bildung durchaus eigen war. Herr Alois v. Hubert fand in den
beiden Varietäten folgende Zusammensetzung:
I. Frisch H. Verwittert
Kieselsäure. ...... 69.00 70.66
Thonerde ........ 19.SO 18.33
Kalkerde......... 1.10 O.S3
Natron .......... 9^S 10.00
Fig. ö. 98.6899.52
^^ Eine der vorhergehenden sehr nahestehende
/Tx' xK Erscheinung ist die in Fig. S abgebildete an einem
^/s--^^ aus Allan's Sammlung, von dem ich in
^/ ^Edinburgh eine Skizze genommen; die gewöhnlichen
|Zwillings-Krystalle von Albit auf den Diagonalflächen
p ^Mmit hervorragenden kleinen, scharfkantigen Adular-
Krystallen besetzt. Den Fundort kenne ich nicht.

134 Haidinger. Gruppirung der Feldspathe.
Der Vergleich, den ich zwischen der Krystall-Bildung der ver-
schiedenen Feldspath-Species und den der verschiedenen Eisen"
und Kupfervitriole anstellte, glaube ich, dürfte sich auch jetzt noch
bewähren. Die vorwaltende Species, die sich eben in den für sie
günstigsten Krystallisations-Verhältnissen befindet, nimmt einen Theil
von etwas abweichender Mischung in ihre Form auf, so zum Bei-
spiele der vorwaltende Kali-Feldspath einen kleinen Antheil von
Natron-Feldspath. In einer spätem geognostischen Stellung kann
dagegen die Anziehung der Theilchen des Natron-Feldspathes oder
Albits so stark gewesen sein, dass sie aus dem Krystall-Gefüge
herausgezogen sich an der Oberfläche sammeln, und ihre eigenthüm-
liche Krystallform annehmen konnten. Es verdient beachtet zu wer-
den, dass der Absatz von Albit sich auf jener Fläche befindet, welche
die offenste Theilungsfläche P unter rechten oder beinahe rechten
Winkeln schneiden.
Aber nicht bloss die beiden Alkalien, Kali und Natron, kommen
als charakteristische Basen in den Feldspathen vor, auch die Kalkerde
im Labrador, Oligoklas, die Talkerde im Anorthit erheischen unsere
Aufmerksamkeit, wo sie in mancherlei wechselnden Verhältnissen
erscheinen.
Herrn v. Huberts chemische Analyse des durchsichtigen und
undurchsichtigen Periklins von Pfitsch weist irisbesondere daraufhin,
dass eine kleine Menge Kalkerde aus der Mischung des erstem in
der Veränderung ausgeschieden wird. Bringt man aber damit die Er-
scheinung der auf der Oberfläche der früher beschriebenen Varietät
abgesetzten Adular-KrystalIe in Verbindung, so erscheint in der fort-
schreitenden Metamorphose deutlich ein Austausch von Kali, welches
von dem Gebirgsfeuchtigkeits-Strome zugeführt, gegen Kalkerde die
durch denselben wieder entfernt wurde.
Bei dem Granite von Baveno mit seinem weissen Kerne, seiner
rothen Sehale liegt nun freilich die Frage nahe, wenn sich in der letz-
teren derKalifeIdspath roth, undurchsichtig, von dem Natronfeldspathe
weiss, durchsichtig gesondert hat, ob nicht der Feldspath des Kerns
weder das eine noch das andere, sondern — wenigstens zum Theile
Oligoklas ist. Albit bildet nach G. Rose nie einen eigentlichen
Gemengtheil eines Gesteines, sondern erscheint auf Gängen und in
Drusen. Dass in dem rothen Granite nach der ursprünglichen Kry-
stallisation noch Metamorphose Statt gefanden, ist übereinstimmend

Schrotte r. Über den Amorphismus mehrerer Grundstoffe. 13g
mit L. v. Buches oben angeführten Daten vollkommen gewiss. Die
ufigkeit der kleinen Drusenräume selbst erinnert an die Structur
der Dolomite. E s ist Granit mit Dolomit-Structur. Ein ähn-
licher Vorgang wie der bei der Bildung des Dolomits aus Kalkstein
muss stattgefunden haben, wenn auch mit anderen Bestandtheilen.
Schwieriger als dort wird es aber bleiben, die Natur der Gebirgs-
feuchtigkeit nachzuweisen. Dass unter den Bestandtheilen derselben
Fluor gewesen sein müsse, beweist wohl hinlänglich der so häufig
vorkommende Flussspath, in welchem gerade das Caicium enthalten
ist, von dem man nach Allem berechtigt ist anzunehmen, dass es
bei diesen Veränderungen gerne vorzüglich durch Kali ersetzt wird.
Kali erscheint aber auch in dem neugebildeten zweiaxigen weissen
Glimmer, und zwar in Begleitung von Fluor sowohl als Eisen, wo-
gegen Kalkerde und Magnesia fehlen.
Wir stehen nun an einem wichtigen Abschnitte zusammen-
gehöriger Studien, die aber hier, eben wie in meiner früheren Mitthei-
lung, auch nur angedeutet werden konnten.
Herr Prof. Schroffer macht der Classe einige nähere vor-
läufige Mittheilungen über die Fähigkeit anderer Stoffe, so wie der
Phosphor unter geeigneten Umständen in den amorphen Zustand
überzutreten. Als solche bezeichnet der Herr Professor Kohlenston,
Arsenik und Schwefel. Schon in der Abhandlung über den Phosphor
ist darauf hingewiesen worden. Versuche über die Umsetzung des
Kohlenstoffes aus dem krystallisirten Zustande, wo er als Diamant
erscheint, in den amorphen, hat ohne es zu wissen bereits Kaiser
Franz I. angestellt, indem er, wie bekannt, Diamanten einer hohen
Temperatur aussetzte. Unter verschiedenen von dieser Zeit her im
kaiserlichen Mineralien-Cabinete aufbewahrten Stücken befindet
sich eines (Prof. Schrotte r wies es vor), welches theüweise
schwarz, also undurchsichtig geworden, während es an anderen
Stellen noch durchsichtig ist. Es unterliegt keinem Zweifel, dass
dieser Diamant wirklich durch die Erwärmung so verändert worden,
und nicht schon ursprünglich schwarz gewesen, denn das Stück
ist geschliffen, was sicher nicht geschehen wäre, wenn es sich
prsprünglich schon in diesem Zustande, welcher keinen Grund es der
Mühe des Schleifen« zu unterziehen darbot, befunden hätte. Das
specifische Gewicht dieses Stückes war früher unrichtig besftwt

136 Schrotte r. über deu AJnorphismus mehrerer Grundstoffe.
worden, da man unterliess, es vor der Wägung gehörig zu reinigen.
Prof. Schrötter that es, und fand das specifische Gewicht dieses
Stückes grösser, als das des durchsichtigen Diamants. In den
^Comptes rendus' ist ein Versuch von M i Hon angeführt, welcher
durch einen galvanischen Strom einen ähnlichen Effect hervorbrachte,
indem eine Art Coaks entstand.
Die analoge Umstaltung des Arsens ist bekannt, aber nicht so
ausgelegt worden. Guibaurt hat gefunden, dass Arsen lange Zeit
in Sublimation bei solcher Temperatur der Gefässwände erhalten,
dass es sich nicht daran anlegen kann, dann zuletzt weiss und dichter
wird. Prof. Schrötter hat diese Erscheinung dargestellt. Die
Beobachtung von Eisner, dass das Arsen tessular krystallisiren soll»
ist nicht richtig. Man erhält zwar bei der Sublimation in Wasser-
stoffgas kleine Oktaeder von ausgezeichneter Schönheit, welche dem.
Metalle täuschend ähnlich sehen, dennoch aber nichts als arsenige
Säure sind, gemengt oder überzogen mit Arsen. Prof. Schrötter
zeigte eine Glasröhre vor, welche deren enthielt.
Über die Fähigkeit des Schwefels amorph zu werden, hatte
Prof. Schrötter schon früher unter dem Datum vom 26. Februar
in einem Briefe an den GeneraI-Secretär Kunde gegeben, wovon in
der Sitzung am 4. März Erwähnung geschah. Deville hat in einem
der Jännerhefte der ^Comptes rendus' angezeigt, dass der Schwefel
unter gewissen Umständen in Kohlensulfid unlöslich gemacht werden
könne. Er fasst jedoch den eigentlichen Grund dieser Erscheinung
nicht auf. Prof. Schrötter zeigte Schwefel vor, welcher sicher
mehr als 30 Procent unlöslichen enthält. Um diese Modification zu
bewirken, wurde derselbe durch 68 Stunden bei einer Temperatur
von 360° C. erhalten, dann aber plötzlich abgekühlt. Geschieht dies
langsam, so löst sich der amorphe in dem übrigen Schwefel auf. Der
mit amorphem gemengte Schwefel ist viel härter, erzeugt bei gelin-
dem Erwärmen nicht das dem gewöhnlichen Schwefel eigenthümliche
Knistern und Zerspringen. Chlor verbindet sich mit dem amorphen
Schwefel viel langsamer als mit dem gewöhnlichen. Die Erschei-
nungen bei höherer Temperatur sind übrigens dieselben, so z. B.
das Verhalten gegen Kalium.
Prof. Schrötter ist im Begriffe Selen, Antimon, Telur, Jod m
derselben Richtung zu prüfen, und wird nicht ermangeln, sobald sich
ihm Resultate ergeben, selbe sogleich vor die Akademie zu bringen.

K o 11 a r. Über den Palaemon anophtalmits. 137
Herr Custos Kollar liest nachstehende Note:
Über ein neues sehr merkwürdiges C'rustaceum aus den unter-
irdischen Gewässern von Krain, welches Herr Custos H. Freyer an
das k. k. Hof-Naturalien-Cabinet eingesendet hat.
Die berühmten Höhlen von Krain beherbergen so manches
eigenthümliche Thier, unter denen das allgemein bekannte Amphi-
bium: der O I m, Proteus anguinus Laurenti (Hypochthon Lau»
rentii Merrem) das wichtigste ist.
Ein eigenthümlicher Charakter mehrerer dieser Thiere ist die
unvollkommene Entwickelung, ja sogar der Mangel der Sehorgane.
Beim Proteus anguinus "erscheinen die Augen als kaum wahrnehm-
bare schwarze Punkte unter der Haut, und sind nach der Beobachtung
des um die Naturgeschichte dieses Reptils so hoch verdienten Natur-
forschers Herrn Hofrathes Karl v. Schreibers, Directors der k. k.
Hof- Naturalien -Cabinete, vorzugsweise nur bei jüngeren Individuen
wahrzunehmen, während sie bei älteren öfter ganz verschwinden.
Nachversicherung des Herrn v. Schreibers, welcher seit Jahren
den Proteus in Gefangenschaft beobachtete, verkümmert bei älteren
Individuen zuweilen nur ein Auge; ein Beweis, welch eine geringe
Wichtigkeit dieses Organ habe, von dem das Thier in seinem
dem Lichte nicht zugänglichen Wohnorte keinen Gebrauch machen
kann.
In neuester Zeit hat der um die Erforschung der Naturproducte
Krains so sehr verdiente Herr Ferdinand Schmid in Laibach in
den verschiedenen Höhlen seines Vaterlandes mehrere Insecten
entdeckt, welche ebenfalls keine Augen haben: ich erwähne hier
vor Allem eines Laufbärs, des AnopUtcdmus Schreibersii Lehon.
Auch aus der Classe der Arachniden entdeckte Herr Schmid
eine ausgezeichnete Art der Afterscorpione Chelifer, welche ich
Chelifer longimanus nenne, bei dem ebenfalls keine Augen sicht-
bar sind.
Vor wenigen Wochen schickte Herr H. Preyer, Custos des
National-Museums in Laibach an das hiesige Hof-N^turalien-Cabinet
ein Crustaceum, welches ebenfalls des Sehorgans entbehrt. Dieser
Krebs, welcher der Gattung Palaemon, Garneele, angehörte, und
dem ich den Namen Palaemon anophtalmus gegeben habe, ist
überdies darum merkwürdig, als er zu den wenigen Arten dieser
Gattung gehört, die ausnahmsweise im süssen Wasser vorkommen,

138 v- Ettingshausen. ÜberSoleiPs Sacharometer.
während die meisten der bekannten Species nur im Meere, oder
doch im Brackwasser angetroffen werden.
HerrFreyer entdeckte dieses Crusfaceum in den unterirdi-
schen Gewässern von Dürrenkram, namentlich in der* Kompoijska
jawa und in Portiskdvcz nächst S t rüg, wo es unter Steinen und
Gerolle ziemlich häufig vorkömmt, und die Hauptnahrung des dort
von dem eben erwähnten unermüdeten Naturforscher aufgefundenen
HypochtkonFreyeri ausmacht, einer zweiten, von unserem verehrten
correspondirenden Mitgliede Herrn Leopold Fitzinger für neu
erklärten Art dieser merkwürdigen Amphibien-Gattung.
Indem ich der verehrten Classe das eben gemeldete Crustaceum
vorzuzeigen die Ehre habe, trage ich darauf an, dass davon eine
Beschreibung und Abbildung in die Verhandlungen der kaiserlichen
Akademie aufgenommen werden möge, die anzufertigen ich mich
bereit erkläre.
Prof. v. Ettingshausen zeigte der Classe auf Ansuchen des
Optikers Soleil zu Paris das von demselben erdachte Sacharometer
vor, und erklärte unter Überreichung dreier darauf sich beziehender
Druckschriften, die ihm von Hrn. Soleil zukamen, die Einrichtung
dieses Instrumentes, welche im Wesentlichen darin besteht, dass der
Betrag der mit dem Zuckergehalte einer Lösung im Zusammenhange
stehenden Drehung der Polarisationsebene durch Ausmittelung der
Quarzdicke bestimmt wird, die diese Drehung genau aufhebt. Als
Absehen dient die Herstellung gleicher Färbung zweier vor der
Lösung neben einander befindlichen entgegengesetzt drehenden
Quarzplatten von gleicher Dicke, die der von B i o t in Anwendung
gebrachten Übergangsfarbe entspricht. Der hieran in Folge eigen-
thümlicher Färbung der Flüssigkeit entstehenden Störung wird
durch Vorsetzung eines um seine Längenaxe drehbaren Ni koPscnen
Prisma^s und einer Quarzplatte vor das polarisirende Objectiv be-
gegnet, wodurch sich jede beliebige Mischungsfarbe erzielen lässt.

H a i d i n g e r. Die Galmei- und die Frauen-Hohle. 139
SITZUNG VOM 13. APRIL 1848.
Herr Bergrath Haidinger berichtete über die Galmei-
höhle und die Frauenhöhle bei Neuberg ia Steier-
mark.
Ich verdanke meinem hochverehrten Freunde, dem k. k. Herrn
Bergrath-und Oberverweser Hampe in Neuberg diejenigen Nach-
richten, Abbildungen und Schaustufen für unser montanistisches
Museum, welche zu der heutigen Mittheilung Veranlassung gegeben,
und von welchen ich Mehreres hier der mathematisch-naturwissen-
schaftlichen Classe vorzuzeigen die Ehre habe.
Obwohl schon länger bekannt, haben die beiden Höhlen erst
neuerdings wieder die Aufmerksamkeit der Anwohner auf sich gezogen,
aber insbesondere der grosse Massstab, in welchem Hr. Bergrath
Hampe die sonst in Kalkhöhlen für so alltäglich gehaltenen Stalak-
titen sammeln liess, und unserem Museo mittheilte, war es, der es
erlaubte, einige Eigenthümlichkeiten genauer zu erforschen, die man
bisher weniger beachtet hat, und aufweichen ich insbesondere die
Aufmerksamkeit der hochverehrten Classe festhalten möchte, indem
sie ein schönes Beispiel für die allmähliche Bildung fester krystallini-
scher Massen aus ursprünglich nicht krystallinischen darstellen.
Über die Lage der Höhlen und ihre Gestalt liegt ein Bericht
des k. k. Eisenwerks-praktikanten Karl Egg er in Neuberg, nebst
den von demselben markscheiderisch aufgenommenen Grund- und
' Saigerissen vor, so wie drei Abbildungen von dem dortigen Kohl-
factor A. R u s s.
Beide Höhlen befinden sich am linken Ufer der Mürz, nächst
der Ortschaft Kapellen, zwei Stunden von Neuberg in Östlicher Rich-
tung entfernt, an dem links von dem dort ausmündenden Raxenthale
ansteigenden Gehänge des blaugräüen älteren Alpenkalks, der daselbst
in mächtigen Wänden über dem grünen und grauen Thonscbiefer
liegt. Es ist dies der nördliche Abhang des Gebirgskammes. Etwa
20 Klafter unter dem höchsten Punkte liegt das Mundloch der soge-
nannten Galmeihöhle. Es stehtimfesten, ganzen Kalkstein an.
Die ersten zehn Klafter geht man nahe wagerecht fort, dann senkt
sich der Boden allmählich unter etwa 30 Grad, steigt und fällt, anä

^[40 Haidinger* Die Galmei-
verzweigt sich, doch ist die ganze Länge kaum über dreissig Klafter.
Der Grund der Höhle ist mit Kalksteinblöcken tief bedeckt; es gelang
nicht, einen Grund von Lehm oder Knochen zu entdecken. Merk-
würdig ist, dass die Seitenwände der Höhle, so wie sämmtliche
Tropfsteingebilde, sowohl diejenigen, welche von der Firste und
den Ulmen zapfenförmig herabhängen, als auch die, welche stalakti-
tisch sich auf den herumliegenden Felsblöcken anhäufen, und auf-
thürmen, „mit einer weissen schmierigen, unter den Fingern leicht
zu formenden Masse überkleidet sind." Sie wird von den Besuchern
der Höhle, vorzüglich den Jägern, abgekratzt, oder mit Messern
abgeschnitten, und Galmei genannt, was wohl die Veranlassung zum
Namen der Höhle gab.
DieFrauenhöhle, besser bekannt unter dem NamenFrauen-
loch, ist noch kleiner als die Galmeihöhle, nur etwa 20 Klafter
tief. Sie liegt an dem südlichen Abhange desselben Gebirgsrückens
wie die vorige, in dem sogenannten Kappellengraben, und hängt
allem Anscheine nach mit derselben zusammen, obwohl noch keine
offene Verbindung nachgewiesen worden ist. Sie ist noch reicher
an Tropfsteingebilden, unter welchen eines von spitzkegelförmigem
Ansehen mit der Gestalt eines mächtigen Stubenofens verglichen
wird. Der Boden der Höhle ist fester Kalkstein, in einzelnen Ver-
tiefungen stehen Wassersümpfe; aber auch hier findet sich am Boden
und an den Wänden jene weiche oben erwähnte bergmilchartige
weisse Masse.
Die Rolle, welche nun dieser weissen Masse in der Bildung
der Tropfsteine zukommt, wird in der wissenschaftliehen Darstel-
lung derselben noch nicht in ihrer vollen Ausdehnung gewürdigt.
Allerdings finden sich auch Tropfsteine, die an der Oberfläche ganz
glatt sind, die auch nicht mehr an Stärke zunehmen, desto grössere
Aufmerksamkeit verdienen diese beiden Höhlen, deren Tropfsteine
sichtlich noch im Zunehmen begriffen sind, und zwar eben durch
den Ansatz von aussen, welcher nicht unmittelbar krystallinische
Materie hervorbringt, sondern aus dieser schmierigen weissen Masse,
Bergmilch besteht, als frischem Niederschlage aus dem kalkhaltigen
Wasser, welches aus dem oberhalb der Höhle liegenden umgebenden
Gesteine zugeführt wird.
Die genaue Betrachtung eines der vorliegenden Stücke, zunächst
dem. unteren Ende eines solchen tropfsteinartigen Zapfens abge-

und die Frauen-Hohle. 141
brochen, von etwas über vier Zoll Durchmesser in jeder Richtung
lässt folgendes Gefüge erkennen. Zuerst sieht man im Querbruche
einen Kern von 2% Zoll Durchmesser, der aus reinem, gelb-
Fig- l- lichweissen, halbdurchsichtigen Kalkspathe be-
A ' steht. Die Theilungsflächen sind etwas concav
gekrümmt, und zwar dergestalt, dass die ganze
krystallinische Masse als von einem einzigen
Individuum ausgehend, betrachtet werden kann,
dessen innerster, der Axe A B zunächst liegender
Kern nahe in aufrechter Stellung die Spitze des
Rhomboeders von 105° S' zu oberst und unterst
B . liegt-
Es verdient alle Beachtung, dass jederzeit die concave Seite
der Theilungsflächen oben, die convexe Seite unten ist, so wie es
in Fig. l, in einem Ideal-Cylinder, als Vorstellung des Stalaktits
erscheint. Die Axen der unmittelbar an jene Kernlinie anschliessen-
den kleinsten Theilchen divergiren gegen unten zu, das heisst
in der Richtung, wo das Ende des Tropfsteins sich gegen den
äusseren freien Raum abrundet, und also auch die senkrecht auf
die kugelförmige Oberfläche stehende Richtung der einzelnen Theil-
chen mehr erklärlich ist. Diese Lage der Theilungsflächen lässt,
wo immer sie an einem Kalktropfsteine vorkommt, jederzeit unzwei-
felhaft die Lage erkennen, welche demselben in der Natur eigen
war, selbst abgesehen von der Verjüngung, welche gewöhnlich von
dem oberen gegen das untere Ende Statt ßndet. Um den unregel-
mässig rund begrenzten hochkrystallinischen Kern des Tropfsteins
folgen sich nun im Durchschnitte zahlreiche Abwechslungen con-
ceutrischer Zuwachsstreifen von geringerer und wieder zunehmen-
der Durchsichtigkeit, gr'össtentheils mehr gelblich gefärbt. Sie
sind durch meistens ganz zarte Abwechslungen von Kalkschichten
hervorgebracht, doch kommen hin und wieder auch etwas dickere
vor, bis über einen halben Zoll Stärke. Durch einige, selbst der nahe
undurchsichtigen geht die Krystall-Structur fast ungestört fort, so '
dass daselbst nur die Theilungsflächen gestreift erscheinen. Weiter
hinaus finden sich zwischen mehreren der Zuwachsschalen, um es
so auszudrücken, Räume, die nicht mit ganz dicht-krystallisirtem
Kalkspathe erfüllt, sondern mehr porös sind, kleine Drusenräume
enthalten, und überhaupt eine viel weniger feste Consistenz zeigen

142 Haidinger. Die Galmei-
als der Kern. In den Höhlungen, auf den Schalenflächen erscheint
schon hin und wieder bergmilchartiges Kalkmehl, endlich aber zu
äusserst ist der ganze Tropfstein von einer Rinde von solchem
Kalkmehle umgeben, deren Dicke einen halben bis einen ganzen
Zoll beträgt. In den äusseren Lagen tritt schon eine faserige
Structur, senkrecht gegen die Oberfläche deutlich hervor, die
krystallinischen Schalen bestehen aus dünnstänglichen Zusammen-
setzungs-Stücken.
An einem ändern vorliegenden Stücke, einem Theile einer
Rinde, die von einem noch dickeren Tropfsteine von etwa acht
Zoll Durchmesser herabgebrochen wurde, zeigt sich sehr deutlich
die faserige Structur in den weichen, nahe gegen die Ober-
fläche zu liegenden Theile, die noch beinahe die Consistenz des
ursprünglich abgelagerten Mehles bewahren. Die Räume, in welchen
diese faserige Structur vorkommt, sind jedoch wieder von einer
festeren Rindenlage überzogen.
Um sich nun einigermassen Rechenschaft von dem Vorgange
bei der Bildung solcher Gestalten zu geben, bleiben nur drei Vor-
aussetzungen zur Auswahl. Man erklärt die festeren und die locke-
rern Theile als ursprünglich aus unbekannten Ursachen so neben
und über einander liegend, gebildet, wie sie uns jetzt erschienen,
das heisst man verzichtet auf jede. eigentliche Erklärung, oder
man muss zugeben, dass die nun weicheren faserigen Massen einst
fester waren, und durch Zerstörung in den gegenwärtigen Zu-
stand getreten sind, oder endlich, man\ wird als unumstössliche
Wahrheit folgende Reihe der Zustände anerkennen:
1. Mehlartiger Absatz aus kalkhaltigen, kohlensauern Wassern;
2. Anordnung der kleinsten Theilchen in Fasern, wobei sie
jedoch noch ihre Weichheit beibehalten;
3. Festeres Aneinanderschliessen durch Krystallisation, wobei die
faserige Structur die Lage der rhomboedrischen Krystall-Axen
bezeichnet.
Was kann aber eine solche Folge von Zuständen vermitteln ?
Nichts anderes als die überall in den Gesteinen vorhandene Ge-
birgsfeuchtigkeit, hier insbesondere das fortdauernd zuströ-
mende kohlensäurehältige Wasser, welches nicht nur das erste
Material herbeiführt, und als mehlartigen Absatz zurücklägst,
sondern das auch immerfort denselben feucht hält, und den

uncL die Frauen- Höhle, l 43
ganzen Tropfstein bis ins Innerste durchdringt, bis in die klein-
sten Räume, die noch nicht durch Krystall-Materie des Kalkspaths
erfüllt sind. Die Bewegung des zugeführten Wassers in senkrech-
ter Richtung erfolgt natürlich am raschesten an der Außenseite,
innen bleibt die Feuchtigkeit, obwohl in beständiger Verbindung,
verhältnissmässig ruhig; durch eigenthümliche Stellungen in den
festeren der Oberfläche entsprechenden Schalen mögen im Innern,
sei es aufsteigende, sei es absteigende Bewegung der Gebirgs-
feuchtigkeit Statt finden. Mögen sie aber wie immer geartet sein,
so ist doch gewiss durch die immerwährende Zuführung neuer,
aufgelöster Materie der Theil, welcher zunächst an schon ge-
bildeten Krystall-Theilchen sich befindet, auch der erste, der
neue Krystall-Blättchen abzusetzen im Stande ist. Die ganz von
Feuchtigkeit durchdrungenen, faserig gebildeten Kalkth eilchen, erst
von der Consistenz der Bergmilch, nehmen nach und nach Krystall-
Structur und Festigkeit an, und erscheinen als stängliche Zusam-
mensetz ungs-Stücke. Wenn auch nicht so sehr hervortretend als
anderwärts, besonders wo die Dimensionen bedeutender sind, ist
doch auch hier das Innere gegen das Äussere in dem Verhältnisse
des Katogenen gegen das Anogene; das Letztere vollständig in
denjenigen Umständen, die heute noch an freier Luft bei gewöhn-
licher Temperatur und Druck der Atmosphäre Statt finden, das
Erstere unter Aussehluss derselben, wodurch auch die Verhältnisse
des Druckes der materiellen Theilchen auf einander ebenfalls modi-
ficirt werden.
' An zwei geschliffenen und polirten Abschnitten eines Tropf-
steines aus der Galmeihöhle von abwechselnd drei bis vier Zoll
Halbmesser sieht man sehr schön die, wenn auch in mehr und weni-
ger festen Schichten abwechselnde, doch im Ganzen deutlieh erkenn-
bare Haltung eines Fortschrittes aus der Mitte gegen den Umfang von
mehr durchsichtigem, und daher dunkler gelbgefärbt ersAelaen-
dem Kalkspathe gegen lichter gefärbten. Am Ende erscheint eine
etwa einen Viertelzoll dicke Lage von ganz weisser Farbe, aber
ihrer grössern Porosität wegen noch beinahe undurchsichtig. Sie
umschliesst nebst dem grossen Haupt-Tropfstein noch einen kleinern
von einem Durchmesser von einem Zolle, und ist dann noch von
einer festen Rinde umgeben, ausserhalb welcher noch Theile des
weichen Kalkniederschlages sichtbar sind. Merkwürdig bleibt, da'ss

144
Haidinger. Die Galmei-
die Theile des äussern Umschlusses zwischen den beiden, dem
grossen und dem kleinen Tropfsteine, obwohl sie deutlich mit jener
äussern weissen Kalkspathrinde zusammenhängen, doch weniger
porös, weit durchscheinender und fester auskrystallisirt sind. Es
ist dies eine natürliche Folge davon, dass diese Theile, obwohl
unter ähnlichen Verhältnissen ursprünglich abgesetzt, doch, ent-
fernter von der Oberfläche der ganzen Gestalt, dem Absatze kry-
stallinischer Materie Gelegenheit darboten.
Unter den aus der Galmeihöhle eingesandten Stücken verdient
noch eines eine besondere Erwähnung. Es gehört zu den noch
ganz weichen, es lässt sich vollständig mit dem Messer schneiden,
besteht aber doch aus abwechselnden Lagen, von denen einige
eine matte Politur annehmen, während andere noch von ganz
Fig. ^. pulveriger Bergmilch dazwischen liegen. Der Ab-
druck Fig. 2, ist von der Natur genommen. Die
Länge des erhaltenen Fragmentes, senkrecht auf
jenem Schnitte, beträgt IS Zoll. Ungeachtet
meiner Nachfrage konnte ich nichts Näheres über
die Lage erfahren, in welcher das Stück ur-
sprünglich in der Höhle gebildet war.
Wenn aber nun aus den Stalaktiten von
Neuberg unzweifelhaft hervorgeht, dass ihre Bil-
dung ^mit der Ablagerung von Bergmilch beginnt,
deren Theilchen sich erst in faseriger Structur
zusammenordnen, um dann später krystallinische
Festigkeit und mineralogisch individualisirten Be-
I stand anzunehmen, so trifft man doch auch an-
dere Kalk-Stalaktiten, die an ihrer Oberfläche
selbst ganz krystallinisch sind, wenn sie auch die
Spuren eines schichtenweise geschehenen Ab-
satzes an sich tragen. Man darf bei solchem
Vorkommen zwar Analogie in der Bildung darin
voraussetzen, dass sich erst kohlensaurer Kalk niederschlug, aber
es mögen andere Verhältnisse, etwa die Temperatur, dergestalt
auf die krystallinische Anziehung eingewirkt haben, dass der
Anschluss an die bereits krystallinisch geformte Centralmasse un-
mittelbar erfolgte, wie bei einem Stücke von unbekannten Fund-
orten, das ich aus Schottland mitbrachte, und nun der terminolo-

und die Frauen-Höhle. 145
gischen Sammlung des k. k. montanistischen Museums einordnete.
Es ist ein Fragment eines stumpfeckigen Tropfsteines von andert-
halb Zoll Länge und etwa zwei Zoll Durchmesser, beiderseits
durch eine einzige Theilungsfläche begrenzt, die zu innerst
vollkommen eben ist, und nur gegen die Oberfläche zu das soge-
nannte blumigblättrige Ansehen aus Mangel an vollständiger Eben-
heit annimmt.
Einen ausnehmend sonderbaren Tropfstein besitzt das monta-
nistische Museum aus der Gegend von Triest „aus einer Kluft aus
dem bunten Sandstein-Gebilde zwischen Triest und Capo d'Istria,"
nach der Angabe des Herrn Professors Biepl, durch welchen das
Stück in die frühere Sammlung des polytechnischen Institutes kam.
Er ist 7Vs Zoll lang, an einem Ende IVg, am ändern y^ Zoll dick.
Die Oberfläche erscheint, wenn auch nicht eben, doch vollkommen
glatt, und ziemlich glänzend. Bei genauerer Besichtigung entdeckt
man über und über auf derselben vertheilt zahllose kleine, glän-
zende gleichseitige Dreiecke zwischen vertieften Linien, die
Seiten der Dreiecke eine halbe Linie lang und noch kleiner.
Diese Dreiecke sind die Flächen senkrecht auf die Axe der
KrystalI-Individuen, aus welchen der Tropfstein besteht, und die sich
im Querbruche eben so deutlich in excentrisch divergirender Lage
darstellen. Die dreieckige Figur erhalten diese Flächen (die kry-
stallographischen Basen, oder O der Bezeichnung) aber wegen des
Durchschnittes mit den Flächen des von Haüy durch /"bezeichneten
Rhomtoeders, des nächstschärferen in der Hauptreihe der Rhom-
boeder (2 R' der krystallographischen Bezeichnung) mit Winkeln
von 751', ein Rhomboeder, das beim Kalkspathe so charakteri-
stisch für diejenigen Bildungen erscheint, welche mit der Entste-
hung von Eisenoxydhydrat gleichzeitig sind.
Ich kann diese Betrachtungen nicht schliessen, ohne noch ein
paar Worte über zwei Erscheinungen zu sagen, die sov oft bei
Kalktropfsteinen vorkommen, die Hohlcanäle in der Axe derselben,
und die Bildung von Aragon anstatt Kalkspath in einigen der vor-
kommenden Fälle.
Werners pfeifenröhrige Gestalten sind hohle Cylinder von
theilbarem Kalkspathe, aber man findet diese senkrechten Canäle
auch bei Tropfsteinen, welche die gewöhnliche divergirende
Structur besitzen; ein Stück in dem montanistischen Museum von
Sitzb. d. mathem.-naturw. CI. I. Bd. 10

'[46 Haidinger. Die Galmei- und die Frauen-Höhle.
SVa Zoll Länge, bei einem Durchmesser an den beiden abgebro-
chenen Enden von einem Zolle und etwa anderthalb Zoll ist von
einem solchen Canale von einem Durchmesser von anderthalb Linien
in der ganzen Länge durchzogen, der so vollkommen gerade und
rund ist, als man es sich nur immer vorstellen kann. Auch bei
Salzstalaktiten kommen solche Längencanäle vor. Sie bezeichnen
den Weg, den die kalkhaltige Auflösung genommen hat, während
sie von allen Seiten Kalkmaterie absetzte. An einem der Tropf-
steine von Neuberg erscheinen bereits im Innern des die Axe bilden-
den Canals einzelne Kalkspath-Krystalle, feamer mit der Beendi-
gung durch das Rhomboeder 2 R' von 7S1'. Oft wird ein solcher
Canal später durch Kalkspath verschlossen, und zwar krystallisirt
dieser dann in einem einigen Individum, ein Beweis einer höchst
allmählich und regelmässig fortgesetzten KrystaIl-Bildung.
Ein Stück in der terminologischen Sammlung des montanisti-
schen Museums, doch von unbekanntem Fundorte, besitzt den Canal
längs der Axe, aber zunächst der Höhlung von zwei Linien Durch-
messer eine anderthalb Linien dicke Lage grösstentheils von Aragon,
die sich leicht durch ihre mindere Durchsichtigkeit, geradfaserige
Structur und röthliche Farbe unterscheidet.. Die Aragonschichten
sind durch dünne Kalkspath-Schichten getrennt, und sodann folgt
bis zum Durchmesser eines Zolles schichtenförmig abgesetzt, aber
sodann mehr körnig als fasrig, festkrystallisirter Kalkspath. Ich
verdanke meinem hochverehrten Freunde, Herrn Robert Allan
in Edinburgh, ein Fragment eines Aragon-Tropfsteines aus der
Dirk-Hattericks-Höhle in Kirkcudbrightshire in Schottland.
Zwischen den ausgezeichnet fasrigen Aragonlagen zeigen sich hin
und wieder Lagen von wirklichem Kalkspathe, der leicht an seiner
etwas grösseren Durchsichtigkeit zu erkennen ist. Im k. k. Hof-
Mineralien-Cabinete sind endlich vollkommene Aragon-Tropfsteine,
theils grünlich gefärbt mit glatter Oberfläche von Eisenerz in
Steiermark, theils vollkommen weiss, in Bruchstücken bis gegen
drei Zoll Dicke, von Trahiras in Goyaz in Brasilien. Die krumm-
fasrige Structur derselben ist in der Axe der Stalaktiten perpen-
diculär, sie krümmt sich aber sodann mehr horizontal hinaus gegen
die Oberfläche. Die in krummen Linien sichtbaren Durchschnitte
der früheren Oberflächen des Tropfsteines stehen überall ziemlich
senkrecht auf den Fasern. Sie sind an den untern Enden weiter von

Koller. Berechnung periodischer Naturerscheinungen. 147
einander entfernt als an den Seiten, und stellen eine Art von con-
centrisch sehaliger Zusammensetzung vor.
Das Vorkommen des Kalkspathes in einigen, das des Aragons
in ändern Tropfsteinen deutet übereinstimmend mit G u s t a v R o s e^s
schönen Erfahrungen gewiss auf eine Verschiedenheit in der Tem-
peratur hin, welche bei ihrer Entstehung Statt fand. Das Karls-
bader Wasser setzt bei 89° R. noch Aragon ab, aber die untere
Gränze der Bildung desselben, ein sehr wichtiger Punkt für die
Beurtheilung der dahin zielenden geologischen Fragen, ist noch
nicht durch Versuch ausgemittelt, eben so wenig als die obere,
jenseits welcher auch nicht Aragon, sondern Kalkspath entsteht.
Es gibt sinterartige Bildungen, wo Aragon auf körnigem Kalksteine,
wo aber dieser trübe und von bräunlicher Farbe ist, aufsitzt, andere
wo die beiden Species mit einander schichtenweise abwechseln,
beide vollkommen weiss, endlich sind die weissen durchsichtigen
Kalkspath-Kry stalle von der Form 2 R', oder des nächstschär-
feren Rhomboeders der Reihe — inverse von Haüy — ganz sicher
neuer und bei niedrigerer Temperatur gebildet, als der Aragon.
Die Gestalt und Zusammensetzung, überhaupt die ganze Beschaffen-
heit der Tropfsteine erscheint auf diese Art sehr wichtig für das
Studium der Bildung der Gestein-Schichten. Wenn ich hier einen
kleinen Beitrag zu ihrer Kenntniss liefern konnte, so erscheint er
selbst mehr nur wie ein Fingerzeig, ein Anfang in den dahin
gehörigen Arbeiten, zu denen ich gern die Mineralogen und Geo-
logen einladen möchte, welchen sich die Gelegenheit darbietet,
weitere Erfahrungen in Mineralien-Cabineten und in der Natur
zu sammeln.
Herr Regierungsrath P. Mari a n Koller überreicht eine
Abhandlung— „Über die Berechnung periodischer Natur-
erscheinungen" — und hält darüber folgenden Vortrag:
Unter den Erscheinungen, deren Gesetze die Naturlehre
erforscht, und welche sie zu erklären sucht, nehmen die periodi-
schen Naturerscheinungen eine wichtige Stelle ein, nämlich jene,
die nach einer bestimmten Zeit in derselben Ordnung und Grosse
wiederkehren.
10 *

148 Koller. Berechnung periodischer Naturerscheinungen.
Die mathematische Behandlung dieser Erscheinungen ist ein
wesentlicher Behelf zur Erforschung ihrer Gesetze und Erklärung
derselben. Werden diese Beobachtungen in einem mathematischen
Ausdrucke dargestellt, so gibt er selbe, wie sich B esse l aus-
drückt, in ihrer concisesten Form, und zeigt am unmittelbarsten,
was die Theorie an dieser Erscheinung zu erklären hat.
Als ich die vieljährigen und zahlreichen meteorologischen
Beobachtungen, in deren Besitze sich die Sternwarte in Kr eins-
münster befindet, in diesem Geiste zu bearbeiten anfing, fühlte
ich nur zu bald das Bedürfniss einer vollständigen Zusammenstel-
lung und gehörigen Begründung sowohl der Theorie, auf der die
mathematische Behandlung dieser Erscheinungen beruht, als auch
ihrer praktischen Ausführung. So schätzbar das von einzelnen Natur-
forschern darüber Bekanntgemachte ist, so findet man es doch theils
zerstreut, theils unvollständig, oft nur bloss angedeutet.
Dieser Arbeit habe ich mich wohl zunächst zu meiner eigenen
Belehrung und Gebrauche unterzogen, doch die Überzeugung,
dass sie Manchem, der sich einer solchen Behandlung der gemachten
Beobachtungen unterziehen will, willkommen und seinen Zweck
fördernd sein dürfte, bestimmt mich, diese Abhandlung hiermit
der kais. Akademie vorzulegen, und ich will nur noch eine kurze
Übersicht über das darin Abgehandelte beifügen.
Der mathematische Ausdruck, welcher die numerische Grosse
der Erscheinung in irgend einem Zeitmomente ihrer Periode dar-
stellt, muss so beschaffen sein, dass er nach dem einfachen,
doppelten, . . . fachen Ablaufe der Periode diese Erscheinung in
der nämlichen Ordnung und Grosse wieder darstellt.
Bei der Feststellung dieses Ausdruckes zeigt es sich, dass er
in der Regel sehr convergent ist, und nur wenige Glieder des-
selben entwickelt werden dürfen, um die Erscheinung mit der
gewünschten Schärfe darzustellen, man hat daher gewöhnlich mehr
Beobachtungen als Constanten in diesem Ausdrucke zu bestim-
men sind, daher wird zur Bestimmung der plausibelsten Werthe
dieser Constanten die Methode der kleinsten Quadrate angewen-
det, bei welcher alle Beobachtungen auf die Bestimmung dieser
Grossen einfliessen.
Ich habe die Anwendung dieser Methode auf die vorliegende
Aufgabe vollständig und mit der gehörigen Begründung durchge-

K o 11 a r. Insecten-Larven im lebenden Thierkörper. 149
fuhrt und so den plausibelsten mathematischen Ausdruck der perio-
dischen Erscheinung zu finden gelehrt.
Eine andere wichtige Frage musste darauf erörtert werden,
nämlich wie viel Glieder der Reihe zu entwickeln sind, um die
numerischen Werthe der periodischen Erscheinung mit einer
bestimmten Schärfe zu erhalten, und wie die Summe der übrig
bleibenden Fehlerquadrate auf eine leichte Art gefunden werden kann.
Es wurden ferner für jene Perioden, die am öftesten in der
Anwendung vorkommen, die Hilfsgrössen entwickelt, die man zur
Bestimmung der Constanten braucht, wodurch die Anwendung
wesentlich erleichtert wird.
Daran schloss sich die Betrachtung, wie aus dem mathe-
matischen Ausdrucke der periodischen Erscheinung die grössten
und kleinsten so wie auch die mittleren Werthe derselben und
die Zeitmomente gefunden werden können, auf welche diese
Werthe fallen.
Endlich wurde die ganze Berechnung einer periodischen
Erscheinung in einem Beispiele, nämlich über die jährlichen
Schwankungen des Luftdruckes, wie sie sich aus den Beobach-
tungen ergeben, vollständig durchgeführt.
Die Classe beschloss den Abdruck der Abhandlung in den
Denkschriften.
Herr Custos KoIIar folgte nun mit einein Vortrage:
Über das ungewöhnliche Auftreten gewisser In-
secten-Larven im lebenden thierischen und mensch-
lichen Körper.
Die Fliegen, welche während der wärmeren Jahreszeit sich
in den Häusern, in Höfen und Stallungen aufhalten und unter dem
vulgären Namen Stuben-, Fleisch- und Schmeissfliegen bekannt
sind, leben bekanntlich in ihren ersten Ständen meist von faulen-
den vegetabilischen und animalischen Stoffen, wesshalb denn
Wohnungen, in deren Nähe sich Düngergruben befinden, von
diesen Insecten am meisten belästiget werden.
Die Maden, welche man an todten Thieren, an Fleisch, Käse
u. s. w. öfter antrifft, sind nichts anders als die Larven verschie-
dener Arten solcher Fliegen, welche zu der natürlichen Familie

m 0 K o 11 a r. Insecten-Laryen
der Muscidae gehören. Gewisse Arten dieser Insecten-Familien
beschränken sich indess nicht darauf, ihre Brut an die genannten
Stoffe abzusetzen, sondern wählen zu vielen auch die Leiber noch
lebender Thiere und Menschen, vorzüglich, wenn einzelne Theile
an eiternden Wunden leiden. Es ist daher keine besonders seltene
Erscheinung, in Geschwüren lebende Maden zu finden und der be-
rühmte französische Wundarzt Larrey will während des Feld-
zuges der Franzosen in Ägypten die Beobachtung gemacht haben,
dass bei Wunden, in welchen sich Fliegenmaden zeigten, der Hei-
lungsprocess viel schneller vor sich gehe als bei ändern. Dringen
indess diese Thiere in edlere Organe, dann verursachen sie auch
nicht selten höchst unangenehme Zufälle. Ich habe in meiner „Na-
turgeschichte der schädlichen Insecten" S. Sl, eines
Falles erwähnt, wo eine Fliegenlarve in dem kranken Ohre einer
Frau die heftigsten Schmerzen und Blutungen verursachte und
•ähnlicher Thiere, welche bei einer ändern Frau durch den Nasen-
kanal in die Schleimhöhlen der Oberkiefer eingedrungen waren
und während der Zeit ihrer Anwesenheit alle Erscheinungen des
Gesichtsschmerzes hervorgerufen hatten. Die Larven der gewöhn-
lichen Stubenfliege, Musca domestica, welche in grosser Menge
aus der Vagina einer Frau in Klagenfurt abgegangen, hatten eine
Gonorrhöe zur Folge, und die Maden einer nicht zu eruirenden Fliege,
welche aus der ürethra eines Kranken im hiesigen allgemeinen
Krankenhause zum Vorschein kamen, verursachten die schmerz-
lichsten Erectionen, Kreuzschmerzen und Polutionen. Indess der
interessanteste Fall von einem abnormen Auftreten der Larven
der Musca corvina Meig. wurde mir von einem hiesigen praktischen
Arzte am 2S. Juli 1843 mitgetheilt.
Ein 19jähriges Mädchen litt seit mehreren Wochen an gänz-
licher Appetitlosigkeit, es vertrug keine ändern Speisen und Ge-
tränke als Wasser und musste durch ernährende Klystire erhalten
werden; sie klagte seit längerer Zeit über brennende Schmerzen
in der Magengegend. Endlich fing sie zu brechen an und eine Menge
Maden kamen bei Mund und Nase heraus. Der Ordinarius, welcher
es hier mit Eingeweidewürmern zu thun zu haben glaubte, brachte
die Thiere meinem Freunde Herrn Dr. Diesing zur Bestimmung,
der sie jedoch, da sie keine Eingeweidewürmer waren, mir zur
Untersuchung tibergab. Die Thiere waren todt und konnten daher

im lebenden Thierkörper. lgj[
nicht zur Entwickelung und genauen Bestimmung der Species nach
dem vollkommenen Thiere verwendet werden. Aus dem Vergleich
mit den wenigen bisher beschriebenen Larven glaubte ich die oben
bemerkte Art vor mir zu haben. Ihre Öconomie istvonBouche
in Berlin zuerst beschrieben worden, sie lebt in faulem Mist,
altem Käse u. s.w. und soll auch nach Ehrenberg's Mittheilung mit
Urin abgegangen sein. Wie ist nun die Fliege in den Körper des
Mädchens gekommen? Auf die Erkundigung um das frühere Befin-
den des Mädchens bemerkte der Arzt, dass es an einer langwieri-
gen Halsenzündung gelitten und dass Eiterung der Tonsillen voran-
gegangen, welche auch in diesem Augenblicke noch leidend wären.
Dieser Umstand und die Bemerkung, dass die Kranke immer mit
offenem Munde schlafe, brachte neues Licht in die Erscheinung.
Die Fliege, welche gleich der Stubenfliege sich in den Häusern
aufhält, ist durch den Eitergeruch angelockt worden und hat ihre
Eier, oder vielleicht sogar schon die lebenden Maden in den Mund
gelegt, die dann wahrscheinlich in den eiternden Tonsillen ihren
ersten Sitz aufgeschlagen haben. Ob sie tiefer und selbst bis in
den Magen herabgekrochen und daselbst die erwähnten krankhaften
Erscheinungen unmittelbar verursacht haben, oder ob diese Erschei-
nungen nur sympathetisch sich eingestellt, lässt sich nicht mit Ge-
wissheit bestimmen.
Dass die Larven der Musca Caesar und Musca azurea sich
in die Leiber junger Vögel im Neste eingefressen und die Thiere
umgebracht haben, ist mir durch einen eifrigen Naturforscher,
Herrn Scheffer in Mödling, nach eigener Beobachtung mitge-
theilt worden.
Zu den von Herrn Kollar angeführten Fällen, fügt Profes-
sor Hyrti einen ähnlichen hinzu von Fliegenmaden in der Harn-
blase eines Kranken. Derselbe konnte nur durch Anwendung eines
Katheters harnen; das Instrument wurde nicht ausgespült, in der
Sommerhitze ging der darin zurückgebliebene Harn in Fäulniss
über, der Ammoniakgeruch zog die Fliegen an und sie legten ihre
Eier in den Katheter, mittelst dessen diese dann in die Harnblase
gebracht wurden.

152 Haidinger. Anträge, Barrande^s Werk
Herr Bergrath Haidinger stellte folgenden Antrag:
Ich erhielt von Herrn Joachim Barrande, dessen verdienst-
volle Arbeiten in dem Studium der paläozoischen Gebilde Böhmens
jedem Kenner und Verehrer der Wissenschaft so sehr am Herzen
liegen müssen, das beifolgende Schreiben an die kaiserliche Aka-
demie der Wissenschaften, und bitte die hochverehrte mathematisch-
naturwissenschaftliche Classe derselben, dasselbe mit einem darauf
bezüglichen Antrage freundlichst entgegen zu nehmen.
„Kaiserliche Akademie der Wissenschaften!
Seit dem Jahre 1833 habe ich zu verschiedenen Zeitperioden
zwölf Jahre meines Lebens dem Studium der silurischen Formationen
in Böhmen gewidmet.
Was den Umfang meiner Untersuchungen und den wissen-
schaftlichen Erfolg meiner Bemühungen betrifft, so berufe ich mich
auf das unparteiische ürtheil von drei eminenten Geologen: Sir
Roderick Murchison, de Verneuil und Graf Keyserling,
welche mich im vorigen Sommer mit ihrem Besuche beehrt, und
ihre Meinung über meine Arbeiten in Jameson's ^New Philoso-
pMcal Journal^ dem gelehrten Publicum mitgetheilt haben. (Viel.
das Heft von January 1848.)
Bekanntlich war meine Absicht, eine vollständige Monographie
der silurischen Formationen in Böhmen herauszugeben, und für
diesen Zweck habe ich nach und nach an Ausgrabungen, Prämien,
Reisekosten u. s. w. bis 28.000 Gulden W. W. aus meinem Privat-
vermögen aufgeopfert.
Eine Summe von 20.000 Gulden W. W. hatte ich ausser-
dem für den Druck und die Tafeln meines Werkes bestimmt,
aber die letzten Ereignisse haben mich nicht nur von diesem
Capital beraubt, sondern auch meine Existenzmittel der grössten
Gefahr ausgesetzt.
In diesen traurigen Umständen ersuche ich die kaiserliche
Akademie der Wissenschaften mir für die Herausgabe meines
Werkes ihre mächtige Hilfe leisten zu wollen.
Nach dem ungemein reichen Umfange der von mir gesammel-
ten paläontologischen Materialien (über 800 Species, wovon vier
Fünftel neu) soll mein Werk aus drei Quartbänden bestehen; näm-
lich die zwei ersten Bände für paläontologische, und der dritte für
geologische Untersuchungen..

das silurische Gebilde Böhmens betreffend.
153
Die Anzahl der Tafeln soll beinahe 130 erreichen. Die folgende
Tabelle gibt eine Übersicht der schon geschehenen Arbeiten,

Tafeln, welche auf d
lern
Blei-



Steine fertig, oder ix
a der
ben
Sum-




zu ma-



Arbeit hegriffen sie
id.
chen.
me.
Crustaceen (Trilobiten




etc.) .....
in Prag gravirt
20
10
30
Cephalopoden . . .
m Wien fertig, oder




in der Arbeit
19
21
40
Gasteropoden . . . }
Pteropoden . . . . )
in Leipzig- zum gröss-
ten Theile fertig
6
6
12
Heteropoden . , . .


6
6
Acephalen .....


10
10
Brachiopoden ....
in Wien fertig . .
18

18
PoHparien etc. etc.


10
10







63
63
126

Für den ersten Band habe ich 60 Tafeln bestimmt:
30 von Trilobiten,
30 von Cephalopoden
""60'
aus denen schon 39 entweder ganz auf dem Steine fertig, oder in
der Arbeit sind.
Die übrigen 66 Tafeln bleiben für den zweiten Band.
Die geologische Karte und viele Durchschnitte der beschrie-
benen Gegend sollen mit dem dritten Bande erscheinen.
Vom Texte sind schon sehr bedeutende Theile fertig, und
das Übrige kann in kurzer Zeit in's Reine geschrieben werden.
Für jeden der zwei ersten Bände rechne ich ungefähr 60 Druck-
bogen.

Hai dinge r. Anträge, B a rr anders Werls
Ausgaben
für den ersten Band.

Von mir
schon
bezahlt
Bleibt
zu be-
zahlen

15,
fl.

Conv. iy
[unze.
20 Trilobiten-Tafeln, in Prag auf Stein gra-


virt, sammt allen Correcturen . . .
800
* . .
10 Trilobiten-Tafeln zu graviren . . ,
. . .
400
Papier und Druckkosten für die 30 Trilo-


biten-Tafeln (für 300 Exemplare) . .

2SO
30 Tafeln von Cephalopoden, welche in


Wien lithographirt werden, ä conto .
Ato. dto. bleibt zu bezahlen , . .
2OO
SSO
Papier und Druckkosten der 30 Cephalo-
poden-Tafeln (300 Exemplare) . . .

4SO
60 Druckbogen Text ä 18 fl. (3OO Exem-
plare) ...........

900
Verschiedene Auslagen .......

2OO



Summe für den ersten Band .
1000
27SO

1ms
O fl.

Für den zweiten Band.
Die Auslagen für diesen Ba^id sollen nicht ganz' so hoch
kommen, weil 18 Brachiopodea- Tafeln auf Kosten der Gesellschaft
der Freunde der Naturwissenschaften schon gezeichnet worden,

das silurische Gebilde Böhmens betreffend,
188
Von mir
schon
bezahlt
fi.
Bleibt
zu be-
zahlen
fl.
Conv. Münze
6 Tafeln Gasteropoden, in Leipzig schon
fertig oder in der Arbeit (sammt Druck
etc.) ...........
42 Tafeln Cephalopoden, Gasteropoden,
Pteropoden, Acephalen und Polyparien
zu zeichnen .........
42 Tafeln Druck- und Papierkosten ä 300
Exemplare .........
18 Tafeln Brachiopoden, für Druck- und
Papierkosten ä 300 Exemplare . . .
60 Druckbogen Text ä 300 Exemplare .
Verschiedene Auslagen.......
Summe
270
1OSO
630
270
9OO
2OO
270 SOSO
'^ii2o7~'
Für den dritten Band.
Ich habe immer berechnet, dass die Auslagen für diesen Band
durch den Ertrag des Verkaufs der zwei ersten Bände ohne weiteren
Geldvorschuss gedeckt werden können.
Indem die Herren Bergrath W. H a i ding er und Doctor
P arisch den Auftrag gütigst annehmen, meine Bitte der kaiserlichen
Akademie vorzulegen, so hoffe ich, dass die Fürsprache dieser hoch-
geehrtesten Gelehrten die beste Garantie sein wird, dass mein Werk
zur Ehre der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften gereichen soll.
Mit tiefem Respect
J. Barrande/^

lob Haidi nger. Anträge, Barrande1 s Werk
Schon bei mehreren Gelegenheiten war es meine Pflicht di
grossen Verdienste dieses eifrigen Forschers anzuerkennen' i&h
möchte es heute wiederholen, aber ich bediene mich dalei oerne
der Worte jener drei gewichtigen Zeugen, die Herr Barrande
selbst anruft, der lleiTcn Sir Roderick Murchison, de Ver-
nein l und Graf Keyserling, so wie sie in jenem Briefe an Leo n-
hard in Jameson\s ^Edinburgh Neiü Philosoph. Joumar
enthalten sind. Sir H. M u r c h i s o n sagt: „Im Namen meiner Freunde
und in meinem eigenen versichcrc ich mit voller Zuversicht, dass
die von Herrn Barrandc gebildete Sammlung silurischer Fossilien
weitaus die reichste bis jetzt bekannt gewordene ist aus irgend einer
Gegend in Europa, wenn nicht auf der ganzen Erde." Ferner: „Indem
wir die Schönheit und Verschiedenheit der Thierformen, welche
Herr Barrande an das Licht gebracht hat, bewundern, können wir
meine Freunde und ich, nie genug seine in den letzten zehn Jahren
geleisteten Arbeiten hervorheben, noch auch hinlänglich den Unter-
nehmungsgeist und die Liebe zur Wissenschaft anrühmen, mit
welchem ein einzelner französischer Forscher ohne fremde Beihilfe,
durch die reichliche Anwendung seiner eigenen Geldkräfte, so viele
neue Anbrüchc in dorn Aufsuchen jener „Medaillen alter Schöpfung"
erönn^h1, so wie das richtige (Irtheil und die scharfe Kritik, mit
welcher er erfolgreich an die 800 silurische Fossilien classificirte,
und aic nun beschmht, von denen eine jede Gruppe einen wohlbe-
Sronxten physikalischen Homoni charaklerisirt. Die ausserordent-
liehe; Genauigk^il, mit welcher Herr Barrande diesen schwierigen
Timl .seines Gegenstandes behandelte, ist in der That über alles
Lob ^rhaho«, und .sei <\s, dass ich seine Arbeiten auf dem so com-
plicirl^n Felde betrachte, oder in seiner Sammlung, wo ihre frucht-
baren und wohlgeordneten Erfolge erscheinen, so muss ich zur
Steuer der Wahrheit .sagen, (la.ss da.s Werk der Beschreibung, wenn
es vollendet ist, eine der allerbesten und interessantesten Mono-
graphien sein wird, die je die wissenschaftliche Geologie bereichert
haben/"
Dies ist der Charakter des Werkes, um dessen Herausgabe
zu vermitteln die Hilfe der kaiserlichen Akademie der Wissen-
schaften in Anspruch genommen werden soll. Werke dieser Art
sind wohl nie mit der Aussicht auf Geldgewinn unternommen worden.
Wer kann die vielfältigen Opfer ersetzen, die ihre ganze Entwicke-

das silurische Gebilde Böhmens betreffend, l 87
jung bezeichnen. Aber in dem Augenblicke der Vollendung sich
derjenigen Mittel gänzlich beraubt zu sehen, welche es möglich
machten sie zu erreichen, ist eine so herbe Prüfung des Geschickes,
dass sie billig unsere ganze Theilnahme in Anspruch nimmt. Es ist
Zerstörung der Kraft, die mit uns für die Wissenschaft gearbeitet
hätte. Es gilt nun für die Wissenschaft zu retten, durch wohlan-
gebrachteverwendung derjenigen Arbeitskraft, welche das Vertrauen
unseres gnädigen Kaisers in unsere Hand gelegt hat.
Ich habe geglaubt, das grosse Werk von Murchison,de
V erneut l und Graf Keyserling, welches ich vor einigen Tagen
als werthvolles Geschenk von dem kaiserl. Corps der Bergwerks-
ingenieure in St. Petersburg erhielt, bei dieser Gelegenheit als ein
Muster, das uns immer in der Ausführung vorschwebt, zur Einsicht
der Classe vorlegen zu müssen. Der erste Band ist in London
englisch, der zweite in Paris französisch gedruckt worden. Auf die
Herausgabe wurden nach einer Mittheilung der Verfasser nicht
weniger als 40.000 Franken als Beisteuer verwendet. Was Bar-
rande wissenschaftlich errungen, liegt uns gewiss eben so nahe, ja es
ist jetzt der Zeitpunkt, das schon Gewonnene zu sichern, das Resultat
so langjähriger kostspieliger Vorarbeiten, der Erfolg von Zeit, Geld-
mitteln, und über das Alles noch, von der unablässigen Anstrengung
des kenntnissreichen, unabhängigen, wahren Naturforschers.
Ich bedaure die Abwesenheit meines hochverehrten Freundes
Partsch, dem der Werth der Leistungen Barrande's eben so
genau bekannt ist, er würde gerne seine Stimme heute schon mit
der meinigen in dem zu stellenden Antrage vereiniget haben, der
eigentlich selbst wieder in zwei Theile zerfällt, nämlich erstens
in den, dass die hochverehrte Classe das Princip aussprechen wolle,
dass sie sich überhaupt der Herausgabe des Werkes annimmt, und
zweitens, dass sie zur Schlussfassung sich von uns beiden, vielleicht
in Gemeinschaft mit noch einem oder dem ändern Theilnehmer eine
weitere Ausführung der einzelnen Vorschläge über die Mittel vor-
legen lässt, die hierzu erforderlich wären.
Ich bitte daher um die ErlauKniss, folgende zwei Anträge
zu stellen:
l. Die mathematisch-naturwissenschaftliche Classe wird ihre
Hilfe der Herausgabe von Herrn J. Barrande's Werk über das
silurische Gebiet von Böhmen zuwenden.

l 5 § Haidinge r. Üb er den Verkauf von Tellur.
2. Die mathematisch-naturwissenschaftliche Classe ernennt
eine Commission zur Vorlage der ausführlicheren mit Herrn Bar-
rande noch näher zu besprechenden Vorschläge.
Die Classe weiset diesen Antrag einer Commission, bestehend
aus dem Herrn Antragsteller und den Herren Kollar, Partsch
und v. Ettingshausen, zur Berichterstattung zu.
Bergrath H a i dinge r stellte noch folgenden Antrag:
Cato der Censor, pflegte jede Rede zu schliessen: n-Ego vero
censeo, Carthaginem esse delendam^ Seit geraumer Zeit enthalten
unseres hochverehrten Correspondenten Wo hl er Briefe jedesmal
den Wunsch nach Tellur ausgedrückt, der letzte derselben, den ich
erhielt, vom 4. April, wie folgt:
„Übrigens bin ich der Meinung, dass es möglich sein müsste,
zum Nutzen der Wissenschaft das schöne Tellur in Siebenbürgen
zu erhalten, und nicht zum Teufel gehen zu lassen."
Es ist mir zwar nicht unbekannt, dass diese Frage, nämlich
Mittel und Wege aufzufinden, um aus den seltenen Gold-und Tellur-
verbindungen von Siebenbürgen das letztere für wissenschaftliche
Zwecke zu gewinnen, in der letzten Zeit vielfach besprochen worden
ist, allein es ist wohl gegenwärtig dem Einflusse der montanistischen
Behörde in Wien wieder weiter entrückt, als es bisher der Fall war.
Um so nothwendiger erscheint eine unmittelbare Verwendung von
Seite der mathematisch-naturwissenschaftlichen Classe der kaiser-
lichen Akademie der Wissenschaften. Mancher günstige Moment ist
seit der Entdeckung des Tellurs durch Müller von Reichenstein
und Klaproth seit den vielen Jahren, wo dieser Gegenstand den
Wunsch aller Chemiker bildete, ungenützt vorüber gegangen. Ich
hoffe, es heisst nicht auch hier „zu spät", denn es sind doch noch
immer dieselben interessanten Erze im Anbruch, und wenn auch
grosse Mengen bereits unwiederbringlich verloren sind, so ist doch
auch die Chemie selbst so weit vorgeschritten, dass ihre Anwendung
in der Hüttenkunde jetzt Resultate hoffen lässt, die früher nicht
erzielt werden konnten.
Ich bitte daher die hochverehrte Classe sich für diese Sache
freundlichst bei der k. k. Hofkammer im Münz- und Bergwesen

S c h r ö tt er. Anfrage wegen der Reichs Versammlung. 189
anzunehmen, sie möge veranlassen, dass das Tellur möglichst für
die Wissenschaften erhalten werde, indem man auf irgend eine
Weise ein technisches Verfahren bei der Zugutebringung der Erze
einschlägt, wobei es gewonnen wird, um es in den Handel zu
bringen.
Der Antrag wird genehmiget.
Professor Schrötter stellte die Anfrage: Ob die Akademie
in Betreff der mit Anfang Mai zu Frankfurt zusammenkommenden
Reichsversammlung, da von anderer Seite bei uns kein Lebens-
zeichen gegeben wird, nicht ein solches geben solle? Die Öster-
reicher seien bei denVorberathungen zu spät zu Frankfurt angekom-
men, und es mussten Vertreter der Österreicher von Fremden gewählt
werden. Es ist dringend nöthig, dass man für Wahlen von Abgeord-
neten zu dieser Reichsversammlung Vorsorge treffe. Damit nun keine
Zeit verloren gehe, wäre der Herr Minister des Innern sogleich
auf diesen Gegenstand aufmerksam zu machen. Obwohl Professor
Schroffer an dem in der Akademie schon oft ausgesprochenen
Grundsatze festhalte, dass die Akademie sich bloss mit der Wissen-
schaft als solcher zu beschäftigen habe, und politische Gegenstände
bei Seite lassen solle, so veranlasse ihn die Eigenthümlichkeit der
gegenwärtigen Zeitverhältnisse, wo ausnahmsweise Vorgänge an
die Stelle der Normen treten müssen, darauf anzutragen: dass
die Akademie, oder wenigstens die Classe, die Aufmerksamkeit des
Herrn Ministers auf die so hochwichtige Angelegenheit lenke.
An der hierüber entstandenen Discussion nahmen ausser dem
Antragsteller noch der Präsident, der Secretär, und die
Herren Burg,Fenzl und Haidinger Antheil, und der Präsident
bemerkte insbesondere, dass diese Frage auch in wissenschaftlichem
Interesse an der Zeit sei, da es nicht gleichgültig bleiben könne,
wie die Akademie sich zu Deutschland verhalte, indem grosse
politische Fragen immep auch die Interessen der Wissenschaft
berühren.
Die Classe beschloss einstimmig den Präsidenten der Akademie
Freiherrn Hammer-PurgstaIl aufzufordern eine Gesammtsitzung
einzuberufen, um zu berathen, wie der Herr Minister des Innern von

160 Rochleder.
Seite der Akademie anzugehen sei, die erforderlichen Wahlen sobald
als möglich einzuleiten1).
SITZUNG VOM 27. APRIL 1848.
Das wirkliche Mitglied, Professor Dr. J. Redtenbacher zu
Prag, übersendet folgende zwei Mittheilungen des Professors Dr.
F. R o chleder zu Lemberg:
I. Über die Kaffeegerbsäure. Ich habe in den „AnnaW
der Chemie von Liebig und Wöhler B. LIX, Heft 3 und B. LXI1I,
Heft 2, einige Versuche veröffentlicht, die in der Absicht angestellt
waren, die Zusammensetzung der Kaffeegerbsäure zu ermitteln.
Während dieser Zeit ist eine Arbeit von Herrn Payen über den-
selben Gegenstand erschienen. Er stellt für diese Säure die Formel
Ci4 HQ 07 auf, während ich die Formel Cie HQ 0& gab. Beiden
Formeln entspricht dieselbe procentische Zusammensetzung, über
die wohl kein Zweifel mehr sehr kann, nachdem Payen und ich bei
der. Analyse von Säure, die auf ganz verschiedene Art dargestellt
war, dieselben Resultate erhalten haben. Ich setze hier die beiden
Formeln und die darnach berechnete procentische Zusammensetzung
neben einander:
Atome pCt. Atome pCt.
Kohlenstoff == 14 — S6,8 — 16 — S6,8
Wasserstoff = 8 — 5,4 — 9 — 5.3
Sauerstoff == 7 — 3'7,8 — 8 — 37,9
100,0 100,0
1) Diese Oesammtsitzung fand am 15. April Statt. Der Präsident zeigte der Ver-
sammlung an, dass er der Dringlichkeit der Angelegenheit -wegen, dieselbe dem
Herrn Minister vorläufig in einem eigenen Schreiben kundgegeben habe; da nun
der Herr Minister sich bereits über die Ausschreibung der Wahlen erklärt hat,
so falle der Grund zu besondern Schritten der Akademie als Körperschaft bei
demselben hinweg. Hiemit erklärte sieh die Akademie einverstanden, ersuchte
jedoch ihren Präsidenten den Vorgang durch ein Schreiben zur Kenntniss des
Herrn Ministers zu bringen» »

Über Kaffeegerbsäure. 161
Um mich zu überzeugen, ob die von mir, oder die von Payen
aufgestellte Formel der wahre Ausdruck der Zusammensetzung der
Kaffeegerbsäure sei, habe ich die Darstellung von Salzen versucht,
nach anderer Art als früher, und theile die Weise ihrer Darstellung,
und die Ergebnisse der damit angestellten Analysen mit, durch
welche es erwiesen ist, dass die Zusammensetzung der Kaffee-
gerbsäure durch die Formel C^ H^ 0^ ausgedrückt wird.
Kaffeebohnen wurden getrocknet und fein gepulvert, mit 40 gra-
digem Weingeist ausgekocht. Die gelbe, filtrirte Flüssigkeit wurde,
noch heiss, mit einer Lösung von Bleizucker in Weingeist ver-
mischt, und der Niederschlag auf dem Filter mit Weingeist ausgewa-
schen. Hierauf wurde er mit Weingeist angerührt, mit Schwefel-
Wasserstoff zersetzt, und die vom Schwefelblei abfiltrirte und
von Schwefel-Wasserstoff befreite Lösung in eine grosse Menge
einer weingeistigen Bleizucker-Lösung gegossen. Der Niederschlag
von eigelber Farbe wurde mit Weingeist ausgewaschen, und bei
100° getrocknet. 0,8039. Substanz gaben 0.465 Kohlensäure und
0,102 Wasserstoff. 0,3137 Substanz gaben 0,287 Bleioxyd.
Dies entspricht in 1OO Theilen folgender Zusammensetzung:
Berechn. Gefund.
42 Äq. Kohlenstoff == 31SO,O — 25,16 — 25,00
24 Äq. Wasserstoff == 3OO.O — 2,39 — 2,24
21 Äq. Sauerstoff === 21OO.O — 16,76 — 16,89
8 Äq. Bleioxyd == 6972,^ — S5.69 — 85,87
12S22,S 1OO,ÖO 1OO,OO
Der etwas zu geringe Wasserstoff-Gehalt rührt bei den basi-
schen Salzen der Kaffeegerbsäure davon her, dass die Salze bei dem
Trocknen an der Oberfläche durch den Sauerstoff der Luft etwas
verändert werden, sie nehmen dabei eine grauliche oder grünliche
Färbung an.
Ein anderes Bleisalz wurde auf folgende Art dargestellt: Ge-
trocknete und gepulverte Kaffeebohnen wurden mit kaltem stark-
wasserhaltigen Weingeist ausgezogen, die filtrirte Flüssigkeit mit
Bleizucker-Lösung gefüllt, der Niederschlag abßltrirt, mit Wasser
angerührt, durch Schwefel-Wasserstoff zersetzt, die vom Schwefel-
blei abfiltrirte Flüssigkeit im Wasserbade zur Syrupsdicke abgedampft,
mit wasserfreiem Weingeiste vermischt, von dem entstandenen
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. I. Bd. 11

lg2 RochUder.
Niederschlage abgegossen und filtrirt, und der Alkohol im Wasser-
bade weg verdunstet. Der Rückstand in Wasser gelöst, und die von
einer Spur Fett trübe Flüssigkeit mit ein paar Tropfen Bleizucker
versetzt und filtrirt. Die klare filtrirte Flüssigkeit wurde in eine
überschüssige Menge einer siedenden wässerigen Bleizucker-Lösung
gegossen, und nach dem Erkalten auf einem Filter gesammelt und
mit Wasser (kalt) ausgewaschen. Bei 100° getrocknet wird er
grünlich gefärbt. Zwei solcher Bleisalze zu verschiedenen Malen
dargestellt gaben folgende Zusammensetzung: I. 1,042 Substanz
gaben 0,528 Bleioxyd == 50,67 pCt. II. O,619S Substanz gaben mit
chroms. Bleioxyd verbrannt 0,6394 Kohlensäure und 0,1412 Wasser.
III. 0,3264 Substanz gaben 0,1616 Bleioxyd == 50,09 pCt.IV. 0,515
Substanz gaben O,S46 Kohlensäure und 0,1238 Wasser. Dies ent-
spricht folgender Zusammensetzung:
Gefd. Gefd. Mittel. Ber.
I. u. IL IIL u. IV.
42 Aq. Kohlenstoff = 31SO — 28,49— 28,1S— 28,32— 28,30
24 Äq. Wasserstoff === 3OO — 2,63 2,S3— 2,58— 2,69
21 Äq. Sauerstoff == 21OO— 19,37— 18,68— 19,01— 18,90
q. Bleioxyd == 5578— 49,51— 50,67— SO.O9—50,11
11128 1OO.OO 100,00 1OO,OO 1OO.OO
Diese Salze entsprechen also den Formeln:
3. Ci^ Äs 0^ + J PbO und 3. C^ H^ 0, [- 4 PbO,
Die in der oben citirten Abhandlung enthaltenen Formeln der
verschiedenen Salze stimmen mit der Formel der Kaffeegerbsäure in
so ferne überein, als die Zusammensetzung der organischen Substanz
nach Abzug des Bleioxydes oder Barytes Zahlen gibt, die zwischen
denen in der Mitte liegen, welche den Formeln C^ HQ Os und
Ci4 He 07 entsprechen. Die Analyse derselben beweist, dass ganz
oder theilweiseaus der Kaffeegerbsäure zwei Äquivalente Wasser aus-
getrieben und durch Bleioxyd ersetzt werden können. Die Kaffee-
gerbsäure wäre demnach eine zweibasische Säure, was durch das
von P ayen beschriebene kaffeegerbsaure KaIi-Caffeln bekräftigt wird.
Davon ist auch die Schwierigkeit abzuleiten, eine Verbindung der

Über Kaffeegerbaaure. 163
Kaffeegerbsäure mit Bleioxyd vollkommen frei von einem Kalk-, Bitter-
erde- oder Kaligehalt zu bekommen1).
Die Zusammensetzung der Kaffeegerbsäure == 14 Hs 0'y
kömmt sehr nahe mit der Formel des Catechin === C^ H 7 Oi über-
ein; ich habe in einer früheren Abhandlung über die Viridinsäure
auf die Ähnlichkeit mehrerer Reactionen aufmerksam gemacht Die
Kafieegerbsäure enthalt eben soviel Äquivalente Kohlenstoff wie die
der Familie der Rubiaceen angehörige Chinasäur e==Ci 4 H^ öia.
Die Entstehung der Viridinsäure == C^ H^ OQ aus der Kaffee-
gerbsäure erklärt sich sehr einfach durch Aufnahme von Sauerstoff
und Austreten von einem Äquivalent Wasserstoff.
Ci, H, 0, + 0, == Ci, H, 0, + HO.
Herr HibI hat in meinem Laboratorium die Darstellung der
Viridinsäure wiederholt, er hat bei der Analyse ihres Bleisalzes die-
selben Zahlen erhalten wie ich. Die schwarze, der Melangallussäure
ähnliehe Substanz, deren Bildung ich bei der Entstehung der Viridin-
säure beobachtete, ist nicht nothwendiges Product der Einwirkung von
Sauerstoff auf Kaffeegerbsäure bei Gegenwart von Ammoniak. Herr
HibI stellte Viridinsäure einmal dar, ohne dass sich von diesem
Korper eine Spur gebildet hätte.
Die Säuren, welche in den kaffeeinhaltigen Pflanzentheilen vor-
kommen, welche bis jetzt untersucht sind, haben folgende Zusam
mensetzung:
Kaffeegerbsäure m den Kaffee-
bohnen und im Paraguay -
thee enthalten === C^ H s 0^ == C^ He 0& 4- 2aq
Viridinsäure im Kaffee == C^ H^ OQ == C^ H^ 0^ -{- aq
Bohiasäure im Thee^) == €7 Hr, OQ = Cy Hs 0 + 2aq
Alle drei lassen sich als verschiedene Oxydations-Stufen ein und
desselben Radicales betrachten.
Kaffeegerbsäure === 2. Cy H s -\- 0^
Viridinsäure = 2. C^ H^ + O,
______ Bohiasäure == l. 7 Hs -|- Or,
1) Ob die zwei Äquivalente Wasser ausgetrieben werden können ohne dass die
Säure dabei eine Veränderung erleidet, ist ebenso wenig ausgemacht, als bei
der Chinasäure und ändern ähnlichen Säuren«
s) Nimmt man für die Bohiasäure statt der Formel C^ ff 3 0 ^ + 2aq die Formel
^7 ^4 °6 J- ^y so ist Cy H^ + 0^ und 2. (C^ B ^) + 0^ der Ausdruck
des Verhältnisses zwischen diesen Säuren,
11^

164 Rochleder.
Die Kaffeegerbsäure steht zu der Viridinsäure in demselben
Verhältnisse, wie die salicylige zur Salicylsäure, u. s. f.; sie kann
daher auch Viridinige Säure genannt werden. Ihre Fähigkeit mit
Kali und Natron sich sogleich braun zu färben unter Verbreitung
eines eigenthümlichen Geruches, die Silbersalze zu metallischem
Silber zu reduciren, Sauerstoff mit Begierde aus der Luft anzuziehen,
machen die Kaffeegerbsäure zum Aldehyd der Viridinsäure.
Die Kaffeegerbsäure und das Catechin können als zwei Oxyda-
tions-Stufen desselben Radicals betrachtet werden.
Ci4 HQ OQ + ay == Catechin.
Ct4 HQ Os + 2 aq == Kaffeegerbsäure.
II. Über die Säure der Blätter von Hex paraguayensis,
Die Blätter dieser Pflanze werden unter dem Namen von Paraguay-
thee in derselben Art in Südamerika verwendet, wie in Europa und
vielen Gegenden Asiens der Thee. Stenhouse hat gefunden, dass
die krystallisirbare Substanz, die in dieser Pflanze vorkommt, in ihrer
Zusammensetzung und ihren Eigenschaften von dem Caffein i)icht
abweicht, dass sie damit identisch ist. —
Um die Säure kennen zu lernen, welche das Caffein im Paraguay-
thee begleitet, und das Material zu seiner Bildung abgibt, habe ich
eine kleine Menge Paraguaythee, die ich der Güte des Herrn Medi-
cinalrathes Merk in Darmstadt verdanke, auf folgende Art behandelt:
Der Thee wurde zerrieben, und in einem verschliessbaren
Gefässe mit 4Ogradigem Weingeist ausgezogen, der nach einigen
Stunden durch eine neue Menge ersetzt wurde, so lange diese noch
eine gelbe Farbe annahm. Die gelbe Lösung wurde durch eine
alkoholische Bleizucker-Losung so lange gefällt, als der Nieder-
schlag eine nicht ganz rein gelbe Färbung zeigte. Dieser zuerst
enstandene Niederschlag wurde abfiltrirt; er trocknet zu einer
dunkelgrünbraunen Masse ein. Die abfiltrirte gelbe Lösung wurde
mit alkoholischer Bleizuckerlösung vollständig- gefällt, der schön
eigelbe Niederschlag mit Weingeist auf dem Filter ausgewaschen,
und mit Weingeist angerührt, durch Schwefelwasserstoff zersetzt.
Nach Vertreibung des überschüssigen Schwefelwasserstoffes wurde
die Flüssigkeit in eine grosse Menge einer Lösung von Bleizucker

Über K&ffeegerbsäure. 163
in Weingeist gegossen, der entstandene Niederschlag mit Wein-
geist auf einem Filter ausgewaschen und bei 100° getrocknet. Dieses
Bleisalz gab bei der Analyse folgende Zahlen;
L 0,3083 Substanz gaben 0,183 Bleioxyd==S9,32 pCt.
II. O.S6S1 gaben 0,4735 Kohlensäure und 01.12 Wasser.
Dies entspricht folgender Zusammensetzung:
Berechn.: Gefund.:
14 Äq. Kohlenstoff == l OSO — 22.63 — 22,84
8 Äq. Wasserstoff == 1OO — 2, l S — 2,20
7 Äq. Sauerstoff = 7OO — 15,10 — 1S.64
2 Äq. Bleioxyd == 2789 — 60,12 — S9.32
4639 — 1OO.OO — 1OO.OO
Nach Abzug des Bleioxydgehaltes bleibt für die Säure die
Zusammensetzung:
C === S6,l
H == 8,4
0 == 34,8
100,0
Dieses ist die Zusammensetzung der Kaffeegerbsäure.
Um mich von der Identität dieser beiden Säuren zu überzeugen,
zersetzte ich einen Theil des Bleisalzes, das zur obigen Analyse
verwendet worden war, mit Schwefelwasserstoff und filtrirte die
wässerige Losung vom Schwefelblei ab,
Diese wässerige Lösung war sehwach gelblich gefärbt, nahm
eine dunkle rothlichgelbe Farbe durch Ammoniak, Kali oder Natron-
lösung an, und wurde durch Eisenchlorid dunkelgrün gefärbt. Mit
Ammoniak im Überschuss vermischt, der Luft ausgesetzt, wurde die
Flüssigkeit dunkelgrün, die grüne Farbe ging durch Essigsäure in
Braun über. Die braune saure Flüssigkeit gab mit Bleizuckerlösung
einen dunkelblauen Niederschlag, der sich mit Schwefelsäure dun-
kelroth färbte.
Alle diese Reactionen sind dieselben, welche 'die Kaffeegerb-
säure unter denselben Einflüssen gibt.
Es ist demnach die Identität der Säure der Blätter von Hex
paraguayensis mit der Säure der Kaffeebohnen erwiesen.

{gg PrechtL Über Krystallisation
Herr Regierungsrath, Director Prechtl, liest folgende Mit-
theilung über Krystallisation aus dem glühenden Flusse.
Nr. l. Die ^Comptes rendus de VAcademie de science^
in Paris vom 3. Jänner 1848 enthalten, Pag. 12, den Bericht der
Commission über eine (seit dem in den »Annales de Chimie et de
Physique^ erschienenen) Abhandlung des Herrn Ebelmen,des
Titels: ^Nowelle methode pour obtenir des crystallisations par
la voie seche^ Herr Ebelmen ging von der Ansicht aus, dass, so
wie sich verschiedene Salze im Wasser lösen, und dann durch
Verdampfung dieses Wassers, oder auch durch Abkühlung der bei
einer höheren Temperatur gemachten Auflösung die Krystallisation
des aufgelösten Salzes erfolgt, dieses auch bei an und für sich
unschmelzbaren mineralischen Substanzen, wenn diese bei hoher
Temperatur in einem gereinigten Auflösungsmittel geschmolzen
werden, der Fall sein werde. Die Versuche, welche Herr Ebelmen
anstellte, wurden in der ersten Beziehung, nämlich der Krystallisa-
tion, durch Verdampfung des Auflösungsmittels gemacht, als welches
Bor- und Phosphorsäure, und bor- und phosphorsaurc alkalische
Salze dienen, welche in holler Temperatur sich langsam verflüch-
tigen. Auf diese Art erhielt Herr Ebelmen durch Auflösen vonThon-
erde in borsaurem Natron oder in Borsäure mittelst der Schmelzung
bei allmählicher Verflüchtigung des Auflösungsmittels kleine Krystalle
von Korund, durch Schmelzen von Thonerde und Kalkerde erhielt
er den Spinell, mit allen diese Mineralien charakterisirenden Eigen-
schaften.
So interessant diese Versuche sind, so scheint jedoch die
experimentelle Behandlung der zweiten Krystallisations-Methode,
durch allmähliche Abkühlung der im glühenden Flusse befindlichen
Masse zu um so wichtigeren Resultaten führen zu müssen, als dieser
Vorgang derjenige ist, welcher in der Natur bei der Bildung der
meisten primitiven oder eruptiven Felsarten Statt gefunden hat,
diese Resultate daher mit den geologischen Problemen in der näch-
sten Verbindung stehen.
Zwar hat man in neuerer Zeit mehrfache hieher gehörige Beob-
achtungen gesammelt. In den Schlacken der Schmelzöfen, zumal wenn
dieselben weniger schnell abgekühlt sind, findet man nicht selten wohl
charakterisirte krystallisirte Gebilde, desgleichen Glimmer, Graphit ;
in einem Schmelzofen der Kupferhütte zu Sangershausen fand man

aus dem glühenden Flusse. 167
nahe über dem Schmelzpunkte, theils in drusenartigen Räumen des
sogenannten Ofenbruchs, theils in Spalten geborstener Ofensteine,
künstliche Feldspath-Krystalle; in den Laven kommen häufig Augit-,
Leucit- und Feldspath-Krystalle vor, u. s. w.
Es ist mir jedoch nicht bekannt, dass irgendwo in dieser
Beziehung eine so klare und entscheidende Beobachtung vorgekom-
men wäre, als diejenige, die ich vor vielen Jahren zu machen
'Gelegenheit hatte, und die wenigstens so viel werth sein dürfte,
um der Vergessenheit entrissen zu werden.
Im Sommer des Jahres 1811 wurden nämlich auf Veranlas-
sung der Staatsverwaltung von einer Commission, deren Mitglied
ich war, in der Spiegel-Glashütte zu Neuhaus Versuche über die
Anwendung des Glaubersalzes zur Glas-Fabrication angestellt. Unter
vielen Schmelzungs-Versuchen wurde nebenbei auch einer mit
einem Glassatze gemacht, welchem eine bedeutende Menge von
Feldspath zugesetzt war. Von dem klar geschmolzenen, etwas grün-
lichen Glase wurden mehrere Gefässe bereitet, und der Überrest,
vielleicht i% Centner im Gewichte, in Wasser aus gegossen, wo
er in einem compacten Klumpen allmählich erkaltete, was übrigens
unter diesen Umständen weniger schnell erfolgt, als man glauben
sollte. Als ich nach einiger Zeit diesen zerschlagenen Klumpen
untersuchte, "fanden sich im Innern desselben isolirte, von der
klaren Glasmasse umgebene Feldspath-Krystalle, das ist krystalli-
niseh-blätteriger Feldspath von verschiedener Grosse, und beiläufig
in der Mitte, wo also die Abkühlung am längsten gewährt hatte, ein
solcher Krystall, vollkommen scharfkantig und charakteristisch
ausgebildet, beiläufig von der Grosse eines Kubikzolls.
Diese Erfahrung beweiset rein und unzweifelhaft, dass die Mine-
ralien aus dem im feurig-flüssigen Zustande befindlichen Lösungsmit-
tel ebenso krystallisiren, als die verschiedenen krystallisirbaren Ver-
bindungen auf dem sogenannten nassen Wege, und dass zwischen
beiden Vorgängen im Wesentlichen kein Unterschied besteht. Bei
der ausgebildeten Kenntniss dieser Krystallisations-Vorgänge auf
nassem Wege, im Besondern aus der gleichzeitigen Auflösung
mehrerer Verbindungen, die in ihrer Auflöslichkeit nach der Tem-
peratur verschieden sind, bei mehr oder minder verzögerter Abküh-
lung, kann man hiernach ohne Schwierigkeit die Bedingnisse ange-
ben, unter denen sich z. B. Gneiss und Granit mit allen ihren

168 Prechtl. Über die Krystallisation aus dem glühenden Flusse.
Abstufungen aus dem glühenden Flusse bilden können, und die in
dieser Richtung angestellten Versuche dürften wohl Resultate
gewähren, die Manches von dem, was jetzt in der Geologie no<A
hypothetisch ist, thatsächlich aufklären könnten.
Vielleicht könnten, und zwar auf diesem Wege allein, auch
einige andere Punkte, die noch ganz in Dunkel gehüllt sind, wie
die Krystallisirung des Kohlenstoffes in Diamant, ihre Aufhellung
erhalten. Wenn man einer zu schmelzenden bleifreien Glasmasse
etwa 4 pCt. Kohlenpulver zusetzt, oder auch die geschmolzene
Masse mit einer hölzernen Krücke anhaltend umrührt, so färbt sich
dia Masse honiggelb, und zwar vollkommen gleichförmig, ganz eben
so, wie bei der Färbung der Glasmasse durch Eisen-, Mangan- oder
Kobalt-Oxyd. Man muss also annehmen, dass der Kohlenstoff in
der Masse hier in derselben Art aufgelöst sei, als es bei den
genannten Oxyden der Fall ist. Auf der anderen Seite haben die
neueren Beobachtungen, im Besondern jene des Herrn von Helm-
reichen gezeigt, dass der Diamant in dem festen Itakolumit als
seinem uranfänglichen Muttergesteine eingewachsen sei, und alle
Diamanten, welche in Ost-Brasilien gewonnen werden, werden aus
den Ablagerungen des oberflächlich zerstörten Itakolumits ausgewa-
schen. Diese Felsart, die ziemlich mächtige Gebirgskuppen bildet,
gehört der in dieser Gegend verbreiteten Region des Granit, Gneis
und Glimmerschiefers an, und steht besonders zu beiden letzteren
in Beziehung, indem sie, wenigstens an der westlichen Seite der Serra
de Grao-Mogör, auf einem Gneisse aufruht, welcher sich durch das
allmähliche Verschwinden des Feldspaths oder Feldstrinkdem Glimmer-
schiefer, und durch das Auftreten des sandig-körnigen Gefüges des
Quarzes dem Itakolumit nähert. Diese Felsart ist also unbezweifelt
eben so gut ein plutonisches Product, als der Gneiss oder Granit-
Gneiss, an welchen sie sich anschliesst, und man kann sonach mit
Wahrscheinlichkeit annehmen, dass diese in der Tiefe geschmol-
zene und theilweise mit Graphit in Berührung gekommene Masse
Kohlenstoff aufgelöst, und denselben bei der allmählichen Abkühlung
als Diamant eben so ausgeschieden habe, wie das mit ändern Kry-
stallen der Fall ist, die man in der Ablagerung des zersetzten Ita-
kolumits findet.
Zwar könnte man einwenden, dass bei einer so hohen Tem-.
peratur der Kohlenstoff die verschiedenen Erdarten reduciren, und

Schrotte r. Gegenbemerkung. 169
sonach als Kohlensäure versehwinden müsste; allein dagegen spricht
l) die oben bezeichnete Erfahrung der Färbung der Glasmasse
durch Kohle in der hohen Hitze eines Spiegelglasofens; 2) die
Erfahrung, dass eine directe Reduction des Silicium-Allumium-
und Magnesium-Oxydes durch Kohle in der Hitze und ohne Zwi-
schenwirkung eines anderen Stoffes, mit dem sich das reducirte
Metall verbindet, nicht wohl stattfindet, und noch viel weniger,
wenn diese Oxyde im feurigen Flusse in gegenseitiger fester
Verbindung sich beßnden, der Kohlenstoff selbst aber in einem
von dem festen oder amorphen ganz verschiedenen Zustande,
worin wohl auch der Grund gesucht werden kann, dass bei den
oben erwähnten Versuchen ein aus ganz reinen Materialien, jedoch
mit Kohle übersetzter Glassatz, nachdem er vollkommen rein ge-
schmolzen, eine dunkle Hyazinthfarbe zeigte, die durch beige-
setzten Salpeter nicht entfernt werden konnte, und auch beim
nachherigen Umschmelzen einer Probe dieses Glases im Porzellan-
feuer die Farbe behielt, nach dem von Professor Dr. Scholz
desshalb angestellten, und in den „Jahrbüchern des k. k. polytech-
nischen Institutes," Bd. II, 1820, S. 219, bemerkten Versuche.
Leider sind Versuche in der hier angedeuteten Richtung nur
in grossem Massstabe anzustellen, und sie können daher weder
der Gegenstand der Arbeiten Einzelner, noch gewöhnlicher che-
mischer Laboratorien sein. Übrigens würden diese Versuche eine
erweiterte und systematische Fortsetzung der früheren Versuche
von James Hall und Watt bilden können, durch welche
zuerst die Hutton'sche Theorie, die der neueren Geologie zu
Grunde liegt, experimentell begründet worden ist; und es ist
wohl kaum zu bezweifeln, dass sie für manche noch aufzuhel-
lende geologische Probleme wichtige Resultate liefern, vielleicht
auch dazu beitragen könnte, die Lehre von den Metamorphosen
innerhalb der Grenze zurückzuhalten, welche ihr die Chemie zu
ziehen berechtiget ist.
Herr Professor Seh rotte r macht einige Gegenbemerkun-
gen bezüglich der Vorstellung, die so eben über den Zustand
des Kohlenstoffes im Glase ausgesprochen wurde. Er kann nicht

170 Sehr ötter. Zusammensetzung
zugeben, dass der Kohlenstoff im Glassatze aufgelöst sei, sondern
es bestehe da lediglich eine mechanische Mengung, wenn nicht
die Schwärzung auf einer ändern Ursache beruht.
Die Classe ersuchtHerrn Regierungsrath Prechtl, einen Plan
zu den Versuchen, die er angedeutet hat, zu entwerfen, was der-
selbe in Überlegung zu nehmen verspricht.
Professor S c h rotte r macht nachstehende Mittheilung über
die Z u s amm e n s e t z u n g einiger sehr alten Mörtel-
Sorten.
Als im Winter des Jahres 1847 auf 1848 die im Jahre 184S
erbaute Bastion der „Bürger-Kavalier" auf dem Stadtwalle
nächst dem Stubenthore in Wien unter der sehr umsichtigen
Leitung des Herrn Ingenieurs Unger abgebrochen wurde, kam
man auf die Überreste zweier Kirchen, von denen die tiefer lie-
gende im Jahre 1186, die neuere, zum Theile auf den Funda-
menten der erstem ruhende im Jahre 1302 erbaut wurde. Da sich
das Alter dieser Bauwerke aus den in denselben vorgefundenen
Denkmalen mit aller Sicherheit bestimmen liess, und die Zeit ihrer
Erbauung so weit zurückreicht, so glaubte ich diese gü&stige
Gelegenheit nicht vorübergehen lassen zu dürfen, ohne einige
Daten über die obwohl langsame aber ununterbrochen fortdauernde
Wirkung der Kieselsäure auf den Kalk des Mörtels, den bereits
vorhandenen hinzuzufügen. Man hat nämlich schon vor längerer
Zeit die Beobachtung gemacht, dass ein aus reinem Kalke und
Sande bereiteter Mörtel schon nach wenig Wochen bis zu 0,6 Perc*
lösliche Kieselsäure enthält. Es war daher von Interesse zu sehen,
ob der Gehalt an löslicher Kieselsäure in dem Mörtel der genann-
ten Mauern, von denen der jüngste ein Alter von 303, der ältere
von 846, und der älteste von 662 Jahren erreicht hatte, mit dem
Alter derselben in irgend einer Beziehung stehe. Herr Ünger war
so gefällig mir Mörtelstücke aus dem Innern der verschiedenen
Mauern zu verschaffen, und ich übergab dieselben Herren Mar-
gulies, einem meiner fleissigsten Schüler zur Analyse, welche
m den folgenden Resultaten führte.

alter MörteL 171
a) Mörtel vom Jahre 1186 in 1OO Theilen.
In Salzsaure unlösliche Bestandtheile, in Form von Sand, 32.50
Salzsäure l&sliche Bestandtheile:
Kieselsäure lösliche ........... 1O.4O
Kalk ................ 23.82
Magnesia ............... 8.50
Alumin (Thonerde) ........... 2.86
Eisenoxydul mit etwas Eisenoxyd ....... I.SO
Kohlensäure .............. 16.24
Wasser und etwas Bitumen ......... 4.48
99.70
b) Mörtel vom Jahre 1302.
In Salzsäure unlösliche Bestandtheile ....... 37.OO
» Salzsäure lösliche Bestandtheile:
Kieselsäure (lösliche) .......... 7.53
Kalk ................ 28.04
» Magnesia .............. 5.33
Alumin ............... 2.20
Eisenoxydul mit etwas Eisenoxyd ....... 2.08
Kohlensäure .............. 18.20
Wasser mit etwas Bitumen ......... 2.49
99.87
c) Mörtel vom Jahre 1548.
la Saüteäwe antosliche Bestandtheile ....... 48.30
Salzsäure lesliche Bestandtheile:
Kieselsäure (lösliche) ........... 3.98
Kalk ................ 17.40
Magnesia .............. 9.92
Alumin ............... 3.42
Eisenoxydul .............. 4.25
Kohlensäure .............. 10,30
Wasser und etwas Bitumen ........ 5.49
1OO.O6
Der bei diesen Analysen eingeschlagene Weg war folgender:
Der Mörtel wurde fein gepulvert, eine gewogene Menge desselben
mit Wasser angerührt und diesem dann Salzsäure zugesetzt. Hiebet
schied sich unter Entwickelung von Kolilensäure sogleich ein grosser

172 Schrotte r. Zusammensetzung alter Mörtel.
Theil der löslichen Kieselsäure in Form einer Gallerte aus, während
ein anderer Theil derselben sich löste. Beim Verdünnen der Flüssig-
keit mit viel Wasser löste sich noch ein grasser Theil der gelati-
nösen Kieselsäure. Nachdem sich alles abgesetzt und die Flüssig«
keit vollkommen geklärt hatte, wurde dieselbe durch ein mit
Salzsäure ausgewaschenes und dann gewogenes Filter gegossen,
ohne jedoch etwas von dem Bodensatze auf dasselbe zu bringen.
Diese Operation wurde nochmals wiederholt. Das Zurückbleibende
bestand nur aus Quarzsand und einer nicht beträchtlichen Menge
flockiger Kieselsäure. Um die letztere vom ersteren zu trennen,
wurde das Gemenge beider mit einer concentrirten Lösung von
kohlensaurem Natron digerirt, wodurch sich die flockige Kieselsäure
fast vollständig löste. Nach einer abermaligen und letzten Behand-
lung mit Salzsäure blieb Nichts mehr als der reine Quarzsand
zurück, der in den obigen Analysen als der in Salzsäure unlösliche
Bestandtheil aufgeführt ist. Das Gewicht des nach diesen Operatio-
nen gut ausgewaschenen und getrockneten Filters hatte sich nicht
geändert, woraus hervorgeht, dass Nichts von der flockigen Kiesel-
säure auf demselben zurückblieb, sondern dass sich die ganze
Menge derselben in dem Filtrate befand. Die Bestimmung der
übrigen Substanzen wurde nach der gewöhnlichen bekannten Me-
thode vorgenommen, die der Kohlensäure nach der von Will und
Fresenius. Es ist nur noch zu bemerken, dass alle drei Mörtel
Ätzkalk enthalten, der sich durch Wasser ausziehen lässt.
Vergleicht man die oben angegebene Zusammensetzung der
drei Mörtel mit einander, so zeigt sich, dass der älteste, nämlich
der 662 Jahre alte, die grösste Menge, 10,4 pCt.; der S46 Jahre
alte 7,52 pCt. und der jüngste, welcher ein Alter von 303 Jahren
erreicht hat, nur nahe 4 pCt. lösliche Kieselsäure enthält. Da übrigens
eine grosse Übereinstimmung in dem Gesammtgehalte der Kiesel-
säure in allen drei Mörtelarten vorhanden ist, und auch die Menge des
Alumins zu klein ist, um etwa dem Thone, welcher dem Kalke viel-
leicht schon ursprünglich beigemengt war, die lösliche Kieselsäure
zuschreiben zu können; so ist der Schluss erlaubt, dass die langsame
Einwirkung der Kieselsäure auf den Kalk, auch wenn sich beide
Stoffe in festem Zustande, also unter Umständen befinden, welche
für die Thätigkeit der chemischen Anziehung sehr ungünstig sind»
dennoch durch Jahrhunderte fortdauert. Dieses Verhältniss stellt

K o 11 a r. über Insectenfrass. 173
sich noch deutlicher heraus, wenn man bei den obigen Analysen,
die nicht wesentlichen Bestandtheile, so wie die unlösliche Kiesel-
säure weglässt, und die losliche kieselsaure als Kieselsauren Kalk,
in dem Mörtel enthalten, annimmt. Die Zusammensetzung der in Salz-
säure löslichen Bestandtheile, ist dann folgende:
v. J. 1186 v. J. 1302 v. J. 1S4S
Kieselsaurer Kalk. . . 33,72 . . . 2S,o4. . . 18,19
Kalk. . . *. . . .24,09. . .29,51. . .33,20
Magnesia ..... 14,49 . . . 9,50 . . . 23,84
Kohlensäure .... 27,70 . . . 32,48 . . . 24,77
Die Kohlensäure ist in allen diesen Mörteln in weit geringerer
Menge vorhanden, als nothwendig wäre, um den freien Kalk und die
Magnesia in neutrale kohlensaure Salze umzuwandeln, denn hiezu
wären davon nach obiger Ordnung 35,33, 33,64 und 52,30 Th.
erforderlich. Auch hiebet ist der Einfluss der Zeit bemerklich, indem
nach 300 Jahren erst nahe die Hälfte der ganzen Kohlensäuremenge
mit den Basen des Mörtels in Verbindung getreten ist. Weitere
Schlüsse werden, der ungleichen Umstände wegen, unter welchen
sich die Mauern in den verschiedenen Perioden befanden, unsicher.
Herr Custos Kollar las folgende, von ihm im October 1846
an den Hofrath Sr. kaiserlichen Hoheit des Herrn Erzherzogs
Albrecht, Herrn J» Ritter v. Kleyle, gerichtete Zuschrift, deren
Gegeitstaad der Aufmerksamkeit der Classe nicht unwerth sein
dürfte:
Eure Hochwohlgeboren!
Die mir mitgetheilten durch Insectenfrass beschädigten Getrei-
dearten habe ich einer sorgfältigen Prüfung unterworfen und beeile
mich. Eurer Hochwohlgeboren die Resultate dieser Untersuchung im
Nachfolgenden mitzutheilen :
In einer Schachtel mit der Aufschrift: „Baumgarten. Durch
Insectenfrass beschädigte Körnerfrucht (Vorder- und
Hinter fr ucht gemischt)" befanden sich Körner von Weizen,
Roggen, Gerste und Hafer, an denen nur theilweise Spuren dieses
Frasses zu sehen waren; das Insect selbst, welches diese Beschädi-
gung verursacht hat, befand sich nicht dabei, auch war es nicht
möglich nach diesen Spuren den wahren Feind anzugeben.

174 Kollar.
Die zweite Schachtel enthielt durch Insectenfrass beschädigte
Ähren der oben erwähnten Getreidearten, in welchen die Körner
bald ganz, bald nur bis zur Hälfte ausgenagt waren. Gleich beim
öffnen dieser Schachtel zeigten sich einige fliegenartige Insecten,
beiläufig eine Linie lang und den allgemein bekannten geflügelten
Blattläusen ähnlich, obschon von diesen wesentlich verschieden.
Diese Insecten aus der Linne'schen Gattung: Perlfliege, Heme-
robius (Psocus der neueren Systematiker), sind den
bekannten Papieriäusen zunächst verwandt und haben eine ähnliche
Lebensart, sie nähren sich nämlich sowohl von animalischen als
vegetabilischen Stoffen, welche sie benagen. — Wenn nun auch
nicht zu zweifeln ist, dass besagte kleine Perlfliegen, welche zu
einer unbeschriebenen Art gehören, ihre Nahrung von den Getreide-
ähren nehmen, so können sie doch unmöglich für die eigentlichen
und einzigen Zerstörer derselben angesehen werden, da ihre Mund-
theile viel zu zart und schwach sind, um die harten Getreidekorner
gleich wie mit Zangen abgenagt zu haben.
In der gefälligst mir mitgetheilten Abschrift eines diesen Gegen-
stand betreffenden Circulars von dem Kreisamt Wadowice wird
zwar ebenfalls diese Fliege als der muthmassliche Feind angegeben,
und sie ist mir mit ähnlichen Angaben auch aus Böhmen mitgetheilt
worden.
Die Untersuchung der dritten Schachtel lehrte mich noch ein
anderes Insect kennen, und wie ich mit grösster Wahrscheinlichkeit
zu vermuthen Ursache habe, in demselben den wahren Verwüster
entdecken.
In dieser Schachtel befanden sich in zwei Säckchcn eben aus-
gedroschene Getreidekörner sammt der Spreue; als ich diese genauer
untersuchte, stiessen mir mehrere vertrocknete Raupen auf, welche
solchen Nachtschmetterlingen angehören, die als Verwüster des
Getreides bekannt sind. Es war mir zwar nicht möglich aus den
Raupen-Mumien die Gattung und die Art des Schmetterlinges zu
erkennen, aber so viel ist gewiss, dass er in die Nachbarschaft der
berüchtigtenWintersaat-Eule, Noctua (Agrotis) segetum^
der Waizen-Eule, Noctua tritici und der adlerbraunen Eule Noctua
aquilina gehören.
Diese Thiere greifen zwar nach den bisherigen Erfahrungen
hauptsächlich die jungen Saaten und andere frische Pflanzen auf

Über Iwsecteu£nu,5, 175
dem Felde an, ihre Frasswerkzeuge sind indess von so fester Con-
sistenz, dass sie damit auch die getrockneten Getreidekörner be-
zwingen können. Diese Raupen scheißen also mit den Garben in die
Scheuern gebracht worden zu sein und zehren daselbst in Ermange-
lung eines anderen Futters an den Getreidekörnern.
Unter diesen fast zur ünkenntniss eingeschrumpften Raupen,
welche ich erst durch Aufweichen in mit etwas Weingeist gemischtem
Wasser in einen solchen Zustand versetzte, um sie untersuchen zu
können, befand sich auch noch eine lebende Raupe von gleicher Art,
die aber auch in Folge mehrtägiger Gefangenschaft kränklich und
zusammengeschrumpft war, dennoch konnte ich darnach noch folgende
Beschreibung entwerfen.
Der Körper stark eingeschrumpft und runzlig mass 4:Vz Linien
und war von der Dicke eines massigen Federkiels. Seine Grundfarbe
schmutzig erdbraun; über die Mitte des Rückens zog vom Kopfe bis
zur Schwanzspitze eine lichte, schmutzig blassgelbe Linie. Auf jeder
Seite befand sich ober den Füssen eine ähnliche minder deutliche
Linie; der Raum zwischen der Mittel- und den Seitenlinien mit
warzenähnlichen schwarzen Punkten bedeckt und mit kurzen, einzeln
stehenden borstenartigen Haaren versehen. Der Kopf und der unmit-
telbar darauffolgende Halsring hornbraun und etwas glänzend. Auf
der Bauchseite war die Farbe schmutzig grau-weisslich, ebenso
waren die Q kurzen Brustfüsse und die acht warzenförmigen Bauch-
fusse sammt den 2 sogenannten Nachschiebern am Ende des Körpers.
Das Thier war schon sehr matt und wollte weder von den
Getreidekörn'ern noch van den frischen ihm gereichten Pflanzen-
theilen etwas fressen. Es scheint noch nicht sein völliges Wachs-
thum erreicht zu haben, weil es sich nicht verpuppen wollte.
Vergleicht man die hier mitgetheilte Beschreibung mit jener,
welche ich in der Naturgeschichte der schädlichen Insecten von den
Raupen: der Waizen-, adlerbraunen und Wintersaat-Eule entworfen
habe, so unterliegt es keinem Zweifel, dass diese Raupe, wenn nicht
einer der genannten drei Arten selbst angehörig, doch gewiss mit
ihnen zunächst verwandt sei.
In Beziehung auf ihre landwirthschaftliche Bedeutung glaube
ich mit ziemlicher Gewissheit behaupten zu können, dass sie in den
Scheuern an dem Getreide so lange zehren werde, als die milde
Witterung anhält. Beim Eintritt des Winters geht sie entweder in

176 Ha i dinge r und Partsch.
den Puppenstand über und verkriecht sich in die Erde, oder sie
erstarrt und fängt im nächsten Frühjahr wieder zu fressen an.
Die Mittel, das Getreide vor ihrer schädlichen Einwirkung zu
sichern, bestehen in der Entfernung desselben aus der Scheuer,
daher ein beschleunigter Abdrusch desselben. Beim Dreschen zieht
sie sich entweder aus den Garben zurück, oder wird getödtet,
schwerlich folgt sie dem ausgedroschenen Getreide auf den Boden.
Das von ihr beschädigte Getreide ist zwar zur Aussaat nicht
tauglich, kann aber ohne Anstand zu Brot verwendet werden.
Sehr wünschenswerth wäre es, wenn mehrere solcher Raupen,
die man in den Scheuern mit leichter Mühe in dem Getreide finden
dürfte, lebend in einer Schachtel mit frischer Saat eingeschickt
würden, um ihre weitere Entwickelung beobachten und die Art des
Schmetterlings angeben zu können.
Nachschrift. Ein ausgezeichneter russischer Naturforscher,
Herr Professor Gorsky aus Wilna, theilte mir bei seiner Durchreise
mit, dass dieselben Getreide-Feinde auch in seinem Vaterlande
beobachtet wurden und dass er die Thiere mit dem berühmten
französischen Naturforscher, Herrn Boisdumal in Paris genau
untersucht, der sie für die Raupe eines Nachtfalters der Noctua
(Apamea) basilinea Fbr, erkannt habe. Herr Gorsky erklärte,
dass die von mir aufgefundenen und in Weingeist aufbewahrten
Raupen mit denen, die er in Russland beobachtet habe, vollkom-
men übereinstimmten.
SITZUNG VOM 4. MAI 1848.
Herr Bergrath Hai ding er übergibt folgende, von Herrn Custos
Partsch und ihm selbst im Auftrage der Classe entworfene Instruc-
tion für die, mit einer wissenschaftlichen Reise nach Frankreich und
England betrauten Herren, Franz Ritter von Hauer und Dr. Moriz
Hörnes:
Wir überreichen Ihnen hiebei den Antrag, in Folge dessen die
kaiserliche Akademie der Wissenschaften beschlossen hat. Sie als

Reise-Instniction. 177
Vorarbeit zu den später zu unternehmenden geognostischen Lei-
stungen nach Frankreich und England zu senden.
Die Instruction, welche Ihnen von uns mitgegeben werden
kann, ist sehr einfach; sie folgt unmittelbar aus dem Grundsatze
des Unternehmens selbst, und lässt sich in folgender Übersicht
der Gegenstände Ihrer Studien begreifen:
1. Die sämmtlichen Arbeiten, welche in Frankreich durch die
Herren ^lie de Beaumont und Dufr6noybei der Vollendung
der geologischen Karte von Frankreich ausgeführt wurden.
2. Die sämmtlichen Arbeiten, welche in England unter der Lei-
tung von Sir Henry De la Beche im Gange sind, um das Land geo-
gnostisch zu durchforschen, und die Resultate in Karten wiederzugeben.
Beides in wissenschaftlicher, technischer und administrativer
Beziehung.
3. Die Folge der Gebirgsschichten in England und Frankreich
besonders zur Vergleichung mit den ähnlichen Fortsetzungen in
unseren eigenen Gebirgen.
4. Das Anknüpfen und Fortführen freundschaftlicher, wissen-
schaftlicher Beziehungen mit den Forschern der zu durchreisenden
befreundeten Länder.
Die versprechendste Einrichtung der Reise wird etwa fol-
gende sein:
1. Mit der Eisenbahn über Berlin, Brüssel nach Paris;
Aufenthalt daselbst.
2. Aufenthalt m London, Reise durch das Land, Rückkehr
nach London.
3. Rückkehr nach Paris, Rückkehr durch das südliche Frank-
reich, die Schweiz und Süddeutschland nach Wien.
Die nähere Bezeichnung des Weges vorzüglich mit den Geolo
gen von Paris und London zu verabreden.
Bei den gegenwärtigen wechselnden Verhältnissen müssen
Ihnen etwa nothwendig erscheinende Abänderungen, indem Sie
stets den eigentlichen Zweck im Auge behalten, überlassen bleiben.
Endlich wollen Sie uns fortlaufend von Ihren Bewegungen
in Kenntniss erhalten, so wie einen nach Ihrer Zurückkunft zu
gebenden Reisebericht vorbereiten.
Wien am 19. April 1848.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. I. Bd. 12

178 Haidinger und Partsch.
Herr Bergrath Haidinger erstattet im Namen der in der
Sitzung vom 13. April bezüglich der Herausgabe einer Arbeit des
Herrn Barrande ernannten Commission nachstehenden Bericht:
Ich habe die Ehre der hochverehrten mathematisch-natur-
wissenschaftlichen Classe den Bericht der Commission über die
Frage vorzulegen, welche durch Herrn Joachim Barrande's
Ansprache um Beihilfe der kaiserlichen Akademie der Wissen-
schaften zur Herausgabe seiner geologisch-paläontologischen Arbei-
ten über die silurischen Schichten von Böhmen in der Sitzung vom
13. April hervorgerufen worden ist, und welche darin besteht:
l. ob die mathematisch-naturwissenschaftliche Classe überhaupt
es ihrer Stellung angemessen erachte, in wissenschaftlicher Bezie-
hung eine solche Beihilfe wünschenswerth zu finden; 2. ob die
Classe für die dabei vorkommenden Arbeiten durch ihre Fonds hin-
länglich gedeckt sei, um die Unternehmung derselben auch in dieser
Beziehung rechtfertigen zu können.
l. Wissenschaftliche Arbeiten.
Eines der Mitglieder der Commission hat bereits bei Gelegen-
heit der Eingabe von Herrn B a r r anders Vorschlag der Anerkennung
gedacht, welche den Leistungen desselben in dem in Rede stehen-
den Werke, und in den mannigfaltigen Vorarbeiten'zu demselben,
von den höchsten wissenschaftlichen Autoritäten gebracht worden
ist. Die Commission glaubt, dass es ihr nicht mehr nothwendig
sei, in fernere Erörterungen des wissenschaftlichen Werthes der
Arbeiten des Herrn Barrande einzugehen. Wichtiger ist es, den
richtigen Gesichtspunkt festzustellen, aus dem die Akademie in
ihrer eigenthümlichen Stellung mit diesen Leistungen in Zusam-
menhang gebracht werden kann. Der Gegenstand von Herrn
Barrande's Studien ist es, der diese Verbindung vermittelt. Ein
vorher in geologischer und paläontologischer Beziehung nur unvoll-
kommen bekannter, noch viel weniger absichtlich durchforschter
Theil von Böhmen gibt der Anstrengung eines wissenschaftlichen
Mannes, der Verwendung bedeutender Geldmittel, einer durch den
Erfolg immer neu angeregten Beharrlichkeit eine Masse von Ergeb-
nissen , die sich in die erste Linie unter den gleichartigen Vorkom-
men anderer Länder England, Schweden, Deutschland, Russlafid

Reise-Instraction. 179
Amerika stellen. Es ist ein Theil des Vaterlandes, aus dem diese
Kenntnisse gewonnen sind. Wenn überhaupt den Bewohnern eines
Landes von der Vorsehung das Land selbst vollständig zu eigen
gegeben ist, so wird ihnen aber mit dem Besitze auch die Ver-
pflichtung übertragen, es zu kennen, zu benützen, mit einem Worte
zu bearbeiten. Die Untersuchung der Schichten, die Aufsamm-
lung der Petrefacten, die wissenschaftliche Bearbeitung dieses
Theiles von Böhmen überhaupt, würde in einer späteren Zeit jener
Unternehmung zugefallen sein, welche mit den durch die Aka-
demie vorbereiteten Arbeiten unmittelbar in Verbindung zu brin-
gen wären. Hier finden wir nun die wissenschaftliche Arbeit in
einer Weise vollendet, dass das silurische Gebiet des südwestli-
chen Centraltheiles von Böhmen als vollständig durchforscht ange-
sehen werden kann.
Ein wissenschaftlich gebildeter Franzose, der Geburt nach
ein Ausländer, der Arbeit nach ein Inländer, bis dahin in unab-
hängiger Stellung einer sorgenfreien Zukunft entgegensehend, hat
diesen Erfolg herbeigeführt. Aber die Verhältnisse verhindern ihn,
wie er es gewünscht und vorbereitet, auch die Herausgabe des
Werkes zu Stande zu bringen. Er ruft die Akademie zur Beihilfe
an. Die Akademie ist der Sorge überhoben, die wissenschaftliche
Arbeit einzuleiten und durch längere Jahre mit bedeutenden Kosten
durchzuführen, aber sie kann noch ihre Kraft in der Aufgabe ver-
wenden, den Erfolg, der bis jetzt nur dem Forscher als Gewinn
seiner Arbeit vorliegt, festzuhalten und allen künftigen Geologen
zugänglich zu machen. Aus diesem Gesichtspunkte betrachtet,
scheint also die von Herrn Barrande angesprochene Hilfe der
Akademie so sehr begründet, dass diese alle Ursache hat, einen
für die Unternehmung günstigen Entschluss zu fassen, dessen Aus-
dehnung ganz allein durch die Mittel bedingt wird, welche ihr zu
diesem Zwecke zu Gebote stehen.
Es darf hier wohl besonders erwähnt werden, dass die Her-
ausgabe des Werkes von Herrn Barrande keine solche ist, welche
die Verbreitung von unmittelbar auf die Bedürfnisse des Lebens
anwendbaren Resultaten wissenschaftlicher Forschung zum Zwecke
haben. Wenn auch eine solche Verbreitung eine wichtige Aufgabe
für den Einzelnen wie für die Gesellschaft ist, so setzt sie viele
schon gewonnene Wahrheiten voraus, aus denen erst geschöpft
12^

180 Haidinger und Partsch.
werden kann. Ein solches Quellenwerk aber ist das hier vorge-
schlagene, es gilt der Erweiterung der Wissenschaft, welcher
insbesondere die Akademie gewidmet ist. Erst seit der letzten
Periode, seit der Gründung der Akademie hat unsere grosse
Monarchie überhaupt als Ganzes an den dahin zielenden Arbeiten
Antheil genommen, während andere Länder schon längst dafür
thätig gewesen sind.
2. Mittel zur Herausgabe.
Die kaiserliche Akademie der Wissenschaften kann jährlich
über eine bestimmte bare Summe verfügen, die sie zur Förde-
rung wissenschaftlicher Arbeiten anwendet. Aber es ist ihr noch
eine bedeutende Arbeitskraft durch den Vortheil zugewiesen, dass
die Druckarbeiten, und bis zu einer gewissen Ausdehnung auch
lithographische, chalkographische und xylographische Arbeiten
kostenfrei durch die k. k. Staats-Druckerei ins Werk gesetzt
werden. Dies gilt vollständig von den Arbeiten für die Denk-
schriften und Sitzungsberichte; für andere Werke hängt es von
den Umständen ab, die für jedes einzelne besonders in Erwä-
gung gezogen werden müssen. Die freundliche, ermuthigende Zu-
sicherung, welche der Akademie für diesen Fall gegeben wurde,
macht es wünschenswerth, schon jetzt für das Werk von Herrn
Barrande die Geneigtheit des hohen Finanz-Ministeriums an-
zusprechen.
Wenn man die Übersicht der wahrscheinlichen Auslagen be-
trachtet, so kommen sämmtliche Kosten auf die Rechnung von
Lithographie, Druck und Papier. Je mehr also von diesen Ausla-
gen durch die k. k. Staats-Druckerei übernommen werden kann,
um desto kleiner fallen die Auslagen selbst aus, welche noch auf
die Akademie kämen. Im günstigsten Falle wurden sie sich auf den
Rüekersatz der Summe beschränken, welche Herr Barrande in
dem Fortgänge der bereits begonnenen Arbeiten ausgelegt hat,
nämlich auf 1270 Gulden Conv. Münze.
Aber die Arbeiten sowohl, als die Auslagen würden sich auf
längere Zeit hinaus vertheilen. Das ganze Werk soll aus drei Bänden
in Quart, zu etwa sechzig Druckbogen jeder, bestehen. Die ersten
leiden Bände sollen jeder sechzig bis siebzig Tafeln Abbildungen
enthalten, der letzte die geologische Karte, Durchschnitte u. s. w.

181
Wenn auch die Zeichnungen zu den Trilobiten und Cephalopo-
den m dem ersten Bande bereits über die Hälfte fertig sind,
und also nur ein geringer Theil davon zu vollenden bleibt, so
wird auch dieser, nach einem massigen Überschlage, von einem
Zeichner für die Fehlenden zehn Trilobiten-Tafeln, und zwei Zeich-
nern für die fehlenden 21 Cephalopoden-Tafeln, noch etwa ein
Jahr Zeit erfordern, ungefähr eben so viel als der Druck des
ersten Bandes von sechzig Bogen, wenn man etwas mehr als
einen Bogen auf die Woche rechnet.
Vorausgesetzt, dass die kaiserliche Akademie der Wissen-
schaften alle und jede Ausgabe aus ihrem eigenen Fonde zu be-
streiten hätte, so wäre für diesen ersten Band nach einem Jahre
37SO Gulden zu bezahlen, das heisst es würde diese Summe aus
dem Fond des Jahres 1849 zu bestreiten sein. Die Auslagen für
den zweiten Band, nach Herrn Barrande's Überschlag 3320 Gulden
würden dem Jahre 1880 zukommen, die für den dritten Band
dem Jahre 18S1. Letztere lassen sich durch die Druckkosten des
Textes, einige Tafeln Durchschnitte und die Karten ermessen, für
welche vorläufige Besprechungen mit dem k. k. militärisch-geogra-
phischen Institute gepflogen worden sind. Die Gesammtkosten dürf-
ten 25OO Gulden nicht überschreiten.
Die Totalsumme der Auslagen nach diesen vorläufigen Schät-
zungen würde 9S7O Gulden betragen. Sie würden sich, im Falle
Alles bar ausgelegt werden müsste, auf fünf Jahre vertheilen. Die
mit dieser Summe zu erreichende Leistung bestünde in pecumärer
Beziehung aus SOO Exemplaren eines Werkes, deren jedes im ein-
fachen Verkaufspreise nicht unter 80 Gulden Conv. Münze veran-
schlagt werden dürfte, also abgesehen von der Möglichkeit oder
Wahrscheinlichkeit eines Verkaufes eine Summe von 24.OOO Gulden
Conv. Münze vorstellt. Übereinstimmend mit der Gepflogenheit der
Geschäftsordnung erhielte Herr Barrande SO Exemplare. Wenn
auch die Akademie Exemplare in mehreren Richtungen zu verthei-
len hat, so lässt sich doch mit Grund erwarten, dass ein so wich-
tiges Werk nicht als eine rein todte Last übrig bleiben wird.
Viele Bibliotheken können es nicht entbehren, durch gegensei-
tigen Austausch aber erhält die kaiserliche Akademie andere werth-
volle Gaben für die sie ebenfalls verpflichtet ist. Gutes und Werth-
volles vorzubereiten.

182 Haidinger und P artsc h. Reise-Instruction.
Die Commission hat den Umstand m Erwägung gezogen, ob
die Auslage der disponibeln Summe nicht in einer Richtung zu
bedeutend sei, und andere wissenschaftliche Richtungen dabei
verkürzt erscheinen. Es lässt sich in dieser Beziehung wohl die
Bemerkung machen, dass durch ein Werk dieser Art eine Anzahl
von Wissenschaften berührt werden, die Geologie, Geographie,
der paläontologische Theil der Zoologie, dass aber insbesondere
das vaterländische Verhältniss es ist, das Vorkommen derbearbei-
teten Schichten in unserm eigenen Lande, welches uns dabei vor-
züglich berührt. Übrigens wird die Akademie durch ihre Kräfte
bereit sein, in allen Zweigen der ihr zugewiesenen Wissenschaften
möglichst hilfreich einzugreifen, sie wird den Werth der For-
schungen, wie sie sich ihr nach und nach darbieten, mit den ihr
zu Gebote stehenden Mitteln verbinden, um als Massstab ihrer
Arbeit zu gelten. Für 'die paläontologischen Arbeiten kann aber
noch angeführt werden, dass sie gegenwärtig überall in einem
raschen Fortschritte begriffen sind, ja dass wir selbst schon ziem-
lich spät noch die sich günstig darbietende Gelegenheit benützen
dürften, um auf das erste von der Akademie in dieser Beziehung
unternommene Werk den Stempel wissenschaftlicher Vollendung und
zeitgemässen Unternehmens aufzudrücken.
Aus den vorhergehenden Auseinandersetzungen wird die hoch-
verehrte Classe zwar entnehmen, dass die Commission vollkommen
von der Wichtigkeit des Gegenstandes selbst überzeugt, und von dem
Wunsche beseelt ist, die vorgeschlagene Arbeit möglichst zu fördern.
Die Möglichkeit der Übernahme erscheint eben so deutlich aus dem
Umstände, dass die Unkosten sich auf mehrere aufeinander folgende
Jahre vertheilen, und ein möglichst rasches Erscheinen des ersten
Bandes wieder günstig auf Rückerstattung durch den Verkauf ein-
wirken kann; endlich darf die Commission nicht versäumen, darauf
hinzudeuten, dass die Akademie bereits ein von den Ausgaben des
vorigen Jahres erübrigtes Capital besitzt, welches als Sicherstellung
von Arbeiten benützt werden könnte, die etwa noch einer Ergänzung
bedürften, denn die Arbeit ist es ja, welche anzuregen und zu leisten
die Akademie berufen ist.
Aber das günstige Verhältniss der Arbeiten, welche möglicher
Weise durch die k. k. Staats-Druckerei ausgeführt werden können,
sowie es einerseits das Unternehmen der gegenwärtigen Heraus-

Russegger. Über organische Beste in Wieliczka. 183
gäbe zu erleichtern verspricht, macht es andererseits der Commission
zur Pflicht, in dem gegenwärtigen Augenblicke noch nicht den defini-
tiven Antrag zu stellen, das unternehmen auf sich zu nehmen, und die
erforderlichen Mittel vorläufig für die verschiedenen Arbeitsperioden
der aufeinander folgenden Jahre auszutheilen. Noch ist sie nämlich nicht
im Stande, die Ausdehnung zu schätzen, in welcher ihr jene Erleich-
terung zu Theil werden kann.
Die Commission glaubt daher, ihrem heutigen Antrage folgende
Gestalt geben zu sollen:
Antrag: Die mathematisch -naturwissenschaftliche Classe der
kaiserlichen Akademie der Wissenschaften wird die geeigneten ämt-
lichen Schritte machen um auf die Grundlage der Eingabe von Herrn
Barrande vom 13. April, mit Bericht von dem kaiserlichen Akade-
miker W. Haidinger, und des heutigen Commissions-Berichtes, die
freundliche Beihilfe der k. k. Staats-Druckerei in der Ausführung der
Druck- und lithographischen Arbeiten anzusprechen. Die Angabe
der Ausdehnung dieser Beihilfe wird die Classe in den Stand setzen,
über die ihr dann selbst noch übrig bleibenden Obliegenheiten die
geeignete Verfügung zu treffen.
Die Classe erklärt, in Erwägung der obwaltenden Zeitverhältnisse,
die Entscheidung über diesen Antrag vor der Hand noch aufschieben
zu wollen.
Herr Bergrath Haidinger legt der Classe eine ihm von dem
correspondirenden Mitgliede der Akademie, Herrn. Gubermalrathe
und Salinen-Administrator Russeggerzu Wieliczka, zugekommene
Mittheilung zur Ansicht vor, über deren Inhalt er Folgendes bemerkt:
Diese Mittheilung bildet bereits eine der Angaben zu dem später
auszuführenden Gemälde über das Vorkommen der organischen Reste
in den Salzen und Thonen des Salzgebirges von Wieliczka, und
bezieht sich auf die geographische Lage in Vergleich zur Höhe von
Krakau und der Ostsee, letztere aus dem aus früheren Messungen
entnommenen Resultate an der Krakauer Sternwarte.
Ausnehmend übersichtlich ist der eingesandte Durchschnitt
oder Profilriss sämmtlicher Schächte, Strecken und Verhaue des
Wieliczkaer Grubenbaues in einer Länge von 4 Fuss und 3 Zoll, von
Cyprian Ciepanowski zusammengestellt, aus welchen noch fol-
gende Massen entnommen wurden:

184 Russegger. Über organische Reste in Wieliczka.
Die Schachtsohle von „Danielowice" liegt 753,44 Wiener Fuss
über dem Niveau der Ostsee.
Der tiefste Punkt „Haus Österreich" liegt 840 Fuss unter der
Schachtsohle von Danielowice, und 87,8 Fuss unter dem Niveau der
Ostsee.
Die Schachtsohle von Bozawola liegt 781,49 Wiener Fuss über
dem Niveau der Ostsee.
Nebst dieser Übersicht wird nun bereits zum Aufsammeln der
orientirten Musterstücke vorbereitet, welche an unser verehrtes Mit-
glied, Herrn Dr. Reuss nach Bilin gesandt werden sollen.
Noch in einem heute erhaltenen Briefe an Herrn Haidinger
erwähnt Dr. Reuss, dass er seine bisherigen Vorräthe an Wielicz-
kaer Foraminiferen vollständig untersucht, und darin 180 Species
gefunden habe; darunter fast 80 neue, dabei wunderbar überraschende
Formen, selbst neue Gattungen (Allomorphina, Fissurina) neben
Cassidulinen, Articulinen, Spirolinen, Orthocerinen und wunder-
vollen Büoculinen und Triloculinen.
Bereits wurde auch eine Sammlung von Polyparien von der
Gosau durch das k. k. montanistische Museum an Herrn Dr. Reuss
zur Untersuchung übermittelt, welche der reichen Sammlung des
Herrn Friedrich Simony in Hallstatt angehören, und denen er nun
seine Forschungen zugewendet hat.
Ferner zeigt Herr Bergrath Haidinger eine Anzahl von Stücken
eines neuen Vorkommens von Kupferkies aus dem Salzberge von
Hall in Tirol vor.
Sie waren eben erst von Herrn Schichtmeister M. V. L i pol d
an Herrn v. Hauer für das k. k. montanistische Museum eingesandt
worden, mit dem Bemerken, dass dieses Vorkommen in den Klüften
im Thon zugleich mit Steinsalz und „gleichsam das eine das andere
ersetzend" ein grosses geologisches Interesse darbiete, und dort
noch niemals wahrgenommen worden sei.
Die Erscheinung hat auch in der That viel Auffallendes. Die
Grundmasse ist der schon ziemlich feste, dunkelgrauc Salzthon des
Haselgebirges, festere Bruchstücke in einer weichen Masse einge-
schlossen. In derselben ist rothes Steinsalz eingewachsen, und zwar
in den schon öfters beschriebenen Gestalten, ursprünglich Würfel,

Haidinger. Kupferkiese von Hall. 185
aber von den Seiten her zusammengepresst, so dass im Querbruche
nur ein kleines Rechteck erscheint, das von vier Strahlen umgeben
ist, die sich an die Ecken anschliessen und die frühere Ausdehnung des
Krystalles bezeichnen. Die Würfel sind auch noch in einer Richtung
etwas zusammengedrückt, die senkrecht auf einer ziemlich deutlich
wahrnehmbaren beginnenden Schieferung steht, sie mögen was immer
für eine Lage in Bezug auf ihre Krystallaxen haben; einige sind
daher zwischen den Flächen, andere zwischen den Kanten zusam-
mengedrückt. Ausserdem findet sich noch rothgefärbtes Salz mit
körniger Structur in linsenförmigen Partien, in der Richtung
jener Schieferung, nicht als eigentliche zusammenhängende Lagen,
doch sind sie bei einer Dicke einer Linie oft mehr als einen Zoll
lang. An das Vorkommen des rothen Salzes schliesst nun das der
ändern Species an. Schon wenn man aus den würfligen, von Salz
erfüllten Räumen dieses Salz durch Auflösung entfernt, so erscheint
der innere Raum ganz überdeckt mit einer Rinde von kleinen
weissen Krystallen, an welchen zum Theile die aus zwei senkrecht
aufeinander stehenden Prismen bestehende Combinationsform des
Cölestins deutlich erscheint, doch war sie für eine ganz genaue Be-
stimmung gar zu klein. Auch die chemischen Reactionen, durch
Herrn v. Morlot geprüft, zeigten übrigens das Vorhandensem
des schwefelsauren Strontians. Hin und wieder erscheint auch Anhy-
drit, besonders an einigen Stellen in jenen linsenförmigen Partien,
und zwar in verhältnissmässig grösseren, vollkommen theilbaren
Individuen. Ferner, und dies ist das Auffallendste, erscheint Kupfer-
kies theils für sich kleine, linsenförmige Partien, ähnlich denen
des rothen Salzes und in derselben der Schieferung entsprechenden
Lage bildend, theils innerhalb der grösseren linsenförmigen Partien
des rothen Salzes, und gewissermassen als Stellvertreter eines
Theiles derselben. Der Kupferkies ist überall vollkommen krystalli-
nisch, glänzend mit muschligem Bruche, selbst die Zwillingskrystalli-
sation kann man an der in geraden Linien scharf abgeschnittenen
Lage der deutlichen Theilungsflächen erkennen. In einigen der
rothen Steinsalzkrystalle sind kleine Krystalle von Kupferkies einge-
wachsen. Endlich kommt auch noch an den Stücken weisses, faseriges
Steinsalz in dünnen, gangartigen Platten in dem dunkelgrauen Thon-
mergel vor, und in grösseren weissen Partien in den weicheren
Massen des Haselgebirges,

g Haidinger.
Es lässt sich nun aus den Beobachtungen eine Reihe von auf-
einander folgenden Zuständen ableiten, die in Bezug auf Art
der Ablagerung, Temperatur und Druck gewiss viele Beachtung
verdienen.
1. Thoniger Schlamm, in einer sehr concentrirten Salzlösung.
Würfel von rothem Salze bilden sich innerhalb des Schlammes.
Das Salz ist roth, eisenhaltig. Bei der gewöhnlichen Tem-
peratur und Pressung krystallisirt weisses Salz. Man kann daher
wohl voraussetzen, dass während der Bildung der Krystalle eine
etwas höhere Temperatur stattfand, und zwar zwischen der gewöhn-
lichen und der Siedhitze, folgend auf eine noch höhere, welcher
die Masse früher ausgesetzt war.
2. Bei fortdauernder Ruhe vermehrter Druck. Mit dem zu
Thonmergel erhärtenden Thone werden auch die eingewachsenen
Salzwürfel zusammengedrückt. Der Thonmergel nimmt einen Beginn
von Schieferung an; aber während die Masse zusammengedrückt
wird, geschieht dies nicht ganz gleichförmig. Die Bewegung der
Gebirgsfeuchtigkeit auf den Structurflächen bringt einen Absatz von
gleichfalls rothem Salze in den der Schieferung folgenden linsen- .
formigen Partien hervor.
Im Fortgange wird ein Theil des Salzes aufgelöst, und in der
Gebirgsfeuchtigkeit weggeführt; dagegen krystallisirt Cölestin in
ganz kleinen Individuen im Innern der Salzkrystallräume, und
Anhydrit ebenfalls an der Stelle des Salzes, vorzüglich in den
Räumen der linsenförmigen Partien. Gegen das Ende der Periode
fallt der Absatz des Kupferkieses, und zwar an der Stelle, die
augenscheinlich früher von Salz erfüllt war, sowohl in kleinen
Krystallen im Innern der Salzwürfel, als auch in den linsenför-
migen Bäumen, theils gerade in dem mittleren Theile derselben,
theils in von dem Salze abgesonderten Linsen und unregelmässigen
platten Lagen. Der hochkrystallinische Zustand des Kupferkieses
sowohl, als des Anhydrits und Cölestins beweisen eine fortgesetzte
Periode ruhigen Fortschrittes.
3. Die früher zusammenhängenden Massen des verhärtenden
Thones werden zerbrochen und durch die weicheren Theile, voll
kleinerer Bruchstücke, die meisten an den Kanten abgerundet, wieder
breccienarüg zusammen verkittet. Es bildet sich das Haselgebirg.
Salz setzt sich in grösseren und kleineren Massen ab, aber nicht mehr

Kupferkiese von Hall. 187
rothes und körnig zusammengesetzt, sondern weisses, körnig in den
grösseren Räumen, fasrig in den Sprüngen und Klüften, welche die
dunkelgraue Masse des verhärtenden Salzthones durchsetzen. Die
weissen Salzgänge treffen an manchen Orten die Linsen von rothem
Salze und Kupferkies ohne durch sie hindurch zu gehen; man darf
daraus schliessen, dass die in einer etwas höheren Temperatur
bereits ziemlich entwässerte Masse in einer darauf folgenden nied-
drigeren Temperatur bei fortdauernder Entwässerung sich mehr
zusammenzog, als die bereits wasserlose, linsenförmige Partie von
Salz und Kupferkies.
Die Salzkrystallisation in der Breccienbildung der dritten
Periode ist gewiss anogen im Vergleich mit den beiden ersten, die
einen katogenen Charakter zeigen. Aber man kann eine solche
Breccienbildung sehr weit zurück verfolgen, und erhält dadurch
Veranlassung, eruptive Zustände so weit in der Geschichte der
Salzgebilde zurück anzunehmen, dass am Ende selbst für den ersten
der oben angeführten Zustände, den salzhaltigen Tonschlamm,
keine andere wahrscheinliche Bildung übrig bleibt, als eine eruptive.
Mit dieser stimmt so Vieles überein, das man an den vorliegen-
den und so vielen anderen Stücken in der Natur beobachtet, und
das auch allerdings sehr allgemein angenommen wird. Hieher gehört
unter anderm das so auffallende Verhältniss der gekrümmten Thei-
lungsflächen grossblätterigcr Salzmassen, während sich in der
ganzen langen Reihe der Bildungen eine zusammenhängende Folge
von Handstücken aufweisen lässt, die von körnigem, dunkelrothem
Salz beginnend durch alle Zwischentöne bis in das weisse fasrige
Gangsalz reichen. Eine kürzlich an das k. k. montanistische Museum
gelangte Sendung von Hallslatt enthält diese sämmtlichcn Varie-
täten, und verdient mit Vergleichung anderer Vorkommen ausführlich
in dieser Hinsicht noch weiter studirt zu werden.
So auffallend indessen auch auf den ersten Blick das Vorkom-
men des Kupferkieses im Salzthon mit Steinsalz ist, so ist doch
nicht nur das Vorkommen einer anderen Schwefelverbindung, des
gewöhnlichen Schwefelkieses häufig, sondern, wie oben bemerkt
wurde, auch Kupferkies schon in Aussee mit Anhydrit in Steinsalz
eingewachsen gefunden. Ich erwähnte des Vorkommens in dem
Handbuche der bestimmenden Mineralogie S. 137. Es sind die Sphe-
noide mit Axenkanten von 71° 20' und Seitenkanten von 70° T. Sie

188 Kollar. Über Coccus Aesculi KolL
wurden im k. k. montanistischen Museum aufgefunden, als man eine
grosse Stufe von röthlichem Salz mit eingewachsenen Anhydritkry-
stallen in Wasser legte, um die letzteren aus der umgebenden Masse
heraus zu bringen. Der Vorgang des Absatzes beruht auf der Ver-
schiedenheit des Gehaltes an festen Stoffen von verschiedenen
Strömen der Gebirgsfeuchtigkeit. Eisen- und Kupfersalze in der
einen, etwa Chlorverbindungen derselben, in ganz kleiner Menge
enthalten, werden allmählich zerlegt durch andere, die etwa Schwe-
felnatrium oder andere ähnliche Verbindungen mit sich führen,
gelöst vielleicht in Strömen, die zugleich Schwefelwasserstoff ent-
halten, wie dies so häufig in den Salzrevieren sich findet. Chlor-
verbindungen aber von Eisen und Kupfer, und Schwefelnatrium in
den erforderlichen Mengenverhältnissen zusammengeführt, zerlegen
sich einfach zu Kupferkies und Steinsalz.
Gewiss hat hier das Steinsalz den Raum für den in einem
späteren Abschnitte der Metamorphose gebildeten Kupferkies so zu
sagen offen gehalten. Aber es ist selbst noch nicht in dem Fort-
gange derselben hinweggefuhrt worden. Hat man erst eine so lange
Reihe von Veränderungen vor sich, so ist die Frage nicht mehr
abzuwehren: Was würde wohl ein späterer Zustand der Bildung
sein? In dem nicht sehr weit entfernten Leogang in Salzburg kam
mit dem Kupferkies, Cölestin vor, in Thonschiefer, mit Kalkspath,
Quarz u. s. w., eine Zusammensetzung, wie man sie als Fortschritt
der Bildung erwarten könnte, aber in einer älteren Reihe der
Gebirgsformationen.
Herr Custos Kollar zeigte Zweige der Rosskastanie (Aesculus
Hippocastanum L<) vor, welche mit einer bisher unbeschriebenen
Art von Schildläusen (Coccus Aesculi Koll.) mit deren Untersu-
chung er noch beschäftiget ist, dicht besetzt waren. Er theilte das
Wesentlichste über die Naturgeschichte dieser Thiere mit und
machte auf ihre Bedeutung im Haushalte der Natur, so wie auf
andere Thiere aufmerksam, welche der übermässigen Vermehrung
dieser, den Pflanzen schädlichen Schmarotzer, Schranken setzen.
Nähere Details werden später folgen.

Ünger. Vier Abhandlungen für die Denkschriften. 189
Herr Martin, Custos der Bibliothek des k. k. polytechnischen
Institutes dankt für die ihm von der Akademie auf Antrag der
mathematisch-naturwissenschaftlichen Classe zugewendete Unter-
stützung von Hundert Gulden zur Fortsetzung der von ihm begon-
nenen Versuche über weitere Ausbildung der Pholographie auf
Papier. Die Resultate derselben wird er, sobald seine Arbeit zu
einigem Abschlüsse gekommen ist, vorlegen.
SITZUNG VOM 25. MAI 1848.
Professor Dr. Redtenbacher stellt das Ansuchen, die Classe
möge die Arbeiten des Professors Dr. Rochleder zu Lemberg
über Caffei'n, wozu das Material ihm des hohen Preises wegen nicht
in hinreichender Menge zu Gebote stehe, durch Bewilligung von
Zweihundert Gulden unterstützen.
Der Antrag wurde genehmigt und die Ausfolgung des genannten
Betrages später von der Gesammt-Akademie bewilliget.
Herr Professor Dr. ünger, wirkliches Mitglied, übergab vier
Abhandlungen für die Denkschriften :
I. Über Aufnahme von Farbestoffen bei Pflanzen.
Herr Professor ünger gibt hier eine detailirte Darstellung von den
Versuchen, welche er mit weissblühenden Hyacinthen anstellte,
denen der rothe Saft der Kermesbeere zur Aufsaugung dargeboten
wurde. Es werden namentlich die Wege genau angegeben, durch
welche bei unversetzter Pflanze derselbe bis in die Perigonien
gelangte , und dieselben nach Massgabe der Aufsaugung immer
dunkler und dunkler färbte. Es stellte sich hiebet das unzweifel-
hafte Factum heraus, dass der Farbestoff nicht durch die Gefässe,
sondern durch die dieselben begleitenden langgestreckten Zellen
aufgenommen und fortgeführt werde. Weder bei anderen Pflanzen
durch den Saft der Kermesbeere, noch bei Hyacinthen durch andere
indifferente vegetabilische Farbestoffe wurde eine ähnliche Wirkung
erzielt. Die anatomischen Ergebnisse sind durch beigefügte Zeich-
nungen erläutert.
II. Beiträge zur Lehre von der Bodenstetigkeit
gewisser Pflanzen, von Prof. ünger und Dr. F. Hr u schaue r

190 ünger. Vier Abhandlungen für die Denkschriften.
in Gratz. Durch chemische Untersuchungen solcher bodensteter
Pflanzen, welche ausnahmsweise auch auf Gebirgsarten vorkom-
men, die ihnen in der Regel nicht zuträglich sind, wird hier
der Grund dieser Anomalien aufgeklärt. Die in Bezug auf ihre
Aschenbestandtheile untersuchten Pflanzen sind: l. Orobus vernus
auf Kalk- und Trachyt-Unterlage gewachsen. 2. Sedum Tele-
phium auf Kalk-, Trachyt-, Gneiss- und Basalt-Unterlage. 3. EU-
phorbia Cyparissias, auf Kalk-, Trachyt- und Basalt-Unterlage.
4. Fagus sylwtica auf Kalk- und Trachyt-Unterlage und endlich
5. Cynanchum mncetoxicum auf Kalk-, Trachyt- und Grau-
wacke - Unterlage.
HL Rückblick auf die verschiedenen Entwickelungs-
normen beblätterter Stämme; mit einer Tafel Abbildungen.
Professor ünger betrachtet in einem kurzen, gedrängten Über-
blicke die verschiedenen wesentlichen Entwickelungsnormen stamm-
bildender Pflanzen und zeigt, wie diese besser als die verschie-
denen Formen, welche der Pflanzen-Embryo annimmt, als charakte-
risirende Unterschiede für grössere Abtheilungen des Pflanzenreiches
in Anwendung gebracht werden können. Diese Abhandlung besonders
durch C. Nägelfs Abhandlung „über das Wachsthum des Gefäss-
Stammes" im dritten und vierten Hefte der Zeitschrift für wissen-
schaftliche Botanik hervorgerufen, sucht durch wiederholte anatomi-
sche Untersuchungen des Lycopodiaceen-Stammes die Ansicht
dieses Botanikers zu entkräften, dagegen die von dem Verfasser
schon früher vertheidigte fester zu begründen.
IV. Pflanzen-Missbildungen. Diese Abhandlung enthält
eine Sammlung mehrerer bisher noch nicht beobachteter Missbil-
dungen von Blüthen, die hier in ausführlichen Beschreibungen und
Abbildungen versüxnlichet werden. Diese Missbildungen sind von
Professor Ünger beobachtet worden an den Blüthen von Hydro-
phyllwn virginicum Linn. 5 von Potentilla umbrosa Steven, an
Scabiosa ochroleuca 3 an Desmoditiwi marylandicum D C. 9
Medicago carstiensis Jacq. und Trifolium repens. Der grösste
Theil derselben wurde an cultivirten Exemplaren des botanischen
Gartens in Gratz, ein Paar andere an wildwachsenden Pflanzen
beobachtet. Alle rühren vom Jahre 1847, das besonders reich aa
Missbüdungen war, her.

K o 11 a r. Über Acanthoehermes Quer aus. 191
Herr Custos Kollar liest folgenden Beitrag zur Entwickelungs-
geschichte eines neuen, blattlausartigen Insectes (Taf. IV):
Acanthochermes Quercus.
In der zweiten Hälfte des Monates Mai bemerkte ich an den
jungen Blättern der Quercus sessiliflora Smith kreisrunde, glatte
Erhöhungen auf ihrer oberen Seite, denen auf der Unterseite
ähnliche Vertiefungen oder Grübchen entsprachen. Taf. IV, Fig. l.
Ich hielt diese Erscheinung anfangs für das Product einer Cynips,
und glaubte es mit einer beginnenden Blattgalle zu thun zu haben, da
ich ähnliche Gallenformen an den Eichen bereits gesehen hatte.
Als ich indess die Grübchen mit der Loupe näher untersuchte, sah
ich, dass ein grüner Deckel sie verschliesse, welcher durch die
Beschaffenheit seines Randes von allen mir bisher bekannten Gallen-
formen wesentlich verschieden war.
Unter einem zusammengesetzten Mikroskope erschien der
Rand dieses kreisrunden Deckels ringsherum mit sternförmigen
sechseckigen Wärzchen besetzt, Fig. l, a, l, b. Es kamen an
einem Ende deutliche Fühler und zwei schwarze Augen zum Vor-
schein, und man sah auf dem Rücken deutliche Quereinschnitte,
welche auf einen, aus mehreren Segmenten zusammengesetzten
Leib deuteten, Fig. 2; im übrigen war kein Lebenszeichen wahr-
zunehmen. Erst als ich dieses mir bisher unbekannte Geschöpf
behutsam aus dem Grübchen löste und auf den Rücken legte, ent-
deckte ich sechs klammerartig gebogene Füsse, welche das Thier
langsam bewegte, und mit denen es sich an dem Blatte fest gehalten
hatte, Fig. 3. Zwischen ihrem ersten Paare war ein deutlicher
Saugrüssel zu sehen. Obschon ich nun über die Ordnung, welcher
dieses Geschöpf angehören müsse, im Reinen war, so konnte ich
doch nicht ahnen, was eigentlich daraus werden würde, ob es
einer bereits bekannten Gattung der Rhynchota angehöre oder
ein eigenes Genus bilde? Darüber sollte mich die weitere Beobach-
tung belehren.
Ich nahm mehrere, mit diesem sonderbaren Thiere behaftete
Blätter zur ferneren Untersuchung nach Hause, da ich wegen der
bedeutenden Entfernung (es war in dem kaiserlichen Schlossgarten
von Schönbrunn nächst Wien), die Beobachtung im Freien nicht
fortsetzen konnte.

192 Kollar.
Schon am zweiten Tage sah ich an mehreren meiner Gäste
eine Veränderung eintreten; sie hatten sich gehäutet, das Grüb-
chen, ihren bisherigen Aufenthalt verlassen, und sind frei auf dem
Blatte herumgekrochen. Die kreisrunde Form des Körpers war in
eine länglich-eiförmige übergegangen, Fig. 4, die sternförmigen
Wärzchen blieben an der, in dem Grübchen abgelegten, einem
weissen Flecke ähnlichen Haut, Fig. S, und die Seitenränder des
metamorph o sirten Thieres waren mit einfachlen weichen Spitzen
besetzt. Die Fühlhörner erschienen deutlich zweigliederig, und bei
genauer Untersuchung zeigte das kürzere und dickere Basalglied
noch einen weniger deutlichen Einschnitt, so dass man das Fühl-
horn eigentlich als dreigliederig betrachten muss. Die Füsse erschie-
nen länger, als in dem früheren Zustande und deutlich aus drei
Theilen zusammengesetzt.
Ohne eine weitere Veränderung zu erleiden, fing jedes Indi-
viduum, ohne vorhergegangene Begattung an, Eier zu legen, und
zwar bis fünfzig Stück in einem Häufchen auf die Eichenblätter.
Dabei wurde es immer kürzer, da die hinteren Leibes-Segmente
einschrumpften und sich in die vorderen zurückzogen. Fig. 6. Auch
die Farbe des Körpers erlitt eine Veränderung, ging nämlich aus
einem blassen Grün ins schmutzige Olivengrün über, und wurde
endlich fast schwarz; die stachelartigen Fortsätze an den Rändern
trockneten ein. In diesem Zustande sah ich es nicht mehr an den
Blättern saugen; es schrumpfte völlig zusammen und fiel von den
Blättern herab.
Die Eier, Fig. 6 a, waren von gewöhnlicher Eierform, blass-
grün und glänzend. Nach acht Tagen entwickelten sich schon die
Jungen daraus, die ungefähr i/g Linie lang, und bis auf den Mangel
der weichen stachelförmigen Fortsätze an den Rändern des Körpers
mit ihren Müttern an Gestalt und Farbe ziemlich übereinstimmten.
Fig. 7. Sie bewegten sich lebhaft auf den frischen Eichenblättern,
welche ich ihnen vorgelegt hatte, sogen aber nicht daran und
gingen bald zu Grunde, so dass ich nicht ausmitteln konnte, ob sie
vielleicht nach überstanden er Häutung die kreisrunde, mit stern-
förmigen Wärzchen an den Rändern besetzte Form, in welcher ich
das Thier zuerst beobachtet hatte, erhalten würden.
Ich ging daher in den ersten Tagen des Juni wieder nach
Schönbrunn, um zu sehen, was mittlerweile im Freien an den

Über Aeanfhoehermes Quercus. 193
Eichen, auf welchen ich sie gesammelt hatte, vorgegangen sei,
ob ich nicht vielleicht auf ihrer ursprünglichen Geburtsstätte, wo
sie im Mai zu lausenden anzutreffen waren, die zweite Generation
antreffen würde. Indess meine Bemühung war fruchtlos, ich fand
wohl an den Blättern Spuren ihrer ersten Existenz, aber keine
Thiere mehr. Die Stellen des Eichenlaubes, wo die scheibenförmi-
gen Thierchen mit ihrem Schnabel saugend gesessen sind, waren
braun geworden, die Mitte solcher braunen Flecken erschien des
Parenchyms beraubt und durchsichtig, und hatte ein Blatt beson-
ders viele Schmarotzer genährt, so war es braun und zusammen-
geschrumpft, und sah wie vom Reif verbrannt aus.
Obschon der ganze Cyklus der Verwandlung noch nicht be-
obachtet ist, so gehört dieser Eichenschmarotzer, sowohl in
Rücksicht seiner Lebensart, als auch in Betracht der bisher aus-
gemittelten Merkmale auf jeden Fall zu den blattlausartigen
Rhynchoten und ist mit der Gattung Chermes zunächst ver-
wandt; durch den Mangel der Flügel aber und durch die stachel-
förmigen Fortsätze an den Rändern des Körpers (wenigstens in
gewissen Entwickelungsstufen), von Chermes, welcher überdies
blasenförmige Auswüchse an den Blättern verursacht, wesentlich
verschieden, wesshalb ich den vorstehenden Gattungsnamen wählte.
Ich habe das Thier nach seinen bisher ermittelten Entwicke-
lungsstufen durch Herrn Mahler Zehner, welcher die fortschrei-
tenden Verwandlungen mit Sorgfalt' mit beobachtet hat, genau
zeichnen lassen, und theile hier nur so viel mit, als zur Erkennt-
niss des Thieres wesentlich nothwendig ist.
Fig. l. Stellt ein Stück Eichenblatt von der Unterseite dar-
gestellt vor, mit den in den erwähnten Grübchen sitzenden Thieren
in natürlicher Grosse; unter Fig. l a, ist ein einzelnes Grübchen
bedeutend vergrössert vorgestellt; Fig. l b, zeigt einen einzelnen
Stern der Seitenränder; Fig. 2, das Thier ausser dem Grübehen,
stark vergrössert; bei Fig. 3, sieht man das Thier nach der Häu-
tung, und zwar von der Bauchseite, bei Fig. 4, von der Rücken-
seite; Fig. 4 a, stellt den Kopf ^mit dem Schnabel dar; unter Fig. S
sieht man die in Folge der Verwandlung zurückgelassene Haut in
dem Grübchen, wo das Thier gesessen; Fig 6 zeigt das im Eier-
legen begriffene, schon etwas eingeschrumpfte Weibchen; Fig. 6 a,
die Eier; Fig. 6 b, den ausgebildeten Embryo; Fig. 7, das eben
Sitzb. d. matbem.-naturw. CL I. Bd. 13

^94 Stampfer und Burg. Gutachten über Moth's
aus dem Ei ausgeschloffene Thierchen; Fig. 7 a, dessen Kopf;
Fig. 7 b, das Fühlhorn.
SITZUNG VOM 8. JUNI 1848.
Die wirkl. Mitglieder, Herren Stampfer und Burg, erstatten
ein günstiges Gutachten über eine von Herrn Franz M ot h, Professor
der Mathematik an dem Lyceum zu Linz eingesandte Abhandlung
„Begründung eines eigenthümlichenRechnungs-Mecha-
nismus zur Bestimmung der reellen Würz ein der Glei-
chungen mit numerischen Coefficienten" und empfehlen
dieselbe zur Aufnahme in die Denkschriften der Classe, welcher
Antrag genehmigt wird.
Der Herr Verfasser spricht sich in der Einleitung zu seiner
Arbeit folgendermassen aus:
Die Auflösung einer grossen Anzahl Probleme der reinen
Mathematik und der mathematischen Physik ist in letzter Instanz
von der Bestimmung der Werthe der Wurzeln einer Gleichung
abhängig. Ist diese Gleichung vom ersten Grade, so bedarf man, um
zur Kenntniss ihrer Wurzeln zu gelangen, nur der rationalen Opera-
tionen. Dieselben reichen aber im Allgemeinen nicht mehr hin,
sobald die Gleichung den ersten Grad übersteigt. In diesem Falle
muss zu den Operationen des Addirens, Subtrahirens, Multiplicirens
und Dividirens die Operation der Radication (Wurzelausziehung)
hinzutreten. Indessen sind es unter den Gleichungen höherer Grade
nur die des zweiten, dritten und vierten Grades, deren Wurzeln
sich mittelst der gedachten fünf Operationen aus den Coefficienten
der Gleichung herleiten lassen; während die Wurzeln der Glei-
chungen höherer Grade, sobald sie den vierten übersteigen, im
Allgemeinen nicht auf die Art, wie bei den Gleichungen der genannten
Grade, durch eine geschlossene Formel, in der die Coefficienten
der Gleichung durch die rationalen und irrationalen Operationen
unter sich verknüpft wären, darstellbar sind, wie dies schon Ruffini
und Abel zu zeigen suchten. Aber selbst unter der Voraussetzung
der Möglichkeit einer allgemeinen Auflösung der Gleichungen eines
jeden Grades in dem Sinne^ in welchem man dergleichen Auflösungen

Abhandlung: die Auflösung der Gleichungen betreffend. 19 S
für Gleichungen bis zum vierten Grade besitzt, wird man wohl in
den seltensten Fällen, und etwa nur mit Ausnahme der quadratischen,
von einer solchen mit Vortheü Gebrauch machen können, um zur
Kenntniss der Wurzeln dieser Gleichungen zu gelangen. Ungleich
wichtiger für die Anwendung sind daher jene Methoden, welche die
Werthe der Wurzeln annäherungsweise bestimmen lehren. Soll aber
eine solche Methode an die Stelle einer strengen Auflösung der Glei-
chung treten können, so muss dieselbe nicht bloss jeden möglichen Grad
der Genauigkeit erreichbar machen; es ist auch noch nothwendig,
dass man sichere Kennzeichen zur Beurtheilung des Jedesmal er-
reichten Grades dieser Genauigkeit besitze. Die von Fourier
vervollkommnete lineare Annäherungs-Methode, welche zuerst von
Newton in minder vollkommener Form angewandt worden ist, die
reellen Wurzeln der Gleichungen mit numerischen Coefficienten zu
erhalten, entspricht nicht nur jenen Forderungen, sondern empfiehlt
sieh auch durch Einfachheit des zu führenden Caiculs. Kennt man
nämlich den Werth einer reellen Wurzel einer gegebenen Gleichung
mit numerischen Coefficienten bis zu einem bekannten Grade der
Genauigkeit, alsdann liefert eine zwei- oder mehrmal wiederholte
Anwendung der Operationen, welche die genannte Methode vor-
schreibt, immer mehr und mehr Stellen von dem in Decimalbruchform
ausgedrückten Werthe der Wurzel, die dem wahren Werthe ange-
hören, wobei die Menge dieser Stellen mit der Anzahl dieser Wieder-
holungen in einer geometrischen Progression wächst und zugleich
über den erlangten Grad der Genauigkeit der Wurzel mit befrie-
digender Vollständigkeit Rechenschaft gegeben werden kann. Nach
dem gegenwärtigen Stande der Theorie der Gleichungen mit nume-
rischen Coefficienten zerfällt deren Auflösung in zwei wesentlich
von einander verschiedene Theile, deren einer sich mit der Trennung
der Wurzeln einer Gleichung, der andere aber mit der numerischen
Berechnung der getrennten Wurzeln beschäftigt. Die von Sturm,
Fourier und Cauchy entdeckten Lehrsätze setzen uns in den
Stand, in jedem besondern Falle einer Gleichung mit numerischen
Coefficienten, sofern dieselben nur reelle Zahlen sind, folgende
Fragen entscheidend zu erledigen: Hat eine vorgelegte Gleichung
reelle Wurzeln oder besitzt sie keine derselben? Wenn reelleWurzeln
vorhanden sind, wie gross ist die Menge derselben? Zwischen
welchen Grenzen liegen diese reellen Wurzeln insgesammt, und
l3»

l 96 Stampfer und Burg. Gutachten über Motb^s
zwischen welchen jede einzelne von ihnen? Welches sind nämlich die
einzelnen Intervalle, die so beschaffen sind, dass jedes von ihnen nur
eine einzige Wurzel enthält? Da man übrigens die Mittel kennt, die
Auflösung einer Gleichung, wenn solche vielfache Wurzeln besitzt,
von der Auflösung einer ändern abhängig zu machen, deren sämmtliche
Wurzeln nur einfache sind, so sieht man sich mittelst der erwähnten
Lehrsätze in den Stand gesetzt, die reellen Wurzeln einer Gleichung
dergestalt von einander zu trennen, dass für jede aus ihnen zwei
Grenzwerthe angegeben werden können, zwischen denen nicht mehr
Wurzeln liegen, als eben nur diese eine. Bezüglich der reellen
Wurzeln einer Gleichung ist daher der erste Theil der Aufgabe von
der Auflösung der Gleichungen mit numerischen Coefficienten als
vollständig gelöst zu betrachten.
Kennt man nun zwei Grenzen, zwischen welchen eine reelle
Wurzel einer bestimmten Gleichung liegt, und ist man versichert,
dass in diesem Intervalle keine andere Wurzel dieser Gleichung
mehr liegt; alsdann ist es noch erforderlich, Werthe zu bestimmen,
denen sich die Wurzel immer mehr und mehr nähert, um zur Kennt-
niss aller Ziffern zu kommen, durch welche dieselbe ausgedrückt
wird, wenn die Anzahl dieser Ziffern begrenzt ist, oder doch so viele
genaue Ziffern, als man will zu finden, das heisst, es ist erforderlich,
den Werth der Wurzel annäherungsweise zu berechnen. Dieser
Zweck kann durch verschiedene, mehr oder weniger weitläufige
Rechnungen erfordernde Verfahrungsarten erreicht werden. Ein
erstes Mittel bietet die bereits erwähnte Newton'sche oder lineare
Annäherungs-Methode dar. In seinem berühmten Werke über die
Auflösung der numerischen Gleichungen hat Lagrange bereits
angezeigt, dass diese Methode in der Form, wie sie vonNewton
gegeben worden ist, unvollständig sei, indem sie kein Merkmal
darbietet, woran sich die Richtigkeit der Annäherung jedesmal mit
Gewissheit erkennen lasse, und hat hinzugefügt, dass es sehr schwer,
vielleicht selbst unmöglich sei, a priori ein Merkmal zu finden, wor-
nach sich beurtheilen liesse, ob die Bedingung der Convergenz der
Operation erfüllt sei oder nicht. Diese wichtige Frage ist jetzt durch
Fourier's Bemühungen vollständig gelöst, so dass die lineare
Approximation immer anwendbar ist, und eine vollständige Kenntniss
des gesuchten Werthes einer reellen Wurzel erreichen hilft. Diesem
Geometer verdanken wir aber nicht blöss diese wichtige Vervoll-

Abhandlung: die Auflösung der Gleichungen betreffend. 197
kommnung der N ew t o naschen Methode, erbereicherte die Wissen-
schaft auch durch bedeutende Verbesserungen an dem numerischen
Caicul, welchen die Bestimmung der reellen Wurzel fordert. Allein
dieser Vorzüge ungeachtet, trägt, wie ihr Vorbild, die Newton'sche,
auch diese Fourier'sche in sofern noch nicht das Gepräge der Voll-
kommenheit an sich, indem diese, wie jene, bereits auf einen gewis-
sen Grad genäherte Grenzwerthe voraussetzt, um sogleich zur An-
wendung des approximativen Verfahrens fortschreiten zu können.
Dies wird nämlich nur dann der Fall sein können, wenn für die
beiden Grenzwerthe a, b einer Wurzel der Gleichung, die wir mit f
(x) == o vorstellig machen wollen, noch die besondere Bedingung
erfüllt ist, dass, während diese Gleichung zwichen a und & nur eine
reelle Wurzel liegen hat, die beiden Gleichungen f (x) ==== o und/"'
(^ === o in eben demselben Intervall keine Wurzeln haben. Man
muss daher, wenn dies noch nicht der Fall wäre, das Intervall a .. b
so lange durch einen oder mehrere Mittelwerthe theilen, bis man zu
zwei Grenzwerthen gelangt, für welche die erwähnten Bedingungen
erfüllt sind. Von diesen aus beginnt hierauf das geregelte Verfahren
der approximativen Bestimmung, der in diesem Intervall liegenden
reellen Wurzel. Diesem Obelstande ist von Cauchy durch zwei all-
gemeine Methoden, deren eine am 22. und 29. Mai 1837, und die
andere am 4. September desselben Jahres der Akademie der Wissen-
schaften zu Paris vorgelegt wurde, begegnet worden, indem durch
deren Anwendung aus Je zwei, wenn gleich noch so entfernten
Grenzwerthen a und b einer Wurzel allezeit nähere Werthe der-
selben erhalten werden, während die Anwendung des F o u r i er'schen
Verfahrens, wenn die oben erwähnten Bedingungen für die beiden
Grenzwerthe a und b noch nicht erfüllt wären, eine solche Bestim-
mung dadurch unsicher macht, dass man sich, anstatt dem wahren
Werthe der Wurzel näher zu kommen, zuweilen von ihr auch wieder
entfernt. Zur Erreichung desselben Zweckes lassen sich auch noch die
mannigfaltigen Formeln der Mathematik gebrauchen, als die continuir-
lichen Brüche, die recurrenten Reihen, die Producte mit unendlichen
Factorenfbigen, insbesondere die der binomischen Factoren von der
Form (l + ^) (l + ^) (l + ^) . . ., worin a, ß, 7, ... ein-
zifferige Zahlen bedeuten, und mehrere andere, und sind zum Theil
in der That dazu verwendet worden, wie die erste von Lagrange,

j[98 Stampfer und Burg. Gutachten etc.
die zweiten von Eul e r. Aber alle bisher genannten Methoden lassen,
wenngleich sie den streng wissenschaftlichen Anforderungen ein
Genüge leisten, von der praktischen Seite betrachtet, nochMehreres
zu wünschen übrig, insbesondere in Hinsicht auf den Umstand, dass
bei Anwendung einer jeden dieser Methoden, nachdem ein Nähe-
rungswerth der Wurzel gefunden worden ist, jedesmal der Grad
der Genauigkeit, mit welchem der gefundene Werth den der
Wurzel gibt, für sich bestimmt werden muss, welche Bestimmung
selber wieder einer bald mehr bald weniger complicirten Berechnung
bedarf.
Die von mir angestellten Untersuchungen haben die Entwicke-
lung einer Methode zur Berechnung der reellen Wurzeln einer
Gleichung mit numerischen Coefficienten zum Zwecke, welche von
diesen Mängeln frei ist. Im Wesentlichen besteht diese Verfah-
rungsart in der Anwendung eines geregelten Verfahrens, die ein-
zelnen Ziffer, mit denen der wahre Werth der Wurzeln geschrieben
wird, successive und in ähnlicher Weise zu erhalten, auf welche
man die Ziffer eines Quotienten zweier dekadischer Zahlen, oder
die Ziffer der Quadrat- und Cubikwurzeln aus dekadischen Zahlen
mittelst der bekannten Rechnungsmechanisiaaen nach und nach zum
Vorscheine bringt. Diese letzteren enthalten mehrere überflüssige
Rechnungen. Die Anwendung unserer Methode auf den Fall, da die
vorgelegte Gleichung eine reine Potenzgleichung ist, d. h. die Form
a?" === a hat, wobei a eine gegebene dekadische Zahl bedeutet, wird
auch für die Ausziehung der Wurzeln eines jeden Grades aus deka-
dischen Zahlen zu einem, von überflüssigen Rechnungen freien
Rechnungsmechanismus führen, der in Vergleichung mit demjenigen,
dessen man sich bei der Ausziehung der Wurzeln aus den dekadi-
schen Zahlen zu bedienen pflegt, das Gepräge grösserer Vollkom-
menheit an sich trägt.
Das wirkliche Mitglied, Herr Bergrath und Professor Christian
Doppier zu Schemnitz, überreicht der Classe für ihre Denk-
schriften eine Abhandlung „Versuch einer auf rein mecha-
nische Principien sich stützenden Erklärung der
galvano-elektrischen und magnetischen Polaritäts-
Er^eheinungen," über deren Inhalt er Nachstehendes mittheilt:

D o p p l e r. Verbuch einer Erklärung etc. 199
Zu den räthselhaftesten Erscheinungen im gesammten Bereiche
der anorganischen Natur darf man wohl ohne Zweifel das galvano-
elektrische und magnetische Polaritäts-Phänomen zählen. Wie es
aber auffallenden Erscheinungen, deren Endursachen für uns noch
in ein geheimnissvolles Dunkel gehüllt sind, von jeher erging, so
wurde auch der Begriff, oder richtiger gesagt, der Name der Pola-
rität sehr bald vielfach ausgebeutet, und als ein willkommenes
Mittel betrachtet, die Mangelhaftigkeit und Unzulänglichkeit man-
cher anderen vorgeblichen Erklärung, meistentheils zwar ganz
unabsichtlich damit zu verhüllen. Und so ist es denn gekommen,
dass wir nicht etwa bloss in Werken, welche von Elektricität und Mag-
netismus handeln, sondern auch in solchen, die der Chemie, der
Optik, der Wärmelehre, der Physiologie, der Naturphilosophie und
noch fremdartigeren Gebieten des menschlichen Forschens ange-
hören, den Ausdrücken: Polarität, polares Verhalten, polare Gegen-
sätze u. a. m. allerwärts begegnen. Ein Begriff aber, der, ohne sonder-
lichen Nutzen zu stiften, sich den verschiedenartigsten Anforderungen
so fügsam erweist, kann, so dünkt es mich, unmöglich zu den sehr klar
und scharf aufgefassten gehören. Ein Versuch demnach, dem wahren
Polaritätsbegriff in seiner ursprünglichen Bedeutung eine mehr sach-
liche Unterlage zu geben, oder mit anderen Worten sämmtliche Fun-
damental-Erscheinungea derBerührungs-Elektricität nach rein mecha-
nischen oder richtiger nach rein «eroslatischen und aerodynamischen
Principien zu erklären, — dürfte wohl ohne Zweifel als zeitgemäss
und wünschenswcrth anerkannt werden. Um mit wenigen Worten das
Wesentlichste dieses Erklärungsversuches hier vor Augen zu legen,
möge vorerst hervorgehoben werden, dass die dem in Rede stehen-
den Erklärungsversuche zu Grunde liegenden Prämissen folgende sind:
1. Alle Körper, von welcher Form und Grosse sie auch immer
sein mögen, sind von Atmosphären des elektrischen Fluidums
umgeben. Diese Atmosphären, die ihnen eigenthümlich und schon
in ihrem natürlichen oder neutralen Zustande zukommen, sind ferner
nicht, wie gewöhnlich angenommen wird, unbegrenzte und bis ins
Unendliche reichende, sondern sie haben eine bestimmte Höhe.
2. Diese Atmosphären sind jedoch nicht bei allen Körpern
von gleicher Höhe: vielmehr richtet sich diese Höhe nach der
materiellen Beschaffenheit derselben, und ist z. B. beim Kupfer eine
andere als beim Zinke u. s. w,

200 Doppier. Versuch einer Erklärung etc.
Aus diesen beiden Voraussetzungen, deren vollständige Recht-
fertigung in dem der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften
unter Einem zur Drucklegung unterbreiteten Aufsatze niedergelegt
ist, lassen sich nun sofort sämmtliche Fundamental-Erscheinungen
der Berührungs-EIektricität einfach und ungezwungen, nach'den
bekannten aerostatischen und aerodynamischen Principien erklären.
Werden nämlich, um nur des aller einfachsten Falles hier zu erwäh-
nen, zwei materiell verschiedene Körper, die also auch Atmo-
sphären verschiedener Spannkraft und Höhe besitzen, in unmittelbare
Berührung gebracht, so wird augenblicklich der frühere Zustand
ihres stabilen Gleichgewichtes aufgehoben, und es tritt unabweis-
lich eine neue Anordnung ihrer beiderseitigen Atmosphären ein.
Ein Theil der Atmosphäre des einen Körpers tritt wegen Ungleich-
heit des aerostatischen Gegendruckes an den zweiten über, und
werden diese Körper sodann isolirt getrennt, so muss gerade jener
Theil der Atmosphäre bei dem einen fehlen, der an dem ändern
übergangen war, d. h. der eine von diesen Körpern muss sich
negativ, der andere dagegen eben so stark positiv-elektrisch
erweisen. Die sämmtlichen galvano-elektrischen Erscheinungen
stellen sich nach dieser Theorie dar als hervorgegangen aus dem
Conflicte der die Körper umgebenden elektrischen Atmosphären
ungleicher Spannung. Da dieser Sachverhalt von der absoluten
Grosse wie auch Form der Körper völlig unabhängig ist, so gilt
das Gesagte auch mit gleicher Strenge von den Körpermolekeln, ja
von den einzelnen Körperatomen selber. Der bei Körpern von
bestimmter Ausdehnung sich »kundgebende polare Elektricitäts-
Zustand begründet die galvanischen, jener bei den Körper-
molekeln hervortretende die magnetischen, und der schon bei
einzelnen Atomenverbindungen auftretende die elektrochemi-
schen Erscheinungen. —Die schöne und ausnahmslose Überein-
stimmung der nach verschiedenen Seiten hin bisher ausgeführten Fol-
gerungen mit den bekannten Erfahrungsdaten, gewährt dem Verfasser
in erheblichem Grade die beruhigende Überzeugung, dass, wie man-
gelhaft auch Form und Darstellung sein mögen, nichts desto weniger
erhebliche Irrthümer in der in seiner genannten Abhandlung nieder-
gelegten neuen Theorie der Berührungs-EIektricität sich kaum vorfin-
den dürften. Unter solchen Umständen glaubt der Verfasser nur einer
Verpflichtung, wie sie die Wissenschaft auferlegt, zu genügen, wenn

FenzL Über Arciocalix. 201
er diese seine Ansicht und Theorie in ausfuhrlicherer Weise, als
dies hier thunlich erscheint, dem competenten Publicum vorlegt,
und so vielleicht Einiges zur Aufhellung und Ergründung einer
Erscheinung beiträgt, die man wohl mit Recht zu den bisher noch
unaufgeklärten und räthselhaften zu zählen sich veranlagst findet.
Herr Custos Dr. Fenzi legte eine Abhandlung über eine neue
Pflanzen-Gattung ^Arctocalyx" aus der Ordnung der Gesneraceen
vor, die durch zwei im tropischen Mexiko vorkommende Arten
repräsentirt, in systematischer Beziehung, als ein Bindeglied zwi-
schen den drei Haupt-Abtheilungen dieser Ordnung, den Cyrfan"
draceen, Beslereen und Eugesnereen von Wichtigkeit ist. Eine
derselben: Arctocalyx Endlicherianus wurde von Karl Heller
aus den Umgebungen Mirador's in getrockneten Exemplaren ein-
gesandt und zugleich aus einem einzigen keimfähigen Samen in
den Gewächshäusern des hiesigen Handelsgärtners Abel gezogen,
wo sie noch im Laufe dieses Sommers zur Blüthe gelangen
dürfte. Die zweite ist die bereits von Galeotti im Bulletin de
VAcademie de Bruxelles Vol. IX, 2, p. 37, kurz diagnosirte
Besleria insignis, welche hier als Arctocalyx insignis auf-
geführt wird.
Der Differential-Charakter dieser Gattung und ihrer beiden
Arten ist folgender:
Arctocalyx:
Calyx membranaceus, tubuloso-campanulatus amplus, tubo
ima basi germine töto adhaerens, libera parte multo longiore
exangulatus IS-nervis, limbo breve S-dentato, dentibus latis ro-
tundatis crenulatis. Corolla epigyna ampla infundibulari-campa-
nulata, basi aequalis, fauce dilatata, limbo subbilabiato, lobis
subaequalibus. Antherae in discum cohaerentes. Discus epi-
gynus annularis, obliquus. S tigma infundibulare. Capsula mem-
branacea. J^rutices foliis oppositisy cymis axillaribus pauci"
floris, petiolis brevioribus.
Arctocalyx Endlicherianus. Pedicelli calyce subbre-
viores. Calyx dentibus margine reflexo crispato-crenulatis. Corolla

202 Haidinger.
infündibulari- campanulata, curviuscula, lobis fimbriato - dentatis.
Stamina fauce parum exserta. Stylus usque ad apicem hirsutus.
Arctocalyx insignis. Pedicelli calycem aequantes v. supe-
rantes. Calyx dentibus margine erecto minute serrulatis. Corolla
tubuloso-campanulata recta, lobis subintegris. Stamina lobis suh-
exserta. Stylus superne glaber.
Herr Bergrath Haidinger überreichte eine für die Denk-
schriften der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften bestimmte
Mittheilung „Über den Dutenkalk," und erläuterte die Haupt-
punkte derselben durch eine Reihe von Schaustufen aus der Samm-
lung des k. k. montanistischen Museums. Der Dutenkalk hat längst
die Aufmerksamkeit der Forscher auf sich gezogen. Der Strutt-
märgel der Schweden von Görarpsmölla bei Helsingborg in Schonen
war in Davila's Catalog beschrieben. Guyton Morveau gab die
erste Abbildung eines Nagelkalkes im Jahre 1780 im Journal de
Physique. Eine ausführliche Beschreibung des ersteren mit Abbil-
dungen gab später Hausmann in seiner skandinavischen Reise
und in den Schriften der Wetterauischen Gesellschaft. Über den
würtembergischcn Nagelkalk wurden hier aus einem Manuscripte
Schüblers Nachrichten gegeben, die Haidinger selbst von
Herrn Edmund Schmid in Rottweil mitgetheilt erhielt. Über
den Dutenkalk der Vereinigten Staaten von Nord-Amerika enthält
Silliman's Journal schätzbare Nachweisungen, Beschreibungen
und Ansichten, wie sie die Literatur enthält, sind hier gesammelt.
Die Untersuchung der Natur wurde durch Stücke veranlasst,
die der k. k. Herr Hofrath M. Layer an das k. k. montanistische
Museum gegeben hat. Sie waren aus dem Banal, und im Sommer
1846 bei Steierdorf gesammelt worden. Herr Schichtmeister v.
Kölösväry in Steierdorf bei Oravitza sandte auf Haidinge r^ s
Bitte noch mehrere Stücke von einem nahe gelegenen Fundorte,
dem Breunnerschacht im Hangenden der Geriistyer Kohle. Die
Trichter sind hier bis sechs Zoll hoch zwischen der Spitze und
der erweiterten Basis. Die erstere der genannten Varietäten gab
die Entwickelung einer Theorie der Bildung an die Hand, die bisher
noch nicht versucht worden war. Die zu oberst liegenden Spitzen

Über den Dutenkalk. 203
sind nämlich nicht nur selbst fest, körnig-krystallinisch, sondern
stecken auch in einem festen eben so krystallinisch-körnigen Kalk-
stein. Tiefer herab ist die Textur lockerer, die Basen der Kegel
sind mit Kalkpulver ausgefüllt. Aber so wie das Pulver gegen oben
zu etwas Festigkeit gewinnt, zeigt sich auch faserige Structur,
die Richtung der Fasern, die noch im festen Kalkstein übrig bleibt,
senkrecht auf die Auflagerungsfläche. Man darf also wohl annehmen,
dass sich erst Kalkpulver abgelagert, dass dieses dann sich faserig
angeordnet habe, endlich die Krystallisation eingetreten sei. Das
Aufeinanderfolgen der Zustände ist genau entsprechend der in
einer früheren Mittheilung über die Tropfsteine der Galmei- und
Frauenhöhle bei Neuberg in Steiermark gegebenen Deutung. Auch
dort wird Kalkmehl abgesetzt, ordnet sich in Fasern an, und
krystallisirt endlich zur festen theilbaren Masse. Ein gleiches
Verhalten wurde bei der Bildung der Kalkrinden auf den fossilen
Besten in Knochenhöhlen aus Bergmilch aus der Hermaneczer
Höhle angeführt.
Für den geologischen Vorgang stellt Haidinger folgendes
Schema auf:
1. Das Gestein ist schichtenweise abgesetzt. Zwischen zwei
der Schichten wird aus der Gebirgsfeuchtigkeit pulveriger, kohlen-
saurer Kalk gefällt. Die Feuchtigkeit dringt zu gewissen Punkten
aus der unteren Schicht heraus, woselbst später die Mittelpunkte
der Basen der Kegel sind.
2. Aus dem Pulver bildet sich eine dünne Lage krystallini-
schen Kalksteins, am dünnsten wo der Ausfluss ist.
3. Fortsetzung des Vorganges. Eine zweite Schicht lässt schon
mehr Raum für den Strom der Gebirgsfeuchtigkeit.
4. Fortwährend gefällter kohlensaurer Kalk wird von unten
in die hohlen Kegel eingepresst.
5. Das Pulver gewinnt an Festigkeit, schliesst in Fasern,
endlich zu KrystaII-Ind^viduen zusammen.
An diese übersichtliche Darstellung wurde die Reihe der ein-
zelnen Varietäten angeschlossen.
Dem Dutenkalk in mancher Beziehung nahe stehend ist der
Faserkalk. Der von Radoboj mit von der obern Seite in die Kalk-
schichte hineinragenden Mergelkegeln, wurde zuerst von S lud er
beschrieben. Diese Mergelkegel haben eine staffelartige Oberfläche,

9()4 Haidinger;
bei einem Winkel von etwa 90°. Der Faserkalk von der Porta
Westphalica wurde von Bouterwek trefflich beschrieben. Schon
damals im Jahre 1808 deutet er auf einen möglichen Übergang von
Aragon in Kalkspath hin, der sich späterhin durch Gustav Roses
Arbeiten so glänzend als in der Natur begründet herausstellte, aber
in dem natürlichen Vorkommen eine pseudomorphe oder metamor-
phische Bildung beurkundet. Der Sericolith Hausmanns, oder
Satinspar (Atlasspath) von Derbyshire gehört gleichfalls Melier.
Es ist reiner Aragon, mit etwas Manganoxydulgehalt, ohne Kalk-
spath, während in vielen anderen Faserkalken Aragon und Kalk-
spath beide faserig mit einander vermengt sind. Alle aber müssen
als wirklich gangartige Bildungen späterer Entstehung, zwischen
Sedimentärschichten angesehen werden.
Mit dem Dutenkalk hat endlich ein Thonschiefer viele Ähn-
lichkeit, den Nöggerath bei Saarburg entdeckte, und ihm den
Namen Dutenthonschiefer beigelegt hat. Die Structur ist so
gänzlich dieselbe, dass wohl auch die Bildung auf eine ähnliche
Weise Statt gefunden haben muss.
• Professor Schrotter zeigt Tiegel, Retorten und Röhren von
Porzellan zum' chemischen Gebrauche vor, welche auf seine Anre-
gung nunmehr in der rühmlich bekannten Ha rdtmut loschen Fabrik
zu Wien in vorzüglicher Güte hergestellt werden, und insbesondere
in Bezug auf Dünne und Festigkeit nichts zu wünschen übrig lassen,
wodurch einem von arbeitenden Chemikern in Wien längst gefühlten
Bedürfnisse vollständig abgeholfen ist.
Ferner zeigt Professor Schroffer krystallisirte Massen von
Blei, Zinn und Zink vor, welche vom Herrn Artillerie-Lieutenant
üchazius dargestellt worden, und sofern diese Metalle sich nur
mit Schwierigkeit in den krystallinischen Zustand bringen lassen,
einer Beachtung nicht unwerth sind.
Hierauf richtete Herr Bergrath Haidinger an die Classe
folgenden Vortrag:
„Die hochverehrten Mitglieder der mathematisch-naturwis-
senschaftlichen Classe werden es erklärlich finden, wenn der erste

Sammlung üatarwisäenschaftlicher Abhandlungen. 203
«•
Antrag, den ich derselben für meine eigene Person vorlege, auch
eine Unterstützung meiner eigenen Arbeiten betrifft, und zwar
der Unternehmung, welche im Mai 1846 vorgeschlagen, den l. Juli
desselben Jahres als Ausgangspunkt zählt, der Herausgabe einer
„Sammlung naturwissenschaftlicher Abhandlungen."
Der Plan der Unternehmung ist folgender: Freunde der Natur-
wissenschaften, ich verehre mehrere gegenwärtig in der Classe, ver-
trauten mir jährlich zwanzig Gulden C. M. an, um sie nach meinem
eigenen Ürtheile möglichst gut für die Herausgabe naturwissenschaft-
licher Abhandlungen zu verwenden. Dies schliesst die Verwendung
zu dem Zwecke der Gewinnung von Material zur Herausgabe nicht
aus; ich habe schon im ersten Jahre in dieser Richtung gearbeitet.
Mehrere Gönner, zum Theil in der höchsten gesellschaftlichen Stel-
lung vertrauten mir grössere Beträge an. Im Ganzen sind bereits so
viele Unterzeichnungen gewonnen, dass sie mit jenen Mehrbeträgen
die jährliche Summe von ungefähr viertausend Gulden C. M. darstellen.
Jeder Unterzeichnete erhält ein Exemplar dessen, was herausge-
geben wird; es konnte weniger, als die Einzahlung an Werth betragen,
aber schon im ersten Jahre wurde dieser W^erth erreicht, ein schöner
Band von Abhandlungen zu fünfzehn Gulden, zwei Bände Berichte
über Mittheilungen von Freunden der Naturwissenschaften zusammen
zu fünf Gulden wurden vertheilt, dazu gegen einhundertfünfzig Exem-
plare an Akademien, Gesellschaften und Redactionen wissenschaft-
licher Zeitschriften, mit Tauschanerbietungen, die theils bereits
erwiedert wurden, theils noch ausständig sind.
In diesem zweiten Jahrgange iS^7/^ erhält jeder Unterzeichner
den Werth von einunddreissig Gulden, nämlich einen Band von
zwanzig Gulden, die Berichte von sechs Gulden und darüber noch
Czjzek's schöne Karte der nächsten Umgebung Wiens, fünf Gulden
letztere für die zweihundert ersten Unterzeichner.
Ich habe im Verlaufe der schwierigen Unternehmung reichlich
die Befriedigung genossen, welche augenscheinlich wachsender Credit
gewährt Die Namen des Verzeichnisses geben davon Zeugniss. Seine
Majestät unser allergnädigster Monarch an der Spitze
und fünf k. k. Prinzen und Erzherzoge, derzeit nach zuerst
unsern eigenen hohen Curator, den durchlauchtigsten Erzherzog
Johann, dazu die ersten Staatsmänner,nner der Wissenschaft
und Gönner derselben, Beiträge aus London, Paris, Berlin, München,

206 Haidinger. Antrag in Bezug
Jassy, aus vielen Provinzen der Monarchie Österreich, Böhmen, Bläh-
ren, Galizien, Ungern, Steiermark, Kärnten. Es ist ein Werk im
Fortschritte begriffen.
Ich darf wohl die Gelegenheit benützen, um insbesondere meinen
gegenwärtig hier versammelten Gönnern meinen innigsten Dank dar-
zubringen, für die Förderung des neuen Unternehmens in pecuniärer
und in moralischer Hinsicht, durch ihre Beiträge sowohl, als durch
ihre verehrten Namen, welche die Subscriptionsliste zieren; den
hochverehrten Freunden, welche vom ersten Anfange dabei ausharr-
ten, aber auch denen, welche später wieder zurückzutreten veranlasst
waren, so wie den neu errungenen Gönnern, deren Beitritt mich so
sehr ermuthigt, fest auf der eingeschlagenen Bahn fortzuwandeln.
Aber in diesem Augenblicke tritt eine neue Phase der Entwicke-
lung ein. Es fragt sich, ob die Unternehmung Alles ihrem eigenen
Credit verdanken, ob sie allmählich mehr Grund gewinnen soll, oder
ob ihr durch die hohe wissenschaftliche Patronanz der neu gegrün-
deten kaiserlichen Akademie der Wissenschaften mit einem Male ein
Grad der Anerkennung, der Beihilfe zuwachsen und ertheilt werden
soll, der sie in den Stand setzt, durch Benützung dieses schönen
Beispieles so viele mächtige Freunde und Gönner zu gewinnen, wel-
chen es ein Leichtes ist, bedeutende Arbeitskräfte zur Verwendung
zu stellen.
Ich wünsche sehr der kaiserlichen Akademie für einen solchen
Aufschwung dankbar sein zu müssen; er würde das ganze Unterneh-
men, die ganze Folge der Bände, die Arbeiten selbst, obwohl unab-
hängig von der Akademie begonnen, ja den anzuhoffenden grössten
Antheil an den zu erwerbenden Geldmitteln selbst, als in der Wirk-
samkeit derselben begründet erkennen lassen.
Ich bitte daher die mathematisch-naturwissenschaftliche Classe,
gütigst in Berathung ziehen zu wollen, ob es nicht angemessen wäre,
diesem Unternehmen einen jährlichen Subscriptions-Betrag von Seite
der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften von fünfhundert Gul-
den C. M. zuzuwenden.
Bereits erhielt ich von mehreren hohen Gönnern und Freunden
der Naturwissenschaft höhere ermunternde Beiträge. Unserem eige-
nen hohen Curator selbst verdanke ich die jährliche Summe von
einhundert Gulden C. M., einen gleichen Betrag dem Herrn Grafen
August Breuixner, nebst dem, dass auch seine beiden Söhne dem

auf die Naturwissenschaftlichen Abhandlung-en." 207
Verzeichnisse beitraten; andere Mehrbeträge Seiner kaiserlichen
Hoheit dem durchlauchtigsten Erzherzog Stephan; den Herren:
GrafFerdinand Colloredo, A. Miesbach, Freiherrn v. Pasqua-
lati, Fürst A. Schwarzenberg. Aber das Beispiel der Bewilligung
eines höheren Betrages von der kaiserlichen Akademie der Wissen-
schaften würde mir hinlängliche Empfehlung gewähren, um viele bedeu-
tende Beiträge zu erringen. Ist schon die bisher erworbene Summe
von nahe viertausend Gulden jährlich für das Bedürfniss der För-
derung der Naturwissenschaften nicht gering, so würden spätere
ganz gewiss ansehnliche Vermehrungen grösstentheils dem günstigen
Ürtheile und der freundlichen Beihilfe der kaiserlichen Akademie der
Wissenschaften zuzuschreiben sein und in der Einwirkung derselben
auf die Entwickelung naturwissenschaftlicher Bestrebungen einer schö-
nen Stellung dieses Institutes entsprechen. Seine Majestät unser
allergnädigster Monarch haben durch die Gründung desselben
den Weg eröffnet. So viele mächtige Freunde der Naturwissenschaf-
ten erwarten vielleicht nur den Anlass, nach dem allerhöchsten Vor-
gange, Beiträge dem schönen Zwecke zu widmen. Hier ist einer
der Wege, den als einen empfehlenswerthen zu bezeichnen, in der
Macht der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften steht.
Eine Unterstützung von der angezeigten Art erscheint daher wich-
tig, nicht nur für einen erfreulichen Fortschritt des Unternehmens, zu
dessen eifriger Fortführung ich gegen so viele hohe und verehrungs-
würdige Theilnehmer verpflichtet bin, sondern auch für eine unmittel-
bare Förderung der Naturwissenschaften selbst, und ich glaube daher
eine höchst zeitgemässe Bitte für meine Person, in der Eigenschaft
als kaiserlicher Akademiker zu stellen, indem ich den folgenden
Antrag der hochverehrten mathematisch - naturwissenschaftlichen
Classe zur freundlichen Gutheissung vorlege.
Durch die eigenthümlichen Verhältnisse unserer gesellschaft-
lichen Entwickelung erscheint diese Herausgabe ganz allein in meiner
eigenen Verantwortung. Allein sie hängt, wie es der hochverehrten
Classe bekannt ist, innig mit der in der Bildung begriffenen Gesell-
schaft der Freunde der Naturwissenschaften zusammen, deren D enk-
schriften jene Sammlung naturwissenschaftlicher Abhandlungen
vorstellt, während die „Berichte u. s. w." die Verhandlungen
in ihren Versammlungen beigeben. Das unabweisliche Bedürfniss
hat die ersten Versammlungen hervorgerufen, manche werthvolle

208 G orgey. Über die festen
Anerkennung hat den spätem Leistungeil nicht gefehlt. Es gereicht
mir zur ungemeinen Befriedigung, dass, während in der Abtheilung
der Naturwissenschaften eine Privatgesellschaft sich vorbereitet fand,
bevor die kaiserliche Akademie der Wissenschaften in das Leben
getreten ist, nun für die Abtheilung der historisch-archäologischen
Forschungen auf den Vortrag unseres hochverehrten Mitgliedes
Herrn Regierungsrathes Chmel, in der Akademie selbst die Grün-
dung eines Vereines angeregt worden ist, welcher mannigfaltige
Kräfte in sich vereinigend, und in Verbindung mit der Akademie die
Wissenschaft fördernd, einen glänzenden Beweis für ihr nützliches
Wirken geben würde.
Als ich für den 9. December die vorhergehende Darstellung
niederschrieb, setzte ich die Summe auf fünfhundert Gülden C. M.
Ich wünschte heute den Grundsatz der Unterstützung von dem eigent-
lichen Betrage zu trennen. Was die hochverehrte Classe nun
beschliessen wird, soll mir erwünscht und angenehm sein. Je mehr
es ist, um je höher erscheint auch der Werth, den dieselbe auf
meine Arbeit legt, desto nachdrücklicher ist die materielle und mora-
lische Beihilfe. Ich bitte daher zuerst den Antrag in seiner ursprüng-
lichen Ausdehnung stellen zu dürfen, um ihn der Prüfung der Classe
zu unterwerfen.
Antrag: Die kaiserliche Akademie der Wissenschaften bewil-
ligt dem Mitgliede derselben, W. Haidinger, eine Summe von fünf-
hundert Gulden C. M. jährlich, als Beitrag zur Subscription für die
Herausgabe der „Naturwissenschaftlichen Abhandlungen, gesammelt
und durch Subscription herausgegeben von W. Haidinger/'
Das in diesem Antrage enthaltene Ansuchen wurde von der
Classe und später von der Gesammt-Akademie genehmiget.
SITZUNG VOM 24. JUNI 1848.
Herr Professor Dr. Redtenbacher zu Prag, wirkliches Mit-
glied, übersendet nachstehende in seinem Laboratorium ausge-
führte Arbeit: Über die festen, flüchtigen, fetten Säuren
des Cocosnussöles von Arthur Görgeyaus Toporcz in Ungern.
Fehling's Arbeit über das Cocosnussöl, in welcher er die
Gegenwart der Capron- und Caprylsäure in selbem nachweiset, regt

Säuren des Cocosnussoles. 209
die Frage an, ob denn dieses Fett nicht auch die von Lerchin
der Kuhbutter entdeckte Caprinsäure enthalte.
Die Beantwortung dieser Frage war der ursprüngliche Zweck
meiner Arbeit, die übrigen im Laufe derselben gemachten Erfah-
rungen scheinen mir jedoch mindestens eben so interessant, als
jene, dass wirklich auch Caprinsäure im Cocosnussöle vorkomme.
Das rohe Material zu nachfolgenden Versuchen lieferte mir
Herr Kaufmann Müller in Prag. Es ist schwach gelblich - weiss,
von eigenthümlichem Geruche — nach Fehlin g von der Capron-
säure herrührend — und schmalzartiger Consistenz. Sein Schmelz-
punkt liegt zwischen 17° und lö° C. — Blaues Lakmuspapier wird
davon geröthet. Ich schrieb diese saure Reaction einer Verunrei-
nigung mit irgend einem mechanisch beigemengten durch Wasser
auswaschbaren sauren Körper zu, allein selbst nach oftmaligem
Digeriren sowohl mit kaltem, als mit heissem Wasser behielt das
Öl seine saure Reaction.
Die Verseifung des Öles bewirkte ich leicht durch anhal-
tendes rasches Kochen mit schwacher Kalilauge, ohne das ver-
dampfte Wasser zu ersetzen. Man unterhält das Sieden bis eine
Probe des vollkommen klaren Seifenleimes sich im heissen Wasser
ohne Ausscheidung von Fettkügelchen, auflöst.
Nach dem Erkalten des Seifenleimes zerlegte ich denselben
gleich in der Blase mit verdünnter Schwefelsäure, setzte den Helm
auf, lutirte und destillirte so rasch als möglich, indem ich das ver-
^ dampfte Wasser von Zeit zu Zeit ersetzte.
Das Destillat ist anfangs gleichmässig milchig getrübt, später
erscheint es als eine wasserklare Flüssigkeit, welche nebenbei ein
trübes Fett mitführt.
. Sobald diese Änderung des Destillats eintrat, beendigte ich die
Operation.
Ich hatte nun die fetten Säuren des Cocosnussoles in zwei
Hauptgruppen abgetheilt:
a) Das Destillat: es enthält die Hauptmasse der Säuren von
niederem Atom.
&) Der Rückstand: bestehend aus der Hauptmasse der höher
zusammengesetzten Säuren.
Man glaube aber ja nicht durch diese Operation die Trennung
bis zu irgend einem bestimmten Gliede der Reihe der fetten Säuren
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. I. Bd. 1^

210 Görgey. Über die fetten
quantitativ bewirken zu können, sondern sei damit zufrieden, dass
man —wird die obige Destillation zur rechten Zeit unterbrochen —
im Destillat wenigstens noch keine Palmitinsäure und im Rück-
stande keine Capronsäure mehr habe.
Das saure Destillat neutralisirte ich mit Ätzkalilauge, ver-
dampfte das Wasser bis zur Bildung des Seifenleimes, und salzte
mit Kochsalzlösung aus. Durch Wiederauflösen in verdünnter Ätz-
kalilauge und nochmaliges Aussalzen reinigte ich die so erhaltene
Seife, und zerlegte sie dann wieder durch Schwefelsäure, denn
ich hatte ja durch diese Operationen nur die Concentration der in
der grossen Menge des abdestillirten Wassers theils aufgelösten,
theils nur suspendirten Säuren zur Absicht.
Die zugesetzte Schwefelsäure schied aus der Seife ein Gemenge
von, bei gewöhnlicher Temperatur theils flüssigen, theils schmie-
rigen, fetten Säuren ab, während das schwefelsaure Wasser unter
der Fettschichte auch noch eine Quantität fetter Säuren vom
niedersten Atome aufgelöst enthielt; denn als ich dieses Wasser,
nachdem es von der Fettschichte getrennt worden war, destillirte,
erhielt ich ein wasserhelles saures Destillat; welches mit Baryt-
wasser keinen Niederschlag, wohl aber ein leichtlösliches Baryt-
salz gab. — Ich hielt dieses Salz für buttersauren Baryt. — Der
Versuch, dies nachzuweisen^ verunglückte leider, und einzig
und allein auf den Geruch des sauren Destillates nach Butter-
saure darf ich die Behauptung nicht gründen, dass im Cocos-
nussöle uniäugbar auch Buttersäure enthalten sei. Denn ich habe
ün Laufe meiner Versuche die Erfahrung gemacht, dass die nach-
barlichen Glieder der fetten Reihe einander nicht nur in den chemi-
schen, sondern auch in physikalischen Eigenschaften viel zu nahe
stehen, um z. B. mit Bestimmtheit von einem auffallend charakte-
ristischen Geruche irgend einer flüchtigen fetten Säure sprechen
zu können. Die ihrem Atome nach einander zunächstgelegenen
fetten Säuren riechen wohl mehr minder stark sauer, oder nach
Schweiss, oder stechend, oder endlich nach der Ausdünstung eines
Bockes, aber immer einander so ähnlich, dass es unmöglich ist,
aus einem Gemenge die Gegenwart eines Gliedes der fetten Reihe
mit Bestimmtheit herauszuriechen. — Ich wenigstens konnte z. B.
die Caprinsäure weder einerseits von der Pichurimtalgsäure,
noch andererseits von der Caprylsäure durch den Geruch allein

Säuren des Cocosnussoles. 211
bestimmt unterscheiden, und dies sind nicht einmal unmittelbar
nachbarliche Glieder, denn zwischen ihnen liegen ja noch die
Pelargonsäure 18 (C H) 0^ und die Cocinsäure 22 (C H) 0^
St. ßvre's.
Die bei gewöhnlicher Temperatur theils flüssigen, theils schmie-
rigen fetten Säuren, welche ich durch Zerlegung der bereits gerei-
nigten Seife, wie oben gesagt, erhielt, filtrirte ich bei gewöhn-
licher Temperatur, und forschte in dem, auf dem Filter gebliebenen
salbenartigen Theile nach der Caprinsäure. Die Hauptmasse der-
selben musste — war sie wirklich im Cocosnussöle vorhanden — in
dieser Portion des Säuregemenges enthalten sein, weil schon Lere h
sie unter dem schmierigen Gemenge der Säuren der Butter fand.
Zur Isolirung der einzelnen Säuren wendete ich mehrere
Trennungsmethoden an:
1. Erhielt ich das Säuregemenge längere Zeit bei der Tem-
peratur, welche dem Schmelzpunkte der Capronsäure entspricht,
und trennte das Flüssige von dem Schmieriggebliebenen durch
Abgiessen und Filtriren.
Es bedarf wohl für diejenigen, welche die Gruppe der Fette
kennen, kaum der Erwähnung, dass diese Methode zu gar keinem
Resultate führt, weil, wie schon Gottlieb in seiner Arbeit über
die Ölsäure nachgewiesen, die Schmelzpunkte der Säurengemenge
in einem noch unerforschten Verhältnisse zu den Schmelzpunkten
der einzelnen Säuren stehen.
2. Destillirte ich das Säuregemenge fractionirt, bei den ver-
schiedenen den einzelnen Säuren entsprechenden Kochpunkten, und
zwar im luftleeren Räume.
So gross die Hoffnungen waren, welche ich in diese Methode
setzte, so klein blieben die Erfolge.—Man erhält aus Gemengen immer
nur wieder Gemenge. Zum Beweise dessen genügt die einzigeAngabe,
dass ich in dem, beim Kochpunkte der Buttersäure 8 (C H) 0^
erhaltenen Destillate auch Pichurimtalgsäure 24 (CH) 0^ nachwies.
3. Versuchte ich die Säuren durch Krystallisationen aus Alkohol
zu trennen.
Diese Methode ist leider die einzige bisher bekannte, welche
uns zu Gebote steht, um aus einem Gemenge der fetten Säuren die
des höchsten Atomes theilweise abzuscheiden. Ich sage „leider"
weil die Resultate, welche sie liefert, noch lange keine unbezwei-
1

21^ Görgey. Über die fetten
feibaren sind, wie ich unten zeigen werde. Es sind ja aber auch
die Löslichkeiten der einzelnen fetten Säuren in Alkohol zu wenig
von einander verschieden, um von der Anwendung dieser Methode
bei der Analyse der salbenartigen Fette mehr als mittelmässige
Resultate erwarten zu können.
4. Benützte ich zur Trennung der einzelnen Säuren diebedeutend
grösseren Löslichkeitsdifferenzen ihrer Barytsalze in Wasser und
Alkohol, und verdanke ich dieser Methode die Ergebnisse der im
Folgenden zu beschreibenden Versuche. — Aber sie erfordert sehr-
viel Ausdauer, und muss, will man so viel möglich Zeit ersparen,
mit den vorhergehend erwähnten drei Methoden in gelegentliche
Verbindung gebracht werden.
Die Darstellung der Barytsalze, durch Sättigen der Säuren mit
Barytwasser ist recht gut, wenn man die Säuren von der Capryl-
säure 16 (C H) 0^ abwärts sucht; für die höheren Säuren aber fand
ich diese Methode unbequem und zeitraubend und ziehe es vor, die
Ammoniaksalze der fetten Säuren mit Chlorbarium zu zerlegen.
Man setzt nämlich zu der warmen Auflösung der Ammoniak-
salze, so lange Chlorbariumlösung, als noch ein weisser, käsiger
Niederschlag entsteht, kolirt, kocht den Niederschlag sogleich mit
viel Wasser eine halbe Stunde, filtrirt in ein Becherglas, und
lässt erkalten. Trübt sich die Flüssigkeit schon während des
Abfliessens vom Trichter, und bilden sich nach und nach schnee-
weisse, zarte, sehr voluminöse Flocken, welche theils in der Flüs-
sigkeit schweben, theils an den Wänden des Glases lose haften, so
kann man daraus mit Sicherheit auf die Gegenwart der Pichurim-
talgsäure in dem zu untersuchenden Gemenge von fetten Säuren
schliessen. Trübt sich aber die klar filtrirte kochendheisse Lösung
nicht schon während des Filtrirens, sondern erst, nachdem sie
bereits etwas mehr abgekühlt ist, und entsteht anstatt der weissen
Flocken ein Niederschlag, welcher sich als ein feines weisses
Pulver langsam absetzt, so ist dies ein untrüglicher Beweis für
die Gegenwart der Caprinsäure in dem zu untersuchenden Gemenge
von fetten Säuren.
Es können aber auch beide ebengenannte fette Säuren darin
enthalten sein, und dann erkennt man dies daran, dass die Lösung
während des Abkühlens so zu sagen, zwei Mal krystallisirt,
d. h. es krystallisirt zuerst der pichurimtalgsaure Baryt in den

Säliren des Cocosaussöles. 213
erwähnten zarten voluminösen Flocken, und die noch heisse Flüssig-
keit, in welcher sie schweben, erscheint klar, bald aber trübt
sie sich wieder, denn bei zunehmender Abkühlung vermag sie
selbst den leichter löslichen caprinsauren Baryt nicht mehr aufge-
löst zu erhalten, und derselbe fällt, als der zuletzt beschriebene
feine, weisse, pulverige Niederschlag heraus, und senkt sich
langsam zu Boden.
Die eben beschriebenen Reactionen auf die Gegenwart der
Caprin- und Pichurimtalgsäure habe ich sehr oft durch die quanti-
tative Analyse controlirt, und sie jedesmal bestätigt gefunden.
Enthält das salbenartige Gemenge auch Caprylsäure, so erkennt
man dies daran, — wenn man die von dem durch Chlorbarium-
lösung in der Auflösung der gesammten Ammoniaksalze bewirkten
Niederschlage abkolirte Flüssigkeit unter raschem Kochen bedeu-
tend concentrirt, und dann erkalten lässt, dass nach etwa einge-
tretener Krystallisation, die Flüssigkeit nicht wasserhell, sondern
undurchsichtig, ähnlich einer verdünnten Ammoniakseifenlösung,
erscheint.
Das caprylsaure Ammoniak wird nämlich nicht mehr so voll-
kommen durch Chlorbarium zerlegt, wie die Ammoniaksalze der
höheren Säuren, und das noch unzerlegte caprylsaure Ammoniak
gibt dann der Flüssigkeit jenes opake Ansehen. Will man sich von
der Richtigkeit dieser Angabe überzeugen, so setze man Schwefel-
salz oder Weinsäure hinzu (im Überschusse), und es werden sich
alsbald ölige Tropfen auf der Oberfläche der Flüssigkeit abseheiden,
welche sauer reagiren und mit Baryt ein Salz geben, das alle
Eigenschaften des caprylsauren Baryts hat, und auch gleiche
Bariumoxyd-Procente enthält. Ein bedeutender Theil des in der
Gesammtmenge der Ammoniaksalze enthaltenen caprylsauren Ammo-
niaks wird hingegen durch Chlorbarium dennoch zerlegt, denn
aus der Mutterlauge des caprinsauren Baryts besonders der ersten
Auskochung krystallisirt nach fernerer Concentration ein Salz
heraus, theils pulver-, theils sehr zart dentritenförmig mit kleinen
spiessigen Krystallen untermengt, welches die Analyse als ein
Gemenge von caprin- und caprylsaurem Baryt erkennt.
Das sind die qualitativen Reacdonen auf die Gegenwart der
Capryl-, Caprin- und Pichurimtalgsäure, in einem Gemenge von
mehreren der bisher bekannten flüchtigen fetten Säuren,

214 Görgey. Über die fetten
Sie sind wahr in Bezug auf die Säuren des Cocosnussöles,
sie können aber leicht ihren Werth bei der Untersuchung anderer
salbenartiger Fette verlieren, wenn einmal die ähnlichen Reactio-
nen auf die Säuren 22 (C H) 0^ (Cocinsäure von St. ^vre) und
26 (C H') 0^ (?) ermittelt sein werden, weil diese Säuren wahr-
scheinlich ebenso in ihren chemischen Eigenschaften den Über-
gang von den nächst nieder stehenden zu den nächst höheren
Gliedern der fetten Reihe bilden werden, wie dies rücksichtlich
ihrer Atomzahlen der Fall ist.
Ich verberge es mir auch nicht, dass obige Reactionen nie
allein hinreichen werden, die Gegenwart der Caprin- oder Pichu-
rimtalgsäure ohne Anwendung der quantitativen Analyse uniäugbar
darzuthun; aber sie werden, glaube ich, immer Demjenigen von
einigem Nutzen sein, der sich mit der Gruppe der fetten Körper
vertraut machen will.
Jedenfalls wird man, diese Reactionen genau beachtend,
merklich an Zeit ersparen, und schon dies allein ist bei der Arbeit
der Fette wichtig genug. Die chemisch- reine Darstellung der
caprin- und pichurimtalgsauren Barytsalze zum Beispiele, ist wegen
ihrer geringen Löslichkeit in Wasser sehr zeitraubend.
Man erhält durch die wiederholten Auskochungen Eimer von
Flüssigkeiten, welche filtrirt und wieder eingedampft werden
müssen. Mir blieb, um doch sobald als möglich zu einem Resul-
tate zu kommen, nichts anderes übrig, als das Krysiallisiren der
Barytsalze gleichsam fabriksmässig zu betreiben. Ich nahm sechs
grosse Kolben von drei Mass Inhalt, in drei derselben bereitete
ich die Lösungen, in den anderen drei wärmte ich Wasser vor.
Sobald das Wasser in einem der drei Kolben, welche die Baryt-
salze enthielten, eine halbe Stunde gekocht hatte, filtrirte ich
kochendheiss durch Leinwand. Es ist keine Gefahr dabei, dass
von dem unaufgelösten Niederschlage etwas durchginge, weil
sich die Barytsalze in kochendem Wasser zu grösseren und klei-
neren Klumpen zusammenballen, deren kleinster auch durch die
lockerste Leinwand nicht durchgeht. Ich filtrirte stets in die grössten
Berzeliusgläser, und setzte die Auskochungen jedesmal so lange in
Einem fort, bis mein Vorrath von zehn dreimassigen Berzeliusgläsern
voll war. Dann liess ich die Lösungen erkalten, filtrirte das erste
Becherglas für sich, und ebenso auch das letzte ab, trocknete und

Säuren des Cocosnussoles. 218
analysirte die beiden Niederschläge auf ihren Barytgehalt. Enthielten
sie beide gleichviel Baryt, und zwar entsprechend irgend einer
rationellen Formel, so vereinigte ich die Krystallisationen sämmt-
licher Lösungen und vertheilte die filtrirte Flüssigkeit wieder in die
zuvor gereinigten Bechergläser, in welchen ich die Mutterlauge
kochend concentrirte, bis sich an der Oberfläche Salzhäutchen
bildeten. Dann liess ich erkalten, und untersuchte wieder die nun-
mehr zweite Krystallisation ein und derselben Auskochung auf
ihren Barytgehalt. Gewöhnlich enthielt die Mutterlauge des pichu-
rimtalgsauren Baryts caprinsauren Baryt, die Mütterlauge von diesem
aber noch etwas caprylsauren Baryt aufgelöst.
Gaben die Krystallisationen in der Analyse Procente von Baryt,
welche Gemengen von zwei Salzen entsprachen, so musste ich
nochmals umkryst^Uisiren, bis zur Erreichung der gewünschten
Resultate, und endlich noch ein drittes und viertes Mal zur Con-
statirung derselben.
Hatte ein Barytsalz nach zweimaligem ümkrystallisiren aus
Wasser übereinstimmende Resultate gegeben, so löste ich es in
Weingeist auf, und untersuchte den Barytgehalt der Krystalli-
sation aus diesem Lösungsmittel. Erst, wenn die Resultate der
< Krystallisationen aus Weingeist und Wasser übereinstimmend
waren, nahm ich das Barytsalz als die Verbindung einer einzigen
fetten Säure an. Bevor ich nun zur speciellen Beschreibung meiner
Versuche übergehe, muss ich noch eines Ümstandes erwähnen,
der bisher wohl noch Wenigen so oft aufgefallen seia dürfte,
wie mir, während meiner gegenwärtigen Arbeit, obwohl auch
schon Chevreuil in seinen bekannten ^Recherches sur les
carps gras^ die ganz gleiche Beobachtung, wenngleich in min-
derem Massstabe machte. Dieser Umstand ist, dass die besten
Gläser vom Wasser, besonders, wenn dieses längere Zeit darin
kochend erhalten wird, weit bedeutender angegriffen werden, als
dies bei manchen quantitativen Arbeiten (besonders der Mineral-
wasser), ja sogar in Lehrbüchern, welche die Anleitung zu derlei
Analysen geben, berücksichtigt zu werden scheint
Man urtheilte über die Richtigkeit meiner Angaben, aus fol-
genden Versuchen:
a) Ein Barytsalz, welches ich durch Concentration einer gros-
sen Quantität pichurimtalgsauren Baryts, erhielt? undBebufe der

216 Görgey. Über die fetten
Atomgewichtsnahme verbrannt hatte, gab einen Rückstand,
welcher, mit Salzsäure übergossen, nur wenig brauste, sieh
kaum zur Hälfte löste, und grösstentheils aus Kieselsäure
bestand.
b) Ein anderesmal erhielt ich gleichfalls durch Concentration.
einer bedeutenden Quantität Mutterlauge ein Barytsalz, wel-
ches beim Verbrennen einen wohl geschmolzenen Rückstand
gab, der von Säuren fast gar nicht mehr angegriffen wurde.
In beiden erwähnten und anderen Fällen liess sich die Kiesel-
säure mit Leichtigkeit nachweisen.
Ein solches mit Kieselsäure verunreinigtes Salz muss von
selber durch Auflösen in starkem Alkohol befreit werden.
Man kann überhaupt die Salze auch allein durch Krystalli-
sation aus Alkohol darstellen, aber die Isolirung derselben gelingt
doch nie so vollkommen, wie durch Krystallisation aus Wasser,
weil die Löslichkeiten dieser Salze in Alkohol einander bedeutend
näher stehen, als dies bei ihren Löslichkeiten in Wasser der Fall ist.
Den im Nachstehenden angeführten Analysen liegen die Atom-
gewichte aus Marchand's chemischen Tafeln zu Grunde.
Caprinsaurer Baryt.
Derselbe fallt wohl, wie oben erwähnt, und wie schon Lerch
in seiner Arbeit über die flüchtigen Säuren der Kuhbutter angibt,
aus seiner heissensserigen Lösung beim Erkalten als ein feines
weisses Pulver heraus, welches sich langsam am Boden des Ge-
fässes absetzt. Concentrirt man aber seine wässerige Lösung durch
anhaltendes Kochen, bis zur Bildung eines Krystallhäutchens,
und lässt selbe dann erkalten, so krystallisirt der caprinsaure Baryt
in höchst zarten Dendriten (nicht Flocken), welche sich theils auf
dem Boden absetzen, theils an den Wänden des Gefässes und der
Oberfläche der Mutterlauge hängen bleiben.
Abfiltrirt und getrocknet bildet er, je nach der Form, welche
er durch die Krystallisation angenommen hat, entweder ein zartes,
leichtes, schneeweisses Pulver, oder eine seidenglänzende, lockere,
schwer zerreibliehe Masse von talkartigem Anfühlen. Er ist geruch-
und geschmacklos, und theilt mit den Barytsalzen aller fetten Säuren
die Eigenschaft, im trockenen Zustande nicht benetzt zu werden,
wohl aber von Alkohol und Äther. Seine heisse, concentrirte, wein-
geistige Losung erstarrt beim Erkalten zu einem dichten Hauf-

Säuren des Cocosnussöles. 217
werk von kleinen, feinen Krystallen. Leider konnte ich seine
Löslichkeit in Wasser und Weingeist wegen Mangels an Zeit nicht
mehr ermitteln.
Bei der Untersuchung dieses Salzes beschränkte ich mich
allein auf die Barytbestimmung, indem ich es vorzog, den Kohlen-
stoff- und Wasserstoffgehalt der Säure durch die Analyse des
Hydrates und des Silbersalzes zu constatiren:
a) O,1O3S Gr. caprins. Baryt, gaben 0,0425 kohlens. Baryt
b) 0,117S 0,048.
c) 0,1500 0,062
d) 0,1480 O,O6O6
Dies macht in Procenten:
a b c d Mittel.
31,9; 31,74; 32,11; 31,79; 31,88.
Die von Lere h aufgestellte Formel für den caprinsauren Baryt
(Ü2o ^19 Os +Ba0) verlangt 31,98% BaO,
Die Substanz a ward aus Wasser krystallisirt; b und c
sind ÜmkrystaIlisations-Producte derselben erst aus Weingeist,
dann wieder aus Wasser, und endlich d jene Krystallisation,
welche ich durch ferneres Krystallisiren der Mutterlauge von
c erhielt.
Durch diese Versuche scheint mir wenigstens das uniäug-
bar bewiesen, dass der caprinsaure Baryt wenigstens kein Ge-
menge von Barytsalzen einer höheren und einei* niederen fetten
Säure ist.
Caprinsäure-Hydrat.
Ich erhielt es durch Zerlegung des Barytsalzes mit Wein-
säure. Es scheidet sich während des ZerIegungs-Processes, wel-
chen man durch Wärme unterstützen muss, als eine farblose oder
wenigstens sehr schwach gelblichgefärbte, ölige Schichte auf
der Oberfläche der Flüssigkeit ab. Man trennt sie von der untern
Flüssigkeit, befreit sie durch wiederholtes Waschen von der
anhängenden Weinsäure, und lässt sie dann auf dem Wasch-
wasser erkalten, um sie im erstarrten Zustande bequemer abneh-
men zu können.
Im Ansehen unterscheidet sich das Caprinsäure-Hydrat nicht
von den übrigen bei gewöhnlicher Temperatur festen Säuren^

21§ Görgey. Über die fetten
wohl aber im Anfühlen, da es schon bei 30° C. schmilzt, folglich die
Finger bei längerer Berührung fett macht. Im erstarrten Zustande
hat die Caprinsäure nur einen sehr schwachen Bocksgeruch; deut-
licher wird dieser, wenn sie geschmolzen ist. In kochendheissem
Wasser löst sie sich merklich auf, scheidet sich aber beim Erkalten
in sehr zarten starkglänzenden Krystallflimmerchen so vollständig
ab, dass man die saure Reaction des kalten Wassers kaum mehr
mit Sicherheit nachweisen kann.
Fehling, hat dieselbe Eigenschaft schon an der Capryl-
säure bemerkt.
Im Cocosnussöle ist die Caprinsäure in verhältnissmässig so
geringer Menge enthalten, dass sie wahrlich sehr leicht über-
sehen werden kann, wenn man sie nicht absichtlich sucht. Desshalb
musste ich auch auf ihr gründliches Studium verzichten, und mich
mit der blossen Ermittelung ihrer Zusammensetzung im Hydralzu-
stande und im Silbersalze begnügen.
O,337S Gr. Caprinsäure-Hydrat gaben mit Kupferoxyd im
Sauerstoffstrom verbrannt 0,86 Gr. Kohlensäure, O.3S3 Wasser.
Dies macht in Procenten:
At. Berechnet. Gefunden.
C 120 — 96,77 — 69.SO
H^ 20 — 11,63 — 11,62
Q^ _ 32 — 18,60 —______
172 —1OO —
Caprinsaures Silberoxyd.
Durch Zusammenbringen von neutralen Lösungen caprin-
sauren Ammoniaks und salpetersauren Silberoxyds erhält man einen
weissen, käsigen Niederschlag, welcher das Silbersalz der Caprin-
säure ist, ähnlich in seinen Eigenschaften den Silbersalzen der
übrigen festen fetten Säuren. Es löst sich nicht unbedeutend in
kochendheissem Wasser, ziemlich leicht in Weingeist, und schei-
det sich beim Erkalten aus ersterem als milchiger nach längerer
Zeit wieder zu käsigen Flocken sich vereinigender Niederschlag,
aus letzterem in feinen kurzen Krystallnadeln ab. Die weingeistige
Lösung erhielt ich aber nicht farblos, sondern schmutzig braun,
und ähnlich waren auch die Krystalle gefärbt, während die wässe-
rige Lösung farblo» bleibt, und beim Erkalten auch ein scbnee-
weisses Product liefert

Säuren des Cocosnussöles. < 219
Wenn ich, trotz der Angabe dieser Eigenschaften des caprin-
sauren Silberoxydes noch von einer Ähnlichkeit desselben mit den
Silbersalzen der übrigen festen oder schmierigen fetten Säuren
spreche, so geschieht dies in der Überzeugung, dass alle nachbar-
lichen Glieder der fetten Reihe in allen bekannten Eigenschaften
einander zu sehr ähneln, um an der Ähnlichkeit ihrer Silbersalze
zweifeln zu können. Schwerlich dürfte sonach die Löslichkeit ihres
Silbersalzes in Wasser ein charakteristisches Erkennungszeichen
für die Caprinsäure bleiben.
Das frisch gefällte Silbersalz der Caprinsäure, gleich nach
dem Absetzen auf einem Filter gesammelt, mit heissem Wasser
ausgewaschen und getrocknet, gibt zerrieben ein weisses, am
Lichte nach einiger Zeit rothlich werdendes Pulver, welches in der
Analyse folgende Resultate lieferte.
0,489 Gr. caprinsaures Silberoxyd gaben mit Kupferoxyd
in Sauerstoff verbrannt 0.7697 Gr. Kohlensäure und 0.2988 Gr.
Wasser.
O.3O4S Gr. caprinsaures Silberoxyd gaben 0,1173 Gr. Silber.
Dies macht in Procenten:
At. Berechnet. Gefunden.
C — 120 — 43,01 — 42,93
JJ^ _ 19 _ 6,81 — 6,T9
03 — 24 — 8,60 —
AgO. 116 — 41.S8 — 41,38
Diese wenigen analytischen Resultate mögen genügen, die
Richtigkeit nachstehender Formeln zu bestätigen:
Caprinsäure-Hydrat.......Cso ff 29 On
Caprinsaurer Baryt...... .€30 H^ Os 4' BaO.
Caprinsaures Silber oxyd... .C^o H19 0^ +AgO.
Pichurimtalgsaurer Baryt.
Die Darstellung desselben ist bereits aus Vorhergehendem
bekannt.
Er krystallisirt, wie erwähnt, aus der wässerigen kochend-
heissen Lösung beim Erkalten in spärlichen sehr voluminösen
schneeweissen Flocken. Die concentrirte heisse, alkoholische Lö-
sung füllt sich beim Erkalten durchaus mit einem dichten Haufwerk
von äusserst zarten, flimmrigen Krystallen an. Bei 100° C. getrocknet,
ist der pichurimtalgsaure Baryt vom caprinsauren, dem Ansehen,

220 ^ G örgey. Über die fetten
Anfühlen, Geruch und Geschmack nach, oft beinahe nicht zu unter-
scheiden, und wird auch, wie jener vom Wasser nicht, wohl aber
von Alkohol und Äther benetzt.
Ein Theil dieses Salzes löst sich in 10864 Theilen Wasser
von 17,S° C. und 1982 Theilen kochendheissem Wasser; ferner
in 1468 Theilen gewöhnlichem Brennspiritus von 1S,S° C. und m
211 Theilen kochendheissem; oder:
1OOOO ThI. Wasser von 17,S° C. lösen 0,92 Thi. pichurimtigs. Baryt.
kochendheiss 8,04 »
„gew.WeingeistlS.SoC. 6,81
kochendh. 47,38
Durch einfaches Verbrennen im Platintiegel bei Zutritt der
Luft erhielt ich von:
a) 0,117 Gr. pichurimtalgs. Baryt — 0,043 Gr. kohlens. Baryt.
y 0,192 —O,O7O
c) 0,1132 - O.O41S
Bei der Verbrennung mit chromsaurem Bleioxyd gaben:
d) 0,2^9 Gr. pichurimtigs. B. O,SO2 Gr. kohlens. u. 0,201 Gr. Wass.
e) 0,304 0,612 0,239
f) 0,259 0,513 0,212
Dies gibt in Procenten, und vergleicht sich mit den aus der
Formel C^ H^ Os + BaO berechneten, wie folgt:
At. berechnet, ß-6-c- d - e - f -Mittel.
C^ - 144-S3.8O S2,86-S4,9O-S4,O2-S3,93
H^ - 23 - 8,S9 8,62- 8,73 - 8,67
03-24- 8,97 „„„„„„„
J5aO-76,64-28,64-28,SS-28,33-28,48 28,43.
PichurimtaIgsäure-Hydrat.
Auch dieses stellte ich aus dem Barytsalze durch Zerlegung
desselben mit Weinsäure dar, und fand daran alle Eigenschaften,
welche S t h am er angibt, wieder, nur einer einzigen Verschiedenheit
nrnss ich erwähnen. Diese von mir aus Coüosnussöl dargestellte
Säure krystallisirt nicht nur aus verdünntem, sondern auch aus
starkem Alkohol. Löst man sie in gewöhnlichem Brennspiritus auf,
lässt diese Lösung so lange bei gewöhnlicher Zimmertemperatur
stehen, bis in Folge freiwilliger Verdampfung sich am Rande eine
feste Kruste bildet, und erkältet dann längere Zeit bis auf 0, so

Säuren des Cocosnussoles. 221
erhält man haselnussgrosse Drusen von kleinen spiessigen Krystallen.
Unterlässt man aber die Anwendung der erwähnten Temperatur-
erniedrigung, in der Absicht dieKrystallisation bloss durch freiwilliges
Verdampfen einzuleiten, so verfehlt man seinen Zweck; die feste
Säure setzt sich während des Verdampfens am Rande ab, an den
Wänden des Gefässes hinaufkriechend, und der Alkohol verdampft,
ohne dass eine regelmässige Krystallisation einträte.
Die Pichurimtalgsaure ist wohl der Hauptbestandtheil des von
mir untersuchten Cocosnussoles. Ich habe, während ich caprinsauren
Baryt suchte, Massen von reinem piehurimtalgsauren Baryt als Neben-
product erhalten, und dies setzte mich in den Stand, die Eigen-
schaften der Pichurimtalgsaure genauer zu studieren.
Das specifische Gewicht der festen Säure ist 0,883 bei 20° C.
Den Schmelzpunkt fand ich constant zwischen 42 u. 43° C.
Bei der Verbrennung mit Kupferoxyd im Sauerstoffstrome
erhielt ich folgende Resultate:
a) O,41 Gr. Pichurimtalgsaure-Hydrat gaben 1,093 Kohlens.
und 0,448 Wasser.
h) 0,288 Gr. Pichurimtalgsaure-Hydrat gaben 0,764 Kohlens.
und O,31OS. In Procenten:
At. berechnet a b Mittel.
C^ 144 — 72,00 — 71,40 — 72,35 — 71,88
H^— 24—12,00—11,92—11,98—11,9^
0, 32—16,00—
2OO — 100
Pichurimtalgsaures Äthyloxyd.
Ich erhielt es auf die gewöhnliche Weise durch Einleiten
trocknen, chlorwasserstoffsauren Gases in eine alkoholische Lösung
der Saure.
Der Äther schied sich schon während der Operation theilweise
auf der Oberfläche ab, vollständiger aber nach reichlichem Wasser-
zusatz. Man trennt ihn von der Flüssigkeit, auf welcher er schwimmt,
wäscht ihn mit kohlensaurer Natronlösung, dann mit reinem Wasser,
und trocknet ihn über geschmolzenen ChlorcaIcium-Stückchen.
Der Pichurimäther bildet im reinen Zustande ein farbloses,
wasserhelles, bei gewöhnlicher Temperatur dickflüssiges Öl, von

222 GOrgey. Über die fetten
schwachem, angenehm obstartigem Geruche, süsslich fadem Ge-
schmacke, und einem specifischen Gewichte von 0,86 bei 20° C. Bis
auf 10° C. unter O abgekühlt, gesteht er zu einem festen weissea
Körper, fängt bei 264° C. an zu sieden, und destillirt farblos über,
während der Siedepunkt nach und nach etwas steigt, und der Inhalt
der Retorte sich etwas bräunt.
Auffallend ist das Zusammentreffen dieses gefundenen Siede-
punktes mit dem nach Kopp^s Gesetz für die Formel des Pichurim-
talgsäure-Äthers berechneten — den gefundenen Siedepunkt de§
Essigäthers ===74° als Grundlage angenommen.
Essigäther == Cg HQ 0^ Siedepunkt === 74 o C.
Pichurimäther == C^H^O^ === Cg HQ 0^ + 10 (Cs JTa),
folglich sein Siedepunkt ==74+10 X 19 == 264° C.
0,3 ri8 Gr. Pichurimtalgsäure-Äther gaben mit Kupferoxyd und
Sauerstoff verbrannt 0,8393 Gr. Kohlensäure und 0,3484 Wasser.
Hieraus folgt seine procentische Zusammensetzung:
At. Berechnet. Gefunden,
Gas — 168 — 73,68 — 73,41
H^ 28 — 12,28 — 12,42
0^ _ 32 — 14,04 — ^
228 — 1OO
Das specißsche Gewicht seines Dampfes berechnete ich aus
folgenden Daten:
Ballon mit Luft . . . === 22,2164
Dampf . . === 22,7288
Temperatur der Wage ==== 20° C.
des Bades === 290° C.
Barometerstand ...=== '748,98 Mm.
Inhalt des Baiions . . === 123 C. C.
Luftrückstand .... ^
Der Rückstand im Ballen war etwas gebräunt. Sonach die
specifische Dampfdichte 8,4
C 28 Vol. == 23,2960
ffS6 === 3,8808
0 4 == 4,4372 Berechnet Gefunden.
31,614 : 4 === 7,9 8,4

Säuren des Cocosnussöles. 223
Einige Worte über die Cocinsäure.
Hatte die Arbeit Fehlin g's mein Interesse für das Studium
des Cocosnussöles angeregt, so musste dies ebenso durch St. Avre's
neuere Abhandlung über die Cocinsäure geschehen.
Ich war mit meinen Analysen der Pichurimtalgsäure und ihrer
Verbindungen, welche denen der Caprinsäure vorangingen, bereite
fertig, als mir St. Evre's Arbeit zu Händen kam.
(Siehe Annales de Chimie et de Physigue, 3^ sene, Mai
1847, tome XX). Die von diesem Chemiker gefundenen Resultate
stellten offenbar die meinen in Zweifel.
Ich nahm also den Rückstand an festen Säuren, welcher von
der Destillation mit Wasser in der Blase übrig blieb, und wendete
die Eingangs (Nr. 3) erwähnte Methode der Krystallisation aus
Weingeist an, um eine Säure von ^ constantem Schmelzpunkte
darzustellen.
Das Resultat war eine feste Säure, welche bei 8C. schmolz.
Die Cocinsäure von Bromeis und St. 6vre schmilzt bei 3S° C.
O,263S Gr. dieser Säuren gaben, mit Kupferoxyd und Sauerstoff
verbrannt: O.717S Gr. Kohlensäure und O,294S Gr. Wasser.
Dies macht in Procenten 74,3^ C. und 12,43 H. und entspricht
der Formel Cso H^o C^, welche 74,38% ^und 12,4% H fordert.
Das Silbersalz dieser Säure aber lieferte nur 31,76% Silber-
oxyd entsprechend der Formel 33 H^ Os -\-AgO, welche 31,9S %
Silberoxyd fordert, während der aus der Analyse des Säurehydrates
abgeleiteten Formel des Silbersalzes === 30 H^ + AgO»
33,24% Silberoxyd entsprechen.
Berücksichtigt man nun, dass ich das dargestellte Silbersalz
auf dem Filter sehr lange mit kochendheissem Wasser auswusch;
zieht man ferner in Erwägung, dass, wie ich bereits bei dem caprin-
sauren Silberoxyd bemerkte, die Silbersalze auch der festen Säuren
nur schwer, und je nach dem höheren Säure-Atom immer schwerer,
keineswegs aber ganz unlöslich in Wasser sind, lässt man endlich
dem Umstande seine billige Geltung, dass ich zur Darstellung des
Silbersalzes eine schwach weingeistige Lösung des Ammoniaksalzes
der obigen Säure verwendete, nach überschüssigem Zusatze von
salpetersaurer Silberlösung aber das Ganze^ erhitzte, und noch heiss
filtrirte, so wird sich der Mangel an Übereinstimmung zwischen den
zwei eben angeführten analytischen Resultaten leicht erklären.

9^4 Görgey. Über die fetten
Die Säure, welche ich durch Krystallisation aus Alkohol von
constantem Schmelzpunkte == S6°C. erhielt, war ein Gemenge von
Myristin- und Palmitinsäure (28 CH, 0^ und 32 CH, O^). Das Mittel
gibt die Formel, welche aus der Analyse des Hydrates hervorging.
Bei Darstellung des Silbersalzes mochte durch das anhaltende
Auswaschen das myristinsaure Salz entfernt worden sein, und der
Rückstand, grösstentheils nur palmitinsaures gab natürlich ein Re-
sultat, welches der Formel 33 H^ 0^-^ÄgO entspricht. Doch
verstellt es sich von selbst, dass diese Ansicht noch mehrerer über-
einstimmender Analysen zu ihrer Feststellung bedarf, wozu ich gegen-
wärtig weder Zeit noch Material besitze.
Bei der Darstellung der obigen Säure vom Schmelzpunkte S6°C.
durch Krystallisation aus Weingeist, machte ich folgende Erfah-
rungen: Wenn man die concentrirte weingeistige Lösung eines
Säuregemenges immer vollständig auskrystallisiren lässt, so erhält
man leicht Producte, welche nach zwei- auch dreimaligem ümkry-
stalliren nahezu dieselben Schmelzpunkte zeigen. Bereitet man aber
eine ziemlich verdünnte weingeistige Lösung des Säuregemenges,
erkältet dann so tief und anhaltend, dass die Krystallbildung dennoch
vor sich geht, und untersucht die zuerst anschiessenden Krystalle^
nach vorhergegangener vollständiger Entfernung des Weingeistes
auf ihren Schmelzpunkt, so wird man über die plötzlich so bedeu-
tende Erhöhung desselben erstaunen. Allein auf diese Art schrumpfen
die Präparate zu einem Minimum zusammen, welcher Umstand die
Endanwendung dieser eben erwähnten Methode nahezu unmöglich
macht. Der obige Schmelzpunkt blieb zwar nach den zwei letzten
ümkrystallisationen constant, allein bei der letzten musste ich bereits
ganz auskrystallisiren lassen, um nur Material genug zu den ange-
führten zweiAnalysen zuhaben. —Ich bin also keineswegs überzeugt,
dass ich, wären mir von der Säure === 56° C. Schmelzpunkt bedeu-
tendere Mengen zu Gebote gestanden, ihren Schmelzpunkt durch obige
ümktystallisations - Methode nicht noch höher hätte bringen können.
Wie aber, wenn ich diesen entscheidenden Versuch als Prüf-
stein auf meine als rein angesehene Pichurimtalgsäure des Cocos-
nussöles anlegte? — Ich that es. —
Eine bedeutende Quantität Säure der Rest derjenigen, welche
der Gegenstand meiner Analysen war, löste ich in sehr viel Wein-
geist, erkältete die Lösung anhaltend mehrere Grade unter 0, bis

Säuren des Cocosnussöles. 228
die KrystaIIisation eintrat. Die ersten Krystalldrusen prüfte ich auf
ihren Schmelzpunkt. Er blieb der oben angegebene zwischen 42
und 43° C. Dann concentrirte ich die Flüssigkeit auf ein so geringes
Volumen, dass sie beim Erkalten fast fest wurde, und liess die
wenigen Tropfen noch übriger Mutterlauge abträufeln. Die in
diesen wenigen Tropfen noch aufgelöste Säure musste, wenn meine
Pichurimtalgsäure ein Gemenge war, doch wenigstens einen etwas
niederen Schmelzpunkt haben. Allein er blieb constant, und somit
kann ich mit um so ruhigerer Gewissheit behaupten, dass das
Vorkommen der Pichurimtalgsäure in dem Cocosnussöle, welches
ich untersuchte, eine Wahrheit ist. St. Evre ging vom Schmelz-
punkte der Cocinsäure des Chemikers Bromeis aus, und hat die
Formel, vom Letzteren Cyi Hyi 0^ aufgestellt, umgestossen.
Die Formel St. ßvre's für die Cocinsäure, mit dem Schmelz-
punkte == 35° C., ist, == Cas H^ 04, läge .also zwischen der
Caprin- und Pichurimtalgsäure.
Als ich meine Arbeit begann, kannte ich noch keine der fetten
Säuren, aber ich wünschte vor Allem die bisher so seltene Caprinsäure
kennen zu lernen, und sehnlicher noch, — wie dies bei einem Anfän-
ger leicht begreiflich ist, — wünschteich eine Säure zu entdecken.
Die Säure C^ ffzz 0^ war damals noch nicht gekannt.
St. Evre's Arbeit erschien bei uns, wie ich bereits erwähnt habe,
erst, nachdem mich meine Versuche überzeugt hatten, dass die
Säure C^ flsa 0^ in dem Cocosnussöle, wenigstens welches ich
untersuchte, nicht enthalten sei.
Wohl erhielt ich Krystallisationen von Barytsalzen, deren
Barytgehalt nur mehr um 0,7 Procente von dem für das Barytsalz
der Säure Cgs H^ Oi, entfallenden abwich, und mit gespannter
Erwartung begann ich von Neuem die langweilige ermüdende Arbeit
des ümkrystallisirens. Aber die Resultate belehrten mich, dass diese
Krystallisationen in der That nur Gemenge von caprinsaurem und
pithurimtalgsaurem Baryt waren. St. Evre hat bei der Aufstellung
seiner Cocinsäure C^a Äaa O* offenbar also versäumt, das Barytsalz
zu untersuchen, welches ihm allein beweisen konnte, dass seine
Säure ein Gemenge von Caprin- und Pichurimtalgsäure sei, oder
dass das Cocosnussöl im Handel verschieden zusammengesetzt sei.
Die Analyse des Äthers oder Silbersalzes beweist Nichts oder
wenig, da Gemenge fetter Säuren unverändert in Äther übergehen.
Sitzb. d. mathem.-naturw. CL I. Bd. 15

326 G&rgey. Über die feiten
Nicht besser erging es mir mit jenen erhaltenen Krystallisa-
tibnen, welche auf die Pelargonsäure und jenen, welche auf eine
Säure C»e H^ 0^ im Cocosnussöle hinweisen. Erstere warea
Gemenge von capryl- und caprinsaurem, letztere von pichurimtalg-
saurem und myristinsaurem Baryt; ich sage „myristinsaurenT in
soferne Playfair für die Myristinsäure die Formel Cag H^s ö»
aufstellt; denn mir steht ein Vorrath von Barytsalzen mit Säuren
des Cocosnussöles zu Gebote, deren gefundener Barytgehalt, dem
für die Formel Cag H^ Og 4" B^yt berechneten nahezu gleich-
kommt, und bedauere sehr, das so mühsam erbeutete Material wegen
anderweitiger Geschäfte nicht gleich ausbeuten zu können; da es
doch von Interesse wäre, nachzuweisen, ob zwischen der Säure
Cag Hzs 04 des Cocosnussoles dieselbe Übereinstimmung mit
Playfair's Myristinsäure stattfinde, wie dies zwischen der Säure
C^4 ^24 Oit des Cocosnussoles und Mär so n's Laurostearin oder
Sthamer's Pichurimtalgsäure der Fall ist.
Auffallend ^bleibt es jedenfalls, dass es mir eben so wenig aus
dem Cocosnussöle, wie Lere h aus der Butter gelang, eine flüch-
tige fette Säure darzustellen, deren Kohlenstoff" und Wasserstoff-
Äquivalente nicht durch 4 theilbar wären.
Ich meine hier das Äquivalent der Deutschen, nicht das Atom
der Franzosen; denn nach letzterem wäre auch St. ßvre's Formel
für die Cocinsäure durch die Zahl 4 theilbar, weil er sie folgender-
massen gibt: C^ H^ 04.
St. ßvre hat bei seiner oft erwähnten Arbeit einen ganz
bestimmten Versuch gemacht, die ölsäure des Cocosnussoles abzu-
scheiden, indem er das Bleisalz des Säuregemenges durch Digeriren
mit Äther vom ölsauren Bleioxyde trennte.
Mir bürgt für die Reinheit meiner Präparate die Überein-
stimmung der Resultate aller meiner Analysen unter sich — um so
mehr, da ich z. B. die Eigenschaft der Ölsäure, nicht flüchtig zu
sein, berücksichtigend, aicht nur aus den mit Wasser, sondern
auch aus den für sich im luftleeren Räume destillirten Säuren
Pichurimtalgsäure darstellte, und die Analysen beider Präperate, so
wie die ihrer Verbindungen gleiche Resultate liefern.
Der Bildung und Natur eines eigenthümlichen sauren Körp&rs,
wovon ich während meiner Arbeit bedeutende Mengen sammelte,
muss ich Miletet noch erwähn^iL

Säuren des Cocosnussöles. 227
Kocht man nämlich die Gesammtmasse der Barytsalze, wie
man sie eben durch die erste rohe Darstellung erhält, mit Wein-
geist aus, so nimmt dieser eine stark saure Reaction an, beim
Erkalten krystallisirt ein neutrales Barytsalz heraus, welchem die
saure Mutterlauge innig anhängt. Diese muss daher auch mit
kaltem Weingeiste von den Barytsalzkrystallen noch auf dem
Filter abgewaschen werden. Versucht man nun von dem in der
Mutterlauge noch gelösten Barytsalze den Weingeist im Wasser
abzudestilliren, so sondern sich gegen Ende der Operation auf der
Oberfläche des Retorteninhaltes wenige Tropfen einer Flüssigkeit
ab (ähnlich den Augen auf Wasser schwimmenden Öles), deren
Menge und Ausdehnung rasch zunimmt, bis die ganze Oberfläche
damit bedeckt ist, wo dann nichts mehr oder nur Spuren von Wein-
geist bei der Temperatur des Wasserbades übergehen. — Diese
Flüssigkeit ist jener erwähnte Körper von noch unerforschter
Natur. — Er ist schmutzig grün gefärbt, stark sauer, enthält Baryt
aufgelöst, wohl auch Spuren von Kupfer (die letzteren von der
Blase herrührend, worin die erste Verseifung des Öles vorgenom-
men worden), scheint bald leichter, bald schwerer wie Wasser
und löst sich nicht mehr merklich in Alkohol, obwohl er früher
darin gelöst war. — Näher untersucht habe ich ihn noch nicht. —
Nach Fehling's Arbeit, wie nach der vorstehenden, enthält
also das Cocosnussöl uniäugbar folgende Glieder der fetten Reihe:
Capronsäure ..... Cia -Bis 0^
Caprylsäure ..... Cig H^ 0^
Caprinsäure ..... Cao H^ Oi^
Pichurimtalgsäure . . . C^ ff^ 0^
Angedeutet durch einzelne meiner Versuche :
Myristinsäure .... Cag HW 0^
und Palmitinsäure . . . . Csa S^ 0^
Jedenfalls scheinen die salbenartigen Fette eine sorgfältigere
Beachtung zu verdienen, als ihnen bisher zu Theil wurde. — Alle
in dieser Abhandlung erwähnten Versuche habe ich im Laboratorium
des Hrn. Professors Redtenbacher ausgeführt.
Der Vice-Präsident der kaiserlichen Akademie der Wissen-
schaften, zugleich Präsident der mathem.-naturwissenschaftlichen
Classe, Herr Minister von Baumgartner, eröffnete der Akademie
15*

328 Baamgartner. Schenkung.
bereits in der Gesammtsitzung vom 13. Mai dieses Jahres, dass
es längst sein Wunsch gewesen sei, die an den Eisenbahnlinien
bestehenden telegraphisehen Stationen zur Anstellung meteorolo-
gischer Beobachtungen benützt zu sehen, wozu dieselben sich
wegen der steten Anwesenheit eines Beobachters und ihrer Ver-
theilung über eine beträchtliche Strecke Landes besonders eignen.
Es können da die Beobachtungen, zu nicht geringem Vortheilefür
die Wissenschaft, in einem Detail und mit einer Regelmässigkeit
gemacht werden, wie nicht leicht anderswo. Es erscheine ihm
als eine der Akademie würdige Aufgabe, diese Angelegenheit unter
ihre Obhut zu nehmen und das solcher Weise zu gewinnende
wissenschaftliche Material durch Veröffentlichung allgemein nutzbar
zu machen. Allein es seien zur Erreichung dieses Zweckes die
nöthigen meteorologischen Instrumente beizuschaffen, woraus der
Akademie allerdings eine namhafte Auslage erwachsen würde. Zur
Deckung dieser Auslage stelle nun der Herr Vice-Präsident seinen
Functionsgehalt der Akademie zur Verfügung, und überlasse es ihr
den etwa übrig bleibenden Rest anderweitig zu verwenden.
Die Akademie nahm dieses edle Anerbieten ihres Vice-Präsiden-
ten mit dem gebührenden Danke an, und richtete in der Gesammt-
sitzung am 30. Mai, in welcher das eben anwesende wirkliche Mitglied,
Herr Kreil, Director der Sternwarte zu Prag, seifierseits die
Nothwendtgkeit der Errichtung meteorologischer Observatorien an
verschiedenen Punkten der Österreichischen Staaten zur Sprache
brachte, an denselben das Ersuchen, ein meteorologisches Beobach-
tungs-System für die österreichische Monarchie entwerfen zu wollen,
wobei zugleich festgestellt wurde, das grossmüthige Geschenk des
Herrn Vice-Präsidenten nach Thunlichkeit auch zur Betheilung von
Beobachtern an anderen Orten mit Instrumenten zu benützen.
Herr Director Kreil, welcher sich eben auf einer wissen-
schaftlichen Reise durch Ungern, namentlich zur Erforschung der
Elemente der magnetischen Erdkraft daselbst, befindet, benützte
sogleich einen Aufenthalt zu Ofen dazu, die Ausarbeitung des
versprochenen Entwurfes in Angriff zu nehmen, und hat bereits
den ersten und zweiten Abschnitt hievon eingesendet1).
I) Von diesem Entwurfe wurde bereits eine zweite Auflage veranstaltet. daher
derselbe hier nicht wieder abgedruckt erscheint.

H a i d i n g e r. Pseudomorphosen des Feldspathes. 229
Herr Bergrath Hai ding er hielt nachstehenden Vortrag über
Pseudomorphosen von Feldspathen.
Der Gegenstand, welchen ich heute der Aufmerksamkeit der
hochverehrten mathematisch-naturwissenschaftlichen Classe empfeh-
len möchte, gehart als ein aller Beachtung werthes Glied in die
Reihe derjenigen Vorkommen, welche als Belege zu den theoreti-
schen Betrachtungen in der Lehre der Gebirgsmetamorphose dienen.
Pseudomorphosen von Feldspath in der Gestalt der KrystaIIe
von mancherlei Zeolithen, wer hätte bis vor kurzem auch nur an
die Möglichkeit derselben denken wollen. Wohl hat in der neuesten
Zeit Herr Professor Scacchi in Neapel Pseudomorphosen gefun-
den, welche die Gestalt der bekannten eingewachsenen KrystaIIe
von Leucit besitzen, aber im Innern aus kleinen deutlich ausgebil-
deten wasserklaren Krystallen von Ryakolith bestehen. Seine Mit-
theilung darüber ist mir noch nicht zu Gesicht gekommen, aber ein
deutliches Leucitoid von dieser Beschaffenheit verdanke ich meinem
lieben Freunde Wo hier, der es selbst von Scacchi erhielt.
Wären die Varietäten, welche ich in früheren Zeiten sah, so deut-
lich gewesen, so war es nicht so schwierig zu einem Entschlüsse
zu kommen, aber sie waren weit entfernt, die nothwendige Deut-
lichkeit zu besitzen, um ein wahrscheinliches ürtheil zu begründen.
Schon im Jahre 1822, als ich vom Herrn Grafen Breunner
eingeladen, ihn auf einer Reise nach Frankreich, England, Deutsch-
land begleitete, bemerkte ich in der Sammlung des Herrn Thomas
Allan in Edinburgh die ersten Varietäten dunkelbräunlichrother
Leucitoide in der Grünsteintufmasse des Caltonhül. Nicht Alles
lässt sich auf den ersten Blick als selbstständig anerkennen, was
neu ist, aber doch sind Unterschiede von dem Bekannten oft hin-
reichend deutlich, um nähere Untersuchungen zu begründen. Herr
A 11 a n vertraute mir damals Einiges davon an, um es mit nach
Freiberg zu nehmen. Im Sommer 1824 besuchte ich Herrn Brooke
in London. Die Sprache kam auf den von mir kurz vorher beschrie-
benen Edingtonit. Herr Brooke erwähnte, dass auch er noch
vor meiner Bekanntmachung auf denselben aufmerksam gewesen
sei, und dass er in den Kilpatrick-HiIls bei Dumbarton mit Anaicim
und Thomsonit vorkomme, und mit „einem rothen Mineral, von
dem ich nicht weiss, was es ist/' Ich hatte damals die von mir an
Herrn Allan zurückgestellten Stücke immerwährend in dessen

230 Haidinger.
schöner Sammlung vor Augen, die Untersuchungen, welche ich m
Freiberg angestellt hatte, lagen vor, aber erst eine sehr reichhaltige
Sammlung, Welche Herr W. GibsonThomson selbst in den Kilpa-
trick Hills gebildet hatte, veranlasste mich, die Arbeit neu vorzih
nehmen, und sie einem Abschlüsse entgegen zu führen.
Ich nahm an, dass die sämmtlichen mannigfaltigen Stacke
eigentlich Varietäten einer neuen Species seien, für die ich Herrn
Gibson Thomson zu Ehren den Namen Gibsonit vorschlug;
eine Mittheilung, für Brewster's Journal of Science Vol. VH,
Nr. II, Oct 1827 geschrieben, wurde in die Druckerei geschielt.
Aber während ich mit der Correctur (pag. 226 u. ff.) beschäftigt
war, kam ein neues Stück des Minerals mit etwas deutlicheren, wenn
auch ganz kleinen Krystallen, und diese waren es, welche eine Form
zeigten, di& eine neue aufmerksame Vergleichung mit jener der
Feldspathe, insbesondere des Adulars verlangte. Dabei stimmten
aber andere Verhältnisse nicht ganz überein. Insbesondere deutete
die gelbe Färbung der Flamme vor dem Löthrohre auf ein Vorwalten
von Natron in der Mischung. Neue Untersuchungen konnte ich nicht
mehr einleiten, da meine Abreise von Edinburgh nahe bevor stand.
Es blieb mir nichts zu thun übrig, als den ganzen Aufsatz zurück zu
ziehen und die weiteren Arbeiten unbestimmt zu vertagen. Aber der
Name Gib$onit war einstweilen bereits in den Gebrauch überge-
gangen, ich habe ihn öfters späterhin als Mahnung an begonnene
aber nicht vollendete Arbeiten in Mineralien - Katalogen und auf
Etiquetten vorgefunden. Ich freue mich, heute wenigstens beweisen
zu können, dass ich meine Verpflichtung nicht vergass, wenn dies
auch der Fall zu sein schien. Indessen sind nun auch manche Studien
weiter vorgerückt als damals, die chemische Kenntniss der Mischung
der verschiedenen Feldspathspecies ist erweitert, aber vorzüglich
sind es die Studien der Pseudomorphosen überhaupt, und in ihrem
Ztis%n»eahange mit der Gebirgsmetamorphose, welche die Erschei-
nungen dieser Art als wichtige, ja als nothwendige Glieder in der
Kette der auf einander folgenden Zustände erscheinen lassen, in
welchen wir die unorgaftlsehea Stoffe in der Natur anzutreffen *er-
vaärtsen %%ssm, je nachdem sie in den verschiedenen Bedingnissen
ihres Bestehens als verschiedene Mineralspecies erscheinen.
Es ist der Nato der Sache angemessen, dass man nicht sowohl ein
Schema aller Varietäten von deti hieher gehörigen Feldspath-Pseudo-

Pseudomorphosen des Feldspathes.
231
Fig. l.
morphosen, ähnlich den Mohs'schen Schematen für die wirklichen
Minerals? ecies entwerfen kann, als vielmehr dass man einige nähere
Angaben über jede der einzelnen Varietäten machen muss, um ein Bild
derselben zu entwerfen. So viel lässt sich im Allgemeinen sagen, dass
die Massen derb oder pseudomorph, zumTheil mit drusiger Oberfläche
vorkommen, mit geringen Graden von Glanz und stets nahe undurch-
sichtig, von röthlichen Farben, aus demFleischrothenbisin dasBräun-
lichrothe, endlich mit ,der Härte des Feldspathes==6*O zuweilen selbst
etwas darüber, und dem eigenthümlichen Gewichte von 2-8 bis 2-S8.
Folgende Varietäten verdienen näher betrachtet zu werden:
1. Kleine, grösstentheils undeutliche Krystalle, einzeln und
schuppenartig, oder in kugelige Massen zusammengehaut!, die eine
drusige Oberfläche haben, oder endlich in der rohen Form der
schiefen rhombischen Prismen des Laumonits. Der Durchschnitt zeigt
etwa die Figur der Skizze, und ist oft im Quer-
bru^he der Prismen sichtbar. Im Innern erschei-
nen die Krystalle ziemlich rein blassfleisch-
roth, aber die Linie zwischen der äussern und
innern KrystaIIrinde ist oft deutlich schmutzig-
grün, und zeigt noch den Platz der Oberfläche
der ursprünglichen Laumonitkrystalle, welche
erst nach und nach durch die neugebildeten
kleinen Feldspathkrystalle ersetzt wurden. Der
mittlere Raum ist entweder hohl, oder von
einer dunkelgrünen, steinmarkähnlichen Masse erfüllt. Diese kugeligen
und pseudomorphen Kry stallgruppen sitzen auf Quarzkrystallen auf,
in den Hohlräumen der bekannten Trappgesteine von den Küpatrick Hills
bei Dumbarton in Schottland. Das specifische Gewicht fandich=246.
2. Krystallinische Gruppen und Krystallhäute deutlich im Innern
der Krystalle einer ändern Species gebildet, wie sich leicht aus den
in Quarz eingeschlossenen Formen der Räume erkennen lässt.
Fig. 2. Zugleich mit diesen beiden Species, dem Quarz
und dem pseudomorphen Feldspath, ist Kalk-
spath gebildet. Man kann ihn durch Säuren weg-
schaffen, und dann findet man die ziemlich deutlich
gebildeten Krystalle von der Form Fig. 2, wenn
auch sehr klein. Das specifische Gewicht einer
solchen Varietät war 2*S66,

232
H a i d i n g e r.
3. Eine Varietät, ganz dem äussern Ansehen nach den bekannten
kugeligen und einförmigen Gestalten von Prehnit ähnlich. Herr
Withain in Edinburgh besass damals ein sehr schönes Stück mit
grossen Krystallen zugleich von Anaicim, mit Thomsonit und Kalk-
spath. Specifisches Gewicht == 2.S7O. Beide Varietäten von den
Kilpatrick Hills.
4. Dunkel fleischrothe Masse, Gestalt des Anaicims. DieMasseist
fast ganz dicht, nur an der Oberfläche der übrigens sehr ebenflächigen
Fig. 3. und ursprünglich gut ausgebildeten Leucitoide
bemerkt man jenes für Pseudomorphosen SQ
charakteristische damastartige Ansehen. Die
Krystalle sind entweder im Innern ganz hohl, oder
doch enthalten sie etwas Kalkspath eingeschlos-
sen, oder auch eine braune erdige Substanz. Der
Fundort ist der Calton Hill in Edinburgh. Man
nannte sie früher rolhenPrehnit, auch Sarcolith.
^>. Noch dichter als bei den vorhergehenden ist die Textur im
Fig. ^. Bruche ersichtlich an einigen ändern Stücken, eben-
^--\ falls damals in Allan's Sammlung, welche genau die
Form des Laumonifs, Fig. 4, besitzen. Herr James
Jardine hatte sie bei der Grundgrabung für das
neue Observatorium am Calton Hill aufgefunden. Diese
zwei letzten Varietäten waren es insbesondere, welche
von Herrn Allan unter den problematischen Stücken
seiner Sammlung aufgenommen zuerst meine Auf-
merksamkeit anregten.
Die Reation dieser sämmtlichen Varietäten vor dem Löthrohre
wurden ziemlich gleich gefunden, und übereinstimmend mit den
Ansichten, die man sich über ihre Bildung entwickeln kann.
In einer Glasröhre geht etwas Wasser fort, das Ansehen bleibt
unverändert, höchstens wird die Oberfläche etwas trübe.
Ein dünner Splitter in der Platinzange einem guten Feuer aus-
gesetzt, wird erst weiss und durchscheinend, und schmilzt am Ende
an den Kanten in ein farbloses blasiges Glas. Dabei wird die Flamme
bedeutend vergrössert und gelb gefärbt, wie dies bei Natronver-
bindungen geschieht.
Mit Borax entsteht eine vor und nach der Abkühlung klare
Perle.

Pseudomorphosen des Feldspathes. 233
Phosphorsalz zeigt ein Kieselskelet, aber keine Trübung nach
dem Abkühlen. Heiss ist die Perle geblich.
Soda löst die Probe mit Brausen auf. Vorzüglich die Varietäten
vom Calton Hill werden bei der Abkühlung etwas milchig, während
diese Reaction bei den Varietäten von den Kilpatrick Hills nicht so
deutlich vorkommt.
Man kann aus diesen Erscheinungen vorzüglich auf Kieselerde,
Soda, und eine erdige Substanz schliessen. Die Feldspathformen
der Krystalle bringen die Wahrscheinlichkeit innerhalb eines klei-
neren ümfangs, aber man hat bisher die Stücke theils in zu kleinen
Mengen gehabt, theils fängt wohl auch ihr genaues Studium im
Zusammenhange mit anderen Erscheinungen jetzt erst an, als dass
man schon an der Leuchte chemischer Erfahrung den physikalischen
Fortschritt der Bildung prüfen könnte.
Jedes Feldspathvorkommen muss ert wirklich analysirt sein,
bevor man insbesondere die für geologische Schlüsse so wichtigen
Verhältnisse von Kali, Natron, Kalk u. s. w. würdigen kann. Eine
Vergleichung der Formeln, wenn sie auch nicht als Grundlage für
solche Schlüsse gebraucht werden sollte, dient nichtsdestoweniger
doch um einigermassen die Natur des Vorganges zu beurtheilen.
Für den Feldspath mit der Form des Adulars und deutlichem Natron-
halte möge die Adular-, Ryakolith- oder Periklin-Formel:
1. (Na, K) Si + H Si
genommen werden, für den Anaicim hat man
2. Nas Si2 + 3 AI Si^ + 6 H,
für den Laumonit
3. Öa» Si^ + 3 Si2 + 12 B.
Soll die Formel l aus der Formel 2 gebildet werden, so
muss 2 (Na Si 4- M Si 2) mit 6 A entfernt werden. Die
Umwandlung der Formel 3 in die .Formel l erfordert die Ent-
fernung von 2 (R S -l-. AI Si8) mit 12 A. Der Ausdruck R
in der letzten Formel bedeutet freilich zwei Theile Kalkerde, die
absolut entfernt werden, während noch ein dritter Theil durch Natron
ersetzt wird, aber doch bleibt die gleiche Gestalt der Formel in
beiden Fällen merkwürdig, die übrigens mit der Oligoklasformel
gänzlich übereinstimmt. Man könnte die Veränderung so ausdrücken:
Oligoklas und Wasser gehen fort, Adular oder Periklin bleiben
zurück. Den Albit kann man nicht vergleichen, weil er mehr Kiesel-

234 Haidinger. Pseudomorphosen des Peldspathes.
erde enthält, aber vielleicht ist dies in der Natur nicht so seharf
geschieden, weil doch auch die Löthrohrversuche auf einen ÜW-
schuss an Kieselerde in den Varietäten von Dumbarton schliessea
lassen. Auf die Basen ist weniger Rücksicht genommen, als auf die
Gestalt der Formeln; doch erfordert eine sichere Begründung mehr
als den hier angedeuteten möglichen Zusammenhang.
Es ist übrigens merkwürdig, dass es nach Scacchi gerade
Ryakolith ist, der pseudomorph in den Krystallräumen des Leucits
erscheint; wenn aber aus Leucit oder K3 Si2 + 3 M Si2, Ryakolith
oder (N, K) Si -4- •^ S1 gebildet werden soll, so muss, abgesehen
von dem Hinzutritte von N statt K gerade ein ähnlicher Mischungs-
theil wie oben 2 (K Si -4- -^ S12) aber ohne Wasser fortgehen.
Die Bildung von kohlensaurem Kalk, gleichzeitig mit der Ent-
wässerung ist ein ganz sicheres Zeichen eines katogenen Fort-
schrittes, einer Veränderung in reductiver oder elektropositiver
Richtung. Es ist dieselbe, welche auch die Bildung von Prehnit nach
Anaicim oder Laumonit bedingt, aber bereits im weiter vorgeschrit-
tenen Zustande, indem das Wasser schon vollständig verschwunden
ist. Prehnit ist selbst oft von Kalkspath begleitet. Bei der Pseudo-
morphose von Feldspath in der Form von Anaicim, und gleichzei-
tiger Bildung von Kalkspath muss übrigens die Kalkerde durch gegen-
seitige Zersetzung gegen Natron aus dem umgebenden Gesteine
genommen sein. Es wäre nun freilich wichtig, dieses Gestein natur-
historisch und chemisch genau zu untersuchen, denn der Zustand
der Krystalle in seinen Drusenräumen gibt genau die Zustände an,
in welchen nach und nach das Gestein selbst sich befand. Es mu&s
aber das Gestein drei Hauptperioden durchgemacht haben:
1. Ablagerung der (abnormen) Grundmasse mit Hohlräumen;
2. Krystallisation der Zeotithe, in einer geognostischen Tiefea-
stellung über dem Reactionshorizont für das Minimum des Wassers;
3. Bildung der Pseudomorphosen unter diesem Horizont.
Nach der letzten Periode erst wurde das Ganze wieder bis zu
der Stelle gehoben, in welcher die Varietäten gegenwärtig gefunden
werden. Gleichen Schritt mit diesen Veränderungen haben gewiss
auch die Veränderungen im Innern der Gesteine gehalten. Wasser
wurde in dem zweiten Stadium auch der Grundmasse zugeführt, im
dritten wieder von derselben entfernt, während die Kohlensäure mit
der Kalkerde verbunden blieb. In &er beinahe dichten porphyräto-

U n g e r. Genera et Species planfarum fossilium. 235
liehen Grundmasse eines Stückes von den Kilpatrick Hills sind Kry-
stalle eines anorthischen Feldspathes, vielleicht Oligoklas ausge-
schieden. Ich wage es nicht aus den wenigen Bruchstücken, die sich
in Wien etwa aus jenen Gegenden zusammenbringen Hessen, weiter
zu schliessen, esmuss dies spätem Forschungen überlassen bleiben.
Herr Custos Kollar machte auf bisher noch nicht untersuchte
Gebilde aufmerksam, womit die Blätter von Quercus Cerris überdeckt
sind, und mit deren Untersuchung er sich gegenwärtig beschäftiget.
Dieselben sind der Einwirkung eines Insectes zuzuschreiben, und es
haben sich dabei zweierlei Ins ectenarten bemerklich gemacht, jedoch
ist noch unentschieden, welches derselben der Erzeuger, und welches
dessen Feind sei. Herr Custos Kollar versprach hierüber, so wie über
einen anderen in der Akademie bereits berührten Gegenstand künf-
tighin weitere Mittheilungen zu machen.
Die Classe beschloss das ihr in der Sitzung vom 16. Februar
l. J. vorgelegte Manuscript ihres wirklichen Mitgliedes, Prof. Dr.
Ünger zu Gratz ^Genera et Species plantarvm fossilium' des
gros&en wissenschaftlichen Werthes dieser Arbeit wegen als selbst-
ständiges Werk im Drucke herauszugeben.
SITZUNG VOM 6. JULI 1848.
Herr Bergrath Haidinger überreichte eine für die Denk-
schriften bestimmte Abhandlung über eine neue Varietät von Amethyst.
Im verflossenen Herbste war ein Krystall von Amethyst von Herrn
Adolph Senoner in Hadersdorf am Kamp, an Herrn Dr. Hammer-
schmidt nach Wien gesandt, und von diesem in einer Versamm-
lung von Freunden der Naturwissenschaften A) vorgezeigt worden,
A) Berichte, Bd. HI, S. 34S.

236 Haidinger. Über eine neue
Er zeigte im Innern oine sonderbare Art von Zusammensetzungen
mehr und weniger dunkle, violette und weisse Schichten den Quan-
oidflächen parallel, aber auch deutliche stängliche Zusammensetzungs-
stücke senkrecht auf diese Flächen und auf die Krystallschalene.
Haidinger liess Platten, senkrecht auf die Axe aus dem Stücke
schneiden. Die Zusammensetzung nahm sich nun erst recht deutlich
aus. Ein ziemlich klarer schön gefärbter Kern, umgeben von den in
sechs Abtheilungen parallel geordneten stänglich zusammengesetz-
ten Krystalltheilen. Zunächst der Spitze war der ganze Krystall klar,
aber um und um von einer dünnen weissen Quarzrinde umgeben.
War aber schon diese Anwendung der stänglichen Zusammenset-
zungsstücke merkwürdig, so geben doch die klaren Plattentheile ein
noch viel wunderbareres Resultat. In einem ziemlich durchsichtigen
hell violetten Grunde waren zunächst den abwechselnden Seitender
Basis der Quarzoide dreiseitige dunklere Keile eingewachsen, die
beim Durchsehen einen eigenthümlichen Farbenwechsel darboten,
rosenroth, violblau, schiefergrau, indigblau, wobei man die einzelnen
Töne nur dadurch festzuhalten suchen konnte, dass man die Platte
knapp vor das Auge hielt. Nun zeigte sich aber die schöne Erschei-
nung von dunkeln Hyperbelpaaren in hellerem Grunde, der letztere
violblau und gegen auswärts in hellrosa verlaufend, die Hyperbeln
halb dunkel violblau, halb dunkel indigblau, und zwar so, dass die
Farbentöne sich in einander verlaufen. Die Axe der beiden Hyper-
beln zertheilt die Farben, die Queraxe derselben, senkrecht auf jene
zwischen den Scheiteln, zertheilt die Gestalt der Erscheinung in die
beiden einzelnen Hyperbeln. In Bezug auf die Krystallform liegt,
wenn man von der Spitze der in Platten geschnittenen Krystalle
gegen die Platten zu sieht, ein blauer Schenkel in der Richtung
gegen die Mitte des Krystalls, ein violetter Schenkel gegen die
Basis des Quarzoides zu, ein violetter Schenkel erscheint rechts in
Verbindung mit dem obern blauen als rechte obere Hyperbel, ein
blauer Sehenkel links in Verbindung mit dem untern violetten als
linke untere Hyperbel. Auch Brewster hatte dieser Hyperbeln
erwähnt i), aber nicht die Orientirung nach der Krystallform gege-
ben. Er verglich sie mit der Erscheinung, welche entsteht, wenn
1) Tran&aetiom af the Royd Society of Edinburgh. VoLIX., 1821, p. 142.

Varietät des Amethystes. 237
bei der Untersuchung zweiaxiger Krystallen im polarisirten Lichte
die Polarisations-Ebenen senkrecht auf einander stehen, aber mit
den Ebenen der optischen Axen Winkel von 4S° einschliessen.
Dies würde einen orthotypen Charakter bilden, während das
gyroidische Hyperbelkreuz in der Wirklichkeit ganz den der
circulären Polarisation eigenthümlichen Charakter zeigt. Üngemein
schön und reich erscheinen die einzelnen Farbentöne, wenn man
sie durch die dichroskopische Loupe untersucht. Sie trennen sich in
ordinär und extraordinär polarisirte Töne nach der Lage der Polari-
sations-Ebene in radialer oder tangentialer Richtung mit Bezug auf
die krystallographische und optische Axe des Amethystes.
Dünne Plättchen von Amethyst aus den blasseren, durchsichti-
geren Theilen genommen, zeigen, analog den brasilianischen Kry-
stallen senkrecht auf die Quarzoidflächen P betrachtet, ein mehr
röthliches Violet, in der Richtung derselben ebenfalls im Haupt-
schnitte des Krystalls betrachtet, ein mehr bläuliches Violet in ihrer
Farbe. Rechts öder links geneigt, ist die Farbe ganz gleich. Anders
verhält sichs mit dünnen Platten der dunkler gefärbten Keile. Unter-
sucht man diese in denselben Richtungen, so geben sie, in der Richtung
des Hauptschnittes betrachtet, eben so wie die von Brasilien, röthliches
und bläuliches Violet, aber mit dem Unterschiede, dass das Bläuliche
senkrecht auf die QuarzoidHäche., das Röthliche in der Richtung der-
selben erscheint Nach der rechten und linken Seitenrichtung unter-
sucht, geben sie aber ebenfalls den Contrast von Roth und Blau.
Die Erklärung der Erscheinung selbst beruht auf demselben
Principe, wie bei den röthlich- und bläulichvioletten Kreuzen und
Räumen am brasilianischen Amethyst, die man wahrnimmt, wenn man
Platten dicht vor das Auge hält und eine linear polarisirte Fläche
betrachtet. Bei dieser ist jedoch die Figur nach rechts und links
sowohl, als die Farbenausth eilung symmetrisch. Während sie durch
die Polarisation der lagenförmigen Structur, Biot's Polarisation
lamellaire^ bedingt worden, muss man annehmen, dass rechte
und linke Individuen von Quarz mit einander abwechseln, und das
Resultat gemeinschaftlich hervorbringen. Bei der Varietät von Meissau
kommen aber nebst den gleichen Portionen der Krystalle noch die
dünkelfarbigen Keile vor, von denen angenommen werden muss,
dass die den Quarzoidflächen parallelen Lagen entweder bloss aus
rechts drehenden, oder bloss aus links drehenden Individuen bestehen,

238 Ettingshausen. Ableitung
Das neue Vorkommen des Amethystes ist übrigens auch dess-
wegen merkwürdig, weil die Fundstätte uns so nahe liegt, am sM-
östlichen Abhange des Manhartsberges, auf Äckern bei Meissa^
auf der Hornerstrasse. Die Krystalle stammen von Gingen in Gneiss
her, vielleicht wird es später möglich, sie in das anstehende Gesteh
zu verfolgen, und hinlänglich feste Stücke zu erhalten, um die
schön gefärbten durchsichtigen Theile derselben zu Schmucksteinen
zu benützen, welche die brasilianischen und sibirischen an Schönheit
übertreffen müssten.
Professor von Ettingshausen überreichte folgende Note
über eine directe und strenge Ableitung der Tayior^schen Formel.
Schon vor längerer Zeit (um das Jahr 1830) als ich noch d^s
Lehramt der höheren Mathematik an hiesiger Universität bekleidete,
suchte ich den Vortrag der Differential-Rechnung mit der Aufstellung
des Tayior'schen Lehrsatzes zu eröffnen, um sogleich aus ihm, als
oberster Quelle, die weiterhin zur Sprache zu bringenden Entwick^
lungen der Funetionen auf dem kürzesten Wege zu gewinnen. Der
von Lagrange in seiner Theorie des fonctions eingeschlagene
Gang konnte mir jedoch nicht genügen; ich wünschte vielmehr das
ältere ebenso naturgemässe als klare Verfahren beizubehalteny
wornach der in Rede stehende Lehrsatz aus der Formel gefolgert
wird, welche jedes Glied einer Reihe durch deren Anfangsglied und
die Anfangsglieder der aus ihr entspringenden Differenzreihen angibt,
nur musste durch Nachweisung des Bestes, den man vernachläs-
siget, wenn man die T a ylor'sche Entwickelung bei irgend einem
Gliede abbricht, dieser Deduction die vordem an ihr ausser Acht
gelassene Schärfe verliehen werden.
Ich durfte bei meinen Zuhörern eine durch höhere wissen-
schaftliche Studien erworbene Fertigkeit im strengeren Denken,
aber kein reichhaltiges mathematisches Hilfsmaterial, nicht mehr als
die gewohnlichsten Elementar-Kenntnisse der Algebra, kaum bis zur
BiMominalformel reichend, voraussetzen; daher sah ich mich ge-
nothigt, vorher das Bildungsgesetz der numerischen Coefficienten in
der Gmndformel, von welcher ich auszugeben hatte, ersichtlich m
machen. Da ich das von mir bei dieser Lehrweise gewählte Verfahren

der T a y l o r'sehen FormeL 239
nirgends durch den Druck veröffentlicht habe, so dürfte es nicht
unpassend erscheinen, wenn ich dasselbe jetzt noch der hochver-
ehrten Classe zur Aufnahme in unsere Sitzungsberichte vorlege.
Bezeichnet man die Glieder irgend einer Reihe, oder auch nur
regellosen GrÖssenfolge mit
UQ, l^i, U^, ^3, ... , ....
und die Glieder der daraus hervorgehenden Differenzreihen mit
A^o, A^i, A^a, Ai^s, .... Aw», ....
A^o. A2^, A2^, A^s, .... A2^, ....
u. s. w.,
wobei jede dieser Reihen aus der vorhergehenden entsteht, wenn man
daselbst jedes Glied von dem nächstfolgenden abzieht, so lässt sich auf
die allbekannte Weise zeigen, dass jedes Glied v n der Grundreihe durch
UQ, Ai^o» A^o» ^c- bis A^o, mittelst einer Formel von der Gestalt
UH == ^0 + A! -^"0 + AZ A^o +
. . . . + Ar A^o + * + ^"^o
ausgedrückt wird, wobei die CoefficientenAi, Aa, .... Ar, ....
von der Beschaffenheit der Grundreihe unabhängige positive ganze
Zahlen sind, deren stufenweise Berechnung mittelst des P a s caFschen
Zahlendreieckes vollzogen werden kann.
Um die Zusammensetzung jedes dieser Coefficienten, wie Ar,
aus den einzig und allein darauf einflussnehmenden Elementen n und r
ausfindig zu machen, bedenke man, dass für eine Reihe, bezüglich
welcher die Grossen
UQ, Auo» A^o, .... bis A'^1^
sämmtlich == O wären, ferner
A^o von Null verschieden bliebe, und endlich
A^Uo, A^^o, .... bis A^Uo
wieder sämmtlich == O ausfielen, obige Formel sich auf
Un = Ar A^
reduciren würde, woraus man sogleich
Ar-^-
erhielte.
Sollen die Grossen Mo, A«o, A3^, etc. bis A''-1!^ verschwinden,
so müssen auch u^, u^, u^, etc. bis u^.i sämmtlich === O sein. Es
wird also für n„ eine Function von n zu wählen sein, welche sich auf
Null reducirt, wenn man 'entweder

340 E t ti n g s hause n. Ableitung
^ ^ 0 ^ oder W === l, oder n === 2 u. s. w. oder n == r — l
setzt.
Die einfachste, dieser Forderung entsprechende Form ist
u^n (n-1) (n-2) .... [n-(r-l)];
es lässt sich aber leicht zeigen, dass dieselbe auch den weiteren
Bedingungen, nämlich dass A^o von O verschieden bleibe, und
A^^A'-^i/o etc. gleich Null werden. Genüge leistet. Es ergibt sieh
AM„ == Un+i —— ^n
= (n+1) n (n-1) .... [n- (r-2)]
- n (n-i) (72-2) .... [n- (r-1)]
== r. n (n-1) (n—2) .... [n- (r-2)];
ferner
Aan„ == A^+i —Au„
== r. (n+1) n (n—l) .... [n— (r—3)]
r. n Oi—l) (^—ä) .... [n— (»-—2)]
== r (r—l), n (n—l) .... [n— (^_3)];
auf dieselbe Weise findet man
ASM„ == r (r—l) (r— 2). n (n—l) .... [n— ^—4)],
und endlich
^Un == »- (r—i) (r—2) .... 3. 2. n
mithin
Ar^ =. r (r—l) (r—2) .... 3. 2. l.
Da dieser Ausdruck von n unabhängig ist, so folgt daraus
A''4'1^, == O, A^u» == O u. s. f. Man hat sonach auch
A^o == r (r—i) (r—2) .... 3. 2. l.
=== l. 2. 3. . . . . (r—i) r
und A^Uo == 0, A^Uo «=== O, u. s. w.
Hiernach gelangt man zu dem Ergebnisse
_n (n^-l) (n-2) .... [n- (r^l) ],
l. 2. 3. .... r
welches das Bildungsgesetz im obigen allgemeinen Ausdrucke für
ZA„ ausspricht.
Bezeichnet man den Werth von Ar, um auch seine Abhän-
gigkeit von n ersichtlich zu machen, durch das Symbol [y) wobei
(^} sowie ^j sich gleich l zeigt, so hat man
Un -= ^0 + (T) AHo + (3 A^o + .
. . . . + P) A^o 4- . . . . . + A»^

der T a y l o raschen Formel. 24 l
Man setze nun
p) A^o + C^l)^^) +••..+ A^o = Rn.
so dass J?,» den Rest vorstellt, welchen man weglässt, wenn man den
Ausdruck für u n unmittelbar von dem Gliede ^J A^o abbricht Man
kann in JR„ statt der Anfangsglieder der auf die rte folgenden Diffe-
renzreihen, nämlich statt der Grossen
A^^o, A^-r^o, .... A"Mo
die Glieder der rten Differenzenreihe selbst, wovon die eben ge-
nannten abhängen, nämlich
A^i, ^Tu^ A^g, .... ^u^r
einführen. Ich habe dies bereits in meinen im Jahre 1827 erschie-
nenen Vorlesungen über die höhere Mathematik (I. Bd., S. 2S1 u. ff.)
gethan; nachstehender Vorgang führt Jedoch einfacher zum Ziele.
Setzt man n 4- l an die Stelle von n, so hat man
ß+, - (T)A^o 4- C;i1) A^+ . . . . + +^.
Es ist aber, wie schon aus dem PascaFschen Dreiecke erhellet,
und auch aus dem Bildungsgesetze von (y?J leicht nachgewiesen
werden kann,
(":')-(^,)+(;);
daher kann man auch setzen:
^ = [(^l) + P)] A-u, + [O+GTl)] A-^u»
+[C-:O+G%)]A^,+....
+ [(»"-1) +\ ] ^ +"41"0-
Bedenkt man nun, dass
A'-üo + A'+^o == A'-Mi, A^Mo + Ar+2 = A••+lu^, u. s. v.
ist, so erhält man
ßn + l - (^,) A^o + p) A^ + (,^) A-^ + . . .
. . . . + (n^-l) A»-1^ + A^,.
Die Summe der Glieder dieses Ausdruckes vom zweiten angefangen,
ist der Ausdruck, in welchen Rn übergeht, wenn die Reihe
U\, ^h ^ ^3 » ^n+l
an die Stelle von
^o» ^i» ^a»
Sitzb. d. mathem.-naturw. CL I. Bd.

9A^ ßtUngshausen. Ableitung
tritt; bezeichnen wir den solcherweise aus Rn entspringenden Aus-
druck mit ß1,,, so haben wir
Rn+i - (^li) A^o + R^
Es ist, wie aus der Form von Rn erhellet,
R^ === A^o» also R^r === A^i
und somit, nach der so eben aufgestellten Formel
Rr^i === (^l) A^o + A^,.
Hieraus folgt
R^i - (r^i) A^i + ^^2,
mithin weiter
fir+. = Pt;) A^o + (^i) A^, + A^,.
Ebenso ergibt sich
Rr+3 == CtQ A^o + (ä) A^, + (^i) A^, + A-^
und allgemein
^ = C:^1) A-«, + C:^2) A^ +.•••-»- A-«,
Setzt man r -{• p == n, so wird
ßn= (U) A-Ko + (^) A-u. + (;Z?) A-u, + . . + A-«..,
Es lassen sich nun leicht zwei Grenzen angeben, zwischen
welche Rn fällt: Es sei
(^ y_l J ^u^ das kleinste, und
l7-^T ) ^r^ das grösste
unter den Gliedern des Ausdruckes Rn, wobei die Vergleichung
in algebraischem Sinne angestellt wird, also negative Grossen fiir
kleiner gelten als positive, und zwar für um so kleiner, je grösser
ihre numerischen Werthe sind, so liegt JR„ offenbar zwischen den
Grenzen
(^+i)('7y)A^
undCn-r+l^^A^
oder auch: Es sei A^ die kleinste, A^ die grösste unter den
Grossen A^o, A^i, A^g, .... ^'Un-r. so fällt Rn zwischen
die Grenzen
[CrO^Mä)...... i] A-..

der Tayio r'schen Formel. 243
und [(äMä) .(:=?) ...... l] A-.,
d. h. wie man mittelst oben benutzter Eigenschaft der Grossen von
der Form [n) leicht sieht,
zwischen ^j A^ und (^A^.'
Lässt sich dem in der Grössenfolge UQ , u^, u^, . . . . herr-
schenden Gesetze gemäss A^„ als eine Function von n darstellen,
welche durch F (n) angedeutet werde, so lassen sich obige Ausdrücke
als besondere Werthe der Functionen
(n-r + l) ('•7171) F^)
und 0^00
für z == k und z == g betrachten.
Ändert sich F (z), während z vom Werthe k zum Werthe
g stetig übergeht, gleichfalls nach dem Gesetze der Stetigkeit,
so gibt es sicher einen zwischen k und g, also um so mehr zwischen
0 und n—r liegenden Werth für s, bezüglich dessen
r> r A-\ (n%^\ -nr -\
ß„==(nr+lU ^ )F^z)
oder auch
R,=^)F(z)
gesetzt werden darf, wobei natürlich der Werth von z im zweiten
Falle von jenem im ersten verschieden gedacht wird.
Die Anwendung dieser Resultate auf die Herstellung der Tay-
lor'schen Formel sammt ihrer Ergänzung unterliegt keiner Schwie-
rigkeit. Hierüber darf ich mich hier wohl ganz kurz fassen.
Setzt man i/„ == f (x -t nw), also UQ === f (x)
wobei f (a?) irgend eine durchgehends angebbare Function der
Veränderlichen x vorstellt, und lässt man nw == h sein; denkt man
sich ferner h als eine bestimmte Grosse und die ganze Zahl n ins
Unendliche wachsend, foglich w === —- unendlich klein werdend, so
ergibt sich auf die bekannte Weise unter der Voraussetzung der
Stetigkeit der Function f (x) und ihrer Differentialquotienten in der
Gegend des für x gewählten Werthes
f(:.+.-ÄW+tli«.Aüa.;>>. ^.M. ....
16^

944 Haidin^er. Pleochroismus des
A'-1 r A^fC;») , _
••••+ t.a.3...0-l) hm•-^——+fi
wobei
J? == lim. (n—r+1) (^^-T1) Ar /* (^+&w)
oder auch
Ji==lim. P)Ar/?0+^)
erscheint. Diese beiden Ausdrücke reduciren sich, wenn man die
Symbole f^-lT1) und 0 clureh die Brüche» ^^e sie vor-
stellen, ersetzt und erwägt, dass zw zwischen O und nw oder h fällt,
mithin unter der Gestalt des Productes 6h gedacht werden kann,
wobei 9 einen zwischen O und l liegenden Factor bedeutet, auf
» ^•O-^1 1,^ A^C^+^Q
R == 1.2.3...(r~l) mxL ——vf———
, ^ ^.^ ^f(.x+6h)
und fi == 1^.3,.^ lim. ——^——
wobei 6 in der zweiten Form der Ergänzung R nicht denselben
Werth hat, wie in der ersten. Wie mit dieser Deduction die Ent-
wickelung der Grundbegriffe der Differentialrechnung, und zwar auf
die lichtvollste Weise gegeben werden kann, bedarf keiner weiteren
Erörterung.
SITZUNG VOM 13. JULI 1848.
Herr Bergrath Haidinger las folgende Mittheilung „Über
den Pleochroismus des Oxalsäuren Chromoxydkalis/1
Seit längerer Zeit mit Untersuchungen von Krystallen in Be-
ziehung auf ihre chromatische Lichtabsorption beschäftigt, drängte
sich mir der Gedanke auf, dass es möglich sein müsste, gewissen
Gesetzen des Vorkommens der natürlichen Farben auf die Spur zu
kommen, wenn es gelänge, die Farben gewisser einfacher Körper und
ihre ersten Verbindungen unter verschiedenen Verhältnissen zu ver-
folgen. Längst hatte ich gewünscht, das von W.Gregory entdeckte
blaue Doppelsatz von oxalsaurem Chromoxyd und oxalsaurem Kali
(KO, Ca Os + Cr^ 0, 3 C, Os + CffO^beidervon anderen Chrom-
salzen so verschiedenen blauen Farbe zu untersuchen. Noch viel
lebhafter wurde mein Wunsch, als sich an den Krystallen des urali-

oxalsauren Chromoxydkalis. 2 4 S
sehen Chrysoberylls, v. Wörth's Alexandrit, der glänzende Tri-
chroismus herausgestellt hatte 1) und zwar mit Farben, die auch bei
anderen Chromverbindungen ganz eigenthümliche Erscheinungen
erwarten liessen. Eine der Farben des Alexandrits stimmte aber ganz
mit der Farbe der Auflösungen von Chromalaun oder Chromchlorür
in der Eigenschaft überein, dass sie in dünnenLagen seladongrün, in
dicken Lagen colombinroth ist, und auf diese Art selbst durchsichtige
Mittel von derjenigen Classe hervorbringt, welche Herschel2)
dichromatische genannt hat. Es finden nämlich bei dergleichen
Mitteln zwei Maxima des Lichtdurchganges Statt, wie bei den
blauen Kobaltgläsern. Auch jene Chromlösungen, wenn man durch
sie hierdurch etwa das durch ein Prisma hervorgebrachte Bild
einer Lichtlinie betrachtet, zeigen sehr schön abgesondert ein
grünes und ein rothes Bild. Ich hatte später mehrfach Gelegenheit,
Herrn Dr. Schneider, Assistenten des chemischen Lehrfaches an
der k. k. Universität, für die freundliche Mittheilung interessanter
Krystalle dankbar zu sein. Auch Gregory's Chromoxydsalz verdanke
ich seiner zuvorkommenden Gefälligkeit.
Über das Salz selbst und verwandte Verbindungen sind
chemische Untersuchungen mehrfältig angestellt worden, von Gre-
gory, Graham, Mitscherlich, Croft, Berlin, Malaguti,
Warrington, Bussy3). Dabei findet sich als Farbe des oxal-
sauren Chromoxydkali angegeben: „Die Krystalle sind schwarz und
glänzend, aber an dünnen Kanten sind sie im Durchsehen bl^f"4).
Als ich ganz feine, nadeiförmige Krystalle, die in gewöhnlichem Lichte
schön dunkelblau erscheinen, durch die dichroskopischeLoupe unter-
suchte, zeigte sich ein ausserordentlich schöner Gegensatz der zwei
im ordinären und extraordinären Bilde erscheinenden Farben. Bei
senkrechter Stellung der Prismen war das obere ordinäre Bild grün,
das untere extraordinäre blau, und zwar das Blau des unteren etwas
heller als das Grün des oberen, so dass der Gesammteindruck im
gewöhnlichen Lichte auch Blau hervorbringen muss.
1) Über den Pleochroismus des Chrysoberylls. Berichte über die Mittheilungen
u. s. w. Bd. II, S. 440.
2) Vom Licht Übersetzt von S chmidt. S. 251.
8) Berzelius Lehrbuch. V. Aufl., Bd. III, S. 1087. L. G m e l i n, Handbuch der
organischen Chemie. 4. Aufl. 1848, S, 840.
*) S. 1088.

246
Haidinger. Pleochroismus des
Die regelmässigen Formen des Salzes gehören in das augitisehe
Krystallsystem. Da sich tei so vielen anderen Krystallspecies schon
drei verschiedene Farbentöne nach den drei Elasticitätsaxen orienürt
gefunden hatten, so musste auch hier die Untersuchung darauf fort-
geführt werden, was auch gelang, obwohl bei der geringen Durch-
sichtigkeit die Töne sich nur unter besonders günstigen Umständen
wahrnehmen Hessen. B erzeliu s hat folgende Beschreibung: „Die
Krystalle werden gewöhnlich gross und regelmässig, i*hombiscae
Prismen mit zweiseitiger Zuspitzung bildend. Die stumpfen Kanten
des Prismas sind zuweilen durch Flächen ersetzt, wodurch das Prisma
sechsseitig wird."
Ich beobachtete die in beistehender Skizze
dargestellte Form, bestehend aus der geneig-
ten Basis P, dem Längsprisma d und dem
der Axe parallelen Prisma M, mit der Bezeich-
nung
O (P). D (^).ooA(M).ooJD(r).
Annähernde Messungen gaben die Winkel:
d gegen d (über P) ===• 140°
M gegen M ====70°
O gegen die vordere
scharfe Kante M M ^ 110°.
Die Flächen P und d sind gut gebildet, und ziemlich eben, die
Flächen ^faber sind immer etwas uneben, mehrere Krystalle in wenig
verschiedener zum Theil divergirender Stellung xusammengehäuft,
so dass die Messungen mit bessern Krystallen wiederholt werden
sollten. Die Krystalle waren bis einen halben Zoll lang, bei einem
Durchmesser von einer Linie, aber die am besten ausgebildeten viel
kleiner.
Es zeigten sich nun die Farbentöne durch die dichroskopische
Loupe, wie folgt:
l Normale
wenig mehr] dunkelster]
violetgrau \\ f
- - .-- wenig mehr^mittlerer /Ton.
2 Queraxe lete ziehend gelbl. grün [ ] [
3 Axe Berlinerblau. ...... . u hellster l
Die Prismen sind oft zwischen zwei Flächen von M ganz dünn,
man kann dann zuweilen leicht die geringe Differenz zwischen den
zwei grünen Tönen wahrnehmen. Auf quer nach der Axe abgesprengten
zwischen seladon
Grün ^rün un^ ^^h-
grün, in das Vio
lete ziehend
Berlinerblau

Oxalsäuren ChromoxydkaUs. ^4T
Schiefern gelingt es wegen der Dunkelheit der Farben nicht. Wenn
man dagegen eine Auflösung des Salzes in den gewöhnlichen Cylinder-
Probegläsern der langsamen Abdampfung überlässt, so setzen sich
manchmal so dünne Blättchen gerade auf die Fläche P aufkrystal-
lisirt an, dass man gute Beobachtungen erhält.
Durch die Sonne erleuchtet, wenn man das Sonnenbild durch
eine der Axe von M parallele Kante, wie durch ein Prisma betrachtet,
ist das obere Bild nur an den äussersten dünnsten Stellen grün, an
den dickeren Stellen ist es colombinroth, wie der schönste Granat
Bei Kerzenlicht ist das obere Bild bei jeder Dicke roth, das ganze
Salz ist röthlichviolet. Das untere blaue Bild behält in jeder Art von
diesen Beleuchtungen seine schöne Farbe. D er Unterschied der Durch-
sichtigkeit zwischen dem Roth und demBlau bei Kerzenlicht ist nicht
so gross als der zwischen dem Grün und dem Blau bei dem gewöhn-
lichen Tageslichte.
In Gmelin's Handbuch findet sich folgende Angabe: „DieKry-
stalle lassen nicht den mittleren Theil des rothen Strahles des Spec-
trums hindurchgehen. Brewster."
NachBussy und Berlin ist das Pulver der Krystalle grün,
ein einfarbiger dunkelblauer Körper könnte kein anderes als auch ein
blaues Pulver haben; aber das Pulver dieses Salzes ist wirklich grün.
Es geschieht hier, da die Krystalle pleochromatisch sind, nichts anderes
als dass durch das Pulvern sämmtliche Farbentöne heller werden.
Der blaue als der durchsichtigere verschwindet ganz, sowie man viele
blaue Krystalle hat, die ein weisses Pulver geben, aber der grüne Ton
ist viel dunkler, er bleibt daher auch in dem Pulver übrig. Bei Ker-
zenlicht betrachtet, ist aber das Pulver nicht mehr grün, sondern
rothlichgrau.
Die Farbe der Auflösung ist nach den verschiedenen Sättigungs-
graden von einem blassen Seladongrün bis zum dunkelsten Colombin-
roth. Sie zeigt sehr deutlich die Erscheinung der einfarbigen Ringe,
die zuerst von Löwe1) beobachtet wurden, und zwar gerade in der
Übergangsfarbe von grün zu violet erscheinen deutliche violete
Ringe im grünen Grunde. Gesättigte Tropfen der Auflösung, wie dies
bereits beschrieben worden ist, erstarren amorph wie Gummi, wenn
man sie z. B. 1/3 bis l % Linie gross auf eine Glasplatte bringt. Ihre
A) Berichte u. s. w. Bd. II, S. 77.

o Aß K. Heller- Über den
Farbe ist genau die dichromatische, um mit H ersehe l zu sprechen,
der Auflösung. Später tritt in denselben schon erstarrten Körpern
eine Krystallbewegung ein, und sie ordnen sich entweder in aus einem
oder wenigen Punkten auslaufenden Krystallfasern an, oder es zieht
sich auch wohl Alles auf einen einzigen Krystall zusammen. Zuweilen
zerspringen die gummiähnlich erstarrten Massen, und lösen sich leicht
vom Glase ab.
Gerne hätte ich noch mehrere analoge Verbindungen untersucht»
auch habe ich desswegen zum Theil die Bekanntmachung dieser aß
sich so schönen Erscheinung an dem G r e g o ry'schen Salze verschoben,
aber der Krystallograph, der Physiker muss sich der Hand des Chemi-
kers bedienen, der selbst wieder lieber andere Wege verfolgt, als
die, deren Zweck bloss die Hervorbringung in chemischer Beziehung
schon bekannter Krystalle wäre.
HerrCustosDr.FenzI überreichte nachstehende zwei briefliche
Mittheilungen des Reisenden Herrn Karl Heller1), welche dieClasse,
da selbe mehrere bemerkenswerthe Notizen über einen weniger
genau bekannten Landstrich Amerikas enthalten, in diesen Sitzungs-
berichten zu veröffentlichen beschloss.
l. Iber den Staat Tabasco«
Teäpa am 8. December 1847.
Meine Reise von Yucafan nach Tabaffco bis Tedpa an der
Grenze Chidpas, aufweicher ich den ganzen Staat von der Meeres-
küste bis an die Gebirgskette, welche seine südliche Grenze bildet
in einer Ausdehnung von 103 Leguas durchschnitt, verschafft mir
die Gelegenheit, ihnen einige kurze Notizen über diese im Allgemeinen
noch wenig bekannte Provinz des mexicanischen Staatenbundes mit-
zutheilen.
l) Herr Karl Heller, seines Faches Gärtner, Sohn des Obergärtners der
k. k. Gartenbau-Gesellschaft in Wien, Herrn Georg Heller, befindet sich seit
drei Jahren im Auftrage einer Actien-Gesellschaft von Gartenliebhabern auf
Reisen in Mexico, und hat sich bereits durch Einsendung von Naturalien
verdient gemacht.

Staat Tabasco. 249
Der Staat Tabasco grenzt im Süden an CMdpas, im Osten
an Yucatan, im Westen an den Staat Vera-Cruz und nördlich an
den mexicanischen Meerbusen, liegt zwischen dem 92° und 94° west-
licher Länge von Greenwich und mit seiner Osthälfte ungefähr
zwischen dem 17° 48' und 18° 45', mit seiner Westhälfte zwischen
dem 17° und 18° l O' nördlicher Breite. Seine wahre Ausdehnung
nach Süd und West, ist weder der mexicanischen Regierung noch
den unterrichteten Einwohnern bekannt, und daher die Grenz-Ver-
zeichnung auf den Karten der neuesten Geographen noch im höchsten
Grade unzuverlasslich. Vorzüglich ist dies bei der südlichen Grenze
der Fall, welche der Schlangenwindungen der sie bildenden'Gebirgs-
kette wegen, sehr schwer zu bestimmen ist. In keinem Falle gleicht
seine Configuration einem länglichen Vierecke, sondern nähert sich
vielmehr einer Kolbenfigur, deren breiterer Theil Yucatan, und
CMdpas zugekehrt ist. Tabasco begreift das eigentliche Flachland,
das sich an die nördliche Abdachung eines von West nach Ost strei-
chenden Gebirgs-Ausläufers der Cordilleras lehnt, und ist von zahl-
losen Flüssen und Bächen durchschnitten, von welchen man auf klei-
neren Landkarten, häufig nur den Tabasco oder Grijalva-F\nss und
den Usamasinta, oder Sumasinta genannt, verzeichnet findet.
Arrowsmith (auf seiner Karte Mexicos, London 1842), lässt
letzteren in der englischen Colonie Belize entspringen, und durch
Chiäpas fliessen, während der See Panajackel oder die Gebirge
von Peten, in dem zur Republik Guatemala gehörigen Staat Verra-
Pas, als sein Ursprung allgemein genannt werden, und Chidpas
erwiesen nur bis an sein linkes Ufer reicht. Die Wassermenge des
Usamasiuta ist, ungeachtet seines kürzeren Laufes der vielen Zu-
flüsse wegen bedeutend grösser, als die des weit längeren Grijalvas.
Weit richtiger ist der Lauf des Grijalva allenthalben angegeben,
welcher in den Gebirgen von Chuchamatlanes in Central-America
entspringt, und unter dem Namen Chidpa den Staat gleiches Namens
in nordwestlicher Richtung durchströmt, später aber den Staat von
Tabasco unter dem Namen Grijalva oder Tabasco nordöstlich (nicht
nördlich) durchschneidet, und sich, 6 Leg. von der Küste mit einem
Zweige des Vsamasinta verbindend, in mehrere Arme zertheilt, in
den Golf von Mexico mündet. Ein dritter wichtiger Fluss ist der
Tulija, der so wie die früheren schiffbar, 43 Leg. Östlich von San
Cristoval (Ciudad real de Chidpa) entspringt, und in der Nähe von

ggO K. Heller. Über den
Palenques 22 Leg. westlich vom Usamasinta entfernt, gerade naA
Norden fliesst, und mit dem Tabasco gemeinschaftlich bei der Barn
de Tabasco unter dem Namen Puscatan in den Golf mündet i).
Noch erübrigt die Angabe des Rio (Je Chiltebeque auch J&
secco genannt (gegenwärtig bloss eine Abzweigung des Grijdlm,
in früheren Zeiten wahrscheinlich sein Hauptbett), der sich bei der
Barre von Chiltebeque ergiesst, und von drcissig-tonnigen Schiffen
bis Tierra cohrada 18 Leg. von seiner Mündung aufwärts befahren
wird. Man findet ihn auf den Karten fast nie verzeichnet. Die bedeu-
tendsten schiffbaren Nebenflüsse des GrijalvamA Usamasinta sind
der Tedpa, Tiacotalpa, Blanquillo u. a. m., welche sich in den
Grijalva, dann der Chaquisjd, der Salto de agua u. a. m., welche
sieh in den Usamasinta ergiessen. Die Anzahl der kleineren Flüsse
undBäche, die in diese beiden Ströme einmünden, ist ausserordentlich
gross, ihre Namen aber wenig bekannt. Diese vier oder vielmehr
drei Hauptflüsse mit ihren unzähligen Nebenflüssen bilden in dem
flachen Küstenlande zur Regenzeit eine solche Unmasse kl einer namen-
loser Seen, dass man dreist sagen kann, Tahasco wandle sich m
der Regenzeit vom Monat Juli bis März von der Meeresküste gegen
18 bis 20 Leguas landeinwärts in einen einzigen See von 300
Quadrat-Leguas um, wodurch das ganze Land mit Ausnahme einiger
weniger erhöhter Punkte durch seclis Monate im Jahre völlig unbe-
wohnbar und culturunfähig gemacht wird.
Der Staat Tabasco mag nach meiner oberflächlichen Berechnung
(26,4 Quadrat-Leguas auf einen Grad) höchstens 11OO Quadrat-
Leguas Flächeninhalt besitzen, obgleich ihn Viele, wahrscheinlich mit
Einrechnung des zu Verra. Oruz gehörigen lYisiwk^sIfuai^aniJuillo,
zu 16OO Quadrat-Leguas angeben. Nach dem letzten Census ist seine
Einwohn erzahl 6 3.5 80, wonach ungefähr 63 Einwohner auf l Quadrat-
Leguas kommen. Die Einwohner selbst theilcn sich in Creolen (Ab-
kömmlinge von Weissen), Mestizen (Abkömmlinge von Weissen und
1) Auf allen Karten finde ich den TuUjct. als einen ZuHuss des Usamasmia
schon eine gute Strecke unterhalb der Theilung des letzteren sich in diesen
ergie&sen. Nach Helleres Angabe über den Lauf beider Flüsse und (br
Verbindung des westlichen Armes der Usamasinia mit dem Tabasco, mw
nothwendig der Tulija ersteren nahe vor seiner Vereinigung mit letzterem
durchschneiden, um neben dieser sich in die Bucht der Bara de Tahasco
ergiessei. zu können „Fenzi",

Staat Tahasco. 251
Indianern), reine Indianer, Indigenas genannt und Europäer, dieweni-
gen Negerabkömmlinge (Chinos) ungezählt, welche die spanische und
fünf Indianersprachen sprechen, nämlich die Chontal, Azfeca, Zendaly
CholmiMaya, Ihre vorzüglichsten Cultur- und Handelsartikel sind der
Cacao, Zucker, Rhum, Kaffee, Tabak, Reis, Mais und Blauholz. Der
Cacao wird unter dem Schatten der Erythrina corallodendron mit
grösster Sorgfalt an den Ufern der Flüsse gezogen und die jährliehe
Ernte Tdbascos^ welche übrigens für den Bedarf der Republik nicht
ausreicht, belauft sich auf 50 bis 7O.OOO Cargas(^ 60 Pfund), d. i. 30
bis 4O.OOO Centner, im Werthe von SOO.OOO bis zu einer Million
Thaier. DerCaeaobaumC2%<?o&r<ma Cacao) trägt das ganze Jahr hin-
durchBlüthen und Früchte, jedoch so spärlich, dass man selbstbei guter
Ernte durchschnittlich nicht mehr als 10 Früchte im Jahre rechnet,
deren 1OO auf eine Carga gehen. Berechnet man aus diesen und den
schon früher angegebenen Durchschnitts-Erträgnissen der ganzen
Ernte die Zahl der im ganzen Staate cultivirten tragbaren Bäume, so
ergibt sich für letztere die bedeutende Summe von 8OO.OOO Stücken.
Demungeachtet deckt ihr Erträgniss nicht den Cacao - Bedarf der
Republik, die sich noch anderwärtfg durch Einfuhr dieser Frucht von
Guayaquil her versorgen muss. Die Erntezeit fällt in die Monate
April, Mai und Oclober. Den übrigen Culturzweigen widmet man weni-
ger Aufmerksamkeit, indem die Natur hier mehr als die Menschen thut.
Der Mais, der 3-bis 500-fach trägt, gibt 3 und 4 Ernten, Das Zucker-
rohr erreicht eine Hohe von 2 und 3°, Kaffee und Tabak, vorzüglich
der Täbaco del Coral, welcher in einem Landstriche nahe der Haupt-
stadt, Chontalpa genannt, gezogen von ausgezeichneter Qualität ist.
Unter den zahlreichen anderen fast ohne alle Cultur gewonnenen
Naturproducten verdienen noch ganz besonders folgende genannt zu
werden: Die Pataste von Bubroma tomentosay welche wie Cacao
bereitet und genossen wird; die Vanille von mehreren Epidendrum-
Arten stammend; die Färbersamen von Bixa OrellanafOchoteChit);
der Tabascopfeffer von Eugenia Pseudocaryophyllus DC; der
Gummi-Copal von Rhus copalina und Hymenaea Ccurbaril; end-
lich Gummi elasticum von Casfiloa elastica (U!e). Ausser diesen
trifft man noch alle tropischen Früchte, eine Menge edler Nutz- und
Färbeholzer, Wachs und Honig im Überflusse. Auch in jeder ändern
Beziehung erscheint die Vegetation Tabascos als eine der reichsten
und üppigsten der nördlichen Tropengegenden. Wälder von Rhipa-

ggg K.Heller. Über den
phoraSfanglemUFicus-Arien gemischt und mit zahlreichen Lora^
thaceen und Lianen besetzt, bedecken die niederen meist täer-
schwemmten Theile des Staates und bilden theilweise ganz undurch-
dringliche Dickichte. Massen von Bambusen^ Cyperaceen und eine
Art verwilderten S bis 6'hohen Zuckerrohres, Canna brava genannt,
schmücken die Ufer der Flüsse. Hier trifft man auch häufig eine schöne
Salix-A.vi, selten aber Orchideen und Bromeliaceen, welchen das
allzu feuchte Klima nicht zuzusagen scheint. Diese Gegenden sind der
Aufenthaltsort einer unglaublichen Anzahl von Sumpf- und Seevogd,
welche in Massen die Bäume bevölkern und rauschend über den sich
annähernden Reisenden hinwegziehen. Man befindet sich da in einer
wilden weiten Einöde, in einem verzauberten Lande, in dem man
scheinbar schwimmende Wälder und Wiesen in einem kleinen Kahne
durchschneidet.
Gelangt man weiter ins Innere des bereits über das Niveau der
Flüsse sich erhebenden Landes, so wird die Vegetation immer reicher
und mannigfaltiger, entfaltet sich aber in vollster Pracht und Herr-
lichkeit erst am Fusse der Gebirge Chiapds auf einer Höhe von
2 bis 300' über der Meeresfläche. Betritt man da nun jene Wälder,
in welchen man sich mühsam durch unzählige Lianen und allent-
halben herabhängende Luftwurzeln einen Pfad mit dem Beile in der
Hand gebahnt, so befindet man sich wahrhaft in einem Pflanzenmeere
begraben. Ein Bangen erfasst unwillkürlich im ersten Augenblicke
des Eindringens in diese keuschen Urwälder; Riesenbäume aus der
Familie der Mimoseen^ Moreen, Sapoteen, Terebinthaceen, Lau"
rineen, Myrtaceen, Anonaceen, Euphorbiazeen und Byttneria-
ceen bilden ein durch ihre lang und weit verzweigten Äste im blauen
Äther sich wiegendes undurchdringliches Laubdach. Lianen aus der
Familie der Malphigiaceen, Sapindaceen^ Oifcurbitaceen, Asciepia^
deen, Bignoniaceen, Ampelideen, Smilaceen, Convolwlaceen und
Passifloreen umgürten tausendfach ihre Stämme und Zweige, und
verschlingen sich zu einem nur schwer zu verletzendenNetze. Mäch-
tige Dracontienm([Pothos-Arien,Bromeliaceen, Orchideen^ Pipe"
raceen und Farrenkräuter, Moose und Flechten füllen die noch leeren
ume in den rissigen Baumstämmen aus, deren Unterholz aus Scitami-
neen, Palmen^ Cycadeen, Bixineen, Malvaceen, ffolaneen, EU"
phorbiaceeny Piperaceen, Farren und Gräsern bestehend, den
Boden allenthalben bedeckt, und den Blicken völlig entzieht

Staat Tabasco. 233
In demselben Masse, als das Pflanzenreich hier seine Schätze
entfaltet, bevölkert auch das Thierreich diese nur wenig betretenen
Wälder. In jeder Spalte entdeckt man der Ameise, der Wespe und
der Vögel künstliche Bauten, an den luftigen Asten der Bienen honig-
reiches Zellenhaus, in hohlen Bäumen und unter der Erde den Käfer,
zwischen den Blumen gaukelt der Mücken Heer, und am Boden unter
Blättern birgt sich der Schlangen reiches Geschlecht.
Zahllose Vögel erfüllen mit Gesang die Lüfte, und stören die
majestätische Ruhe des Urwaldes. Entzückt lauscht man dem Schlage
desZinzantli (Turdus palyglotta), dem Meister der Sänger,
während geschäftig der Baumhäcker an der Rinde hämmert, um den
verborgenen Wurm herauszuholen.
Der Affen drolliges Geschlecht bewirft muthwillig den Späher
mit Früchten und Zweigen und mengt sein Zettergeschrei mit dem
der buntgefiederten Arase und Papageien. Auch der Oaguar und die
Unze fehlen nicht, ja sie sind so häufig und dreist, dass sie sich oft
den Wohnungen des Menschen nähern, um von da einHausthier weg-
zuholen. Kaimane bevölkern die Gewässer, wo sie still dahinfliessen,
niedliche Fische, wo sie in höheren Gegenden brausend über Stein-
massen hinwegstürzen und der Tapir langsamen Schrittes einher-
wandelt. Bei dieser Fülle von Leben, Üppigkeit und Reichthum seiner
Schöpfung könnte man sich versucht fühlen, Tabasco für das glück-
lichste Land unter den Tropen zu halten, erinnerte nicht die spärliche
Bevölkerung und das fahle krankhafte Aussehen seiner Bewohner an
das menschenfeindliche Klima, das der Erforschung und Urbarmachung
dieses Niederlandes gleich hindernd in den Weg tritt. Denn leider ist
dasselbe, den District Tedpa am Fusse der Gebirge Chidpas ausge-
nommen, eines der ungesundesten der mexicanischen Republik. Tritt
gleich das Vomito (gelbe Fieber), bisher nur selten an dieser Küste
auf, so leidet doch die Bevölkerung des ganzen Staates stets an inter-
mittirenden und remittirenden Fiebern, die schnell in Faul-und typhöse
Fieber umschlagen. In den Niederungen, wie z. B. in San Jüan
Bautista, der Hauptstadt der Provinz, erzeugt die grosse Feuchtig-
keit und Wärme so bösartige Miasmen, dass erst kürzlich von zwölf
Europäern zehn rasch nach einander starben, und viele oft schon nach
zwei und drei Tagen dem Klima als Opfer fallen. Selbst die Einge-
bornen und Aklimatisirten haben daselbst ein auffallend fahles, unge-
sundes Aussehen, was auf den Reisenden einen sehr peinlichen Eindruck

354 K* Heller. Über den
zu machen nicht verfehlt. Den Ufern des Grijalva entlang herrscht
überdies eine Hautkrankheit Tinna genannt, die, obgleich nicht bete-
stigend, durch weisse, rothe und bläuliche Flecken die Eingebwneft
entstellt und zuweilen selbst die Fremden ergreift. In dem gebirgige
Districte Teäpas sind Kröpfe sehr allgemein und Wechselfiebei?
gleichfalls nicht selten. Anderseits hat die Natur für die leidende
Menschheit durch einigem denFlötzgebirgen beiTedpa vorkommende
Schwefelquellen gesorgt, deren mehrere allgemein bekannt und
geschätzt sind.
Die Regierungsform Tabascos ist die föderalistische der ändern
Staaten. Der von dem Volke gewählte Gouverneur steht unter dem
Congresse der vereinigten Staaten von Mexico und verwaltet das Land
nach seinem Gutdünken. Da nun dies gewöhnlich Leute von ober-
flächlichen Kenntnissen sind, so wird für das Beste des Landes und
die Erziehung seiner Einwohner sehr wenig gesorgt, wesshalb denn
auch grosse Unwissenheit, geringe Moralität und Mangel aller bürger-
liehen Tugenden die minderen Classen und die Indianer-Bevölkerung
durchgehends charakterisiren.
Die vorzüglichsten Orte des Staates von Tdbasco sind:
1. Sau Jüan Baufista Tabasco oder Villa hennosa, Haupt-
stadt'mit 6 bis 7OOO Einwohnern, auf einer kleinen Anhöhe am linken
Ufer des Grijalca, 18 Leguas von der Meeresküste, 83 Leguas von
Campeche und 234 Leguas von Mexico entfernt, mit zwei Kirche»,
mehreren Trivialschulen, Sitz des Gouvernements und eines spani-
schen und belgischen Gonsuls. Ihre Strassen sind unregelmässig,
bergig und stets in schlechtem Zustande; die Häuser mit wenigen
Ausnahmen ebenerdig, klein und unansehnlich, und obgleich meisi
aus Mauersteinen aufgeführt, feucht und demKlima wenig entsprecheaA
eingerichtet. Nahe an 2SO Röhrhäuser brannten die Nordamerikaner
am IS. Juni 1847 nieder.
2. Tedpa, Hauptort des Districtes gleiches Namens, mit 6000
Einwohnern, zwischen dorn Tedpa-mA Puyucatengo-flvissein einer
prachtvollen gebirgigen Gegend, an der Grenze Chzdpas, 20O/ üher
dem Meeresspiegel liegend. Ein niedlicher Ort mit vielen aus Steiß
erbauten Häusern, 20 Leguas südlich von San Jüan Bautista ent-
fernt, und häufig von den Indianern Chidpas, welche Brot, Käse uftd
Früchte bringen, besucht. In seiner Nähe befinden sich die Schwefel
quellen der Hacienda del Osufre^ der Esperanto und des Puy^.

Staat von Chiäpas. 2 g 5
catengo. Nebst diesen beiden sind noch: Tiacotalpay Macuspana,
Istapa, Jalapa, Jonuta und Guadaloupe de lafrontera die bemer-
kenswertheren Ortschaften dieses Staates. Eine Stadt Namens Victo-
ria oder Vittoria, vielleicht das heutige G^a^oZolye de lafrontera
existirt nicht mehr in Tdbasco, am wenigsten aber in der Nähe der
I/affuna de Terminos, wohin sie Arrowsmith verlegt.
II* Über den Staat von Chiäpas und Soeonuseo
in der Republik llexico.
Teapa am 12. Februar 1848.
Es war am 21. Jänner d. J. als ich zum ersten Male den Boden
Chidpas und somit den sechsten mexicanischen Staat während meiner
Reise m dieser Republik betrat, und mich entschloss, während meines
Aufenthaltes Nachrichten über dieses noch so wenig bekannte Land
zu sammeln und selbe vorläufig meinen Freunden mitzutheilen. So
kurz ich auch mich zu fassen gezwungen bin, so hoffe ich doch, dass
selbst das Wenige nicht ohne einiges Interesse für sie schon gegen-
wärtig ausgefallen.
Es gibt Leute, welche den Ursprung der Bewohner Chidpas
(Chapanecos) von Nephinim, Sohn Noes, ableiten. Unter ändern
hat vorzüglich ein gewisser C. P i n e d a von San Cristobal, der seine
Notizen über Chidpas und Socanusco im Jahre 1842 der mexieani-
schen Regierung vorgelegt, dieses zu bestätigen gesucht So schwer-
fällig dieser Beweis und so unvollkommen er auch geführt ist, so kann
ich doch eine von ihm angeführte Tradition der Chapanecus nicht
unerwähnt lassen, die besagt: „dass Votan, Enkel des ehrwürdigen
Alten, welcher das grosse Schiff erbaute, um in der Überschwem-
mung sein und seiner Familie Leben zu retten, und einer derjenigen,
welche das grosse Werk eines Gebäudes unternahmen, um zum Himmel
hinanzusteigen, ausdrücklich von dengrossen Wesen ausgesandt war,
um die neue Welt zu bevölkern; dass die ersten Bevölkerer von
Norden kamen; dass, als sie Soconusco erreichten, sie sich trennten,
die einen weiter nach Nicaragua gingen, um es zu bewohnen, die
anderen aber in Chidpas blieben; dass Vota n den Menschen die
Sprache gab, die sie heute sprechen, und dass einer seiner Neffen
gegen Norden bestimmt wurde, die Länder des A n a h u a c zu theilen."

ggg K. Heller. Über den
Man mag von dieser Tradition, ihrem Ursprünge und ihrer Ver-
breitung unter den Ureinwohnern dieses Landes halten was man will:
So viel ist gewiss, dass die Chapanecos den Namen Vota n sehria
Ehren hielten, und ihn in ihrem Kalender verewigten, der ein Ver-
zeichniss ihrer Stammväter enthält. Er gleicht fast demMexicanischen,
nur weicht er von diesem in der figürlichen Darstellung der Monate
und der fünf Schalttage (Nemontemi der MexicanerJ), aus welchen
sie einen eigenen Monat machten, ab. Die Namen der Monate sind
folgende: l. Mox,2. Ygh, 3. Votan^ 4. Ghanan^ S.Abagh, 6. Fox,
7. Moxic, 8. Lawbat, 9. Molo und Mulzs^ 10. Elab, 11. Batz,
12. Enob, 13.Been^ IS. Hix, U. Tziqui^ 16. Chabin, 17. Chic,
18. Chinas, 19. Cabogh, 20. Aghual. Aus einigen derselben geht
hervor, dass die Sprache des gebildetsten Stammes die Zotzü war,
in welcher Fox Fichte, und Aghual Sohn oder Tochter bedeutet
Die Geschichte dieser Männer hat die Tradition nur schlecht
aufbewahrt. Von den meisten ist sie entweder gar nicht oder HOT
dunkel bekannt. Mox wird als erster Bevölkerer genannt, dem sie
auch zuweilen den Namen Imos oder Ninus beilegten und im Ceiba»
Baume (Bombax Ceiba L.) verehrten, unter welchem sie, nach-
dem sie ihn mit Weihrauch eingeweiht, ihre Versammlungen hielten
Diese Verehrung findet theilweise noch heutigen Tages Statt, und
spricht für die Echtheit dieser Tradition.
Votan^ den sie auch Tepanagiiaste, d. h. Herr des hohleD
Stammes, nannten, wurde als das Herz der Völker verehrt, und es
scheint sein Name in irgend einer Beziehung1 zu der verfallene]!
Stadt Copanaguaste zu stehen.
Been, der Tradition zufolge, bereiste zuerst das ganze Land,
und errichtete an verschiedenen Punkten grosso Götzenbilder, wel-
chen er seinen Namen anschrieb. Eine dieser Figuren, an der In-
schrift und feinere Verzierungen leider schon zerstört sind, stellt
noch in dem Felde von Quixte, westlich von Comitlan, und flosst
den Eingebornen die grösste Ehrfurcht ein. Sie nähern sich selkea?
mit entblösstem Haupte, verbeugen sich tief und zieren sie mit Blu-
men und Zweigen, die, wenn vertrocknet, sie sich um die Stime
winden und als Reliquien aufbewahren.
Von den übrigen ist, wie gesagt, nichts bekannt, und es bleibt
nur noch zu erwähnen, dass die Namen Hix^ Muln und Molo Mt
den, in der Yucateckischen Zeitrechnung vorkommenden Afy.Jfote

von Chiapas. 257
und Mool grosse Ähnlichkeit haben, und obgleich Yucatan später
bevölkert wurde, auf gleiche Abstammung 'hindeuten.
Alle diese, in der Geschichte der ersten Bewohner eine so
grosse Rolle spielenden Männer, wurden von den Indianern in Idolen
aus Stein und Thon geformt, verehrt und solche selbst noch lange
nach der Eroberung Mexicos durch die Spanier von denChapanecos
in dem Dorfe Huehuetlan (Land der Alten) im Districte Soconusco
(Joconocho der Mexicaner), unter Aufsicht einer alten Indianerin
in einer Grotte bewahrt, bis Bischof Nunnez de la Vega auf einer
Diöcesan- Visite im Jahre 1691 deren Aufbewahrungsort entdeckte
und sie sammt und sonders nebst wichtigen Documenten und
Malereien auf Magueypapier (Agavepapier) öffentlich zerschlagen
und verbrennen, zugleich aber auch alle ihm als Abkömmlinge der
20 Stammväter bezeichnete Personen den Inquisitions - Gesetzen
gemäss in die Klosterkerker abführen liess.
Trotz alles dieses gegen die Idolatrie gerichteten Wüthens,
wobei eine Masse des unschätzbarsten Materiales für spätere ge-
schichtliche Forschung spurlos zu Grunde ging, erhielten sieh noch
immer alte, auf sie basirte Gebräuche. Bedienen sich denn doch zur
Stunde noch die Chapanecas einer, ihrem alten Kalender ähnlichen
Jahres eintheilung von 18 Monaten, je zu 20 Tagen, welchen sie auf
die Jahreszeit und bestimmte Arbeiten sich beziehende Namen bei-
legen, fort und fort. Unter den verschiedenen Meinungen über die
Gegend, von der aus die ersten Bevölkerungen Central-Amerikas
Chiapas und Soconuscos gekommen sein mögen, ist jene die wahr-
scheinlichste , die die Einwanderung von Norden aus stattfinden lässt.
Ein Manuscript von Quixte nennt den Stammvater der Que-
lenes (älterer Name der Zotziles) NemaquicAe, als einen der drei
Brüder des fünften Häuptlinges der Tultecas^ der sie in Folge eines
Orakelspruches in grosser Menge nach CentraI-Amerika führte. Eine
Sage, die ihre historische Begründang in der Thatsache finden dürfte,
dass, wie dies die Untersuchungen über die alte Bevölkerung
Mexicos lehren, es die Tultecas waren, welche zuerst von diesem
Lande Besitz ergriffen.
Sie kamen wahrscheinlich von den Ufern des Missisippi und
Ohio, wo sich noch grosse Mauerwerke vorfinden, die weder den
Natches noch den Irokesen zugeschrieben werden können, nach
Anahuac (Mexico) herab, wohin sie auch ihre Künste verpflanzten,
Sitzb. d. mathena.-naturw. Cl. l* Bd. ^

gg§ Heller. Über den Staat
in welchen sie bereits sehr vorgerückt waren, wie dies schon der
Name Tulteca besagt, welcher so viel als Weiser oder Künstler
bedeutet. Der Beginn der Herrschaft der Tultecas fällt ungefähr
in das Jahr 608 unserer Zeitrechnung, und dauerte gegen 200
Jahre, während welcher Zeit neun Könige, von welchen jeder nfcM
mehr als 25 Jahre regieren durfte, auf dem Throne sassen.
Ihre Namen waren: Chalchintlanctzin, Ixtliicuechalinac, Huet»
zin^Tofepeuh^Nacaoc, Miti (wie sehr erinnert nicht dies er Name an
die Ruinen von Mitia)^ Xiuhtlaltzin^ Tecpantcalzin und Topütm^
Ihnen und ihren Nachkommen schreibt man die Erbauwg
grosser Städte und Monumente, wie die von üxmal, Pcdenqu^
MMa, Papantia^ Tulhdy Cholula und anderer zu. Unter der &^
gierung Topützins brach aber aus Wassermangel zuletzt eiae ^
grosse mit Krankheiten verbundene allgemeine Hungersnoth ans,
dass fast die ganze Bevölkerung dadurch aufgerieben wurde. Die
Überreste vereinigten sich theils mit den Colonien in Guatemala
theils zogen sie nach Onahuaico, dem heutigen Yucatan. Nur
wenige Familien blieben im Thale von Cholula und unter diesen
zwei Söhne Topützins^ die in späterer Zeit mit den königliche!
Familien von Mexico, Tezcuco und Cvlhuacau verwandt wurden.
Während auf diese Weise sich Central-Amerika und die Nachbar-
länder mehr und mehr bevölkert hatten, blieb das Land Avtahmw
mehr als ein Jahrhundert lang öde, und nur das Thai Cholula etwas
bewohnt, bis endlich ein anderer im Jahre 1170 von Nordes
Amerikas herabrückender Indianerstamm, die Chichimecas, die ihr
Stammland Amaquemecau nannten und die Sonne anbeteten, Besitz
von Anahuac ergriffen.
Dreizehn Könige dieses Stammes, Namens Xolotl^ NopaUw
Tlotsin, Quinatzin, Techotlalatzin 5 Ixtlixochiil^ Teltzotzam^
Maxtia, Netzahualcoyotl^ Netzahualpiftzintli, Cacamatzin^ Coe"
nacatzin mAIxtlixochitlII. regierten daselbst während 3OO Jahren.
Schon unter der Regierung Xalotl^ (12OO) kamen auch von Sei^
Michoacans die Acolhuas (Tarascas) und erhielten von ihm äie
Erlaubniss, sich in Anahuac anzusiedeln. Nach dem Tode des
letzten chichimekschen Königs trat ein Acolhua, Namens Qui-
natzintlalfecatzin, an die Regierung und gründete das Reich Ace^
huacan, dessen Hauptstadt Tezcuco im Jahre 1S21 mit Mexm
zugleich von Hernando C orte s erobert wurde.

Der letzte Stamm einwandernder Indianer endlich waren die
Aztecas, welche im Jahre 1160 ihr Vaterland Aztlan in Nord-
Californien verlassend, nach einer 36 Jahre dauernden Wanderung
über Taluca her in Anahuac eindrangen. Sie Hessen sieh zuerst
in Tula (1196), später (1216) in Tzompango und endlich (124S)
in Chapoltepec nieder, wo sie zeitweise unter dem Joche der
Könige von Tezcuco in grossem Elende lebten. Nachdem sie aber
später ihre vollkommene Freiheit sich erkämpft, übersiedelten sie
nach Itztacaico und gründeten im Jahre 1326 auf einer kleinen
Insel des Sees Tezcüco die Stadt Tenochtitlan (das heutige
Mexico), die sich bald zur Hauptstadt eines mächtigen und grossen
Reiches erhob. Unabhängig von der As^&^n-Herrschaft erhielten sich
bloss die Tarascos oder Michuacanos, die Könige von Tezcüco,
die Tiascaltecas und Onahualcos, obgleich einige derselben an die
mexicanischen Kaiser Tribut zahlten. Die Namen der aztekischen
Regenten sind: Akamapitzin (regierend von 13S2 — 89) ßüitzi-
Uhuiti (regierend von 1389 — 1410), Chimalpopüca (regierend
von 1410 — 26), I&cohuatl (regierend von 1426 — 3&), Huhue
(der alte) Mocteuzoma (regierend von 1436 — 64), Axayacail
(regierend von 1464—1477), Tizoc (regierend von 1477—82),
Ahuitzotl (regierend von 1482—1SO2) Mocteuzoma X^cayatzin
(der unglückliche, regierend von 1^02 — 1S2O), ChmtlahuiaUw
(regierend 1S2O, 3 Monate desselben Jahres) und Cucthufemotzin
im selben Jahre. Die berühmtesten der ersteren dieser Herrseher
waren Huit&ilihuitl, der die Macht seines Volkes begnmdete,
hcohuati und Ahuitzotl, welche sie über zehn Staaten ausdehnten.
Unter der Regierung des letzteren fiel der Staat CMdpas
durch seinen Feldherrn Tlitototel in die Hände Mexicos und blieb
dessen Herrschern bis zur Auflosung dieses Reiches (1^21) unterthan.
Die Ünterjochungs- und beständigen Parteikriege der einzelnen
Stämme unter sich scheinen Chiäpas^ ein gebirgiges Land mit
verschiedenen Indianerstämmen, meist Reste gesprengter und flüch-
tiger Heereshaufen, bevölkert zu haben, und nur die Zot&iles
können als Abkömmlinge der alten Tultecas noch theilweise nach-
gewiesen werden. Sie zeichnen sich jetzt noch durch einen domini-
renden,. aber milden Charakter, grosse Geschicklichkeit und Fähig-
keit in Erlernung neuerer Künste aus. Selbst ihre Sprache, die
Zot&ü, ein Dialekt oder eine Ausartung der Mq/o-Sprache, die
l7*

^g0 Über den Staat
ich für die der Tultecas zu halten geneigt bin, dürfte zu dieser
Annahme berechtigen.
Nach der Eroberung Mexicos theilte Chidpas die Schiebak
aller übrigen von den Spaniern unterworfenen Länder. AnfängfiA
mit Mexico verbunden, später einen Theil des General-Capitamafes
von Guatemala bildend, schloss sich Chidpas im Jahre 184t aa
Yucatan, neuester Zeit aber wieder an Mexico an. Soconusco theilte
bis zum Jahre 1821, dem der Unabhängigkeits - Erklärung, gleiches
Loos mit Chidpas. Während sich dieser Staat aber an Mexico aa-
schloss, bildete jener bis 1842 ein neutrales Land, auf welches
Guatemala und Mexico gleichen Anspruch machten, bis es roa
letztern mit Waffengewalt bezwungen, dem Staate Chidpas wieder
einverleibt wurde.
Geographie und Statistik.
Chidpas und Soconusco liegen zwischen dem 1S° und 17° W
nördlicher Breite und dem 91° und 94° westlicher Länge von Green-
wich. Ihr Flächeninhalt beträgt nach dem Census von 1838: 7,SOO
Quadrat-Leguas (28 auf den Grad gerechnet) mit 160,083 Einwog
nern. Davonkommen 117,136m Dörfern und 30,789 auf Landgüten
wohnende Chidpas, und 11,468 in Dörfern und 693 auf Landgütern
lebende Einwohner auf Soconusco.
Der ganze Staat zerfällt in 7 Districte und IS Kreise mit
4 Städten, 7 Marktflecken (villas), 96 Dörfern und S91 Landgütern
(fincas rusticas). Nimmt man als Maximum eine Ya Quadrat-Leguas
Flächeninhalt im Durchschnitte für jeden dieser Orte, so klein er
auch sein mag, an, so entfallen bloss S3y^ Quadrat-Leguas für säJnmt-
liche Ortschaften, und die übrigen 7,446 Vs Quadrat-Leguas für die
Landgüter und unbevölkerten Landstriche. Wie schwach die Bevölke-
rung des ganzen Landes sei, ergibt sich schon daraus, dass, während
auf eine Quadrat-Leguas jener 83% Leguas 2,426 Einwohner komr
men, deren Kopfzahl für den Rest per Legua durchschnittlich auf
4 herabsinkt.
Von diesen 160,083 Einwohnern sind 132,188 reine Indianer,
die übrigen Weisse und Mestitzen (Ladinos), eine kleine Anzahl
Neger ungerechnet.
Die politischen Grenzen sind: Im Norden Tabasco, im Westes
Oaxuca^ im Süd-Westen (in Soconusco} der stille Ocean, im Osten

von Chiäpas. 261
CentraI-Amerika; alle aber nach keiner Seite hin genau festgestellt
und bezeichnet; die meisten Karten sind hinsichtlich der Grenzen un-
richtig und die Lage der Ortschaffen betreffend, häufig ganz falsch.
Gebirge: Drei Gebirgsketten durchschneiden das Land von
Ost nach West, deren mittlere sich in die Cordillera de la Siera
madre fortzusetzen scheint. Eine ihrer höchsten Spitzen ist der
Berg ffueitepec, östlich von San Crisfoval 5 auf 8,500' über der
Meeresfläche geschätzt. Sie schliessen die fruchtbarsten Thäler mit
dem herrlichsten Klima ein und bilden das Paradies der Republik.
Flüsse: Die wasserreichsten und schiffbarsten, weichesich
alle iß den Golf von Mexico ergi essen, sind:
1. Der Chidpa, welcher in den Gebirgen von Cuchumallanes
in CentraI-Amerika entspringt, Anfangs von Ost nach West, später
von Süd nach Nord, den ganzen Staat durchströmt und in der
Provinz Tabasco, unter dem Namen Grijalva oder Tabasco sich
bei Guadalupe de la fronfera in den Golf ergiesst.
2. Der Osumasinta, welcher seinen Ursprung in den Gebirgen
von Peten und dem See Panajachel hat und sich vor seinem Aus-
flusse in drei Äste spaltet, von welchen der eine in die I/aguna de
Terminos, der zweite bei der Barre von San Pedro y Pablo in
den Golf, der dritte hingegen, auch Tres bocas genannt, bei Mesca-
lapa^ in den Tabasco kurz vor dessen Ausfluss mündet.
3. Der Tulija, der südlich vom Dorfe Bachajon entspringend,
unter dem Namen Puscatan sich in den Golf ergiesst. Der Blanquillo
von den Gebirgen Isguatans kommend, der Tedpa in den Umgebungen
Pantepeques und San Bartolome de Ginebras entspringend und
der Magdalena- oäer Santo Monica-Flviss, von den Gebirgen Tapa-
lapds kommend, münden sämmtlich in den Grijaha oder Tabasco.
Ausser diesen 6 Hauptflüssen zählt Chidpas noch mehr als 30 klei-
nere, theilweise schiffbare Nebenflüsse nebst zahllosen Bächen. Die
am stillen Ocean liegende Dopendem Soconusco zählt 27 sich in
denselben ergiessende Flüsse, von welchen folgende schiffbar sind:
. l. der Tilapa, vereinigt mit den Naranjo bei der Barre Ocoz; dann
2. der Suchiafe bei der Barre von Ayutia; 3. der Cujohacan bei
der Barre gleiches Namens, und 4. die drei Cohatanes bei der Barre
von San Simon.
Seen: l. Der Tepancuapan im Districte von Comitlan,
6 Leguas lang und in seiner grössten Ausdehnung l Legua breit,

ogg Heller. Über den S last
Man findet ihn auf Baron Humboldts. Karte unter dem Nairiea Lag^
de Chidpas verzeichnet; 2. Der Lago de fosJslotes, in demselben
Distriete zwischen Central-Amerika und Chidpas, der sich nach SW-
Ost ausdehnt und dessen Grenzen unbekannt sind: 3. dc^r lusmjajb,
eine halbe Qua'drat-Legua gross im selben Distriete; 4. der Swnew-
sujul im selben Distriete von San Crfsfoval, klein, aber pemamt
wasserreich, mit zwei aus ihm entspringenden Flüssen. Unter am
Seen, welche durch das Austreten von Flüssen gebildet werden, i$t
vorzüglich der Catazaja im Distriete von Palenqne zu nenüe^
welcher vier Leguas lang und eine halbe Legua breit ist. An seinen
Ufern steht das Dörfchen las Playas^ welches man als den Hafea
Chidpas für Yucafan betrachten kann. In Soconusco trifft maß
l. den Logo de los potreros^ gebildet durch die Vereinigung vo%
11 Flüssen, 16 Legua lang; 2. den Lago Cohafanes, gebildet durch
die drei Flusse gleiches Namens: und 3. einen See. gebildet dur^h
die Flüsse Donna Maria und Cacaluta.
Bewohner Chiapas.
Die Bewohner Chidpas zerfallen, wie bemerkt, in zwei Classea,
nämlich: In Eingeborne (Indigenas), Weisse und Mestizen (Ladi-
nos). Die Eingebornen selbst theilen sich wieder in solche, die das
Bürgerrecht besitzen (Avecindadas} und in freie Indianer (Lacan-
dones). Die ersten gehören vielen Stämmen an, und sprechen
11 Sprachen, nämlich: die Lengua wejicana^ zoque 5 casdaly
trokek, chiapaneca, zotzil, zendaly maya, chol^ chiche und mrfme,
welche sich vielleicht bei genauerer Untersuchung auf 4 oder 8
Hauptsprachen zurückführen lassen. Während die Verwandtschaft
derZofayZ- zur Ma^o-Sprache unverkennbar ist, zeigt andererseits
die ZfO^ue- mit der Mejicana- oder Azteca -Sprache grosse Ähn-
lichkeit.
Die Lebensweise und der Charakter der Ckicipanecas-lnäiwiw
ist wenig verschieden von dem der übrigen Indianerstämme Mexicos;
ihre Beschäftigung ist der Feldbau, ihr Abgott der sie nach und nach
vertilgende Branntwein. BIoss die Bewohner Chamulds und alle
übrigen Zotziles, besonders aber erstere, eine kleine Völkerschaft
von 10,131 Seelen, machen eine vortheilhafte Ausnahme. Ihr Kör-
perbau ist schon, kräftig, ihr Charakter mild und beherrschend zu
gleicher Zeit, ihre Geschicklichkeit und Fähigkeit in Erlernung von

von Chiapas. 263
Künsten gross. Die Bewohner Chamulds sind es, welche den Staat
grösstentheils mit gegerbten Fellen, Schuhen, Töpfen, Harfen,
Violinen, Guitarren versehen, und die besten Baumfäller, Maurer
und ziemlich gute Schreiner abgeben. Sie sind als der älteste Stamm
des Landes bekannt und wahrscheinlich Abkömmlinge der Tultecas.
Die freien Indianer (Lacandones) bewohnen das heisse, aber
fruchtbare Land an den Ufern des Osumasinta gegen Central-
Amerika hin und trotzten bisher noch allen gemachten Civilisations-
Versuchen. Ihre vorzüglichste Beschäftigung ist die Jagd, der Fisch-
fang, der Anbau des Maises und des Tabaks. Sie gehen stets mit
Bogen und Pfeil bewaffnet, den sie mit grosser Sicherheit und
Fertigkeit handhaben. Ihr Körper ist wohlgebaut, ihre Haare sind
straff und vielleicht in Folge mangelnder Kopfbedeckung frühzeitig
spärlich, ihre Haut etwas lichter als die der übrigen Indianer. Die
Kleidung der Männer besteht in einer Art von bis zur Mitte des
Schenkels reichenden Hemdes, unter welchem sie um die Hüften
einen von ihren Weibern aus Waldseide geflochtenen Gürtel tragen.
Die Weiber tragen einen um den Leib gewundenen Wollstoff, der
von den Hüften bis an die Knie reicht (Enagua) und zuweilen auch
noch ein kleines Hemd über die Brust (ffuepil). Die Kinder gehen
nackt. Die Lacandones verachten den Branntwein, und wenn sie in
die Dorfer kommen, so geschieht es bloss, um Waldwachs, Honig und
Thierfelle zu verkaufen oder gegen ihnen fehlende Artikel zu ver-
tauschen.
Der älteste der Familie, zuweilen auch der stärkste, Neguate
oder Nagutlat genannt, regiert das Haus. Seinen Befehlen gehor-
chen alle unbedingt und ehrfurchtsvoll. Man hält sie für Sonnen-
anbeter, wenigstens konnte man sich noch keiner ändern Art von
Idolatrie unter ihnen vergewissern. Ihre Sprache scheint die Zen»
dal und Chol zu sein, ihre Stammväter mochten vielleicht die
Chichimecas gewesen sein, welche ebenfalls die Sonne als höchstes
Wesen anbeten.
Die Weissen und Ladinos endlich, welche spanisch sprechen,
27.898 an der Zahl, tragen den Charakter der spanisch-amerikani-
schen Bace an sich und leben als die Herren des Handels und der
meisten Landgüter in einer solchen Indolenz dahin, dass Ackerbau,
Gewerbe und Volksbildung unmöglich weder gedeihen noch fort«
schreiten können.

4 Heller. Über den Staat
Producte: Chidpas und Soconusco unter dem besten te®.
pischen Himmelsstriche gelegen, begünstigt durch seine Lag^ riri.
sehen zwei Meeren mit einem durch seine Gebirge auf das Maiaig-
faltigste gearteten Klima und einem äusserst fruchtbaren Bote
gesegnet, bieten einen Reichthum an Naturproducten, wie man iha
kaum an einem ändern Punkte der neuen Welt auf einem Areale von
nur 7,SOO Quadrat-Leguas vereinigt findet. Ohne in ein Näheres
einzügehen, will ich hier nur in Kürze die wichtigsten Produete
beider aufzählen.
Aus dem Pflanzenreiche liefert der Boden je nach seinen
klimatischenverhältnissen: Mais, Reis, Weizen, Gerste, alle Früchte
der Tropenländer und Süd-Europas, wie Indigo, Oliven, Croton-Lae,
Mahagony, Campesehe- und Brasilholz nebst anderen Färbestoffea
der Indianer, den Drachenbaum, Copal, Liquidamber, Fichtenharze,
Courbaril, Guajak, Wachbolder) Agaven (Maguey), wilden und
cultivirten Wein, Tabak, Baumwolle, Cacao der besten Sorte, Vanille,
Zucker, Kaffee, Gummi elasticum, Copite, Sassaparille und eine Un-
zahl aromatischer, purgirender und astringirender Pflanzen, alie
Arten Bauholzes von der Fichte und Eiche bis zum feinsten Caoba-
holze.
AusdemThierreiche trifftman alle Haustbiere Europas anuad
findet desshalb allenthalben Schafwolle, Milch, Butter, Käse etc. etc.,
ferner Hirsche, »Rfehe, Wildschweine, Hasen, Tapire, Dachse, Fisch-
otter. Füchse, Waschbären und Affen, die gemeinschaftlich mit den
Kuguars, Onzen, Wildkatzen, zahllosen Reptilien und Insecten die
Wälder bewohnen; ferner Fasanen, viele Arten Repphühner mi
Tauben, die prachtvollsten gefiederten Raub- und Seevögel; in den
Flüssen Fische, Krebse und Schildkröten in Gesellschaft furchtbarer
Kaimane; am slillen Ocean alle Meeresproducte; auf der Opuntia die
Cochenille.
Das Mineralreich liefert Kochsalz, Soda, Schwefel, frei und
in Quellen Erdharz; auch edle Metalle fand man in letzterer Zeit.
Die Industrie Chidpas, noch in ihrer Kindheit liegend und
verwahrlost, hat bis jetzt alle diese Producte nur wenig oder gar
nicht zu benützen gewusst, obgleich sie ohne alle Pflege und Ver-
vielfältigung für sich allein schon hinreichten, den Wohlstand des
Staates zu begründen und letzteren zu einem der reichsten Central-
Amerikas zu erheben.

von Chiäpas. 268
Das gröbste Hinderniss für den Handel liegt in dem fast ab-
soluten Mangel von Wegen und der grenzenlos schlechten Be-
schaffenheit der wenigen vorhandenen, so dass aller Import- und
Export-Handel nur auf dem breiten Rücken der Zoyu^-Indianer
betrieben werden kann. Sowie die Industrie, so stehen auch Bil-
dung, Künste und Wissenschaften daselbst auf sehr niederer Stufe,
noch tiefer aber ist durch die Sorglosigkeit der Geistlichkeit Chiäpas
die Moralität seiner Einwohner herabgekommen, und erstaunt, aber
auch vergebens fragt man nach den weisen Anordnungen des edlen
Las das äs.
An die Stelle der Idolatrie der Ureinwohner ist eine neue
Religion getreten, die sich auf die Namen skenntniss einiger Heiligen
beschränkt und ein seltsames Gemisch aus altem Aberglauben,
Ketzerei und Katholicismus bildet. — Der ganze Staat besitzt nicht
mehr als l S Schulen, und diese in einem über alle Begriffe kläglichen
Zustande.
Städte: l. San Cristoval, Hauptstadt des Landes, im Jahre
1528 von Diego Mazeriego unter dem Namen Villa real gegründet»
veränderte ihn im Jahre 1S29 in Vitia mciosa, anno 1531 in San
Cristoval, anno 1S36 in Oiudad real und behielt den letzteren bis
1829, in welchem Jahre der mexicanische Congress ihr den altern
Namen Ciudad de San Cristoval wieder gab; zählt 6,912 Ein-
wohner, besitzt mehrere Schulen, ist der Sitz der Regierung und
eines Bischofes.
2. Comitlan, 20 Leguas südöstlich von San Cristoval, mit
S,O56 Einwohnern und bedeutenden Alterthümern in der UmgebüBg.
3. Tapachula in Soconusco, 123 Leguas südwestlich von
San Cristoval und 8 Leguas vom stillen Ocean entfernt, mit 3,60^
Einwohnern.
4. Tuxtia, 16 Leguas westlich von der Hauptstadt mit 4,868
Einwohnern.
Die merkwürdigsten Ortschaften sind: Chamula, 6 Leguas
südöstlich von San Cristoval mit 824 Einwohnern und alten Ruinen:
Chidpa, 14 Leguas von San Cristoval und 8 Leguas von Tuxtia
mit 2,826 Einwohnern, der erste von Spaniern im Lande gegründete
Ort (1S27): Huistan^ 6 Leguas Östlich von San Cristoval» mit
2,OS4 Einwohnern und einer alten Pyramide: Ocosucoautia 5 22
Leguas südwestlich von San Cristoval mit 1,348 Einwohnern, und

266 Ettingshausen. Formel für die Wirkung
alten Fortificationen; Ococingo, 24 Leguas nordöstlich von San
Cristoval mit 2,880 Einwohnern und den bedeutenden Ruinen der
zerstörten Stadt Tulhd, in der Nähe Zitate 8 Leguas von letzterea
Orte entfernt mit 84S Einwohnern und einem alten pyramidale
Grabe; Palenque, 88 Leguas nordöstlich von San Cristoval mit
1,297 Einwohnern, weltberühmt durch die ausgedehnten Ruinen de?
zerstörten Stadt Culhuacan; ffuista in Soconusco, 107 Leguas
südwestlich von San Crisf oval mit 2S4 Einwohnern, bemerkenswert!!
wegen der oben besprochenen Statue Beens: Acala, 8 Leguas süd-
westlich von San Crisioval mit 609 Einwohnern und AlterthümerB,
in der Nähe Copanabastia (verfallen) im Districte von Comitlan,
berühmt durch seine Ruinen.
Regierung: dem Foederalsystem der vereinigten Staaten von
Mexico entsprechend.
Einkünfte: 51,418 Thaier.
Professor v. Ettingshausen überreicht nachstehende Note
über den Ausdruck der zwischen einem galvanischen Strome uad
einem magnetischen Punkte stattfindenden Action.
Es »ei äs ein Elementartheilchen eines linearen Elektricitäts-
leiters, k die Intensität des darin vorhandenen galvanischen Stromes,
m der in einem gegebenen Punkte concentrirte Magnetismus, u die
Länge der von diesem Punkte zum Elemente ds gehenden Geradea
und ^ der Winkel derselben mit dem Elemente, so wird die Grosse
der bewegenden K-raft, womit das Stromtheilchen auf den magneti-
schen Punkt, wie auch dieser auf jenes einwirkt, durch das Product
, sin j) -
ckm ——r""^
dargestellt, wobei c eine mit der Wahl der Einheiten für die Strom-
stärke und für den Magnetismus in Verbindung stehende Constante
bezeichnet. Die Richtung dieser Kraft ist gegen die Ebene des
Winkels ^ senkrecht; der Sinn, in welchem sie wirkt, hängt ab von
der Richtung de& Stromes in dem Leiter, und von der Art des Mag-
netismus; die Richtung der Kraft kehrt sich um, wenn entweder die
entgegengesetzte Strömung derElektricität, oder der entgegengesetzte
Magnetismus waltet, und wird in jedem einzelnen Falle nach der von
Ampere gegebenen Regel leicht erkannt.

eines galvanischen Stromes auf einen magnetischen Punkt. 20T
Handelt es sich um die Beurtheilung der Einwirkung des ge-
sammten Stromes auf den magnetischen Punkt, so sind zunächst die
Componenten dieser Action zu bestimmen. Um die Kraft X zu
finden, womit der magnetische Punkt nach irgend ^iner gegebenen
Richtung hin getrieben wird, muss man die Action jedes einzelnen
Stromtheilchens auf den magnetischen Punkt nach dieser Richtung
zerlegen; und alle solcherweise erhaltenen Componenten mit ge-
höriger Rücksicht auf ihre Zeichen addiren. Ist o) der Winkel
der vorgezeichneten Richtung mit der auf die Ebene des Winkels ^
senkrechten Richtung der vom Elemente äs ausgehenden Kraft, so
ergibt sich sonach
-_ , f sin ^ cos u ,
X == ckmJ ——-g——— ds,
wobei die Integration über den Theil des Stromleiters, dessen Action
man betrachtet, auszudehnen ist.
Dieser Ausdruck lässt sich auf eine sehr einfache Weise um-
stalten. Für je drei Richtungen im »Räume erhält das Product des
Sinus des Winkels zweier derselben mit dem Cosinus des Winkels
der auf die Ebene des vorgenannten Winkels senkrecht stehenden
und der dritten Geraden bei jeder der hier möglichen drei Com-
binationen einerlei numerischen Werth. Es entspricht nämlich dieses
Product dem Rauminhalte eines Parallelepipeds, dessen Seitenlinien
sämmtlich der Längeneinheit gleich sind, und die erwähnten Rich-
tungen haben. Dies vorausgesetzt sei y der Winkel zwischen den
Richtungen von -X und ds, und Q der Winket, den die auf die Ebene
von y senkrechte Gerade mit der Linie u bildet, welchen Winkel
wir so nehmen, dass cos.ö dasselbe Zeichen wie cos ü) erhält1),
so haben wir
sin ^ . cos OJ === sin y. cos 6.
mithin auch
X^ckmf^-^9 ds.
l) Wählt man den Sinn dieser Senkrechten dergestalt, dass sie rücksichtlich der
Richtungen von X und ds dieselbe Lage hat, wie die auf die Ebene des Win-
kels ^ senkrechte Richtung der Kraft, womit der magnetische Punkt das
Strom element treibt, gegen die Richtungen von ds und u, so geschieht dieser
Bedingung jederzeit Genüge.

268 Ettingshausen. Formel für die Wirkung
Man denke sich nun an jedem Punkte des Stromleiters em
unendlich kleine Linie ==• dx angefügt, parallel zur Geraden, längs
welcher X wirkt, und bezüglich der dieser Kraft vorgezeichn^
Richtung entgegengesetzt gestellt; multiplicirt man den vorher-
gehenden Ausdruck mit dx, so wird
- , /sin 9. cos 6 ,
X d x == ckm f ——-4—— ds dx.
Das Product ds dx, sin y stellt den Flächeninhalt eines unend-
lich kleinen Parallelogrammes dar, dessen Seiten ds, dx sind^ und
den Winkel o? bilden. Das Product dieses Flächeninhaltes mitcos6.
1 ^ u^
drückt die Projection desselben auf eine mit dem Halbmesser l um
den Punkt m als Mittelpunkt beschriebene Kugelfläche aus, welche
Projection den Durchschnittspunkten der von dem Kugelcentrum zu
dem Parallelogramm gehenden geraden Linien und der Kugelfläche
entspricht. Betrachtet man einen geschlossenen Stromleiter, und
fasst man das Stück V der Kugelfläche in das Auge, welches dessen
Projection zur Begrenzung hat, so sieht man leicht, dass das
Integral
/siny.cos B , ,
1—— ds dx
u2
die Änderung angibt, welche die Fläche Verleidet, wenn jeder Punkt
des Stromleiters um das oben bezeichnete Stückchen dx verschoben
wird, oder was dasselBe ist, wenn der magnetische Punkt längs der
Richtung von x und dx fortrückt. Man kann daher auch
X. == ckm—,
setzen, und es spielt sonacTi die Fläche V dieselbe Rolle, wie das
sogenannte Potenzial in der Theorie der gewöhnlichen elektrischen
Anziehung und Abstossung, ein Satz, der bereits von G aus s ausge-
sprochen worden ist. (S. Resultate aus den Beobachtungendes magne-
tischen Vereins im Jahre 1838, S. S2.)
Denkt man sich durch den Stromleiter irgend eine Fläche (T
gelegt, und bezeichnet man mit da ein Element derselben, mit u die
Länge der Geraden, welche den magnetischenpunkt mit dem Elemente
da verbindet, und mit 9 den Winkel der vom Punkte m beginnenden
Richtung von u mit der Normallinie der Fläche am Elemente da^ welche

eines galvanischen Stromes auf einen magnetischen Punkt. 269
wir nach der Seite der Fläche hin betrachten, nach welcher die vor-
hin auf die Ebene des Winkels y gestellte Senkrechte weiset, so
kann man
^ Asos 6
^ v- -^ds
setzen, wobei die Integration sich über die ganze durch den Strom-
leiter begrenzte Fläche o erstreckt.
Man lege unendlich nahe zu dieser Fläche auf der Seite, nach
welcher die Normalen gehen, eine zweite, und bezeichne das Stück
der Normallinie am Elemente da^ welches zwischen beide Flächen
fällt, mit <^?, ferner die dem Ende dieses Stückes entsprechende
Änderung von u mit &u, so ergibt sich wegen
6u
cos 9 = Öp
und
die Formel
y= - f^do.
J ^
J ^
Man kann diese Formel auch so darstellen:
,. l da r l da
J_ da_ FJ\_
~W^ J 'W
6p u J 6p u-^-Su.
In dieser Gestalt lässt sie das Potenzial V als den Inbegriff der
Potenziale von Magnetismen erscheinen, welche auf beiden Flächen
so vertheilt sind, dass auf je zwei in normaler Richtung einander
correspondirende Elemente gleiche Mengen entgegengesetzter Magne-
tismen kommen und die Dichte des Magnetismus an jedem Elemente
wie da, dem entsprechenden Abstande Sp beider Flächen an dieser
Stelle verkehrt proportionirt ist. Dieses Resultat ist derAmp ere'sche
Satz, vermöge welchem die Action eines in sich zurückkehrenden
galvanischen Stromes in elektromagnetischer Hinsicht mit jener
einer beliebigen von ihm begrenzten und beiderseits in unendlicher
Nähe mit entgegengesetzten Magnetismen bekleideten Fläche über-
einstimmt.
Man kann mittelst dieses Satzes auf eine sehr einfache Weise
zu dem Ausdrucke für das Gesetz der Action zwischen zwei Elemen-
tartheilchen galvanischer Ströme gelangen, zu welchem Ende maa

270 Baumgartner. Wirkung der Laftelektricität
.gewissermassen nur den von Ampere zur Begründüng »sAi^
Theorems betretenen Weg in umgekehrter Richtung zu verfolga
braucht, was jedoch, da dadurch kein neues Ergebniss gewoaia
wird, hier angedeutet zu haben genügt.
SITZUNG VOM 20. JULI 1848.
Der Präsident der Classe, Herr Dr. A. Baumgartner, hält fol-
genden Vortrag: Über die Wirkungen der natürlichea
Elektricität auf elektro-magnetische Telegraphen.
Die Elektricität war lange Zeit nur als zerstörende Kraft gefürchtet
und man dachte nicht daran, von ihr Nutzen zu ziehen. Als T ranklia
der Luftelektricität den Weg vom Himmel zur Erde vorzeichnete,
hatte er nur im Auge, eine Defensivanstalt gegen Blitzschaden zu
errichten. In unserer nach materiellen Vortheilen aller Art riugendefi
Zeit, wo die Wärme Wägen zieht und Schiffe treibt, wo das Licht
zeichnet und mahlt, musste auch die Elektricität eine industrielle Func-
tion übernehmen, und in der That verrichtet sie die Dienste eines
Graveurs und Schriftstechers, Ja sie muss sprechen, sehreiben und
drucken, und unsere Gedanken im wörtlichen Sinne mit Blitzesschnelle
in einem in der Luft gespannten isolirten Drathe in weite Fernen
tragen, d. h. telegraphiren. Diese Elektricität wird künstlich hervor-
gerufen, allein man kann nicht verhüten, duss sich die natürliche
Elektricität desselben Canals bediene, und so kommt es, dass sich
oft ein Strom natürlich er El ektricität in unsere telegraphische Corre-
spondenz mischt, uns ins Wort fällt und unsere Sprache undeutlich
macht, ja sogar bei seiner unverhältnissmässigen Stärke die telegra-
phische Leitung beschädiget oder zerstört, und die Sprachapparate
zum ferneren Dienste untauglich macht.
So misslich aber auch solche Einwirkungen für unsere telegra-
phisehen Zwecke sind, so kann doch die Wissenschaft davon Nutzen
ziehen. Darum habe ich die an unseren ausgedehnten telegraphisctea
Einrichtungen bemerkten Wirkungen der natürlichen Elektricität
gesammelt, und theile sie hier in Kürze mit.
Es ist längst bekannt, dass sich nicht bloss zur Zeit, wo sieh
ein Gewitter ausbildet, oder zum Ausbruch kommt, Elektricität in der

auf magnetische Telegraphen. 271
Luft befinde, sondern dass dieses sogar bei ganz heiterem Himmel
der Fall ist; doch kannte man diese bisher nur im Zustande des
Gleichgewichtes als elektrische Spannung. Strömungen in der Luft
oder von der Luft zur Erde und umgekehrt» wurden bisher, mit Aus-
nahme jener zerstörenden Ausbrüche, die man Blitzschläge nennt, und
anderer durch Blitzableiter vermittelten, auch nur zur Zeit eines Ge-
witters bemerkbaren, nicht wahrgenommen. Von solchen kann man sieh
aber bei telegraphischen Wirkungen überzeugen, wenn man statt der
gewöhnlichen, zum Telegraphiren bestimmten, und aus guten Gründen
nicht sehr empßndlichen Indicatoren andere besonders empfindliche
Multiplicatoren in die Leitung einschaltet, und die beiden Enden der
Leitung in die Erde versenkt. Ich wurde sie zum ersten Male gewahr,
als ich zum Behufe einer anderen Forschung einen sehr empfindliehen
Differential - Multip licator in die Leitung einschaltete, welche von
Wien bis Prag reicht, und eine Länge von nahe 61 Meilen hat. Dieses
geschah im Monat März zu einer Zeit, wo die Luftwärme noch gering
war, sich noch keine Neigung zur Gewitterbildung gezeigt hatte, und
man nicht annehmen konnte, die bemerkte Elektricität bestehe aus
Überbleibseln eines vorausgegangenen Gewitters. Um sie aäher zu
studiren, wurde auf der südlichen Telegraphenlinie, die 40 Meilen
lang ist, ein Multiplicator nach Nobili's Einrichtung in die Kette
gebracht, und von Seite der zum Telegraphiren bestellten Organe
fleissig und regelmässig beobachtet. Die Beobachtungen auf der
nördlichen Linie mittelst des besonders empfindlichen Multiplicators
zeigten, dass die Magnetnadel fast immer in Schwankungen begriffen
sei, und dass nur kurze Pausen der Buhe vorkommen; die Schwan-
kungen erschienen von verschiedener Grosse, und es folgten stärkere
auf schwächere m ungleichen Zeitabschnitten, &o dass man hätte
glauben können, es werden diese Bewegungen durch unregelmassige
Luftströme hervorgebracht, wenn man nicht dieÜberzeugung gehabt
hätte, dass die Nadel gegen Luftstösse vollkommen geschützt sei.
Die auf der südlichen Linie dauernd, jedoch mit weniger empfind-
lichen Instrumenten angestellten Beobachtungen lassen schon Einiges
über die Richtung und Dauer der Ströme entnehmen, von welchen
diese Schwankungen herrühren. Es ergaben sich da nämlich nach-
stehende Wahrnehmungen:
l. Nur äusserst selten spielt die Nadel auf den Punkt ein, wel-
cher durch die Torsion des Aufbängungsfadens und ihren nicht

272 Baumgartner. Wirkung der Luftelektricität
vollkommen astatischen Zustand bestimmt wird, sondern fast n^
weicht sie von diesem stets mehr oder weniger ab, zum BewA^
dass sie von einem elektrischen Strome afficirt werde.
2. Die beobachteten Abänderungen sind 'von zweifacher Art,
grössere, die selbst SO0 erreichen, und kleinere von Vg0—8°. Erstere
treten seltener ein, und wechseln an Richtung und Stärke so, (fass
sich daran kein Gesetz wahrnehmen lässt, während letztere an an
einfaches Gesetz gebunden zu sein scheinen. So weit die Beobach-
tungen in Wien und Gratz bis jetzt reichen, scheint angedeutet m
sein, dass der elektrische Strom bei Tage von Wien und Gratz nadh
dem höher gelegenen Semmering hinziehe, während bei Naetedt
seine Richtung umgekehrt ist. Der Wechsel der Stromrichtung seheV
nach Sonnenauf- und Untergang einzutreten.
3. Bei trockener Luft und heiterem Himmel wird der reget-
massige Strom durch andere unregelmässige weniger gestört, ab M
kühlerer Zeit und bei regnerischem Wetter.
4. Der bemerkte elektrische Strom ist in der Regel stärker,
wenn die Leitung in einer geringeren Entfernung vom BeolaA-
tungsorte geschlossen wird, als wenn dieser Schluss in einer grossea
Entfernung erfolgt, ja oft ist der Strom in der langen Kette dem m
der kurzen gar entgegengesetzt. Da wo ein Unterschied in der
Stromstärke stattfindet, ist derselbe weit grösser, als dass er w
dem im längeren Leiter grösseren Leitungswiderstande hergeleiN
werden könnte.
Bei ^bewölktem Himmel, besonders beim'Beginn eines Strich»
regens oder gar, wenn ein Gewitter am Himmel steht, zeigen sich oft
elektrische Ströme im telegraphischen Leitungsdrathe, die stark genu^
sind, um die keineswegs besonders empfindlichen telegraphischea
Indicatoren zu afficiren. Mehrmal fängt die Magnetnadel zu spielen an,
und man glaubt eine Aufforderung von irgend einer auswärtigen Station
her zur Bereitschaft für eine bevorstehende Correspondenz erwarten
zumüssen,*alleindieZeichenhabenkeineBedeutung, wechseln unregel-
massig und erfolgen meistens nur nach einer Richtung hin, und rieht
selten stellt sich die Nadel eine gute Weile hindurch in die La^e
der grössten Abweichung. Durch solche Einwirkungen wird oft äe^
Magnetismus der Nadel zerstört, und deren Polarität umgekehrt, s^
dass man sie auswechseln und neu magnetisiren muss, um sie wieder
diensttauglich zu machen. Auf der südlichen Linie, wo die eleirtrf-

auf magnetische Telegraphen. 273
sehen Erscheinungen überhaupt eine viel grössere Rolle spielen,
ab auf der nördlichen, wurde sehr oft zur Zeit, als noch der
Nachtdienst nicht eingeführt war, und man die Indicatorkästen
allenthalben über Nacht gesperrt hatte, am Morgen der Magnetis-
mus der Nadeln völlig zerstört gefunden und doch war nicht daran
zu denken, dass dieses durch absichtlich erzeugte künstliche Ströme
bewirkt worden sei.
Schon beim Einziehen der Leitungsdräthe auf der nordlichen
Linie klagten die Arbeiter häufig über einen Krampf, den sie beim
Anfassen der Dräthe zu fühlen vorgaben, in der höher gelegenen
Steiermark kam man aber bald zu der Überzeugung, dass dieser
Krampf von elektrischen Entladungen herrühre; sie unterblieben auch,
als man die Dräthe nicht mehr mit blossen Händen anfasste. Einer der
Arbeiter, Namens Hell, erhielt bei Kranichfeld in Steiermark einen
so starken Schlag, dass er zusammen sank, und den rechten Arm
nicht bewegen konnte. Der ünterinspector Schnirch, der diesen
Erscheinungen eine besondere Aufmerksamkeit widmete und die
Beobachtungen auf der südlichen Linie leitete, erzählte, dass er öfter
beim Auslösen der Dräthe, das man wegen eines sich nähernden
Gewitters für nöthig hielt, mehr oder weniger heftige Stosse
empfunden habe. Namentlich berichtete'er mir, dass er einmal» als
er einen Indicator an den Apparatkasten anschrauben wollte, und
zufällig die beiden Leitungsdräthe berührte, einen Schlag in den
Händen empfunden habe, der bis in die Armgelenke reichte.
Es ist leicht einzusehen, dass die Wirkungen der Elektricitat
auf Telegraphen am stärksten ausfallen müssen, wenn ein Gewitter
am Himmel steht, oder im Ausbruche begriffen ist. Diese Wirkungen
sind in der That oft von solcher Stärke, dass sie zerstörend auf
einzelne Theile der Apparate wirken, und dem Personale gefährlich
werden. Man musste darum gleich Anfangs darauf bedacht ^ein, diese
Wirkungen dadurch unschädlich zu machen, dass man den Strom
der natürlichen Elektrizität längs der Leitungsträger in die Erde
abzuleiten suchte. Zu diesem Ende wurde längs bestimmten Trag-
säulen ein Drath befestigt, der mit seinem untern Ende in die Erde
reichte, mit dem oberen aber dem telegraphischen Leitungsdräthe
an der Stelle gegenüber stand, wo dieser den Isolator verlassen
hatte, und darum keiner Schwankung unterlag, so dass der Abstand
beider nur 1/^ l L. betrug.
Sitzb. d. mathem.-n&turw. Cl. I. Bd. 18

2 *7 4 Baumgar tue r. Wirkung der Luftelektricität
Was nun die Wirkung von Gewitterwolken auf die telegrap^
sehen Indicatoren anbelangt, so kann man Nachstehendes als äurel
die Erfahrung bestätiget ansehen: Ziehen Gewitterwolken, ^e%
auch in bedeutender Entfernung, längs der Telegraphenlinie bin, ^
wird der Zeiger des Indicators bleibend abgelenkt. Die Richteag
dieser Ablenkung ist verschieden, nach Massgabe des elektrische
Charakters der Wolke und der Richtung, welche ihre Bewegung ia
Bezug auf den Leiter befolgt. Nähert sich die Wolke der Telegr^
phenstaüon, so dauert die Ablenkung des Zeigers so lange, als diese
Annäherung besteht; sobald aber die Wolke anfängt, sich wieder ZB
entfernen, geht auch die Ablenkung in die entgegengesetzte uW.
Erfolgt in der Nähe der Station eine Entladung, so wird mit jede®
Schlage auch der Zeiger mit Heftigkeit abgelenkt, und oft auch te
Magnetismus der Nadel zerstört.
Schlägt der Blitz in den telegraphischen Leitungsdrath, so
lauft der elektrische Strom im Drathe oft auf eine sehr bedeutende
Entfernung fort, oder er verpflanzt sich längs der hölzernen Stütze^
in die Erde. In letzterem Falle werden die Stützen meistens be-
schädiget. So z. B. pflanzte sich die Wirkung eines am 17. Aup4
v. J. in Olmütz losgebrochenen Gewitters bis nach Triebitz, d.h.
10 Meilen weit, fort, und ein in letzterem Orte mit der Dnttr
Spannung beschäftigter Arbeiter erhielt beim Anfassen des Dratiies
einen so starken Schlag, dass er einige Schritte zurücktaumelte, ®aä
an den Fingern, mit welchen er den Dralh gefasst hatte, empfaat
er einen Schmerz, als hätte er einen sehr heissen Körper berührt
Zu dieser Zeit war in Triebitz der Himmel ganz heiter. Am 2S. dem-
selben Monats kam bei Olmütz um S Uhr Nachmittags ein heftiges
Gewitter zum Ausbruch, und zerschmetterte auf der Strecke gegen
Brodek hin eine Tragsäule. Ein Theil des elektrischen Stromes fuhr
an dieser *Säule zur Erde, ein anderer ging in der Richtung gegen dte
Prager Bahn im Drathe fort, und in die dahin führende Luftleitung
über. Da diese aber damals noch nicht vollendet, und der Drathift
einer Wagenremise unter einer blechernen Rinne endete, so ist die
Elektricität wahrscheinlich auf diese Rinne übergesprungen, iw
der Drath war daselbst so abgeschmolzen, dass er am Ende W
kleine Kugel bildete. Um Mitternacht vom 18. zum 19. Juni v. A
entlud sich ein schweres Gewitter zwischen Brunn und Rai^era,
zerschmetterte zwei Tragsäulen ganz, und beschädigte neun andere

auf magnetische Telegraphen. 278
mehr oder weniger. Am 9. Juli desselben Jahres schlug der Blitz
zwischen Kindberg und Krieglach in Steiermark in den Telegraphen-
drath und zerschmetterte drei hölzerne Tragsäulen, ohne jedoch den
Leitungsdrath zu beschädigen. Am 19. Juli um 2 Uhr Nachmittags
traf der Blitz die Telegraphenleitung in der Nähe von Kindberg auf
der südlichen Staatsbahn und richtete an den Tragsäulen eine grosse
Verwüstung an. Drei dieser Säulen mussten alsogleich ausgewechselt
werden, zwölf andere aber waren wohl noch diensttauglich, hatten
aber starke Beschädigungen erhalten. Die in der Nähe der Bahn
beschäftigten Arbeiter wurden zwar betäubt, aber nicht beschädiget.
Zwei Beamte, welche unter dem Vordache des Aufnahmsgebäudes
zu Kindberg standen, bemerkten an einer der Säulen, die zerschmet-
tert wurde, und die volle fünf Kl. von ihnen entfernt stand, an dem
Ableiter einen Feuerbüschel und vernahmen einen Schall, als würde
ein Zündhütehen abgebrannt. Am Telegraphendrathe wurde nirgends
eine Beschädigung wahrgenommen, aber die Spitzen der Ableiter
waren überall abgeschmolzen. An demselben Tage erfolgte um 7 Uhr
Abends eine zweite elektrische Entladung, etwa 8OO Kl. unterhalb
Brück an der Mur, durch welche wieder drei Tragsäulen ganz zer-
splittert, und 17 andere mehr oder weniger beschädiget wurden.
Der Ableiter einer Säule, die aber selbst unbeschädigt blieb, war
an der Spitze dermassen abgeschmolzen, dass das Porzellan des
Isolators einen schillernden Kupferüberzug erhielt. Auch der Ableiter
einer nahe drei Meilen weit entfernten, bei Marein und der einer ande-
ren bei Mixniz stehenden Säule waren abgeschmolzen und ins Porzellan
eingebrannt, so dass es keinem Zweifel unterliegt, der Strom habe
im Leitungsdrath einen so grossenWeg zurückgelegt. An demselben
Tage fand man auch den Indicator in der Station Murzzuschlag
dienstuntauglich, und als man ihn näher untersuchte und denDrathdes
Multiplicators abwickelte^ fand man ihn abgeschmolzen. Wahrschein-
lich hat sich an diesem Tage auch ein Blitzschlag in der Nähe dieser
Station ergeben. Im April dieses Jahres fand man alle an den Trägern
des Telegraphendrathes über den Semmering angebrachten Ableiter
mit dem Ende an dem Isolator angeschmolzen. Am 12. April bemerkte
man an der Drathklemme des südlichen Telegraphen in Wien eine
zwei Zoll lange Flamme, die mit Schnalzen übersprang. Dabei blieb
der Zeiger der Magnetnadel eine halbe Stunde lang an der Glocke
hängen.
18*

ä y 6 iBaumgarfener, Wirkung der L uftelektri citat
Ich kann die Relation über die Wirkungen der Blitzschläge auf
Telegraphen nicht verlassen, ohne über die dabei beschädigten
hölzernen Träger etwas Näheres zu sagen. Mehrere dieser Säulm
wurden so zersplittet, dass sie völlig in Fasern aufgelöst erschieaeB,
bei anderen trennten sich nur einzelne Späne vom Stamme. Alle
diese Späne, die noch am Häuptkorper befestiget blieben, hafteten
mit dem unteren Ende an demselben, und bildeten mit demselben eines
Winkel, dessen Scheitel nach abwärts gekehrt war, als wären sie
durch ein von oben Jiach unten wirkendes Stemmeisen abgestemmt
worden. Wo eine Zersplitterung Statt fand, da zeigte sie sieh aus
leicht begreiflichen, in der Natur der Verbindung der Holzfasern
liegenden Gründen am betreffenden Ende der Säule stärker, als
gegen die Mitte zu. Bei einigen Säulen, namentlich bei denjenigen,
welche durch die ebenerwähnte, zwischen Brunn und Bälgern erfolgte
Entladung zerstört wurden, fand man die Blechdächer abgerissen
und die Isolatoren geschwärzt. Herr Casselman erzählt (Pogg.
Ann. 1848, 4. S.- 609), dass durch einen auf der Telegraphenlinie
der Taunusbahn gefahrenen Blitz mehrere Tragsäulen zersplittere
andere durch Aussplittern beschädiget wurden, und dass die ausge^
splitterten Stellen immer in einer in mehrfachen Windungen um fie
Säule gehenden Spirallinie liefen. Dieselbe Erscheinung ist auch an
den auf der südlichen Linie beschädigten Säulen bemerkt wordea.
Es bestellen aber diese Säulen aus Lerchenholz, das beim Aus-
trocknen eine starke Neigung zeigt, sich in schraubenförmigen
Windungen zu drehen. In der Richtung, nach welcher diese Drehung
beim Trocknen erfolgt, lief auch die ausgesplitterte Spirale heruB,
so dass diese Erscheinung m der mechanischen Anordnung und Ver-
bindung der Holzfasern den Grund zu haben scheint und mit der
Natur der Elektricität nichts zu thun hat Ich habe mehrere der
abgesplitterten Säulen genau zeichnen lassen; Taf. V, stellt sk
ganz Batargetreu vor.
Ein anderer umstand von Belang ist, dass in keinem Falle, wo
mehrere Säulen durch eine Entladung beschädiget oder zerstört
worden» dieses nur unmittelbar aufeinanderfolgende sind, soüdera
dass sieh zwischen den beschädigten immer einige unbeschädigte
befinden. Bei dem zwischen Brunn und Raigern eingetretenen Blitz-
sehlage wunäe dies zuerst wahrgenommen und man wird dadurch
angeregt, auf diesen Umstand näher zu achten. Bei einem am 9. Jdi

auf magnetische Telegraphen. 277
1847 zwischen Kindberg und Krieglach erfolgten Blitzschlage, der
drei Säulen zerschmetterte, standen eine derselben diesseits, die
zwei anderen jenseits derWartbergerbrücke, die auf der Brücke selbst
stehenden Säulen aber blieben unversehrt. Die Entladung, welche
am 19. Juli bei Kindberg erfolgte, zerschmetterte die Säulen Nr. 101,
106, 109 und beschädigte mehr oder weniger die Säulen Nr. 1OO,
103,104, 105,107, 108,110, 111, 112,113, US, 118, die dazwi-
schen befindlichen Nr. 102,106,109,114, 116, 117, blieben aber ganz
unversehrt Die an demselben Tage bei Brück eingetretene Entla-
dung zerstörte die Säulen Nr. 174, 178 und 176 ganz, die Säulen
172, 173 sowie Nr. 177 und 178 aber nur zum Theil, an der Säule
Nr. 209 ward noch der Ableiter weggeschmolzen, wie schon früher
erwähnt worden ist. Nach der zwischen Brunn und Raigern Statt
gehabten elektrischen Entladung waren 11 Säulen theils beschädigt,
theils zerstört, zwischen diesen blieben aber mehrere ganz unver-
sehrt.
Nun sei es mir noch erlaubt, einige Bemerkungen zu machen
über das, was sich bezüglich des elektrischen Zustandes der Luft
und der Erde aus dem Vorhergehenden mit ziemlicher Wahrschein-
lichkeit folgern lässt.
Der Umstand, dass bei Tage ein beständiger elektrischer Strom
van der Erde in die Luft nach der höher gelegenen Gegend zu Statt
findet, deutet darauf hin, dass die Erde selbst in sich die Quelle
einer elektrischen Erregung habe, wie dieses schon früher von
mehreren Gelehrten vermuthet, von einigen sogar durch factische
Naehweisung jedoch nur local dargethan worden ist. Dieser Strom
verbindet sich häufig mit anderen durch Induction der Luftelek-
tricität hervorgebrachten, und daher mag es kommen, dass man in
einer langen Kette so oft einen schwächeren, ja sogar einen solchen
von entgegengesetzter Richtung wahrnimmt als wie in einer nicht weit
vom Beobachtungsorte geschlossenen. Wenn demnach ein Blitzstrahl
von einer Wolke zur Erde herabfährt, so wird dieses nicht immer durch
d&n Umstand veranlasst, dass die betreffende Stelle durch Induction
van Seite der Luftelektricität eine Spannung erhalten hat, sondern
es ist vielleicht noch öfter das Dasein einer selbstständigen elek-
trischen Erregung Schuld und es befindet sich die Stelle, wo der
Schlag erfolgt, in einem Zustande, wie eine geladene Leidnerflascbe,
deren eine Belegung die Erde, die andere die elektrische Luftschichte

3^§ Haidinger.
vorstellt, während sich zwischen beiden eine gleichsam indifferente
Luftschichte befindet, welche die Stelle der Glaswand der Flasche
vertritt. Weiter fortgesetzte Beobachtungen an Telegraphen werden
hierüber hoffentlich mehr Licht verbreiten.
Herr Bergrath H a i dinge r trägt nachstehende Mittheilung
vor: Über den Antigorit.
Die Quelle sämmtlicher in den mineralogischen Werken ent-
haltenen Angaben über den Antigorit ist die Abhandlung Herrn
Eduard Schweizers,1) dem Herr David Friedrich Wis er in
Zürich das Material zur chemischen Analyse aus seiner schönen
Sammlung mitgetheilt hatte. Herr Wiser hatte selbst die mineralo-
gische Charakteristik entworfen, die Löthrohrversuche angestellt,
die Nachrichten des Bauers, von dem er das fünf Zoll lange, zwei
Zoll und zwei Linien dicke Stück erkaufte, über das Vorkommen im
Antigoriothale, mitgetheilt, und Herr Schweizer hatte die chemische
Analyse vollendet. Nach den Angaben, welche daselbst verzeichnet
sind, betrachtete ich den Antigorit als ein dünnschi efriges Mineral,
dessen Mischung der des Serpentins so sehr genähert ist, der Ansicht
des Verfassers und aller Mineralogen beipflichtend, und stellte ihn
in die Ordnung der Steatite.2) Herrn Wis er's zuvorkommende Güte,
der von Herrn v. Morlot veranlasst, durch Herrn Werdmüller
von E Igg mir eine Platte des merkwürdigen Minerals freundlichst
übersandte, verdanke ich die Gelegenheit, einige Eigenschaften
desselben näher prüfen zu können, die in mehr als einer Beziehung
nicht ohne Wichtigkeit sind.
Ich war gerade mit der Frage beschäftigt, wie man es anfangen
sollte, künstlich ein dem natürlich vorkommenden Dichroismus ähn-
liches Verhältniss hervorzubringen. Fresnel hatte durch Druck in
amorphem Glase wahre doppelte Strahlenbrechung hervorgebracht
Gewiss findet eine grosse Verschiedenheit der Spannung in der
Richtung der Glimmer- oder Chloritblättchen und senkrecht darauf
1) PoggenA&rff*» Airnalen. 1840. Bd. XLIX. S. 595.
2) Handbuch S. 516.

Über den Antigorit. 279
in den Krystallen derselben Statt, und sie sind von Dichroismus
begleitet. Es konnte bei der grossen Leichtigkeit, mit der der
schiefrige Bruch am Antigorit erhalten wird, wenn man es auch nicht
eigentlich Theilbarkeit nennen kann, weil die erhaltenen Flächen
kein deutliches Bild der Gegenstände zurückwerfen, doch leicht die
Frage entstehen, ob das Verhältniss eines höheren Grades von
Durchsichtigkeit in der Richtung der Schiefer, und eines geringern
senkrecht auf dieselben nicht auch hier Statt fände, wobei an der
Stelle der Krystallisation nur die eigenthümliche schiefrige Structur
wirken würde, bei der doch die Theilchen in der Richtung der Blätter
anders als senkrecht auf dieselben verbunden sein müssen. Die
Untersuchung des Antigorites auf den Dichroismus kann also nicht
als ganz unbegründet bezeichnet werden, obwohl er nicht als ein
krystallisirter Körper erschien.
Das Resultat der Untersuchung war aber vollkommen befrie-
digend; bei der gewöhnlichen Stellung der dichroskopischen Loupe,
und einer horizontalen Stellung der Antigoritplatten, so dass die
Schieferfläche horizontal war, erschien das obere Bild O dunkel
lauchgrün, das untere Bild E deutlich heller, und mit einer Neigung
in das Leberbraune. Es sind dies genau die Farben der Chlorite, nur
dass diese reiner ausfallen. Man kann den erwähnten Dichroismus
sehr leicht an zufällig vorkommenden scharfwinkligen Ecksplittern
beobachten, besonders, wenn man sie gegen einen dunklen Grund
hält, und das Helle durch sie wie durch ein Prisma hindurch gebro-
chen, betrachtet. Der Antigorit war also dichromatisch.
Es war nun sehr natürlich weiter zu forschen. Eine Antigorit-
platte erscheint wegen des splittrigen Bruches an der Oberfläche
nur wenig vollkommen durchscheinend. Wird sie befeuchtet, so
nimmt der Durchsichtigkeitsgrad zu. Eine Platte auf beiden Seiten
mit Schmirgel auf einer Glasplatte fein abgeschliffen, auf Leder mit
Eisenoxyd polirt, und dann mit Canadabalsam zwischen zwei Glas-
platten eingeschlossen, war aber so durchsichtig wie KrystaII (auch
Wiser sagt: „in ganz dünnen Blättchen durchsichtig"), wenn auch
natürlich mit grüner Farbe. Ich betrachtete nun Flächen polarisirten
Lichtes durch diese Platten. Die gelben Polarisationsbüschel wurden
deutlich mit doppelter Winkelgeschwindigkeit bei Azimuthaldrehungen
der Platte herumgeführt. Der Antigorit erschien also als ein regel-
nlässig kr ystallisir t er Körper, und zwar, nichtals ein efnaxiger,

280 Haidinger.
sondern als ein zweiaxiger. Es gelang bald durch die Lage d^rBüsAd
die Richtung der Elasticitätsaxen in den Platten zu bestimmen, wobei
angenommen wurde, dass die dritte dieser Axen senkrecht auf der
Ebene der Platten steht.
Nun fehlte aber noch die Nachweisung der Axen. Mit des eia-
axigen Krystallen der Chlorite u. s. w. verglichen, mit deren Diehro-
ismus die Farbentöne des Antigorits übereinstimmen, hatte sich durch
die Platte ein schwarzes Kreuz mit den Farbenringen zeigen müssea.
Es war sehr schwierig, eine deutliche Beobachtung zu machen. Die
Farbe des Minerals ist so dunkel, dass man in dem gewöhnlichea
Polarisations-instrumente wegen zu geringer Lichtstärke fast gar
nichts sah. Die Ringe selbst waren aber bei der Dünne der Platte
schon so gross, dass man sie in einer Turmalmzange nicht mehr
übersehen konnte. Am besten gelang es, nach der Analogie der
letztern, wenn man an der Vorderseile und an der Rückseite der
Antigoritplatte die gekreuzten Turmalmplatten anklebte. Stimmtea
die Polarisations-Ebenen mit den Ebenen der Elasticitätsaxen überein,
so gewahrte man allerdings etwas wie ein Kreuz, aber ein Balken
schien breiter als der senkrecht darauf stehende, dabei waren die
vier hellen Winkelräume sehr weit entfernt, und erforderten eine
starke Neigung, um auch nur bemerkt zu werden. Auch erschienen
sie paarweise einander mehr genähert, und lagen so gewissermassen
in den Winkeln eines länglichen Rechteckes. Es war nicht mögliche
eine Messung zu machen. Wurden aber die Polarisations-Ebenen
der zweiPIatten mit der Ebene der Elasticitätsaxen unter 4S° gekreuzt,
so erschienen sehr deutlich die dunkeln mit den Scheiteln gegenein-
ander liegenden Hyperbeln, welche durch die optischen Axen gehen*
Auch der erste der farbigen Ringe wurde gesellen, aber weit ausser"
tolb der Hyperbel-Scheitel, nicht so wie etwa beim Salpeter oder
Aragon, wo man so leicht die innern Ringe zunächst jedem der beiden
Systeme sieht, bis sie sich durch Lemniscaten umgeben, vereinigen,
Hier war selbst für den ersten Ring noch keine eingebogene Lemnis"
eate gebildet, wenn auch der Querdurchmesser kürzer erschien, als de?
Längendurchmesser durch die beiden optischen Axen. Eine ungefähre
Schätzung gab den ersteren etwa 48°, den letzteren etwa W. Der
scheinbare Winkel der optischen Axen war etwa 35°. Die Schätzun-
gen beruhten auf der Vergleichung der Entfernung des Auges van
der Fenstertafel, auf welcher die zu schätzenden Bilder projicirf

Über den Antigorit. 281
erscheinen. Der Brechungsexponent des Antigorits, sowie der ver-
wandten Krystalle ist noch unbekannt; nimmt man die nicht unwahr-
scheinliche Zahl I.SSO an, welche für Körper dieser Art wohl ein
mittleres Verhältniss darstellt, so würde der Winkel, den die
optischen Axen im Krystall einschliessen == 22°22' sein, ode^ etwa
22 Grad, da es nicht um Minuten zu thun sein kann, wo das Ganze
nur auf Schätzung beruht.
So unvollkommen diese Beobachtungen auch sind, was zum
Theil wohl in der Natur der Sache gegründet ist, so habe ich doch
geglaubt, sie jetzt schon mittheilen zu sollen, um der Aufmerksam-
keit der Mineralogen und Optiker diesen merkwürdigen Körper zu
empfehlen, aber auch um das freundliche Zutrauen des hochverehr-
ten Gebers nicht zu lange hinzuhalten, ohne den Erfolg der Unter-
suchung zu berichten. Es ist aber der langsame Fortschritt von
Untersuchungen der unvermeidliche. Jeder aufmerksame Beobachter
wird gerne zugeben, dass von der ersten Wahrnehmung bis zur vollen
Sicherstellung so mancher Thatsache fortgesetzte Aufmerksamkeit
unter mancherlei Verhältnissen nothwendig gewesen ist. Auch beim
Antigorit wird sich später noch Manches genauer erörtern lassen.
Die erste Platte Antigorit, welche ich erhielt, war ziemlich
dunkel lauchgrün gefärbt, geradschiefrig, mit einem ausgezeichnet
feinsplittrigen Bruch, die zarten Splitter zum Theil in blumenartigen
Zeichnungen, einigermassen an die Eisblumen an gefrornen Fenster-
scheiben erinnernd. DieLocaIität derselben dasAntigoriothaI nördlich
von Domo d'Ossola in Piemont. Die Platten sollen dort bis zu einen
Fuss lang gefunden werden. Später sandte Herr D. Wiser noch
zwei andere Varietäten von derselben Species, die mit dem gewöhn-
lichen Antigorit und gemeinen Asbest zusammen vorkommen, und
zwar nach den Angaben der Finder „am Albern-Berg" (Monl-Albrun)
vier Stunden von Unterwasser, auf der Grenze zwischen Oberwallis
und Piemont. Die eine Varietät erscheint in dünnen hell lauchgrünen,
wellenförmig krummsehiefrigen Platten, die so wie der geradschief-
rige Antigorit selbst etwas elastisch sind. Sie sind viel weniger
durchscheinend. Auch die andere Varietät ist etwas weniger durch-
scheinend; diese ist zugleich etwas mehr grobschiefrig, und durch
Querklüfte in mehr rechteckige Stücke zerspalten. Beide zeigen
deutlich den oben beschriebenen Dichroismus. Herr Wiser fand
gleiche Reaction vor dem Löthrohre an sämmtlichen Varietäten»

282 Ettingshaiisen. Bemerkung zu
Das Auffinden wahrer kristallinischer Structur an A^
schiefrig scheinenden Minerale, das man beinahe mehr geneigt
sein konnte, als Gebirgsart zu betrachten, als dass man ©& fe
Reihe der einfachen Mineralien beizählen sollte, ist an undfursiA
sehr überraschend, wenn es auch durch das Bestehen einer festen
Mischungsformel (Mg», Fe^) Si+% H, oder (Mg3, Pe») Sia+lMgfi
bedeutend unterstützt, und begreiflich gemacht wird. Aber aas
noch so wenig krystallinische Ansehen macht wieder auf den Um-
stand aufmerksam, dass der Fortschritt der Krystallisation selbst h
diesem Falle ein höchst langsamer und allmählicher ist. Sowie aus äes
schiefrigen Structur sich die gleichartigen Theilchen in der festea
chemischen Verbindung an einander schliessen, ebenso nehmen m
auch die geregelte Lage gegen einander an, welche sich in der
Wirkung auf das Licht als wahre Krystallisation zu erkennen gibt.
Während in so vielen anderen Fällen sich einzelne Krystallindividuea
aus einer umgebenden einfachen, zusammengesetzten oder gemengtea
Grundmasse ausscheiden, nimmt hier augenscheinlich die Grund-
masse selbst allmählich die Krystallstructur an.
Professor v. Ettingshausen überreicht folgende Mittheilung:
In der mit Recht geschätzten Abhandlung des englischen Mathe-
matikers Georg Green „An essay on the application of mathe-
matical ancdysis to the theories of electricity and ^nagnetisw!\
welche zu Nottingham im Jahre 1828 erschien, und mehrere wichtige
neue Formeln, auch zuerst für die Function, deren Differentiale die
Componenten der elektrischen Action darbieten, die Benennung
„PotenziaF enthält, findet sich im Artikel 6, S. 18, eine Behauptung
welche in der Allgemeinheit, worin sie da erscheint, nicht zuge-
standen werden kann. Diese Behauptung lautet in treuer Übersetzung:
„Es sei A eine geschlossene, die Elektricität vollkommen leitende
Fläche und p ein Punkt ausser ihr, worin eine gegebene Elektrici-
tätsmenge Q concentrirt ist, und welche einen elektrischen Zustand
in A mdueirea soll; der Werth V der von der Fläche allein herrüh-
renden PoteatiaI-Funetion bezüglich irgend eines ändern ebenfalls
ansserhalb der Fläche befindlichen Punktes p' wird eine solehe
FuBctioa äer Coordinaten von p und p' sein, dass die Coordinato

G r een's Abhandlung. y^An essay" etc. 283
von p in jene von p' und umgekehrt, ohne Änderung des Werthes
derFunction umgewandelt werden können. Oder mit ändern Worten:
der Werth der von der Fläche allein herrührenden Potential-Func-
tion bezüglich 7)', wenn die inducirende Elektricität Q in p concen-
trirt ist, kommt jenem gleich, der bezüglich p Statt hätte, wenn die
nämliche Elektricität Q in p' concentrirt wäre."
Die immerhin scharfsinnige D eduction, aus welcher der Ver-
fasser diesen Satz folgert, zeigt jedoch einige Stellen, woran die
Allgemeinheit desselben scheitert. Der Verfasser geht davon aus,
dass das Potential der im Punkte A befindlichen Elektricität Q und
jenes der auf der fläche inducirten zusammengenommen, wie es das
Gleichgewicht fordert, für alle Punkte der Fläche eine constante
Summe geben; doch wird irrig vorausgesetzt, dass diese Constante
bloss von der Elektricität Q, nicht aber von den Coordinaten des
Punktes A abhänge, mithin ihre Differentiale nach diesen Coor-
dinaten jederzeit verschwinden. Ferner nimmt der Verfasser am
Ende der Deduction an, dass wenn der inducirende Punkt auf die
Fläche versetzt wird, das Potential der daselbst inducirten Elektri-
cität für irgend einen ändern Punkt der Fläche denselben Werth
erhalte, welcher ihm bezüglich des ersteren Punktes zukäme, wenn
der letztere die inducirende Elektricität enthielte.
Der Satz des Verfassers gilt aber für eine Kugelfläche, wovon man
sich mittelst der P o i s s o naschen Formeln leicht überzeugt. In diesem
Falle findet offenbar die zweite der obigen Bedingungen Statt; die
erste wird zwar auch da nicht erfüllt, doch redacirt sich die Summe
der nach den Coordinaten von A genommenen zweiten Differentiale
auf Null, worauf es in erwähnter Deduction eigentlich ankommt.
Custos Dr. FenzI übergibt der Classe die Beschreibung einer,
ihm durch Herrn Doctor und Professor Bill zuWtenin zwei getrock-
neten Exemplaren mitgetheilten monströsen Blüthenbildung von Rosa
Centifolia Linn.y und erläutert sie, mit Hiftweisung auf den normalen
Bau der Rosenblüthe nach Endlichers und Schleidens Ansicht,
im freien Vortrage und durch Zeichnungen an der Tafel. (Taf. VT, VII.)
Beide Missbildungen gehören jener selteneren Reihe monströser
Blüthenbildungen an, bei welchen die Blüthenaxe durch einfache
Verlängerung ihrer, innerhalb des Kelchwirtels im Normalzustände

284 PenzL Erklärung der
unentwickelt bleibenden Glieder z?ür unbegrenzten LaubMattaxe, im
Gegensatze zu jener anderen, bei Rosen häufigeren, mit einer weifea
Blüthenknospe sich beschliessenden monströsen Bildung, sich m*
staltet und von Enge Im a n n als Diaphysis von Moquin-Tani^
als ProHficatio frondipara im Allgemeinen bezeichnet wurde.—-
An beiden Exemplaren war der, an dem einen zu 3, an dem airiem
zu 4 Wiener Zoll verlängerte, und mit zerstreuten Stacheln besetzte
Blüthenstiel nach oben zu allmähligum die Hälfte mehr alsu&tea
verdickt, so dass während sein unteres Ende an der InsertionssteBe
des Laubblattes nur 1^, sein oberes mit Mark dicht erfülltes etwas
über l\/^' im Durchschnitte mass. Von einer im Normalzustände m
Fruchtanlage bestimmten krugartigen Aushöhlung desselben war keine
Spur zu bemerken. Die Kelchblätter waren an beiden Exemplaren
zu einem fünfzähligen regelmässigen Laubblattwirtel ausgewachsen,
dessen einzelne horizontal abstehende Blätter nur am Grunde schwach
unter sich verwachsen erschienen. Die beiden in ihrer genetischen
Folge untersten Blätter desselben am Exemplare A, (Taf. VI)
massen Sy^ und V in der Länge und zeigten, das erste drei, das
zweite nebst den übrigen wenig kürzeren, bloss zwei Paare Fiedel
abschnitte nebst einem unpaarigen kleineren untersten und dem ead-
ständigen grössten; alle an Gestalt, Grosse und Bekleidung mit aus-
gewachsenen Stengelblättern der Rosa centifolia völlig überein-
stimmend. Von allen tönten besassen nur die beiden untersten 2—3^
lange, linearianzettliehe, drüsig behaarte, jedoch nicht flügelartig m.
Blattstiele herablaufende S t i p u l a r - Z i p fe l; bei den übrigen nahm
ihre Stelle das unterste unpaarige Fiederschnittchen ein. Abwei-
chender von der gewöhnlichen Bildung der Blattsegmente erwiesen
sieh mit Ausnahme des ganz normal gebildeten zwei Fiederschnitt-
paare besitzenden ersten Kelchblattes am Exemplare B, (Taf. Vü)
die endständigen Abschnitte der übrigen, von V auf V Länge herab-
sinkenden Blätter.' An diesen erschien der letztere doppelt so gross
imd selbst noch etwas grösser, als die bloss einpaarigen Seitenab-
selmitte, zugleich sehr tief und ungleich doppelt gesägt, ja an zweien
sogar m einen breiten scharf gesägten Lappen über der Basis einseitig
zerschlitzt Seltsamer Weise fehlten hier gerade dem normal gebil-
deten Blatte die Stiptriar-Zipfel vollends, während sie entschieden
und selbst m einem schwachen herablaufenden Flügelsaume verbrei-
tert an dea "ohngen auftraten,

Missbildung einer Rosenbluthe. 288
Über den KeIchblätter-Wirtel des ExemplaresA, erhob sich
als unmittelbare Verlängerung des Blüthenstieles ein liniendickes,
rundes, mit Stacheldrüsen besetztes, 8/^ langes Stengelglied, das
sich noch über die, aus Blumenblättern bestehende, iy^ "^
Durchmesser haltende Blumenkrone als ein M" langer Terminal-Trieb
fortsetzte, der unter seiner Endknospe ein bereits in Fiederabschnitte
zertheiltes wenig entwickeltes Blattpaar zeigte. Die 18 Blumen-
blatt er selbst waren an einem 4^ langen Zwischengliede in der
Art spiralig gereiht, dass die untersten S in fast regelmässigen Ab-
ständen von ungefähr l Ve Linie mit den Kelchwirbelblättern alter-
nirten, während die übrigen 10, nur nach 4 Seiten des fünfthei-
ligen Kreises an dem Axengliede über einander geschichtet, eine
zwischen das erste und vierte Blumenblatt des ersten Cyclus fallende
Fläche an demselben frei Hessen, welche Fläche dicht mit kurzen
Drüsenborsten bedeckt war, während die kleinen Interstitien zwischen
den Fetalen nackt blieben, der Terminal-Trieb hingegen mit dichterm
Filze überzogen erschien. Von den beiden 3^ langen Blättchen des
letzteren zeigte das eine 4, das andere 5 linienförmig zusammen-
gefaltete Fiederabschnitte nebst dem ungepaarten endständigen. —
Die zehn unteren Blumenblätter waren vollkommen normal
gebildet, die fünf obersten und zugleich innersten kiemeren etwas
missbildet; insoferne nämlich ihre Hälften ungleich breit entwickelt
blieben, und die schmälere" über dem Nagel verkürzt, amRande wollige
bei zweien zugleich drüsig behaart, bei einem sogar in 2 linienför-
mige krautartige drüsig-wollige Fiederschnittchen zertheilt, am ver-
dickten zottigen Nagel als feiner Saum herablief. VonAntheren-
Rudimenten, die man an gefüllten Rosen sonst säufig trifft, so
wenig eine Spur al von missbildeten Carpellen.
Interessanter erscheint» der vollkommneren Entwicklung derAxen-
theileund ihrer appendiculärea Organe wegen, die Missbildung B.
Bei dieser folgt im Gegensätze zu A, unmittelbar aufdenKelchblätter-
Wirtel der 10-gliedrig ausgebildete Doppelwirtel einer über W im
Durchmesser haltenden Blumenkrone, und über demselben, an einer
centralen 2" V1 langen, am Grunde 2^ dicken, glatten Axenverläa-
gerung in einem Abstande von \" ein zweiter fünfgliederiger
Cyclus ungleich auseinander gerückter Blumenblätter mit verkürn^
mem den Axillarknospen, über welchen hinaus an diesem mit Stachele
borsten besetzten Torniinaltriebe noch 3 fiederspaltige Laubblattpaaye

Ogg Fenzl. Erklärung der
sammtLaubknospe folgen. Von den fünfuntersten Kronenblaäera
waren nur drei unmittelbar zwischen den Kelchblättern, die übrigei
zwei iy^V" höher über denselben am Axengliede eingefügt. Die
zum zweiten Wirtel gehörigen 4 unteren Fetalen bildeten
einen fast regelmässigen Quirl, indem sie von dem fünften Petalum
des vorhergehenden, wie auch unter sich kaum um eine i/e Linie
auseinandergerückt waren, während das fünfte um stark 2 Linien
höher hinaufgerückt erschien. Sieben Linien oberhalb desselben
beginnt an dem Axengliede der stärker auseinander gezogene dritte
Kronen-Wirtel, dessen unterstesBlumenblatt von dem darauffolgendes
um l V^, die drei folgenden unter sich um eine Va"', das oberste
vom vierten um 2 Vs^ abstanden. Jedes dieser, sonst ganz reget-
mässig gebildeten, 8—9'11 langen Blumenblätter birgt in seiner
Achsel eine rudimentäre, p unktförmige, von zwei oder auch nur einem,
zur Entwickelung gelangten Vorblättern umhüllte Knospe.
Das vierte Blumenblatt dieses Cyklus zeigt an einem seiner
Ränder vom Nagel an bis fast zu halber Höhe eine krautartige, mit
einem dichten Filze bekleidete Substanz-Verdickung. Das fünfte
dieselbe Beschaffenheit an beiden Rändern. Ausserdem war letzteres
noch am unteren Drittheile des einen Randes in einen ovalen an Be-
schaffenheit und Färbung der Platte ganz gleichen, jedoch um etwas
mehr als die Hälfte kleineren Lappen gespalten. Von rudimentärer
Antherenbildung bei allen keine Spur.
Die transversal zur Axe und Mutterblumenblatte stehenden Vor-
blätter der 3 unteren Axillarknospen sind paarig entwickelt, voll-
kommen blumenblattartig, länglich und nachenförmig zusammenge-
faltet, das erste in der genetischen Folge W\ das zweite W" lang;
die der beiden folgenden Knospen auf ein Einziges reducirt, wovon
das zur vorletzten gehörige noch 4^ lang, lineallanzettlich, der
Länge nach scharf nach innen zusammengefaltet und an den Rändern
wollig gefranst» das der oberstenKnospe hingegen nur als l'" langes
pfrümliches wolliges Schüppchen erscheint.
Die drei folgenden, in einem weiteren Abstande von 7 Linien
über dem obersten Blumenblatt auftretenden fiederspaltigen
Blattpaare — von welchen das unterste vom nächsten durch ein
4^, dieses vom letzten durch ein l ±/^' langes Zwischenglied entfernt
war—ma&sen zwischen 10 und W in der Länge und zählten, das
erste und letzte Paar ausser dem unpaarigen Endblättchen an den

Missbildung einer Rosenblüthe. 287
homologen Seiten 2 und 3, das zweite beiderseits 3Fiederabschnitte.
Sämmtliche Abschnitte waren auf sich selbst zusammengefaltet, aussen
filzig, innen mehr glatt, ganzrandig und drüsig gewimpert. Ausge-
breitet waren die des untersten Paares verkehrt eiförmig oder läng-
lich, stumpf, die der übrigen länglich lanzettlich und spitzig. Kurze
Stipular-Zipfel fehlten keinem. Auffallender war die Beschaffenheit,
Färbung und Zusammenhang der homologen Fiederabschnitte des
ersten Blattpaares und der einen Reihe des in der genetischen
Folge ersten Blattes des zweiten Paares. Alle diese Abschnitte
zeigten ihrer Textur und rosenrothen Färbung nach einen unverkenn-
baren Übergang in Blumenblätter, auch fand zugleich zwischen dem
oberen Rande des letzten Fiederabschnittes und dem anstossenden
des Endabschnittes des ersten Blattes eine bis zu % ihrer Länge
reichende Verwachsung, bei jenen des zweiten Blattes ein Über-
greifen ihrer Flächen und Verschmelzen derselben bis zu einem Vg
ihrer Länge vom Grunde an Statt. Vom zweiten Blattpaare bildeten
sich nur die zwei unteren und die daranstossende Hälfte des dritten
Abschnittes p etalenartig aus, ohne unter einander weiter zu verwachsen.
Alle Fiederabschnitte der anderen homologen Blatthälften waren grün
und unter sich vollkommen frei.
Aus der genauen Schilderung dieser beiden Missbildungen
ergibt sich, dass durch eine abnorm gesteigerte Längs entwickelung
der meisten Axenglieder ihrer Blüthenknospe die Anlage des Frucht-
gehäuses, sammt allen Fruchtblättern, die im Normal-Zustande inner-
halb desselben sich hätten bilden sollen, vollständig aufgehoben
wurde; wodurch zugleich factisch der Beweis geliefert ist, dass der
sogenannte Fruchtknoten der Rose keineswegs aus einer seitlichen
Verschmelzung der Kelchblätter im D e CandolFschen Sinne her vor-
geht, sondern wie dies Endlicher und Schieiden bereits aus-
gesprochen, ein wahres, aus einer Reihe über einander stehender,
latenter, anfänglich Scheiben- und später krugartig sich gestaltender
Stengelglieder hervorgegangenes Axengebilde vorstellt. An keinem
Punkte der verlängerten Blüthenaxe sehen wir ferner die normale
Hemmung des longitudinalen Bildungstriehes entschiedener ausge-
sprochen als im Kelchblätter-Wirtel, während sie über denselben
hinaus nach wiederholten kleinen und unstäten Oscillationen, immer
schwächer werdend, höher hinauf von der ruckweise zunehmenden'
Längsentwickelung der Glieder völlig überflügelt wird.—Parallel mit

g §§ F e n z L Erklärung der
dieser Erscheinung tritt zugleich eine progressive Missbildung der, ^
Stelle der Staubblätter einnehmenden, blumenblattartigen App®^
dicular-Organe an ihren Rändern und ihre endliche Umbildung i^
Laubblätter auf, die sich an den homologen Hälften der letzteren imh
in Verschmelzung der Fiederabschnitte und coroliner Färbung kuaA-
gibt. In so ferne nun diese Missbildung darin, dass sie in unserm
Falle constant immer nureinenRand, oder wenn beide, einen vorzags-.
weise stärker als den anderen trifft, einen bestimmten Gang im Auf"
treten und Fortschreiten einhält, finde ich mich veranlasst, Fachmannes
zur weiteren Verfolgung dieser Erscheinung an ähnlichen Monstro-
sitäten und an anderen Pflanzen aufzufordern, bei welchen sokte
halbseitige Unibildungen in andere Organe, wie z. B. bei SienCaw^-
ceeYt, Marantaceen und Verwandten sogar zur Norm gehören. DM
man dadurch zuletzt zu Aufschlüssen über bisher anscheinend zufällige
Störungen in der Ästivation der Blüthentheile, über gewisse Eigea-
thümlichkeiten des Antheren-Baues, Fehlschlagen ganzer Ke»-
knosp en-Reihen im Fruchtknoten und dergleichen mehr gelangen
dürfte, hege ich keinen Zweifel.
Bezüglich unserer beiden Monstrositäten will ich nur bemerken»
dass nach sorgsamer Berücksichtigung aller Verhältnisse, wdebe
einea beiderAusmittlung derHebungs- und Senkungsseiten1)
eines gleichseitig gebildeten Blattes leiten müssen, ich mich meint
getäuscht zu haben glaube, dass die Randverbildungen am Nagel äet
Fetalen daselbst die Hebungsseite, die halbseitigen Verwand-
lungen der Fiederabschnitte der über diesen entsprossenen Laubblätter
zu blumenblattähnlichen Segmenten ihre Senkungsseite treffen.
Nicht unwahrscheinlich ist es mir desshalb, dass bei so überaus
häufigen Rückbildungen, der Staubfäden der R o sen in Blumenblätter
die rudimentären Antheren auf den H e b u n g s r a n d des Blattes faüea.
Erklärung der Abbildungen.
Taf. VI, Fig. l. Monstrosität A, von Rosa centifolia L—
Fig. 2. Dieselbe von rückwärts mit der Ansicht des Axengliede$
zwischen Kelch und Blumenkrone. — Fig. 3. Die Axenfortsetzung,
1) Sciiim^er, Beschreib, v. Symphyium Zeyheri, p. 96. — Wydier in
Schieiden wod Nägeli» Zeitschrift f. wi&s. Bot., H. Iü^ p. l, 5, tB.

Heckel. Über Poecilien. 289
an der die Blumenblätter in ihrer Succession eine schmale mit Drüsen-
borsten besetzte Fläche zwischen sich frei lassen, vergrössert, mit
Andeutung der Insertion der Fetalen. — Fig. 4. Missbildete Blumen-
blätter.
Taf. VII, Fig. l. Monstrosität B. von Rosa centifolia L. —
Fig. 2. Axenverlängerung mit Weglassung der Kelch- und unteren
Blumenblätter, deren Insertionsstellen nur angedeutet sind. l a. Vor-
blätter der rudimentären Axillarknospen.— Fig. 3. Oberstes in einen
Lappen einerseits getheiltes, anderseits am Nagel verbildetes Blumen-
blatt. — Fig. 4. Vergrösserter Terminaltrieb mit fiederspaltigen
Blättern, deren homologe Hälften (a.) an dreien derselben blumen-
blattartig gefärbt, und deren obere Fiederabschnitte theilweise ver-
wachsen sind.
Herr Custos-Adjunct Heckel überreicht nachstehenden Aufsatz:
Eine neue Gattung von Poecilien mit rochenartigem
AnkIammerungs-Organe. (Taf. VIII, IX.)
Xiphophorus, eine neue Gattung Süsswasserfische aus der
Familie der Poecilien. Von J. Heckel.
Die Poecilien, jene kleine den Cyprinen zunächst verwandte
Familie, lassen sich in drei natürliche Gruppen eintheilen. Einige
derselben haben nämlich einfache kurze Borstenzähnchen, dieunregel-
mässig auf einer schmalen, gewöhnlich von etwas stärkeren Band-
zähnen umgebenen Binde stehend, beide Kiefer besetzen. Andere
besitzen dreispitzige flache Meisselzähne in einer einfachen Reihe und
den Dritten fehlen, bei einein ähnlichen Zahnbau mit den Ersten,
merkwürdiger Weise die Bauchflossen. Die zweite und dritte Gruppe
begreift jede nur eine Gattung: die Lebias Cm?. (Cyprinodon
Valenc. Hist,), welche über den ganzen gemässigten und heissen
Erdgürtel zerstreut sind und die ausgezeichneten O r estia s Valenc.
als Bewohner der grössten Höhen Amerika's. In der ersten Gruppe,
mit Borstenzähnchen und Bauchflossen, treffen wir die vier Gattungen
Poecilia Block, Mollienisia Lesueur, F undulus Lacep. und
Hydra r gy r a Lacep. an; (die zweifelhafte Gattung Grundulus
Valenc. nicht gerechnet) die ersten drei haben S, Hydrargyra
6 Kiemenstrahlen. Poe cd l i a und Mollienisia zeichnen sich
durch einen eckigen, niedergedrückten Oberkiefer, also durch eine
Sitzb. d. mathem.-natunv. Cl. I. Bd. 19

290 Heckel. Üb ex-eine
viereckige Mundöffnung aus; an Fund ul u s ist der Oberkiefer wie
gewöhnlich abgerundet, die Mundöffnung daher halbrund. Die beiden
Gattungen P o e c i l i a und Mollienisia unterscheiden sich endlich
durch die Stellung ihrer Bauch-und Afterflossen, welche bei ersterer,
wo die ßauchflossen in ihrer gewöhnlichen abdominalen Lage sind,
nichts Besonderes bieten, während an Mollienisia die Bauchflossen
(jedoch ohne mit dem Schultergürtel verbunden zu sein) viel weiter
vorn sitzen und die Analflosse dicht dahinter sich zwischen die Bauch-
flossen-Basis einsehiebt und vor der Körpermitte liegt.
Zunoch besserer Auffassung der nachfolgenden Unterscheidungs-
merkmale unserer neuen, mit Mollienisia zunächst verwandten Gattna|
müssen wir auch, bei der einzigen bisher bekannten Species von
Mollienisia, auf den Umstand aufmerksam machen, dass sowohl naeh
denBeschreibungen als Abbildungen vor Lesueur ^undValenciennes2)
die kurze Analflosse der Form nach nicht von einer gewöhnlichen
Analflosse abweicht, ausser dass Valenciennes an der Membran-
spitze des zweiten Strahles ein kleines undurchbohrtes Knöpfcheß
fand, dessen Deutung nicht möglich war; ferner dass die lange hohe
Rückenflosse schon über der Brustflossenbasis im Nacken anfängt.
Was nun die Aufstellung unserer neuen Gattung Xiphophorus
betrifft, so hoffen wir, durch die folgenden Beschreibungen und
genauen Abbildungen dreier dazu gehörigen, bisher unbekannteß
Poecilien, welche besonders in ihrer Analflosse eine Eigenthümlichkeit
darbieten, die man mit vollem Rechte unter Knochenfischen als eine
ausserordentliche, nicht zu ahnende Erscheinung betrachten
darf, bei allen Ichthyologen hinlänglich gerechtfertigct zu sein, die-
selben weder der Gattung Mollienisia, noch irgend einer anderen
beigezählt zu haben.
Alle drei Arten von Xyphophorus leben unter einander in einem
klaren Bache des Gebirges Orizaba in Mexico, und zwar in Gesell-
schaft einer grösseren gleichfalls neuen, mit Poecilia suriaa-
mensis zunächst verwandten Art. Dort fand sie unser aufmerksamer
Reisender der k. k. Gartenbaugesellschaft, Karl Hei l er, und schickte
von jeder mehrere Exemplare an das Wiener Museum. Eines dieser
1) Journal of fhe Acad. of Natur. Sciences of Philadelphia. Vol. JJ, Pari L
Pag. 5, Plat m,
s) Cuvier ei Valenciennes^Hisi.na^despoissons.TomelS, Planche527,

neue Gattung von Poecilien. 291
Fischchen, welches wir unserem verdienstvollen Landsmanne widmen
ist so ausgezeichnet schön, dass es selbst jedem Laien als etwas ganz
Besonderes auffallen muss.
Xiphophorus.
Zähne: kurzborstig, auf einer schmalen Binde stehend, die
eine geschlossene Aussenreihe etwas stärkerer Zähne umgibt
Bauch flössen: vorgeschoben, wie bei der Gattung Mollie-
nisia.
Afterflosse des Männchens: dicht hinter den Bauch-
flossen, kurz; die vorderen Strahlen verdickt, mitsammen zu einer
langen Klinge verbunden, deren Ende mit Anklammerungs-
Organen versehen ist; die hinteren Strahlen sehr kurz.
Kiemenstrahlen: fünf.
Am Weibchen hat die Afterflosse eine gewöhnliche schief abge-
stutzte Gestalt und sitzt weiter rückwärts.
Xiphophorus Hellern.
Männchen.
Rückenflosse vor der Afterflosse anfangend, so hoch als ihre
Basis lang ist und diese so lang wie der Kopf. Afterflosse in der Mitte
desKörpers beginnend, ihr Schwert nicht länger als die Rückenflossen-
strahlen, Bauchflossen lang, gespitzt, Schwanzflosse abgerundet,
ihre unteren Strahlen in eine weit vorragende Spitze verlängert. Drei
schwarze Längestreifen an jeder Seite; ein schwarzer Strich längs
der Rückenfirste bis zur Flosse; ein anderer längs des Schwanzkiels;
Schwanzspitze weiss, schwarz eingefasst; Bückenflossen punktirt.
W e i b e h e n.
Rückenflosse vor der Afterflosse anfangend, kürzer und niederer.
Afterflosse nach der Körpermitte stehend. Schwanzflosse abgerundet.
Ein schwarzer Längestreif an jeder Seite; eine schwärzliche Linie
auf dem Schwanzkiel. Rückenflosse gefleckt.
Br.l|12. Ba 1|5. R. 2)12-13. A. 413 (Weib. 3 [ 7) Seh. 8fi5j8.
3
Schuppen 28 und 4.
3
Beschreibung des alten Männchens. Tat. VIU. Fig. l.
Der Körper ist schlank und ziemlich comprimirt, seine grösste
Höhe, im Anfange der Rückenflosse, gleicht der Entfernung der
19 ^

gQg Hecke l. Über eine
Brüstflossenbasis von der Nasenspitze und ist S2/^ mal in der gan-
zen Körperlänge (ohne Schwanzflosse) enthalten. Die Höhe des
Schwanzes selbst beträgt vor seiner Flosse kaum um ein Viertheil
weniger. Der Kopf ist spitz, oben wie gewöhnlich flach, nieder-
gedrückt und nicht so lange als der Körper hoch ist, nämlich etwas
über viermal in der Gesammtlänge (ohne die Schwanzflosse) ent-
halten. Die Breite der Stirnfläche, zwischen den Augen gleicht
einer halben Kopflänge oder der grössten Körperdicke. Die Augen
liegen in der vorderen Kopfhälfte dicht am Profilrand, ihr Diameter
erreicht y^ der Kopflänge. Der geradlinig querüber gespaltene
Mund öffnet sich nach aufwärts, so dass die Seiten des mit der
Stirne ebenen Zwischenkiefers nur eine sehr kurze senkrechte Bie-
gung machen. Der Unterkiefer steht vor, gleich einer aufrechten
horizontal abgestutzten Klappe, die beim Herabsenken eine vier-
eckige Mundöffnung wahrnehmen lässt. Sowohl der obere als der
untere Maxillarrand wird von einer Aussenreihe etwas gekrümmter
Borstenzähnchen dicht besetzt, die im Spiritus gelb werden, und
hinter welchen eine Binde ähnlicher viel kürzerer Zähnchen im
dicken Zahnfleische stecken, welche weiss bleiben.
Die Rückenflosse beginnt vor der Körpermitte (ohne die
Schwanzflosse) und endigt mit dem zweiten Drittheile der Körper-
länge; ihre Strahlen, wovon die getheilten höchstens zweimal dicho-
tom sind, sind eben so lang als die Basis der ganzen Flosse, welche
einer Kopflänge gleich ist oder der Körperhöhe unter dem letzten
Rückenflossenstrahle; die beiden ersten ungeth eilten Strahlen sind
nur wenig kürzer. Der obere Flössenrand ist geradlinig und läuft
mit der Flossenbasis parallel. Nacli den zwei ersten ungetheilten
Strahlen folgen zwei einfach gespaltene, dann 10, an welchen mei-
stens nur der hintere Zweig ihrer einfachen Gabel noch einmal ge-
spalten ist.
In der Mitte des Körpers, also ungefähr senkrecht unter dem
vierten Strahle der Rückenflosse, fängt dicht lauter der Analöffnung
die kurze so höchst merkwürdige Afterflosse an. Ihre Basis ist kaam
über einen Augendiameter lang und enthält im Ganzen nur sieben
Strahlen; die vier vordersten derselben sind nicht länger als jene
der Rückenflosse und bilden mitsammen verbunden die sonderbare
breite Klinge, welche der Form nach einigermassen an den Eierleger
der Locusten erinnert und deren absichtlich auseinander geschobene,

neue Gattung von Poecilien. 293
wie an einer gemeinen Flosse ausgebreiteten Strahlen, unter der
Loupe betrachtet, aussehen wie folgt: Der erste Strahl ist ein ge-
wöhnlicher, ungetheilter, kurzer Stützenstrahl. Der zweite ist lang,
breit und flach, bald nach der Basis etwas angeschwollen und rück-
wärts gebogen; nach seiner Mitte erhebt sich an der Vorderkante
eine stumpf eingekerbte Stelle, auf welche eine hohle Furche folgt,
deren beide im Bogen vorwärts gewendete zugeschärfte Kanten mit
scharfen Sägezähnchen versehen sind. Nach dieser kurzen, doppelten
Säge krümmt sich die Spitze des Strahles rückwärts und endet in
einen flachen, sehr scharfen wieder vorwärts gerichteten Angel-
haken. Der ganze Strahl ist wie gewöhnlich bis gegen sein Ende
kurz gegliedert. Der dritte Strahl spähet sich einfach gegen die
Spitze zu, dabei ist aber sein hinterer Zweig rückwärts fein gesägt.
Der vierte Strahl erweitert sich löffeiförmig von seiner Mitte an bis
gegen die Spitze, welche gerade wie beim zweiten Strahle in einen
scharfen, jetzt rückwärts gekrümmten Haken endigt. Der ä., 6. und
7. Strahl ist kaum halb so lang wie der vierte, alle drei sind gegen
ihr Ende meisselförmig flach ohne wirkliche Spaltung, obschon sie
etwas angedeutet zu sein scheint.
Um sich nun einen deutlichen Begriff von dieser Afterflosse
machen zu können, die wir aufTaf. VIII, Fig. a, in der eben beschrie-
benen Lage vergrössert abbilden Hessen, stelle man sich dieselbe
nicht als eine gewöhnliche Flosse zum Schwimmen vor, sondern,
wie Fig. b. zeigt, als das was sie ohne Zweifel ist: nämlich ein
Werkzeug wie an Rochen und Hayen, womit sich bei der
Begattung das Manne hen an den Körper des Weibchens
anklammert. Wir sind um so mehr überzeugt, dass diese Ver-
muthung bei näherer Beobachtung der Lebensweise dieser Fische,
sich auch durch die Erfahrung bestätigen werde, da nicht nur das
ganze Aussehen dieser Flosse an die bekannten Appendices der
Männchen unter den Selachiern erinnert, sondern darum, weil auch
die natürliche Lage der Flossenstrahlen eine ganz andere, dem
Zwecke des Anklammerns entsprechende ist und nicht die gewöhn-
liche, wie man es in Folge der vorhergehenden, nach einer künst-
lichen Ausbreitung der Flosse entworfenen Beschreibung vermuthen
könnte. Die Flossenstrahlen liegen nämlich (Fig. b), obschon sie
wie immer hintereinander eingelenkt sind, beinahe wie die Blätter
eines Frauenfächers über einander. Der zweite Strahl mit dem Haken

294 Heckel. Über eine
und der Doppelsäge wird vom vierten löffelförmigen, der sichga^
eigenthümlich umwendet, in der Art überdeckt, dass seine HohW
nach vorwärts gerichtet ist und sein Haken mit jenem des zweiten
Strahles parallel steht, dabei wickelt sich die aus der Mitte des
Löffels kommende Membrane um die halbe Peripherie ihres Strahles
und zieht den anhängenden fünften mit sich, der viel kürzer ist und
durch seine ungetheilte Meisselfläche den Rücken des vierten stützt;
ebenso stützt auch der sechste den fünften und der siebente den
sechsten, so dass die drei kurzen Strahlen gleichsam einen schiefen
Strebepfeiler gegen die langen bilden. Noch kommt zu bemerken,
dass der dritte lange Strahl, welcher allein gespalten ist, etwas
zurück weicht und zwischen dem zweiten und darüber liegenden
vierten einen Kielraum darstellt, dessen Tiefe gleichfalls gezähnelt
ist; gerade als sollte die niedergelegte kleine Afterflosse des Weil-
chens darin aufgenommen werden. Wir haben an Knochenfischen
bisher nie eine ähnliche Bildung wahrgenommen.
Die Baiichflossen sitzen um einen Augendiameter vor der
Afterflosse, das Ende ihrer Anheftung fällt senkrecht unter den
ersten Rückenflossenstrahl. Sie sind schmal und zugespitzt, jede
besteht aus einem kurzen ungetheilten und fünf getheilten Strahlen,
wovon der längste der ganzen Kopflänge gleicht und zurückgelegt
beinahe die Spitze der gleichfalls zurückgelegten Afterflosse er-
reicht. Der hinterste Stralil ist rückwärts durch eine Membrane mit
dem Bauche verbunden, und zwischen beiden Bauchflossen schiebt
sich die Beschuppung als ein runder Lappen ein.
Die Brustflossen sind abgerundet und reichen bis über den An-
fang der Rückenflosse zurück.
Sehr ausgezeichnet ist die ebenfalls abgerundete Schwanzflosse,
aus deren unteren Theile vier Strahlen zu einer spitzen, schwert-
förmigen Klinge verbunden, weit hervorragen. Sie enthält im Ganzen
IS ^etheilte Strahlen, wovon zwei zu jener Klinge gehören. Unter
diesen folgen acht ungetheilte, davon zwei abermals die Klinge
bilden helfen, und die übrigen sechs sich stufenweise verkürzen.
Die oberen Stützenstrahlen, gleichfalls acht, sind wie gewöhnlich
verkürzt.
Die Schuppen erscheinen verhältnissmässig ziemlich gross und
bedecken, wie an allen Poecilien, den ganzen Kopf und das erste
Viertheil der Schwanzflosse; ihr freier Rand ist stark abgerundet

neue Gattung von Poecilien. 29 S
und ihre Textur (Fig. c.) besteht aus groben concentrischen Ringen,
ohne Radien auf der unbedeckten Fläche, die meistens mitten eine
schleimausführende Porenöffnung hat; eine eigene Linea lateralis ist
daher nicht vorhanden. Die mittlere Schuppenreihe, vom Winkel
der Kiemenspalte an bis zur Schwanzflossenbasis zählt 28 Schuppen,
worauf noch 4 oder S auf der Schwanzflosse selbst folgen. Drei
wagrechte Schuppenreihen befinden sich über und eben so viele
unter dieser Mittelreihe, so dass jede Seite des Rumpfes zwischen
Rücken- und Afterflosse von sieben Schuppenreihen gedeckt wird.
Die Farbe des alten Männchens muss im Leben ausgezeichnet
schön gewesen sein. Individuen im Weingeiste sind oben röthlich
braun, unten silbern. Ein schmales schwarzes Band umgibt die
Unterlippe, zieht sich beiderseits zum Augenrand, fängt hinter den
Augen gleich wieder an und durchläuft die Mitte des Körpers, so
weit die Beschuppung reicht; von da aus wird es intensiver schwarz,
geht durch die Schwanzflosse und bildet den oberen Rand des rein-
weissen schwertförmigen Fortsatzes bis zu dessen Spitze. Ein
schwächerer Strich, ebenfalls schwarz, läuft über dem Bande pa-
rallel vom Vorderrücken bis in den Schwanz, wo er erlischt. Ein
anderer etwas stärkerer zieht sich unter dem Bande, vom unteren
Winkel der Brustflosse aus bis zur Schwanzflosse. Den Kiel des
Schwanzes, von der Afterflosse an bis zur Schwanzflosse, ziert
ebenfalls eine schwarze Linie, die in ein intensiver gefärbtes Band
übergeht, das beiderseits den Unterrand der schwertförmigen
Schwanzflossenstrahlen begrenzt. Endlich zieht sich auch noch eine
solehe schwarze Linie über die Firste des Vorderrückens, vom Hin-
terhaupte bis zur Flosse, welche letztere auf ihrer Membrane fein
punktirt ist.
Junges Männchen. Tat. VIII. Fig. 2.
Es gleicht der allgemeinen Form nach ganz dem alten Männ-
chen, unterscheidet sich aber von demselben, ausser seiner minderen
Grosse und der allen jungen Fischen eigenen geringeren Strahlen-
Dichotomie, erstens dadurch, dass die Afterflosse (Fig. d) noch
nicht zum Anklammerungs-Organe entwickelt ist. Ihre vier vorderen
Strahlen, wovon der zweite besonders dick und breit ist, verbinden
sich ganz dicht zu einer einfachen flachen Schwertklinge mit glattem
Bande und ganz hakenloser Spitze; später tritt der Endhaken am

296 Heckel. Über eine
zweiten Strahle zuerst hervor, ohne dass der vierte Strahl noch jene
Dicke erreicht hat, welche zu einer löffeiförmigen Aushöhlung erfor-
derlich ist. Die drei nachfolgenden kurzen Strahlen sind verhält-
nissmässig länger, erscheinen am Ende ein klein wenig gespalten
und nicht so meisselförmig breit. Sie scheinen mit dem Alter des
Fisches, während die vorderen Strahlen sich ausbilden und an Länge
zunehmen, im Gegentheile abgerieben breiter und steifer zu werden.
Der zweite Unterschied liegt in der ebenfalls nicht ausgewachsenen
Verlängerung der unteren Schwanzflossenstrahlen, die an unserem
Exemplare kaum doppelt so lang als die Strahlen der Mitte sind.
Endlich weicht die Farbenzeichnung dahin ab, dass sie, gerade wie
bei manchen Vögeln, mit jener des alten Weibchens nahe überein-
stimmt. Es fehlen nämlich die beiden Längestreifen über und unter
dem mittleren Hauptbande.
Altes Weibchen. Taf. VIII. Fig. 3.
Das alte Weibchen ist der ganzen Körpergestalt nach viel
breiter oder vielmehr höher, was besonders daher rührt, weil die
Bauchseite sich weiter abwärts senkt. Die grösste Körperhöhe macht
beinahe den dritten Theil der Länge (ohne Schwanzflosse) aus.
Rücken- und Afterflosse sitzen beide weiter rückwärts. Erstere
beginnt gerade in der Mitte des Körpers, ihre Strahlen sowohl, wie
die Basis welche sie einnehmen, sind etwas kürzer als die Kopflänge,
der obere Rand ist ebenfalls horizontal. Die Afterflosse fängt ein
wenig vor der Mitte der Rückenflosse und zwar um zwei Augen-
diameter hinter den Bauchflossen an; ihre Basis erscheint dadurch
etwas länger als am Männchen, weil die Flosse, ohne alle Beson-
derheiten, nur eine ganz gewöhnliche schief abgestutzte Gestalt hat,
so dass die durch Nichts ausgezeichneten Strahlen des Vorderrandes
bloss zweimal die Basislänge enthalten. Sie besteht aus drei unge-
theilten und sieben getheilten Strahlen, zählt also um drei Strahlen
mehr als die so eigenthümlich organisirte Flosse des Männchens.
Die Bauchflossen sind gleichfalls viel kürzer als an jenem, nur Ys
der KopÜänge gleich und reichen zurückgelegt bloss bis zum An-
fange der Afterflossenbasis, wo ebenso die Analöffnung liegt. Die
Brustflössen bieten keinen Unterschied dar und die Schwanzflosse
ist ganz einfach abgerundet ohne vorspringende Spitze. In der Fär-
bung weichen die Weibchen dadurch von den Männchen ab, dass sie

neue Gattung von Poecilien. 297
bloss die mittlere schwarze Binde an den Seiten und die schwarze
Kiellinie unter dem Schwänze haben, ferner dass die Punkte in der
Rückenflosse gröber und weniger sind.
Die beiliegende Tafel stellt die schönsten unserer im k. k. Mu-
seum aufbewahrten Individuen in Naturgrösse dar.
Xiphophorus bhnaculatus.
Männchen.
Rückenflosse niedrig, wagrecht abgestutzt; die Basis länger als
der Kopf, in der Mitte des Fisches (ohne die Schwanzflosse) senk-
recht über dem letzten Analflossenstrahle beginnend. Schwert der
Analflosse zweimal so lang als der Kopf. — Ein schwarzer Fleck
über dem Anfang der Kiemenspalte, ein grösserer in der oberen
Hälfte der Schwanzflossenbasis. In der Rückenflosse drei Reihen
schwarzer Punkte.
Weibchen.
Rückenflosse niedrig, wagrecht abgestutzt; die Basis so lang
wie der Kopf, nach der Mitte des Fisches senkrecht vor der After-
flosse beginnend. Afterflosse kurz, stumpf abgestutzt. Färbung wie
am Männchen.
Br. 2|10. Br. i [5. R. 2|13. A. 3 [7. (Weib. 2 | 7) Seh. 711417.
3
Schuppen ^ und 3.
s
Beschreibung des jungen Männchens.1}
Körperhöhe und Kopflänge gleichen jede dem fünften Theile
der Gesammtlänge (ohne Schwanzflosse) des ziemlich schlanken,
massig comprimirten Fisches. Das Stirnprofil vereinigt sich mit dem
Vorderrücken zu einer geraden nur wenig ansteigenden Linie; die
Bauchseite dagegen ist etwas mehr concav. Die Augen nehmen die
vordere Kopfhälfte ein, ihr Diameter enthält Vs von der Breite der
flachen Stirne oder des Zwischenraumes beider Augen. Der Mund
ist nur wenig schief, beinahe wagreeht gespalten und seine Spalte
daher halbmondförmig. Der vorstehende Unterkiefer, so wie der
ziemlich vorschiebbare Zwischenkiefer haben eine Binde kurzer
*) Wir bedauern sehr, von dieser Species keine alten Individuen vorliegen zu haben.

298 Hechel. Über eine
Borstenzähne, die eine lockere Aussenreihe etwas stärkerer und
gekrümmter Z ahn eben umgibt.
Die Rückenflosse fängt gerade in der Mitte des Körpers (ohne
Schwanzflosse) an und steht auf einer Basis, welche die Kopflänge,
mithin auch die grösste Körperhöhe übertrifft; ihr oberer Rand ist
beinahe wagrecht abgeschnitten, den 13 getheilten Strahlen, aus
denen sie besteht, gehen zwei ungeth eilte voran, sie verlängern sich
allmählich bis zum 9., 10. Strahle und nehmen dann nur unmerklich
wieder ab, der letzte erreicht zurückgelegt beinahe die Schwanz"
flossenbasis.
Die merkwürdige Analflosse hört, senkrecht genommen, gerade
da auf, wo die darüberstehende Rückenflösse anfängt. Eine Stellung
die überhaupt selten vorkömmt, da nur sehr wenige Fische eine After-
flosse aufzuweisen haben, die mit ihrer ganzen Basislänge, wie zum
Beispiel bei Anableps, vor der Rückenflosse steht; es ist daher um
so mehr zu beklagen, kein ausgebildetes Individuum hier vorzuhaben,
woran sicherlich besondere Anklammerungs-Organe entwickelt wären,
die wir nun hier, wie an allen jungen Männchen dieser interessanten
Gattung gänzlich vermissen. Die Flossenbasis ist kaum halb so lang
wie der Kopf und enthält im Ganzen zehn Strahlen. Die beiden ersten
sind kurz, der dritte dick, zweimal so lang wie der Kopf und gleich-
falls ungetheilt; darauf folgen, stufenweise ein wenig kürzer, zwei
an der Spitze einmal getheilte Strahlen. Diese fünf sind eng an ein-
ander gefügt, an der Basis mit einer lockeren Haut bedeckt und bil-
den mitsammen das Schwert, welches zurückgelegt bis nahe zur
Schwanzflosse reicht. Der 6. Strahl ist um % kürzer als dieses, nach
ihm folgen noch vier Strahlen, die allmählich so weit abnehmen bis
der letzte mit dem zweiten gleich lang wird.
Die Bauchflossen sitzen um einen Augendiameter vor der After-
flosse, beinahe unter der Anheftung der Brustflossen, ohne innerlich,
nämlich mit den Beckenknochen am Schultergürtel zu haften. Sie
bestehen aus einem ungeth eilten und 5 getheilten Strahlen, die sehr
kurz sind, so dass sie zurückgelegt nicht weiter als bis zum Anfange
der Afterflossenbasis reichen. Eben so weit reichen auch die abge-
rundeten Brustflossen, die zwei ungetheille und zehn getheilte Strah-
len enthalten. Die Schwanzflosse ist gleichfalls abgerundet, Vs der
Kopflänge gleich und besteht aus 14 getheilten Strahlen, welchen je
7 ungetheilte, stufenweise kürzere zur Seite stehen,

neue Gattung von Poecilien. 299
Der Rumpf sammt Stirne, Wangen und Deckeln wird wie
gewöhnlich von verhältnissmässig grossen Schuppen bedeckt; die
Mittelreihe enthält deren 29 vom Kopfe bis zur Schwanzflossenbasis,
worauf noch 3—4 auf den Strahlen selbst liegende folgen. Beinahe
alle Schuppen, besonders die gegen den Rücken zu liegenden, haben
eine kleine Porenhöhle im Centralpunkte ihrer ziemlich groben con-
centrischen Ringe; an keiner sind auf der halbseheibenförmigen unbe-
deckten Fläche Radien bemerkbar, deren nur nach dem vorderen
bedeckten Theile 8—10 auslauten. Drei horizontale Schuppenreihen
liegen über der Mittelreihe bis zur Rückenflosse und drei darunter
bis zur Afterflosse.
Im Allgemeinen ist die Farbe, an Exemplaren im Weingeist,
hellbraun. Jede Schuppe, mit Ausnahme jener in den unteren Bauch-
reihen, hat in der Mitte einen stehenden halbmondförmigen schwarz-
braunen Fleck; ein grösserer rundlicher liegt am oberen Winkel des
Kiemendeckels über den Brustflossen und ein noch grösserer ganz
schwarzer an jeder Oberseite des Schwanz-Endes. Alle Flossen
scheinen ungefärbt, nur die Rückenflosse allein ist auf ihrer Mem-
brane mit drei parallelen Horizontalreihen schwarzer Punkte besetzt.
Junges Weibchen.
Gleicht der Körperform nach ganz dem jungen Männchen, nur
dass sein Schwanz schlanker ist und weniger hoch. Die Rückenflosse
beginnt etwas nach der Körpermitte und ihre Basis ist nur so lang
wie der Kopf. Senkrecht unter dem 3.—4. Strahle dieser Flosse
fängt erst die Afterflosse an, die mithin, wie an allen Weibchen dieser
ausgezeichneten Gattung, viel weiter rückwärts steht als an ihrem
Männchen. Sie enthält 2 getheilte und 7 ungetheilte ganz gewöhn-
liche Strahlen, ist stumpf abgestutzt, so dass die vorderen und läng-
sten derselben kaum eine halbe Kopflänge übertreffen und nieder-
gelegt nicht viel über die ganze Flossenbasis hinausreichen. Die
sehr kurzen .Bauchflossen liegen um zwei'-Augendiameter vor den
Afterflossen, und bedecken zurückgelegt diesen Zwischenraum nur
zur Hälfte; dabei aber sitzen sie doch in einem grösseren Abstande
vom Schultergürtel als bei den Männchen, mit welchen sie in allem
Chrigen, sowohl in Schuppenzahl als Färbung übereinkommen.
Das Wiener Museum besitzt ein Männchen und drei Weibchen,
wovon keines die auf der Tafel dargestellte Grosse übertrifft.

300 Hechel. Über eine
liphophorus gracilis.
Männchen.
Rückenflossenbasis kurz, nach der Körpermitte beginnend;
oberer Flossenrand schief abgestutzt. Afterflosse mit der ganzen
Basis vorder Rückenflosse sitzend; das Schwert schmal, zweimal so
lang wie der Kopf. — Ein schwarzer-Längestreif vom oberen Decket
winkel bis zur Schwanzflossenbasis; eine schwarze Linie längs des
Schwanzkieles bis zur Flosse; alle Flossen unbefleckt.
Weibchen.
Rücken- und Afterflosse senkrecht unter einander nach der
Korpermitte beginnend; beide mit kurzer Basis und schief abgestutz-
tem Rande, Farbenzeichnung wie am Männchen.
Br. 1111. Ba. 1)5. R. 2 | 6. A. 2 | 6. (W^ 3 l 6-) Seh- 7 11^ | 7.
3
Schuppen ^ und 2—3.
3
Beschreibung des Männchens.
Im Ganzen ist dasselbe von etwas schlankerem Körperbau als
jene der beiden vorher beschriebenen Arien; seine grösste Körper-
hohe ist so wie die Kopflänge etwas über viermal in der Gesammt-
länge des Thieres (ohne Schwanzflosse) enthalten. Der Kopf ist
eben so spitz und der am Anfang der flachen Stirne geradlinig quer-
über gespaltene Mund hat'beinahe eine ebenso vorticale Stellung wie
an Xiphophorus Hcllerii. Gestalt und Stellung der Flossen sind aber
auf das Bestimmteste verschieden.
Die Rückenflosse fängt erst um einen guten Augendiameter nach
der Körpermitte an; ihre Basis ist sehr kurz 5 kaum einer halben
Kopflänge gleich und enthält, nebst den beiden ersten ungetheilten,
nur sechs getheilte Strahlen; die ersten dieser Getheilten sind dop-
pelt so lang als die ganze Basis, die nachfolgenden werden nach rück-
wärts stets kürzer, so dass bei aufgerichteter Flosse der obere Rand
schief abgestutzt erscheint. Die Basis der Afterflosse, die nur
wenig kürzer ist als jene der Rückenflosse, reicht eben so weit W
als hinter die Körpermitte, endigt daher, im verticalen Sinne genom-
men, beinahe um einen ganzen Augendiameter früher als die darüber

neue Gattung von Poecilien. 301
stehende Rückenflosse anfängt. Sie besteht im Ganzen nur aus acht
Strahlen, von welchen bloss der vierte etwas gespalten ist. Die bei-
den ersten sehr kurzen, dann der dritte, vierte und fünfte Strahl, die
alle an ihrer Basis von einer dicken lockeren Haut umfangen sind,
bilden mitsammen das schmale beinahe zwei Kopflängen erreichende
Schwert, verbinden und krümmen sich an der, gleichsam zu einem
Knäuel verdickten Spitze rückwärts; nach hintenzu scheint dies
verdickte Ende eine kleine Fläche zu bieten, woraus die Strahlen-
spitzen als kleine gekrüminte Häkchen hervorgehen. Wir müssen
übrigens bemerken, dass wir sowohl aus der verhältnissmässigen
Kleinheit unserer vorliegenden männlichen Exemplare gegen die weib-
lichen derselben Art, als aus der durchaus einfachen Strahlen-Dichoto-
mie aller Flossen schliessen müssen, unsere Beschreibung und Abbil-
dung (Taf. VIII, Fig. 3 d) nach keinem vollständig entwickelten
Anklammerungs-Organe entworfen zu haben; es wird daher einer
nächsten Zukunft vorbehalten bleiben, über diese merkwürdigen Or-
gane, sowohl bei dieser Species als bei der vorhergehenden, ausführ-
lichere Auskunft zu geben. An Männchen, die noch ein wenig kleiner
als das hier abgebildete sind, ist die Schwertspit^e ganz gerade ohne
alle Krümmung oder Verdickung, reicht aber zurückgelegt immer bis
nahe an die Schwanzflossenbasis. Der sechste Strahl erreicht nur i/^
der Schwertlänge und der letzte noch kürzere ist dem zweiten gleich.
Brust-, Bauch- und Schwanzflossen verhalten sich vollständig wie an
Xiphophorus bimaculatus, ebenso die Anzahl und Textur der Schup-
pen, nur ist zu bemerken, dass die unbedeckte Fläche dieser letzte-
ren fein punktirt und ihr freier Rand weniger gebogen ist, ferner
dass der Abstand zwischen den Bauchflossen und der Afterflosse ein
klein wenig grösser ist, was von der Stellung der letzteren allein
herrührt.
An unseren sechs in Weingeist aufbewahrten jungen Männchen
ist die Hauptfarbe röthlich braun, nach untenzu heller, am Bauch
und ünterkopf silbern. Jede Schuppe hat einen stärker punktirten
Rand. Ein schwarzbrauner, an vielen Exemplaren oft unterbrochener
Längsstreif zieht sich vom oberen Deckelwinkel bis zur Schwanz-
fiossenbasis und eine schwarze Linie verbindet längs des Schwanz-
kieles dessen Flosse mit der Afterflosse, deren Basis selbst noch zum
grössten Theil von der Linie überzogen wird. Alle Flossen sind
ungefärbt.

302 Hecke L Über eine neue Gattung von Poecilien,
Altes Weibchen.
Der ganze Körperbau ist wie gewöhnlich breiter, so dass seine
Höhe die Kopflänge übertrifft. Die Rückenflosse bietet keinen Unter-
schied; die Afterflosse ist ebenso wie bei den beiden vorher beschrie-
benen Arten viel weiter rückwärts gestellt, was hier um so mehr
auffallt, da sie, kaum früher als die Rückenflosse beginnend, mit die-
ser eine gleiche Gestalt hat, nur ist ihre Basis etwas kürzer und die
Strahlen stehen gedrängter, auch ist vorne ein ungetheilter kurzer
Strahl mehr darin. Die kurzen Bauchflossen sitzen ebenfalls weiter
rückwärts als am Männchen, unter dem letzten Drittheile der zurück-
gelegten Brustflossen; ihre Entfernung von der Afterflosse beträgt
zwei Augendiameter, gerade^wie bei den Weibchen der vorigen
Arten. Schuppenanzahl und die Farbenzeichnung stimmt mit jener
der Männchen vollkommen überein.
Dreizehn Exemplare dieser Species, grösstentheils aber ganz
junge, sind im hiesigen Museum aufbewahrt.
Erklärung der Tafeln.
Taf. VIII, Fig. l. Xiphophorus Helleriiy altes Männchen:
a) die ausgebreitete Afterflosse mit ihren Anklammerungs-Werk-
zeugen, vergrössert;
b) dieselbe in ihrer natürlichen Lage;
c) Schuppe aus der Mitte, mit ihrer centralen Porenoffnung, ver-
grössert.
Fig. 2. Xiphophorus Hellerii, junges Männchen,
d) unausgebildete Afterflosse, vergrössert.
Fig. 3. Xiphophorus Helleriiy altes Weibchen.
Taf. IX, Fig. l. Xiphophorus bimaculatus, junges Männchen:
a) unausgebildete Afterflosse, vergrössert;
b) Schuppe aus der Mitte, vergrössert;
c) eine Schuppenpartie aus der oberen Hälfte des Körpers.
Fig. 2. Xiphophorus bimaculatus, junges Weibchen.
Fig. 3. Xiphophorus gracilis, junges Männchen:
d) halbausgebildete Afterflosse, vergrössert;
e) Schuppe aus der Mitte, vergrössert;
f) Schuppenpartie aus der oberen Hälfte des Körpers.
Fig. 4. Xiphophorus gracilisy altes Weibchen.

Haidiuger. Über die Reise von Hauer und Hörne s. 303
Anmerkung. Herr Heller, welcher während des Druckes
dieses Absatzes aus Mexico zurückgekommen ist, hatte die Güte uns
noch Folgendes über obige Fische mitzutheilen: Sie bewohnen in
Menge und unter einander gemengt die starken rasch fliessenden
Bäche des Orizaba. Besonders auffallend und schön ist die Färbung
der zuerst beschriebenen Art, des Xiphophorus Hellerii Männchen;
seine Schwanzflossenspitze war hochgelb, und ihre jetzt im Weingeist
schwarze Einfassung, sammt den Längestreifen am Körper, glänzend
dankelblau, der Bauch perlmutterweissund der Rücken röthlichbraun.
Herr Bergrath Haidinger legte eine Reihe von Briefen de»
Herren v. Hauer und H Ö r n e s vor.
„Die mathematisch-naturwissenschaftliche Classe der kaiser-
lichen Akademie der Wissenschaften beschliesst heute die Reihe ihrer
Sitzungen für den ersten Abschnitt ihrer wissenschaftliehen Wirksam-
keit. Veranlasst durch die Anträge meines hochverehrten Freundes
P arisch, und von mir, welche die Commission der Bericherstattung
bildeten, hat die Akademie am Anfange dieses ersten Stadiums die
Frage einer dem gegenwärtigen Zustande der Wissenschaft und den
Bedürfnissen des Staates angemessenen geologischen Durchforschung
unseres Landes und der Niederlegung der Resultate derselben in einer
zu unternehmenden geologischen Detailkarte, mit Nach druck z u verfol-
gen beschlossen, und als Beginn der darauf bezüglichen Arbeiten, den
beiden jungen Geologen Franz Ritter von Hauer und Dr. Moriz
H Ö r n es, die Mittel geboten, eine Vorbereitungsreise nach Deutschland,
Frankreich und England zu machen, um autoptisehe Kenntnisse über so
viele wichtige Punkte zu sammeln, die mit der Ausführung unserer
eigenen späteren Aufgaben in Verbindung sind. Am l. Mai von Wien
abgereist, sind schon mehrere Mittheilungen eingelaufen, und von
Zeit zu Zeit jenen Herren Mitgliedern mitgetheilt worden, die ein
näheres specielles Interesse an denselben nehmen. Es dürfte aber
gerade heute, bei dem Schlüsse unserer diesjährigen Sitzungen ange-
messen erscheinen, der hochverehrten Classe einen kurzen Über-
blick über die Bewegungen unserer Reisenden zu geben.
Es kamen Briefe von Breslau, Cöln, Brüssel, Paris, London, mit
mannigfaltigen Mittheilungen, die sich theils auf die Arbeiten der
Forscher in den verschiedenen Ländern und auf die Sammlungen an

304 Haidinger. Über
den besuchten Orten, theils auf geologische Untersuchungen beziehen,
die sie selbst anzustellen Gelegenheit fanden.
In Breslau hat Herr Professor Glocker seit Jahren mit dem
grossten Eifer daran gearbeitet, die geologische Beschaffenheit von
Mähren und Schlesien zu erforschen. Seine Arbeiten werden also
künftig sehr wichtig sein, wenn es dazu kommt, die Karten dieser
Länder zu entwerfen. Er hat sowohl die Geologie, als auch insbeson-
dere die Paläontologie dabei ins Auge gefasst, besitzt viele werthvolle
Notizen, und ist schon nahe daran das Ganze abzuschliessen, doch
ist noch die Art der Herausgabe nicht festgesetzt. Herr Professor
G locke r beabsichtigt im Herbste nach Wien zu kommen.
, Den Reisenden wurde in Berlin die Gelegenheit eröffnet, die auf
Staatskosten unternommenen Arbeiten zur Herstellung einer geogno"
stischen Karte von Preussisch-Schlesien zu sehen. In Bonn sahen sie
ebenfalls viel Wichtiges in dieser Beziehung bei Herrn von De eben,
auf dessen Antrag jene Karte vor etwa sechs Jahren begonnen wor-
den war. Nebst den Daten der Bergämter, bereisen die Professoren
Gustav Rose und Beyrich in den Herbstferien jedes Jahres ver-
schiedene Theile des Landes, und man ist bereits so weit, dass die
Einleitungen zur Herausgabe schon gemacht sind. Die westliche
Grenze der Karte ist der Meridian von Görlitz, die östliche der von
Neisse; sie schliesst also beinahe ganz an die schone Naumann^sche
Karte von Sachsen an. Nördlich reicht sie drei Meilen über Görlitz
südlich eine halbe .Meile über Mittelwalde hinaus. Sie umfasst des
Granites wegen, den Gustav Rose mit so vieler Beharrlichkeit studirt
hat, einen beträchtlichen Theil von Böhmen. Sie wird in neun Blät-
tern herausgegeben, Massstab 1:1OO.OOO. Die nordwestlichen drei
Blätter l, 2 und 4 werden noch dieses Jahr erscheinen. Es wird für
die Herausgabe eine eigene Karte gestochen, und zwar hat die Karten-
handlung S ehr o p p dieselbe mit Contract übernommen. Für die an
Preussen grenzenden Theile von Böhmen liegen keine guten Karten
vor, vielleicht würde für die Mittheilung solcher Daten, die bei uns
vorliegeil, aber noch nicht publicirt sind, die kaiserliche Akademie der
Wissenschaften in Wien eine günstige Vermittlung einleiten können.
Herrn Professor Gustav Rose's Besuch in Wien wird für diesen
Herbst angekündigt.
Herr von De ehe n hat auch bereits die wichtigsten Vorarbeiten
für eine Karte der Rheinprovinzen vollendet. Viele Arbeiten sind

die Reise von Hauer und Hör n es. 3 OS
schon vorhanden, Berichte, Zeichnungen, Durchschnitte sind vorrä-
thig. Ferdinand Römer und G i rar d machen die Revisionsreisen.
Die geologische Aufnahme des linken Rheinufers ist vollendet. Die
Beobachtungen werden vorläufig auf die Preussische Generalstabs-
Karte, Massstab: 1:8O.OOO eingetragen. Über die Herausgabe ist
noch nichts festgesetzt.
Herr Römer, der so eben aus Amerika zurückgekehrt ist, und
sieh in Bonn habilitirt, theilte interessante Nachrichten über die geo-
logischen Arbeiten in den Vereinigten Staaten mit. Beinahe alle haben
geologische Untersuchungen auf Staatskosten durch eigene Staats-
geologen anstellen lassen. Vanuxem, Hall und andere treffliche
Geognosten wirken z. B. in New-York. Die geologische Karte dieses
Staates ist vollendet. Siebzehn Quartbände enthalten die Beschrei-
bung des Landes, mit allen geologischen Daten. Hall bearbeitet die
Paläontologie. Ein sehr starker Quartband, mit zahlreichen Tafeln,
ist bereits veröffentlicht, mit den Fossilien des -untern silurischen
Systems. Die Unternehmung für New-York kostet bereits 7O.OOO
Dollars (14O.OOO Gulden Conv. Münze), und diese Summe wird durch
eine freiwillige Steuer der Bürger von New-York aufgebracht.
Auch in Belgien sind Arbeiten für eine geologische Karte durch
Professor Dumont in Lüttich bereits seit zehn Jahren im Gange, die
Arbeit ist so gut als vollendet, so dass die Herausgabe für das Jahr
1849 erwartet wird.
Die Reisenden gaben auch Nachrichten über mehrere von ihnen
genauer durchgenommene Sammlungen, die hier nur ganz kurz erwähnt
werden mögen. Die des Professors Glocker und die der Universität
inBresIau, die königlichen Sammlungen, die des königlichen Oberberg-
amtes, die der Herren Dr. Ewald, und des Herrn Brücke in Berlin.
Leider waren weder Herr v. Humboldt noch Herr v. Buch in Berlin
anwesend. Ferner die reiche Goldfuss^sche Petrefactensammlung
in Poppelsdorf bei Bonn, die Sammlung des Herrn De Koninck in
Lüttich, der Herren Henckelius und Bosquet in Maestrieht,
des Herrn Nyst in Löwen, de Wael in Antwerpen.
Paris macht natürlich in wissenschaftlicher Beziehung eine Welt
aus. Leider waren besonders in dem augenblicklichen wissenschaft-
lichen Verkehr durch die politischen Ereignisse grosse Störungen
eingetreten. Doch konnten die Reisenden theils die unmittelbaren
Mittheilungen der Fachmänner, theils die reichen Sammlungen
Sitzb. d. mathem.-nafcunv. Cl. I. Bd.
20

306 Haidinger. Über
benutzen, theils auch die für die Vergleichung unserer eigenen Nmn-
mulitenschichten so wichtige Eocenförmation derümgebungen von Paris
genau studiren. Aus den mannigfaltigen Schichten des Pariser Beckeas
sammelten sie selbst an vielen Orten- zahlreiche Fossilreste zu dem
Zwecke der Bearbeitung für den nach ihrer Zurückkunft der Akademie
vorzulegenden ausführlichen Reisebericht.
Die Sammlungen und Bibliothek der JScole des mines war
ihnen durch die Herren Elie de Beaumont und Dufrenoymit
der grössten Freundlichkeit eröffnet. Sie hatten auch Gelegenheit
Herrn Elie de Beaumont auf einigen der Excursionen, die er mit
seinen Schülern an die interessanten Punkte des Pariser Beckens
alljährlich unternimmt, zu begleiten. Sie schildern den anregenden
Einfluss dieser Ausflüge, welche unter der Leitung so ausgezeichneter
Naturforscher, wie die Professoren des Jardin des Plantes, unter-
nommen werden; ein schöner Vorgang auch für eine zukünftige Eröff-
nung der Schätze unserer eigenen sehenswerthen Umgebung. Nebst
den Sammlungen des Jardin des Plantes sahen die Herren v. Hauer
und Dr. Hörne s die Sammlungen und genossen die Belehrung der
Herren Deshayes, Edouard de Verneuil, d^Orbigny, Duval,
Dutemple, und des Engländers Herrn Davidson, der seit länge-
rer Zeit die Geologie der Umgegend von Boulogne bearbeitet. Ferner
erwähnen sie des Museums und der Sammlung des Herrn Bouchard
in Bordeaux. Es würde hier zu weit führen, die einzelnen Mitthei-
lungen über Sammlungen sowohl, als über die in der ganzen Reihe
der Pariser Schichten durchforschten Fundsätten organischer Beste
durchzunehmen, welche anher berichtet worden sind. Sie verspre-
chen uns für den allgemeinen Reisebericht ein schönes Bild, aber
auch viele nützliche Anwendung in unserem Hauptzwecke, der Erfor-
schung des eigenen Landes.
Auch die ersten Nachrichten aus England sind sehr günstig, ja
sie lassen voraussehen, dass es dort noch besser gelingen wird, eine
schöne Übersicht der Resultate der neuesten wichtigen geologischen
und paläontologischen Arbeiten zu gewinnen. Die Gesellschaft ist
dort nicht durch Revolutions-Ereignisse gestört, und der Sinn für
Naturwissenschaft ausnehmend verbreitet, so wie auch zuvorkom-
mende Aufnahme und selbst Mittheilung werthvoller Gegenstände
wissenschaftlicher Studien überall getroffen werden. Die Reisenden
geben Nachricht von Sir Henry de la Beche und den unter seiner

die Reise von Hauer und Harnes. 307
Leitung stehenden Arbeiten und Einrichtungen, des Gealogical Sur"
vey und des Museu^n of Practical Geology etc. Das neue Museum,
ein schönes Gebäude in Piccadilly, ist nahe fertig, und wird in etwa
einem Jahre bezogen und eingerichtet werden. In dem Mining
Record Office daselbst werden Karten aller englischen Bergbaue
gesammelt, und die Register von den Erträgnissen der einzelnen Gru-
ben geführt. Ferner berichten sie von den Herren Greenough, Man-
tell, Owen, Edwards, Morris, Searles Wood, Earl of
Ennis-Killen und ihren Arbeiten, Sammlungen und Mittheilun-
gen; sie erwähnen des Planes, der diesjährigen Versammlung britti-
scher Naturforscher zu Swansea in Südwales beizuwohnen, wohin sie
eben in Begriff waren den Weg über Edinburgh einzuschlagen. Die
ganze Aufeinanderfolge ihrer dortigen Untersuchungen ist dadurch
trefflich vorgezeichnet.
In den letzten Mittheilungen äussern die Herren v. Hauer und
Dr. H Ö r n e s, dass sie wohl früher zurückkehren müssen, als es erst
ihre Absicht war, indem die spätere Abtheilung der Reise durch das
südliche Frankreich und die Schweiz, so wünschenswerth sie für
unseren Plan wäre, unterbleiben muss. Die unvorhergesehenen Um-
stände, welche seit dem 9. December 1847, dem Tage des Beschlusses
der Classe, eingetreten sind, haben die Mittel zur Deckung der Reise-
kosten durch den Cours u. s. w. sehr beeinträchtigt, nichtsdestoweniger
war es immer gewonnene Zeit, jetzt zu arbeiten, wo es möglich ist.
Während so mancher störender Einflüsse sind unsere Reisenden oft
glücklich hindurchgekommen, so namentlich in Paris, wo sie am
18. Mai, nach den damaligen Unruhen ankamen, und diese Stadt wie-
der am 20. Juni verliessen, ohne von den spätem Ereignissen beröhrt
worden zu sein. Ihre Rückkehr dürfte wohl jedenfalls erfolgen, bevor
die nächste Sitzung der mathematisch-naturwissenschaftlichen Classe
der Akademie stattfinden wird."
Die hochverehrte Classe wird schon aus der Aufzählung der
einzelnen Daten wahrgenommen haben, dass unsere jungen Freunde
mit vielen der ersten Forscher in freundliche Berührung kamen.
Viele frühere angenehme Beziehungen wurden aufgefrischt, neue
eröffnet, die nicht fehlen werden, für die Zukunft reichliche Früchte
zu bringen. Die Reisenden rühmen an mehreren Stellen der Briefe
die zuvorkommende Aufmerksamkeit und das freundliche Wohlwollen,
mit welchen sie überall empfangen wurden.
20'1-

gQg Hai dinge r. Zweiter Band
Im Ganzen lassen sich aus den bisherigen Berichten die erfreu,
liebsten Resultate für die Erreichung des Zweckes entnehmen, dea
sich die mathematisch-naturwissenschaftliche Classe bei der Bewilli-
gung der Mittel zur Unternehmung dieser Reise durch die Herren
v. Hauer und Dr. Hörne s vorgesetzt hat.
Herr Bergratb Haidinger legt den II. Band der von ihm
herausgegebenen naturwissenschaftlichen Abhandlungen für das Sub-
scriptionsjahr vom l. Juli 1847 bis l. Juli 1848 vor.
„Am 9. December 1847 hatte die hochverehrte Classe die
Bewilligung der angetragenen Beiträge für die geognostischen Ver-
eine, wie für die so eben erwähnte Reise ausgesprochen; genau ein
halbes Jahr später, am 9. Jimi 1848, verdanke ich derselben die
unmittelbare grossmüthige Unterstützung in dem Unternehmen einer
naturwissenschaftlichen Publication, deren erster Band im vorigen
Jahre erschien, und dessen zweiten ich hier vorzulegen die Ehre
habe. Der Text davon ist bereits vollständig gedruckt, neun und
zwanzig lithographische Tafeln sind beigelegt, es fehlt nur mehr eine,
die dreissigste. Ich würde es für unschicklich gehalten haben, den
Band in dieser unvollständigen Gestalt vorzulegen, wenn nicht diese
Sitzung gerade die letzte unserer diesjährigen Periode wäre, und
ich also mehr als zwei Monate früher meinen wahren tiefgefühlten
Dank für die kräftige Unterstützung der Akademie aussprechen kann.
Ich habe in meiner Bitte an die Classe auf das schöne Verhältniss
hingewiesen, welches durch eine solche Theilnahme entstehen würde.
Es wird gewiss seme guten Früchte bringen. Man kann nicht läugnen.
dass gerade jetzt für die Pflege der Naturwissenschaften eine ungün-
stige Zeitperiode eingetreten ist, aber die Schwierigkeiten des Augen-
blickes werden sich überwinden lassen, und gewiss eine schönere
Zukunft blüht uns auch hier entgegen. Dann hoffe ich auch, den
Beweis der Anerkennung unseres naturwissenschaftlichen Strebens
recht zu Gute zu bringen, indem es gewiss nachher gelingen wird,
reichliehe Kräfte zu dem schönen Zwecke der Erweiterung der
Naturwissenschaften zu versammeln.
Vorwort, Subscribentenliste, Rechnungsabschluss sind noch nicht
gedruckt; letzterer wird insbesondere bis zu dem letzten Augenblicke
offen gelassen, weil die verschiedenen Rechnungen für die Verwm-

der natarw. Abhandlungen. 309
düng der Barmittel noch einzureichen sind. So viel freut es mich
aber jetzt schon mittheilen zu können, dass es mir gelungen ist, in
diesen zwei Jahren an Subscriptionsbeträgen nicht weniger als
6300 Gulden Conv. Münze bar in Empfang zu nehmen. Die Unter-
nehmung begann als 4OO Gulden sicher gestellt waren, das Vertrauen
auf einen günstigen Erfolg wuchs nach Massgabe des Fortschrittes,
wenn auch nicht immer alle Ereignisse und Zwischenfälle günstig
waren. Gegenwärtig darf ich das Unternehmen schon ein bedeutendes
nennen. Wenn aber auch schon viele Theilnahme gewonnen ist, so
wurde doch noch mehr Arbeit geleistet, mehr Zahlungsverbindlichkeit
eingegangen. Indessen das unbedingte Vertrauen auf meine edlen
Mitbürger verlässt mich nicht. Nur wo nicht gearbeitet wird, zeigt
sich keine Theilnahme. Die Arbeit sichert den Erfolg.
Ich bitte die hochverehrte Classe, freundlichst dem Inhalte des
Bandes ihre Aufmerksamkeit zu schenken. Er enthält folgende
Abhandlungen :
1. A. E. Reuss. Poliparien des Wiener Beckens mit 11 Tafeln.
Die wichtigste Monographie über diese Crustaceen-Familie. Ich habe
zugleich die Ehre, der Akademie im Auftrage des Verfassers ein
Separat-Exemplar zu überreichen.
2. J. Petzval. Über die Theorie des Grössten und Kleinsten.
3. J. Czjzek. Neue Foraminiferen des Wiener Beckens.
4. C. E. H a m m e r s c h m i d t. Über den mexicanischen
Schmetterling Zeuzera Redtenb ackerte der als Larve in einer
Agave von Heller aus Mexico eingesandt, in Wien seine Verwand-
lung durchmachte.
5. J. Barrande. Silurische Brachiopoden aus Böhmen. Mit
9 Tafeln, die zweite Abtheilung dieser classischen Abhandlung.
6. A. v. Morlot. Geologie von Istrien. Von dieser trefflichen
Abhandlung habe ich ebenfalls die Ehre im Auftrage des Verfassers
ein Exemplar zu überreichen. Es enthält eine Karte in Farbendruck.
Um den Band schneller beenden zu können, wurde er in zwei
Abtheilungen gedruckt. Die zweite Abtheilung enthält folgende drei
Abhandlungen:
1.J.RiedIv. Leuenstern. Über das Mass der Körperwinkel.
2. F. R eissache r. Die Goldstreichen der Salzburgischen
Centralalpen.
3. J. Arenstein. Über imaginäre Grossen.

310 Haidinger.
Der Artikel sind wenige an der Zahl, aber zum Theil sehr
umfassend, und wichtig in ihren verschiedenen Fächern.
Für den dritten Band sind bereits nicht weniger als zwölf litho-
graphische Tafeln der Vollendung nahe.
Herr Bergrath Haidinger überreichte im Auftrage des Ver-
fassers :
Erläuterungen zur geologisch-bearbeiteten VIII. Section der
GeneraI-Quartiermeisterstabs-Specialkarte von Steiermark und Illy-
rien. Von A. v. Morlot. Wien in Commission bei Braumüller und
Seidel. 1848.
Dieses Heft und die vorher überreichte Geologie von Istrien
sind die Resultate der Sommer-Forschungen des unternehmendeB
Commissärs des geognostisch-montanistischen Vereins für Österreich
und das Land ob der Enns, und der Redaction derselben im verflos-
senen Winter. Die „Erläuterungen" schliessen sich in ihrem Systeme
ganz an die im vorigen Jahre von Herrn v. Morlot trefflich zusam-
mengestellten Erläuterungen zur geologischen Übersichtskarte der
nordöstlichen Alpen an. Die letztere Karte war gleichzeitig heraus-
gegeben worden. Die VIII. Section, geologisch colorirt, ist noch nicht
erschienen. Herr Bergrath Haidinger zeigte sie in der heutigen
Sitzung vor, und bemerkte dazu, da die Ereignisse des letzten Früh-
jahres so manche Unternehmung aufgehalten haben, so sei auch diese
Herausgabe nicht ins Werk gesetzt worden. Er beabsichtige indessen
gegenwärtig die nothwendigen Einleitungen dafür zu treffen. Wer
für die Kosten am Ende einstehen würde, sei wohl noch nicht bestimmt,
aber es ist ein Anfang von Arbeit, die wo immer sie gemacht wird,
doch am Ende gewiss ist, Anerkennung und Theilnahme zu finden.
Herr Bergrath H a i d i n g e r überreichte ein Exemplar des
Werkes:
Das Ganze der Verkohlung in stehenden Meilern, oder die
sogenannte italienische Köhlerei, nach den dreissigjährigen prakti-
schen Erfahrungen und Betriebsresultaten zu Hieflau in Obersteier-
mark, bearbeitet von Vincenz Dietrich, Hütten- und Rechenver-
valto daselbst, mit 7 Steindrucktafeln, Gratz 1847, Kienreich,
welches ihm der Verfasser zu diesem Zwecke übersendet hatte.

311
SITZUNG VOM S. OCTOBER 1848.
Note über den m etallähülichen Schiller des Hyper-
sthens. Von W. Haidinger.
Die Erwerbung eines sehr ausgezeichneten Stückes von Hyper-
sthen von Labrador für das k. k. montanistische Museum veran-
lasste mich kürzlich, die deutlich theilbaren Massen desselben in
feinen Splittern auf den Pleochroismus zu untersuchen. Es liess sich
allerdings erwarten, dass er in den Farben nach verschiedenen Rich-
tungen einige Verschiedenheit zeigen würde, weil die durchsichtigen
Varietäten von Augit, wo sie sich untersuchen lassen, auch einen,
wenn auch geringen Grad dieser Eigenschaft besitzen.
Es seien die Farbentöne gegen ein rechteckig vierseitiges Prisma
orientirt, P die Endfläche, M die breite schillernde Seitenfläche,
T die dritte senkrecht auf beiden stehende; ferner sei l) das untere
extraordinäre Bild der dichroskopischen Loupe, beim Durchsehen
sowohl durch M als durch T, 2) sei das obere ordinäre Bild beim
Durchsehen durch M, 3) das obere ordinäre Bild beim Durchsehen
durch T, so ist:
1. Hauptaxe, Grau, zum Theil etwas grünlich, dunkelster)
2. Queraxe ) Hyacinthroth C mehr röthlich, ) mittlerer f Ton.
S.Normale uns Nelkenbraune] mehr gelblich, ( hellster J
Die rothen und grauen Töne bilden scharfe Gegensätze. Aller-
dings sind die Farben sämmtlich sehr dunkel, so dass das Ganze
schwarz erscheint, aber dünne Splitter, besonders wenn man sie von
der Sonne beleuchtet, durch die dichroskopische Loupe untersucht,
geben doch sehr entscheidende Resultate.
Die überraschende Erscheinung der rothen Durchsichtigkeits-
farben musste natürlich einladen, die rothe Schillerfarbe in zurückge
worfenem Lichte durch die dichroskopische Loupe näher zu unter-
suchen. Da erschien denn in der Läagsstellung der Krystalle das
obere ordinäre Bild röthlich und glänzend, das untere extraordinäre
glanzlos und grau; in der Querstellung dagegen war das obere Bild
glänzend, die graue Farbe ganz überwältigt, das untere Bild dagegen
war roth. Die Modification der Stärke der Polarisation gab die
Zurückstrahlung von der Oberfläche, die Farbentöne entstanden durch
den Antheil von Licht, welcher durch den Krystallkörper hindurch-
ging, und von Trennungen im Innern zurückgeworfen wurde, und

049 Haidinger. Flächenschiller
von welchem übereinstimmend mit der oben angezeigten Lage cfe
rothen in der Richtung der Axe, die grauen senkrecht auf diese&e
polarisirt sind.
In den mineralogischen Werken findet man verschiedene Farben-
Angaben für den Hypersthen, z. B. in Mohs, von Zippe S. 231:
„Farbe graulich- und grünlich-schwarz; auf den vollkommenen
Theilungsflächen in mehreren Varietäten fast kupferroth;" in Haus-
mann S. 493: „Tombakbraun mit einem Stich in das Kupferrothe,
pechschwarz, graulich-, grünlich-schwarz, schwärzlichgrün.^ Diese
Angaben werden ganz aus dem Bereiche des Ungewöhnlichen gezo-
gen, seitdem das Vorkommen des Pleochroismus nachgewiesen ist.
Hier nur ist es möglich, dass ein einziges Individuum je nach dei*
Richtung in welcher es betrachtet wird, zweierlei Farben zeigt, die
rothe und die graue. Der scheinbar metallähnliche Perlmutter-
glanz wird gleichfalls auf diejenige Erscheinung zurückgeführt,
welche überhaupt Perlmutterglanz hervorbringt, die Zurückstrahlung
von auf einander liegenden Blättchen.
Wenn man einen feinen Splitter von Hypersthen in verticaler
Stellang durch die dichroskopische Loupe betrachtet, so ist das untere
extraordinäre Bild, so wie es oben als Farbe der Hauptaxe angegeben
wurde, grau, höchstens mit einem wenig grünlichen Stich. Das
Grau ist sehr dunkel, fast schwarz. Lichtere Töne von Grau kommen
in vielen Abänderungen des Augites vor, dem der Hypersthen doch
nach den neuesten Forschungen in Einer Species angereiht werden
muss. Aber das Verhältniss der Farbe wird, wie in so manchen ändern
Mineralspecies, durch den Oxydationszustand und die Menge der darin
enthaltenenBestandtheile des Eisens und des Mangans hervorgebracht
Die Farbentöne verdienen daher, besonders bei derBeurtheilungder
chemischen Analysen, beachtet zu werden. Die neueste Analyse des
Hyperstbens von Labrador, von Damour (Ann. des mines, 4. S.
V. 159. Hausmann Handb. 2. Aufl. 493) gibt folgende Bestandtheile:
Kieselsäure ............ S l-36
Thonerde. ............ 0-37
Talkerde ............. 21-31
Kalkerde ............. 3*09
Eisenoxydul ............ 21-27
Manganoxydul ........... 1-32
M29

des Hypersthens. 313
Als Formel erhält man 3 (FeO,MgO,MnO,CaO),2(SiO2,AIaO3.
Die rothe Farbe deutet gewiss auf Eisenoxyd, welches, da es in Braun
geneigt ist, wohl durch eine Beimischung des violetten Manganoxydes
dahin gestimmt sein kann. Allein das Grau ist eben so wahrschein-
lich ein gleichzeitiger Eindruck der Farbentöne von Grün und Violet,
nämlich von Eisenoxydul und Manganoxyd, gerade so wie diese beiden
Töne in künstlichen Glaserzeugnissen in kleinen Mengen oft einander
zu einem scheinbar völlig ungefärbten Totaleindruck neutralisiren.
Dass die Oxydtöne vorzüglich in der Richtung der Axe, die
Oxydultöne senkrecht auf dieselbe polarisirt erscheinen, verdient
zwar ebenfalls beachtet zu werden, als eine Erscheinung, die auch
an manchen ändern Mineralspecies sich wieder findet, theils direct
theils umgekehrt, zum Beispiel an den Chloriten, manchem Turmalin,
Quarz u. s. w., aber die dahin gehörigen Beobachtungen sind noch
lange nicht hinlänglich durchgeführt, um jetzt schon eine ausführli-
chere Beleuchtung zu erlauben.
HerrBergrath Haidinger theilte aus einem vor wenigen Tagen
erhaltenen Schreiben von Herrn v. Morlot die vorläußge Nachricht
von der Auffindung einer Anzahl von neuen Fundorten von Gosau-
Petrefacten in Untersteiermark mit.
„Oberburg, ein zweites Gosau," schreibt Herr von Morlot,
„Zwei Fundstellen liegen ganz nahe vom Ort, die 'eine eine
halbe Stunde unterhalb (I), die andere eine halbe Stunde oberhalb
Oberburg (II); ein Wechsel von grauen Sandsteinen und grauen
sandig-thonigen Mergeln, auch eine Schichte von grauem Kalk,
Gesammtmächtigkeit nicht über 40 Fuss. Einschalige Muscheln
Natica (die Turnatella gigantea habe ich nicht gesehen), dann
besonders Turritellen, auch zweischalige, darunter Pecten, Osfrea,
im Ganzen aber wenig Mollusken, hingegen eine ausserordentliche
Menge von Korallen, sowohl die kopfgrossen Mäandrinen der Gosau,
als auch sehr zarte und vielartige Astkorallen, dann Turbinolien und
Asträen, aber keine Gosaufungien, wobei noch zu bemerken ist, dass
die Fauna an den beiden Localitäten manches Übereinstimmende,
aber auch manches Abweichende zeigt. Die grossen Mäandrinen,
überhaupt die grösseren Arten haben beide Punkte gemein, aber die
kiemeren scheinen in beiden verschieden, also ausgesprochene Local-

§14 Haidinger. Gosaupetrefacfen.
Verhältnisse, und das Vorkommen von Fossilien überhaupt in diesem
Schichtsystem wohl nur eine locale Ausnahme, — daher vielleicht
manche Schwierigkeiten und .scheinbare Widersprüche. Den Mergel
der oberen Fundstelle hat Freye r zugesendet erhalten und er soll
darin Foraminiferen gefanden haben. Er ist oft ganz dicht gedrängt
voll Korallen und die grossen Arten bilden schichtenartige Bänke
darin, die ich zuerst für Kalksteinschichten hielt. Man kann im
wahren Sinne des Wortes Fuhren von Korallen bekommen."
Durch eine Verwundung am Fusse, in Oberburg zurückgehalten
gelang es Herrn v. Morlot noch mit mehreren Punkten, wo sich in
der dortigen Gegend Gosauversteinerungen finden, bekannt zu wer-
den, und sie möglichst durch Arbeiter aus der Gegend auszubeuten.
Auf mehrere machte der dortige herrschaftliche Förster aufmerksam,
von dem die ganze Entdeckung ausging. Ein dritter Punkt (III) liegt
bei Neustift, eine gute halbe Stunde weiter thalaufwärts als II, ein
vierter Punkt (IV) liegt zwei Stunden unterhalb Oberburg, nahe an
der Vereinigung des Oberburger Thaies mit dem Santhale. Nr. III
bei Neustift lieferte nebst einiger wenigen Mäandrinen und Asträen,
die den zwei ersten Punkten gemein sind, wesentlich nur zwei
Korallenarten, beide verschieden von allen denen der zwei ersten
Punkte, und beide in sehr zahlreichen Individuen. Die vielen ändern
Fossilien der zwei ersten Punkte fehlen hier, eben so sind die Fora-
miniferen von Nr. III ganz andere und viel grössere. — also stark
ausgesprochene Localitätsverhältnisse. Der Reichthum an organischen
Formen gebietet natürlich ein besonders starkes Sammeln, was denn
auch von Herrn v. Morlot kräftigst eingeleitet worden ist. Nebst
den oben verzeichneten sind noch zwei Punkte angegeben worden,
die wie IV hoch im Gebirge in den Seitenthälern liegen, während
sich I, II und III in der Thaitiefe des Oberburger Hauptthaies befin-
den. Diese sechs bekannten Punkte vertheilen sich gleichförmig auf
das ganze Gebiet des Drinthbaches, der das Hauptwasser des Ober-
burger Thaies ist, — ein günstiger Umstand, der auf neue Fund-
orte hoffen lässt, was der localen Verschiedenheiten wegen sehr
wichtig ist.
Herr v. Morlot hat auch einige Foraminiferen und Bryozoen
aus den Localitäten II und III mit in seinem Briefe vom 28. Septem-
ber eingesandt.

Steinheil. Wurfgeschoss. 313
Der Secretär legt die während der Unterbrechung der Sitzun-
gen durch die Ferienzeit eingegangenen Schreiben, Zusendungen
und Eingaben vor.
Ein an den Secretär gerichtetes Schreiben des correspondiren-
den Mitgliedes, Herrn Conservators Prof. Steinheil zu München
vom 26. Juli enthält folgende Stelle:
„In neuester Zeit habe ich eine Ihnen schon bekannte Idee —
ein Wurfgeschoss durch Benützung des Fugalschwunges — auf Ver-
anlassung des Ministers H eint z im Grossen ausgeführt. Ein an drei
Centner schwerer Kreisel wird vom Dampfe einer Locomotive durch
eine Reactionsturbine in Rotation versetzt und bis zu einer Geschwin-
digkeit von hundert Umgängen in der Secunde beschleuniget, wozu
etwa zwei Minuten Zeit erforderlich sind. Der Kreisel schleudert
jetzt dreilöthige Kartätschen-Kugeln von geschmiedetem Eisen, mit
einer Initialgeschwindigkeit von circa 11OO Fuss so schnell hinter-
einander nach dem beabsichtigten Ziele, als man die Kugeln in die
Maschine einlaufen lässt. Das Geschoss ist auf einen Eisenbahnwagen
aufgestellt, gestattet rasche und sichere Azimuthai- und Höhen-Ein-
stellung und wird von dem Locomotive geschoben, wenn man eine
Vertheidigung der Bahnlinie oder der Bahnhöfe beabsichtigt. Ge-
stern wurden die ersten Versuche mit dieser Maschine angestellt.
Sie haben ganz den von der Theorie gegebenen Erwartungen ent-
sprochen. Die Aufstellung auf der Eisenbahn kann jedoch erst nach
meiner Rückkehr 1) erfolgen. Für die Dauerhaftigkeit der Maschine
bei so überaus grossen Geschwindigkeiten musste auf ganz eigene
Weise Sorge getragen werden. Sie könnte jetzt Monate lang in
Bewegung bleiben, ohne sich merklich abzunützen."
Die Classe, welche diese Mittheilung mit besonderem Interesse
vernahm, erachtete es für angemessen, das Kriegs-Minisferium auf
den Inhalt derselben eigends aufmerksam zu machen.
Herr Quetelet, Secretär der k. Akademie der Wissenschaften
und Director der Sternwarte zu Brüssel, zeigt an, dass der 21. und
22. Band der Memoires, die Bulletins von 1847 und 1848, das
Annuaire von 1848 und der 6. Band der Annales de V Observatoire
*) Von einer ämtlichen Reise.

31g Knochenhauer. Verälnderungen
an unsere Akademie abgesendet worden seien. Die Classe, welche
bereits mit der vollständigen Sammlung der früheren Publicationen der
genannten Institute beschenkt worden ist, findet sich durch diesea
neuen Beweis freundlichen Entgegenkommens zu dem lebhaftesten
Danke verpflichtet.
Das correspondirende Mitglied, Herr Franz Moth, Professor
der Mathematik am Lyceum zu Linz, überreichte mit Schreiben vom
12. August ein Manuscript, betitelt: Die mathematische Zeichen-
sprache in ihrer organischen Entwickelung," welches den erste®
Theil einer von dem Herrn Verfasser unternommenen, eine Reform
der allgemeinen Mathematik bezweckenden Arbeit bildet, und far
den nachfolgenden die Analysis der Gleichungen und den höheren
Caicul enthaltenden Theil eine lückenfreie Grundlage darbieten soll.
Bei der Abfassung dieses Werkes, über dessen Tendenz der Herr
Verfasser sich in einem Programm näher ausspricht, war es sein
Hauptbestreben, die Begriffe und Sätze, auf denen die strengeren und
allgemeineren Methoden der neueren Mathematiker beruhen, in eine
innige Verbindung zu bringen, und die Analysis als ein geordnetes,
leicht überschaubares Ganzes darzustellen.
Da der Herr Verfasser die Berücksichtigung seiner Arbeit von
Seite der Akademie wünscht, so wurde das Manuscript den wirkli-
chen Mitgliedern Herren Stampfer und Burg und dem correspon-
direnden Mitgliede Herrn Salomon zur Berichterstattung zuge-
wiesen.
Von Herrn F. W. Knochenhauer, Director der Realschule in
Meiningen, ist der Classe nachstehende Abhandlung zugekommen,
deren Abdruck des Interesses wegen, welches ihr Gegenstand den
Physikern darbieten dürfte, beschlossen wurde 1).
l) In einem Schreiben an den Secretär äussert sich der Herr Verfasser über den
Gegenstand dieser Arbeit folgendermassen:
„In den letzten Jahren habe ich mich mit elektrischen Versuchen beschäftigt,
bei denen, während eine Batterie sich entladet, eine andere, mit dem Schließ-
»ungsdrathe derselben verbundene, sowohl eine Ladung empfangt, als abgibt
Hiedarch greifen dann die beiden Ströme der Art in einander, das» sich daraus
mit Bestimmtheit folgern lässt, dass der sogenannte elektrische Strom nur in
einem veränderten Molecularzustande des Leitungsdrafhes, nicht aber in irgend

deb Eiitladungsströmes etc. 317
Über die Veränderungen, welche der Entladungs-
strom einer elektrischen Batterie erleidet, wennmit
dem Schliessungsdrathe eine zweite Batterie in Ver-
bindung gesetzt wird. (TaL X.)
-§. l. Die Gesetze, welchen der Entladungsstrom einer elektri-
schen Batterie folgt, sind sowohl mit einem einfachen als einem
zusammengesetzten Schliessungsdrathe untersucht worden; die Verän-
derungen des elektrischen Stromes dagegen, die er erleidet, wenn eine
zweite Batterie an den Schliessungsdrath gefügt wird, sind bis jetzt
noch nicht in Betracht gekommen. Wenn ich also in dem Nachfol-
genden meine Beobachtungen hierüber angeben will, so glaube ich
vor allem die Bemerkung voranschicken zu müssen, dass ich zwar
einige Punkte aus diesem neuen Gebiete erfassfc zu haben meine,
aus denen man eine vorläufige Ansicht über den ganzen Hergang
abzuleiten vermag, dass aber die Aufstellung einer vollständigen
Theorie sich erst nach fortgesetzten Beobachtungen mit ändern
Apparaten und ändern Schliessungsdräthen gewinnen lassen werde,
weil sich nur so das Wesentliche vom Zufälligen scheidet und eine
rechte Grundlage für die Theorie erwächst. Die Beschränktheit der
mir gebotenen Mittel gestattet mir nicht, diese Lücke ohne andere
Mithülfe auszufüllen, und gerade in dieser Beziehung wage ich es,
die Unterstützung einer kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in
Anspruch zu nehmen.
§. 2. Das allgemeine Schema der mit einander verbundenen
Batterien ist folgendes. Die nicht isolirte Batterie A (Fig. l), die
hier aus 2 Flaschen besteht, empfängt ihre Ladung unmittelbar vom
Conductor der Maschine. Wenn die Ladung den gehörigen Grad
erlangt hat, so erfolgt über die fest stehenden Kugeln B eines
gewöhnlichen Ausladers die Entladung, wodurch der Strom den
Schliessungsdrath ABC D E bis nach F der äussern Belegung ent-
weicher Materie bestehen könne. Für mehrere wichtige Theile dieser Unter-
suchung habe ich die Gesetze empirisch aufgestellt, die ganze Theorie dage-
gen vermag ich noch nicht zu entwickeln, auch glaube ich, dies Unterneh-
men wird sich nicht eher bewerkstelligen lassen, als bis von ändern Physikern
die Versuche wiederholt sind, damit man bei veränderten Apparaten über die
Zolässigkeit einzelner Zahlen mit grösserer Bestimmtheit urtheilen könne."

318 Knochenhauer. Veränderungen
lang geht. Mit einem Theile DE dieses Schliessungsdrathes ist
aber eine zweite isolirte Batterie K (hier ebenfalls aus 2 Flaschen)
in der Weise verbunden, dass von D aus ein Drath nach der innera,
von E ein anderer nach der äussern Belegung hinführt und mit diesen
in guter metallischer Verbindung steht. Erfolgt jetzt die Entladung,
so entsteht nicht nur in ABCDEF ein Strom, sondern ein eben
solcher tritt auch in D Kl G E auf, und zwar dergestalt, dass man
den ganzen Schliessungsdrath in. drei besondere Theile zerlegen
kann, in denen sich bei sonst gleichbleibenden Verhältnissen die ein«
zelnen Abschnitte ohne Störung des Erfolges nach Belieben versetzen
lassen, während jede Versetzung von Dräthen aus einem Theile in
den ändern Veränderungen herbeiführt. Die so zu einander gehö-
rigen Dräthe mit durchweg gleichen Strömen in sich sind: l) Die
Dräthe AB CD und EF zusammen als einer genommen, der als
Schliessungsdrath der Hauptbatterie A mit H bezeichnet werden
möge; 2) die Dräthe DK und EI ebenfalls als einer zusammen-
genommen, der als Schliessungsdrath der Nebenbatterie KrmtN
benannt werden soll; 3) der beiden Batterien gemeinsame Drath
DE, der Mitteldrath Mheisse.
§. 3. Zur Untersuchung dieser elektrischen Ströme stehen uns
nach unsern jetzigen Kenntnissen nur zwei Mittel zu Gebote, das
Luftthermometer und der Funkenmesser; ich habe beide in Anwen-
dung gebracht, doch vornehmlich das erstere Instrument, weil es m
diesem complicirten Falle zu zuverlässigem Zahlen führt. Um indess
jedenfalls die Theile des Schliessungsdrathes so einfach als möglich
zu halten, habe ich dem Luftthermometer eine von der gewöhnliehen
Form etwas abweichende Einrichtung gegeben. Ein etwa 8 Zoll
langer und 3 Zoll weiter, auf 4 Zoll hohen gläsernen Stützen horizon-
tal liegender Glascylinder A (Fig. 2) ist an beiden Seiten zu IVa Zoll
langen und ly^ Zoll weiten Hälsen zusammengezogen, und mit luft-
dicht schliessenden Metallfassungen versehen; durch diese gehen
etwa 3 Linien weite Löcher, die wieder mit starken Schraubenköpfen
geschlossen werden, in welchen kürzere gläserne Röhren mit Capillar-
öffnungen luftdicht eingefügt sind. Durch beide Röhren zieht man
mitten durch den Cylinder einen straff ausgespannten Platindrath,
dessen beide Enden D und E in isolirte mit Quecksilber gefüllte
Näpfe ausgehen, und der darauf in den gläsernen Röhren nach
vorsichtiger Erwärmung derselben eingekittet wird. Am untern

des EnÜadungsstromes etc. 319
Theile ist der Cylinder ausgebaucht, verläuft in die etwa % Linie
im Lichten weite calibrirte und mit einer Scale versehene Röhre F,
welche am Ende das gläserne Gefäss G- zur Aufnahme des Spiritus
trägt. Ausserdem befindet sich noch an der einen Fassung eine
kleinere, mit einer Klappe luftdicht verschliessbare Öffnung, um vor
jeder Beobachtung den Spiritus in der etwas geneigten Röhre auf
den Stand des Gleichgewichtes zurückzuführen, ein Erforderniss, das
um so nöthiger ist, als von der Länge der Spiritussäule in der Röhre
F die Zahl der Erwärmungsgrade abhängt, insofern bei längerer
Säule der zu überwältigende Widerstand wächst, bei kürzerer
abnimmt, und somit die Zahlen bei gleicher Ladung und gleichem
Schliessungsdrathe mit dieser Länge variiren. Fig. ä gibt eine
Seitenansicht des Instrumentes; A ist der Cylinder, B und C die
Fassungen der Hälse, G und -flTdie gläsernen Stützen des Cylinders,
JundAdie gläsernen Stützen der Quecksilbernäpfe, L die Klappe,
Jfdie Röhre, welche unter sich auf den Stützen 0 und P die in Linien
g-etheilte Messingscale hat, hinten über dem gläsernen Gefäss N ist
zur Sicherung gegen Staub ein Holzcylinder leicht übergeschoben.
^. 4. Sowie durch dieses, wie ich glaube, sehr zuverlässige
Instrument der Platindrath ohne alle weitere Zwischenverbindung in
den Schliessungsdrath eingeht, so war ich bei der übrigen Anord-
nung bemüht, alle unwesentlichen Verbindungsstücke zu vermeiden.
Es schloss sich also an den die Kugeln der Flaschen A (Fig l) ver-
bindenden Querstab (von der Kugel der Flasche geht erst ein starker
Messingstab durch einen Holzdeckel, dann ein Kupferdrath an die
'innere Belegung) unmittelbar ein Kupferdrath bis zum Auslader B an,
und von diesem ging wieder ein Kupferdrath bis F, nur in C D durch
einen Platindrath von gleicher Länge und Stärke wie der Platindrath
in dem Luftfchermometer unterbrochen; ebenso waren in den übrigen
Theilen nur Kupfer- und Platindräthe von derselben Sorte; alle Ver-
bindungen wurden durch isolirte Quecksilbernäpfe liergestellt und die
Üräthe selbst hingen soweit als nöthigan seidenen Fäden. Vor Beginn
der Untersuchung musste zunächst das Instrument, dann der Platin-
drath nach dem Werthe seiner durch Kupferdrath compensirten Länge
geprüft worden. In dieser Beziehung verweise ich auf meine in
Poggend. Ann. Band 67, p. 468, abgedruckte Abhandlung, in der ich
die compensirten Werthe für denselben O,al3 Linien starken Kupfer-
drath und denselben 0,081 Linien starken Platindrath mittelst des

320
Knochenhauer. Veränderungen
Funkenmessers ermittelt habe. Nach dies er Abhandlung haben 2' Platin
und 2,8S Fuss Kupferdrath eine äquivalente Länge, so dass y K.
(Kupfer) === 16,84 Zoll P. (Platin) sind, eine Länge, welche ich in
dem Folgenden kurz mit Pl. bezeichnen werde, da ich sie sowohl im
Luftthermometer als für alle übrigen Fälle als Normallänge ange-
wandt habe.
^. 8. Zur Prüfung des Thermometers wurde die Batterie aus
2 Flaschen zusammengesetzt, und in den festen Theil des Schlies-
sungsbogens gingen ausser dem Luftthermometer und dem Auslader
IS7 Kupferdrath ein; nun wurden die Kugeln des Ausladers nach und
nach in verschiedene Entfernungen von einander gestellt und für jede
Stellung zuerst die Erwärmung bloss bei dem genannten Widerstande,
der als Einheit gelten soll, gemessen, dann noch 2' und 4' Platin in die
Kette eingefügt, und der Widerstand dieser Dräthe nach den bekann-
ten Formeln berechnet. Es ergaben sich hierbei folgende, aus drei
einzelnen Beobachtungen gezogene Mittelzahlen :
Erw&rnmn
g im Luftthen
nometer
Widerst
and von
Einfacher
Schliessungsdr.
mit 2' P,
mit ^ P.
^P.
4'P.
10,17
12,44
14,56
16,92
S,67
6,83
8,17
9,42
3,92
4,83
5.67
6,58
0,794
0,821
0,782
0,796
i,m
1,576
1,568
1,572


Mittel
0,798
1,878

Nach diesen Versuchen, die für den Platindrath gleichen Wider-
stand geben, kann man die Angaben des Luftthermometers bis zu 17°
ohne weitere Correction gebrauchen, und der Widerstand eines V
langen Platindrathes stellt sich bei der angenommenen Einheit auf
0,792, also von 16,84 Zoll oder Pl. auf 0,56. Mit Rücksicht auf
einige früher in Poggend. Ann. Bd. 68, p. 139, enthaltene Versuche
beläuft sich hiernach der Widerstand von 20' K. auf 0,144.
^. 6. Zur Bestimmung der compensirten Werthe wurde die
Batterie nach Fig. 4 wieder aus 2 Flaschen zusammengesetzt, und

des Entladungsstromes etc.
321
9' K. bildeten den Stamm A B CD + EF ausser dem Auslader und
dem 16,84 Zoll langen Platindrath CD', von den beiden Zweigen
bestand der eine D G E aus einem Platindrathe von der Normallänge,
den ändern D HE bildeten nach einander 2, 4 und 8 FUSS K.,
indem im ersten Falle die Zweige durch zwei 10 Zoll lange, dicke
Kupferhügel M und N (s. Fig. 5) getrennt waren. Das Thermo-
meter wurde zuerst statt des Drathes CD in die Verbindung ein-
gefügt, und die Erwärmung im Stamme gemessen, dann statt des
Zweiges D G E substituirt, und die Erwärmung in diesem Zweige
ermittelt. Gesetzt, dass man die compensirte Länge des PI. wirklich
zu y K. anschlagen darf, so muss nach den von mir früher aufge-
stellten Gesetzen über die Theilung des elektrischen Stromes in den
drei Fällen die Stromstärke des Zweiges DO E -|-,-|p4" von ^er
Stromstärke im Stamme sein, oder da die Erwärmungen im Quadrate
der Stromstärken stehen, muss die Erwärmung (p) des Zweiges sich
zur Erwärmung (h) im Stamme wie -^, -l-, -|j-: l verhalten. Die
Beobachtungen, welche der leichtern Übersicht wegen auf eine
Wärme — 16,00 bei entfernten Zweigen reducirt sind, gaben:
2ter
Zweig-

h
P
h Mittel
beob.
P
Mittel
beob.
^beob.
h
p ang-e-
h nom.
h her.
p her.
^k.
11,78l l,73 11,80
7,61 7,76 7,62
n,r7
7,66
0,651
0,640
11,62
7,44
Vk.
lä,82 12,93 12,70
5,80 5,82 5,59
12,82
5,7^
0,U8
0,4^
12,67
5,63
2'k.
— 13,83 14,16
3,263,49
14,00
3,38
0,242
0,250
13,91
3,48

Die beobachteten Verhältnisse -S? stimmen mit den vorläufig
angenommenen sehr gut überein, so dass Pl. == 2' K. gesetzt wer-
den darf; ebenso zeigt die nach den von mir für diesen Fall ange-
gebenen Formeln geführte Berechnung von h. und p eine ganz genü-
gende Übereinstimmung mit den Beobachtungen.
§. 7. Als ich nach diesen Vorbereitungen zu den Versuchen,
die den Gegenstand dieser Abhandlung ausmachen, selbst überging,
stellten sich mir bei der Anordnung des Schliessungsdrathes, von
dem an keiner Stelle einzelne Dräthe zur Verhütung partieller, stören-
der Strömungen zu nahe an einander vorbeigehen dürfen, derartige
Schwierigkeiten entgegen, dass ich es für räthlicher hielt; statt bei
derselben Anordnung der ganzen Leitung die drei Ströme in den drei
oben von einander geschiedenen Theilen des Schliessungsdrathes, in
Sitzb. d. mathem.-naturw. CL I. Bd. .21

322 K n o c h e n h a u e r. Veränderungen
H, 91 und N, zu gleicher Zeit zu beobachten, lieber eine TreimuBg.
der Aufgabe einzuführen, und zuerst die Erwärmungen in H und JV
dann in H und M allein zu ermitteln und mit einander zu vergletehea*
denn wenn gleich sich hierdurch die Reihen hintenher schwerer ia
einander fügen lassen, so wiegt diesen Nachtheil doch hinreicheaä
der Vorzug wieder auf, dass man, ohne bemerkbare Störungen z^
veranlassen, für jede dieser so getrennten Reihen 'die passendstes
Längen der Drätlie wählen kann; überdies ist auch der Zusammen-
hang der drei Ströme unter einander von der Art, dass die gleich-
zeitige Beobachtung aller drei nicht den vollen Vortheil gewährt,
den man sich anfänglich davon versprechen möchte. In dem erster
Theile der Untersuchung stelle ich hiernach die Beobachtungen übör
die Erwärmungen in Jfund N zusammen, wobei M ausschliessiteh
aus Kupferdrath bestand.
§. 8. Für diesen Fall war der Schliessungsdrath aus folgendeo.
feststehenden Theilen gebildet. Zu H gehörten (Fig, l) V }L in
A ß, der Auslader ß, 2' K. in B C, ein Platindrath PI. in D C und
3' K. in FE; die gesammte compensirte Länge dieses Drathes
machte also 10,2 Fuss K. aus, da der Auslader === 0,7 Fuss K. und
die Dräthe in der Batterie == 0,5 Fuss K. nach der oben §. 4 citirten
Abhandlung zu setzen sind; wenn die Hauptbatterie nur aus einer
Flasche beßt^h^ ist-Äv^ AOJJ FUSS K. Zu dieser festen {nge
konnten neue Kupfer- oder Platindräthe namonfclich duroh Veriäage-
rung von FB hinzugefügt werden, indem die Einfügung durch die
isolirten Quecksilbernäpfe erleichtert ward. Der fest stehende Theil
von N bestand aus 2' K. in D K, l' K. in / G und aus PL in EG,
so dass seine compensirte Länge mit Einschi uss der Batterie bei
zwei Flaschen == S,S, bei drei Flaschen === 5,4 Fuss K. ist; auch
hier konnte eine Verlängerung leicht bewirkt werden. In M war,
wie schon bemerkt wurde, nur Kupferdrath- Zur bequemern Messung
der Erwärmungen in H und N wurde hiernach für Pl. in EG das
Luftthermometer substituirt, und der Mitteldrath DE, der senkrecht
nach oben stand, einmal von Cnach G gelegt, wodurch das Thermo-
meter im Strome der Hauptbatterie stand, dann von D nach E, wo-
durch dasselbe Thermometer ohne Änderung seines Orts in den Strom
der Nebenbatterie gelangte. Dieser Wechsel der Stelle, welche die
PIatindräthe in H und N einnehmen, ist nach dem Obigen ohne allen
Einfluss auf die Resultate.

des Entladungs&tromes etc. 323
^. 9. Ich werde jetzt unmittelbar die Beobachtungen zusammen-
stellen, die ich für den vorliegenden Fall ausgeführt habe. Bei diesen
Beobachtungsreihen gebe ich zunächst die Anzahl der Flaschen an,
aus denen die Haupt- und Nebenbatterie zusammengesetzt waren,
wobei ich nur noch nebenbei bemerke, dass mir nur vier gleiche
Flaschen zur Disposition standen. Dann findet man die Länge von
M, die Länge von H und von N aufgezeichnet; bei beiden letztern
ist der eine des Thermometers wegen nothwendig in die Verbindung
eingehende Platindrath schon in die angegebene Zahl nach seiner
compensirten Länge zu 2' mit eingerechnet, jeder neu hinzugefügte
Platindrath dagegen mit Pl. besonders notirt worden. Bei N steht
obenan nur die Länge des festen Theils, und das dahinter stehende -(-
verweist auf die erste Columne der Tabellen in der Weise, dass die
dort angegebene Zahl von Fussen Kupferdrath nach und nach zu N
hinzugesetzt wurde. Der Strich — in dieser Columne soll andeuten,
dass <lie Nebenbatterie zuerst ganz aus der Verbindung gelassen war,
so dass die Stromstärke, der Hauptbatterie in einem einfachen Schlies-
sungsdrathe für den Stand der Kugeln des Ausladers beobachtet wer-
den konnte, welcher für die jedesmalige Tabelle derselbe blieb. Die
beiden folgenden Columnen stellen unter h und n für die entspre-
chenden Längen von N die beobachteten Erwärmungen in H und N
dar, die vierte ihr Verhältniss -s- (daraus in II und III noch «--,-
und -q-r-)? die fünfte endlich die Quadratwurzel dieses Verhältnisses
oder das Verhältniss der Stromstärken in H und N. Die in der
sechsten und siebenten Columne noch enthaltenen Zahlen x und C,
sowie das hinter 2V oben hingesetzte m werden später ihre Erläute-
rung finden.
21 ^

324
Knochenhauer. Veränderungen
^. 10.
I. Hauptbatterie l Flasche, Nebenbatterie 2 Flaschen.
A. ^1=8 K.
Nr. l. H==lO,2;N==S,S+...;m===S,8.
+
h
n
h
VT
y h
X
C

17,00




17,00
0
11,55
8,26
0,715
0,846
18,9
16,92
2
11,02
8,69
0,788
0,888
18,0
16,79
4
10,66
9,07
0,851
0,922
17,3
16,^2
6
10,60
9,12
0,860
0,927
17,8
16,92
8
10,70
8,79
0,822
0,906
17,6
16/91
10
10,83
8,36
0,772
0,879
18,2
16,87
12
11,^3
7,90
0,691
0,831
19,2
17,24
16
12,56
6^8
0,516
0,718
22,3 »
17,52
20
13,35
5,33
0,399
0,632
25,3
17,58
&6
U,M
3,82
0^65
0,514
31/1
17,60

Nr. 2.H==14,2,N=S,S4-
m=
=10,1,
+
h
0
n
"h"
VT
V h
X
C

16,39




16,87
0
12,04
6,^5
0,538
0,733
21,8
16,58
2
11,63
7,19
0,618
0/786
20,4
16,73
^
11,16
7,48
0,670
0,819
19,5
16,56
6
10,56
7,90
0,750
0,866
18,5
16,34
8
10,19
8,41
0,826
0,909
17,6
16,44
10
10,0^
8,50
0,848
0,921
17,4
16,50
12
10,^0
8,40
0,823
0,906
17,6
16,68
14
10,36
7,96
0,768
0,876
18,3
16,64
16
10,75
7,67
0/703
0,838
19,1
16,92
18
11,t8
6,91
0,618
0,786
20,4 *
16,89
20
11,73
6,50
0.55^
0,7^
21,5
17,28
^
13,29
4,74
0,356
0,596
27,0
17,63


des Entladungsstromes etc. 325
Nr. 3. H==18,2;N==S,S+...; m=14,3.
+
h
n
n
"h"
VT
y h
X
C







^
16,00




16,92
0
12,91
^
0,383
0,618
25,9
16/85
s
1^43
5,^8
0,^41
0,66^
24,1
16,76
4
12,08
6,05
0,501
0,708
22,6
16,87
6
11,62
6,6^
0,571
0,756
21,2 *
16,88
8
10,95
7,11
0,649
0,805
19,9
16,60
10
10.60
7,57
0,714
0,845
19,0
16,66
12
10,3^
8,0^
0,777
0,881
18,2
16,84
14
10,05
8,30
0,826
0,909
17,6
16,85
16
10,09
8,18
0,811
O/9OO
17,8
16,92
18
10,51
7,70
0,733
0,856
18,7
17,09

Nr. 4. H==22,2; N==S,S + ...; m=18,6.
+
h
n
n
"h"
VT
T h
X
C

15,37




16/68
0
13,25
3,83
0,289
0,537
30,0
16,87
4
12,47
^,67
0,37^
0,612
26,1
16,76
8
11,62
5,79
0,498
0,706
22,6
16,84
10
11,17
6,37
0,570
0,755
21,8 *
16,73
12
10,75
6,83
0,635
0,798
20,1
16,69
14
10,25
7,29
0,711
0,8^3
19,0
16,60
16
9,87
7,75
0,785
0,886
18,1
16,65
18
9,83
7,83
0,796
0,892
17,9
16,78
20
9,83
7,67
0,780
0,883
18,1
16,76
22
10,17
7,37
0,725
0,851
18,8
16,99
2^
10,33
7,17
0,694
0,833
19,2
17,10

Nr. 5. H=2O,2+PL;N==!),g+...; m==18,6.
4-
h
n
n
"h"
VT
V h
X
C

11,12




18,13
0
10,00
2,94
o,m
0,542
29.5
18,21
4
9,50
3,75
0,392
0,626
^5,6
18,03
8
9,25
^67
0,505
0,711
22,5
18,34
10
8,9^
5,12
0,573
0,757
21,1 *
18,26
12
8,75
5,69
0,639
0,800
20,0
18,37
14
8,56
5,94
0,695
0,834
19,2
18,40
16
8,18
6,12
0,748
0,865
18/5
18,08
18
7,9^
6,31
0,795
0,892
17,9
17,88
20
8,00
6,18
0/773
0,879
18,2
17,9^


326 Knochenhauer. Veränderungen
B, M==^;K.
Nr. 6. H==1O,2; N==S,S + ...; m==S,6.
+
h
n
n
T
V-!L
V h
X
C

17,50




17,00
0
13,87
5,75
O,M5
0,6^
12^
17,21
2
12,87
7,00
0,5^
0,738
10/8
17,15
^
11,87
7,96
0,663
0,8U
9,8
16,9^
6
11,69
8.25
0,706
0,840
9,5
17,08
8
11,94
7,87
0,659
0,81ä'
9,9
16,97
10
13,18
6,78
0,51^
0,717
11,2 *
17,68
12
13,97
5,46
0,391
0,625
12,8
17,59
1^
1^8'7
4-,40
0,896
0,5^
1^,7
17,74
16
15,^
3,50
0,227
0,^76
16,8
17,66

Nr. 7. H==1O,2; N==S,5 + ...; m-5,6.
4-
h
n
n
"h"
VT
y h
X
C

15,80




15,35
0
13,33
5^0
0^38
0,(»6&
12,1
15,^8
2
11,^
6,62
0,579
0,761
10,5
15,50
4
10,69
7,35
0,687
0,829
9,6
15,37
6
10,53
7,77
0,752
0,867
9,3
10,41
8
10,75
7,06
0,657
0,812
9,9
15,44
10
11,^1
6,25
0,548
0,740
10,8 *
15,58
12
12^3
5,00
o^oä
0,635
13/6
15,76
14
13,02
4,08
0/313
0,550
1^3
15,72
16
13,58
3,21
0,236
0,486
16,5
15,64

Nr. 8. H==1O,2; N===S,S + PL + ...; m===3,6.
4-
h
n
n
"h"
VT
T h
X
C

18,75




18,21
0
11,71
^87
O,U6
0,645
12,4
17,26
2
11,25
5,56
0,49^
0,703
11^
17/70
^
10,75
5,81
O,5W
0,735
10,9
17,65
6
11,25
5,50
0,489
0,700
11,4
1W
8
12,25
4,71
0,384:
0,620
12,9 *
17,84
10
13,62
3,94
0,290
0,538
14,9
18,26
12
14,54
3,25
0,223
Q,W
16,9
18,32
^
15,37
W
o,no
0,^12
19,4
18,35


des Entladungsstromes etc. 327
Nr. 9. H==18,2;N==S,S+...; m==14,l.
+
h
n
n
T
yi
y h
X
C

17,25




17,76
0
15,81
2,08
0,132
0,363
22,0
17,61
2
15,43
2,73
0,177
0,421
19,0
17,69
4
15,00
3,37
0,225
0,474
16,8
17,72
6
14,50
^,27
0,295
0,543
14,7
17,87
8
13,75
5,41
0,39^
0,628
12,7
17,97
10
12/75
6,48
0,508
0,713
11,2 *
17,79
12
11,93
7,08
0,59^
0,771
10,4
17,48
14
11,75
7,50
0,638
0,800
10,0
17,70
16
12,00
7,0^
0,587
0,766
10,5
17,73

Nr. 10. H==18,2;N==K5+P1. ...; m-12,1.
+
h
n
n
Y
yr
y h
X
C

1Z50




18/00
2
14,75
2,22
0,150
0,387
20,7
17,86
4
1^00
2,71
o,m
0,440
18,2
17,84
6
13,00
3,31
0,255
0,505
15,8
17,51
8
12,00
^,06
0,338
0,581
13,8 *
17,50
10
11,18
4,75
0,^b
0,651
12,3
17,57
12
11,00
^,94
0,^9
0,670
13/0
17,72
14
11,25
^,50
0,^00
0,632
12,6
17,^7

^. 11.
IL Hauptbatterie l Flasche; Nebenbatterie 2 Flaschen.
A. m^ K.
Nr. 11. H=22,7; N=^ +....; m==2,8.
+
h
n
n
T
n
2h
VT
V 2h
X
C

13,56





14,41
0
7,06
10/96
1,552
0,776
0,881
12,1
14,07
a
6,91
11,35
1,6^2
0,821
0,906
11,8
14,26
4
7,09
11,26
1,588
0,794
0,891
18,0
14,50
6
7^6
10,62
1,^24
0,712
0^44
12;^
1^,60
8
8,29
9,51
1,147
0,573
0/757
14,1 *
14,88
10
9,03
8,28
0,917
0/458
0,677
15/8
1^97
IS
9,86
7,22
0,732
0,366
0,605
17,6
15^3
1^
10,55
6,17
0,585
0/292
0,540
19,8
15/33
16
10,96
5,20
0,474
0,237
0,^87
21,9
15,17
18
11,53
^,24
0,368
0/184
0,^29
2^9
15,1-6


328
Knochenhauer. Veränderungen
Nr. 12. H==22,7^N=5,S+...; m==O,8.
+
h
n
n
T
n
2h
v^
v 2h
X
C

15,08





16,13
0
6,67
9,25
1,387
0,693
0,832
12,8
16,34
^
6,60
9/21
1,396
0,698
0,835
12,8
16,32
4
7,00
8,60
1/228
O,6U
0,784
13/6
16,21
6
7,81
7,75
0,992
0/496
0,704
1^1 #
16,28
8
8,75
6/75
0,771
0,385
0/620
17,2
16,22
10
9,59
5,8'7
0,612
0,306
0,553
19,3
16,36
12
10,47
5,17
0,^
0,W
0,497
21,5
16,61
14
11,06
^3
0,401
0,200
OM8
23,8
16,^8

Nr. 13. H-20/7-hPl.; N==S,S + ...; m==2,8.
+
h
n"
n
"h"
n
2h
VT
y 2h
X
C

10,83
^


^
•^
15,76
2
6,75
10,75
1,592
0,796
0,892
11,9
16,27
4
6,75
10/75
1,592
0,796
0,892
11,9
16,37
6
7,12
9,81
1,378
0,689
0,830
12,8
16,55
8
7^7
8,78
1,175
O,o8T
0,766
13,9 #
16,52
10
8,00
7,62
0,95^
0,^76
0,690
15^
16,60
12
8,50
6,^
0,758
0,379
0,615
17,3
16,61
U
8,78
5,31
0,605
0,302
0,550
19,^
16,35
16
9,12
4M
0,487
0,243
0^9^
21,6
16,39

Nr. 14. H-=2O,7+PL; N==S,S+P1.+••••» "^O^
+
h
n
n
"h"
n
2h
VT
y 2h
X
C

lUä





16,20
0
5,94
7,81
1,315
0,667
0,810
13,1
16,46
2
5,9^
7,75
1,305
0,652
0,808
13,2
16^8
^
6,18
7,37
1,192
0,596
0/772
13,8
16,51
6
6,62
6,56
0,991
0.495
0,704=
15,1 *
16,40
8
7,25
5,71
0,788
0,39^
0,628
17,0
16,50
10
7,94
5,06
0,637
0,318
0,564
18,9
16,88
12
8,31
^,25
0,511
0,255
0,505
21,1
16,60
14
8,87
3,62
0/408
0,20^
0^52
23,6
16,79


des Entladungsstromes etc.
329
B, M^ K,
Nr. IS. H=18,7;N==5,S-h...;m==2,5,
4-
h
n
n
"h"
n
2h
VZ
V 2h
X
C

14,60





14,88
O
8,97
9,69
'1,080
0^0
^,735
7,2
1^,98
2
8,0^
11,06
1 377
0,688
0,830
6,^
1^,9^
!t
8,34
10,57
1,267
0,633
0,796
6,7
15,06
6
9,75
8^
0,866
0,^33
0,658
8,1 *
15,^6
8
11,06
6,25
0,565
0,282
0,531
10,0
15,30
10
12,06
4,62
0,383
0,091
0^38
12,2
15,32

12,85
3,40
0,865
0,132
0,364
1^6
15,36
1^
13,36
2,50
0,187
0,093
0,306
17,4
15,30

Nr. 16. H==18,7;N==8,84-P1.+ ...; m==O,8.
4-
h
-
n
T
n
2h
y^
V 2b
X
C

15,60





15,91
0
8,18
7,81
0,955
0,477
0,69l
7,7
16,16
2
8,85
7,56
0/916
0,458
0,677
7.9
16,06
4
9,65
6,43
0,666
0,333
0,577
9,3 »
16,40
6
10,97
^,93
0,^50
0,225
0,4b7^
11,2
16,27
8
12,06
3,69
0,306
0,163
0,391
13,6
1^10
10
13,00
2,75
0,212
0,106
0,326
16,S
16,60

Nr. 17. H==18,7:N==S,8+P1.+...; m==O,5.
+
h
n
n
T
n
2h
y^
V 2h
X
C

1^,31





14,61
0
7,06
6,90
0,977
0,488
0,699
7,6
1M9
2
7^0
6,59
0,889
0,4^
0,666
8,0
1^20
4
^,50
5,62
0,667
0,333
0,577
9,3 *
1W
6
10,00
4,28
0,^8
0,2U
0,^62
11,5
1^,6^
8
11,06
3,18
0,288
0,144
0,380
1^0
14,60
10
12,00
2,40
0,200
0,100
0,316
16,8
1^76


330
Knochen haue r. Veränderungen
Nr. 18.H=3O/7;N==S,S+
+
h
n
n
1h"
n
2h
v^
V 2h
X
C

14,79
^


^

16,05
0
13,15
3,35
0,255
0,127
0,356
15,0
16,10
2
12,50
4,75
0,380
0,190
0,^36
12,2
16,45
4
11,65
6,21
0,53^
0,267
0,517
10,3
16,48
6
10,53
8,47
0,80^
0^02
0,63^
8^*
16,74
8
9^3
10,53
1,116
0,558
0,747
7/1
16/96
10
97
10/&0
1,120
0,560
0,748
7,1
16,96

Nr. 19. H=-3O,7; N==S,S+
m=
=9,0.
+
h
n
h
n
2h
VT
V 2h
X
C

12,^5




^
ia,a8
0
10,50
^87
0^73
0,136
0,370
1^

2
9,94
3/87
0,389
0,19^
0,4^1
12,1

4
9,00
W
0,604
0,302
0,550
9,7

6
8^5
7,17
0,869
0,434
0,659
8,1 *

8
7,37
8,62
1,170
0,685
0,765
7,0

10
7,37
8,44
1,145
0,072
0,757
7,0


Nr. 20. H==3O,7; N==S,S + PL + ...; m===7,O.
+
h
n
h
n
2h
VT
v 2h
X
C
^
14,79





16,04
0
12,12
3,16
0,261
0,130
0,360
U,8
16,15
2
10,97
4,22
0,384
0,192
0,438
12,2
lft/97
4
9^8
5,50
0,568
0,28^
0,533
10,0 *
15,71
6
8,87
6^5
0,705
0,352
0,594
9,0
15,75
8
9^00
6,44
0,716
0,358
0,599
8,9
16,10


des Entladungsstromes etc. 331
Nr. 21. H==38/7; N==S,S+ ...; m===13,2.
+
h
n
n
"h"
n
2h
v-^
V 2h
X
C

13,62

,,



15,34
4
12,18
3,09
0,254
0,127
0,356
15,0
15,62
6
11,62
M8
0,360
0,180
0^2^
12,6
15,72
8
10,87
5,8-t
0,538
0,269
,0^19
10,3
15,97
10
9,87
7,72
0,782
0,391
0,625
8,5 ^
16,14
12
8,87
9/00
1,01^
0,507
0,712
7,5
15,93
l^t
9,03
8,87
0,98ä
0^91
0,701
7,6
16,11

C. ]W==%' K.
Nr. 22. H==2O,7; N==S,5+...; m===4,S.
+
h
n
n
n
VT
X
C



~b
2h
y 2h


l
12,75
^33
0,3^0
0,170
0^12
6/5
10,62
2
11,87
5,58
0^70
0,235
0/485
6/5
15,51
3
11,00
7,12
0,647
0,323
0,568
4,7 *
15,59
4
10,37
8,12
0,783
0,391
0,625
^
15,61
5
10,75
7,62
0,709
0,354
0,595
4,5
15,71
6
11,85
6,25
0,555
0,277
0,526
5,1 *
15^1
7
12,00
^
0,412
0,206
0,^
5,9
15,37
8
12,62
3,69
0,892
O/1A6
0,382
7,0
15,^3
9
13,06
3,75
0,210
0,105
o,m
8,2
15,10

§. 12.
III. Hauptbatterie l Flasche; Nebenbatterie 3 Flaschen.
A. M==^ K.
Nr. 23. H==3O,7; N==S,4+...; m==0,3.
+
h
n
n
T
n
3h
VI
y 3h
X
C

11,14





12,31
0
^93
1?,18
2^69
0,823
0,907
8,8
12,02
2
6,43
11,66
2,1A6
0,715
0/846
9^
12^0
4
6,10
10,54
1,720
0,575
0/758
10,6 *
12,64
6
7,08
9,04
1,876
0,425
.0,652
12,3
12,96
8
Z98
7,^8
0,937
0^12
0,558
1^3
13,11
10
SM
6,1^
0,711
0,237
0/W
16,4
13,11
12
9,83
4,96
0,537
0,176
0^20
19,0
13,13
1^
9,5^
3,91
0,410
0,137
0,370
21,6
12,89


332
Knochenhauer. Veränderungen
Nr. 24. H-3O.7; N==S,4+PL + ...; m==—l,7.
-h
h
n
n
h"
n
3h
VJL
y 3h
X
C

10,98



^

12,14
0
W
7,72
1,756
0,585
0,765
10,5
12,12
2
5,02
6,98
1,391
0,W
0,681
11,8 *
1^12
^
5,81
6,29
1,083
' 0,361
0,601
13,3
12,45
6
6,79
5,27
0,776
0,259
0,509
15,7
12,58
8
7,50
^1
0,589
0,196
0,443
18,0
12,60
10
8/18
3,67
0/W
0,1^9
0,389
20,6
12/68

Nr. 2S. H-36,7; N==S,4+ ...; m-2,4.
4-
h
n
n
h"
n
3b
VT
v 3h
X
C

12,87

^

^

14,62
O
6,87
13,87
2,019
0,673
0,820
9,8
15,29
2
6,50
14,37
2,211
0,737
0,859
9,3
15^8
4
6,87
13,75
2,000
0,667
0,817
9,8
15,50
6
7,37
12,50
2,696
0,565
0,751
10,7 *
15^8
8
8,25
10^
1,266
0,422
0,650
12,3
15,52
10
8,75
8,50
0,971
0,324
0,570
15,0
14,95
12
9,37
6,75
0,720
0,240
0^90
16,3
14,70
14
10,00
5.50
0,550
0,183
0,428
18,7
14,71

Nr. 26. H==36,7; N==8,4 +- ...; m==2,4.
+
h
n
n
T
n
3h
VT
v 3h
X
C

12,75 '





14,50
0
6,42
13,20
2,056
0,685
0,S28
9,7
14,39
&
6,04
13,65
2,259
0,753
0,868
^
1434
^
6^0
12,98
2,029
0,676
0,823
9,7
14,53
6
7,04
11,83
1,680
0,560
0,7^8
10,7*
1V3
8
7,96
10,0^
1,261
0,430
0,656
12,2
14,96
10
8,77
8,54
0,974
0,326
0,570
1^0
15,08
12
9^6
7,19
0,760
0^253
0,503
16,0
15,11
U
10,03
0,67
0,56^
0,188
o,m
18,4
1^84


des Entladungsstromes etc.
333
Nr. 27. H==34^+PL; N==S,4+...; m==2,4.
+
h
n
n
h"
n
3h
VT
y 3h
X
C

8,25





1^63
O
^,62
9,69
2/098
0,699
0,836
9.6
12,47
a
^50
9,87
2,193
0,731
0,855
9,4
12,30
4
^,62
9/37
2,007
0,669
0,818
9,8
1^31
6
5,12
8,81
1721
0,57^
0,757
10,6 *
1^85
8
5,62
7,25
1,290
0^30
0.656
12,2
1^87
10
6,00
6,06
1/010
0,337
0,580
13,8
1S,81
12
6,50
5,00
0,769
0/256
0,506
16,0
12,98
1^
6,92
^,00
0,578
0,193
OMO
18,8
13,02

Nr. 28. H ==36,7; N===S,4 + PL+...; m=O,4.
+
h
n
n
T
n
3h
VT
V 3h
X
C

12,75
^

,

^
14,50
0
5,17
9,06
1,753
0,584
0,765
10,5
U,38
2
5,^
8,62
1,584
0,528
0,727
11,0
1U6
4
0,90
8.25
1/399
0,466
0,683
11,7 ^
14,61
6
7,10
7,23
1,018
0,339
0,582
13,7
15,06
8
7,90
6,18
0,783
0,261
0,511
15,7
14,98
10
8,67
5,0^
0,081
0,194
0^40
18/2
14,79
12
9,40
4,15
0,448
0,147
0,383
20,8
14,85

Nr. 29. H=34,7+PL; N==S,4+ PL + ...; m-=O,4.
+
h
n
n
TT
n
3h
VT
y 3h
X
C

10,06





15,40
0
^71
8,41
1,786
0,595
0/771
10,^
15,11
2
4/91
8,18
1,665
0,555
0,745
10,7
15,26
4
5,52
7,41
1,3^3
OM8
0,670
11,9 *
15,1^
6
6,31
6,29
0,996
0,332
0,576
13,9
15,75
8 '
7,16
5,37
0,750
0,250
0,500
16,0
16,21
10
7/67
4,27
0,557
0,186
0,431
18,6
15,93
12
8,25
3,50
0,424
o,m
0,373
21,5
16,11


334
Knochen haue r. Veränderungen
B« ni==^ K.
Nr. 30. H==3O,7;N=S,4+...;m==2,9.
4-
h
n
n
TT
n
3h
v-^
y 3h
X
C

11,31





12^7
0
7,29
8,16
1,120
0,373
0,611
6,6
12,3^
2
6,15
1 10,21
1,660
0,553
0,7^
5,4
12,30
4
6,31
9,96
1,578
0,526
0,725
5,5
12,42
6
7,69
7,56
0,983
0,328
0,572
7,0*
1W
8
8,83
5,U
0,613
0,20^
0,^51
8,9
12,71
10
9,75
3.68
0,378
0,126
0,355
11,2
1^62

Nr. 31. H==3O,7;N==S,4+P1.+...; m===O,8
+
h
n
n
T
n
3h
yr
y 3h
X
C

12,75

-



1^08
a
6,81
6,94
1,019
0,340
0,583
6,9
1^05
2
7,18
6,62
0,9^2
0,317
0,563
74
1^21
4
8,08
5/67
0,702
0,234
0,484
8,3 *
14,37
6
9,50
^,25
0,^48
0,1^9
0,386
10^
1^61
8
10,37
2,96
0,285
0/095
0,308
12/9
1^2o

Nr. 32. H=36,7; N==S,4+...; m==S,O.
4-
h
n
h
n
3h
VT
y 3h
X
C

13,75





15,40
a
9,50
9,25
0,984
0,328
0,573
7,0
15,96
^
8,00
11,87
1,459
0,486
0,697
5,7
15,83
6
8,08
11,55
1,429
0^76
0,690
5,8
15,68
8
9,68
8,94
0,923
0,308
0,55&
7,ä
15,98
10
10,90
6,äl
0,570
0,190
0,436
9,2"
15,82
12
11,81
^6
0,378
0,126
0,355
11,3
15,81
14
12,30
3/00
0,^4
0,081
0,284
14, t
15,94


des Entladungsstromes etc.
335
Nr. 33. H ==36,7; N-=S^Pl.+...;m-3 O.
+
h
n
n
"h"
n
3JT
VT
y 3h
X
C

14,13





15,75
O
9,08
6,21
0,684
0,238
0,W
8,4
15,97
2
7,92
7,20
0/910
0,303
0/550
7,3
15,68
4
8,08
7,22
0,891
0,297
0,5^5
Z 3
15,95
6
9,14
6,01
0,658
0,219
0,468
8,5 *
16,02
8
10,35
Ml
0,417
0,139
0,370
10,8
15,77
10
11,31
3,06
0,270
0,090
0,300
13,3
15,65

C. M==^ K.
Nr. 34. H==3O,7; N==S,4+...; m=44.
+
h
n
n
"h"
3b
VT
v 3h
X
C
O
10,68
. 2,21
0,216
0,072
0,268
7,5
12,65
i
10,10
3,21
0,318
0,106
0,326
6,1
12,55
2
9,62
^37
Ö,W
0,151
0,389
5,1
12,72
3
8,98
5,83
W7
0/216
0^65
^*
12,84
4
8,5^
6/73
0,788
0,263
0,512
3,9
12,91
5
8,62
6,56
0,761
0,25^
0,504
3,9 *
12,85
6
9,33
4,98
0,&34
0,178
0,422
4,7
12,81
7
9,94
3,72
0,370
0,125
0,353
5,7
12,73
8
10,33
^62
0,^
0,085
0/892
6,6
12,60

§. 13. Aus den vorstehenden Versuchen,-von denen einige
unter gleichen Verhältnissen zu verschiedenen Zeiten angestellt
wurden, um die Schwankungen anzugeben, denen diese Art der
Beobachtungen unterworfen ist, lassen sich zunächst folgende
Resultate ziehen. Erstens: Wenn ff oder der Schliessungsdrath
der Hauptbatterie unverändert bleibt, N dagegen oder der Sehlies-
sungsdrath der Nebenbatterie nach und nach verlängert wird, so

oog Knochenhauer. Veränderungen
erreicht das Verhältniss — an* einer bestimmten Stelle sein Maximum,
und nimmt von hier ab nach beiden Seiten hin, sowohl durch Ver-
längerung als durch Verkürzung von N ab; diese Abnahme erfolgt
erst langsamer, dann schneller, doch gleichmässig nach beiden
Seiten. Die Stelle des Maximums bedingt eine desto grössere Länge
in N, je grösser ff ist, und aus einer Zusammenstellung der ver-
schiedenen Werthe von J^und ^"findet man diesen Ort desMaximums:
Für Hauptbatterie 2 Flaschen, Nebenbatterie 2 Flaschen bei
H+M+^-N+M,
für Hauptbatterie l Flasche, Nebenbatterie 2 Flaschen bd
4-JH+M+^^N+M,
für Hauptbatterie l Flasche, Nebenbatterie 3 Flaschen bei
l^^ +M +H-Mt = N + M, oder allgemein
0 ( 10 )
für Hauptbatterie a Flaschen, Nebenbatterie b Flaschen bei
"JH+M+^^-N+M, oder bei
5 ( ' ' 16 ) '
aJH+M^-^j^JN+M}.
Nach diesen Formeln ist in den obigen Tabellen der Ort des
Maximums berechnet und unter m die Zahl von Fussen Kupferdrath
verzeichnet worden, welche zur festen Zahl in N hinzukommen muss.
U i M
Der Bruch —..- ist eine Correction, deren volle Gültigkeit sich nicht
streng nachweisen lässt; es wäre möglich, dass dieser Werth bei
Anwendung anderer Flaschen und bei einer ändern Verbindung der
Hauptbatterie mit dem Conductor der Scheibe sich modificirte; im
Ganzen ist diese Correction jedoch zu geringfügig, als dass sie das
Hauptresultat änderte, wonach zur Erzielung der grössten Strom-
stärke im Drath der Nebenbatterie die Länge ihres GesammtscUies-
sungsdrathes (also N mit Einschluss von M) zur Länge des Ge-
sammtschliessungsdrathes der Hauptbatterie (also wieder M ein^
rechnet) sich wie die Flaschenzahl in der Hauptbatterie zur Flaschen-
zahl in der Nebenbatterie verhalten muss.

des Entladungsstromes etc. 337
§. 14. Als zweites Resultat der Beobachtungen stellt sich heraus,
dass Platindräthe in H sowohl, als in N trotz des grossen Wider-
standes, welchen sie darbieten, doch den Ort des Maximums nicht
verändern, sondern nur einfach nach ihrer compensirten Länge in
Kupferdrath gerechnet werden müssen. Findet sich überdies der
Platindrath in H, so bleibt auch das Verhältniss -.- ganz dasselbe,
wie bei Kupferdrath allein; tritt dagegen der Platindrath in N ein,
so sinkt der Werth von -, , und zwar desto stärker, je geringer die
Länge von M ist.
§. IS. Da in allen vorstehenden Tabellen M nur aus Kupfer-
drath von unbedeutendem Widerstande besteht, so lässt sich aus den
sich gegenseitig beschränkenden Zahlen von n und h abnehmen, dass
die durch die Batterie-Entladung in allen Dräthen zusammen frei
werdende Wärme bei allen Änderungen von N dieselbe Grosse
behält. Man berechnet nämlich, wiip bekannt ist, die auf dem Schlies-
sungsdrath einer elektrischen Batterie frei werdende Wärme dadurch,
dass man die beobachteten Thermometergrade mit dem Widerstande
der dazu gehörigen Dräthe multiplicirt; die gefundene Zahl steht
dann zur ganzen Wärme, so lange nur dasselbe Thermometer unter
denselben Umständen zur Messung gebraucht wird, in einem con-
stanten Verhältnisse. So leicht aber auch aus der Vergleichung der
Zahlen h und n das angegebene Resultat folgt, so schwierig ist es
doch, die Berechnung auf strenge Weise zu führen, da mehrere zu
derselben erforderlichen Data noch unsicher bleiben. Nicht, dass wir
die Erwärmung in M noch nicht kennen, denn mag man sie immerhin
== h setzen, der Einfluss des Fehlers ist bei dem geringen Wider-
stande von M nur unbedeutend, allein zwischen den Kugeln des Aus-
laders und in der Batterie selbst finden Widerstände Statt, deren
Grosse sich weder von dnander trennen, noch sicher begründen
lässt. Schon oben ^. S gab ich an, dass bei einer Batterie von 2
Flaschen ein aus IS' K., und Pl. gebildeter Schliessungsdrath einen
Widerstand == 1,00, PL einen Widerstand === 0^6 und 20'K. einen
Widerstand == 0,144 darbieten; berechnet man nach diesen Daten
den Widerstand 1,00, so gibt PL 0,56 und 15'K. 0,11, demnach
fehlt noch an Widerstand 0,33, wovon der Auslader selbst bei seinen
starken Metalltheilen sehr wenig tragen kann, der übrige Theil also
entweder in der Luftschichte zwischen den Kugeln des Ausladers
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. I. Bd. 28

338 Knochenhauer. Veränderungen
oder in der Batterie gesucht werden muss. Noch übler steht es
wenn man als Batterie nur l Flasche anwendet; hier fand ich bei
gleichem Widerstand wie vorhin den Widerstand vonPl. nur === 0,4o0
(demnach von 20'K. === O,10S), so dass jetzt noch ein bedeutend
grösserer Widerstand da ist, dessen Sitz sich nicht recht bestimmt
nachweisen lässt. Ich glaube kaum, dass das Ganze auf die Luft-
schicht zwischen den Kugeln des Ausladers übertragen werden darf,
vielleicht übt selbst die Verbindung des Conductors mit der Flasche
einen Einfluss, den ich, ohne eine Änderung mit den ganzen Apparaten
vorzunehmen, die mir nicht zusteht, durchaus nicht ermitteln kann.
Da ich jedoch eine wenigstens annähernde Berechnung führen möchte,
so nahm ich die Erwärmung in M. eben so gross wie in .ff" an, setzte,
wenn die Hauptbatterie 9 Flaschen enthielt, bei der zum Grunde
gelegten Einheit den Beobachtungen gemäss den Widerstand von
PL == 0^6 und von 20' K. == 0,144 an, ferner den Widerstand in
der Nebenbatterie === 0,08. War^dagegen die Hauptbatterie aus einer
Flasche gebildet, so rechnete ich ebenfalls den Beobachtungen ge-
mäss für Pl. 0,405 für 20' K. O,1OS, und setzte den Widerstand der
Nebenbatterie bei 2 Flaschen ===0,18 und bei 3 Flaschen == 0,12.
Mit diesen Zahlen berechnete ich die frei gewordene Wärme und
notirte sie unter Cin den Tabelkn. Wenn schon die hierdurch ge-
fundenen Zahlen noch nicht durchweg gleich gross ausgefallen sind,
wie es sein sollte; so meine ich doch, dass, wenn man den ange-
führten misslichen Umständen Rechnung trägt und namentlich die
Fälle ins Auge fasst, wo durch Pl. in 7V die Unsicherheit mehr ge-
hoben wird, sicher kein Zweifel an die Richtigkeit der dritten Fol-
gerung aus den vorstehenden Beobachtungen ei*hoben werden kann,
dass bei gleicher Ladung der Batterie das Quantum der von ihr auf
dem Schliessungsdrath entwickelten Wärme weder durch Hinzu-
fügung der Nebenbatterie überhaupt, nobh durch eine Veränderung
des Schliessungsdrathes derselben verändert wird.
§. 16. Viertens lässt sich aus den Beobachtungen in Betreff
der Grosse -,- entnehmen, dass der Werth des Maximums sich nach
dem Verhältnisse der Flaschenzahl in der Nebenbatterie zurFIaschea-
zahl der Hauptbatterie steigert, dass man also die unter II. aufge-
führten Werthe mit 2, diS unter III. stehenden mit 3 dividiren mässe,
um die unter I. gefundenen Verhältnisszahlen wieder zu erhalten.

des Entladungsstromes etc.
339
max.
-^)
Ferner ergibt sich, dass die Werthe -, erst nach einer gewissen
Grenze vom Maximum ab nach beiden Seiten hin (d. h. nach Zu-
fugung oder Wegnahme einer bestimmten Fusszahl Kupfer von der
Länge des Drathes N beim Maximum) regelmässiger abnehmen,
welche Grenzpunkte ich des Folgenden wegen bei JU== 8' für die
unter I. stehenden Beobachtungen zu 8 Fuss vom Orte r == i
ab ansetze, für die Beobachtungen unter II. zu S 1 Fuss (== -2
3 3
und unter III. zu 4 Fuss (==^-.8); ähnlich bei M == 4' zu 4, 2-^-,
2 Fuss. Das Gesetz der regelmässigen Abnahme von diesen Grenz-
punkten aus lässt sich hier noch nicht angeben, so wie ich mich in
der That auch anfänglich ohne Kenntniss der spätem Beobachtungen
irre leiten liess. Ich verweise also für die unter x zusammengestell-
ten Zahlen auf das Spätere. Dennoch wird es nicht am unrechten
Orte sein, gleich hier noch einige Beobachtungen hinzuzufügen, die
ich wegen des Gesetzes der Abnahme von -.— mehr summarisch und
mit Hinzuziehung von M== 16^ angestellt habe; ich gebe sie in ähn-
lichen_Tab eilen wie oben, ohne eine nähere Erläuterung hinzuzu-
fügen.
^ 17.
l. Haupfcbatterie 2 Flaschen; Nebenbatterie 2 Flaschen.
IM == 10' K.

+
h
n
n
T
VT
x
H == 30,2
0
10,00
^,56
0,456
0,675
47,^
N = 5,5 + ...
4
9,62
5,00
0,520
0,721
44,4
m = 27,6
8
9,16
5/44
0,59^
0,771
U5

1*Z
8,75
5,96
0,681
0,825
38,8

0
11,75
5,50
0^68
0,684
^6,8

4
11^5
6,00
0,533
0,703
43,8

8
10,87
6,67
0,616
0,785
40,8


10,50
7,25
0,690
0,831
38/5

0
8,87
U8
0^71
0,686
46,6

^
8,&0
4,62
0,542
0,736
^3,5

8
8,12
5,06
0,624
0,'790
^0,5

12
7,68
5,37
0/705
0,840
38,1


340
Knochenhauer. Veränderungen
II. Hauptbatterie l Flasche; Kebenbatterie 2 Flaschen.
m==ie K.

+
h
n
n
~h
n
2h
yr
y ah
X
H^= 18/?
8
7,44
8,50
i,m
0,571
0,756
28,ä
N==: 5,5+...
12
8,06
7,31
0,907
0^53
0,673
31,7
m== —3,1
16
8,67
6,18
0,713
0,356
0,597
35,7

20
9,12
5/18
0,568
0,284
0,533
40,0
H= 12,7
^
7,47
8,94
1,197
0,598
0,773
27,6
N== 5,5+-.
8
8,25
7,75
0,9^0
0,^70
0,686
31,1
ni===; —6,2
12
8,78
6,5^
0/7^5
0,372
0,610
35,0

16
9,37
5,5^
0,591
0,295
0,5^3
39,3
H== 10,7
4
7,75
8,79
i,m
0,067
0,753
28,3
N== 5,5+...
8
8,62
7,66
0,889
0,^
0,666
32,0
m== —7,3
12
9,37
6,50
0,694
0,347
0,589
36,2

16
10,00
5,50
0,550
0^75
0,524
40/7

4
8,58
9,58
1,117
0,558
0,747
28,6

16
10,50
5,96
0,068
0,284
0,033
40,0

4
9,56
10,81
1,131
0/565
0,752
28,3

16
11,50
6,62
0,575
0,207
0,535
39,9

M == ^ K.

+
h
n
n
h
n
5h
VT
T 2h
X
H ==-10,7
N==. ö,5+...
2
14
8,25
11,76
9,50
3,58
1,152
0,30^
0,576
0,152
0,759
0,390
144
27,4

2
12
7,83
10,75
8,87
3,87
1,133
0,360
0,566
0,180
0,572
0,42^
14,2
W
H ===18,7
N=== 5,ö+...
4
12
8,25
10,33
8,17
W
0,978
0,400
0,489
0,200
0,700
0,447
15,2
23,8

4
12
8,92
11,33
8,71
4,62
0,976
0^08
0,^88
0,20^
0,698
0^52
15,3
23,6


des Entladungsstromes etc.
M == ^/ K.
341

4-
h
n
n
T
n
2h
yx-
y 2h
X
H ===10,7
N= 5,5+...
2
8
9,67
12,75
8,17
3,37
0,845
0,264
0,422
0,132
0,650
0,36ä
8,2
IV

2
8
10,50
13/16
8,87
3,62
0,845
0,269
0,423
0,134
0,650
0,367
8,2
1^,5
H ==12/7
N== 5,5+...
2
8
9,50
12,96
10,04
4,12
1,057
0,318
0,528
0,159
0,787
0,399
7,3
13,4

2
8
8,92
12,17
9,^6
3,87
1,060
0,318
0,530
0,159
0,788
0,.i99
7,3
13,4

ni. Hauptbatterie l Flasche; Nebenbatterie 3 Flaschen.
ni^lO'K.

4-
h
n
n
T
n
3h
VT
y 3h
X
H ===26,7
0
6,19
11,69
1,888
0,629
0,793
20,2
N=== 5,4+...
4
7,03
9,97
1,418
0,473
0,688
23,3

8
7,9^
8,31
1,047
0,349
0,591
27,1

12
8,72
6,81
0,781
0,260
0,510
31,4
H ==24,7
0
6,50
1J,81
1/817
0,606
0,778
20,6
N=== 5,^+...
4
7,47
9,92
l,3ä8
0,^
0,666
24,0

8
8,41
8,18
0,973
0,324
0,569
28,1

1^
9,12
6,78
0,743
0,248
0,498
32,1
H = 22,7
0
6,37
10,62
1,667
0,556
0,7^6
21,4
N== 5,^+...
4
7,25
9,12
1,257
0,419
0,(^"7
24,7

8
8,12
7,63
0,939
0,313
0,560
28,6

18
8,75
6,25
0,714
0,238
0,488
32,8
H ==22,7
0
5,87
9,87
1,681
0,560
0,748
21,4
N== ö^+...
12
7,96
5,67
0,712
0,237
0,487
32,8

0
6/n
11,87
1,748
0,583
0,7h3
21,0

12
9,^6
6,87
0/7^6
0,242
0,492
32,;>
H == 2V
0
6,6
1*2,00
1^00
0^00
0,775
^0.6
N== 5,^-h...
12
9,25
7,00
0,757
0,252
(),;iO^
31,

0
5,5()
9,87
1,775
0, 92
0,769
20,8

12
7,79
5,71
0,733
i
;M
0^94
3-A


342
Knochenhaue r» Veränderungen.
M==^ K.

+
h
n
n
"h"
n
3h
v^
y 3h
X
H = 16,7
N== 5,^-h..
0
8
8,00
11,25
12,00
5,^
1,500
0,^83
0,500
0,161
0,707
0,^01
11^
19,8

0
8
6,60
9,56
9,87
4,50
1^91
0,471
0,W
0,157
0,705
0,B97
1U
&^
H===U,7
N= 5^+...
0
8
7,87
io,sa
10,9^
^,87
1,388
0,450
0,^63
0,150
0,680
0,387
11/8
20,7

0
8
7,21
9/17
10,00
^21
1,387
0,^59
0,462
0,103
0,680
0,391
11,8
20^


+
h
n
n
"h"
n
3h
VT
y 3h
X
H ==12,7
N= 5,^+...
0
^
8/&6
10,87
8,08
3,96
0,9^2
0,36^
0,31^
0,121
0,560
0/348
7,1
11/5

0
^
10,00
12/75
9,02
^,62
0,962
0,370
0,3äl
0,123
0,566
0,301
7,1
11,4
H =10,7
N== 5,4+...
0
4
10,79
13,17
8,79
^
0,815
0,318
0,2Tl
0,106
0,521
0,326
7,7
12,8

0
4
10,17
1^58
8,28
^,00
0,816
0,319
0,271
0,106
0,521
0,326
7,7
1^2

^. 18. Der zweite Theil meiner Beobachtungen bezog sich auf
die Messung der Erwärmungen in H und M. Hierzu wurde der
Schliessungsdrath nach Fig. 6 zusammengesetzt. D er DrathJBT bestand
in seinem festen Theile aus 2' K. in AB, aus dem Auslader, B aus
2' K. in flC, aus Pl. in EF und ä' K. in FR, also in compensirter
Länge aus 10,2 Fuss K, bei zwei Flaschen oder 10,7 FUSS &l>ei

des Entladungsstromes etc.
343
einer Flasche in der Hauptbatterie. Der Drath N enthielt 2' K. in
JK, l' K. in LG, 1,3 Fuss K. in CJ und 1,2 Fuss K. in EG, also
mit Einschluss der Batterie überhaupt 6' K. M endlich wurde aus
Pl. in CD und aus 6' oder 2' K. in DE gebildet, je nachdem seine
gesaminte compensirte Länge 8' oder 4' sein sollte. Bei den Beob-
achtungen wurde hierauf für den Platindrath EP das Luftthermo-
meter eingeschaltet, dass der Figur nach sich also in H befand;
wurden jedoch die Dräthe CJ und EG zugleich von J nach D und
von G nach F verlegt, so war das Thermometer ohne Änderung
seines Ortes in M oder dem Mitteldrathe. Wie früher konnten übrigens
zu den festen Dräthen in H und N andere Kupfer- oder PIatindräthe
hinzugefügt werden, von denen die letzteren besonders notirt werden
sollen. Ich gebe zunächst, um die Resultate dieser Beobachtungen
im Allgemeinen zu charakterisiren, folgende Reihen:
^ 19.
I. Hauptbatterie 2 Flaschen; Nebenbatterie 2 Flaschen.
N===16,2; N===6,0 + ....
4-
h
m
m
T
O
9,25
1^00
1/513
2
9,12
14,1^
1,548
4
8,9^
14,00
1,566
6
8,96
13,^
1,500
8
9,00
1249
1,354
10
9,56
10,6^
1,111
12
10,50
9,81
0,93^
U
11,00
8,66
0,778
16
1^06
8,00
0,663
18
12,19
7,81
0,641
80
12,25
7,69
0,^8


344
Knochenhauer. Veränderungen
II. Hauptbatterie l Flasche; Nebenbatterie 2 Flaschen.

]Ä==%
K.+P1


M===6
/ K.+P
1.
H=
=30,7;
N==6,0 4
- »
H=
= 30,7; I
^==6,0-
+•....
4-
h
m
m^)
h
+
h
m
tn
T
0
6,50
11,25
1,733
0
5,28
12,56
2,379
2
6,19
11,62
1,897
2
6,31
1^22
2,301
^
5,94
11,50
1,955
4
5,^
11,37
2,274
6
5,87
11,00
1,883
6
6,03
9,87
1,637
8
6,44
9,25
1,426
8
6,91
8,00
1/158
10
7,94
7,19
0/893
10
7,94
6,69
0,843
12
8,69
5,62
0/636
12
8/41
5,81
0,691
14
8,9^
4,81
0,537
14
8,78
5,00
0,570
16
9,25
4,81
0,526
16
9,00
^81
0,534




18
9,03
V2
0,523
.———



20
9,06
4,69
0,518
ft) Mi
ttel aus 2
Reihen.






III. Hauptbatterie l Flasche; Nebenbatterie 3 Flaschen.

311===.%
/ K. + P1


]tl===0
'K. + P
1.
H ===
=46,7;
N===6,0
-+-...
H==
=46,7;
N==6,0
+ .. .
4-
h
m
m
T
+
h
m
Y
O
5,94
10,69
1,800
0
4/19
1^25
2,924
2
5,62
11,25
2,000
2
^31
12,00
2,784
4
5,56
11,50
2,068
4
^,69
10,56
2,252
6
5,25
10,50
2,000
6
5,06
8,25
1,484
8
6,85
7,^
1,190
8
6,50
6,00
1,000
10
7,44
5,06
0,680
10
7,37
4,50
0,611
12
8,19
V3
0/503
12
7,81
4,12
0,528
14
8,25
3,81
0/^62
1^
7,94
3,87
0/487




16
8,00
3,69
0,461

Die in diesen Tabellen vorkommenden Bezeichnungen erklären
sich-aus den früheren Angaben; M gibt die Länge des Mitteldrathes

des Entladungsstromes ctc» 3 4 S
an, worin jedoch auch das fest stehende PL besonders hervorgehoben
ist, hinter H steht die Länge des Schliessungsdrathes der Haupt-
batterie mit Einrechnung von Pl. zu V K., hinter N die Länge des
Schliessungsdrathes der Nebenbatterie, die nur aus 6'K. bestand und
zu der die in der ersten Columne unter -)- ergebenen Fusse Kupfer-
drath hinzukamen. Unter h und m sind dann die beobachteten Er-
wärmungen in ff und M und unter T- ihr Verhältniss verzeichnet.
<§.. 20. Die vorstehenden Reihen schienen mir hinreichend, um
an ihnen die Punkte hervorzuheben, deren Erläuterung durch wei-
tere Beobachtungen vorliegt. Wie man sieht, geht in allen Reihen bei
einer bestimmten Länge von N der Werth von -. durch l hindurch;
mit Verkürzung von N wächst er bis zu einer bestimmten Grenze,
um hintenher sich wieder der Einheit zu nähern; mit Verlängerung
von N fällt er, jedoch auch hier wiederum nur bis zu einer gewissen
Grenze, um sich später gleichfalls der Einheit zu nähern. Ich habe
die Beobachtungen freilich nur bis an die Wendepunkte fortgesetzt,
die sich jedoch dadurch sogleich hervorheben, dass an ihnen der
Werth von -^ geringere Veränderungen erleidet. Die genannten
Wendepunkte liegen von der Stelle, wo -> == l ist, bei den Beob-
achtungen zu I. um die doppelte Länge von M entfernt, also für
M===4' um 8 Fuss; für die Beobachtungen unter II. sind die Ab-
stände der Wendepunkte == Vs Mund für die Beobachtungen unter
III. == X also bei II. für M = 4' und == S' sind die Abstände
== 5,33 und 10,67 Fuss, bei III. für M == V und == 8' ebenfalls
=== 4 und 8 Fuss. — Wenn man in H, N oder MPIatindräthe statt
der Kupferdräthe substituirt, so ändert sich theils der Ort, an welchem
Tt- == l ist, theils fällt der Werth von ^- an den Wendepunkten
verschieden aus, der Abstand dagegen der Wendepunkte von -^-==1
bleibt unverändert derselbe, wie ich ihn kurz vorher angegeben habe.
Ich würde, um alle diese Verhältnisse zu belegen, vollständigere
Beobachtungsreihen beigebracht haben, wenn es mir anders geglückt
wäre, zu den Werthen von ^- zwischen den Wendepunkten die rich-
h
tigen Formeln zu finden; ohne sie scheint eine vollständigere Angabe
unnütz, da bei der zum Theil sehr schnellen Veränderung in -^
zwischen den Wendepunkten Nebenumstände einen beträchtlichen

346 Knochenhatier» Verändertingen
Emflu&s üben und demnach die Beobachtungen für Andere mr eil^n
sehr prekären Werth haben können. Doch das eine allgemeine Re-
sultat will ich aus diesen Beobachtungen noch anführen, da&s mb
nach ihnen die gesammte frei werdende Wärme unter allen Veräa^
derungen von N dieselbe bleibt; die sich gegenseitig beschräake^dßB
Zahlen in h und m lehren dies augenscheinlich, obschon eine geime
Berechnung bei der Unsicherheit einzelner Data keinen besonderen
Nutzen gewähren wird.
§. 21. Nach diesen vorläufigen Angaben wende ich mich zu-
nächst zur Untersuchung derjenigen Werthe von ^ welche vo& to
unteren Wendepunkt an (d. h. von dem Wendepunkt an, welcha
durch Verlängerung von N nach "- === l eintritt) vorkommieB. ME
beginne wieder mit der Mittheilung sämmtlicher Beobachtungsreihea,
welche ungefähr mit dem Wendepunkt anheben. Nach der Angabe
der Flascbenzahl enthalten diese Tabellen die in Kupfer compen-
sirten Längen von H und IV, wobei in H das feste Pl. eingerechnet
ist, dann bei M die Länge und Beschaffenheit dieses Drathes, s&
dassPL, 2 PL, 3 Pl. u. s. w. die sämmtlichen Platindräthe jeden TOB
der Normallänge (=== 2' K.) angeben die in M eingingen. Die Co-
lumnen -|~, Ä, m und -,— sind wie vorher, doch gibt da, wo ich
zwei ähnliche Reihen angestellt hatte, -p das Mittel aus beiden; uo-
ter \fm, findet man das Verhältniss der Stromstärken und in der
y h
letzten Columne unter y Zahlen, die späterhin erläutert werden
sollen.

des Entladungsstromes etc.
^.22.
I. Hauptbatterie 2 Flaschen; Nebenbatterie 2 Flaschen.
Nr. l. H=dO,2; N==6,O + ....; M==2' K. + PL
+
h
m
m
T
v^
T h
y
12
13,71
8/50
0,620
0,787
14,8
14
13,50
8,81
0/655
0,809
16,9
16
13,50
9,00
0,675
0,822
18,^
24
13,18
9,81
0,753
0,868
26,3
32
12,87
10,62
0,812
0,901
36,^
W
12,81
10,87
0,84^
0,918
44,8

Nr. 2. H==lO,2;N==6,O-f-...;M==2PL
4-
h
m
m
T
v'"
V h
y
8
9,9^
^,87
0,491
0,701
9,4
10
10,37
5,00
0,^88
0,699
9,3
12
1048
5/19
0,515
0,718
10^
16
9,94
5,94
0,608
0,780
14,3
24
9,12
6,25
0,705
0,840
21,0
32
8,69
6,81
0,780
0,883
30,8
40
8,62
7,12
0,8^6
0/909
39,9

Nr. 3. H==1O,2+PL; N==8,O+...; M^K.+PL
+
h
m
m
~h
y^
y
12
11,87
9,04
0,762
0,87a
26,7
l^fc
12,06
8,81
0,736
0,857
24,0
16
12,25
8,75
0,714
0,845
21,8
24
12,18
9,25
0,763
0,873
26,'y
3ä
12,00
9,75
0,81^
0,901
36,4-
40
11,75
9,92
0,844
0,918
U,8


348 Knochenhauer. Veränderungen
Nr. 4. H==lO,2+PL;N==8,O-f-...;M==2PL
4-
h
m
m
"h"
y"F
y h
y
12
10,62
6,62
0,618
0,786
U,7
14
10,75
6,62
0,610
0,781
14,2
16
10,63
6,81
0,636
0,798
15,0
24
10,31
7,38
0,721
0,8^9
22,5
32
9,94
7/87
0,786
0,886
31,1
40
9,81
8,06
0,824
0,908
39,5

Nr. S. H=12,2; N=6,O + PL+...; M^K.+PL
+
h
m
m
T
V-
v h
y
12
10,9^
6,81
0,623
0,790
15,1
14
11,69
7,12
0,609
0,780
14,2
16
11,87
7,58
0,639
0,800
16,0
2^b
12,06
8,71
0,722
0,850
22,7
32
11,81
9,37
0,793
0,890
32,3
40
11,6^
9,62
0,828
0,910
40^

Nr. 6. H==1O,2; N===6,O+..,; M^K.+PL
+
h
m
m
T
VJ"
v h
y
16
9,37
5,75
0,61^:
0,784
29,0
20
9M
5,75
0,605
0,778
28,0
24
9,50
0,87
0,618
0,786
29,^
32
9,44
6,37
0,675
0,82^
37,0
40
9,31
6,69
0,718
0,8^8
44,6


Nr. 7. H==
-10,2; N===
6,O+...; M
1=4'K. + 2
PI.
+
h
m
m
T
VT
y h
y
16
11,00
5,37
0,488
0,698
18,4
18
10,81
6,4^
0,503
0,709
19,5
20
10,94
6,62
0,514
0,717
20,3
24
10,81
6,00
0,555
0,7^5
23,4
3^
10,25
6,50
0,63^
0,796
31,2
M
9,87
6,87
0,696
O,8S4
40,^


des Entladungsstromes etc.
Nr. 8. H==1O,2; N===6,0-^...; M==4PL
4-
h
m
m
T
V^"
V h
y
12
9,25
3,16
0,3^2
0,585
11,3
14
9,lä
3,06
0,335
0/580
11,0
16
9,00
3,56
0,395
0,628
13.1
24
8,19
V2
0,503
0,709
19,5
32
7,50
^,56
0,608
0,780
28,2
40
6,94
4,75
0,684
0,827
36,3

Nr. 9. H==1O,2+PL; N==8,O + ...; M=6TK.+PL
4-
h
m
m
T
VT
y h
y
24
9,00
6,25
0,694
0,833
39,9
32
8,94
6/25
0,700
0,837
^1,1
^0
9,00
6,69
0,743
0,862
50,0

i. 23.
11. Hauptbatterie l Flasche; Nebenbatterie 2 Flaschen.
Nr. 10. H===1O,2; M==6,O+...; M == 2'K. + PL
4-
h
m
m
"h"
y^
y h'
y
4
11,69
5,71
0,488
0,698
9,2
8
11,37
6,75
0,593
0,770
13,4
16
10,87
7,75
0,713
0,844
21,6
24
10,62
8,00
0,753
0,868
26,3
32
10,21
8,25
0,808
0,899
35,6
^0
10,06
8/50
0,845
0,919
45,4


350
Knochenhauer. Veränderungen
Nr. 11. H==1O,2; N==6,O+ ...;M==2PL
+
h
m
m
~h
V^
y h
y
0
9,87
3,75
0,380
0,616
6,4
2
10,33
3,62
0,351
0,593
5,8
^
10,^
4/00
0,383
0,619
6,5
8
9,75
^,81
0,493
0,702
9,^
16
8,75
6,00
0,686
0,828
18,2
24
8,31
6,31
0,759
0,871
27,0
32
8,0^
6,00
0,808
0,899
35,6
^0
7,87
6,59
0,837
0,915
^3,0

12. H==1O,2+PL; N=
=8,04-
+
h
m
m
1T
V^L
y h
y
^
7,96
^,68
0,576
O,7ö9
12,6
8
8,06
5,00
0,020
0,788
14,9
16
7,69
5,62
0,731
0/855
23,6
2^.
7,62
6,06
0,795
0,892
33,0
32
7,62
6,31
0,828
0,910
^0,4
40
7,56
6M
0,852
0,923
47,9

Nr. 13. H==1O,2+PL;N==8,O4-
M=
=2 PL
4-
h
m
m
"hT
y
y h
y
4
7,62
3,37
0,^2
0,665
8,0
8
7,00
^00
0,571
0,756
12,4
16
6,^
^,50
0,700
0,838
20,7
24
6,44
4,87
0,756
0,869
26,6
32
6,12
4,94
0,812
0,901
36,4
^0
6,00
5,06
0,843
0,918
44,8


des Entladungsstromes etc.
Nr. 14. H==12,2; N===6,O+PL+...; M^K.+PL
+
h
m
m
~h
V-
V h
y
4
10,25
^66
0,455
0,674
8,3
8
10,50
5,94
0/566
0,752
12,1
16
10,37
7,37
0,711
0,843
21,5
2^
10,56
8,19
0,775
0,880
29,3
32
1040
8,25
0,809
0,899
35,6
40
10,00
8,4^
0,8^
0,919
45,4

Nr. IS. H==10,2; N==6,04-
+
h
m
m
T
V"
y h
y
8
8,75
4,25
0,486
0,697
18,4
10
8,75
4,25
0,486
0,697
.18,4
12
9,06
^,66
0,503
0,709
19,5
16
8,9^
5,00
0,559
0,7^8
23,8
2^
8,75
5,50
0,629
o/m
30,6
38
8,56
5,87
0,686
0,8^8
38/5
40
8M
6,19
0,733
0,856
47,5

Nr. 16. H == 10,2; N===6,O+ ...; M^K^K
+
h |
m
m
"h~
V?
y
6
10,37
3,69
0,366
0,597
ii,«
8
10,25
^00
0,3W
0,635
13,3
16
9,37
^,96
0,529
0,727
21,3
24
8,75
5,^
O,6ää
0,789
29,9
32
8,^
5,69
0,675
0,82%
36,9
40
8,1^
6,00
0,738
0,8^6
47,5



i




382
K n o c h e n h a u e r. Veränderungen
Nr. 17. H==10,2; N == 6,0 + ...; M^PL
4-
h
m
m
"h
V"
y h
y
0
9,6^
2,^
0,254
0,504
8,1
2
10,06
2,25
0,224
0,473
^
4
9,89
2,^7
0,250
0,500
8,0
6
9,62
2,62
0,272
0,522
8,7
8
8,81
2,87
0,326
0,571
10,7
16
7,19
3,62
'0,503
0/709
19,5
24
6,56
3,87
0,590
0,768
26,5
32
6,U
4,21
0,654
0,809
33,9
^0
6,lä
4,37
0,714
0,845
^3,6

§. 24.
Hauptbatterie l Flasche; Nebenbatterie 3 Flaschen.
Nr. 18. H ===10,2; N === 6,O+...; M == 2'K + PL
+
h
m
m
Y
y^
y h
y
2
13,6^
5/9^
0,436
0/660
7,8
8
12,75
7,78
0,617
0,786
14,7
16
12,26
9,00
0,735
0,858
24,ä
24
11,81
9,31
0,788
0,888
31,7
32
11,81
9,75
0,825
0,909
39,9
40
11,75
10,00
0,851
0,923
47,9

Nr. 19. H==1O,2; N === 6,O+...; M = ^K. -f- PL
+
h
m
m
T
y^
y
0
13,00
5,37
0,413
0,643
14,3
2
13,06
5,31
0,407
0,638
1^1
4
13,29
5^6
0,411
0,641
14,3
16
12,46
7,00
0,571
0,766
25,8
&4
12,08
7,87
0,651
0,807
33,2
40
11,44
8,62
0,753
0,868
52,6


des Eutladungsstromes etc. 353
Nr. 20. H == 10,2; N === 6,0 + ...; M == 4 PL
+
h
m
m
T
y^
y
O
13,87
2/31
0,166
0,407
5,5
2
13,00
2,50
0,192
0,438
6,2
4
12,12
3,12
0,257
0,507 -
8,2
16
9,00
V5
0,528
o,w
21,3
24
8/06
5,06
0,628
0,792
30,5
32
7,69
5,21
0,678
0,823
372
^0
7,^
5,44
0,731
0,855
^•7,2

§. 28. Die so eben mitgetheilten Beobachtungsreihen haben so
viel Charakteristisches, dass es mir an dieser Stelle zuerst möglich
ward, die richtige Formel für die Werthe von 1a- oder vielmehr von
l/ m. zu erhalten. Man achte zuvörderst auf den Werth dieses
Verhältnisses, wo er am kleinsten ist, d. h. am Wendepunkt selbst.
Der Mitteldrath M mag aus 4' oder 8' in compensirter Länge be-
stehen, der Werth von -, bleibt derselbe, wenn nur in diese Länge
ein gleich langer Platindrath eingeht; eine Vergrösserung des Platin-
drathes in M stellt dagegen die Werthe niedriger dar; ein zu H
hinzugefügter Platindrath macht -. grösser, ein zu N hinzugefügtes
Pl. hat bei den Beobachtungen unter I. keinen recht deutlichen, aber
bei den Beobachtungen unt^r II. und III. einen derartigen Einfluss,
dass das Verhältniss abermals etwas vergrössert wird. Verfolgt man
darauf die Veränderungen von v- weiter vom Wendepunkt ab, indem
man in N Kupferdrath hinzufügt, so gehen die Reihen für M === 4'
und für M -== 8' sogleich auseinander, in jenen nähert sich ,
schneller, in diesen langsamer der Einheit. Von der ändern Seite
kommen die Reihen, in welchen M eine gleiche compensirte Länge
hat, mit der Verlängerung von N einander bald sehr nahe, so, weit
auch die Werthe von ^- durch Einfluss des Platindrathes am Wende-
h
punkt von einander abweichen. Man vergleiche nur Nr. 19 mit Nr. 20;
hier gehen die Reihen von m =0,407 und^- === 0,166 aus, stehen
aber bei N == 6 -|- 40 schon so nahe an einander, dass -, == O,7S1
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. L Bd. ä3

3 S 4 Knochen haue r. Veränderungen
und == 0,731 ist. — Der so eben kurz bezeichnete Gang kann keine
andere Formel wieder geben, als V m == --—» worin y einen
variablen Werth hat, der am Wendepunkt bestimmt bei Verlängerung
von N um eben so viel wächst, als Fusse Kupferdrath in N hinzu-
kommen. Z. B. in Nr. l unter I. berechnet man für N === 6 -|- 12
l/ m — o 78
?7 - y
11 711 1 A
,8; demnac
ti muss für
V h
y +



JV== 6 + i^
l/-nT 163
=6+16
18,8
==6-1-2^
26,8
== 6 +3S
34,8
=6+40
42,8
V h 16,8+^
18,8 + 4
26,8 + ^
3^8 4- ^
^,8+4
oder




l / m
y ^ = 0,808
== 0,825
== 0,870
= 0,894
== 0,910 sei]
wofür die Beobach-
tungen




i/m
l/--^ ==0,809
= 0,822
== 0,868
= 0,901
== 0,918 ge

Die zwischen Beobachtung und Rechnung vorkommenden Dif-
ferenzen sind der Art, dass sie auch bei den sorgfältigsten Beobach-
tungen mit dem Luftthermometer nicht vermieden werden können,
insoferne eine Abänderung der beobachteten Erwärmungen, um Vg
bis 1/^0 einen schon sehr merklichen Einfluss ausübt. Zur Prüfung
der Formel schien es mir zweckmässiger zu sein, statt ^/rm- aus dem
am Wendepunkt entnommenen Werthe von g zu berechnen, lieber
umgekehrt aus den beobachteten Werthen von \f m. die auf ein-
V h
ander folgenden Werthe von y herzuleiten, die dann .in demselben
Masse wie N wachsen müssen; besonders wurde auch diese Berech-
nungsweise um desswillen nothwendig, weil der Ort des Wende-
punktes nicht scharf fixirt werden konnte. Eine Übersicht über die
sämmtlichen Resultate unter I, II und III zeigt deutlich die Zuver-
lässigkeit der Formel. Somit hätten wir dann an dieser Stelle die
erste sichere Basis gewonnen, von der aus die übrigen Berechnungen
geführt werden können, indem uns mit der Formel die Grundzüge
klar werden, die wir bei der Beurtheilung des Herganges festhalten

des Eutladungsstromes etc.
388
müssen. Nach meinem früher in P o g g e n d o r fFs Annalen mitgetheilten
•Versuchen trennt sich der elektrische Strom einer Batterie auf zwei
oder mehrere Zweige in der Weise, dass durch jeden ein seiner
compensirten Länge umgekehrt proportionaler Stromtheil hindurch-
geht, ohne dass auf den Widerstand der Dräthe Rücksicht zu nehmen
wäre; hat demnach bei zwei Zweigen, der eine eine compensirte
Länge == a, der anderen' == b, so geht von dem ganzen Strom durch
den ersten Zweig der ———te, durch den zweiten der a fe
a 4- b a + b
Theil desselben hindurch und bewirkt die zu dieser Stromstärke im
Quadrate stehende Erwärmung. Hier tritt vom Wendepunkt ab ein
zwar nicht gleiches, doch aber ähnliches, ebenfalls durch die Länge
der Dräthe bestimmtes Verhältniss der Stromstärke ein, welche durch
den Mitteldrath hindurchgeht. Es ist gleichsam M der eine Zweig
und der andere eine Grosse, die von den in ff, M und N enthaltenen
Dräthen, namentlich vom Einflusse der PIatindräthe, abhängt. Setzt
man diese Grosse (y) am Wendepunkt nach der Beobachtung fest.
so folgt bei Verlängerung von N durch Kupferdrath die Stromstärke
durch M gerade ebenso, als hätte man aus der Länge y den zweiten
Zweig gebildet und fügte in diesen nach und nach den Kupferdrath
zu, den man in N einschaltet.
§. 26. Nach dieser Grundlage ist es thunlich, die Werthe
von \f m. an dem Wendepunkt n^äher ins Auge zu fassen. Ausser
den bereits in den obigen Reihen enthaltenen Angaben fuge ich noch
folgende Beobachtungen hinzu, die an der Stelle der Wendung ange-
stellt wurden.
Hauptbatterie l Flasche; Nebenbatterie 2 Flaschen.

+
h
m
m
T
y?
y
H== 10,7 + 2 PL






N == 6,0 + ...
6
6,06
3,87
0,638
0,799
15^
M == 2' K. + Pl.
8
6,06
3,87
0,638
0,799
15,9
H == 12,7






H= 6,0+aPL+..
0
9,00
4,00
0,44^
0,666
8,0
M === 2' K. + Pl.
2
9,62
^,19
0,435
0,660
7,8


356
Knochen h an er. Veränderungen
Hauptbatterie l Flasche; Nebenbatterie 3 Flaschen.
M == 2'K. +PL;N = 6,0 + ...

+
h
m
m
"T"-
-^- Mittel
V-"
y h
y
H == 10,7
0
11,67
4,71
0,^04
.



0
13,62
5,62
0,^:13
f



0
12,00
^87
0,^06
) 0,405
0,637
7/0

0
16/31
6,56
0,402
^



0
!<> ,25
6,25
0,410
)


H==10,7+ Pl.
2
8^1
^,25
0,505

0,711
9,8
H =10,7+2 PL
4
7,75
^,50
0/581
)



4
6/75
3,8^
0,569
^ 0,519
0,761
12,7

2
7,75
0,56
0,588
)


H ===10,7+3 PL
^
6,37
3,87
0,608

0,780
14,2

H == 10,7 + PL; N === 6,0 + Pl. + ...; M == 2' K. + PL
+
h
in

in
~lT
v-^
V h
y
0
6,9^
3,19
0,^60
0,678
8,4

N
6,0 + ...;M === 6'K. -t- PL

+
h
m
m
~h"
-^L Mittel
h
v^
y
H == 10,7
4
10,37
^19
0^0^




4
11,9^
6,00
0,419
[ 0,412
0,642
14,3

4
12,33
5,09
OA13
)


H ==10,7 +2 PL
6
7,75
4M
0,570

0,765
24,6
H =10,7 + 3 PL
8
8
5,75
6,37
3,56
3,94
0,619
0,619
i 0,619
0,787
^6


des Entladungs ström es etc.
357
Aus allen Beobachtungen lässt sich der leichten Übersicht
wegen folgende Tabelle zusammenstellen:
I. Hauptbatterie 2 Flaschen; Nebenbatterie 3 Flaschen.
H
N
M
y---
V h
y beob.
yher.
l) 10,2
18/0
^K.+Pl.
0,787
14,8
14,4
2) 10,2
16,0
2 PL
0,699
9,3
9,3
3) 10,2 + P1.
24,0
^K.+Pl.
0,8^5
21,8
2^,3
4) 10,2 4- P1.
22,0
2 PL
0/781
14,2
14,4
5) 12,2
20,0 + P1.
^K.+PL
0,780
14,2
14,4
6) 10,2
34,0
6'K.4-P1.
0/778
28,0
28,8
7) 10,2
22,0
4'K. + 2 PL
0,698
18,4
18,6
8) 10,2
20,0
4 PL
0,580
11,0
10,9

IL Hauptbatterie l Flasche; Nebenbatterie 2 Flaschen.
H
N
M
V^
» h
y beob.
y her.
l) 10,7
10,0
ä'K.+Pl.
0/698
9,2
9,6
2) 10,7
8,0
2 PL
0,593
5,8
6,2
3) 10,7 + P1.
12,0
^K.+Pl.
0,759
12,6
13,1
JEQ 10,7 + P1.
12,0
2 PL
0,665
8,0
8,5
5) 12,7
10,0 4- P1.
^K.+Pl.
0,67^
8,3
8,5
6) 10,7 + 2 P1.
13,0
S'K.+Pl.
0,799
15,9
16,7
7) 12,7
8/0 + 2 P1.
^K.+Pl.
O66O
7,8
8,0
8) 10,7
15/0
6'K.+P1.
0,697
18^
19,^
9) 10,7
12,0
^K.+aPi.
0,597
11,8
12,4
10) 10,7
8,0
^PL
0^73
7,2
7,3

III. Hauptbatterie l Flasche; Nebenbatterie 3 Flaschen.
H
N
M
v^
T h
y beob.
y her.
l) 10,7
6,0
S'K.+Pl.
0,637
7,0
7,2
2) 10,7 + PL
8,0
^K.+Pl.
0,711
9,8
9,9
3) 10,7+2 P1.
9,0
2'K.+P1.
0,761
12,7
12,5
^) 10,7+3 P1.
10,0
S'K.+PL
0,780
1^2
15,2
5) 10,7
6,0
2 PL
0,533
^,6
4,6
6) 10,7+P1.
6,0+P1.
^K.+Pl.
0,678
8,4
8,1
7) 10,7
10,0
6'K.+PL
0,642
1^3
1^,4
8) 10,7 + ä PL
12,0
6'K. + PL
0,755
2^6
25,0
9) 10,7 4-3 PL
14,0
^K.+Pl.
0,787
29,6
30,4
10) 10,7
6,0
4 PL
0,407
5,5
5,5


338 Knochen haue r. Veränderungen
In der vorstehenden Tabelle ist nur in H das eine fest bleibende
Pl. in die Länge mit eingerechnet, alle übrigen Platindräthe von der
Normallänge sind besonders angegeben worden. Aus den Hauptfällen
I. l) und L 6), in denen V/^- einander gleich sein sollten, nehme
man als Mittel bei Jtf==4, y== 14,4 und bei M==8, ^==28,8 an,
dann kann man die übrigen Werthe von y, je nachdem 7W=== 4 oder
=== 8 ist,
l^[l+0.55(^^)] ^ 28.8[l+Q,55ft+^
in l.. aus ^^ ^^ oder i+o.55^+^
in II ^^[\+^ (t+v)] oder 2^ [l + 0.37 (^ ^
in 11. aus ^ x ^ ^ ^ ^ ^ oaer ^ x i^.o,ö5 (ü+w)'
in III au3 1 ^4 [1 + 0/37 {t + to] oder 1 -28/s [1 + 0/37 (^
in m. aus ^ x ^ ^ ^ ^ ^ ^ oaei ^ xi + o,55 + w)f
herleiten, sofern man die Zahl der Platindräthe Pl, in H mit t, in IV
mit v und in TW mit W bezeichnet, doch so, dass man die beiden fest
stehenden Platindräthe, den in H sowohl als in M nicht mit in An-
schlag bringt. Die berechneten Werthe stimmen so gut mit den
beobachteten überein, als es die Art dieser Beobachtungen nur zulässt,
namentlich wenn man noch erwägt, dass die Zahlen O,8S und 0,37
ebenso wie die Factoren -| und ^ in II. und III. nur im Allgemeinen
richtige Werthe sind. Bei der Aufstellung dieser Formeln hat mich
folgende Ansicht geleitet: Wenn wirklich vom Wendepunkt ab der
Strom in M unter einem ähnlichen Gesetze steht, als ob eine Strom-
theilung stattfände, so rnuss durch Mein desto geringerer Strom hin-
durch gehen, je stärker der Andrang von der Hauptbatterie nach der
Nebenbatterie ist; dieser Andrang wird nun gehoben oder geschwächt
durch den kleineren oder grösseren Widerstand, der sich in flund N
findet, durch welche Dräthe der Andrang hindurch muss, oder y wird
desto kleiner oder grösser, je kleiner oder grösser der Widerstand
in H-\- M ist, indem so in M eine kleinere oder grössere Strom-
stärke stattfindet. Diesem Andrange leistet von ihrer Seite wieder
die Nebenbatterie einen Gegendruck, und zwar einen desto kleineren
je grösser der Leitungswiderstand in ihrer Kette, also in N-^-M ist;
y wird kleiner, wenn dieser Widerstand wächst, und damit wird die
Stromstärke in M geringer. Unstreitig sind es hier die Widerstände
der Dräthe, als Regulatoren der Entladungszoit, welche den Werth

des Entladungsstromes etc. 3 S 9
von y bedingen. Zunächt geben nämlich H und N zusammen in dem
Normalfalle, wo in H nur ein Pl. und in N nur Kupferdrath ist, unge-
fähr den Widerstand == 1,00; dem entsprechend ist der Widerstand
von Pl. in I. === O,8S und in II. und HL === 0,37, wie dies mit den oben
beobachteten Widerständen 0,56 und 0,40 ganz gut übereinstimmt.
Dazu kommt ferner, dass der Einfluss eines in H hinzugefügten län-
geren Kupferdrathes sich ebenfalls nach dem Widerstande, welchen
er darbietet, richtet. Nach der §.19 unter III. mitgetheilten Reihe
ist bei M ==4 an dem unteren Wendepunkt y==8,S; dies gibt nach
den mitgetheilten Formeln für 36' K. einen Widerstand ==O,18,
sofern man aus III. l) die berechnete Zahl 7,2 zum Vergleich hinzu-
zieht, also mit dem Widerstand von Pl. === 0,37 verglichen, würden
70—80 Fuss K. einen eben so grossen Widerstand als Pl. leisten,
wie dies die früheren Beobachtungen auch ungefähr erfordern.
Merkwürdig ist jedoch der Widerstand des Pl. in M+ N, wo er in
den Schliessungsdrath der Nebenbatterie eingeht; er bleibt durch
I. II. III. constant auf O,5S stehen, obschon man in der Kette selbst,
die im Grundfall nur Pl. und einige Fuss K. enthält, dieselbe Einheit
des Widerstandes wie in H-}- N nicht nachweisen kann, wenn anders
nicht auch hier ähnliche Widerstände hinzutreten, wie wir in der
Hauptbatterie annehmen mussten, die aber freilich auf die Wärme-
entwickelung ohne Einfluss bleiben würden. Was noch in II. und III.
die Factoren -^ und ^ betrifft, so finden diese in dem Umstände ihre
Erklärung, dass, wäre M nicht da, beim Arrangement I. der beiden
Batterien die halbe Ladung aus der Hauptbatterie in die Nebenbatterie
übergehen würde, bei II. -^, bei III. |- der Ladung, wodurch auch
bei vorhandenem M, wie das Spätere lehren wird, die Spannung in
der Nebenbatterie auf ^ -|-, -^ oder strenger auf l, -j-, -t gegen die
ursprünglich in der Hauptbatterie enthaltene herabsinkt; hiermit fällt
der Gegendruck, denn die Nebenbatterie leistet, von 1^-3-^» so dass
y in eben diesem Verhältniss kleiner wird. — Aus den obigen For-
meln ergibt sich noch, dass, wenn alle Leitungsdräthe nur aus dem-
selben Kupferdrath gebildet wären, y für die drei Fälle bei M== 4
die Werthe 14,4; 9,6; 7,2 haben würde oder bei M==S die Werthe
28,8; 19,2, 14,4. Die Normalgrossen mööhten sein 16, 1O|-, 8 oder
32, 21-t- 16, d. h. allgemein 4 M, -| X 2 M, die vielleicht nur durch
eine besondere Nebenwirkung von M (aus der übrigens auch der
oben nicht nachweisbare Widerstand stammen könnte) modificirt sind.

360
Knochenhauer. Veränderungen
§.27. Über dieWerthe von -^ nach dem oberen WendepmiMe
d. h. über die Werthe, welche durch Verkürzung von N entstehen
nachdem ^ seinen grössten Werth erlangt liat, kann ich nur wenige
Reihen mittheilen, einestheils weil das Local die Herheiziehung einer
überaus grossen Länge Kupferdrath in ff nicht zuliess, anderntheils
weil auch die Beobachtungen selbst dadurch zu misslich wurden.
dass kleinere Fehler auf die durch Rechnung gezogenen Resultate
einen sehr grossen Einfluss übten. Indess genügen die Reihen voll-
kommen zum Belege der Folgerungen, welche wir aus ihnen ziehen
wollen. Die Werthe -.- sind bei I. und II. die Mittel aus mehperen
Reihen, von denen nur je eine vollständig angegeben ist.
l. HanptbaUerie ^ Flaschen; ;\ ebenbatterie 2 Flaschen.
H=3O,2;N==6,O+...; M^^K.+Pl.
-^
h
m

m
17
V
/n~
h
y
16
7,81
11,25

1,430

1,196
2^4
12
8,12
11,00

1,3^9

,161
28,8
8
8,25
10,75

1,302

1,1M
3^
A
8,37
10,5(»

1,258
1
1/121
37,0
0
8,50
10,U

1,227
1
,108
41,1

11. Hauptbatterie l Flasche; Nebenbatterie 2 Flaschen.
H==S8,7;N===6.O4-...; M-^K.+PL
4-
h
m
m
T
Vm"
y ii
y
18
7,62
12,81
1,697
1,303
17,2
16
7,69
12,94
1,697
1,303
17,2
U
7,96
12,44
1,558
1,248
20,2
8
8,19
11,94
1/UO
1,200
W
4
8,50
11,56
1,3^
1,159
. 29,2
0
8,69
11,18
1,290
1,136
33,4


des Entladnngsstromes etc. 361
III. Hauptbatterie l Flasche; Nebenbatterie 3 Flaschen.
H==S8,7; N==6,O+...M=2/K.+PL
+
h
m
m
T"
v^
y h
y
8
6,87
13,50
1,965
1,402
13,9
6
7,00
13,37
1,910
1,382
14,5
4
7,37
13,00
1,76^
1,328
16,2
2
7,62
12,72
1,656
1/287
17,9
O
7/87
11,9^
1,517
1,232
21,8

Der Verlauf dieser Reihen ist ein ähnlicher, wie bei denen nach
dem unteren Wendepunkt, desshalb müssen wir sie unter eineähnliche
Formel setzen, nämlich unter —:—p Ich habe hiernach y berech-
net, und die gefundenen Wertho zeigen, dass y wieder um dieselben
Zahlen wächst, als um wie viele Fusse N nach dem Orte der Wen-
dung abnimmt. Auch in dieser Formel spricht sich eine Art Theilung
des Stromes aus, bei der jedoch der Zweig y eine negative Rolle
spielt (die Formel lautet eigentlich ——^—)» ein Verhältnis«, über
das erst das Spätere genügende Auskunft gewähren kann, das aber
hier schon dadurch begründet wird, dass y mit abnehmendem N zu-
nimmt, also als negativ sich herausstellt.
§. 28. Am schwierigsten unter allen Versuchen wurde mir die
Bestimmung von y an dem oberen Wendepunkt selbst, nicht etwa,
weil hier besondere Störungen vorkamen, sondern die gefundenen
Zahlen wurden der Natur der Beobachtungen nach nicht süharf genug,
um über einige Punkte volle Gewissheit zu erlangen. Die Beobach-
tungen selbst sind folgende:
I. Hauptbatterie 2 Flaschen; Nebenbatterie 2 Flaschen.

+
h
m
m
T
V^
y h
y
H===18,2; N==6,O+...
M^a'K.+Pl.
6
6
8,06
7,25
12,50
11,19
1,550
1,5^3
\ 1,244
20,^
H==18,2; N==6,0 + ...
M==2 PL
2
2
5,50
6,87
7,75
9,62
1,409
1^00
} t,l88
25,6


Knochen baue r. Veränderungen

+
h
m
h
y"*-
» h
y
H=30,25N=6/0+ •••
M^'K. + PL
18
18
9,71
8,37
13,87
12,00
1,430
1,434
} 1,197
2^3
H==30,2^ N==6,0 + ...
M===äPL
14
14
6,06
7,44
7,81
9,56
1,290
1,285
^ 1,135
33,5
H==30^5 N==6,0 + PL».
M^'K^+Pl.
16
16
8,31
Z37
10,81
9,50
1,301
1,289
[ 1,138
33,0
H==26,2+2P1.5N==
^O+.^M^'K.+Pl.
18
18
5,69
6,69
8,12
9,50
1,^27
1,420
} 1,193
W
H==30,2N==6,O + ...
M^K.+PL
10
10
9,25
6,00
15,12
9,79
1,634
1,632
} 1,278
36,7
H==^0,25N==6,0 4 ...
2
B,81
5,37
1,^09


M==:^PL
2
2
^,50
5,1^
6,19
7,06
1,376
1,379
1,178
52,9

0
^,37
6,06
1,387


H==BO,25 N==;6,0 +
6
8,^
12,31
1,459


3PL+...M==6/K.+P1.
4
737
11M
U53
[ 1,807
^6,6

4
6,50
9,50
1,461
)


II. Hauptbatterie l Flasche; Nebenbatterie 2 Flaschen.

+
h
m
m
^
v^-
y
a==2ä,7;N===6,0-}- ...
M===2'K. + PL
O
O
6,00
5,63
12,87
1^,12
2,1^5
2,157
} 1,466
1^6
B ==3 4/7; N ==6,0 4-...
M ==2^. +PL
6
6
7,50
7,00
1^,44
13,44:
1,925
1,9&0
\ 1,386
14,4
H==34,75N===6,0 + ...
M === ä'PL
4
4
7,00
6,31
11,12
9,94
1,589
1,575
[ 1,258
19,5
EJ==3V5N=6,0 +
2P1.+.^M===2/K.+P1.
O
O
^
8,12
7,25
6,00
12,25
11,00
9,06
1,509
1,503
1,510
1,227
21,6
H===46,?5N=6,0+ ...
M ==2^. PL
12
12
12
7,00
5,9^
6,69
12,31
10,75
11,94
1,759
1,809
1,783
1,336
15,9
H===:^6,7; Ns=60 + ...
M == ä PL
10
10
5,81
7,06
8,69
10,31
1,^96
1,460
( 1,216
W


des Entladungsstromes etc»
363

+
h
m
m
""h~
v^-
y h
y
H ===46,7, N==6,0+
6
6/12
8,Gä
1,408


2PL+...,-M==2'K.4-
6
8
7,12
6,87
10,06
9,56
1,413
1,392
1,185
25,6

§
5/50
7,71
1,402


H==46,7;N===6,O+ ...
M^^K.+Pl.
6
6
5,79
5,31
13,12
11,75
2,266
2,812
i 1,496
2^1
H==46,75 N====6,04- ...
M==4'K. + 2P1-
4
4
4,50
4,56
8,59
8,9^
1,909
1,960
j 1,381
28,4
H==46,7?N==6,O + ..
M==2'K.+^P1.
2
2
3,69
4,19
6,62
7,25
i,m
1,730
i 1,327
32,2
H==46,7;N==6,O + ...
M===4PL
0
0
3,19
3,37
5,12
5,56
1,605
1,650
\ 1,2'76
37,0

III. Hauptbatterie l Flasche; Nebenbatterie 3 Flaschen.

+
h
m
m
~h~
V-
y
H==46/7;N==6,O 4- -
M^^K.+PL
4
4
6,75
7,69
U,19
15,9^
2,102
2,073
} 1,^5
13,0
H==46^N==6,O + ...
M = 2 PL
0
0
6,50
6,87
10,50
11,00
1,615
1,601
( 1,268
18,9
H==46,7^ N===6/0 +
PL+».;M=^K.+P1.
2
2
7,9^
7,50
13,06
12,19
1,645
1,&25
l 1,378
18,3
H ==46,75 N===6,0 +
2P1.+...?M==2/K.+P1.
0
0
7,75
8,25
11,06
11,81
1,427
1,419
\ 1,193
24,7
H=o8,7;N==6,0+ ...
M===^K.+P1.
8
8
8
6,87
6,^
7,06
13,50
12,50
13,75
1,965
1,941
1,948
[ 1,397
IM
H==58,7^N==6,O + ...
M == 2 PL
4
4
5,41
6,25
8^5
9,56
1,525
1,513
l l,3
21,2
H ===58,7; N==6,0 4-
P1.4-...;M==2/K.4-P1.
6
6
6
7,69
6,62
637
11,56
10,06
9,87
1,003
1,520
1,550
l,ä36
21,0
H ===58,7; N===6,0 +
3PL+...;M===ä'K.+Pl.
0
0
0
8,00
7,16
6,70
10,06
9,19
8,&6
1,258
1,283
1,266
l 1,126
35,7


364
Knochenhauer. Veränderungen

+
h
m
m
~h~
v^
' h
y
H ===46,7, N == 6,0 + ...
• M==6'K.+PL
O
0
6,41
5/83
18,37
16,75
2,866
2,873
} 1,694
19,5
H==58,7;N==6,O+<..
M^G'K. + PL
4
4
5,69
5,69
15,62
15,69
2,7^
2,758
\ 1,658
20,8
H==50,7+ 3PL;N====
6,0+...^==6^.4-PL
4
4,00
10,87
2,717
0,649
20,3
H==587;N==6,O+ ...
M^^^ä?!.
2
2
0,56
5,19
12,56
11,58
2/259
2,233
} 1,498
^,3
H ==58,7; N ==6,04-...
M^ä'K. + 3 PL
0
0
^79
V5
9,00
9,08
1,879
1,912
} 1,37?
29,2
H ==58,7; N==»6,0 4-
Pl.+.^M^G'K.+Pl.
0
2
5/62
5,25
1287
12,08
2,290
2,318
} 1,517
^3,3
H =58,7^ N===6,0 4-
2P1.+...M==6/K.+PL
0
5^4:
10,87
2,000
1,414
27,3

^. 29. Der leichteren Übersicht wegen stelle ich die Resultate
in folgende Tabelle zusammen:
I. Hauptbatterie 2 Flaschen; Nebenbatterie 2 Flaschen.
H
N
M
y
l) 18,2 .
12,0
2' K.+P1.
20,4
2) 18,2
8,0
2 PL
25,6
3) 30,2
24,0
2' K.+PL
24/3
^) 30,2
20,0
2 PL
33,5
5) 30,2
22,0 + PL
2' K.4-P1.
33,0
6) 26,2 + 2 PL
24,0
2' K.+P1.
2^7
7) 30,2
16,0
6' K.+Pl.
36,7
8) 30,2
8,0
4 PL
62,9
9) 30,2
10,0+3 PL
6' K.+P1
46,6


des Entladungsstromes etc. 3 63
II. Hauptbatterie l Flasche; Nebenbatterie 2 Flaschen»
H
N
M
y
l) 22,7
6,0
^ K. + PL
12,6
2) 34,7
12,0
2' K. -}-. PL
14,4
3) 3^,7
10,0
2 PL
19,5
^) 34,7
8,0 + 8 PL
2' K. + Pl.
21,6
5) 46,7
18,0
2' K. + PI.
15,9
6) ^6,7
16,0
2P1.
23,5
7) 46,7
14,0 + 2 PL
^ K. + Pl.
25,6
8) 46,7
12,0
6' K. + Pl.
24,1
9) 46,7
10.0
^ K. + 2 Pl.
28,4
10) 46,7
8,0
2' K. + 3 Pl.
38,2
11) 46,7
6,0
4 PL
37,0

III. Hauptbatterie l Flasche; NebeDbatterie 3 Flaschen.
H
N
M
y
l) 46,7
10,0
2' K. + Pl.
13,0
2) W
6,0
2P1.
18,9
3) 46,7
8,0 4- Pl.
2' K. + Pl.
18,3
^) ^6,7
6,0 + 2 PL
2' K. + Pl.
W
5) 58/7
14,0
8' K. 4- Pl.
14,1
6) 58,7
10,0
2P1.
21,2
7) 58,7
12,0 + Pl.
2' K. + Pl.
21,0
8) 58,7
6,0 + 3P1.
2' K. + Pl.
35,7
9) 46,7
6.0
6' K. + PJ.
19,5
10) 58,7
10,0
6' K. 4- Pl.
20,2
11) 50,7 4- 3P1.
10,0
6' K. + Pl.
20,3
12) 58,7
8,0
4'K. 4-2P1.
24,3
13) 58,7
6,0
ä'K. 4-3 PL
29,2
1^) 58,7
8,0 4- Pl.
6' K. + Pl.
23,3
15) 58,7
6,0 + 2P1.
6' K. + Pl.
27,3

Vergleicht man in dieser Tabelle zunächst die Werthe von
y in I. 6) und 3) und in III. 10) und II) mit einander, so ergibt
sich, dass ein in H hinzugefügter Platindrath keinen Einfluss übt,
sondern nur nach seiner in K. compensirten Länge in Anschlag
kommt. Zweitens stellt sich heraus, dass y wächst, wenn Platin-
drath in M oder in N hinzugefügt wird, doch scheint derselbe
Drath in N eine etwas geringere Wirkung zu haben, als in M. Bei
^f== 8 möchte dies ganz evident sein, wenn man in I. 9) mit

366
Knocheuhauer. Veränderungen
3), in III. 14) und IS) mit 13) vergleicht; weniger deutlich tritt es
bei M== 4 hervor, wozu man in I. S) mit 4), in III. 3) mit 2), 7) mit
6) zusammenstelle und 4) und 8) hinzunehme; doch kommen kleinere
Werthe vor in II. 4) und 7). Ich muss diesen Punkt, der vielleicht
künftighin an einer ändern Stelle seine Erledigung findet, hier noch
unentschieden lassen, und berücksichtigte demnach allein die Werthe
von y, die durch Pl. in Mmodificirt werden. Da man aus den Beob-
achtungen in H. 8) bis 11) schliessen kann, dass jedes Pl. y um eine
gleiche Grosse erhöht, so geht y für den Fall, dass M nur aus Kupfer-
drath besteht, auf folgende Werthe zurück und man erhält folgenden
Zuwachs in y durch jedes hinzugefügte Pl.
I. Hauptbatterie 2 Flaschen; Nebenbatterie 2 Flaschen.
Zuwachs
durch ybeiM^'K.
rK-inH
Zuwachs
in y
durch 1P1.
Zuwachs
durch
r K in H.
ü
Zuwachs
in y
durch l Pl.
18,7
30,7
Mittel
15,2
15,1
5,2
9,2
0,^78
0,300
31,3
0,176
15,2
0,289
U. Hauptbatterie l Flasche; Nebenbatterie 2 Flaschen.
3^,7
^6,7
9,1
9,3
5,1
6,6
o,m
0,1^1
Mittel
9,2

0,1^

19,9
4,2
0,090
III. Hauptbatterie l Flasche; Nebenbatterie 3 Flaschen.
46,7
68,7
'7,1
7,0
5,9
7,1
0,126
0,121
Mittel
Z1

0,123

0,077
Wenn auch die vorstehend verzeichneten Zahlen nicht ganz
zuverlässig sein mögen, so zeigen sie doch deutlich, dass die durch
Pl. in M bewirkte VergrÖsserung von y mit wachsendem H zunimmt
und dass y bei einem nur aus Kupferdrath bestehenden M. für jedes ff
einen constanten Werth erhalten würde. Die Zahlen dieses constanteß

des Entladungsstrome» etc.
367
Werthes, nämlich 18,2; 9,2; 7,1 für M ==4 und 31,3; 19,9; 18,7
fürX== 8 weisenzugleich auf die ähnlichen Zahlen für y am unteren
Wendepunktzurück. Zum weiteren Belege, dass y durch Pl. einen zu
H proportionalen Zuwachs erhält, habe ich den ganzen Zuwachs mit
H dividirt und dadurch den auf l' in H kommenden Theil berechnet.
Die Mittelzahlen beiM==4, nämlich 0,289; 0,144; 0,123 sind etwa
-j-mal so gross als bei M== 8, lassen aber im Übrigen das Band nicht
erkennen, das sie unter einander verbindet. Später werden wir noch
einmal auf diese Zahlen zurückkommen.
§. 30. Es bleibt noch übrig, die Stelle genauer zu bestimmen,
an welcher -. == l ist. Ich habe hierzu N jedesmal um 27 K. in der
Weise wechseln lassen, dass einmal ^ grösser, das andere Mal klei-
ner als l wurde, woraus man, wenn auch nur annähernd, den wahren
Ort abnehmen kann. Die Beobachtungen sind folgende:
L Hauptbatterie 2 Flaschen; Nebenbatfcerie 2 Flaschen.

+
h
m
m
~h~
H ==28,2; MS=2'K. + PL; N ==6,0 +... \
16
18
7,31
8,00
8,06
7/06
1,103
0,885
H==22,2;M==2PL; N==6,04-... [
12
14
5,50
5,9^
6,25
5,75
1,136
0,968
H===22,2; M==2'K. -r PL; N===6,0 4- 2P1. + ...^
18
14
7,00
7,19
Z06
6,31
1,008
0,878
H==18,2 4- 2 Pl.; M^ä' K. + PL; N==6,0 + {
18
20
^,75
4,94
5,00
V5
1,053
0,968
H=»82,2;M===6/K.+PL;N==6,0+ [
16
18
8,37
8,75
a/oo
8,25
1,087
0,9^3
H ==22,2; M==4PL; N=6,0+ [
8
10
4,56
^18
^,94
^,56
1,083
0,896
Ifc==ä2,2,M=?6'K.+PL; N==6,0 +8 PL + [
14
16
6,75
7,1^
7,19
6,62
1,065
0,930
H==l8,2+äPL; M=6'K.-rPl.; N=^6,0+ [
20
^
5,56
5,75
5,87
5,62
1,056
0,977


368 Knochen haue r. Veränderungen
IL Hauptbatterie l Flasche; Nebenbatterie 2 Flaschen.

+
h
m
m
T
H==2^7; M==2' K. + PL; N===6,0 + J
4
6
6,9^
8,^
9,12
6,50
1/314
0,770
H=22,7M==2/K.+P1.;N==6,0+2PL+^
0
ä
6,00
6,25
7,12
5,37
1,187
0,859
H^l^-t-SPI.^M^'K.+Pl.^e/O-^
^
6
5,lä
5,62
6,94
5,50
1/355
0,970
H =34,7 5 M=2'K.+P1.?N==6,O+..J
10
12
6,81
8,00
9,31
7,37
1,367
0,919
H==3V; M==& PL; N ==6,0 + i
8
10
5,50
6,81
7,12
5/31
1^95
0,780
H == 22,7^ M === 6' K. 4- Pl.; N == 6,0 + \
^
6
6,50
7,31
7,00
5,50
1,077
0,752
H ==22,7; M = ^K. ^ 2 PL; N== 6,0 4-^
2
4
5,87
7,00
6,25
5,00
1,065
0,714
H^ä/^M^'K.-t PL 5 N==6,0+2 PL + [
0
2
^,00
^,75
4/62
4,00
1,155
0,842
H==18/7+2PL; M==6/K.-^ PL; N==6,0 + \
6
8
^,06
4,50
4,75
4/12
1,170
0,916
H==3^,7;M==;6'K. + PL; N ===6,0 +^
10
12
6,54
7,31
^,69
6,50
1,176
0,889
H == 34,7', M= ^ K. + 2 PL; N == 6 0 + ^
8
10
5,50
6,00
6,06
5,10
1,102
0,865
H==34,7; M===4 PL ,• N==6,0 + ^
^
6
3/69
^,50
^,62
U2
1/255
0,916
H=3O,7+2PL; M^ß'K.+Pl. 5 N==6,0 + {
12
1^
^44
5,00
5,44
4,50
1,225
0,900
H==34,75 M===6/K.+PL;N==6,0+2P1.-^-
8
0,25
5/12
0,97&
H=46,7; M=6/K. 4- PL; N==6,0 +
18
6,56
6,69
1,020
H==46/7; M==4P1.; N===6,0 +
12
^19
M^
0,984
H==46,7 5 M^K. + Pl.; N==6,O + 2P1. + {
l^b
16
6,00
5M
5,00
^,62
1,000
0,921
H==W ; M==6/K. -4- Pl.; N===6,0 + W. + [
10
12
4,87
5,31
5,00
4,50
1/027
0/920


des Entladungsstromes etc. 369
HL Hauptbatterie l Flasche; Nebenbatterie 2 Flaschen.

+
h
m
m
T
H==3^7; M^ä'K. 4- PL; N==^0 + ... i
4
6
6,56
8,12
8,69
5,25
l,3ä5
0,647
H==34,7;M==2P1.5N==6,0 4- ... J
2
4
5,00
6/69
7,00
4,87
1,400
0,728
H===34,7^M==S'K.+P1.;N====6,0+2P1.+ J
0
2
5,69
6,31
5,94
4,50
l,0^k
0,713
H^30^+2P1.; M==2'K. + Pl. 5 N===6,0 4. ^
4
6
4,50
^87
6,37
4,44
1,4U
0,912
H^e/^M^^K. + PL •,N===6,04-.. j
8
10
6,25
7,44
7,44
5,06
1,190
0,680
H==A6,7,M==2P1.;N==:6,0 + ... j
6
8
5,00
6,00
6,31
^,75
1,262
0,792
H==46,7,M==2/K.4-P1..;N==6,04-2P1.4- i
4
6
5,62
6,50
6/00
^,50
1,068
0,692
H==A2,7 + 2P1.; M==2'K. + P1.5 Nr^G^O + J
8
10
4,37
4,69
6,12
^,31
1,400
0,919
H==46,7 5 M == 6'K. + PL; N == 6,0 + ... J
8
10
6,50
7,37
6,50
4,50
1,000
0,611
H===46.7? M = 4 P1.5 N = 6,0 + ... i
2
4
3,94
M5
4,50
^,00
1,1^
0,941
H==A6/75 M===6'K.+P1.5N===6,0+2P1.+
B=^,7+2P1., M=6'K.+P1.; N===6,04- {
4
8
10
4/71
^,37
4,81
4,50
5,50
4,56
0,955
1/259
0,94b8

Nach den eben mitgetheilten Beobachtungen bedingt jeder in
M hinzugefügte Platindrath eine Verkürzung von N ein in H hinzu-
gefügter eine Verlängerung, ein in IV eintretender ist wirkungslos,
nur stört der bei M == 6'K. 4-PL vorkommende Fall, der von dem
ihm entsprechenden bei M == 2' H. + Pl. abweicht. Im Ganzen
wird der Ort -m- === l ebenso bedingt, wie der Werth von y an dem
h
unteren Wendepunkt, doch möchte bei M == 8 der Einfluss des
Platindrathes in M etwas geringer sein, als bei M= 4, wodurch ein
Sit.zb, d. mathem.-naturw. Cl. l. Bd. 2^

370 Knochenhauer. Veränderungen.
Übergang auf die Werthe von y am oberen Wendepunkte angebalmt
würde. Dass übrigens die Ortsverschiebungen in III. von geringerem
Belange sind als in I. ist zwar noch ersichtlich, allein das gegenseitige
Verhältniss lässt sich nicht mit voller Sicherheit aus den Beobach-
tungen entnehmen. Erwägt man nun, dass bei der gerade entgegen-
gesetzten Wirkung von Pl. in M und von Pl. in H der Ort m- == l
für eine nur aus Kupferdrath bestehende Leitung ungefähr da liegt
wo ihn die Beobachtungen für M === V K. + Pl. und^f == 6' K.+PL
angeben, wenn zu H kein anderer als der fest stehende Platindrath
kommt, so erhalten wir^das für die Theorie wichtige Resultat, dass
für den berührten Fall der Ort-"1- == l in I. durch dieFormelA^fl,
in II. durch IV == -yfl.inIU.durch.ZV^-j- H bestimmt wird, wo-
gegen oben ^. 13, abgesehen von der kleinen Correction, der Ort
-,== Maximum in L durch die Formel N-}-SI==H-\-M, in IL durch
N-^M^ ^(H + M), in HL durch N + M===-|-fJT+ M) be-
stimmt wurde, so dass also für die Erwärmung in .N die gesammten
Schliessungsdräthe beider Batterien H-^-M und ^V-|-M den Nor-
malpunkt geben, für die Erwärmung in M. dagegen nur die Dräthe
H und N ohne Berücksichtigung des Mitteldrathes M. Dass die
beiden Normalpunkte -, === l und v === Maximum in der That nicht
bei derselben Länge von N zusammenfallen, davon kann man sieh
noch leicht überzeugen, wenn man die drei Ströme in H, M und 2V
zu gleicher Zeit beobachtet, wie ich dies für-einige Fälle zu meiner
eigenen Überzeugung gethan habe.
^. 31. Nachdem aus den vorstehenden Untersuchungen über
die Werthe von-.-das Resultat hervorgegangen ist, dass wenigstens
nach den Wendepunkten die Länge der Dräthe die bedingenden
Elemente in allen Formeln sind, so muss unstreitig eine ähnliche
Betrachtungsweise auch auf die im ersten Theile ^. 10 bis ^. 12
und §. 17 mitgetheilten Beobachtungen Anwendung finden. Bei-^-
lagen aber die Wendepunkte für das Arrangement I. der Batterie um
2 M, für IL um ^X für HL um M vom Orte ^- -== l ab, und die
0 h
Längenwerthe von y waren im Allgemeinen an diesen Wendepunktes
4 M, -|-M, 2 M; wenn demnach, wie dies sogleich die Berechnung
zeigen wird, für die Werthe r- bestimmte Grenzpunkte in eiaem

des Entladungsstromes etc. 371
Abstande Jf, -|M,-^-^f von dem Orte^- = Maximum liegen, so ist
es dem Obigen entsprechend für die im ersten Theile enthaltenen
Reihen die Werthe 2 M, -|- M, M als Hauptzahlen anzunehmen.
Hiernach habe ich diese Reihen für I. unter die Formel l/^-^2^
__ _ r h 's.9
für II. unter V^==-^, für III. unter V-—.! gebracht, worin x
einen solchen variablen Werth hat, dass er von den Grenzpunkten
ab um eben soviel wächst, als vom unteren Grenzpunkte ab Fusse
Kupferdrath in N hinzukommen oder als vom oberen Grenzpunkte
ab Fusse Kupferdrath aus N hinweggenümmen werden. Die Grenz-
punkte sind in den Reihen annähernd mit einem * bei x bezeich-
net, damit man desto leichter die Übereinstimmung von x mit den
Beobachtungen verfolgen könne. Erwägt man bei diesen Beobach-
tungen, dass die Grundzahlen 2 M, -|- M, M nur im Allgemeinen
die richtigen Werthe sein werden, nimmt man hinzu, dass die Er-
wärmungen n nach den Grenzpunkten (denn über x zwischen beiden
fehlt hier wie bei -.- der Aufschluss) schnell klein werden, und da-
durch nicht allein der Zuverlässigkeit der beobachteten Zahlen einiger
Eintrag geschieht, sondern auch bei schwachen Strömungen alle
etwa zufällig vorkommenden Hindernisse ungleich stärker hemmen
und leicht ein schnelleres Anwachsen von x, als es nach N sein sollte,
veranlassen, erwägt man ferner, dass ich alle diese Beobachtungen
ein Jahr früher gemacht habe, ehe ich durch die folgenden Versuche
über die Erwärmungen in H und M auf die hier gegebene Erklärung
kam, also an keiner Stelle eine Revision eintreten lassen konnte,
welche jedenfalls bei den kleinen Schwankungen theils in der Able-
sung der Werthe, theils unter dem störenden Einflüsse der Luft-
strömungen i) nöthig ist (später mochte ich die Revision nicht mehr
vornehmen), sieht man endlich darauf, wie die Fehler in einer Reihe
durch die besseren Resultate einer ändern, namentlich in den summa-
rischen Versuchen §.17 wieder aufgehoben werden, so glaube ich
sicher, dass man in die Richtigkeit der so einfachen Formeln keinen
Zweifel setzen wird, und dies um so weniger, als alle drei Reihen
1) Bei selbst massigem Winde lassen sich mit dem Luftthermometer gar keine
Beobachtungen antsellen, indem durch den Druck der Lul't auf das offene
Gefäss die Spiritussäule bewegt wird.
^ #

372 Knochenhauer. Veränderungen
m
I, II, III in dem auch durch die Reihen für — hindurchgehenden
Principe ihre Erledigung finden. Störend sind allein die Beobaeh-
tungen in §. 17 für M===16' K., wenn Haupt- und Nebenbatterien
2 Flaschen enthalten, und zum Theile neigen auch hierhin die Beob-
achtungen in §. 10 für M== 8' K. Da mir diese Abweichung zu auf-
fallend war, so repetirte ich nachträglich die Versuche für M== 16'K.,
erhielt aber auch jetzt dieselben Resultate. Wenngleich ich nun nicht
glaube, dass diese Beobachtung die Formeln überhaupt verdächtigen
kann, da für M=== 16' K. die Reihen in Hauptbatterie l Flasche,
Nebenbatterie 2 Flaschen, wie in Hauptbatterie l Flasche, Neben-
batterie 3 Flaschen vollkommen stimmen, so wird doch dieser Punkt
jedenfalls später noch weiter verfolgt werden müssen, um zu sehen,
ob eine zu kleine Länge in ZT in einzelnen Fällen eine Abänderung
der Resultate bewirken kann.
§. 32. Durch Hinzufügung von Platindrath in H erleiden die
Werthe von x keine Veränderung, dagegen werden sie vergrössert,
wenn Pl. in N hinzukommt. Über die Grosse dieses Einflusses nach
den Grenzpunkten liegen mir zwar auch mehrere Beobachtungen vor,
doch genügen sie mir noch nicht zu sicheren Bestimmungen, ich will
sie daher ganz übergehen, und nur auf die Maximumswerthe von r-
die Aufmerksamkeit hinlenken, weil sich hier der Einfluss des PL
schon deutlicher nachweisen lässt. Nimmt man nämlich zu den oben
mitgetheilten Versuchen noch folgende vereinzelte Beobachtungen
über die Maxima hinzu:

des Entladungsstromes etc.
373
Hauptbatterie 2 Flaschen; Nebentatterie 2 Flaschen*

h
n
y^
X
(6'K.
9,54
8,5^
0,946
33,8
H===10,25 N==16^ ,• N====5,5+<




(^ K. + Pl.
7,58
6,37
0,917
3^,9


h
n
VT
y h
x
//./ fr
10,33
8,84
0,925
17,3
H==10,2; M==8X 5 N==5,5+^




[^ K. + PL
8,42
6,54
0,88^
18,1

Hauptbatterie l Flasche; Nebenbatterie 2 Flaschen.

h
n
VT
y 2h
x
"\o/ V
6,87
12,29
0,946
22,5
H==28,75 M==16'K.5 N=5,5 f-^




) PL
5,37
8,87
0,909
)^5

so erhält man mit Berücksichtigung derjenigen Beobachtungen allein,
in denen zu dem einen in N fest stehenden PL noch ein zweites bei
gleicher Länge von H hinzugefügt wurde, folgende Tabelle für die
laxima von
L Hauptbatterie 2 Flaschen; Nebenbatterie 2 Flaschen.
H
M
l Pl. in N.
2 Pl. in N.
Zuwachs
von x
Zuwachs von x
auf


x
x
auf l Pl.
rK. in (H+M)
10,2
4
9^
10,9
1^5
0,102) ..Q.
18,2
4
10,0
li^O
2,00
o^op
10,2
8
17/3
18,1
1,05
0,058
10,2
16
33,8
3^9




374
Knochenhauer. Veränderungen
H. Hauptbatterie l Flasche; Nebenbatterie 2 Flaschen.


l PL in N.
2 Pl. in N.
Zuwachs
Zuwachs vo& x
H
M


von x
auf


x
X
auf l Pl.
l'K. in (H + M)
18,7
4
6,4
7,6
1,15
0.050)
30,7
4
7,1
8,9
1,80
0,052} °'051
22/7
20,7 + PL
8
8
11,8
11,9
12,8
13,1
1,05
1,20
\ 0,037
28,7
16
22,5
23,5
1,10
0,025

III. Hauptbatterie l Flasche; Nebenbatterie 3 Flaschen.
30,7
36,7
36,7
34,7+P1.
«
4
^
8
8
5,4
5,7
9,2
9,2
6,0
7,3
10,5
10,4
1,45
1,65
1,25
1,20
%} W
\ 0,028

Diese Tabelle lehrt zunächst, dass durch Subtraction des Zu-
wachses, den x durch das zweite in N hinzugefügte PL erhält, von
dem Werthe von x, wo sich in N nur ein Pl. befindet, x in L auf
2 M, in II. auf -5-M, in III. auf M zurückgeht, so dass dasMaximum
o
von n-, —, — durchweg gleich l sein würde, sofern die Leitungs-
dräthe allein aus Kupferdrath zusammengesetzt wären. Dieses an
und für sich schon wichtige Resultat dürfte auch zur Bestätigung der
Formeln für , dienen, wenn anders noch ein Zweifel dagegen statt-
finden könnte Beachtenswerth ist wieder der unregelmässige Zu-
wachs in I. bei M == 16 und zum Theile auch bei M^-S, der mit
der oben erwähnten ünregelmässigkeit zusammentrifft.
§. 33. Der in der fünften Columne der vorstehenden Tabelle
verzeichnete mittlere Zuwachs, welchen x durch Hinzufügung eines
Pl. in N erhält, steigert sich bei gleichem Arrangement der Flaschen
durch Verlängerung von If; dividirt man also, wie in §. 29 mit
ff 4- M (denn hier gehört nach dem frühern, Mm ff) in den Zu-
wachs, um eine Steigerung auf l' K. in (H + M) zu erhalten, so
geben die zu M == 4 gehörigen Mittelwerthe die Zahlen 0,096 —

des Entladungsstromes etc. 3 7 S
o
0,051 — 0,043, welche nicht nur ungefähr ^-mal so gross sind als
die Zahlen bei M == 8, sondern auch den <^. 29 gefundenen Zahlen
0,289 — 0,144 — 0,123 gegenüber gestellt in demselben Verhält-
nisse, wie diese zu einander stehen und von ihnen nur ihrer absoluten
Grosse nach abweichen. Indem wir uns also daran erinnern, dass
nach §. 29 auf die Werthe von In am oberen Wendepunkte PIatin-
drath in H keinen Einfluss ausübt, dagegen Platindrath in M oder
7V einen durch die Länge von H bedingten Zuwachs in y hervor-
bringt, indem wir hiermit aus den Beobachtungen über l- das Resul-
tat zusammenstellen, dass auch auf , der Platindrath in H keine Wir-
kung äussert, Platindrath dagegen in N (über M sich §. 34) den
Wertli von x steigert, und zwar desto mehr, je länger (H -j- M)
wird, indem wir ferner beachten, dass sich in den Zahlen des Zu-
wachses für x und y bei den verschiedenen Anordnungen der Bat-
terien gleiche Verhältnisse herausstellen, so müssen wir aus dieser
Übereinstimmung folgern, dass sich in Tf- am oberen Wendepunkte
die im Schliessungsdrath N der Nebenbatterie vorkommende elek-
trische Strömung abdrückt, und wir müssen mit vollem Rechte von
einer Theorie dieser Hergänge verlangen, dass sie den Grund einer
solchen Ausprägung der Strömung in N in der Strömung in M bei
dem oberen Wendepunkte nachweise, während sie zugleich erläutert,
warum am unteren Wendepunkte sich nichts derartiges findet, son-
dern dort ganz andere Verhältnisse vorwalten.
§. 34. Ich habe in dem Vorhergehenden häufig die Beobach-
tungsreihen, in welchen die Erwärmung in J^und IV gemessen war,
mit den anderen, in welchen die Erwärmung in ff und M bestimmt
war, zusammengestellt, indem ich die Wirkung der Platin dräthe eli-
minirte und damit die ganze Leitung gewissermassen aufKupferdrath
zurückbrachte. Es schien mir jedoch, als dürfte sich bei der ersteren
Art von Beobachtungen noch das Bedenken erheben, dass nirgends
Platindrath in Meinging, der bei der zweiten Art von Beobachtungen
immer vorhanden war; ich habe desshalb noch einige Reihen hinzu-
gefügt, in denen ich die Hauptbatterie aus l, die Nebenbatterie aus
2 Flaschen bestehen liess; da es Doppelreihen waren, so geben die
in den nachstehenden Tabellen enthaltenen Werthe , das Mittel aus
beiden Reihen,

376
Knochenhauer. Veränderungen
Nr. l. H== 18,7: M==8'K.; N==S,S+
+
h
n
n
T
n
2h
v^
y 2h
X
0
9,42
15,00
1,616
0,808
0,899
11,9
2
9/25
15,12
1,601
0,800
0,895
12,0
4
10,29
1A,75
1,^30
0,715
0,846
12,6
6
11,25
13,19
1,172
0,586
0,766
13,9 *
12
13,87
8,50
0,613
0,306
0,653 '
19,3
14
1^2
7,56
0,517
0,258
0,508
21,0
18
15,25
5,96
0,370
0485
0,^30
24,8

Nr. 2. H=18,7; M^K.; N==8,S + PL +...
+
h
n
n
T
n
^h
V1
» 2h
X
0
7,71
11,12
1^21
0,710
0,842
12,7
2
8,44
10,76
1,277
0,639
0,800
13,3
4
9,12
10,12
1,094
0,5^7
o/no
14,4 *
10
12,26
7,19
0/587
0,293
0,551
19,4
12
13,69
6,12
0,447
0,223
0,^73
22,6
16
14,69
V5
0,320
0,160
0,400
26,6

Nr. 3. H===18,T; M^S' K.; N===S,8 + 2P1. + .
+
h
n
n
~h
n
2h
yr
y äh
X
0
7,21
8,37
1,135
0,567
0/75^
1W
2
8,12
7,75
0,963
0^81
0,694
15,
8
11,29
5,94
0,5^6
0,263
0,513
20,8
10
12,25
5,19
0,424
0,212
0,460
23,2
14
13,6^
^00
0,286
0,1^3
0,378
28,2


des Bntladungsstromes etc.
377
Nr. 4. H==18,7; M^ K. + PL; N=S,S +
+
h
n
n
T
n
2h
VT
y 2h
X
0
7,25
11,00
1,530
0,765
0,875
12,2
^
8,37
11,25
1,37^
0,687
0,829
12,9
4
9,50
10,75
1,133
O,5&6
0,753
14,1 *
6
11,08
9,67
0,876
0,^38
0,662
16,1
1^
13,35
5,94
OM8
0,22^
0,^73
22,6
14
1^00
5,19
0,371
0458
0,431
2^7
18
14,12
3,75
0,261
0,130
0,361
29,5

Nr. S. H==26,7; M=8' K.$ N==S,5 + 2PL +
4-
h
n
n
T
n
2h
yr
r &h
X
0
7,25
7,75
1,070
0,535
0,73^
IM
2
7,37
8,18
1,120
0,560
0,742
IM
^
7/69
7,81
1,074
0,518
0,720
1^,8
8
9,25
6,87
0,735
0,367
0,606
17ft S9C
12
11,06
5,12
0,^63
0,231
0^81
22,2
16
12,75
4,06
0,318
0,159
0,398
26,8

Nr. 6. H==26.7: M===47 K.
2PL; N==5,S +
+
h
n
n
T
2h
VT
y ah
X
0
^,69
5,00
1,064
0,532
0,733
14,5
2
W
6,00
1,250
0,625
0,790
13,5
4
W
6,87
1,225
0,612
0,782
13,6
6
6,19
7,00
1,156
0,578
0,764
14,0
8
9,62
94^
0,936
0,468
0,68^
15,6 »
12
10,50
6,50
0,616
. o,ao8
0,555
19,2
20
11,69
3,37
0,284
0,142
0,377
28,3

In diesen Reihen haben zunächst die Werthe von x in Nr. 4
und Nr. 6 von dem mit * bezeichneten Grenzpunkte an ihren regel-
mässigen Verlauf, der in M hinzugefügte Platindrath ändert also
in dieser Beziehung nicht das Geringste. Vergleicht man da-
gegen Nr. 4 mit Nr. l, so macht sieht eine Verschiebung vom

378
Kno ebenhauer. Vertoiderungen
Orte-?-
h
== Maximum bemerkbar, ähnlich wie bei —=== l, doch wohl
im geringeren Masse; auch dürfte das Maximum bei M == 6' K. 4-p}
einen grössern absoluten Werth erreichen, als hei M=== S' K., wenn
in N noch ein Pl. hinzugefügt wird. Um hierüber sicherer zu sdß
da in Nr. 2 und 3 das Maximum oben aus der Tabelle heraustritt
wurden die Reihen Nr. 8 und 6 angestellt, die die Vermuthung te-
stätigten. Ich hoffte durch die beiden nachstehenden Reihen, die mit
Nr. l und 4 in §. 11 verglichen werden können, eine nähere Aus-
kunft über die Veränderung des Ortes -. == Maximum zu erhalten,
doch geben "auch sie keinen gerade zu festen Anhaltspunkt zu eher
sichern Entscheidung, ob die Verschiebung bei — und Tt- gleich'gross
ist Die Reihen sind:
Hauptbatterie 2 Flaschen; Nebenbafcterie 2 Flaschen.
H^IO,2; M-^K. -1-2P1.;N—^^ -l-...
+
h
n
r1
h
v^
X
0
8,56
6,94
0,811
0,005
17,7
ä
8,81
7,2&
O,8ä3
0,907
17,6
^
9,09
8,12
0,837
0,915
17,5
6
10,9^
8,06
0,737
0,859
18,6
12
13/75
6,50
0,^73
0,687
a3,8»
20
1^,31
3,87
0,270
0,020
30,8

-4-
h
n
n
T
VT
X
0
8,21
2^5
0,300
0,548
29,2
4
7,87
3,12
0,396
0,630
^
8
7,81
^31
0,552
0,^3
21,5*
t2
8,37
5,25
0,627
0/792
20,2
14
8,50
5,87
0,690
0,831
19,2
16
9,31
6,19
0,665
0,815
19,6
18
9,75
6,12
0,628
0,792
20,2


des Entladungsstromes etc. 37&
Aus allen 8 Reihen geht also so viel hervor, dass ein in M ein-
gereihter Platindrath in den Werthen von ^ keine anderen Verän-
derungen hervorbringt, als welche von den schon früher bekannten
Wirkungen dieser Dräthe erwartet werden konnten.
§. 3S. Nachdem ich die Resultate einfach dargelegt habe, die
aus den mitgetheilten Beobachtungen mit dem Luftthermometer über
diejenigen Veränderungen gezogen werden konnten, welche der
Strom einer elektrischen Batterie erleidet, wenn an den Schliessungs-
drath noch eine zweite Batterie geknüpft ist, so werde ich jetzt noch
meine Ansichten über den Hergang bei diesen Veränderungen aus-
sprechen und daneben die Thatsachen angeben, die ich mit dem
Funkenmesser, wenn auch nur mehr probeweise ermittelt habe.
Um zuerst bei den bis jetzt geltenden Ansichten über den
elektrischen Strom stehen zu bleiben, so findet man, trotzdem, dass
man in der Elektricität nicht gern Materielles anerkennen möchte,
doch bei der Erklärung aller bisher aufgestellten Formeln die Grund-
ansicht durchgehen, dass bei der Entladung der Batterie ein Strom
elektrischer Materie von der inneren zur äusseren Belegung übergeht,
mit dem der entgegengesetzte Strom von der äusseren zur inneren
Belegung zusammenhängt. Nach dieser Ansicht würde, wenn man
nur den positiven Strom ins Auge fasst, der Hergang sich etwa also
erklären. Dem aus dem Innern der Hauptbatterie herkommenden
Strome stehen an der Stelle, wo der Mitteldrath beginnt, zwei Wege
offen; er kann entweder unmittelbar durch diesen Drath nach der
äusseren Belegung der Hauptbatterie strömen, er kann sich aber
auch, wie es beim sogenannten Ladungsstrom, wo M fehlt, der Fall
ist, in die Nebenbatterie stürzen, indem er in dem Masse, als er sich
im Innern dieser Batterie ansammelt, negative Elektricität auf ihrer
Anssenseite bindet, die dadurch frei gewordene positive Elektricität
zur Aussenseite der Hauptbatterie entsendet, und hintenher durch N
und M, den Schliessungsdrath der Nebenbatterie, seine Ausgleichung
mit der kurz vorher von ihm gebundenen negativen Elektricität findet
Nach dieser Erklärung hat man zwei Acte zu unterscheiden,
erstens die Entladung der Hauptbatterie sowohl durch Ausströmen
über M, als durch Ladung der Nebenbatterie, zweitens die Entladung
der Nebenbatterie; beide Acte brauchen jedoch der Zeit nach nicht
ganz auseinander zu liegen, denn während der Entladung der Neben-"

380 Knochenhauer. Veränderungen
batterie kann zugleich noch die Entladung der Hauptbatterie über
den Mitteldrath stattfinden. Die Unzulässigkeit dieser Erklärung kann
ohne Schwierigkeiten nachgewiesen werden. Man nehme z. B., um
bestimmte Anhaltspunkte zu haben, den Fall an, dass die Haupt-
batterie aus einer, die Nebenbatterie aus drei Flaschen bestehe, und
dass dabei die ganze Leitung aus Kupferdrath gebildet sei; H sei
== 48', M == 8', so liegt nach §. 13 ^ == Maximum bei N == 11,8
und die Erwärmung in N ist für diese Länge dreimal so gross, als
die Erwärmung in H. Nun ist ersichtlich, dass bei der Ladung der
Nebenbatterie die Elektricitäfc durch N nicht schneller strömen kann,
als sie durch B aus der Hauptbatterie herkommt, demnach muss,
selbst wenn gar keine Elektricität durch den Mitteldrath abflösse imä
dadurch der Nebenbatterie verloren ginge, die durch den ersten
Act bewirkte Erwärmung in Jfund N gleich gross sein; da aber in
iVeine dreifache gegen H hervortritt, so wird man die Zeitdauer
für diesen ersten Act gross ansetzen müssen, weil nur so der elek-
trische Strom geringe Wärme hervorbringt, und um dann die fehlende
Wärme in N m gewinnen, hätte man zweitens die Zeitdauer für den
zweiten Act, für die Entladung der Nebenbatterie recht kurz zu be-
messen, damit der Strom einer gleich grossen Quantität Elektricität
viele Wärme erzeuge. Gibt man diese Annahme zu, so folgt wieder
daraus, dass, weil der Entladungsstrom der Nebenbatterie nicht nur
durch N, sondern auch durch M hindurchgeht, dass dieser Strom
in M gleiche Wärme hervorbringt. Die Formeln in §. 30 geben tör
den Ort v- == l die Länge von IV === 16', wornach bei N == 11,8,
da in unserem Falle der obere Wendepunkt um 8 Fuss von ^ == l
abliegt, also auf N == 8 fällt, in der That in M eine stärkere Er-
wärmung hervortritt, aber diese Erwärmung variirt mit Verlängerung
von ^bedeutend, und sinkt schnell auf l zurück, dagegen steigt sie
noch langsam bei Verkürzung von Ny bis sie bei N == 8 wieder ab-
zunehmen beginnt. »Während dies hier in M vor sich geht, nimmt
die Erwärmung in N gleichmässig nach beiden Dräthen, durch Ver-
längerung und durch Verkürzung von N ab, und gerade hierin liegt
die Unmöglichkeit mit der Annahme durchzukoimnen. Zur Erklärung
nämlich der in M auftretenden Erscheinungen lässt sich nur noch
ein gegenseitiger Einfluss des Entladungsstromes der Nebenbatterie
mit dem auch nach ihrer Ladung in der Hauptbatterie zurückbleibenden

des Entladungsstromes etc. 381
und über M abfliessenden Strome herbeiziehen; da aber dieser
letztere Strom in seiner Stärke ebenfalls von dem Strome der Neben-
batterie abhängig ist, weil er genau in eben dem Masse stärker bleibt,
als die Ladung in der Nebenbatterie schwächer wird, so kann man
unmöglich von zweien durch dieselben Umstände bedingten Strömen
einen Effect erlangen, der einem ändern als dem im Strome der
Nebenbatterie hervortretenden Gesetze folgt. Welche besondere
Eigenschaften man daher auch noch den elektrischen Strömen bei-
legen mag, immer müssen die Hauptpunkte im Strome N mit den
Hauptpunkten im Strome M zusammenfallen, und es kann sich die
Erwärmung in M nicht unabhängig machen von der Erwärmung in N.
Der Fehler in der gegebenen Erklärung liegt in dem Mangel einer
doppelten Thätigkeit oder Kraft, die dem elektrischen Strome zu-
kommen muss, und die man mit einem materiellen Strome nicht ver-
binden kann; man kann von zwei Strömen wohl eine Verstärkung
und eine gegenseitige Vernichtung herleiten, man kann aber nicht
das Eintreten der einen und der ändern Wirkung auf Stellen ver-
weisen, wo in diesen Strömen selbst kein Wechsel stattfindet, man
könnte also wohl von dem Orte an, wo -r- == Maximum ist, und von
a
welchem ab die Erwärmung in N nach beiden Seiten gleichmässig
abnimmt, eine ungleichartige Erscheinung in ^fnach beiden Seiten,
nach der einen eine Vermehrung, nach der ändern eine Verminderung
der Erwärmung ableiten, aber der Scheidepunkt muss mit dem obigen
Orte zusammenfallen, und es dürfen nicht ausserdem an Stellen
Variationen und Wendepunkte entstehen, wo ähnliche weder in ff
noch in N sind, den beiden Factoren, von denen allein die Variationen
abhängig sind. Ich glaube, das Gesagte kann genügen, um die Unzu-
lässigkeit der versuchten Erklärungsweise nachzuweisen, und es wird
nicht weiter nöthig sein, auch noch auf die Schwierigkeiten hinzu-
weisen, die mit der Annahme verbunden sind, dass gerade für den
ersten Act der Ladung der Nebenbatterie die Zeitdauer gross, für
den zweiten Act, den ihrer Entladung die Zeitdauer klein sein soll;
denn auch dies widerspricht unseren bisherigen Erfahrungen. Die-
selbe Quantität EIektricität nämlich bringt nach Allem, was wir bis
jetzt wissen, einen desto grösseren Wärme-Effect hervor, je kleiner
die Fläche ist, auf der sie sich ansammelt.
Lassen wir also bei einer Nebenbatterie von vielen Flaschen
eben desshalb in sie eine grosse Ladung gelangen, weil viele Flaschen

382 Knochenhauer. Veränderungen
da sind, so wäre gerade der Ladungsstrom derjenige, der mit grosser
Gewalt aus der Haupt- in die Nebenbatterie getrieben würde, wo-
gegen der Entladungsstrom, weil nun dieselbe EIektricität in vielea
Flaschen verbreitet wäre, mit geringerer Gewalt die Entladung be-
wirken würde. Während man also den Haupttheil der Erwärmung in
2V vom Entladungsstrom herzuleiten gezwungen ist, legen die bis-
herigen Erfahrungen auf den Ladungsstrom das Hauptgewicht, ver-
langen also für H und N ziemlich gleiche Effecte.
-§. 36. Um eine andere Erklärung zu versuchen, wird es nicht
überflüssig sein, mit wenigen Worten an die Thatsachen zu erinnern,
welche ich in früheren Abhandlungen nachgewiesen habe. Zunächst
habe ich gezeigt, dass, wenn der Entladungsstrom einer Batterie
über einen gleichartigen Schliessungsdrath fortgeht und man zwei
Stellen desselben durch einen Funkenmess^r verbindet, sich zwischen
ihnen eine ihrem Abstande von einander proportionale Schlagweite
der Funken findet. Der elektrische Strom hat demnach, wenn er
über -den Leitungsdrath fortgeht, die Eigenschaft, dass jede zwei
Stellen desselben in einen besondern Zustand gegen einander gesetzt
sind, oder vielmehr durch den elektrischen Strom findet im Drathe
eine solche Erregtheit der Theile Statt, dass zwischen je zwei
Stellen ein Funke von einer bestimmten Länge hervorbrechen kann,
Ich will diese Erregtheit mit dem Namen Spannung belegen, und
bemerke nur noch, dass man diese Spannung nicht etwa so ansehen
dürfe, als würde sie erst durch den Funkenmesser hervorgebracht,
weil, wie der Funke erscheint, eine Stromtheilung und damit em
anderer Verlauf des Stromes bedingt ist; die Erregtheit ist vielmehr
eine Wirkung des Stromes selbst auf den einfachen Schliessung»-
drath, weil der zweite Weg über die Kugeln des Funkenmessers
nicht als ein schon vorhandener die Stromtheilung veranlasst, son-
dern weil die Spannung der Theile erst den zweiten Weg eröffaet,
sobald sie gerade stark genug ist, um die hindernde Luftschichte zu
durchbrechen und damit den zweiten Weg herzustellen: die Länge
des Funkens ist also eine Folge der Erregtheit der Theile, wogege»
die Stärke des Funkens oder mit ändern Worten, die Stärke des
über die Kugeln des Ausladers gehenden Stromtheils eine Folge der
durch den eröffneten neuen Weg hergestellten Verzweigung des
Stromes ist.—Ferner habe ich nachgewiesen, dass ein feiner Platin-
drath von S,7 Fuss Länge, von seinen Enden dieselbe Schlagweite

des Entladangsstromes etc. 383
hat, als ein stärkerer Drath von 8 Fuss Kupfer, wenn sie bei gleicher
Ladung der Batterie in einen gleich langen Schliessungsdrath ein-
geschaltet werden; bringt man weiterhiß diese beiden Dräthe ak
zwei Zweige in einen Schliessungsbogen, so findet eine solche
Stromtheilung Statt, dass ein gleicher Stromtheil durch jeden der
beiden Zweige hindurchgeht. Aus dieser Thatsache folgere ich, dass
der Strom einer Batterie, wenn ihm zwei Wege geöffnet sind, nicht
einfach demjenigen nachgehen kann, auf welchem er den geringsten
Widerstand findet, auf dem er also am schnellsten zu seinem Ziele
gelangen würde, sondern dass Aei einem elektrischen Strome viel-
mehr ein Gleichgewicht in der Spannung der einzelnen Theile der
Leitung stattfinden müsse, und dass ohne dieses Gleichgewicht ein
elektrischer Strom gar nicht bestehen könne. Soll also der Strom
getheilt durch zwei Dräthe hindurchgehen, so muss er nach beiden
Seiten hin in solcher Vertheilung gehen, dass diese partiellen Ströme
mit gleicher Spannung verbunden sind; der Strom muss also im
angeführten Falle durch 8' Kupfer und ö',7 Platin, ohne Rücksicht
auf die ungleichen Widerstände der beiden Dräthe, mit gleicher
Stärke gehen, weil nur so das Gleichgewicht der Spannung besteht.
%. 37. Gehen wir näher auf unsern Fall mit der Nebenbatterie
ein, so habe ich auch hierfür schon merkwürdige Spannungs-
Verhältnisse nachgewiesen und in PoggendorFs Annalen Bd. 71,
pag. ä43, bekannt gemacht. Bringt man nämlich in den Schliessungs-
drath einer Batterie eine zweite ein, bei welcher Zusammenstellung
gegen Fig. l nur der Mitteldrath M fortfällt, so findet bei der Ent-
ladung der Hauptbatterie die bekannte Ausgleiehimg der Elektricitat
auf beide Batterien Statt, und der ganze Hergang stellt sich schein-
bar gleich einem gewöhnlichen Entladungsstrome dar. Sobald man
also zwei Stellen des Leitungsdrathes, welche auf derselben Seite
der Nebenbatterie liegen, mit einem Funkenmesser verbindet, so
zeigt sich der Drath wie ein einfacher Schliessungsdrath der Batterie,
gleichsam als wäre statt der Nebenbatterie aur derjenige Drath ein-
geschaltet worden, welchen sie in sich enthält. Allein ganz andere
Spannungserscheinungen treten hervor, wenn man mit dem Funken-
messer zwei auf verschiedenen Seiten der Nebenbatterie liegende
Stellen verbindet; jetzt erweist sich die Nebenbatterie ebenso gela-
den, wie die Hauptbatterie, sie gibt Schlagweiten, als wäre in ihr die
doppelte Spannung vorhaaden, die nach Herstellung des Gleich-

4 Knochenhauer. Veränderungen.
gewichtes oder nach Verlauf des Ladungsstromes in ihr zurück-
bleibt i), und überdies stehen die Werthe der Drathlängen gegen
einander in einem Verhältnisse, das dem in der gegenwärtigen Ab-
handlung für den Ort -^- == Maximum und -^ === l gelten den ent-
spricht. Diese Versuche mit dem Funkenmesser lehren, dassdieTheile
des Schliessungsdrathes beim elektrischen Strome in eine zweifache
Spannung versetzt werden können, und dass beide Arten der Erregt-
heit zu gleicher Zeit vorkommen; auch unterscheiden sich noch beide
Arten am Funkenmesser dadurch, dass bei der zuletzt erwähnten Art
die beobachteten Zahlen unmittelbar Geltung haben, die ändern dagegen
die Hinzunahme einer constanten Grosse erfordert (bei meinem Instru-
ment 2,61 für eine Ladung der Hauptbatterie === 4O,OO). Gehen wir
von diesen Thatsachen aus, so kann der Hergang bei den Erscheinufl-
gen mit der Nebenbatterie folgender sein. Wenn sich die geladene
Hauptbatterie über ihren Schliessungsdrath entladet, so kommen arf
demselben zwei Stellen vor, an welchen das Gleichgewicht der Span-
nung nicht ohne besondere neue Spannungsverhältnisse hergestellt
werden kann, nämlich an den beiden Stellen, wo sich der Schlies-
sungsdrath der Nebenbatterie anreiht. Soll demnach auch dieser
Drath erregt werden, um mit seiner Spannung das Gegengewicht za
halten, so ist ersichtlich, dass jede auf ihm erregte Spannung so
lange durch die Nebenbatterie, in welcher ebenso wie in der Haupfr-
batterie grössere Metallflächen durch einen Nichtleiter getrennt siad»
umgeformt wird, bis von der Seite dieser Batterie ein ganz ähnlicher
elektrischer Zustand herkommt, als von der Seite der Hauptbatterie,
bis also die Nebenbatterie ebenfalls als eine geladene der anderen
ursprünglich geladenen Batterie entgegenwirkt. Man setze, um den
einfachsten Fall zu haben, dass beide Batterien gleich viele Flaschen
enthalten, und dass beide Schliessungsdräthe gleich lang sind, so
wird man sogleich abmessen, so wenig wir auch bis jetzt das Wesen
der elektrischen Spannung kennen und wissen, wie die Molecule des
Drathes gestellt sein müssen, um in diese elektrische Erregtheit m
kommen, so wird man, meine ich, sogleich abmessen, dass ein Gleich-
A) In der citirten Abhandlung habe ich fälschlich auch der Hauptbatterie eine
gleiche Schlagweite, wie der Nebenbatterie beigelegt, diese bleibt jedoch die
ursprüngliche und die Beobachtung bei 2 Flaschen in der Haupthatterie unä
l Flasche in der Nebenbatterie müssen ebenso gedeutet werden, wie die spte-
ren bei drei Flaschen in der Hauptbatterie und l Flasche in der Nebenbatterie.

des E ntlad ungsstromes etc. 385
gewicht nur möglich ist, wenn von dem Drathe der Nebenbatterie
her eine gleiche Wirkung, wie von der Hauptbatterie kommt, wenn
also die elektrischen Kräfte in N ebenso thätig sind wie in H. Nur
lasse man, um nicht in neue Schwierigkeiten zu kommen, alles
Materielle von der Elektricität weg, und sehe in einer geladenen
Flasche eben nur eine hervorgerufene Spannung der beiden Bele-
gungen, die wieder unterdrückt wird, wenn durch den Schliessungs-
drath hindurch sich eine fortlaufende Kette erregter Molecule her-
stellt, und in der Bewegung derselben, die Ausgleichung stattfindet;
man achte vor allem auf diese, in allen ihren Theilen, gleichmässig
gespannte Kette, so wird man begreifen, dass von den Enden des
Mitteldrathes M sich eine elektrische Spannung über N verbreiten
muss, damit die Kette über H und M überall das nothige Gleich-
gewicht habe, und dass diese Spannung nothwendig mit dem Haupt-
strome auftritt und mit ihm wieder verschwindet, ohne dass der Strom
der Nebenbatterie über M. einhergeht, wohl aber durch seine Kraft
eine Wirkung auf den Hauptstrom ausübt, wodurch dieser so oder
anders den Mitteldrath Min Bewegung setzt. Sollen die Grundzüge
dieser Ansicht, von der ich selbst gestehe, sie noch nicht in die
passenden Worte kleiden zu können, die richtigen sein, so werden
wir Erregungen in N durch den Funkenmesser in einer Weise auf-
zeigen müssen, welche mit den durch das Luftthermometer gewonne-
nen Thatsachen vereinbar sind. Leider sind die Angaben des Funken-
messers, wie ich schon oben bemerkt habe, nicht von solcher Präci-
sion, dass ihnen einerechte Schärfe verliehen würde: ich bitte daher
das Wenige, was ich geben kann, mit Nachsicht aufzunehmen, viel-
leicht gelingt es Anderen, auf einem anderen Wege leichter das Ziel
zu erreichen.
§. 38. Zunächst ordnete ich zwei Batterien, jede von 2 Fla-
schen, durch Kupferdrath von verschiedener Länge zusammen und
liess den Mitteldrath M aus 87 K. bestehen; die Kugeln des Aus-
laders wurden in eine Entfernung von einander gestellt, deren Schlag-
weite == 40,0 war, oder darauf reducirt werden konnte; nun wurden
die Kugeln des Funkenmessers mit zwei um 8' aus einander liegenden,
aber auf derselben Seite der Nebenbatterie befindlichen Stellen des
Drathes N verbunden, die Schlagweite durch allmähliches Aneinan-
derrücken dieser Kugeln bestimmt, und nachdem 2,61 hinzugefügt
war, in die nachstehende Tabelle eingetragen.
Sitzb. d. mathem-naturw. Cl. I. Bd. 25

Knochenhauer. Veränderungen
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des BnÜadungsstromes etc. 387
Die erste horizontale Columne in dieser Tabelle gibt die nach
und nach veränderte Totallänge von N an, die erste verticale Cotumae,
ebenso die nach und nach veränderte Länge von H, und die oben
stehenden Zahlen in jedem F^che sind die für die dazu gehörige Ver-
bindung von N und H beobachtete Schlagweite zwischen den zwei
um 8' auseinander stehenden Punkten. Da man diese zwei Punkte an
jeder beliebigen Stelle von N wählen kann und jedesmal denselben
Werth der Schlagweite erhält, so findet man die totale Schlagweite
des ganzen Drathes N, wenn man die beobachtete Zahl mit der
nge von 2V multip licirt und mit 8 dividirt. Die Resultate, die man
so erhält, sind die zweiten Zahlen iu den Fächern, soweit nicht vor
ihnen noch (l), (2) u. s. w. steht. Man bemerkt leicht, dass alle
diese Zahlen gleich gross oder nahe gleich gross sind; sie liegen um
35,0 herum, nur, wenn H länger wird, macht sich eine geringe Ab-
nahme bemerklich 1). Aber auffallend verschieden werden die Zahlen
von den Fächern an, welche mit iV=== 1S,2 und £f==8,2 beginnen
und schräg nach unten laufen über N == 17,5 und fl"== 10,2 u. s. w.
fort; die Zahlen wurden so klein, äass ich, um ein gleich grosses
Resultat zu erzielen, zu -Wnach und nach l, 2, 3 u. s. w. addiren
musste wie dies mit (l), (2), (3) u. s. w. in der Tabelle ange-
deutet ist. Mit dieser Correctur wird etwa bis (S) eine Abhülfe
geschafft, doch von (S) bis (8) ist sie noch zu klein, später leistet
sie gar nichts, da die Schlagweiten bei 2^=26,2 für 2V == 13,8
bis 2V==23,8 ziemlich gleich gross sind. Doch an dieser Stelle
liess sich die Sache nicht weiter verfolgen, weil mit der Kleinheit
der Schlagweiten die Unsicherheit der Beobachtungen stieg; blei-
ben wir also bei dem stehen, wo bestimmtere Data vorliegen, so ist
es offenbar charakteristisch, dass mit 2V ===17,5 und H==S,2, mit
^V==19,5 und H == 10,2 u. s. f. für alle weiteren Verlängerungen
von 2V eine Reihe beginnt, aus der man schliessen möchte, dass die
Nebenbatterie immer bis auf denselben Grad der Stärke, bis auf 3S,O
geladen werde, und dass die ganze Spannung in A^elbst ihren Abschluss
besitze, allein N für sich allein schwinge. Die obengenannte Reihe
beginnt aber etwa bei iV=== H-^- 8, also gerade an derselben Stelle,
wo früher nach den Beobachtungen mit dem Luftthermometer die
!) Ich erinnere hierbei an die mit der Länge von H veränderte Einwirkung des
Platindrathes in N auf die Erwärmung.
25^

^8§ K n oc hen haue r. Veränderungen
regelmässige wie N wachsende Reihe der x begann, und damit die
Giltigkeit der einfachen Formel für die Erwärmungen in N; d^m
oben war -^- == Maximum bei N-\-M==H+M+ H—^ ^i der
untere Anfangspunkt der einfachen Formel lag 8' tiefer, also wo
lV=8,5+-l^List.
^. 39. Eine zweite Art der Messungen mit dem Funkenmesser
bestand darin, dass ich wieder bei einer ganz aus Kupferdrath beste-
henden Verbindung der Batterien (jede von 2 Flaschen) und bei
M==8^ K. zwei auf verschiedenen Seiten der Nebenbatterie liegende
Punkte von N durch den Funkenmesser verband und die Schlagweite
beobachtete, die hier ohne Correction giltig ist. Da in dem nach-
stehenden Versuche, wo H-== 10,2 und N == 17,S war, und der Fun-
kenmesser nach und nach eine über die Nebenbatterie fort gerechnete
grössere Drathlänge abschloss oder mit anderen Worten einen immer
grössern Abstand von der Nebenbatterie erhielt, die Schlagweiten
von der Batterie ab regelmässig abnahmen,
nämlich: Abstand 3,S Schlagweite 28,96 Differenz:
S.S 28,87 3,09
7,8 22,19 3,68
9,5 1$,47 3,62
11.S 1S,OS 3,42
13.S 11,S3 3.S2
so konnte ich die ganze Schlagweite der Batterie berechnen und
somit folgende Reihe bei JT== 10,2 zusammenstellen.

des Entladungsstromes etc.
389
N
Drath-
länge
Schlag-
weite Differ.
Schlagw.
der
Batter.
Kraft
der
Batt.
X
Abstand
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18,93 °' '-
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0,883
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16,2
13,5
3,5
7,5
28,68
20,46 °'2"
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0,897
17,8
17,5
17,5
3,5
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0,866
18,5
19,9
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15,31
0,383
41,8
26,3

Aus dieser Reihe folgt zunächst, dass mit der Verlängerung
von N von 11,5 bis 13,8 ab die Schlagweite der Batterie aufnimmt;
da wir nun aus den Versuchen über den Ladungsstrom, wo M fehlt,
wissen, dass die Batterie für den Vorliegenden Fall bis auf eine Schlag-
weite = 40,0 gelangen kann, wodurch sie der Hauptbatterie gleich
steht, so können wir die Kraft dieser Batterie im Vergleiche zur
Hauptbatterie finden, wenn wir die durch die Beobachtungen gefun-
denen Schlagweiten mit 40 dividiren. Die hiernach in die Tabelle
eingetragenen Zahlen zeigen eine Übereinstimmung mit den Werthen,
welche wir oben §. 10, Nr. l, ebenfalls für H == 10,2 unter Vj1
aufgezeichnet finden, nur für den Ort -n == Maximum sind sie etwas
zu klein, später dagegen richtiger etwas zu gross, indem hier der
deprimirende Einfluss des Platindrathes fehlt. Berechnet man also sc,
so ist von N == 21,S an, also vom unteren Grenzpunkte an, der
Verlauf der Werthe so,.wie ihn die mitgetheilte Formel für die Er-
wärmungen in N verlangt. —Zweitens zeigt die Abnahme der Schlag-
weiten , dass, je mehr man sich mit dem Funkenmesser von der
Nebenbatterie entfernt, mspi endlich auf einen Punkt kommt, wo
diese Schlagweite === o wäre, wenn die Spannungen der Dräthe überall

390
Knochen haue r* Veränderungen
von der Nebenbatterie allein ausgingen. Ich habe diese Entfernunffen
von der Nebenbatterie berechnet und in die letzte Columne einge-
tragen; anfänglich sind diese Entfernungen grösser als dieLän?e
von IV ist, von N== 29,8 aber ab werden sie kleiner und halten sieh
constant auf 26,3; erwägt man nun, dass bei 2V=29,S der untere
Wendepunkt für die Erwärmungen in M liegt, so ist es wohl natürlich
hierin einen Zusammenhang zu finden und die Störungen in M mit
dieser zweiten Art von Spannung auf N in Zusammenhang zu setzen.
Zur grosseren Sicherheit für die aus der vorstehenden Tabelle abge-
leiteten Folgerungen habe ich noch eine Reihe Beobachtungen ange-
stellt, worin wieder M-==- 8' K., 7f== 22,7 und die Hauptbatterie
aus einer, die Nebenbatterie aus zwei Flaschen zusammengesetzt
war. Ich erhielt:
N
Drath-
länge
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Schlagw.
der
Batter.
Kraft
der
Batt.
X
Abstand
für.
Schlagw. ===<0
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13,3^
0^57
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Die Kraft der Nebenbatterie wurde mit Rücksicht auf die
Beobachtungen in P eggend. Ann. Bd. 71, pag. 3S8, düreh
Division mit 29,22 in die Schlagweite derselben bestimmt und dar-
aus x hergeleitet. Eine Vergleichung dieser Werthe von x mit (bm
ihnen entsprechenden ^. 12, Nr. 11, zeigt wiederum die beste Über-
einstimmung, und ebenso hält sich der Nullpunkt der Spannung von
N-= 21,^ oder N == 19,8 ab (letztere Beobachtung ist offenbar
ungenau) constant in einer Entfernung == 2O,S von der Batterie,

des Entladungsstromes etc. 391
wieder beginnend am unten in den Beobachtungen über Bn vorkom-
mende Wendepunkte.
§. 40. Nach den eben angeführten Thatsachen stellt sich zur
Erläuterung der von mir ausgesprochenen Ansicht über den Hergang
bei den in Untersuchung gezogenen Erscheinungen Folgendes heraus,
wenn der Einfachheit des Ausdrucks wegen beide Batterien von glei-
cher Flaschenzahl angenommen werden. In dem Momente, wo sich
die Hauptbatterie über T^und M entladet, entsteht an den Enden von
M zur Herstellung des erforderlichen Gleichgewichtes eine elektri-
sche Spannung in N, die, wie schon bemerkt ist, eine Ladung der
Nebenbatterie um desswillen nothwendig macht, weil scherst die in N
auftretende Spannung der in ff ursprünglich vorhandenen ähnlich
wird und ihr den Gegendruck halten kann. Diese Spannung in N ist
zweierlei Art, die eine geht continuirlich durch den Drath fort, die
andere schliesst sich an die geladene Batterie ^n und zeigt die Wir-
kung der inneren und äusseren Belegung auf einander. Mit der
ersteren Art der Spannung doch freilich nur so weit, als sie in der
Ladung der Batterie Kraft erhält, steht die Erwärmung oder die
Stromstärke in JV in Verbindung. Geht man von dem Punkte aus»
wo N-=^H ist, so hat noch Meinen Einfluss auf diese Spannung;
wird 2V=== H-\-M, so wird sie allein durch die Länge von ^bedingt,
und von hier ab beginnt ein regelmässiger Verlauf in derselben, damit
auch in der Erwärmung in N. Sobald N== ff 8 wird, ist die Einwir-
kung von M total, und damit wird wahrscheinlich wieder ein regelmäs-
siger Verlauf beginnen, über den jedoch Angaben durch den Funkenmes-
ser zu erlangen zu schwierig war. Was die zweite Art der Spannung
betrifft, mit der die Stromstärke in M zusammenhängt, so ist bei N==ff
diese Spannung in N und ff gleich stark, somit erleidet der Strom der
Hauptbatterie keine Störung und ^ wird gleich l. Durch Verlängerung
von N schwächt man die Spannung in 2V, die nun nicht mehr mit glei-
cher Stärke, wie in Jfbis an die Enden von M hinreicht; die Span-
nung von H tritt auf N über (dies lässt sich übrigen^ mit dem Fun-
kenmesser auch nachweisen) und desshalb kann ff auf M nicht mehr
die ganze Kraft übertragen, da eben ein Theil auf N übergeht; die
Spannungen sind wie bei einer Stromtheilung und , wird kleiner
als l. Je mehr die Spannung in N zurücktritt, desto mehr Kraft geht

§93 Knochen h&uer. Veränderungen etc.
von H auf N über und ^- sinkt fortwährend; endlich reicht die Saan.
nung in 2V von der Batterie aus nicht mehr bis an die Enden von M
damit wird der Drath von dieser Spannung frei, und die Spannung
von H erstreckt sich über diesen Drath in ähnlicher Weise, als weaa
er einen immer längern Zweig formirte; da hierzu ein geringerer Auf-
wand von Kraft gehört, so nähert sich -^- wieder nach und nach der
Einheit, und der Wendepunkt liegt genau an der Stelle, ah welcher
die Spannung in 2V die Enden von M zu verlassen beginnt. Verkürzt
man dagegen von der Stelle, wo N •=== ff ist, den Drath N. so wird
seine Spannung grösser als die Spannung in H, sie greift also von
ihrer Seite auf ZT über, und, indem damit gerade der umgekehrte Fall
gegen vorhin vorliegt, wird -r- grösser als l. Doch dieses Übergreifen
muss ebenfalls eine Grenze erreichen, wenn M ganz in die Gewalt
der Nebenbatterie gekommen ist, dann wird ein ähnlicher regel-
massiger, nur durch die Länge von N bedingter Verlauf eintrete»,
der v- wieder auf die Einheit zurückführt. Über diesen Verlauf liegen
mir zwar keine Beobachtungen mit dem Funkenmesser vor, doch
erklärt er uns, warum sich am oberen Wendepunkte in den Erwär-
mungen -.- die Strömung in N ausprägt.
§. 41. Wenn die vorhergehende Ansicht die Grundzüg^ einer
richtigen Erklärung darbietet, von der ich freilich selbst gestehe,
dass ihre noch so rohen Züge durch fortgesetzte Beobachtungen erst
sauberer durchgeführt werden müssen, so wird man auch leicht
erkennen, warum nur gewisse Abschnitte in den Beobachtungen unter
einfache Formeln gebracht werden konnten: es sind dies die Ab-
schnitte, wo die Erscheinungen allein durch die Wirkung von Pf, also
durch die Wirkung eines einzelnen Drathes bedingt werden; überall
dagegen, wo M zu 2V tritt, oder wo zwei Dräthe die Thatsachen
bestimmen, ist die Formel zusammengesetzt und wird schwieriger zu
finden sein. Ja ich möchte, nach meinen Erfahrungen kaum glauben,
Aass man durch wiederholte Beobachtungen in der Weise, wie ich
sie mitgetheilt habe, in den noch unklaren Abschnitten zu sicheren
Resultaten gelangen werde, da die uns bis jetzt zu Gebote stehenden
Instrumente nicht denjenigen Grad von Sicherheit geben, der für die
Aufstellung einer complicirten Formel verlangt wird. Vielleicht

Jelinek. Elemente des Cometen etc. 393
gelingt es nach Repetition der bis jetzt auf Formeln gebrachten Beob-
achtungen unter noch mehr veränderten Bedingungen den übrigen
Theil durch rein theoretische Betrachtungen zu ergänzen, vielleicht
auch findet ein Anderer bessere Mittel der Beobachtung, und ver-
folgt den Hergang auf eine mehr befriedigende Weise. Mir wird es
jedenfalls genügen, wenn meine Beobachtungen Andere auf die Erfor-
schung dieses Gebietes hinweisen, das nach meiner Ansieht keinem
anderen Theile der Physik an Mannigfaltigkeit der Thatsachen nach-
steht, und reichlich die Mühe der experimentellen Forschung durch
das Vergnügen lohnt, das wir bei der Betrachtung des so wunderbar
durch einander verschlungenen Spiels der Naturkräfte jedesmal
empfinden.
Meiningen den 14. September 1848.
Herr Dr. C. Jelinek, Adjunct an der üniversitäts-Sternwarte
zu Prag, hat folgende Note eingesendet:
Elemente des von de Vico am 20. Februar 1846 ent-
deckten Cometen.
Das Jahr 1846 war ein überreiches an Cometen, so dass die
Anstrengungen der Rechner mit den Beobachtern nicht gleichen
Schritt halten konnten. So kommt es, dass man von dem Cometen,
welchen de Vico am 20. Februar 1846 entdeckte, noch keine Dis-
cussion sämmtlicher Beobachtungen besitzt, obgleich die Bahn dessel-
ben zu den entschieden elliptischen gehört. Die relativ besten Ele-
mente, welche wir besitzen, sind, wenn ich nicht irre, jene des eng-
lischen Astronomen Hind, welche in den astronomischen Nachrich-
ten, ßd. XXIV, p. 381, veröffentlicht sind. Aber selbst diese lassen
noch grosse Fehler übrig, wie man aus folgender Zusammenstel-
lung sieht:

Jelinek. Elemente
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des Cometen von de Vico, etc. 398
Sämmtliche Beobachtungen wurden den astronomischen Nach-
richten entnommen; sie mussten jedoch erst in die gegenwärtige
Form gebracht werden, insbesondere wurde an die Beobachtungszeit
des Ortes überall die Längendifferenz und die Correction wegen der
Aberration angebracht, an die scheinbaren Rectascensionen und Decli-
nationen die Parallaxe; hierauf wurden diese in geocentrische hängen
und Breiten verwandelt, welche durch Anbringung der Präcession
und Nutation auf das mittlere Aequinoctium 1846*00 zurückgeführt
wurden. Die Beobachtungen I. bis V., dann VL bis VIIL, IX. bis XI.
wurden in Gruppen vereinigt und dadurch folgende drei Normalörter
bestimmt:
1.45900 März mittl. Berl. Z. l = 17° \' 32//.4
31.34200 ., 27 2 M .7
28.4750OApril 3450 21 .8
, &==+ i^w-e
mittl. Aq. ^ ^
18^6-00 + 35 18 25 "1
+ 56 51 44 -9
Aus diesen Normalörtern fand ich folgende Elemente:
Durchgangszeit darch das Perihel 5-58149 März 1846 mittl. Berl. Zeit.
Länge des Perihels ...... 90° 26' ^11'^^\
Länge des aufsteigenden Knotens . 77 33 ^6 -97} mluL Äq* l846*00
Neigung der Bahn ...... 85 6 31 -92
Excentricitätswinkel .... ^==7^ 20 5 -08
Log. der halben grossen Axe . ==» l 2521488
Die Umlaufszeit würde demnach zu 7^.85 Jahren daraus folgen.
Die Elemente des Cometen von 1707 seheinen mit den obigen einige
Ähnlichkeit zu haben. Da seit jener Zeit zwei Umläufe vollendet sein
mussten, so würde die Umlaufszeit daraus zu 69 Vg Jahr folgen.
Die Excentricität dieser Cometenbahn == 0*9628557 nähert sich
der Einheit in dem Masse, dass es nothwendig wird, bei Berechnung
der wahren Anomalie das von Gauss in seiner Theoria motus
§. 37—43 auseinandergesetzte Verfahren anzuwenden. Ich füge
daher noch die dabei gebrauchten constanten Logarithmen hinzu:
log. q== 9-822 O4O8 (q die kürzeste Distanz des Cometen von der Sonne)
log. a==0-219 6834
log. ß== 8*283 6288
log. <y= 0-003 3123
Zur Prüfung der Rechnung habe-ich sämmtliche 3 Normalörter
mit den neuen Elementen verglichen und dabei gefunden:

396 RylL Kleroente
Erster Normalort O^'O in Länge + O^2 in Breitenr
. , ^ . f Rechnunir
Zweiter —0*1„„ + O -l \ .6
Dritter , -0 .1 , +0.1, S - »eobachteng.
Schliesslich muss ich bemerken, dass ein sehr eifrigerundtalent-
voller Hörer der Astronomie, Herr Joseph Klofetz, einen grossea
Theil der obenstehenden Rechnungen gemeinschaftlich mit mir durch-
geführt hat.
Abhandlung über Orts Versetzungen durch Rech-
nung oder über die Elemente der Lagerechnung von
Dr. J. Th. RylL
Einleitung.
Orte gibt es nur im Raum. Auch an der Versetzung davon
bleibt wesentlich die Unmöglichkeit haften, über den Raum hinaus
zu gelangen, und muss demnach an den Begriff von Ortsversetzungen
die Vorstellung sich knüpfen, dass der Raum deren nothwendige
Unterlage sei. Wird zur Verwirklichung dieser Ortsversetzungen
die Rechnung zu Hülfe gerufen, so entsteht etwas, welches in der
Geschichte allerdings nicht ohne Beispiel ist, und vielleicht lenkt
der vermuthende Blick alsbald in jene Riciitnng ein, in welcher man
gewohnt ist, auf das Gebiet der geometrischen Analysis zu gelangen.
So ist es mindestens allen Thataachen und Umständen der Wissen-
schaft angemessen, welche bisher nur mit Coordinatsystemen bekannt
geworden ist, und die namentlich keine andere Phoronomie besitzt
ausser derjenigen, die auf dem Boden der bisherigen geometrischen
Analysis zu Stande zu bringen war. Es dürfte zur allgemeinen Über-
sicht der Sachlage gut sein, auf zwei Hauptstadien aufmerksam zu
werden: von wo nämlich ausgegangen worden, und bei welchem Ziel
man angelanget ist. Dass man das Stadium, von wo ausgegangen
wird, dadurch charakterisiren kann, dass man sich zum Zwecke setze,
Orte auf der gegebenen Raumunterlage mit Hülfe der Rechnung zu
fixiren und ebenso zu versetzen — das kann für evident und natürlich
gelten; es ist dies ein besonderer Vorsatz, den man eben auszufahren
unternimmt. Dass aber die Erreichung dieses Zieles eine determinirte
ist, und man bei keinem anderen Ziele %ls am Gebiet der vorhandenen

der Lagerechnung. 397
geometrischen Analysis, insbesondere jener Phoronomie, wie sie dort
zu Stande kommt, anlangen könne und konnte, dieses ist nicht mehr
evident, weil die Mittel und Wege verschieden sein können, und es
wird eine für die Wissenschaft folgenreiche Aufgabe sein, darüber
ins Klare zu kommen; ob auf dem Scheideweg der ursprünglichen
Methoden, dort wo die Fundamente so wie sie eben noch zu Grunde
liegen, eingeführt worden und man damit nach der faktischen Rich-
tung der Wissenschaft ausgegangen ist, nicht eine solche Richtung
gewählet worden, die nach Art jener des blossen Küstenschiffes, das
aber doch in die offene See hinein steuert, nicht einmal natürlich ist,
und mit Rücksicht auf die Folgen solche Umstände und Keime in sich
führt, die je weiter desto mehr Gefahren in Aussicht stellen. Die
Frage gilt also der Genesis der neueren Geometrie, deren eigenthüm-
liches Wesen beleuchtet werden muss.
Um hier mit möglichster Einfachheit zu Werke zu gehen, will
ich in Kürze zeigen, dass und wie es möglich ist. Ortsversetzungen
durch Rechnung, oder um mit Leibnitz zu reden, eine Rechnung
der Lage widerspruchlos zu organisiren und auszuführen, und zwar
auf einer Basis, die von allen vorhandenen Systemen und Versuchen
nichts entlehnt. Da diese Möglichkeit sowohl eine geometrische als
auch eine historische Seite hat, soll sie in beiden Rücksichten erör-
tert werden.
Erstes CapiteL
Geometrische Enfcwickelung der Lagerechnung*
^. l. Es liege eine Linie von der absoluten Länge ^ vor. Man
kann dieselbe sovielmal als man will, additiv setzen. Dieses gibt
^ + X + X +..... ==g^, welches Resultat man, wie bekannt ist, Summe
nennt. Über diese Summation kann man Folgendes bemerken: Im
Gliede links erscheint die Summation bloss indicirt, und sie erscheint
es dadurch, dass vor jedem X das Operationszeichen + gestellt ist.
Wo immer und so lange diese + " da stehen, erscheint dieSummi-
rung erst nur als Aufgabe und ist nocht nicht gelöst. Geht man aber
zum Gliede auf der rechten Seite über, so ist dort selbst die voll-
brachte Addition anzutreffen, und das Merkmal des Vollbrachtseins
"tritt eben daran hervor, dass die Zeichen +, welche die zu machende

398 R^11- Elemente
Operation anzeigten, nicht mehr selbst erscheinen, sondern vertraten
sind. Und sie sind offenbar durch denCoefficienteng ersetzt. Dieser
aber ist ersichtlich eine reine Zahl. Die reine Zahl hat demnaßu hi^
die Verrichtung übernommen, die geschehene Operation zu exhibiren,
Hätte man ganz die nämliche Operation, die mit ^ geschehen ist,
einer zweiten heterogenen Grosse, das ist einer solchen, die kei^e
Linie wäre, vorgenommen, wäre auch dann die Zahl g in der nämli-
chen Verrichtung hervorgetreten, und dasselbe wäre der Fall, wenn
eine dritte, vierte, fünfte, überhaupt wenn jede andere heterogene
Grosse in die Stelle von \ eingetreten wäre. Hätte man dagegen
jede solche Operation unterlassen, so wäre es zur Entstehung oder
zum Auftreten der Zahl gar nicht gekommen. Da nun die Zahl ohne
die Operation nicht entsteht, im Fall der Operation aber immer surf
dieselbe Art entsteht, mögen die zur Operation verwendeten Grös&en
von Fall zu Fall die verschiedensten sein, so wird die Zahl anstatt
für eine Grosse gehalten zu werden, wohl richtiger als Ausdruck der
angegebenen Operation mit was immer für Grossen zu erklären sein.
Dadurch, dass sie mit den verschiedensten Grossen in Verbindung
kommt, kann die Natur dieser Grossen sammt allen Umständen darfa,
auf sie, nämlich die Zahl, nicht übergehen, so dass es keine solchen
Sorten von Zahlen geben kann, die durch Unistände einzelner Gro9-
sensorten charakterisirbar wären. Nehme man Umstände von auch
nur Einer Grössensorte unter die Eigenschaften der Zahl auf, müsste
man bei anderen, und demzufolge dann schon bei allen Grössensorten
auf Verlangen und zur Darthuung der Consequenz das Nämliche thun,
und dieses müsste zur Verwirrung führen. Eine Zahl wird demnach
ebensowenig negativ als imaginär u. y. w. sein können, sondern ihr
ist nur gegeben, die Operation zu repräsentiren. Diese nun bat eine
zweifache Bedingung: erstlich dass ein Gegenstand dazu gegeben ist,
und dann dass der Verstand wirklich operirt. Ohne Gegenstand ver-
löre die Operation ihr sächliches Moment als die erste nothwendig^
Bedingung, und ihre Subsistenz wäre dann unbegreiflich und umnag-
lieh. Daher muss dort, wo jene vollzogen wird, die Bedingung als
erfüllt festgehalten werden, und wenn hierüber irgendwo noch. keine
Evidenz vorhanden war, so muss man dorlselbst vor allem dieFrag^
zur Erledigung bringen, an was für einem Gegenstande dieRechnung,
wenn sie auch nur als Kunst geübt wird, ihre Subsistenz manifestiren
will. Es kann allerdings auch die, einmal erkannte, Zahl dieser Gegen-

der liagerechnung. 399
stand werden; man kann nämlich in g\ + g^+g^ + .. >==a. gX die
Grosse X durch beiderseitige Division wegfallen lassen. Und wenn
in der Rechnung gar kein anderer Name als der der Zahl erwähnt
wird, so ist diese wirklich der Gegenstand, womit aber äaim zusam-
menhängt, dass die Rechnung nicht mehr Boden hat, als die Zahl
gewähren kann. Es kann nämlich die Operation mit einer Grosse nur
zweifach sein: setzen, und Gesetztes wegnehmen. Das Setzen hat
keine Beschränkung, die Wegnahme aber hat eine solche — siemuss
nämlich aufhören, wenn auch schon das letzte Gesetzte weggenommen
worden ist. Demnach kann auch die blosse Zahl nichts anderes re-
präsentiren, als die Menge der Setzungen oder Null. Rechnet man
also nur ifl Anwendung auf die Zahl als Gegenstand, so wird ein ne-
gatives Resultat nicht möglieh. Hieraus gehen die Natur und die
Grenzen der Arithmetik hervor. Führt man aber die Rechnung der-
gestalt, dass auch negative Resultate, trotz dem, dass die blosse
Zahl sie nicht kennt, als zugelassene Dinge betrachtet werden, so
liegt viel daran mit dem hier unterlaufenden Umtausch der sächlichen
Basis ins Klare zu kommen. Das .Thatsäehliche besteht hier in Fol-
gendem : Weil nämlich die blosse Zahl als Gegenstand dem Opera-
tionsstreben des Verstandes Beschränkungen auferlegt, denn sie ist
nur absolut oder Null, so wird sie ihrer Geltung als Operatioasge-
geastand entsetzt, und ein neuer Gegenstand aufgenommen, der
solche Hindernisse nicht mehr macht; nur geschieht hierbei, da$s
diese Wahl oder Vertauschung des Objectes als solehe nicht ins Be^-
wasstsein, sondern nur durch unbemerkte Einschleiehungin dte Rech-
nungen gelangt, immer aber ihre volle Wirkung darin manifestirt.
Der neu aufgenommene Gegenstand muss dann auch negativ sein
können, auch vielleicht imaginär u. s. f. wie die freieste Bewegung
der Rechnung dies verfangt; wäre dies der gewählte nicht im Staade,
so wäre eine neue Ein&chleichung oder Wahl angezeigt — bis jener
Gegenstand gefunden wäre, an dem sich alle Bewegungen desCalcüls
ohne Hinderniss vollziehen können. Es gibt Gnde, den Raumort als
solchen Gegenstand zu erkennen. Aber auch wenn dieser nicht aus
dem Räume, wenn dies möglich wäre, hergenommen sein sollte, so
wird doch sicher der Raum, oder werden seine — des Raumes —
Grossen durch Wahl zum Gegenstande der Rechnung gemacht werden
können. Und ich habe gerade diese hier gewählt, um erkennbar zu
machen, da&s immer ein Gesichtspunkt war und ist, unter welchem

400 Ryll. Elemente
alle Schwierigkeiten des Calcüls klar werden, und unter welchem
ein einfaches geometrisches System eben so natürlich als wideis
spruchlos zu Stande kommt. Ich kehre nunmehr zu der oben an?^
fangenen Erörterung zurück, weil darin der eben ausgesprochenea
Wahl gemäss bereits eine Raumlinie als Rechnungsgegenstand auf-
genommen ist.
§. 2. Die Linie g\ hat ihren Endpunkt, sowie auch die Sum-
mande ^ den ihrigen hatte. Der Endpunkt von g^ erscheint nicht
dort, wo jener von \ war — er ist offenbar versetzt. Und dieses röhrt
von der geschehenen Operation, mithin von g dem Faktor von \ her.
Die Zahl vermag also einen Raumpunkt zu versetzen, zwar nicht unbe-
dingt aber die Bedingung liegt nunmehr klar vor Augen: sobald näm-
lich eine Linie zum Gegenstand der Operation genommen wird. Man
kann dieses Object moditiciren und die Leistungen der Zahl oder
Operation auch in dem Fall ins Auge fassen, wann nicht eine gerade
Linie, sondern, wann ein Raumort (Punkt) zum Gegenstand ge-
nommen wird. Dieses wird durch die Fähigkeit des ^ möglich, alle
Grossen einer geraden Linie vorzustellen. Wenn auch ^ für sich
einen unbeträchtlichen endlichen Werth besitzt, — durch mehr und
mehrmalige Hinzufügung zu ihmselbstkann man's dochzudengrössten
Werthen der Summe gX bringen, der Endpunkt von gA kann seihst
bis ins Unendliche fortgerückt werden. Er kann also jede beliebige
Entfernungsgrösse übersteigen. Aber g\ kann auch jede beliebige
Grosse erreichen. Denn je kleiner X wird, desto kleiner werden
auch die Intervalle zwischen zwei unmittelbar auf einander folgenden
Hinzufugungen desselben, mithin desto weniger Orte in jedem Inter-
vall enthalten. Verkleinert man ^ ins Unendliche, so werden die
Intervalle verschwindend klein, gehen in blosse Punkte über, die
Menge der zwischen dem Anfangs- und Endpunkt von X enthaltenen
Orte ist gleichfalls verschwindend klein geworden; man kann also
durch die obige Operation keinen Ort mehr überspringen, d. h. man
trifft dann stetig jeden Grössenwerth. Zwar wird alsdann g vielleicht
unendlich gross werden müssen, ehe g^ den Werth l oder irgend
einen anderen kleinen endlichen Werth erreicht; allein dennoch ist
es immer nur die Zahl g, welche die Versetzung des Endpunktes von
g^ exhibirt und isfs die Operation, welche das, was durch die Zahl
exhibirt wird, bewirkt. Der durch Operation bis auf die Entfernung
gA stetig versetzte Punkt \ kann aber durch die weitere Operation

der Lager echnung. 401
g\ + g\ + g^ +...•== o. g^, in alle möglichen Distanzen gebracht
werden, sobald nur a alle möglichen Zahlwerthe von Null bis oo be-
kommt, mag g\ übrigens was immer sein. Es kann also auch ohne
Hinderniss ^==1 festgesetzt werden. Und hierdurch erhält man eine
Baumlinie, deren Grosse durch a, d. i. durch eine reine Zahl darge-
stellt wird, und die aus der Operation mit einem blossen Raumpunkt
hervorgegangen ist. Sie fängt dort an, wo a==o ist und erstreckt
sich bei ununterbrochen anwachsendem Zahlwerth a auf einer zwar
beliebigen, aber einzigen Richtung bis ins Unendliche fort. Ein Zahl-
werth aber, wie a, geht nicht nur aus der einfachen Addition, sondern
geht auch aus jeder anderen Rechnungsoperation hervor, weil jede
durch Addition bedingt ist und ihr Resultat nach sich zieht Da er
dem am Ende von a sitzenden Raumpunkte den Ort anweist, so geht
hervor, dass keine Operation und keine Modification in ihr möglich
bleibt, ohne auf den Raumort einzufliessen, so dass dieser als der
empfindlichste Index des Rechnungsganges sich zu erkennen gibt.
Sonach besteht alles Rechnen hier im Verschieben des Raumortes.
§. 3. Dieses ist zwar allerdings eine, aber keineswegs die einzige
Grundart, einen Raumort zu versetzen. Die Möglichkeit dieser Ver-
setzung spaltet sich, wie evident sein wird, in zwei alternative Fälle:
man verschiebt nämlich den Endpunkt von «entweder durch Variation
von a, oder aber ohne sie. Durch simultanes Setzen beider Fälle
wird wohl auch eine Versetzung erzielt, allein dieselbe ist zusam-
mengesetzt, und kann keine Grundart sein. Soll eine Versetzung
bei constantem a einfach erfolgen, so ist der Raumort unhig längs
der Linie a sich zu verschieben, er bleibt an seine Distanz vom An-
fangspunkt, d. i. vom Ort der Nulle, gebunden, so dass seine Ver-
setzung bedingt wird durch den Austritt aus der Lage von a. Und
dies ist die einzige noch übrige G rundart, einen Raumort zu versetzen.
Es soll nunmehr in dieselbe näher eingegangen werden. Sei also
eine Divergenz, das ist ein Winkel von der absoluten Grosse 6, zwi-
chen der alten und neuen Lage von a, als ein solcher factischer
Austritt gegeben. So wird man sicher auch auf diese Art von Grosse,
wie auf jede Grosse überhaupt und wie namentlich oben auf X, die
Operation des Addirens anwenden können, und gelangt so zu der
Summe Q + 6 + Q + .. .===äö, worin h wieder eine reine Zahl, und
hQ mit den einzelnen Summanden gleichartig aber dem Betrage nach
verschieden ist. Sowie 6 eben ist, muss auch hQ eben sein, und
Sitzb. <L matheni.-naturw CL l. Bd. 26

402 Kyll. Elemente
so wie dort, wird auch hier die Divergenz durch eine Anfangs- waä ei^
Endlinie limitirt. Die Anfangslinien decken sich, sie sind ja eben<Ue
initialeLage von a, die Endlinien aber weichen von einander ab. Die
Endgrenze von hQ liegt nicht dort, wo jene von 9 war. Und dieses
rührt wieder von dem Factor h her, der eine reine Zahl und Reprä-
sentant der geschehenen Operation ist. Die Zahl uud mithin die
Rechnungsoperation vermag also auch eine Raumlinie zu versetzen,
und zwar, wie ersichtlich ist, dergestalt, dass jeder ihrer Punkte»
mit Ausnahme des Anfangspunktes, mithin auch der zu versetzende
Endpunkt wirklich versetzt wird. Und die Bedingung dazu ist wieder
klar: sobald nämlich die Grosse 6 zum Gegenstand der Operation
genommen wird. Zwar hängt der Umstand, bis wohin dieEnd-eder
fortschreitende Linie versetzt werden soll, offenbar von h und von fi
gemeinschaftlich ab, und kann bei einmal gegebenem 9 durch blosses
Zunehmen von h die Endlinie successiv in die sämmtlichen in einer
Ebene möglichen Lagen geführt werden und selbst wiederholt in die-
selben gelangen; allein dass dieses möglich wird, hat seinen Gruad
einzig und ausschliessend in der besonderen Natur der Grosse 6.
Diese muss demnach als die Grundgrösse der Lage ins Auge gefas&t
und mit Rücksicht auf die oben dargestellte Möglichkeit zweier alte^
nativen Fälle der Ortsversctzung überhaupt, als die Bedingung ftr
die zweite Alternative erkannt werden. Die Anzahl der notwendigen
Bedingungen für die Möglichkeit der Ortsversetzung überhaupt ist
demnach geschlossen, sie beschränkt sich nämlich auf die Raumiinie
und die Divergenz, das ist auf \ und 0 oder a und 9. Es erübrigt also
jetzt nichts weiter, als die charakterisirten zwei Arten von Grossen
der Rechnungsoperafcion zu unterwerfen, um den simultanen Eia-
fluss der Rechnung auf die Grosse und Lage von a in das Lieht
zu setzen.
§. 4. Die Erreichung aller Raumorte auf der Linie a in deren
absoluter Lage, zu welcher 9==O gehört, kann keiner Schwierigkeit
unterliegen, und dieses ist zureichender Grund, sie als ge&chehea
zu betrachten. Macht man sich aber die Erreichung aller möglichen
Orte im Raum, durch Rechnung zum Zwecke, so wird die Orts-
versetzung der zweiten Art, nämlich diejenige, welche mittest
der Grundgrösse der Lage geschieht, die dazu nöthige Ausbildaag
erhalten müssen. Ich habe schon oben (§. 3) erwähnt, dass wena
mit 9 die Operation desAddirens vorgenommen wird, in der GleiAnag

der LagereehnuDg. 403
Q + Q + 6 -r ... ==hQ, sowohl die Summande 6, als auch die Summe hQ
in der Ebene von 0 liegen muss. Wenn also innerhalb der Rechnung
die Grundgrösse der Lage auf was immer für eine Art zu h6 gesteigert
wird, so kann dies nur eine Verschiebung in der Ebene sein, und
zwar in derjenigen Ebene, die mit ö zugleich gegeben ist. Durch
Aufnahme der Lagegrösse Q wird also von Seite der Rechnung noth-
wendiger Weise der Fuss auf diese Ebene gesetzt. In dieser Ebene
aber wird in ebenso nothwendiger Weise zwischen der Lagegrösse Q
und der ihr entsprechenden Lage der abge-
wichenen Linie JVein Zusammenhang bestehen,
so zwar, dass wenn auch die Art und Weise,
wie 6 zur Darstellung der Lage 2V im Unter-
schiede von der absoluten in A, rechnungs-
mässig verwendet wird, das ist, wenn auch
die, die Lage 2V darstellende „Function
von ©r vor der Hand unbekannt heissen muss, sie immer nach Mass
des 6 die Endlinie N bezeichnen wird. Bezeichnet man die rechnungs-
gemässe Verwendung von Q zur Ausdrückung dieser Lage mit /'(6),
so bekommt man zugleich die speciellen Fälle: Wenn 0==O ist, so
ist /"(O) die Lage für A; wenn 0==^ist, so ist /'(^l die Lage für
B; wenn ö====7r ist, so ist f (n) die Lage für 0; wenn Q =s ä^ist,
so ist / (3-j) die Lage für D; bei Q + 2?r, wird f (2?r) abermals
die Lage für 4, u. s. •f.; so dass jedem individuellen Werth der Lage-
grösse eineganz bestimmte Lage zugehört — während dagegen jeder
individuellen Lage nicht ^Eine bestimmte Lagegrösse, sondern eine
bestimmte Reihe von Lagegrössen correspondirt. Diese Reihe ist in
allen Fällen, begreiflich, eine arithmetische Progression (in dem ge-
wöhnlichen Sinne dieses Ausdruckes), mit der constanten Differenz
27r; und nur ihr Anfangsglied tritt von Fall zu Fall verschieden, die
Lage charakterisirend, auf; so dass die Werthe der Lagegrössen
sich so, progressionenweise auf die in beschränkterer Anzahl exi-
stirenden Lagen vertbeilen. Hierdurch sind aber die in der Function
f (6) vorausgesetzter Weise wirksamen Rechaungsgesetze noch nicht
berührt; denn es muss die erste Angelegenheit sein, mit der Exi-
stenz solcher Gesetze als einer Notwendigkeit Bekanntschaft zu
machen, um erst sodann auf deren nähere Beleuchtung einzugehen.
26^

404 R-yll. Elemente
Die Umstände der Entstehung nun, und die Bedeutung dieser FuactioB
sind vermöge mehrerer klaren Momente der Natur der Sache geeig-
net, zur Wahrnehmung einiger Grundeigenschaften von f (8)%
fuhren.
§. S. Bemerkt man, dass jede Lage f (8) dadurch mit Notk-
wendigkeit in ihre entgegengesetzte übergeht, dass man ihre Grund-
grösse ö um was immer für eine ungerade Anzahl von TT vermehrt,
so wird alsogleich die erste Grundeigenschaft klar
i. -fW-f[.6±(^g+W>
worin g eine ganze Zahl sein muss; d. h. jede Lage f (9) geht da-
durch in ihre entgegengesetzte — f (0) über, dass zu der Grunä-
grösse Q eine ungerade Anzahl Halbkreise hinzugefügt wird.
Weiter. Gesetzt, zwischen den Linien
A, M, N, P,. .., T; Z, liegt überall der
Divergenzbogen oder Winkel 6, und ist n
mal vorhanden, weil auch die abgewichenen
Linien von M bis Z einschliesslichn an der
Zahl sind. Bezieht man die sämmtliehen
Lagen, um sie unter einander unabhängig zu
erhalten, auf die absolute Lage A, so erhält man in dieserBeziehung
M^Af(Q);N^Af(2Q);P^Af^O); ...; r=A/l((n---l)e);
Z==A f (n 0). Bezieht man aber durch Recursion jede der abge-
wichenen Lagen auf die ihr zunächst vorhergehende, gleichwie wenn
diese eine absolute wäre, was erlaubt sein muss, da die absolute
Lage keine im Räume determinirfce ist, so erhält man auf gleiche Art
M^AfW; N^Mf^Q); p==^^(0);...; r=x/'(6);z=r
f(Q)' Wird nun der Ausdruck Z==Yf(Q) durch recursive Substi-
tution aller vorhergehenden bis auf den ersten so transformirt, dass
nur A darin übrig bleibt, die Lage von Z also wieder nur auf A be-
zogen erscheint, so findet sich alsdann Z===A f(6)' fW'f(^ff(?)
^^(Q^A^ffQ)^. Und vergleicht man den ersten independenten
Ausdruck Z==A f(nff) mit dem hier erhaltenen, so geht daraus A
\f(ff)'\^A f(n ö), und kürzer
II. f(Q)^f(nQ)
hervor. Dies ist die zweite Grundeigenschaft der Lagefunction.
Die Gleichung' II. lässt sich aber sofort auch für gebrochene
Werthe von n geltend machen, wodurch dann ihre Richtigkeif
für jeden absoluten Zahlwerth des Exponenten n in Anspruch

der Lagerechnung. 405
genommen ist. Denn nennt man die aus/*(ö) J hervorgehende Grund-
grösse des Resultates, welches immerhin existiren muss, vor der
Hand als unbekannt = u., so hat man f (9) f ==/* (u); folglich
y(9)a =.f(u)ß; also auch f(aQ) ==/• Q3u) nach H. Und weil hier
Jetzt a 9 ===u ß sein muss, woraus u== J Q sich ergibt, so hat man
auch IU. f (6) J ==f(. j-8)» w^ behauptet worden.
§. 6. Aus diesen Grundeigenschaften ergeben sich mehrfache
Corollarien. Setzt man in der Gleichung L den besonderen Fall g==0
und 9==^ so hat man—f(n) == f(2n). Weil aber, nach II./'(2n-) ==
/*(7r)2 ist, so kann immer f (27r) === f ("•)•/*("•) gesetzt werden. Man
hat daher — f (n) === f (7r). f Or); folglich i) — l === f^), das ist,
die negative Einheit verdankt die Subsitenz ihres Begriffes derjenigen
Alternative der Ortsversetzung allein, welche die Lage in die Rech-
nung zieht, und zwar ist sie dadurch bedingt, dass die Lagegrösse
6==7r, d. i. ein Halbkreis wird.
Erhebt man diese Gleichung zu allen ganzen Potenzen des Gra-
des ^r, so wird sein [—1p == /'(g?r). Woraus man ersieht, dass bei
steigendem g die Lagegrösse gK wachsen, mithin die Lage sich ändern
muss; welche Änderung dergestalt geschieht, dass die Potenz ab-
wechselnd in die absolute und die dieser entgegengesetzte Lage
gelangt, wie nämlich g abwechselnd gerade und ungerade wird. Be-
zeichnet man die geraden Werthe durch ==2Ä, die ungeraden durch
==2Ä + l, so erhältman •+-1 ==/(2Ä7r), während — 1==/[(2Ä+ l)?r]
wird, welches die allgemeinen Formen für die positive und nega-
tive Lage sind. In der ersteren ist durch ä===O auch die absolute
1=^(0) enthalten. Will man hiervon Gebrauch machen, um alle
beliebigen Grössenwerthe in diesen Lagen zu erhalten, so genügt die
Multiplication mit a, wodurch hervorgeht +a==a f (2Ä7r), und
a-==a f[(2h+ l)7r]. Weiter; durch Anwendung derGleichung III.
erhältman in dem speciellen Falle a=l mit ß==2 und 0==?r, offenbar
f (7^= f (j-). Und weil / (TT) ==—1 ist (nach i), so geht [—if
^ /Y^), das ist s) ^—^/'(-l) h^01** Das ist' auch die soge-
nannte imaginäre Grössenform hat zur Bedingung ihrer Subsistenz die

406 RyH. Elemente
Aufnahme der Lage in den Calcül, oder ihre Heimat ist der Boden der
Lagerechnung. Durch Potenziren der Gleichung s) zu allen mög-
lichen Graden wird eine quadrantenweise Circulation der Lage her-
vorgerufen, wobei man sich überzeugt, dass im Falle aller geraden
Exponenten positive und negative Resultate (sogenannte reelle For-
men) zu Stande kommen, während nur ungerade Exponenten, das
ist nur die Form f | (2Ä+ 0|rJ» imaginäre Resultate zur Folge
haben, die ihrerseits wieder bei geradem h positiv, bei ungeraden^ h
negativ vor Augen treten, so dass hiernach allgemein ± y\ s=
f [(2 h + l) JH erscheint.
^. 7. Nunmehr lässt sich die Gültigkeit der Gleichung II. auch
für die Fälle behaupten, wo der Exponent n negativ erscheint, das
ist, wo er diejenige Metamorphose durchwandert hat, aus welcher er
behaftet mit dem Einfluss der Lage, in der Eigenschaft einer Baum-
linie hervorgeht, weil er als blosse Zahl demBedürfniss der Rechnung
nicht gewachsen ist. Es muss nämlich selbst dann, wenn die Lage-
grösse S von der absoluten Lage A ab, unmittelbar gegen D hin gezählt
wird, also negativ erscheint, die Gleichung/"(—0) ===/"(—6)bestehen.
Nimmt man diese Lage entgegengesetzt, so erhält man durch Multi-
plication mit der Gleichung—l==jf[(2A 4- l)7r], einfach—f(—S)
=== f (ö)./"[(27< 4- 1)^]. Und wendet man auf das erste Glied
die sub I. dargestellte Grundcigenschaft an, so geht hervor/*[—6+
(2h -t- l)7r] == /(—9). /'[(2/t + l)7r], worin ö der Grosse nach
beliebig ist. Setzt man also S==m TT, und lässt m was immer für eine
absolute Zahl sein, die (2h -+- l) nicht übersteigt, so wird auch
(2 h + l) —m === p eine absolute Zahl sein müssen, und m + p
== 2 h 4- l ist eine ganze Zahl» Setzt man diese Werthe ein, so geht
hervor f (p yr) ===/*( — m 7r). f [(m + p) TTJ. Hier aber ist f(p 7r)
^f^Y. sowie /'[(m+^)7r] === /(Tr)"1411 nach IIL und II.; folglieh
f (^ ^ f (m 0- /OO"^ oder wenn man durch f (^y dividirt,
l ==/*(mn:) ^(n)^. Hieraus aberfolgt nicht nur... ===/'(^)>
sondern auch f (Tr)-"1 ==== f (m^r), worin m an sich was immer
für ein absoluter Werth sein kann. Da jedoch —m als isolirte nega-
tive Grosse nur als Raumlinie subsistirt, so kann man — m 'ss
^' (Q oder == n, r setzen, wovon nur der Eine Factor die Ralk

der Lager echnung. 407
der Linie übernimmt, während der andere eine reine Zahl verbleibt;
und man erhält hierdurch/^)-111" == /(w. r 7r). Wird hier nach
IIL f(^V ==/* (r 7r UDd dann noch der Allgemeinheit von r wegen,
r K ==? 6 gesetzt, so hat man vollends IV. /'(Ö)"" === /(n 6 wie
behauptet worden. Hieraus ergibt sich sogleich för den speciellen
Fall n == l, die Identität/•(—6) === /(8)-1; also auch die weitere
Gleichung f (—S)" == f (ö)-11 = /'(—n@), wodurch die Gültigkeit
des Gesetzes II. auch auf negative Werthe der Lagegrösse 6 selbst,
ausgedehnt ist.
§. 8. Weil nun der Exponent in IV. schon negativ erscheint,
also hierdurch schon factisch darstellt, dass es ihm nicht unmöglich
war, sich mit einer Linie, die verschiedener Lagen fähig ist, zu ver-
binden und sodann unter Verlassen der absoluten Lage negativ zu
werden, so drängt sich die Frage auf: soll wohl die Lage f (?r),
oder allgemein f [(2Ä •+• l)?r] die einzige sein, in die er ausser der
absoluten einzutreten fähig ist, oder mögen auch die übrigen ihm vor-
behalten sein? Unter den übrigen würde auch die orthogonale/*(— J
begriffen sein müssen, sowie auch die anderen abgewichenen, wie
sie vorhin die Ebene ergab. Die Frage also ist, wird die Gleichung
II. auch für sogenannte imaginäre oder wie sonst immer abge-
wichene Exponenten gültig sein? Ich gehe hier von der Gleichung
IV. aus, als in welcher der negative Exponent der Allgemeinheit
wegen — n == nf[(2h M 1)^] gesetzt werden muss, worin h mit
gleichem Rechte jede Zahl von O bis OQ bedeuten kann. Nach der
Gleichung III. war offenbar f [(2h + l>r]7 = /•[t2^1^; mit-
hin muss auch f[(2h + l) 7r] == / p11^1^]" richtig sein und
bleiben, mag u was immer für ein absoluter Zahlwerth sein. Man
hat also—n == n/r211 "^T für alle speciellen Fälle des Zahl-
werthes u, selbst in dem Fall, wenn u anfangt unendlich gross zu
werden, l&iu vollends unendlich gross, so wird die Grundgrosse der
La^e hier, nämlich 2 "^ ?r ==\ n nicht geradezu sehr klein,
0 U oo
weil h ebenfalls die Befugniss hat, sehr gross zu sein; auf jeden
Fall aber wird dieselbe unbestimmt, weil selbst bei feststehendem
u, die Zahl h simultan unendlich viele Werthe hat. Man wird also

408 *Ryll. Elemente
2h"^1 TT === « als irgend einen kleinen Werth mit dem Charakter der
oc
Unbestimmtheit dafür zu setzen genöthigt sein. Dadurch verwandelt
sich — n == nf \——4:yrj in die Form — n === n f (a ==
n jf (a oo). Und hierdurch nimmt weiter IV. die Gestalt an
f (ö) n f ( a oo) == f [n Q f(aoo )], die nicht unrichtig sein kann. Sucht
man in dieser Gleichung den verlorenen Charakter der Eindeutigkeit
und Bestimmtheit von a. oo herzustellen, so erübrigt nur a. oo ===ß
zu diesem Ende zuindividualisiren, dergestalt, dass ß einen beliebigen
Werth durch willkührliche Setzung bekommt, unter der Einschrän-
kung jedoch, dass dies in beiden Gliedern der Gleichung identisch
geschieht. Und dieses führt zu der allgemeinen Form V. f (6) nfü9)
== f [n 6 f)]. Ich habe kaum nothwendig erst zu bemerken, dass
die Ableitung dieser allgemeinen Lageform nicht unabhängig von dem
Umstände ist, dass von der Entstehung der Grosse ß === a oo abge-
sehen wird, damit nach geschehener Wurzelausziehung des chsten
möglichen i^en Grades aus der Lage /*[(2A -t- 1)^]? der Wurzel-
werth f | -| in seiner nahe absoluten Lage nicht weiter
durch die Abstammung determinirt wird, sondern ohne diese Rück-
sicht irgend eine nahe absolute Lage überhaupt exhibirt. Dass es
erlaubt ist, ihm sehr viele verschiedene, nahe absolute Lagen beizu-
legen, dazu ist der Grund in der Zahl h vorhanden, welche, indem
sievarirt, die Grundgrösse ändert. Diese Änderung wird, wenn
nicht vollkommen, so doch approximativ stetig sein, und alle so ent-
stehenden Werthe haben gleichen Anspruch auf Gültigkeit. Der obigen
Ableitung Bedürfniss nun ist, diese Stetigkeit als vollkommen vor-
auszusetzen, damit dann a wirklich irgend einen verschwindenden
Werth ohne weitere Unterscheidung exhibirt, zumal die verschiedenen
gleichrichtigen Werthe nur insensibel differiren. Indem man die Lage
f (a) dann wieder auf alle möglichen Potenzgrade bis zu dem u^
erhebt, kann das Resultat nie ein anderes, als wieder nur eine Lage
sein, da nur die Grundgrösse, keineswegs aber der Organismus der
Function dadurch beeinflusst wird. Es bleibt also auch /(a.w) fortan
nur Lage in der Ebene, und nur ihre Individualität wird unbestimmt,
zumal wenn der angewandten Grosse u erlassen wird, bei ihrer un-
endlichen Grosse bestimmt zu sein. Vielleicht wird man hier bemerken,
dass dieses Verfahren zuletzt darauf beruht. Genaues ungenau zu

der Lagerechnung. 409
machen, nachdem man es dem Auge des Verstandes entzogen hat;
allein abgesehen davon, dass hierwegen allein noch nicht vorauszu-
setzen oder gar zu behaupten ist, dass dadurch Richtiges unrichtig
werde, wird es gut sein, wenn diese Ableitung auf einem besseren
Wege sich wird führen lassen, oder wenn der oben postulirten voll-
kommenen Stetigkeit von a eine daraus folgende Unrichtigkeit nach-
gewiesen wird. Vor der Hand lässt sich die Richtigkeit der Gleichung
V. an sehr vielen Fällen controliren, nicht nur dort, wo ß === o, 2^,
47T, GTT, u. s. f. bis 2/177, sondern auch wenn ß ==== 77,3 TT, S TT, u. s. f.
bis (2Ä + l) TC genommen wird; denn dort geht allzeit die Gleichung
II., hier die Gleichung IV. hervor. Und ein weiterer bekräftigender
Umstand ist die Natur der Sache, die räumliche Möglichkeit, dass
die Grundgrösse der Lage nämlich 0, welche, so wie sie gegeben
ward, eine noch mit keiner Bezogenheit behaftete, kurz absoluteLage
ihrer Ebene darbot, auch in anderen Lagen erscheine. Wenn dies so an
sich nur als blosse Möglichkeit sich erkennbar macht, so zeigt die
Gleichung V., wie dies rechnungsmässig ausgedrückt werden kann;
denn in ihr erscheint die Grundgrösse n 6 mit der Lage f (ß) affi-
cirt, die dentf auch hier beliebig sein kann. So dass, wenn auf diese
Art der Winkel oder Bogen n 9, und mit ihm die dadurch bestimmte
Ebene alle Lagen, denen der Anfangspunkt der Grossen sowie jener
der Bogen gemeinschaftlich ist, annehmen kann, in der Form V. alle
möglichen Lagen im Räume zusammengefasst sind.
Treffen ferner zwei verschiedene Lagefaetoren auf dem Wege
der Multiplication zusammen, z. B. f (6) mit /*(ß)> so kann man zur
Erzielung des einfachen Resultates dieGrundgrössen derselben durch
ein gemeinschaftliches Massjm messen, wodurch man erhält Q ==== m. pi
und ß == n. pi; dadurch erhält man nach IIL f (ff) == f(v^^) ==
/•(/Ji)m; sowie f (ß) = f(ny) = f(y)^' Also das Product /•(ö) .
/•(ß) === /•QJL) m+n == fl(:^+n)^] == f[0+ß]. Man hat also die
Regel VI. f (a) . f (ß) ==/•(«+ ß), mögen a und ß wie gross
immer sein.
Und auch diese Gleichung lässt sich nicht bloss für absolute
Werthe a und ß behaupten, sondern auch wenn diese beiden Bogen-
grössen in ihrer Lage unterschieden sind; wie durch die Gleichung
V. sehr leicht vermittelt werden kann. Multiplicirt man nämlich
diese mit der Form f (ß) m === f (m8), so hat man zuerst f (m Q).
f(nQf(ß) ) = f(Q) m .y(Q) nfü?) ^/"(ö) m+nfO?); und wenn

410 Py11- Elemente
man m -h n f (ß) === r f (y) setzt, auch weiter f (8) m+nf^) ^
^(8)rföo ^/•(re/^y))-/-!^ -mö/'Cß)]; folglich die wei-
tere Regel VIL f (m 9) ./'(nö/'Cß)) -/•[me+ne/'Cß)].
§. 0. Es kann nunmehr nicht zweifelhaft sein, welchen Einfluss
die Rechnung entwickeln muss, um die Lage „als besondere Grosse"
zu beherrschen. Soll nämlich die Lage in einer Ebene, wie sie durch
die Gleichung II. gegeben wird, verändert werden können, so muss
bei constantem Werthe Q, der Exponent n sich ändern, damit die
resultante Grundgrösse eine andere werde. Die Bedingung hierzu
ist die Multiplication. Werden aber Grossen multiplicirt, so ändert
sich die Grundgrösse der Lage mithin auch die Lage selbst nur addi-
tiv. Die Lage wird also hier additiv durch die Multiplication afficirt;
und überhaupt, sie wird durch jedje Rechnungsoperation in anderer
Art beeinflusst, als Grossen die nur in Beziehung auf den Zahlwerth
deren Einflusse unterworfen sind. Der relative Unterschied des Ein-
flusses der Rechnung, einerseits auf den Betrag der Grossen, anderer-
seits auf deren Lage besteht aber in Folgendem: Nennt man, nach
der Cumulation des Grundactes der Operation, die Summirung das
erste Stadium der Rechnung, die Multiplication das zweite, die Potenz
das dritte Stadium, so ist der Einfluss auf die Lage, gegenüber jenein
auf den Betrag, allzeit um ein Stadium zurück. Es ist jedoch noth-
wendig dieses nur auf eingliedrige Ausdrücke zu beziehen und
keineswegs auf Polynome auszudehnen, da das Verhalten der letzteren
nicht mehr einfach, also keine Grundart des besagten Verhältnisses
ist, und erst später zur Sprache kommen kann. Soll aber weiter die
Ebene selbst ihre Lage ändern, so muss die Rechnung einen Einfluss
entwickeln, dem nicht der Zahlwerth, sondern dem die Lage des
Exponenten (s. Gl. V.) erreichbar wird. Die Bedingung hierzu ist
ein multiplicatives Zusammentreffen solcher Lagen im Exponenten,
die von jT(O) verschieden sind. Gesetzt, diese Bedingung sei erfüllt,
so wird, wenn man die Form V. f (6) n f(ß) =/* (n Q f (ß) ) vor
Augen hat, die Lage f (ß) sich ändern; es tritt also auch die Ebene
von n Q in andere und andere Lagen ein. Setzt man hinzu, dass
dieses in kleinen Intervallen, oder völlig stetig und successiv geschiebt,
so gewinnt man die Darstellung einer in Folge der Rechnungsopera-
tion sich um eine Axe umwälzenden Ebene, welche Axe eben die
absolute Zahlenlinie ist, in welcher die Nullpunkte der absoluten
Grossen so der ersten wie der zweiten Art enthalten sind»

der Lagereohnung. 41t
Weil nun dies so wie überhaupt alle Einwirkungen der Rech-
nung auf die Lage, von der Function / (9) abhängig sind, so wird
daran gelegen sein, diese in ihrem rechnungsgemässen Organismus
zu erkennen. Bevor jedoch die Aufsuchung der individuellen Form
von/* (6) vorgenommen wird, ist es nothwendig, den historischen
Gesichts- und Standpunkt genau festzustellen, von welchem aus die
hier geschehenen Schritte geleitet sind, damit auch diejenige Bezie-
hung klar werden mag, in welche die vorliegende Arbeit zu dem fac-
üschen Zustande der alten und neueren Geometrie sich stellt.
Zweites CapiteL
Historische Entwickelung der Lagerechuung.
§. 10. Es ist Thatsache, dass leitende Ideen von grossem Ein-
flusse sind. Die Geschichte einer jeden Wissenschaft hat dies durch
Beispiele nachgewiesen und so zu der Erkenntniss gefuhrt, dass mit
den leitenden Principien selbst ganze wissenschaftliche Systeme
stehen und fallen. Ich kann daher nicht umhin, um des hier verfolgten
Zweckes willen das zum Grunde liegende leitende Princip in seiner
Eigenthümlichkeit aus den Daten der Geschichte zu entwickeln und
hierdurch klar vor Augen zu legen; damit auch das, was sich darauf
gründet, stehen oder fallen möge, falls es durch die leitende Idee
nicht gehalten zu werden vermöchte. Zwar kann gemachte Erfahrung
mich besorgen machen, dass die gegenwärtige Untersuchung nicht im
Vorhinein die weitverbreiteten gangbaren Ansichten über den Höhe-
punkt und die Vollkommenheit der gegenwärtigen geometrischen
Analysis zu Bundesgenossen haben dürfte, da der Optimismus dieser
Analysis Vielen unantastbar erscheint; allein, wieviel auch eine solche
Stimme in der That für sich hat, die Elemente und Beweggründe
dazu sind von Beliebigsetzen und Mossem Dafürhalten nicht frei, und
werden die Möglichkeit von Zusätzen und Einschränkungen auszu-
schliessen nicht im Stande sein. Das Wohl der Wissenschaft ist
sicher unrichtig und engherzig bedacht, wenn dem Einzelnen zuge-
muthet werden wollte, auf einem bereits von Anderen eröffneten und
von Vielen betretenen Wege unbedingt festzuhalten und fortzugehen,
ohne auf die vorausgegangene Wahl und Beschaffenheit dieses Weges
selbst mehr zurück zu blicken. Man kann das indifferente Einlenken
in solchen Weg zwar allerdings populär finden und bequem, da man

412 Ry^ Elemente
hier, ohne mit Nothwendigkeit die Sorge in Betreff der Gediegenheit
des Planes und der Zulänglichkeit des Bodens, welchen er in Anspruch
nimmt, auf sich zu haben, sich auf die Voraussetzung der diesfalls
bereits anderweitig geleisteten Sache verlassen, und um so zuver-
sichtlicher darüber hinaus fortschreiten kann, als im Falle wo Grund-
lage und Plan Keime zu einer wenngleich erst später hervortretenden
Unordnung in sich trügen, die Calamität des Erfolges höchstens eine
allgemeine Calamität der Wissenschaft wird, die kein Einzelner zu
tragen oder zu verantworten hat. Aber eben der wahren Wissenschaft
Interesse wird es fordern, diese Bequemlichkeit und Sicherheit des popu-
lären Wesens von der genuinen inneren Wahrheit und Richtigkeit der
Grundlegung zu unterscheiden; der wahren Wissenschaft Interesse
wird fordern, dass unbeachtet geblichene Umstände und Gründe nach-
geholt und zur Geltung gebracht werden, sei es selbst unter Umstän-
den, dass ein Versuch dieser Art keine Stimme für sich hat, ausser
seinem baren Gehalt. Vor dem ernsten Gerichte der Zeit kann die
geläufige Gangbarkeit der ürtheile in irgend einer Zeit keinen zurei-
chenden Schutz zu Stande bringen. Während der Einzelne und wäre
er der Zeitgeist selbst, nur aus und nach Gesichtspunkten seiner
Individualität zu urtheilen vermag, führt nur die Concurrenz und
Succession vieler ürtheile unter abfliessender Zeit den Erfolg mit sich,
dass, was an denPartialurtheiIen von Präjudiz, Einseitigkeit oder gar
Übertreibung und Leidenschaft hängt, in dem Conflict der Sentenzen
sich paralisirt, und durch ein solches Nullwerden des Ungültigen ein
Rest herausgebildet wird, der, gleichwie der Stein durch wohl-
getroffene Wegschaffung des Überflüssigen unter der Hand des Mei-
sters zum vollendeten Bildniss wird, zuletzt als das vollkommene
ürtheil des idealen menschlichen Geistes stehen bleibt. Der Verstand
kann nicht umhin, an der wirklichen Übereinstimmung des Gedachten
sowohl mit sich selbst als auch mit den letzten nothwendigen Voraus-
setzungen davon seine Befriedigung zu finden. Allein diese setzt immer
die ersteren voraus, kann ohne sie nicht subsistiren, es wäre denn,
dass sie nur Täuschung ist, die über kurz oder lang der Einsicht
weichen muss; wie die Geschichte auch Beispiele solcher Art aufzu-
weisen hat, Täuschungen können zwar sehr tief Wurzel fassen, so lange
der Verstand nämlich mit der Deutung der Symptome ihrer wahren
Natur nicht im Klaren ist; aber sowie die reine, einfache Wahrheit
ihn zufrieden zu stellen, vermögen sie selbst zur Zeit ihrer ausge-

der Lagerechnung. 413
breitetsten Geltung nicht Die Bahnen der Himmelskörper sind zwar
Ellipsen, in deren Einem Brennpunkte der Centralkörper sitzt; allein
der andere Brennpunkt steht auf dem Felde der Wissenschaft dem
ersten gleich, und doch steht er so müssig da, ohne einer gleichen
Verwendung fähig zu sein. Ist dies das Lebenszeichen der einfach-
klaren Wahrheit, oder liegt hier ein Symptom der berührten Art?
Und sieht man auf die Analysis überhaupt, die, seit sie von Descar-
tes den Lebenshauch empfangen, durch ihren grossartigen Bau dem
Scharfsinn zweier Jahrhunderte ein Zeugniss gibt, war—im Lichte
besehen—nicht schon ihre Genesis von solchen Symptomen begleitet,
zu welcher die Fruchtbarkeit des Bodens seither noch neue hinzuge-
liefert hat? Doch nicht Symptome von Widersprach und Unwahrheit
sind es, die die Bildung der leitenden Idee hier bedingen oder auch
nur veranlassen können; sondern, während jene aus factischen Un-
gewissheiten auf dem Felde der vorhandenen Systeme hervorsteigen,
hat diese, ohne von irgend einem vorhandenen Systeme abhängig zu
sein, ihre eigene Subsistenz, deren Individualität sich auf sogleich nach-
folgende Art wird charakterisiren lassen.
§.11. Dass der Raum, so wie er, weil die Grössennatur führend,
zum Object einer wissenschaftlichen Bearbeitung geeignet ist, auch
dazu genommen worden, das hat die alte Geometrie mit der neueren
gemein. Das Unterscheidende von beiden liegt also so weit, offenbar
nicht im Object, sondern in der Behandlungsart, das ist, es schliesst
die Methode die charakteristische Verschiedenheit in sich. Um den
Geist der Methode des Alterthums zu charakterisiren, kommt es offen-
bar nicht auf die Einzelheit der alten Geometer an^ sie Alle arbei-
teten, wie die Entwickelungsgeschichte lehrt, in gleichem Geiste, so
dass das Alterthum nur Ein System darstellt und kennt. Ungeachtet
eine Mehrheit von Methoden hier ausgeschlossen ist, so sind dennoch
die Arten der in dieser Geometrie betrachteten Dinge, als Sorten von
räumlichen Grossen so vielerlei, dass es nothwendig wird, daran zu
denken, wie jene Einheit sich zu dieser Verschiedenheit verhält. Im
Ganzen betrachtet die alte Geometrie mehrerlei Arten von Grossen;
denn Körper sind offenbar Grossen, und als solche der Art nach, nicht
einerlei mit Flächen, und diese weiter nicht einerlei mit Linien, und
diese alle verschieden von W^nkelgrössen. Sie hat demnach zunächst
eine Mehrheit heterogener Objecte. Dass sie solehe unifassen konnte,
ist nicht unter allen denkbaren Umständen gleich möglich, sonderfl es

414 ^^ Elemente
gibt einen Umstand, der stattfinden muss, wenn diese Mehrheit hetero-
gener Objecte mit der Vorstellung eines Systems vereinbart werden
soll. Dieser als wesentliche Bedingung geltende Umstand wird auf
folgende Art klar: Ist ein Winkel gegeben, so liegt an ihm eine Grosse
vor, deren Existenz dadurch bedingt ist, dass zwei von einem Punkte
aus auslaufende Linien sich trennten. Sie sind dadurch in Bezogenheit
auf einander getreten „und haben aufgehört identisch zu sein."
Beweis davon ist eben der entstandene Winkel, welcher Null werden
muss, wenn Identität wieder eintreten soll. Es ist nun zweierlei mög-
lich: „entweder nämlich die Verschiedenheit der beiden Grenzlinien
eines Winkels in der Rechnung zu unterdrücken"; „oder aber die
wohlgegründete ünterschiedenheit anzuerkennen." Beides hat seine
besonderen entscheidenden Folgen. Gesetzt, man entschliesse sich zu
Ersterem, läugne also die Verschiedenheit — so folgt daraus erstlieh,
dass die beiden Linien nunmehr gleich-absolut werden müssen, denn
sollten sie anders als absolut erscheinen, würde nach dem Grund«
davon gefragt werden, der, weil er nichts als eine Divergenz sein
könnte, durch die Consequenz des gefassten Entschlusses allenthalben
für unterdrückt gelten muss. Es folgt aber auch zweitens, dass der
Winkel, der „nicht mit unterdrückt" worden ist, nunmehr seine
ursprüngliche Bestimmung, die qualitative Verschiedenheit der beiden
Schenkel durch ein Rechnungsobject, denn der Winkel ist als Grosse
ein solches, zu charakterisiren, eingebüsst hat — wesshalb er jetzt
als eine ausser ihre natürliche Bestimmung versetzte Grosse isolirt
dasteht, und demzufolge gleichfalls als absolut aufgenommen werden
muss, ohne jenen Weg mehr in die Rechnung finden zu können, den
er in seiner natürlichen Beziehung gefunden hätte. Die Möglichkeit
einer Rechnung der Lage ist dadurch im tiefsten Grunde erstickt
Es ist nunmehr nichts als eine consequente Fortsetzung der
ersten Folgerung, dass wenn zwei von einem Punkte aus divergirende
Linien gleich-absolut sein sollen, es dann schon jede zwei, also Alk
werden sein müssen. Und weiter: Sind ^ alle von einem Punkte, wi«
die Radien eines Kreises und einer Kugel ausgehenden geraden Linien
gleich absolut, so ist kein Grund dies nur von dem Einen Endpunkt
einer Linie zu behaupten, und so werden sie auch bei allen möglichen
Wiederholungen und bezogen auf alle Raumorte und Umstände gleich-
absolut bleiben müssen, selbst wenn sie gruppenweise so zusammen-
treffen, dass sie geschlossene Raumfiguren darstellen; so ireiw

der Lagerechnung. 415
begrenzte Flächen als besondere absolute Grossen, und treten auch
von Flächen begrenzte Körper als andere absolute Grossen auf. Alles
unter der Einen ausgesprochenen Bedingung. Die alte Geometrie ist
also, weil sie die Folgen der vorausgesetzten Unterdrückung der Ver-
schiedenheit der Lage vollzählig entwickelt, vom Geiste dieser Be-
dingung durchweht, und ihre Methode besteht im kürzesten Ausdruck
darin: alle Raumlagen streng als gleich-absolut aufrecht zu halten.
Die doch wirklich existirenden Relationen von vor- und rückwärts,
von rechts und links, von oben und unten haben dort keine wissen-
schaftliche Darstellung gefallen: aber es hängt damit auch zusammen,
dass sie die aus ihnen hervorgehenden gleichfalls entscheidenden
Folgen nicht vor den Verstand bringen konnten. Es ist nun bei den
Geometern üblich, Linien und WinkelgrÖssen, die gleich-absolut,
obwohl dabei verschiedener Lage, die jedoch unexhibirt bleibt, fähig
sind, einander gleichzuhalten, und zur Anzeigung dessen, coordinirt
zu nennen. In diesem Sprachgebrauch sind denn die sämmüichen
Raumlagen der alten Geometrie einander eoordinirt. Wenn man diese
Coordinaten zählt, so gibt es deren unendlich viel. Aus dem oben
beregten Geiste der alten Geometrie ist also das überall zu Tage
liegende Charakteristicum hervorgegangen, „dass das System des
Alterthums das der unendlich vielen Coordinaten war."
§. 12. Prüft man dieses System dadurch, dass man es auf die
Natur der Rechnung bezieht, die auch negative Grossen kennen und
fahren will, so fällt alsbald auf, dass im System des Alterthums
schon eine negative Linie nicht möglich war; da auf einer und der-
selben Linie dies- und jenseits des Mittelpunktes einer Kugel stets
ein anderer gleich-absoluter Radius sich fand, dessen Existenz nur
dadurch ihre Integrität bewahren konnte, dass ein entgegengesetz-
ter, das ist negativer keine Raumlage zu seiner Verwendung übrig
fand. Indem dieses wieder von allen co existirenden Radien auf gleiche
Weise gilt, deren jeder seinen eigenen entgegengesetzten hervorrief,
aber auch eben dadurch auf seiner eigenen Lage mit einem von dem
absoluten Gegenmann herrührenden negativen in den gegenseitigen
Vernichtungskampf gerietb,. so thut sich ein weiterer die Systemver-
fassung bezeichnender Umstand hervor: „da&s dies System, sowie
es die negative Grosse aus dem ganzen Räume ferne hielt, keine
Rechnung zu vertragen fähig war, die auch nur zu negativen Gros-
sen führt." Ihm mussten also schon negative Grossen unmöglich,

416 RylL Elemente
oder wenn man will, eingebildet sein. Wie denn das Alterthum auch
in der That keine Kenntniss davon besass. Es konnte dieselben auf
dem Gebiete der Geometrie nicht finden, wegen des Geistes, in dem
dieselbe betrieben ward; es konnte dieselben aber auch auf dem Felde
der Rechnung nicht entdecken, weil auf diesem Felde gar nicht
gesucht worden ist." Sowie die Rechnung im Alterthume der Geo-
metrie gegenüber stand, wurde alle Ausbildung ausschliessend der
letztern zu Theil, so dass sie demzufolge den entschiedenen Vorrang
vor der ersteren hatte, als welche nicht so weit noch gelangt war,
um für den Ausdruck individueller Zahlen Zeichen zu besitzen, die
von einem aus der Zahlnatur hervorgehenden Gesetze beherrscht
wären. Zwar, die Pythagoräer hatten viel mit Zahlen zu thun, allein
anstatt darin den formalen Ausdruck der sich wiederholenden Opera-
tion des Setzens zu erblicken, setzten sie darin Geheimnisse voraus,
die ihnen im verworrenen Zusammenhange mit dem Sein der Dinge
erschienen sind. Wäre der Zahl ihr rein formaler Charakter vindicirt
worden, so hätte seine einfache Klarheit den Platz jener Geheimnisse
eingenommen, und hätte schon das Alterthum sich der Mittel bemäch-
tigt, um Fragen erledigen zu können, die selbst jetzt noch offen ste-
hen. Indess der factische Zustand zeigt, dass es der Zahl nicht bloss
am entsprechenden Ausdruck gefehlt hat— manweiss, wie viel Mühe
die Alten, z. B. Archimed, nöthig hatten, um eine sehr grosse
Zaiil darzustellen — sondern selbst an einem bestimmten Begriff.
Erst nachdem seit Apollo n ins von Pergä die alte Geometrie auf
ihrer Höhe stehen geblieben war, kam, aber freilich erst viel später,
die Reihe der Ausbildung an die Reclinung, die, nachdem sie durch
die Araber gepflegt worden, vom zehnten christlichen Jahrhundert
an bekanntlich durch die Araber in Europa Eingang gefunden hat. Vor
Allem musste aber, wie die Geschidite lehrt, die arabische Zahlen-
bezeichnung und dekadische Zählung mit den damaligen Zählungs-
methoden und Bezeichnungen der Zahlen durch Marken auf und zwi-
schen parallelen Linien in Concurrenz treten und sich gegen diesel-
ben behaupten, die Rechnung selbst aber mit der Begründung der
ersten oder sogenannten Grundoperationen beginnen—ehe es dahin
kam, dass StifeFs Arithmetica integra Begriffe von Logarithmeö
u%d Binormalcoeffieienten anregen konnte. Nachdem um ISSO P»
Raüaus (Pierre de la Ramee) schon die Decimalrechnung der Bruch-
zahlen gelehrt hatte, schritt man bald nach 16OO zur Berechnuo®

der Lagere chnung. 41*7
der Logarithmen fort. Alles dieses war aber nur eine durch die Um-
stände gegebene, gewissermassen instinktgemässe Ausbildung, auf
einem Boden und einer Richtung, deren die Zeit sich nicht scheint
bewusst gewesen zu sein. Denn es erhellet nicht, -dass man nach
dem Verhältnisse der gleichfalls von den Arabern überkommenen
Algebra einerseits zur Arithmetik , andererseits zur Geometrie gefragt
hätte; ja es erhellet selbst nicht, ob hier Verschiedenheit oder Iden-
tität vorausgesetzt war. Und doch hängt so Vieles davon ab. Nur
dunkle unbestimmte Zweifel haben sich geltend gemacht und zuletzt
ein Resultat hervorgetrieben, dem so viel Bewunderung damals und
seither zu Theil geworden ist, dass man darum Anstand nahm, es
auf seinen Werth zu prüfen. Es ist aber nothwendig hierauf näher
einzugehen, damit wie es vorhin hiess, der idealisirte Verstand seine
Gerechtigkeit übe.
§. 13. Mit der Arithmetik war auch die Algebra erstarkt; und
kaum hat sie das Zunehmen ihrer Kräfte wahrgenommen, so fing sie
auch alsbald an, sich mit der alten Geometrie zu messen. Es war
zwar alle die verflossenen Jahrhunderte durch nicht klar, auf welchem
Boden, aus welchem Grunde, und zu welchem Zwecke Algebra und
Geometrie einander begegneten; aber kurz — es kam einmal factisch
und unhintertreiblich zu dieser Begegnung. Es entspann sich unver-
sehends ein gegenseitiger Commerz von beiden: es wurden nämlich
Aufgaben der Geometrie durch Algebra, und hinwiederum Aufgaben
der Algebra durch Geometrie gelöst. So suchte nämlich schon
Cavaleri (gest. 1647) den Inhalt von Flächen und soliden Körpern
mittelst Summirung von arithmetischen Reihen zu ermitteln, welche
Methode nach ihm von Fermat und Wallis noch ausführlicher
angewendet worden ist; während auf der ändern Seite algebraische
Gleichungen durch geometrische Zeichnung oder Construction gelö-
set wurden. Und von dort an, wo diese zwei verschiedenen Kräfte,
Algebra nämlich und Geometrie in demselben Gebiete — dem
Räume—aufeinander trafen, bereitete sich ein charakteristischer Kampf
zwischen beiden vor, dem es auch an merkwürdigen Niederlagen
sammt den Folgen davon nicht fehlt. Wir sahen nämlich die Geome-
trie mit einer entschiedenen Überlegenheit, ja mit der vollen Allein-
herrschaft im Räume aus dem Alterthume herübertreten, so dass vor
ihr die Algebra vollends verschwand. Nun aber ist diese gross gewach-
sen, und kündigt sich ihr sofort als Rivalin an. Die Übersicht über
Sitzh. d. mathem.-naturw. Cl. L Bd. W

418 Ryll. Elemente
den Verlauf des gegenseitigen Benehmens ist von dem grössten Be-
lange. Die erste Art des Zusammentreffens, wo nämlich die Rechnimg
geometrische Aufgaben lösen half, schlug fast niemals fehl und ^ab
eine grosse Anstelligkeit des algebraischen Calcüls kund, wenn es
darauf ankam, die Beträge der geometrischen Grossen durch ihre
bedingenden Momente zu beherrschen. Man fand sogleich, die Rech-
nung müsste zur Erzielung gar mannichfacher geometrischer Leistun-
gen ein trefflicher Bundesgenosse sein. Die Begegnung der anderen
Art hingegen, wo Aufgaben der Rechnung sollten geometrisch gelö-
set werden, liess die friedliche Übereinstimmung beider nicht lange
unverletzt bestehen. Die Algebra forderte, dass allen aus der Rech-
nung sich ergebenden Bestimmungen und Umständen der Lösung,
durchgreifend genaue räumliche Verwendung gegeben werde — die
Geometrie aber war kaum im Stande, auf vereinzelten, künstlichen
Wegen auch nur den Quantitäten zu entsprechen. So z. B. ist aus
den Eigenschaften eines Kreises bekannt, dass die Gleichung
A k . B k === m k . n k besteht, welche mit-
tel8t {^^und &^: übergeht m
a. b === x(c + x) oder x2 4- c^ = ^/ wor-
2
Dies ist die algebraische Lösung der Glei-
chung x2 -[• c x — ab === o nach der Grosse x, welche offenbar
fordert, dass x zwei Werthe haben soll. Diese zwei Werthe sollen
verschieden sein, und zwar so wie dies das Vorzeichen der Wur-
zelgrösse V/— -{-ab bedingt; woraus man erkennt, dass nicht
nur die Zahlwerthe verschieden sind, sondern auch, dass während
der Eine (wegen Vf-^^ab >V^) positiv sein muss, der An-
dere negativ erscheint. Die Geometrie soll nun diesen Unterschied
sowohl im Zahlwerthe als in dem durch das Vorzeichen bedingten
Gegensatz ersichtlich machen. Allein der Zeichnung, aus welcher
die Gleichung folgte, entspricht nur der positive Werth x == k m.
Sucht man auch dem negativen Raum zu verschaffen, so wird höch-
stens möglich, unter der neuen Voraussetzung, dass k n == x sei,
mithin die Gleichung sich in x (x—c)-== a b, das ist x2ex—ab=^o

der Lagerechnung. 419
verwandle, als Lösung x == ^±y-^ + a b zu erhalten,
worin der obere Werth, der zum Orte n wirklich passt, der negative
des früheren Falles ist. Allein indem dieser negative Werth hier-
durch einigen Sinn gewinnt, so muss auffallen, dass dies wieder nur
auf Kosten des ändern möglich war, der nun wieder seinerseits keine
Verwendung hat. Wird hier wohl der Relation des Positiv- und Ne-
gativsein irgend befriedigende Aufklärung zu Theil, oder ist dieselbe
vielmehr schon im vorhinein gar nicht möglich, weil sowohl a und &,
als auch c positiv auftreten, ungeachtet sie verschiedene Lagen haben.
Es lässt sich in der That durch gar nichts begründen, dass das posi-
tiv ausfallende x die Lage von c und nicht die von b oder a haben
müsste, so wie auch umgekehrt, dass es längs b oder a fallen müsste
und nicht auf c. Und bedenkt man, dass die Divergenz der Lagen von
b und c, sowie auch der Ort k auf keine Art dergestalt determinirt
sind, um nicht insgesammt verschoben werden zu können, so geht
hervor, dass es dieser Geometrie nicht möglich ist, irgend eine
Lage als ausschliessend positiv zu fixiren. Und eben darum kann
auch die ihr entgegengesetzte oder negative keine Bestimmtheit
gewinnen. Solche Fälle haben, je häufiger sie wurden, der Vete-
ranin desto grössere Verlegenheiten bereitet, je mehr zu sehen
war, dass die Rechnung unbeugsam allzeit Eines Sinnes ist, dass
sie von der räumlichen Verwendung aller ihrer Grossen, welche
bei höheren Potenzgraden durch Wurzelausziehucg aus ihnen
schaarenweise hervorbrechen, niemals ablassen wird, während
die Geometrie sich bewusst sein müsste, dass ihr schon eine nega-
tive Grosse etwas imaginäres war. Der bis auf den Grund gehende
Zwiespalt zwischen beiden, und aber auch die leidige Unmöglich-
keit einer je mehr herzustellenden Übereinstimmung lag als offene
Thatsache vor. Wie sehr auch die Geometer sich abmühen moch-
ten, es zu einer Vereinigung der Rivalen zu bringen — die Rech-
nung griff mit einer Consequenz und Entschiedenheit durch, dass
man nicht umhin konnte, sie eben darum werthzuschätzen und
in dieser wohlgeordneten Kraftäusserung ein noch nicht gehab-
tes Instrument zu erkennen, wenn es darauf ankam, irgend wider-
spruchlose Resultate zu entwickeln. So wendeten sich die Hoffnun-
gen und Erwartungen der Denker in Masse der Rechnung zu,
während die Geometrie mit dem gebrochenen Bewusstsein verlassen
27 *

420 RylL Elemente
wurde, und so traten Euklid, Apollonius und Archimed in
den Hintergrund.
§. 14. Indem die allgemeine Ansicht diese Richtung genommen
hatte, war die Niederlage der alten Geometrie entschieden. Nichts-
destoweniger liess die Rechnung sich die einmal versuchte Beherr-
schung des Raumes nicht mehr nehmen; — es wurde auch ferner-
hin in Anwendungen auf den Raum gereclinet; allein, anstatt von der
schon organisirten alten Geometrie ausgehend, die Rechnung mit ihr
zum Einklang bringen zu wollen, wurden nunmehr geradezu umge-
kehrt, die Raumzeichnungen abhängig von der Rechnung bestimmt
Hierdurch war thatsächlich der Primat der Rechnung vor der alten
Geometrie auf der Raumunterlage in Vollzug gekommen, und von da
an hat bis jetzt die Rechnung im Raum und seiner Analyse die
Oberhand.
Die Bezeichnung der Grossen mit Plus und Minus wurde jetzt
der alten Geometrie zum Trotz als Grundlage angenommen, es wur-
den solche Grossen in Functionen verknüpft, und das was die Rech-
nung aus ihnen hervortrieb, als massgebend für die neuere Geometrie,
als deren eigentlicher Gehalt aufgestellt. Es wurde der Raum als
völlig unbearbeitet gesetzt und vorgenommen, und was in ihm erschei-
nen, in ihn gezeichnet werden sollte, rein von der Rechnung erwar-
tet. Und so hat eine selbstständige neuere Geometrie in den dar-
gelegten Umständen den Anlass zur Entstehung, und in dem erfin-
denden Scharfsinn ihrer Begründer ihre Organisirung gefunden. Es
liegt nunmehr auch noch daran, den Organismus dieses neueren
Systems seinem Charakter nach kennen zu lernen, um in der Lage
zu sein, sowohl eine Vergleichung mit dem alten Systeme anstellen
zu können, als auch die Bedeutung der bereits gemachten Erfahrun-
gen des neueren Systems im Lichte zu erblicken. Ich halte es für
nothwendig, hier an jenen Scheideweg zu erinnern, der im §. 11
vor Augen gelegt worden ist, da es nämlich aufgegeben war, in der
Alternative zwischen Verwerfung oder Anerkennung der ünterschie-
denheit der beiden Linien, die einen Winkel einschliessen, zu wäh-
len. Die alte Wissenschaft hatte zur Basis die Verwerfung derünter-
schiedenheit. Indem die neuere Geometrie von der Grundlegung der
alten abgegangen ist, hat sie dadurch an den Tag gelegt, dass sie
auf jenem Scheidewege zu der ändern Alternativen gehe. Indem also
auch die Erörterung von jetzt an eben dahin übergeht, wird es die

der Lagerechnung. 421
weitere Frage sein: Ob der Geist dieser ändern Alternativen, als
welche in der Anerkennung jener ünterschiedenheit besteht, in der
neueren Geometrie die Celtung wirklich erlangt hat, zu welcher die
Richtung genommen worden ist
§. lä. Nachdem durch Descartes Geometrie vom Jahre 1637
die neue Bahn gebrochen war, indem er namentlich in der H. Abthei-
lung des genannten Werkchens den ganz neuen Versuch gethan: die
Natur aller ebenen Curven durch eine charakteristisch sogenannte alge-
braische Gleichung zwischen zwei Grossen darzustellen, die als Coordi-
naten gleichabsolut aber auf einander senkrecht sind, so lenkten alsbald
alle Rechner in diese neue Laufbahn ein, und es sind die Fragen
über Berührungen, grösste und kleinste Ordinaten, Rectificationen,
Quadraturen der Curven und ähnliche Probleme, wie man weiss, die
interessantesten geworden, und denselben war es sogar beschieden,
die Geburtsstätte einer neuen Rechnungsart zu werden, die sich zu
einer merkwürdigen Brauchbarkeit anstellig zu zeigen begann, näm-
lich des Differenzen- und Differenz iaicalcüls. Mit der Ableitung und
Entwickelung von ebenen Curven aus algebraischen Gleichungen,
war auch Format neben Descartes aufgetreten und so concen-
trirte sich geraume Zeit aller Scharfsinn in der Analyse der ebenen
krummen Linien, bis endlich Clairaut im Jahre 1732 der Erste
den Übergang zu Curven von doppelter Krümmung gemacht, und so
den Raum erschöpft, mithin das System vollendet hat. Er drückt,
wie bekannt, die Natur dieser Curven durch Gleichungen zwischen drei
Coordinaten aus. Das System ruht also auf einer dreifachen Wieder-
holung von 4- und —, wie dies zur Erschöpfung des Raumes unum-
gänglich schien, und charakterisirt sich demnach dadurch, dass zu
seiner Verfassung nur drei Richtungen verwendet sind, die als gleich-
ursprünglich oder absolut, also einander gleichgeltend, das ist coor-
dinirt betrachtet werden. Während das alte System unendlich viele
Coordinaten zählte, zählt dieses drei. Fragt man nun, welche Fort-
schrittsbewegung die Geometrie gethan, da sie vom alten System zum
neueren überging, so liegt es nunmehr auf flacher Hand: es geschah der
Übergang in der Grundlegung von unendlich vielen in die Verfassung
aufgenommenen Coordinaten zu dreien — (ein analoger Übergang mit
jenen, wo einStaatvon der reinen Demokratie übergeht zumTriumvirat).
Die Richtung des Fortschrittes ist hierin also mit Bestimmtheit
ausgesprochen, sie zeigt nämlich an und geht den Weg der Coordi-

422 Byll Elemente
naten-Verminderung. Und kommt ferner noch hinzu, dassnoch heute
die Wissenschaft auf dem Boden des Drei-Coordinatensystems steht,
so liegt der übrige noch mögliche Schritt klar vor Augen. Es ist
nämlich noch die Möglichkeit übrig, nur Eine Einzige absolute Rich-
tung zur Grundlage zu nehmen. (Dieses wäre wieder analog dem
Übergang vom Triumvirat zur Monarchie.) Die Möglichkeit eines
solchen Schrittes hat demnach für aufgezeigt zu gelten, und zwar
wie gesehen worden nicht nur historisch, sondern, wenn man
auf die Eigenschaften der anfangs betrachteten Function f (6)
sieht, auch algebraisch, oder dem Gehalte nach . . Nach diesem
wird über die leitende Idee der vorliegenden Arbeit kein Zweifel
übrig bleiben können; es hat nämlich die zweite der im ^. 11
ausgesprochenen Alternativen, wie erklärt worden ist, den Um-
stand für sich: dass sie allein es ist, bei welcher eine Rechnung
der Lage wenigstens nicht schon im tiefsten Grunde erstickt wird;
dabei ist auf dem Boden dieser Alternativen bloss ein Drei-Coor-
dinatensystem entstanden, welches einerseits eine Rechnung der
Lage noch nicht ergeben, andererseits aberden so eben angekündigten
Fortschritt noch übrig gelassen hat, »und den, in der Aussicht, dass
er mit der Begründung einer Lagerechnung im engsten Zusammen-
hange stehen müsse, zu thun, ist Ziel dieser Arbeit."
Es kommt nur noch zu fragen: ob dieser vorbereitete Schritt
auch durch ein auf der Natur des Drei-Coordinaten-Systems beru-
hendes Bedürfniss gegründet wird.
§. 16. Auch auf dieser Seite lässt sich das Bedürfniss hierzu in
mannichfacher Gestalt sogar historisch-thatsächlich erweisen. Das
neuere System hat nämlich zwar unstreitig jeder von ihm abhängigen
Wissenschaft grossen Vorschub geleistet; so muss ihm, um nur bei-
spielsweise zu reden, als ein wichtiges Verdienst verdankt werden,
dass es kraft der Rechnung, die in ihm massgeb end ist, die Resultate
erzielt hat, wodurch sich die neuere Astronomie überhaupt, die neuere
Mechanik und Physik bereichert erkennt; allein alles dieses vermag
nicht vergessen zu machen: dass es ja die Gesetze der Rechnung
nur sind, denen die leistende Kraft innewohnt, also das System, so-
weit dem mit fremden Federn geschmückten Vogel gleich dasteht,
und dass man mit Bedacht fragen kann: Ob das Coordinatengerüst
des Systems den Äusserungen dieser Kraft nicht etwa, gleichwie das
alte, Abbruch thut. Würde solches sich als Thatsache aufzeigen

der Lagerecbnung. 423
lassen, dann würde man mindestens sagen können, das System str-eite
mit sich selbst, die Fortschrittsbewegung sei noch nicht an dem
rechten Punkte, noch nicht am Ziele angelangt, und es ergäbe sich
ein Bedürfniss zu dem vorgedachten Schritt. Der Organismus des
Systems widerspricht aber wirklich den Gesetzen des Calcüls. Denn,
indem das System nur Plus und Minus kennt und verträgt, bringt die
Rechnung auch die Form y—i hervor; zu geschweigen, dass sie
__v~=\
auch zu Vl u. a. führen kann. Indem aber der Primat der Rech-
nung von der geometrischen Grundlage in diesem Systeme zur histo-
rischen Thatsache geworden ist, weil dasselbe von D es zartes eben
auf dieser durch die Geschichte ins klare Licht getretenen Basis ge-
baut wurde, so ist es widersprechend, wenn das System die imagi-
näre Form \^l nicht etabliren kann. Wird diese aber etablirt,
und zwar wie die Rechnung erheischt im Sinne \/— l == f {—\
wie oben gesehen worden, so ist es abermals widersprechend, dass
auf den Linien B und D, die imaginäre Form theils mit einer posi-
tiven, theils mit einer negativen Grosse zusammen gefuhrt wird: da
sie hier einander gegenseitig delogiren, indem nur Eine den Platz
behaupten kann. In solchem Falle jedoch, wo wie hier, eine Raum-
anweisung nach algebraischem Gesetze mit einer von blosser Willkür
herrührenden in Collision geräth, kann der Ausweg nicht zweifelhaft
sein; es muss gegenüber dem Gesetze die Fiction verschwinden,
weil dies die Bedingung ist, unter welcher allein das anerkannte Ge-
setz zur Geltung und durchgreifende Consequenz zur Verwirklichung
kommt. Auf den speciellen Fall f(7c) === — l aber gesehen, so muss
man inne werden, dass dieser in dem System wirklich zugelassen ist,
— denn negative Coordinaten sind darin. Beides zusammenfassend,
muss man zu der Erkenntniss kommen: dass in diesem Systeme die
zweite im •§. 11 hervorgehobene Alternative weder geläugnet, noch
vollzogen ist. Soweit bleibt hier der system-bauende Scharfsinn auf
halbem Wege stehen; es liegt darin etwas Anlage zum Guten, aber
nichtsdestoweniger herrscht auch Neigung zum Rückfall vor, und die
Wissenschaft im Ganzen erscheint in einem solchen Zustande der
Lähmung, als ob sie eine Erbsünde trüge. Mögen die durch Fiction
aufgestellten Coordinaten eine wie immer gewählte Lage haben, das

424 Ryll. Elemente
heisst: mögen dieselben orthogonal sein oder schief; der Widerstand
den sie dem algebraischen Gesetze entgegenstellen, ist seiner ümern
Natur nach kein anderer, als jener war, mit dem das algebraische
Gesetz gegenüber der Geometrie des Alterthums zu kämpfen hatte.
Denn man kann nicht bloss die Wahrnehmung machen, dass die For-
men Yl in allen Fällen, wo sie vorkommt, vom Eintritt in das
System ausgeschlossen wird, sondern auch Fälle sogar zeigen, wo
selbst die negative Form etwas Unmögliches ist. Um Letzteres zu
sehen, braucht man nur den Krümmungsradius irgend einer Curve zu
rechnen, so tritt derselbe mit dem Vorzeichen ± auf, um die Er-
fahrung herbeizuführen, dass nur der positive Werth einen Sinn hat
und verwendbar ist, während — den Zufall ausgenommen, der am
Wendepunkt zwischen Convexität und Concavität sich insinuirt
zwischen der ganzen ändern Hälfte des Resultats und dem System die
Frage auf Sein und Nichtsein geht. Dessgleichen findet Statt, wenn
aus den Coordinaten eines Raumortes der Radiusvector, einfachen
Falles in der Form r^^x^+y^+z2 gegeben wird, woraus gleich-
falls r zweiwerthig folgt. Bedenkt man noch, dass r hier und dort
zweiwerthig hervorgeht, mögen die Coordinaten, welchem Orte immer
zugehören, oder mögen die verschiedensten absoluten Werthe der-
selben, bei ihrer Independenz, wie immer mit + und — verbunden
sein; so setzt sich dieser positive Vector ganz nach Art und Geist
der alten Geometrie in allen Raumlagen fest, so dass in Beziehung
auf ihn das Vorzeichen " aus dem ganzen Räume hinausgewiesen
wird, mithin in dieser Beziehung die negative Grosse unmöglich er-
scheint. Das neue Cartesische System hat also die Eigenschaft, die
negativen Grossen unter gewissen Titeln, z.B. als Ordinate, Abscisse,
zu kennen, ihr die Aufnahme zu gestatten, unter ändern z. B. als
Radiusvector, Krümmungsradius, dieselbe aus dem Räume hinaus-
zuweisen, d. h. ihm ist diese Grosse bald möglich, bald das Gegen-
theil. Und dieses kann nicht consequent sein. Wir wollen aber
weiter sehen.
§. 17. Es ist sicher ein wesentliches Erforderniss eines wissen-
schaftlichen Systems, dass das, was axiomatisch zu Grunde liegt, und
woraus durch Schluss neue Erkenntnisse ermittelt werden sollen, eia
Evidentes sei, oder dass es, das System nämlich, seine Anstalt
und Mittel vollkommen kennt. Ich beabsichtige hier nicht, noch

der Lagerechnung. 428
einmal auf die Verlegenheiten hinzuweisen, die schon aus den Formen
y=i~
y—l und V—i u. a. hervorgegangen sind, weil über diese,,
wiewohl nichtig und grundlos bemerkt werden kann, sie seien in die Ver-
fassung des Systems nicht einverwebt, sondern es reicht hin, die nega-
tive Form in Frage zu ziehen. Selbe steht offenbar im System unter dem
Namen der negativen Coordinaten. Die Geschichte vermag aber wenig
Licht überdiese Grössenform zu verbreiten. Schon Descartes, also
derjenige, dem das System den Ursprung verdankt, traute dieser Zahl-
form nicht und nannte selbe falsch. War eine algebraische Gleichung
(und solche wurde die Geburtsstätte der neueren Geometrie) nur
durch negative Werthe zu erfüllen, so wurden diese von ihm, charak-
teristisch genug, falsche Wurzeln genannt. Was mochte wohl die
Ursache dieser Benennung sein? Man braucht aber nicht bei Des-
cartes dieserwegen anzufragen, auchLeibnitz und Job. Ber-
noulli haben sich darüber nicht vereinigen können, und nachdem
sich ganze Menschenalter müde geforschst haben, wie z.B. aus Thi-
baufs „Historia controversiae circa numerorum ^ negativorum et im-
possibilium logarithmos. Gottingae 1797" ersehen werden kann,
haben selbst Geometer, die der Jetztzeit viel näher stehen, noch ge-
fragt: Ob wohl das Charakteristische der isolirten negativen Grosse
aufdieLage oder auf den Zahlwerth zu beziehen sei? Dass es milder
Durchführung des Merkmales der Lage nicht ins Reine kommen konnte,
war schon oben zu sehen, indem das Coordinatsystem die negative
Grosse bald möglich findet, und bald nicht. Auch d^Alembert nannte
das Princip der Lage obscur und vag. Und dass das Zahlwerth-
princip die Zweifel zu unterdrücken nicht vermag, wornach Alles,
was negativ ist, kleiner sein soll als jeder positive Werth, kann
d'Alemberfs sehr gut treffende Proportion l — l ===l — l
zur Genüge lehren, wenn wornach l >l wäre, auch sein müsste
— l > l, da nur fallende Verhältnisse einander gleich sein können,
— was aber widersprechend ist; so dass auch dieses Princip in sich
selbst zerfällt. Ein leidiger Zustand: dass nur Zahlwerth und Lage
an einer Grosse sich unterscheiden, und in der Alternative, dass ent-
weder diese oder jene helfen soll — dies keine &u thun im Stande
ist. Man sieht das System hat die fernere Eigenschaft: seine eigenen
Elemente nicht zu kennen, oder Nichtevidentes zu Grunde zu le^en,

426 Ryll Elemente
Es ist sogar, sagt Carnot, nicht einmal richtig, die Grossen + und
— gemeinschaftlich reel zu nennen; denn wären sie es auf gleiche
Art, warum wäre dann die zweite Wurzel aus der einen nicht eben
so reel, wie die aus der anderen?
Nur anmerkungsweise sei hier gesagt, dass der vorgeschlagene
Fortschritt auch hier zur Versöhnung führt. Bedient man sich um der
d^Alemberf sehen Proportion aus ihren Schwierigkeiten zu helfen
der Lagefunction f (ö) in dem speciellen Falle f(2 ^) === f(rc) . f(n\
so hat man evident f (2^)— f (0 ==/* Qr)f (o) was eben die-
selbe Proportion ist, aber mit Beleuchtung der dort so paradoxen Re-
lationen; so dass man ersieht, warum die negative Grosse f (^) in
der That sowohl kleiner als die positive, nämlich f (;r) < fC^n),
als auch grösser als dieselbe nämlich f(^) > /^(o), sein kann. Die
interponirte Lagegrösse kann nämlich bald grösser bald kleiner sein.
§. 18. unter den Fragen der Phoronomie ist diese gewiss eine
der wichtigsten, welche den analystischen Ausdruck für den zurück-
gelegten Weg verlangt; es ist dies eine Frage nach einer indivi-
duellen Function der Zeit. Welche Antwort aber wird ihr zu Theil?
Ist es ein geradliniger Weg, so gibt es dafür die elementaren For-
meln $ === c t; s == % g t2; s == a cos Q t, und ähnliche, die wirk-
lich Zeitfunctionen sind, obwohl sie noch immer die Richtung des
Weges verschweigen. Ist die Bahn dagegen krumm, so verschweigt
dieAnalyse selbst den absoluten Weg. Sie gibt nur eine ausweichende
Antwort, indem sie bloss die geradlinigen Bewegungscomponenten nennt,
und wird die resultanteBahn verlangt, so geht unter ihrer Entwicke-
lung die Zeit verloren, und man erhält einen Ausdruck zwischen den
Coordinaten, ohne Zeit; also keine Zeitfunction mehr. Wahrlich ein
starres Resultat, welches nur ungenügend erscheinen kann. Und so
hat dies System die weitere Eigenschaft, geradlinige Bewegungen
zu kennen, krummen Bahnen dagegen nicht gewachsen zu sein, da
doch diese wohl fast die einzigen wirklichen sind.
Auch dieser Umstand spricht zu Gunsten des vorgedachten Fort-
schrittes; denn es kann in der That nichts einfacher sein, als in der
Function f (ö) die Grundgrösse 6 in zwei Factoren aufzulösen, davon
der eine die Zeit vorzustellen hat, und alsbald hat man durch 9 == et,
bei coüstanten Werthen für a und c, die Form r === a f (c t), welche
selbst unter ablaufender Zeit schon eine Kreisbahn genuin repräsen-
tirt, worin a die constante Ceutraldistanz ist, die peripherisehe

der Lagerechnung. 427
Geschwindigkeit = c a, die Winkelgeschwindigkeit === c, der zurück-
gelegte Weg == a c t, und der jeweilige Raumort am Ende von r er-
scheint; wozu noch kommt, dass der initiale Zustand mit 6 == c f==o
das ist t = o, auf die absolute Lage zu beziehen ist, von wo aus
die Bewegung sich entwickelt.
<§. 19. Auch L ei bnit z e n'1 s Scharfblick drang tief in die Ver-
fassung des Systems ein. Und es ist eine wohl treffende Bemerkung,
die er diesfalls that: Er vermisse in der neueren Analysis überall
noch eine Rechnung der Lage, von der er dafürhalte, dass sie von
der Rechnung der Grossen würde verschieden sein müssen, die aber
auszuführen nicht einmal noch versucht worden sei. Er sah also
wirklich von dem Standpunkte des Primats der Rechnung vor der
Geometrie, auf das System hinüber, dachte sich die Algebra als zur
Herrschaft im Räume berufen — denn wie konnte er sonst Lage und
Rechnung in Verbindung bringen? —und fand: die Lage könne
nicht anders als von den gewöhnlichen Grossen verschieden, in die
Rechnung einbezogen sein. Wahrlich, je mehr man das Eigenthüm-
liche eines Systems denkt, welches auf nur Einer absoluten Richtung
ruht, und den spähenden Blicken Leibnitzen^ beobachtend nach-
folgt, der schon beiläufige Umrisse sich davon zu entwerfen begann,
desto mehr wird man erkennen, dass er es bergab hatte, den letzten
Schritt zu thun. Indßss hiervon abgesehen, bleibt die historische
Thatsache stehen, schon damals sei es ein Bedürfniss der Algebra
gewesen, sich der Lage als einer besonderen Grosse vom Grund zu
bemächtigen, und schon damals habe der Wurm an des Coordinat-
systems Stützen genagt. D^Alembert hat unzweifelhaft m gleicher
Weise einen Standpunkt eingenommen, von wo der alle Zweige des
Calcüls organisirend durchwehende Geist erschaut wird, und wo Ein-
zelheiten nicht mehr hindern können, die Angelegenheiten und das
Loos der gesammten Wissenschaft mit einem allgemeinen Blick zu
umfassen, und er hat den nämlichen Mangel erkannt. Ja noch mehr,
indem er vermuthete, dass eine besondere Rechnung der Lage viel
zur Vereinfachung des Calcüls beitragen dürfte, konnte er (s. Ency-
clopedie, Art. Situation) der freilich unbestimmten und dunklen,
immer aber bedeutungsvollen Besorgniss sich nicht erwehren: dass
die gegenwärtige Verfassung der Analysis mit ihrer Goniometrie,
sich mit einer solchen, andere Wege gehenden Rechnung der Lage
nicht würde vereinbaren lassen. Ihm schwebten also für die Integrität

4,28 RylL Elemente
der Analysis noch in Reserve stehende Gefahren vor. Man kann
nicht umhin, in diesen Thatsachen und ürtheilen Symptome eines
noch einmal neu beginnenden Kampfes zwischen Geometrie und Rech-
nung, als des Kampfes zwischen Fiction und algebraischein Gesetze
zu sehen, damit das Letztere sein Recht sich vollends vindicire.
Denn, dass eine besondere Lagerechnung möglich sei, dies zu läug-
nen hatte Niemand den Beruf noch gefühlt; sie ist gar zu gut begrün-
det, indem die neue Analysis, ja selbst von der Alternativen der Un-
möglichkeit zu jener der Möglichkeit (§. 11) die Richtung genommen,
auch'bereits in dem speciellen Falle f (n) == — l den Lageeinfluss
in den Calcül berufen hat; so dass nach geschehener Befreundung
mit der leitenden Idee (§. 18) , nur den übrigen speciellen Fällen
noch der Eintritt zu erobern bleibt. Und weil denn neben dieser Mög-
lichkeit die Mängel des neueren Systems zu Tage liegen, auch
historisch zu Tage liegen, so ist es wahrlich nicht zu früh, erst jetzt
über das Bedürfniss des Fortschrittes zu fragen, sondern vielmehr
reife Zeit, demselben gerecht zu sein, auf dass der alte Kampf zwi-
schen Gesetz und Fiction ein Ende nimmt. Hiermit dürfte das histo-
rische Bedürfniss um den vorgedachten Schritt gleichfalls begründet
sein. Ungeachtet die Idee von einer Rechnung der Lage so alt, ist
doch die Geschichte ihrer Verwirklichung ziemlich arm, — wenn
man von den Versuchen absieht, die wenngleich im Grunde verwandt,
doch andere Richtung hatten, wie die Untersuchungen über Grossen,
die man negative und imaginäre genannt. Doch kann der Stand und
die Fortgeschrittenheit der Sache aus einem neuern Werke ersehen
werden, worin auch auf frühere Arbeiten Bedacht genommen ist,
nämlich Carnot^s „Geometrie de position" vom Jahre 1803. Es ist
dies ein grosser Versuch, der aber schon von vorneherein jedes
eigene Ziel aufgibt, indem er erklärter Massen stell an die gewöhn-
liche Goniometrie und das Drei-Coordinatengerüste klammert, mithin
seinen Charakter und Bestand von diesen entlehnt. Nunmehr erübrigt
also nur die Verwirklichung des vorgedachten Schrittes. Indem auf
diese Art ein System zu Stande kommen soll, worin die Anzahl der
coordinirten Grossen auf das Minimum, auf Eine sich reducirt, so
versteht sich wohl von selbst, dass dies kein Coordinatsystem mehr
werde sein können, sondern dass dasselbe, weil alle Grossen und
Lagen als Untergeordnete nur einer Absoluten erscheinen, eher
als ein Subor^inatsystem erkannt werden dürfte. Die Mittel, durch

der Lagerechnung. 429
deren Anwendung dasselbe sich des Raumes vollständig bemächtigt,
sind einfach eine absolute Zahlenlinie, wie oben ß, und die Lagefunc-
tion f (6)f worin nicht nur Q seinerseits alle durch Rotation seiner
Ebene um eine Axe erreichbaren Lagen festzuhalten bestimmt ist,
sondern auch nach Erforderniss die absoluten Werthe von a und 9
einzeln, oder beide zugleich variabel sein, auch im gegenseitigen
Zusammenhange auftreten können, um den Zugang zu den mannig-
fachsten Orten im Räume nach den mannigfachsten Gesetzen zu bah-
nen und zu regeln. Während weder die Geometrie des Alterthums,
noch das Dreicoordmatensystem Recht hatten zu sagen, dass ihnen
irgend welche Lage im ganzen Raum als ausschliessend positiv galt
(denn dort gab es absolute Grossen in allen möglichen Orten und
Lagen, hier positive Vectoren gleichfalls in allen Lagen, dagegen
positive Coordinaten nicht in allen, sondern nur in drei verschiedenen
Positionen), so nimmt das Subordinatsystem diesen Willkürlichkeiten
den Nerv und der Täuschung den Spielraum weg, und gibt so den
Grössenformen in Anwendung auf entsprechende Raumverhältnisse
durchgängige Bestimmtheit. So wird der Algebra derjenige Sieg vol-
lends zu Theil, um den sie seit dem neunten Jahrhundert auf euro-
päischem Boden kämpft; womit auch der zweiten im ^.11 ausge-
sprochenen Alternativen, endlich genug gethan sein wird ... Es
wird übrigens die Geometrie des Alterthums hierwegen keineswegs
für überflüssig oder auch nur für entbehrlich erklärt, denn es ist
gesagt worden, dass dieselbe nur keine Rechnung vertrage, die zu
negativen Grossen fuhrt. Wo die Rechnung daher nur auf absolute
Grössenwerthe, oder auf Verhältnisse absoluter Grössenwerthe, oder
auf aus absoluten Grössenwerthen combinirte absolut bleibende Aus-
drücke ausgeht, da kann und wird die Geometrie des Alterthums
nicht minder wie die reine Arithmetik selbst ihreCompetenz nie ver-
lieren, und kann so weit auch nicht entbehrt werden. Nur wo im
Gegentheile Grossen auf die Lage wirken, da muss die Rechnung auf
das Gebiet des Subordinatsystems treten, und mit dessen Mitteln ihre
Probleme lösen. Die zu Rechnungen mit absoluten Grossen gehöri-
gen Mittel, als: Arithmetik, alte Geometrie, Infinitesimal - Calcül
sind bekannt, und so erübrigt nur noch, mit dem innern Organismus
der Lagefunction f (6) volle Bekanntschaft zu machen, worauf nun
unmittelbar in den Folgenden eingegangen werden soll.

430 Peche. Bestimmung der
Herr Dr. Hartmann, Edler von Franzenshuld, Professor
der Mathematik an der philosophischen Lehranstalt zu Görz, über-
reicht ein Manuscript: „Ein neues allgemeines Gesetz der Dreieck-
seiten und dessen Anwendungen," mit dem Ersuchen, um Berücksich-
tigung dieser Arbeit.
Der Herr Verfasser geht von folgendem Lehrsatze aus: Wird
in einem Dreiecke vom Scheitel des von den Seiten a und b einge-
schlossenen Winkels zur dritten Seite eine Gerade s gezogen, wo-
durch die Segmente c und d entstehen, so findet die Gleichung:
(a3 — c2$2) d + (68rf8s2) c == o
Statt. Dieser Satz wird aus den einfachsten Gründen unmittelbar
bewiesen und mannigfaltig angewendet.
Die Classe weiset die Abhandlung den wirklichen Mitgliedern,
Herren Koller und Salomon zur Berichterstattung zu.
Von Herrn Ferdinand Peche, Dr. der Philosophie, ist eine
handschriftliche Abhandlung eingegangen, welche die Bestimmung
der Integrale
x^x .r x^^x
und
C -^ und L
JVA-^Bx^Cx^+Dx3 JV
' YA-^Bx^Cx^+Dx3 J V A-i-Bx+Cx^+Dx^+Ex^
wenn n eine ganze Zahl vorstellt, in geschlossenen Formen zum
Gegenstande hat.
(Wird den Herren Koller und v. Ettingshausenzur Begut-
achtung zugetheilt.)
Der Herr Verfasser spricht sich über seine Arbeit folgender-
massen aus:
Die Durchführung dieses Problems beruht auf drei Hauptideen:
l) auf dem Lehrsatze: dass sämmtliche Integrale
x^äx , C x^Ax
und
r x±^x _, r
l ^, und /.,.
JVA+Bx^Cx^+Dx3 JV
f A+Bx + Cx^+Dx3 J V Ä+Bx^Cx2+Dx3+Exlk
geschlossen integrirbar seien, sobald eines derselben, z. B. das Ein-
fachste, die erwähnte Eigenschaft besitzt;
2) auf der Betrachtung der durch Substitution im irrationalen
Nenner eingeführten Ausdrücke vierter Abmessung. Es kann nämlich
die Lösung des einfachsten Integrals, auf welches die anderen zurück-
geführt werden, durch keine einfachere Substitution als durch

Integrale etc. 431
y;^o 4- x + wy + w^ eingeleitet werden; dadurch wird zwar
der irationale Nenner Von achter Abmessung, allein es sind zugleich
fünf unbestimmte Grossen eingeführt, die dem Zwecke, einer einfachen
Lösung gemäss, bestimmt werden können;
3) auf der Wahl jener Bedingungsgleichungen, für welche eine
Zurückführung des einfachsten Integrals auf bereits gelöste mög-
lich wird.
Die erste Hauptidee wird im ersten Capitel behandelt und
stützt sich auf drei Lehrsätze:
A. Die Lösung der Integrale
x-^^x , r x^^x
r x±n^ und r
J\ A^Bx+Cx^-^Dx^ J\
auf die der Integrale
/.
^VA^Bx+Cx^-^Dx^ J \ A+Bx+ Cx2 ^-Dx^+Ex^
kann auf die der Integrale
r ay^cb?____
J\ (^-a3) (^-^
zurückgeführt werden.
Zur Nachweisung dieses Satzes war es nöthig, zuerst das
Integral
^ äx
JVA+Bx+W+Dx^+Ex*
zu behandeln und dabei den gewöhnlichen Gang zu verlassen, weil
derselbe bei der weiteren Behandlung der allgemeinen Integrale nicht
mehr brauchbar wird; ein Umstand, den schon Euler bemerkt und
der ihn wahrscheinlich verleitete, diesen Gegenstand voreilig zu
verlassen,
B. Sämmtliche Integrale
x^-^x
Jv
^a—a2) (x^-ß2)
sind geschlossen integrirbar, sobald dasselbe von den beiden Integralen
r to und r
J \ (a?2-a4) (x^-ß2) J V
gilt.
C. Das Integral
da? ___ , f _____^da?___
r \ (a?2 -a^ ^-ß2) un JV^-^) C^-^2)
fy
J \ (^^) (x^ß2)
lässt sich auf das andere

432 Peche. Bestimmung der
zurückführen. Die Behandlung dieses Satzes ist in diesem Capitel
die schwierigste; denn sie erfordert in der Substitution x == 1 + au
ö + u
die zweckmässige Wahl der unbestimmten Grossen a und &, da nur
bei Einer Wahl diese Zurückführung möglich ist.
Die zweite Hauptidee wird in .den fünf folgenden Capiteln
behandelt.
Das zweite Capitel beschäftigt sich mit der Bestimmung der
Wurzelfactoren eines Ausdruckes vierter Abmessung. Es war hier
wesentlich, einen neuen Weg in der Auflösung der algebraischen Glei-
chungen vierten Grades einzuschlagen. Derselbe wurde durch Ein-
führung zweier Hilfsbögen y und yi (wovon yi eine Function von y,
und y eine Function der Coefficienten vorstellt) eingeleitet. Es war
zugleich von Wesenheit yi^==y zu bilden, wodurch die Gleichung
einer Transformation bedurfte, die in der Verringerung der Unbe-
kannten um eine Grosse p besteht, die wieder durch eine cubische
Gleichung ü) == o bestimmt wird.
Bei der Bestimmung des Werthes y kömmt man auf den Umstand,
dass für dasselbe zwei Werthe und somit acht Ausdrücke für die
Wurzeln resultiren. Es liess sich aber erweisen, dass, wenn die Wur-
zeln für den ersten Werth von y durch 2^, z^ z&, z^, für den zweiten
durch Zi, Zg, Zg, 2^ bezeichnet werden, folgende Beziehungen
zwischen den Wurzeln der transformirten Gleichung stattfinden:
Si==Z3, S2== 2^, s3===Zi, z^-==Z^; wodurch zugleich die Gele-
genheit geboten wird, die vier Wurzeln der biquadratischen Gleichung
ohne Unterscheidung von Fällen in einer sehr bequemen und symme-
trischen Form anzuschreiben. Da überdies durch die Gleichung
cü==o für p drei Werthe resultiren und die Wurzeln der biquadratischen
Gleichung als Functionen der Coefficienten und des p dargestellt sind,
so war zugleich der weitere Beweis nöthig, dass für sämmtliche^
die Wurzeln dieselben Werthe behalten, ohne etwa in einander zu
übergehen. Denn die Gleichung, die die Werthe von p liefert, für
welche die Wurzeln dieselben Werthe behalten, zeigt sich als iden-
tisch mit der Gleichung o) === o.
Das dritte Capitel behandelt den Fall der repetirten Wurzel.
Es wird aus der Vergleichung der dann erscheinenden Form eme

Integrale etc. 4 g g
Gleichung vierten Grades für p erschlossen, wovon der gültige Werth
zugleich der Gleichung ^ = o genügen muss, und welche erstere
Gleichung durch eine cubische ersetzt wird. Zugleich ergibt sich
für ein anderes p eine zweite Darstellung der Wurzeln, welche den
Vortheil gewährt, keine Unterscheidung bezüglich der Zeichen,
womit die Radicale zu behaftea sind, wie bei der ersteren, zu benö-
thigen. Es werden weiterhin die anderen Gleichungen, die sich
noch ergeben, betrachtet, wovon eine als mit der Gleichung co == o
identisch erwiesen wird. Die aus der Bedingung der repetirten
Wurzel fliessende Bedingungsgleichung der Coefficienten wird hier-
auf durch eine einfachere ersetzt, zu welchem Zweck das Stattfinden
zweier Gleichungen für einen besondern Werth von p untersucht
wird, und wobei sich zugleich ergibt, das dieser zweite Werth von p
eine repetirte Wurzel von ü) == o sei.
Im vierten Capitel werden die Bedingungsgleichungen für drei
gleiche Wurzeln ermittelt, und die erste Bedingung durch eine
einfachere ersetzt. Ferner wird gezeigt, dass die Gleichung c«) == o
alsdann drei gleiche Wurzeln besitze, und zugleich eine Eigenthüm-
lichkeit erörtert, vermöge welcher die Form der vierten Wurzel ver-
einfacht wird. Ebenso wird für den Fall, dass je zwei und zwei
Wurzeln gleich wären, eine Gleichung für p aus der Form der Wur-
zeln ermittelt, und von ihr wie von oo == o erwiesen, dass sie unbe-
stimmt sind. Hierauf werden die Bedingungsgleichungen dieses Falls
erörtert und auf eine Eigenthümlichkeit einer ändern Gleichung ge-
wiesen. Die Behandlung dieser Fälle ist nothig, um zu zeigen, dass
durch dieselben das einfachste Integral nicht zur Lösung vorbereitet
werden könne, indem jeder dieser Fälle zwei Bedingungsgleichungen
voraussetzt; dass daher das Integral nur auf Eine, wenn auch lang-
wierigere Weise zur Lösung vorbereitet werden könne.
Im fünften Capitel wird endlich der Fall untersucht, wo sich
die biquadratische oder die transformirte Gleichung nach den Regeln
einer quadratischen auflösen lässt, weil dieser Fall in der späteren
Durchführung des Integrals wesentlich wird. Es wird gezeigt, dass
sich dann die Bedingungsgleichung einfach dahin gestalte, dass der
erste Coefficient der Gleichung oo === o zu Null wird, wodurch die
cubische Gleichung für p zur quadratischen wird; wie denn auch
erwiesen wird, das a) der Werth ;?== o kein Werth dieser Gleichung
sein könne, undb) die beiden Werthe von p einander gleich sein müssen.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. I. Bd. ^8

434 Peche. Bestimmung der Integrale etc.
Im s e chs t en Capitel wird die Gleichung u === o näher betrach-
tet, um die einfachste Bedingimgsgleichung für die repetirte Wurzel
der biquadratischen Gleichung zu ermitteln. Es wird zu diesem
Zweck die allgemeine cubische Gleichung behandelt, und die Wur-
zeln auf eine analoge Weise, wie bei der biquadratischen, darge-
stellt. Es wird dann weiter zu der speciellen Gleichung «) == o,
deren Coefficienten zwei Bedingungen erfüllen, übergangen, und die
Bedingungsgleichung zwischen den Coefficienten für den Fall einer
repetirten Wurzel ermittelt. Diese einfachste Bedingungsgleichung
hat nunmehr viel einfachere Glieder in halber Anzahl.
Die dritte Hauptidee wird endlich im siebenten Capitel
behandelt, nachdem sämmtliche frühere Untersuchungen als Behelfe
hiefür dienen. Es werden im irrationalen Nenner von achter Abmes-
sung zwei unbestimmte Grossen so bestimmt, dass beide biquadrati-
sche Theile desselben zwei gleiche Wurzelfactoren enthalten. Hier-
durch zerfällt das Integral in drei Theile, deren irrationale Nenner
aber nur von vierter Abinessung sind. Es werden zwei dieser Theile
besonders behandelt und durch zweckmässige Substitution und die
Annahme von zwei Bedingungsgleichungen, wodurch die Nenner die
Form (x2 — a2) (»r3ß8) erhalten, zur weiteren Behandlung vor-
bereitet. Hierauf wird zur Bestimmung der fünften unbestimmten
Grosse die fünfte Bedingungsgleichung der Art gewählt, dass die
drei Theile sich auf zwei reduciren, die dann nach bekannten Regeln
integrirbar sind.
Es erübrigt zwar noch, die einzelnen Integrale in Tafeln zusam-
menzustellen, welche Arbeit jedoch, mittelst der im dritten bis sech-
sten Capitel entwickelten Untersuchungen, direct geleistet werden
könnte, und von mir, der ich mich mit der Möglichkeit der Lösung
begnügte, aus Mangel an Zeit nicht weiter verfolgt wurde. Ferner
wäre dieser Gang auch auf die Integrale mit irrationalem Nenner von
sechster und höherer Abmessung auszudehnen. Obgleich sich hier
die Schwierigkeiten häufen, weil algebraische Gleichungen von die-
sem Grade nicht losbar sind, so lassen sich dieselben doch auch auf ähn-
liche Weise behandeln, wie ich in einer späteren Abhandlung, falls
mir die Lage dazu geboten wird, mitzutheilen mir die Ehre vor-
behalte.

Langer. Einleit e.Arbeit über den Haarwechsel bei Thieren und Menscheu. 438
Herr Karl Langer, Dr. der Medicin- und Prosector an der
Wiener Universität, überreichte eine Arbeit über den Haarwechsel
bei Thieren und Menschen. In derselben wird der Vorgang bei dem
alljährlich wiederkehrenden Wechsel der Behaarung an den
meisten einheimischen Säuget hiergeschlechtern verfolgt, und
auch am menschli chen Haare nachgewiesen. Es war dies der
einzige auf die Anatomie der Haare bezügliche Gegenstand, der bisher
nach dem neuen Standpunkte der Mikroskopie noch nicht erörtert
wurde. Es ergab sich:
1) dass das untere Haar-Ende nach Beendigung des Haar-
wuchses sich vom Keime ablöst, zugleich in Form und Bau ein
anderes Auss ehen gewinnt; es wird spitzig, mark-und pig-
mentlos, daner durchsichtig, in Fasern zerklüftet. Mit Recht sind
daher die verschiedenen Formen der Haarzwiebel als Altersver-
schiedenheiten aufzufassen (Kohlrausch);
2) Der Haarkeim zieht sich in eine knospenartige
Ausstülpung des Follikels zurück und ist mit dunklen
Pigmentkörnern überkleidet, womit zugleich die erste Vor-
kehrung zur Bildung eines Ersatzhaares getroffen ist;
3) diese Vorbereitungen zur Bildung eines Ersatzhaares sind
schon einige Monate vor eintretendem Mausen eingeleitet;
4) bei eintretendem Mausen ist die Hau tu n g des Folli-
kels der erste Grund der Lockerung und des Ausfallens des alten
Haares;
5) durch Anhäufung von Pigmentkörnern über dem Keime und
ihre Entwickelung zu Zellen geschieht die Bildung des Ersatz-
haare s, die auf dieselbe Weise, wie in Embryonen vor sich geht,
und hiemit
6) von derselben Papille ausgeht, welche für das eben
ausgefallene Haar das Bildungsmaterial lieferte;
T) die innere Wurzelscheide, die ein selbstständiges, in
der Nähe des Haarkeims entstehendes Gebilde ist, umgibt das neu
keimende Härchen, gleich l^ei seinem ersten Auftreten, als eine
eigenthümliche Kapsel;
8) auch beim Menschen ist ein theilweiser und unregel-
mässiger Haarwechsel zu beobachten; der Vorgang ist wesentlich
derselbe wie bei den Säugethieren.
28 *

436
H a i d i u g e r. Antrag
Herr Bergrath Haidinger stellte folgenden Antrag:
Als ich am 4. Mai der hochverehrten Classe über die Herausgabe
des grossen Werkes von Herrn Barrande über das silurische Sy-
stem von Böhmen den Commissionsbericht erstattete, war es ihr von
den obwaltenden Umständen abhängender Beschluss, die Verhältnisse
erst genau geregelt zu sehen, unter welchen Werke dieser Art über-
haupt, vorzüglich durch die k. k. Staatsdruckerei, in Angriff genom-
men werden könnten.
Um doch einen schnelleren Angriff hervorzubringen, schlug ick
später Herrn Barrande vor, den ersten Plan aufzugeben, und da-
gegen die einzelnen Abtheilungen, als unabhängige Abhandlungen:
„Über die Trilobiten, Cephalopoden^ u. s. w. mir anzuvertrauen.
Ich würde sie der hochverehrten Classe in der Art übergeben, dass
sie einzelne Bände oder Abtheilungen der Denkschriften ausmachen
könnten. Mein Brief war Herrn Barrande noch nicht zugekommen,
als ich einen zweiten mit einem abweichenden Plane schrieb, mit dem
Er übereinstimmte, und dessen Inhalt ich heute der hochverehrten
Classe mit der Bitte um ihre freundliche Theilnahme vorzulegen die
Ehre habe.
Ich schlug nämlich Herrn Barrande vor, anstatt dass die
Akademie die Herausgabe selbst übernähme, würde ich gerne als
Vermittler eintreten, um dasjenige, was die Formen für die Unterneh-
mung einer auf mehrere Jahre hinaus unvermeidlichen Arbeit Unbe-
quemes-hätten, möglichst zu beseitigen, und dazu möge er mir für
meine Person die Herausgabe anvertrauen. Ich würde sie unterneh-
men, wenn es mir gelänge, von der kaiserlichen Akademie der Wis-
senschaften eine namhafte Unterstützung dazu zu erhalten.
Ich glaube nun das Unternehmen in dreiTheile nach denBänden,
aus welchen das Werk bestehen soll, zu zerfallen, und für jeden ein-
zelnen die Erzeugungsmittel nach und nach herbeizuschaffen.
Für den ersten Band bitte ich die hochverehrte, mathematisch-
naturwissenschaftliche Classe um eine Unterstützung von 1SOO fl.
Conv.-Münze.
Das Erscheinen des ersten Bandes ist soweit in der Ausführung
der Platten vorgerückt (2S Platten Trilobiten und 19PlattenCepha-
lopoden sind vollendet), dass die Zeit der Vollendung von dem Drucke
der 60 Bogen Text abhängt, welche ebenfalls grösstentheils druck-
fertig sind. Mit der von der Akademie bewilligten Summe würde

B a rrande's Werk betreffend. 4*17
möglichst hausgehalten werden, zugleich würde ich suchen, eine An-
zahl von Subscribenten zu gewinnen, endlich kann der Band vollendet
sein, bevor noch alle Zahlungsverbindlichkeiten berichtigt sind.
Einen gleichen Gang würde ich für den zweiten Band im
nächsten Jahre, für den dritten in dem darauffolgenden einzuhalten
suchen. Ich würde auch dann nicht fehlen, die grossmüthige Beihülfe
der Akademie anzurufen, aber doch das Werk jetzt schon unterneh-
men, ohne einen Beschluss der Akademie oder derClassezu erbitten,
indem ich die Verantwortung gerne so lange übernehmen will, bis
dieses schöne Werk vollendet ist. Einmal begonnen, habe ich die
volle Überzeugung, wird es nicht an den materiellen Mitteln fehlen.
Viele günstige Umstände vereinigen sich selbst in der gegenwärtigen
Zeit, die so sehr auf die wissenschaftliche Entwickelung nachtheilig
eingewirkt hat. Aber gewiss wird diejenige Arbeit gerne gefordert
werden, die auch in den schwierigen Tagen kraftvoll vorwärts ge-
schoben war.
Die Stellung, welche ich übrigens als Herausgeber einzunehmen
beabsichtige, ist folgende. Es werden 3OO Exemplare des Werkes
gedruckt; davon erhält Herr Barrande zuerst 50. Die übrigen sind
zum Verkaufe bestimmt, theils unmittelbar an Subscribenten, die
ich mir zu gewinnen angelegen sein lassen würde, theils durch den
Buchhandel. Ich würde die Stellung so lange beibehalten, bis durch
die Unterstützung der Akademie, durch Subscription, Beiträge und Ver-
ufe die Ausgleichung der Forderungen der verwendeten Künstler
und Industriellen herbeigeführt wäre, sodann aber den ganzen Rest
der Auflage Herrn Barrande überantworten, mit der Einladung,
durch ein letztes Anerkennungsschreiben an die Akademie den Vor-
gang selbst vollständig abzuschliessen.
Es würde mir durch diese Stellung gegönnt sein, die viele zu-
vorkommende Gastfreundschaft, die ich selbst im Auslande genossen,
durch thatkräftige Vermittelung zum Besten der Wissenschaft, hier
mit Dank zurückzuerstatten. Herr Barrande, selbst Franzose, ein
Ausländer, hat durch seine langjährigen Forschungen in unserem
eigenen Vaterlande sich grosse Verdienste erworben. Ich darf nicht
nur wünschen, dass die vielen Arbeiten dem Ende entgegengeführt
werden, ich glaube, dass es meine Verpflichtung ist, wenn auch in
der bescheidenen Stellung eines Herrausgebers, dabei auch Hand mit
anzulegen. Das Werk selbst auf der Höhe der Wissenschaft ist eines

438 F e n z L Antrag etc.
von jenen, die für immer dem Verfasser eine glänzende Stellung unter
den Vorkämpfern derselben sichern, und das Land, auf das sie sieh
beziehen, zu einem classischen Boden in ihrer Geschichte machen.
Die Wissenschaft vor Allem ändern ist berufen, die Männer derselben
aus allen Ländern und Völkern zu verbinden. Sie ist es, die, treu ge-
pflegt, gewiss am sichersten den Geist der Eintracht und Brüderlich-
keit vorbereitet, der auf so vielen Wegen gesucht, aber leider nicht
immer gefunden worden ist.
Ich bitte die hochverehrte Classe dem folgenden Antrage einen
freundlichen Beschluss angedeihen lassen zu wollen:
„Die mathematisch-naturwissenschaftliche Classe der kaiser-
lichen Akademie der Wissenschaften bewilligt dem wirklichen Mit-
gliede Wilhelm Haidinger, zur Herausgabe des ersten Bandes von
Herrn Joachim Barrande^sWerk über das silurische Gebirgssystem
von Böhmen, die Summe von 1SOO fl. Conv.-Münze.^
Die Classe genehmigt diesen Antrag, und beschliesst, sich bei
der Gesammtakademie für die Bewilligung des genannten Betrages
zu verwenden, welche auch ertheilt worden ist.
Herr Custos Dr. Fenzi stellt den Antrag auf eine Geldunter-
stützung, im Betrage von 4OO fl., fiir den aus Mexiko auf der Rück-
reise nach Wien begriffenen naturhistorischcn Sammler Herrn Karl
Heller, in Anerkennung seines Eifers und seiner Beharrlichkeit, die
er während seines dritthalbjährigen Aufenthaltes in jenem Lande, unter
den ungünstigsten Verhältnissen, im Einsammeln naturhistorischer
Gegenstände bethätigt.
Nachdem der Antragsteller die Akademie bei dieser Gelegenheit
über den ursprünglichen, die Einführung lebender Pflanzen in die
grösseren Gärten "Wiens beabsichtigenden Reisezweck Hellere,
das kärgliche Mass der ihm von Seite einer kleinen Actiengesell-
schaft hiesiger Handels gärtn er und Gartenfreunde zugewendeten
Geldmittel und den Umfang der von ihm seither eingelieferten aner-
kannt werthvollen Sammlungen lebender Pflanzen und Sämereien in
Kenntniss gesetzt verbreitet sich derselbe des Weiteren über des
jungen Mannes anderweitige Thätigkeit und Umsicht in Anlegung von
Herbarien, Einsammlung von Conchylien, Insecten, Flussfischen und

Haidinger. Über den Glanz der Körper. 4S9
Reptilien (unter welchen Gegenständen sich nebst vielen ausgezeich-
neten und neuen Arten auch mehrere ganz neue und interessante Gat-
tungen befinden), wie noch über dessen Fata, die ihn während des
Krieges der Republik mit den nordamerikanischen Freistaaten trafen,
und zuletzt, aller Habseligkeiten beraubt, nach Yucatan trieben. Als
Beleg seiner muthvollen Ausdauer in Verfolgung seiner Zwecke, führt
Dr. Fenzi, dessen Landreise quer durch Yucatan bis Tabasco und
Chiäpas in einer Ausdehnung von 103 Leguas an, die er ganz zu
. Fuss, theils allein, theils in Begleitung einiger Indianer, ohne be-
stimmte Aussicht auf nachhaltige Unterstützung aus der Heimath, allen
Gefahren und den grössten Beschwernissen trotzend, zurücklegte.
Die grossen indianischen Städte- und Tempel-Ruinen von üxmal, Pa-
lenzue und andere Orte berührend, sammelte Heller nach Kräften
historische,' geographische, statistische, ethnographische und linguisti-
sche Notizen über die bisher noch viel zu wenig bekannten Gegen-
den und ihrer Bewohner, wovon dessen briefliche, in den Sitzungs-
berichten der Akademie bereits aufgenommene Mittheilungen an den
Antragsteller rühmliches Zeugniss geben.
Obiger Antrag wurde von der Classe und später auch von der
Gesammtakademie genehmigt.
SITZUNG VOM 9. NOVEMBER 1848.
Bemerkungen über den Glanz der Körper. Von W.
Haidinger.
Man hat längst die Wirkung der Körper auf das Licht unter den
Modificationen der Spiegelung, der Durchsichtigkeit und der Farbe
betrachtet, je nachdem die Strahlen zurückgeworfen, hindurchge-
lassen oder verschluckt werden. Der Glanz wird durch die ersten
hervorgebracht1). Er besteht darin, dass die Oberfläche der Korper
die Gegensätze der hellen und dunklen Stellen der zurückgeworfenen
Bilder dem Auge des Beobachters zusendet. Oersted2) hat eine
allgemeine Betrachtung für hinlänglich wichtig gehalten, um den
A) Handbuch der bestimmenden Mineralogie. S. 3^8.
2) Poggendorff's Annalea. Bd. 60, 1843, S. 49.

440 Haidinger.
Unterschied des Glanzes und der Farbe durch die Verschiedenheit
der Wirkung einer Körperoberfläche näher ins Auge zu fassen. Er
unterscheidet die spiegelnde und die zerlegende Reflexion, von denen
die erste den Glanz, die zweite die Farbe hervorbringt, erwähnt aber
dabei ausdrücklich, dass diese Zusammenstellung eigentlich nichts
wesentlich Neues enthalte.
Naumann stimmt, wie er selbst erwähnt, wesentlich mit O er-
st ed überein, indem er definirt: „Unter dem Glänze der Körper ver<
steht man die, durch die spiegelnde Reflexion von ihren mehr
und weniger glatten Oberflächen hervorgebrachte Erscheinung, sofern
man dabei von der Farbe abstrahirt^A).
Die Mineralogen sind eigentlich am meisten in der Lage,
genauere Definitionen der verschiedenen Arten des Glanzes zu bedür-
fen, die einen Theil ihrer Terminologie ausmachen, und daher fest
bestimmt sein sollten. Sie unterscheiden sie längst, aber ihre Bedürf-
nisse und die Forschungen der Physiker wurden bisher noch nicht
vollständig in Übereinstimmung gebracht.
Einige Beobachtungen, die ich in der neuesten Zeit zu machen
Gelegenheit hatte, so wie die Betrachtungen, welche sich an dieselben
anreihten, Hessen es mir wünschenswertherscheinen, die Verhält-
nisse des Glanzes wieder einmal für sich abzuschliessen, und zwar
so, -wie Oersted es für das gethan, was bisher gegolten hat, die-
jenigen Verhältnisse ins Auge zu fassen, welche als Anfang weiter
auszudehnender Forschungen bezeichnet werden können.
Es ist insbesondere das Phänomen der Polarisation des Lichtes,
welches hier unsere Aufmerksamkeit fesselt.
Es gibt viele Körper, die hart genug sind oder hinlänglichen Zu-
sammenhang besitzen, dass man sie mit glatten ebenen Flächen ver-
sehen kann, die das Bild eines Gegenstandes vollkommen, wie ein
Spiegel, zurückwerfen. Es ist dies eben die Spiegelung oder eine
der unter dem Namen Glanz begriffenen Eigenschaften der Korper.
Man kennt die Metallspiegel, die vollkommensten Krystall- und Thei-
lungsflächen der Mineralien, aber auch die Oberflächen der Flüssig-
keiten, von dem vollkommenen Spiegel der schwarzen Tinte, bis zu
denüberraschendenErseheinungenderFata morgana oder Luftspie-
gelung.
!) Elemente der Mineralogie. S. 12$.

Über den Glanz der Körper. 441
Die Spiegelung wirft das Bild des Gegenstandes zurück. Der
spiegelnde Körper selbst kann undurchsichtig oder durchsichtig,
farbig oder farblos sein. Die Luftspiegelung (mirage) wird
durch einen durchsichtigen farblosen Korper hervorgebracht, der
noch dazu gasförmig ist Er ist dadurch selbst unsichtbar. Man kann
dies das Ideal der Spiegelung nennen. Sie gibt das Bild ganz allein,
während man an deutlich sichtbaren Körpern, wenn sie auch ganz
glattflächig sind, neben und zugleich mit dem Spiegelbilde des Gegen-
standes auch den Eindruck des Körpers selbst erhält. Je vollkom-
mener indessen die Spiegelung, um desto stärker ist der Glanz.
Mehr und weniger vollkommene Ebenheit und Politur bildet ein-
fach den Grad des Glanzes, aber die Art desselben hängt von
einem ganz ändern Verhältnisse ab. Die Haupteigenschaften der Kör-
per, welche darauf Einfluss nehmen, sind die Strahlenbrechung und
die Lichtpolarisation der Körper.
Ohne sie durch eigene Benennungen zu bezeichnen, ist es nicht
möglich, sie auch nur einigermassen näher zu verfolgen.
Die Arten des Glanzes, welche die Mineralogen desswegen
ngst unterschieden haben, sind: der Perlmutterglanz, der Glasglanz,
der Fettglanz, der Diamantglanz, der Metallglanz.
Es lässt sich aus einzelnen Stücken von Körpern eine Reihe
bilden, welche einen vollständigen Übergang von einem dieser festen
Punkte zum ändern, durch alle hindurch, dem Auge darbietet,
aber eine wissenschaftliche Betrachtung fordert die Angabe von Ein-
zelheiten, da ein blosser vorübergehender Eindruck nichts Ver-
gleichbares enthält.
Einzelne vollkommen ausgebildete, glattflächige Krystalle be-
sitzen nur eine von diesen drei Arten des Glanzes: Glasglanz,
Diamantglanz, Metallglanz.
Als Beispiele des GWgIanzes können die schönen Dauphineer»
die Marmaroser und andere Bergkrystalle gelten, der Hyalith, der
Beryll und Smaragd, Cordierit, Axinit und andere Gemmen, die
weissenNepheline, Adular in ganz homogenen starkglänzenden Krystal-
len, der hellfarbige, durchsichtige Augit (Diopsid), Chabasit, Skolezit
Natrolith, Baryt, Kalkspath, Fluss, Salz, Alaun, Eis. Bleifreies Glas
besitzt den reinen Glasglanz.
Der vollkommenste Diamantglanz ist der des Diamantes selbst»
aber auch der Zirkon, der hellgrüne Sphen, die lichtgelbe Blende,

442 Haidinger.
das Weissbleierz (Cerussit), das lichte Rothgiltigerz besitzen ihß.
Manche Granate, Vesuvian schliessen sich an, der Glanz ist weniger
vollkommen, er ist häufig weniger stark, weil die Flächen zum Thrile
weniger glatt und glänzend sind. Hohe Grade des Glasglanzes nähern
sich dagegen, wie im Chrysoberyll und anderen Körpern, öfters dem
diamantartigen. Geringere Grade erscheinen oft als Fettglanz. Dun-
kelfarbige, graue, schwarze Cerussite, die dunkeln Blenden, Roth-
giltigerze nähern sich unvollkommenem Metallglanze.
Der vollkommene Metallglanz des Silbers und Goldes, der des
Bleiglanzes und Pyrites, ist charakteristisch genug, aber es gibt auch
graue, schwarze, metallische Körper, wie Eisen, Glaserz, Eisenglanz,
an welche noch andere sich anschliessen, wie Magneteisenstein,
Kupferindig, deren Metallglanz nur noch ganz unvollkommen ist,
und die mit jenem metallähnlichen Diamantglanz in einer Reihe
zusammenschliessen.
Die Mineralogen unterscheiden noch den Fettglanz und den
Perlmutterglanz, aber diese sind eigentlich schon in den vorherge-
henden enthalten und nur unvollkommene Erscheinungen davon, wie
bereits zum Theil erwähnt wurde. Mögen sie in der Terminologie
dieser Wissenschaft als nützlich beibehalten werden, so hindert
dies doch nicht, sie auf diejenige Stelle zu setzen, die sie eigent-
lich einnehmen.
Vergebens wird man wahren Fettglanz, wahren Perlmutterglanz
auf vollkommen glattflächigen und homogenen Krystallen suchen.
Der Fett glänz ist jederzeit mit geringeren Graden des Glanzes
und nicht vollkommener Durchsichtigkeit, grösstentheils mit gelblichen
Farbentönen verbunden, und erscheint ausgezeichnet auf den Flä-
chen des unvollkommenen, besonders kleinmuscheligen Bruches; er
schliesst an den Diamantglanz und an den Glasglanz an, den vollkom-
men glatte Krystallflächen oder hell polirte künstliche Flächen der-
selben Korper besitzen.
Der Perlmutterglanz entsteht erst durch die Aufeinander-
folge paralleler Lagen durchsichtiger Körper; er erscheint vorzüglich
auf Theilungsflächen, aber es ist nicht die einfache Spiegelung von
der Oberfläche, welche die Erscheinung hervorbringt.
Schon die allgemeine Vergleichung der im Vorhergehenden
als Beispiele benannten Körper deutet darauf hin, dass der Glanz
ein nahe unmittelbarer Ausdruck der Lichtbrechkraft der Körper

Über den Glanz der Korper. 443
sei. Die Körper mit geringer Brechkraft besitzen Glasglanz, die
mit einer bedeutenden Diamantglanz, die mit noch stärkerer
Metallglanz.
Will man versuchen, eine Anzahl dieser Körper nach dem Expo-
nenten des Brechungsverhältnisses zu ordnen, so triffi man bald auf
grosse Lücken in unserer Kenntniss derselben, sei es, dass überhaupt
von mehreren keine Messungen vorliegen, sei es, dass die zwei in
der Richtung senkrecht auf die optische Axe einaxiger Krystalle nicht
beide bekannt sind, endlich dass für einen praktischen vergleichbaren
Ausdruck der Brechungsverhältnisse in zweiaxigen Krystallen noch
keine Normen allgemein angenommen, sind. Wohl ist ein Ausdruck
für die Geschwindigkeit der Verzögerung für den ordinären und extra-
ordinären Strahl, wie sie unter anderm Rudberg in PoggendorfTs
Annalen i) für die drei Elastizitäts-Axen stellt, trefflich, aber es
fehlt noch viel, dass man eine grössere Anzahl von Krystallen nach
dieser Methode vergleichend behandelt hatte. Indessen geben auch
die Zahlen, welche sich in den Verzeichnissen von Brewster,
H e r s c h e l u. s. w. auffinden lassen, doch eine beiläufige
Übersicht.
Yerzeichniss von rpern mit ihren Brechungs-Exponenten.
Eis.......... 1-318 Galle.
Alaun........ 1-457 Brewster, bis 1-47S Biot Young.
Fluss ........ 1-433 Wollaston, bis 1-436 Brewster.
Opal ........ 1-479 Brewster.
Obsidian ..... 1-488 Brewster.
Kronglas..... 1-52S Wollaston.
( 1-S484 0 }
Quarz....... j ^^ ^ j Malus.
f -1.^77^ n }
Anhydrit..... ^^ ^ Biot.
Baryt.
{ 1-6201 0 Biot
"•l 1-6352 E Malus.
r A ,r>o \ /) ^
Andalusit .... > ^^ ^ \ W. H.
*) Bd. 17, S. 21.

444 Haidinger.
C 1-632S 0 )
Topas, brasilian.^ ^.g^oi ^ Biot
Flintglas..... 1-642 Fraunhofer.
( 1-6429 0 )
Euklas...... ^.^ ^ ^ Biet.
( 1-6S43 0 }
Kalkspath.... ^ggg ^ ^ Malus.
f 1-6931 0 \
Aragon...... j ^.gg^g ^ j Malus.
Spinell...... 1-7S6 Herscbel, 1-761 Brewster,
1-812 Wollaston.
Pyrop....... 1-792 Brewster.
Chlorsilber ... 2-O7O W. H.
Diamant ..... 2-439 Newton, 2-470 ... 2-487 Brewster,
2-7SS Rochon.
( 2-SOO )
Krokoit...... ^ O.Q^A i Brewster.
Röthgiltigerz.. 2-S64 Brewster.
Das Eis, an der Spitze des Verzeichnisses, besitzt offenbar
einen deutlichen Glasglanz und ein geringes Brechungsvermögen.
Auffallend ist längst das geringe Brechungsvcrmögen gewisser Fluor-
verbindungen gewesen, aber auch sie besitzen Glasglanz. Tiefer
in dem Verzeichnisse stehen dem Diamant zunächst die Krystalle
mit starker Lichtbrechung und mit Diamantglanz. Der Brechungs-
exponent des Diamants, wenn er mit Ündurchsichtigkeit verbunden
ist, erscheint bereits fast als Metallglanz. Die Brechungsexponenten
der Metalle endlich, aus den Polarisationswinkeln abgeleitet, sind
diellöchsten.
Die Polarisation des Lichtes durch Spiegelung von der Ober-
fläche der Körper ist aber noch eine zweite zum Vergleich anwend-
bare Eigenschaft, die ja selbst in ihren numerischen Verhältnissen
nach Brewster's Gesetz und Arago's und anderen älteren Ver-
suchen unmittelbar damit zusammenhängen.
Die folgende Tabelle zeigt deutlich das Steigen der Polarisa-
tionswinkel mit dem Exponenten des Brechungsverhältnisses.

Über den Glanz der Körper.
445
iXT'occpr
83
•ir
M
pfal 1 p

IPIllOO
S.S
9



Obsidian ....
S6
6
Zinn........
70»SO'
20/yn
r^
Gyps.......
86
4S
Zink........
7230
3<)iyo
Q11QT*7
Sfi
S8
Silber ......
iyi
30*74
nf/\r»QO
88
34
Wismuth ....
74 SO
3ßQQ
Doppelspath .
S8
81
Stahl .......
7K
Styqn
Spinell .....
60
2S
Antimonium ..
7^ 9^
30 K JE
.o44
Zirkon .....
63
0
Speiskobalt ..
W/»
40AQ
Schwefel ...
Diamant ....
Rothffiltifirerz.
63
68
08
4S
1
3
Eisenkies ...
Bleiglanz....
Merkur .....
77 30
78 10
78 27
4.S11
4.773
4.893

Aber man hat längst beobachtet, dass bei den hoheren Polari-
sationswinkeln die Polarisation nicht mehr vollständig ist. Selbst bei
denjenigen Körpern, deren glatte Oberflächen, wie das Kronglas, am
vollständigsten polarisiren, bleibt, wie Herschel gezeigt hat, wenn
der polarisirte Lichtstrahl durch einen Spiegel in senkrechter Lage
analysirt wird, noch ein violetter schwacher Lichtschein übrig. Auf-
fallender war das nicht vollständige Erlöschen des Bildes beim
Schwefel und beim Diamant. Dochblieb auch hierder grössteTheil des
Lichtes in der Reflexionsebene polarisirte nur ein kleiner Theil besass
die Polarisation in der Richtung senkrecht auf die Einfallsebeae.
Auch bei den metallischen Oberflächen findet Polarisation in der Ein-
fallsebene Statt, aber ein sehr grosser Antheü Licht wird mit anderen
Eigenschaften zurückgeworfen, so dass das Ganze als sogenanntes
elliptisch polarisirtes Licht erscheint.
Die Polarisation in der Einfallsebene ist in ihrem Maxime voll-
ständig, sie ist linear; die Polarisation durch innere Zurückstrah-
lung aus durchsichtigen Körpern bei totaler Reflexion ist eireulär,
die elliptische liegt in ihren Eigenschaften zwischen beiden. Brew-
ster hat sie durch diese Benennung unterschieden; er selbst» Biot
und Andere bis auf Jamin haben sie zu dem Gegenstände der wich-
tigsten experimentellen und theoretischen Forschungen gemacht
Malus hatte schon gefunden, dass das von den Metallen zurück-
geworfene Licht in zwei senkrecht auf einander stehenden Ebenen
polarisirt ist. Hier, glaube ich, wird es hinreichend sein, nur mit
wenigen Worten auf dieses weite und fruchtbare Feld physikalischer

446 Haidinger.
Forschung hingewiesen zuhaben. Für die gegen wärtigeUntersuehuü?
genügt es, die Thatsache hervorzuheben, dass es zwischen den Kör-
pern mit linearer und circulärer Polarisation viele Zwischenglieder
gebe, in welchen die beiden zurückgeworfenen Lichtbündel verschie-
dene Intensitäten zeigen. .
Untersucht man die Reflexion von was immer für einer Fläche
gewisser Körper durch die dichroskopische Loupe unter dem Pola-
risationswinkel, so geht das sämmtliche in der Einfallseb-ene yolari-
sirte Licht in das obere ordinäre Bild. Ist die Polarisation möglichst
vollständig, .so bleibt in< dem unteren Bilde die Farbe übrig, ganz
matt oder glanzlos; den Glanz nimmt das obere Bild allein hinweg.
Glanzlose Körper, vorzüglich schön die Blumenblätter, aber auch
mattes Papier und dergleichen, oder auch glänzende Körper, von
einem hellen Lichte seitwärts erleuchtet, geben beide Bilder gleich.
Es geht eben so viel Licht in das obere wie in das untere Bild. Man
kann daraus schliessen, dass die ursprüngliche Polarisation des Lich-
tes, welches die Farbe des Körpers im Auge erregt, die des gewöhn-
lichen Lichtes sei, weder vorzugsweise in der Einfallsebene, noch
senkrecht darauf, noch in was immer für einer Art, sondern gleich-
formig nach allen Richtungen polarisirt. Nimmt nun der gleichzeitige
Eindruck des Glanzes in dem oberen ordinären Bilde den Eindruck
der Farbe hinweg, oder übertäubt er ihn, so bleibt gewiss nichts
destoweniger der Abgang von irgend einer Polarisation in der Farbe
klar, die erst im unteren Bilde der dichroskopischen Loupe als extra-
ordinär polarisirt erscheint.
Bei dem Gegensatze von Glanz und Farbe hat Botzenhart
'neuerlich wiederl) darauf aufmerksam gemacht, dass das Licht,
welches in der Farbe wieder kommt, in den Körper eingedrungen
gewesen und im Innern zum Theil absorbirt sein muss. Erhält aber
das Auge durch die dichroskopische Loupe von einem Körper, durch
Zürückstrahlung unter einem beliebigen Winkel, im oberen Bilde
zwar mehr Glanz, im unteren doch auch Glanz und Farbe, und
erseheint dieses Verhältniss gleich in allen Azimuthen, so muss noth-
wendig die Modification des Lichtes an der Oberfläche in dreierlei
Weise geschehen :
A) Berichte über die MiUheilungen von Fr. der N. in Wien. I, S. 18.

Über den Glanz der Körper. 447
1. Ein Theil wird in der Einfallsebene polarisirt, das Maximum
unter dem nach der Natur des Körpers verschiedenen Polarisations-
winkel.
2. Ein Theil wird unverändert zurückgeworfen, oder wie gewöhn-
liches Licht nach allen Richtungen polarisirt. Unter dem Polarka-
tionswinkel ist die Intensität ein Minimum,
3. Ein Theil wird gebrochen und zerlegt. Er muss in das Innere
des Körpers gedrungen sein, um auf undurchsichtigem Grunde weiss
oder gefärbt zurückgeworfen oder von durchsichtigem Grunde absor-
birt zu werden.
Die Arten des Glanzes, wie sie die Mineralogen unterscheiden,
haben nach den vorhergehenden Betrachtungen die folgenden Eigen-
schaften :
l. Der Glasglanz.
Er findet sich auf Körpern von geringerem Brechungsvermogen.
Vollkommene Spiegel polarisiren das Licht unter einem Maximtim-
Polarisaüonswinkel dergestallt, dass kein Glanz in das untere Bild
der dichroskopischen Loupe geht, und die Farbe des Korpers weiss,
farbig oder schwarz, gänzlich matt, ohne Glanz erscheint. Der
unscheinbare Rest von Violet ist nicht wahrzunehmen.
Das Gesichtsfeld erhält vor der Reflexion nichtpolarisirtes Licht.
Ein Theil davon wird polarisirt, ein anderer geht in den Körper hinein,
und wird entweder absorbirt oder hindurchgelassen. Bei mehr senk-
rechtem Lichteinfalle ist das obere und untere Bild der dichroskopi-
schen Loupe nahe gleich helL Bei grösseren Einfallswinkeln nimmt
die Helligkeit des oberen durch den Gegensatz immer zu, das untere
wird dunkler bis zum Minimum des Lichtes unter dem Polarisations-
winkel, und steigt dann wieder, doch bleibt die Farbe des zurück-
geworfenen Lichtes immer weiss.
2. Der Diamantglanz.
Bei der Betrachtung der Zurückstrahlung durch die dichrosko-
pische Loupe ist das obere Bild stets hellglänzend, und, ohne Bei-
mischung einer fremden Farbe, ganz weiss. Das untere Bild ist nie
ganz ausgelöscht, sondern es zeigt ebenfalls eine deutlich wahrnehm-
bare Zurückstrahlung, die in jedem Azimuth senkrecht auf die Einfalls-
ebene polarisirt ist. Die Erscheinung ist nach denKörpern verschieden.
l. Diamant. Das untere Bild ist weiss, doch schwächer als das
obere.

448 Haidinger.
2. Weissbleierz. In den verschiedenen Varietäten erscheinen
bereits abweichende Daten. Die ganz weissen polarisiren das Lieht
nicht vollkommen, doch zeigt auch das untere Bild, wenn gleich
etwas matter, keine fremde Farbe. Bei den dunkeln, graulichen
oder schwärzlichen Krystallen, welche den sogenannten metallähn-
lichen Diamantglanz besitzen, erscheint das untere Bild schwach in
Dunkelstahlblau geneigt.
3. Zinnstein, Rutil, Wolfram und andere dunkle Körper mit
Diamantglanz, zum Theil schon dem metallähnlichen genähert, wenn
auch nur im Gegensatz gegen das obere helle Bild, lassen ein dunk-
les, bläuliches Schwarz oder Grau im unteren Bilde wahrnehmen.
4. Das Blau ist deutlicher an den rothen Krystallen von Roth-
kupfererz, Zinnober, Rothgiltigerz. Wenn man dem Pulver derselben
durch den Polirstahl Glanz gibt, oder es mit einem Messer flach auf
einer mattgeschliffenen Glästafel aufstreicht, so sieht man die Tren-
nung des weissen zurückgeworfenen Lichtes im oberen und das Blau
im unteren Bilde sehr deutlich. Letzteres steigert sich bereits fast
bis zu einem dunkeln Lasurblau.
5. Hier schliessen sich die dunkeln Varietäten der Blende und
des Hauerits an, so wie noch viele andere Krystalle mit metallähn-
lichem Diamantglanz.
6. Bei den hellfarbigen Blenden, bei dem Hornsilber muss man
recht vorbereitet sein, um den schwachen bläulichen Schein nicht zu
übersehen, der im unteren Bilde hervorkommt.
7. Das schöne citronengelbe, ins Orangegelbe ziehende Jodblei
(PbJ) gibt, mit einem Messer aufgestrichen, eine diamantartig glän-
zende Fläche. Die ordinäre Zurückstrahlung im oberen Bilde wird
immer heller, aber ist stets weiss; die untere extraordinäre ist bei
mehr senkrechtem Einfall weisslich, bei wachsenden Einfallswinkeln
erst lichtblau, dann schön-, nahe lasurblau, hierauf violet, endlich
in Brandgelb verlaufend.
3. Der Metallglanz.
Anschliessend an den metallähnlichen Diamantglanz zeigen
gewisse Krystalle und andere Körper einen unvollkommenen Metall-
glanz. Er ist weniger lebhaft, auch wohl nicht mit dem den Metallen
eigenen Grade von Ündurchsichtigkeit verbunden.
l. Bei sehr dunkler, schwarzer Farbe erscheint fast aller Glanz
im oberen Bilde, das untere ist nicht ganz matt, aber doch grau,

Über den Glanz der Körper. 449
wenig ins Blaue geneigt. Dies ist der Fall beim Uranerz, bei man-
chem Zinnstein, Pyrolusit, Manganit.
2. Magneteisenstein, vorzüglich Eisenglanz, geben ein Blau
von nicht unbedeutendem Eindrucke.
3. Eine besondere Abtheilung machen diejenigen Körper, welche
unter dem Polirstahle, oder mit einem glatten Messer auf eine matt-
geschliffene Glasfläche gestrichen, so wie es oben beim Jodblei
erwähnt ist, einen gewissen Grad von Glanz annehmen.
So der Kupferindig von Sangerhausen. Das obere Bild 0 ist in
allen Azimuthen dunkel schwärzlich bleigrau; bei grösseren Einfalls-
winkeln wird der Glanz stärker, dadurch die Farbe scheinbar weiss-
lich, ohne Blau. Im unteren Bilde E neigt sich die metallisch blei-
graue Farbe bei grösseren Einfallswinkeln immer mehr ins Blaue,
das Bild wird schön stahlblau, endlich bei noch stärkerer Steigung
violblau.
Fremy^s Zinnoxydul, das ich Wo hie r verdanke, hat eine
dunkel bleigraue ins Eisenschwarze fallende Farbe; auf den stark-
glänzenden kleinen Krystallen zeigt sich $ogar ein Violetgrau. Das
obere Bild wird bei grösseren Einfallswinkeln immer weisser; das
untere, mehr blau, geht durch Stahlblau in ein unvollkommenes
Speisgelb.
Das übermangansaure Kali, das Herr General-Probirer A. we
freundlichst für mich bereitete, gleichviel in glänzenden Krystallen
oder aufpolirt, gibt als Durchsichtigkeitsfarbe ein schönes rothliches
Violblau, so dunkel, dass Krystalle ganz undurchsichtig erscheinen.
Ganz frisch aufgestrichen oder krystallisirt ist der Glanz metallisch,
die Farbe speisgelb. Durch die dichroskopische Loupe theilen sich
die zurückgeworfenen Farben im oberen und unteren Bilde. Das obere
wird, von dem senkrechten Einfalle beginnend, immer heller und
heller ins Weisse, je grösser die Neigung wird; das untere zeigt in
der Aufeinanderfolge die nachstehenden Töne: speisgelb, goldgelb,
messinggelb, pistaciengoldgrün, grasgrün, spangrün, stahlgrün. Die
frische speisgelbe Farbe der Krystalle und polirten Flächen ist nicht
beständig. Die Oberfläche wird sehr bald violet, dann erscheint das
obere Bild 0 bei grosserem Einfallswinkel immer heller ins Weisse,
das untere Bild E, erst violet, wird immer dunkler, dann fast aus-
gelöscht, und nimmt endlich mit einem grünen Ton an Helligkeit
wieder zu.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. I. Bd. ^9

4ä0 Haidinger.
Von Wöhler's grünem Hydrochinon, aufpolirt, geht das ohere
Bild vom Tombackbraun durch Speisgelb ins Weisse, das untere
durch Stahlgrün in Stahlblau.
Das Murexid gibt die zwei Bilder, das obere 0 vom Messing-
gelben durch blass Goldgelb in das gelblich Silber weisse, E vom
Messinggelben durch Grasgrün, Spangrün, Stahlblau und eine Spur
von Violet in Weiss.
Chrysolepinsaures Kali, aufpolirt» gibt auf dem braunen Pulver
eineglänzende Stelle, deren 0 den Glanz des ordinär p olarisirten
Lichtes, das E ein schönes Lasurblau enthält.
Chlorpalladium, braunes Pulver, 0 weiss glänzend, E deutlich
blau.
Hier muss auch der blauen Farbe Erwähnung geschehen, welche
das Cyan-Platin-Magnesium im unteren extraordinären Bilde der
dichroskopischen Loupe zeigt, wenn es auf eine ebene Fläche auf-
polirt worden ist.
Das reine Jod, anscheinend von dunkel blaulichschwarzer Farbe
auf mattes Glas aufpolirt, ist mit brauner Farbe durchscheinend, aber
der Glanz von der Oberfläche, durch die dichroskopische Loupe
untersucht, gibt ein ungemein schönes Blau, das sich bei grösserem
Einfallswinkel in Violblau verläuft.
4. Eine eigene Gruppe diamantartig und metallisch glänzender
Körper sind diejenigen, welche eine Farbe im unteren Bilde der
dichroskopischen Loupe nur in gewissen Richtungen wahrnehmen
lassen. Es sind dies die Beispiele des orientirten Flächenschillers,
von welchen ich einige in einer früheren Mittheilung verzeichnete1);
theils sind es Krystalle, wie das Cyan-Platin-Magnesium, das Cyan-
Platin-Baryum, das Murexid, grüne Hydrochinon und andere, theils
beruht die Austheilung der Farbenreflexe auf der Richtung des Stri-
ches bei dem Aufpoliren der Körper, wie am chrysaminsauren Kali,
dem Oxalsäuren Platin und dem PJatin-Cyanür-Cyanid2). Es reicht hin,
hier das Verhältniss selbst und einige der Körper namhaft gemacht
\) Über das Schillern von Krystallflachen: Naturwissenschaftliche Abhandlungen,
I, S. 143.
2) Berichte über die Mittheilungen von Freunden der Naturwissenschaft, II,
S. 263.

Über den Glanz der Körper. 4SI
zu haben, da sie sich doch im Ganzen vollständig den Erscheinungen
der vorhergehenden anschliessen.
Bei dem vollkommenen Metallglanze ist das Licht zum Theil
in der Einfallsebene, zum Theil senkrecht darauf polarisirt, und geht
daher theils in das obere, theils in das untere Bild der dichrosko-
pischen Loupe. Brewster hat folgende Reihenfolge in der Inten-
sität bekannt gemacht1), vom grössten bis zum geringsten Inten-
sitäts-ünterschiede in der Polarisation:
Bleiglanz Zink Bronze
Blei Spiegelmetall Zinngraupen
Grauer Speiskobalt Platin Bijouteriegold
Arsenikkies Wismuth Reines Gold
Schwefelkies Mercur Gewöhnliches Silber
Antimon Kupfer Reines Silber
Stahl Zinn (Weissblech) Totale Reflexion v. Glas,
Der Unterschied der Aeiden Bilder ist beim Bleiglanz sehr
bedeutend, das untere ein metallisches Blau. Überhaupt erscheint
im unteren Bilde die eigentliche Farbe deutlicher, aber der ursprüng-
liche Eindruck besteht ohne Zweifel aus den vier folgenden
Elementen:
1. Dem in der Einfallsebene polarisirten Lichte.
2. Dem senkrecht auf dieselbe polarisirten Antheile des zurück-
geworfenen Lichtes.
3. Einem Antheile, der bei kleinen oder grossen Einfallswinkeln
unverändert bleibt.
4. Dem allseitig polarisirten oder ordinären Lichte, welches die
eigentliche Farbe gibt.
Es ist hier nicht meine Absicht, weiter in die Natur der Veran-
lassung zu den Verschiedenheiten einzugehen. Aber die Erschei-
nung der Verschiedenheiten des Glanzes selbst findet sieh durch eine
aus zahlreichen Gliedern bestehende Reihe begründet, in welcher ein
Körper vor dem ändern die Eigenschaft besitzt, mehr oder weniger
Licht in dem unter 2. erwähnten Antheile zurückzuwerfen. Beim
1) Populäres, vollständiges Handbuch der Optik. Übersetzt von Dr. J. Hart-
mann. II. Bd., S. 21.
9 *

482 Haidinge r. Über den Glanz der Körper.
Glasglanz ist die Intensität desselben unter dem Polarisationswinkel
verschwindend, sie ist deutlich bei den hellfarbigen Körpern, welche
Diamantglanz besitzen, sie wächst endlich noch bei den metallisch
glänzenden Körpern.
Die Arten des Glanzes sind also nicht bloss Verschiedenheiten,
die lediglich unserem Bewusstsein durch empirische Wahrnehmung
zugeführt werden, sondern sie sind in dem Wesen der Körper selbst
begründet und hängen genau mit allen ihren übrigen Eigenschaften
zusammen. Aber das menschliche Auge ist so wunderbar gebildet,
dass die Eindrücke auf die Netzhaut verschieden empfunden werden,
wenn das Licht in der Einfallsebene oder wenn es senkrecht auf die-
selbe polarisirt ist, und dieser unabweisliche Unterschied ist es, den
den man längst in den Ausdrücken Glasglanz, Diamantglanz, Metall-
glanz verzeichnet hat.
Bei der Aufzählung einiger neu untersuchten Körper wünschte
ich hier noch der Aufmeriksamkeit der Naturforscher die zahlreichen
Beispiele zu empfehlen, welche den Diamantglanz mit dem Metall-
glanz verbinden, und welche man jetzt erst einer näheren Betrach-
tung zu unterziehen beginnt.
In der neuesten Zeit hat Herr Ja min die physikalischen Gesetze,
auf welchen die Erscheinungen der Zurückstrahlung, also auch des
Glanzes und der Farben, beruhen, zu dem Gegenstande höchst inter-
essanter und wichtiger Forschungen gemacht. Von der einen Seite
fand er, wie in H ersehe Fs Versuch, dass es keine, das Licht voll-
ständig polarisirende Substanz gebe1). Aber auch die von Brewster
zuerst beschriebene farbige Polarisation der Metalle, durch mehrfache
Reflexion hervorgebracht, kommt dabei zur Sprache und findet ihre
Erklärung2). Während dort der Intensitäts-ünterschied der beiden
um ein Azimuth von 90° von einander abweichenden Bündel am
grössten ist, verschwindet er hier bis auf geringe Werthe, die erst
absichtlich verfolgt und vergrössert dargestellt werden müssen, um
ansehnlichere Differenzen in numerischen Ausdrücken zu erhalten.
1) PoggeodoriTs Ann. 1848, Nr. 6, Bd. LXXIV, S. 2^8. Comptes rendus, Tom. XXVI,
p 383.
a) Pogg. 1848, Nr. 8, Bd. LXXIV, S. 528. Ann. de Chim. etc. Ser. III, Tom.XXII,
p. 311.

Th. Wertheim. Über das Piperin. 4g3
Das correspondirende Mitglied, Herr Theodor Wertheim, liest
nachstehende Abhandlung über das Pip erin.
Man hat in neuestep Zeit wiederholt den Versuch gemacht, aus
den bisher bekannten Daten mit Hilfe des Raisonnements eine allge-
meine Ansicht über die Natur und Constitution der Alkaloide abzu-
leiten. Die Chemiker, die sich diese Aufgabe stellten, mussten jedoch
hierbei bald die Überzeugung gewinnen, wie unzureichend das vor-
liegende Material von Erfahrungen für einen derartigen Zweck sei. Ich
glaube desshalb, dass der kleinste Beitrag zur speciellen Geschichte
einzelner Körper aus dieser Classe von Verbindungen erwünscht sein
muss und in dieser Erwartung nehme ich keinen Anstand, die Ergeb-
nisse einiger Versuche über das Piperin zu veröffentlichen. — Bereits
vor geraumer Zeit habe ich gemeinschaftlich mit meinem Freunde,
Herrn Prof. Rochleder zu Lemberg, eine vorläufige Notiz über diesen
Gegenstand in L i ebig's Annalen mitgetheilt. Die Details der Untersu-
chung, die ich hier folgen lasse, sind einem grossen Theile nach von
uns beiden gemeinschaftlich ausgeführt worden; für die meisten der
erhaltenen Zahlenresultate bin ich jedoch allein verantwortlich, da
die allzu grosse Entfernung unserer Wohnorte die gemeinschaftliche
Durchführung unmöglich machte. Diese Erklärung bin ich den Inter-
essen meines Freundes schuldig, auf dessen Aufforderung ich die
Redaction unserer gemeinschaftlichen Arbeit übernahm, um dieselbe
sofort dem Drucke zu übergeben.
Die bisherigen Versuche in Betreff des Piperins beschränken
sich auf einige Elementaranalysen desselben. Allein man weiss, wie
schwankend und unzuverlässig ohne die Controle von Zersetzungen
und Verbindungen die Resultate sinn, welche die Elementaranalyse
selbst in der Hand der gewandtesten Experimentatoren fur die Fest-
stellung der Zusammensetzung hoch zusammengesetzter organischer
Verbindungen liefert. Unsere erste Bemühung war desshalb dahin
gerichtet, wo möglich das reine Platindoppelsalz darzustellen. Dies
gelang uns vollständig. Wir erhielten das Platindoppelsalz in sehr
schönen ausgebildeten Krystallen des hemiorthotypen Systems von
prächtiger dunkel-orangenrother Farbe. Man muss zu diesem Ende
eine concentrirte alkoholische Auflösung von mehrfach umkrystallisir-
tem Piperin mit einer concentrirten weingeistigen Auflösung von
Platinchlorid versetzen und die Mischung, nachdem man einen über-
schuss von concentrirter Salzsäure hinzugefügt hat, mehrere Tage

454 Th* Wertheim.
lang der freiwilligen Verdunstung überlassen. Nach Verlauf von
12—24 Stunden zeigen sich die ersten Krystalle; ihre Menge nimmt
dann fortwährend zu und man erhält, wenn man hinlänglich concen-
trirte Auflösungen angewendet hat, eine sehr reichliche Ausbeute.
Die Krystalle, die man auf diese Weise erhält, sind so gross und
compact, dass man sie auf einem Trichter mit etwas enger Mündung
ohne Verlust sammeln, und durch Bespülen mit starkem Weingeiste
von der anhängenden Mutterlauge befreien kann. Das so dargestellte
Piperin-Platinchlorid ist im Wasser äusserst wenig löslich; in Berüh-
rung mit grössecen Mengen davon, scheint es eine theil weise Zer-
setzung zu erleiden, wobei Salzsäure frei und dem Anscheine nach
unverändertes Piperin ausgeschieden wird. Auf die Zunge gebracht,
verursacht es einen stark brennenden Geschmack, der vielleicht durch
diese Zersetzung bedingt ist. In kaltem Weingeist ist das Piperin-
Platinchlorid ziemlich leicht auflöslich, weit löslicher aber in kochen-
dem Alkohol. Bei der Abkühlung wird fast die ganze Menge als feurig
orangegelbes krystallinisches Pulver ausgeschieden. Das Piperin-
Platinchlorid lässt sich unverändert bei 100° trocknen; bei nicht viel
höherer Temperatur schmilzt es und zersetzt sich unter starkem Auf-
blähen. Die Analyse des Piperin-Platinchlorides gab folgende Resultate:
1) 0,3967 Grm. der Verbindung hinterliessen beim Glühen im
Platintiegel O,OSOO Grm. metallisches Platin.
2) 0,7983 Grm. hinterliessen *beim Glühen im Platintiegel
0,1010 Grm. metallisches Platin.
3) 0,5877 Grm. hinterliessen auf dieselbe Weise behandelt
0,0749 Grm. metallisches Platin.
4) O,6S52 Grm. hinterliessen endlich 0,0837 Grm. metallisches
Platin.
Ferner gaben:
1) 0,3196 Grm. Substanz bei der Verbrennung mittelst Kupfer-
oxydes O,64OO Grm. Kohlensäure und 0,1576 Grm. Wasser.
2) 0,3781 Grm. Substanz lieferten auf dieselbe Weise verbrannt
O,TS44 Grm. Kohlensäure und 0,1838 Grm. Wasser.
3) 0,3486 Grm. von anderer Bereitung gaben mittelst chrom-
sauren Bleioxydes verbrannt 0,6973 Grm. Kohlensäure und
0,16S2 Grm. Wasser.
4) 0,4970 Grm. gaben bei der Verbrennung mittelst chromsauren
Bleioxydes 0,2262 Grm. Wasser.

Über das Piperin. 4gg
0,3269 Grm. Substanz lieferten bei der Sttekstoffbestimmung
nach der Methode der Herren Will und Varrentrapp O,08OS
Grm. metallisches Platin.
0,4411 Grm. Substanz gaben schlüsslich beim Glühen mit Ätz-
kalk nach dem Auflösen der geglühten Masse in Salpetersäure und
nach dem Versetzen der salpetersauren Auflösung mit salpetersaurem
Silberoxyd 0,2398 Grm. Chlorsilber.
Die angeführten Resultate entsprechen in 1OO Theilen:
Gefunden: Berechnet:
1234 ^^-^^-^^
Kohlenstoff 54,61 - 54,40 — 54,53 — . . — 54,46 - C^ -- 5250
Wasserstoff 5,^8 — 5,40 — 5,26 — 5,05 4,93 — B^ 475
Platin . . . 12,60 — 12,68 — 12,75 — 12,78 — 12,79 — P^ 1^33,3
Sackstoff . . 3,53 „„—„„— - 3,68 - N^ 354,1
Chlor . . . 13,41 -.„„-„„-„„-. 13,77 — C^ 13^8
Sauerstoff . 10.37 -^ —„„-„„— 10,37 0^ 1000
100,00 100,00 96^
Diese procentische Zusammensetzung gibt also die Formel:
C,o ^37 N^ Oio + CIH + PtC^
aus welcher sich sofort für das reine Piperin die Formel:
CpO^T^Vä OIQ
ergibt.
Berechnet man die procentische Zusammensetzung, welche
das Piperin nach der angeführten Formel erhält, so findet man:
C . . . 74,29
H. . . 6,SS
N. . . 8,01
0 . . . 14,15
1OO.OO
Vergleicht man diese Zahlen mit den verschiedenen Zahlen-
werthen, welche die Herren v. Liebig, Pelletier, Begnault,
Will und Varrentrapp, und ganz kürzlieh Herr Laurent bei den
von ihnen ausgeführten Elementaranalysen des Piperins erhielten
(siehe Bd. 39, S. 283 der Annalen Liebig's), so springt sogleich
der überaus grosse Unterschied von denselben in die Augen. Nimmt
man aber in dem freien Piperin einen Krystallwass ergehalt von 2Äq.
Wassers an, der wie gewöhnlich nicht in die Zusammensetzung des
Platindoppelsalzes eingeht, so stellt sich sogleich eine vollkommen

456 Th* Wertheim.
genügende Übereinstimmung mit jenen Zahlen heraus, welche
die Herren Regnault und Laurent erhalten haben. Ich werde
der Übersicht halber die Resultate, welche die aus der obigen An-
nahme hervorgehende Formel: C^o H^ N^ Oio + 2 Äq. der Berech-
nung nach verlangt, neben jene stellen, welche diese beiden Che-
miker erhalten haben.
Gefunden: Berechnet:
Regnault. Laurent.
Kohlenstoff. . . 72,03—72,33 . . . 71,66 . . . 72,00
Wasserstoff. . . 6,72— 6,84 . . . 6,66 . . . 6,69
Stickstoff . . . 4,94— 4,94 ... ... J^,85
Sauerstoff . . . 16,3115,89 ... . . . 16,46
100,00—100,00 100,00.
Ein Blick auf diese Resultate dürfte hinlänglich sein, die obige
Annahme so ziemlich zu rechtfertigen. Für das Ziel, das wir uns
gesetzt hatten, erschien jedenfalls eine weitere Begründung dersel-
ben nicht erforderlich. Wir gingen vielmehr sofort an die Untersu-
chung der eigenthümlichen Zersetzung, welche das Piperin in Berüh-
rung mit fixen Alkalien bei höherer Temperatur erleidet.
Bringt man nämlich ein inniges Gemenge von Piperin mit; dem
3—4fachen Gewichte eines Natronkalkes, der aus gleichem Theile
von Natron und Kalkhydrat besteht, in eine Retorte und setzt dasselbe
im Ölbade längere Zeit einer Temperatur von ISO—160° C. aus,
so erhält man als Destillat einevollkommen farblose ölartige Flüssig-
keit in beträchtlicher Menge. Hat man während des Verlaufes der
Operation die obenerwähnte Temperatur sorgfältig eingehalten, so
enthält das Destillat keine Spur von Ammoniak.
Das gewonnene ölarlige Product zeigt folgende Eigenschaften:
es besitzt einen eigenthümlich durchdringenden lange haftenden Ge-
ruch, einen sehr scharfen, brennenden Geschmack; bei starker Ver-
dünnung wird derselbe stark bitter. Ich habe eine grössere Menge
dieses ölartigen Körpers mehrere Monate hindurch in einer Flasche
aufbewahrt, die häufig geöffnet wurde, ohne dass er sich sichtlich
verändert hätte; er reagirt stark und bleibend alkalisch; mit Chlor-
kalklösuag zusammengebracht, bringt er keine violete Färbung her-
vor. Kurz, das Bild der Eigenschaften dieses Körpers entspricht
durchgängig demjenigen, welches Herr Andersen neuerlich vom
Picolin entworfen hat. Eine einzige Reaction ergab einen nicht

Über das Piperin. 437
unwesentlichen Unterschied. Übergiesst man nämlich eine etwas
grössere Menge dieses ölartigen Productes mit beiläufig dem glei-
chen Volumen von Eiweiss, so tritt nach längerer Zeit ein Gerinnen
desselben ein; es währt jedoch oft länger als eine Viertelstunde,
bevor sich diese Erscheinung zeigt.
Um die Zusammensetzung dieses Körpers zu ermitteln, wurde
die Analyse des Platindoppelsalzes ausgeführt. Zur Darstellung
desselben wurde folgendes Verfahren eingeschlagen. Das ursprüng-
liche Destillat wurde in schwefelsäurehaltigem Wasser mit der Vor-
sicht aufgelöst, dass ein Überschuss von Schwefelsäure vermieden
wurde. Die schwefelsaure Auflösung wurde im Wasserbade zur
Trockne verdampft und der trockene Rückstand in absolutem Alkohol
aufgelöst, um die möglicher Weise vorhandene kleine Menge von
Ammoniak auf diese Weise zu entfernen. Die weingeistige Auflösung
wurde nun mit Salzsäure in Überschuss versetzt, und sodann eine
alkoholische Auflösung von Platinchlorid hinzugefügt. Man erhält auf
diesem Wege eine reichliche Fällung des Platindoppelsalzes in der
Form von äusserst zarten orangegelben Federehen; wenn man sehr
concentrirte Auflösungen angewendet hat, so gesteht die ganze Flüs-
sigkeit zu einem förmlichen Magma. Mit Alkohol und Äther gewa-
schen, und bei 100° getrocknet, gab dies^ Platinverbindung bei der
Analyse folgende Resultate:
1) O,2ä23 Grm. der Verbindung hinterliessen beim Glühen im
Platintiegel 0,0818 Grm. metallischen Platin.
2) 0,2610 Grm. der Verbindung hinterliessen auf dieselbe Weise
behandelt O,O86O Grm. metallischen Platin.
3) O,352S Grm. der Verbindung gaben mit chromsaurem Bleioxyd
verbrannt O,3O7S Grm. Kohlensäure und 0,0933 Gr. Wasser.
Aus diesen Zahlen ergibt sich:
Kohlenstoff , . 23,39 — C^ - 900 . 24,07
Wasserstoff. . 2.9^ - J?s - 100 * 2»67
Platin .... 33,30 - 3^,95 — Pt 1233,3. 32,94
Stickstoff . . - - N - 177 . 4,73
Chlor ....„„—„„- Ck - 1328 . 35,59
a7as,3 100,00.
Die Formel des Chloroplatinates dieser flüchtigen Base ist dem-
nach === C^ H^ N + Cl H -+- Pt Cl^

4S8 Th- Wertheim.
Es kann mithin nicht bezweifelt werden, dass die flüchtige
Basis, die man durch den eben beschriebenen Process aus dem Pir^e-
rin erhält, in der That Picolin ist. Als wir die vorläufige Notiz pul-
licirten, deren ich zu Anfang dieser Abhandlung Erwähnung gethan
hatte Herr Anderson seine schöne Arbeit über diese von ihm ent-
deckte Basis noch nicht veröffentlicht. Wir hielten daher damals
unsere flüchtige Basis für Anilin, indem wir uns einzig und allein auf
die oben erwähnten Zahlenresultate stützten. Was die Abweichung
in dem Verhalten anbelangt, die wir anführten, so lässt sie sich viel-
leicht aus dem Umstände erklären, dass wir zu dieser Reaction eine
ziemlich bedeutende Menge von der Basis und von Albumin anwen-
deten, und dass wir das Resultat der Einwirkung erst nach einer
starken Viertelstunde der Beobachtung unterzogen.
Nachdem wir durch diese Resultate die Zusammensetzung des
flüchtigen Productes der Destillation festgestellt hatten, erübrigte
uns nur noch die Untersuchung des festen Rückstandes in der
Betorte. Die Mischung nimmt im Verlaufe der Operation eine dua-
kelzimmtbraune Farbe an. So lange die Erhitzung dauert, ist sie
von weicher Consistenz, indem das Piperin bei dieser Temperatur
schmilzt. Nach dem Erkalten stellt sie sich als eine harte zusam-
mengesinterte Masse dar/Wenn die Erhitzung lange genug fortge-
setzt worden ist, so enthält diese Masse nur sehr wenig unveränder-
tes Piperin, aber eine grosso Menge eines neuen Productes, welches
man durch folgenden Vorgang in reinem Zustande erhalten kann.
Man behandelt die pulverisirte Masse zu wiederholten Malen mit
grossen Quantitäten von Wasser; zu diesem Behufe darf man jedoch
kein warmes Wasser anwenden, weil sonst die Theilchen zusammen-
backen und das Wasser die Masse nicht mehr durchdringen kann.
Nachdem man auf diese Weise den Überschuss des Kali-
hydrates entfernt hat, behandelt man den getrockneten und neuer-
dings gepulverten Rückstand mehrere Stunden hindurch mit kaltem
Alkohol, um die Spuren von Piperin wegzubringen, die noch vor-
handen sein können. Hierauf übergiesst man den Rückstand mit
heissem Wasser, zu welchem man einen Überschuss von Salz-
säure hinzufügt, und lässt die saure Flüssigkeit einige Zeit hin-
durch kochen. Man muss hierbei die Vorsicht beobachten, die
Salzsäure nur allmählich zuzusetzen, um eine allzu rasche und stür-
ynische Entwickelung der freiwerdenden Kohlensäure zu verhüten.

Über das Piperin. 459
Die Salzsäure löst das in dem Rückstand enthaltene Kalkhydrat auf.
Der vom Kalk befreite Rest suspendirt sich nun in der Form von
braunen Flocken in der Flüssigkeit; allein in dem Masse als das
Kochen fortgesetzt wird, bemerkt man, dass die Flocken sich zu-
sammenballen und vereinigen und eine weiche homogene und com-
pacte Masse von dunkelbrauner Farbe bilden; die Flüssigkeit er-
scheint dann vollkommen geklärt. Nimmt man nun den weichen Harz-
kuchen aus der heissen Flüssigkeit und spült ihn einige Augenblicke
mit etwas Wasser von gewöhnlicher Temperatur ab, so nimmt er
augenblicklich eine vollkommen spröde Beschaffenheit an und kann
nach dem Trocknen ohne Schwierigkeit gepulvert werden. Er ent-
hält nun immer noch eine bedeutende Menge von Kalkhydrat, das
eben durch das geschilderte Zusammenballen der Einwirkung der
Salzsäure entzogen wird. Man muss desshalb die gepulverte Masse
neuerdings anhaltend mit verdünnter Salzsäure digeriren. Hat man
den erhaltenen Harzkuchen auf diese Weise zwei- bis dreimal um-
geschmolzen, so wird er gewaschen, getrocknet und endlich in ab-
solutem Weingeist in der Siedhitze aufgelöst. Hat man zur Auflösung
nicht eine bedeutende Menge von Alkohol angewendet, so fallt beim
Erkalten ein grosser Theil der aufgelösten Substanz in harzartigen
Klümpchen heraus; so lange dies geschieht, muss man unter
erneuertem Zusatz von Alkohol die Flüssigkeit abermals zum Sieden
bringen. Die erkaltete Auflösung wird vorsichtig mit geringen Men-
gen von Wasser versetzt, bis sich eine leichte Trübung zeigt. Man
kann die Flüssigkeit, wenn man diesen. Punkt sorgfältig beobachtet,
nun ganze Tage stehen lassen, ohne dass sich der geringste Nieder-
schlag bildet. Die vollständigste Fällung tritt aber augenblicklich
ein, sobald man zur Flüssigkeit ein paar Tropfen Salzsäure hinzu-
fügt. Der so gewonnene Niederschlag bildet zarte isabellgelbe
Flocken von sehr voluminöser Beschaffenheit. Auf einem Filtrum
gesammelt, mit kaltem Wasser ausgewaschen und bei 100° getrock-
net, stellt er ein zartes, blassgelbes, vollkommen geschmackloses
Pulver dar, von so starker elektrischer Disposition, dass es beim
Reiben mittelst eines Pistilles ausserordentlich stark stäubt. Hat
man den Niederschlag unter der Glocke der Luftpumpe bei gewöhn-
licher Temperatur getrocknet, so besitzt er diese elektrische Eigen-
schaft in geringerem Grade. Aus diesem Grunde wurde zum Behufe
der Analyse die Trocknung der Substan? unter der Luftpumpe

460 Th- Wertheim.
bewerkstelligt, und die Mischung mit dem Verbrennungsmateriale in
dem Verbrennungsmörser nicht mittelst des Pistilles, sondern mit-
telst eines Glasstabes bewirkt; auch musste man vermeiden die Mi-
schung bei jenem Temperaturgrade vorzunehmen, bei weichein man
sie, zur Hintanhaltung der hykroskopischen Feuchtigkeit, gewöhn-
lich auszuführen pflegt. Die Analyse gab folgende Resultate:
1) 0,2432 Grm. der Substanz gaben mit chromsaurem Bleioxyd
verbrannt O.6S6O Grm. Kohlensäure und 0,1832 Grm. Wasser.
2) O.2O2S Grm. der Substanz gaben auf dieselbe Weise ver-
brannt O,SSO7 Grm. Kohlensäure und O,12SO Grm. Wasser.
Ferner gaben:
1) O,343S Grm. Substanz bei der Stickstoffbestimmung nach der
Methode der Herren Will und Varrentrapp 0,2207 Grm.
Platinsalmiak.
2) 0,3221 Grm. bei der Stickstoffbestimmung nach derselben
Methode 0,2070 Grm. Platinsalmiak.
Diese Resultate entsprechen in 1OO Theilen:
Gefunden: Berechnet:
l 2
Kohlenstoff . . . '73,56 — '7^,17 - C^g — 74,02
Wasserstoff . . 7,00 — 6,86 — H^ — 6,45
Stickstoff . . . 4,08 — 4.08 — N^ 4,09
Sauerstoff . . . 15,36 — 14,89 — ö^o ~ ^M
100,00 — 100,00 — 100,00
Die empirische Formel: Cigs^/e?^ 0^, welche der nebenan"
gestellten Berechnung zu Grunde gelegt ist, scheint auf den ersten
Anblick mit der Zusammensetzung des Piperins in keinen natürlichen
Zusammenhang gebracht werden zn können. Allein verdoppelt man
die Formel des Piperins und zieht von dem hierdurch entstehenden
Ausdruck die Formel des Picolins ab, so bleibt als Rest genau die-
selbe Gruppe von Atomen zurück, die durch die obige Berechnung
erhalten wurde, wie dies aus nachstehendem Schema ersichtlich ist:
2 Äq. Piperin == C^H^N^O^o
i Äq. Picolin ==C^ H^ N1
== €120 •^e? ^-s ^20
Dieses auffallende Zusammentreffen lässt sogleich eine ungezwun-
gene Deutung zu, wenn man sich das Atom des Piperins ?ms zvei

Über das Piperin. 4g l
Gruppen combinirt denkt, von denen die Eine durch die Formel des
Picolins == Ci2 H^ N, die Andere durch den Ausdruck: 655 H^N Oio
repräsentirt wird.
Piperin: C„ H^ 2V, 0^ = C^ H, N+ C H^ N 0
Durch diese Betrachtung würde das Piperin gleichsam zu einer
salzartigen Verbindung und die Eimvirkung des Natronkalkes, die
im Obigen ausführlich beschrieben wurde, erhielte folgende Er-
klärung:
Durch die Wechselwirkung von l Äq. Natronhydrat und 2 Äq.
Piperin wird l Äq. des letzteren zersetzt. An die Stelle des aus-
geschiedenen Picolin. tritt Natron und die entstandene Natronver-
bindung vereinigt sich sofort mit dem 2ten Äq. Piperin zu einer Art
von Doppelverbindung. Das nachfolgende Schema wird diese Vor-
stellung verdeutlichen: \
Vor dem Versuche:
(C^,iVO„+Picolin)
(,C^BN O» + Picolin) uu " ''•
Nach dem Versuche:
(^S^^l?0^)^1'160110-
\CsaH^N Oio + Picolm)^
Dieses Doppelsalz, das wir uns unmittelbar nach der Operation
in dem Rückstande der Destillation enthalten denken müssen, wird
sofort, durch die oben angeführte Behandlung mit Salzsäure in der
Art zersetzt, dass die Salzsäure sich des darin enthaltenen Natrons
bemächtigt, und eine Art von saurem Salz zurücklässt, in welchem
auf l Äq. Picolin 2 Äq. der elektronegativen Gruppe enthalten
sind, d.L 2 (C^HsoNO^o) + C^H^N; der empirische Aus-
druck dieser Formel ist: C^B^N^O^', er fallt, wie man sieht,
vollkommen mit dem Resultate zusammen, welches die Analyse des
oben beschriebenen Productes geliefert hat. Die wirkliche Darstellung
der von uns vorausgesetzten hypothetischen Doppelverbindung wollte
jedoch nicht gelingen; höchst wahrscheinlich ist das darin enthaltene
Natron so schwach gebunden, dass sie schon durch die Einwirkung
des Wassers eine allmähliche Zersetzung erleidet.
Wir sind weit entfernt zu glauben, dass das Piperin diesen
Versuchen zufolge als ein eigentliches Salz zu betrachten sei, man

462 Th* Wertheim.
müsste denn im Verlaufe weiterer Erfahrungen im Gebiete der orga-
nischen Chemie sich bewogen finden, diesem Begriffe eine viel wei-
tere Ausdehnung zu geben. Aber unsere Annahme, dass im Piperin
eine elektronegative Gruppe neben einer basischen enthalten sei, ist
vielleicht auch geeignet, den unbestimmten Charakter des Piperins
als Base und seine überaus schwache Verwandtschaft zu den aus-
gesprochensten Säuren zu erklären; bekanntlich war man selbst
lange Zeit in Zweifel, ob das Piperin wirklich zu den Alkaloiden zu
zählen sei.
Aus dieser Erklärung des mitgetheilten Zersetzungsprocesses
geht hervor, dass unter den erwähnten Umständen nur die Hälfte
des im Piperin enthalten gedachten Picolins gewonnen wird.
Es schien nun nicht uninteressant zu erfahren, ob die Zer-
setzung durch Erhöhung der Temperatur nicht noch weiter geführt
werden könnte, so dass auch das 2te Äq. Picolin in Freiheit gesetzt
und vielleicht die einfache elektronegative Gruppe C^H^N 0^
gewonnen würde? Wirklich kann man die Ausbeute an Picolin nicht
unbeträchtlich vermehren, wenn man die Temperatur des Ölbades
bis über 200° Celsius steigert; aber bei dieser Temperatur geht
zugleich mit dem Picolin eine bedeutende Menge von Ammoniak über.
In dem wässerigen Auszuge des Rückstandes in der Retorte befindet
sich nun, durch das freie Alkali in Auflösung erhalten, eine eigen-
thümliche Substanz, die durch die Übersättigung der Flüssigkeit roit
Salzsäure in gelben Flocken daraus gefällt wird. Die erhaltene Aus-
beute war jedoch unbedeutend. Die Substanz ist stickstofffrei; ihre
Analyse gab folgendes Resultat: 0,1406 Grm. Substanz gaben mit
chromsaurem Bleioxyd verbrannt 0,3683 Grm. Kohlensäure und
0,071 S Grm. Wasser.
Dies entspricht in 1OO Theilen:
Gefunden: Berechnet:
Kohlenstoff. .71,^1 — Cgg — 71,45
Wasserstoff . 5,65 — H^ •— 5,54
Sauerstoff . . 22,940^ — 23,01
Es fehlte uns an Material für eine zweite Analyse. Nach dem
Ergebnisse dieser Einen, die mit um so grösserer Sorgfalt ausge-
führt wurde, kann die Zusammensetzung des Körpers, der durd
diesen fortgeschrittenen Zersetzungsprocess entstanden war, durch
die Formel 53 Hyi 0^ ausgedrückt werden. Es gelingt also,

Über das Piperin.§
wenigstens auf dem eingeschlagenen Wege nicht die gesuchte
Gruppe: C^H^N de zu erhalten. Vergleicht man jedoch die
beiden Gruppen mit einander, so bemerkt man bald einen einfachen
Zusammenhang:
£58 H^ Ou ist nämlich === C^ H„ N 0
Hs N+ 0^
Diese neue Substanz hat sich mithin aus der elektronegativen
Gruppe des Piperins unmittelbar durch Ausscheidung' von l Äq.
Ammoniak und Hinzutreten von 4 Äq. 0 gebildet.
Die rationelle Formel C^H^NOiQ + C^E^N, die wir aus
den früher angeführten Thatsachen für das Piperin entwickelt haben,
lässt noch eine nicht unwesentliche Modification zu, durch die sie
vielleicht erst zum völlig wahren Ausdruck für die Constitution die-
ser Verbindung wird. Nimmt man nämlich in diesem Körper als einer
Art von Picolinsalz l Äq. Constitutionswasser an, so wie dies f&r
alle eigentlichen Salze des Ammoniak und der ihm analogen Basen
allgemein gilt, so erhält man folgende Formel: ^If^NO^ -f-
Cis H, N + HO.
Die Zahl der Äquivalente des Wasserstoffes in der elektro-
negativen Gruppe wird durch diese Änderung im Ansatze genau halb
so gross, als jene der Kohlenstoff-Äquivalente, und der saure Kor-
per stellt sich jetzt als Sauerstoffverbindung eines zusammengesetz-
ten Kohlenwasserstoffes dar.
Versucht man diese Vorstellung über die Natur des Piperins
auf die schönen Erfahrungen anzuwenden, mit welchen Herr Woh-
ler und Herr Blyth unsere Kenntnisse über das Narcotin bereichert
haben, so bieten sich sogleich, wie von selbst, höchst einfache Be-
ziehungen zwischen dieser Basis und den zwei neuen Basen dar,
welche diese Chemiker entdeckten: dem Cotarnin und Narcogenin.
Wir haben diese Beziehungen bereits oberflächlich angedeutet in der
vorläufigen Notiz, aufweiche ich mich zu Anfang dieser Abhandlung
bezog. Seitdem gelangte Herr Laurent durch Reflexionen ganz
verschiedener Natur und sehr geistreiche Combinationen zu Schluss-
folgerungen, die diesen in mancher Hinsicht analog sind. Wir wol-
len als Grundlage unserer Betrachtung die Formel annehmen, welche
Herr W Ö hier für das Cotarnin aufstellte, mit der geringen Verän-
derung, dass wir l Äquivalent Wasserstoff davon abziehen. Diese

464 Th- Wertheim.
kleine Modification glauben wir uns um so eher erlauben zu können,
da dieser berühmte Chemiker seine Formel selbst nur als annähern-
den Ausdruck der Zusammensetzung dieses Körpers ansieht.
Zieht man nun diese Formel, nämlich: C^ H^ NOs ^ i Äq.
Wasser von der Formel des Narcotins === C^g H^ N 0^ ab, so erhält
man den Ausdruck: Cgo H^ Os-
C H^ N 0^
— C H„ N Qe
=== C.20 H\z t/s.
Nimmt man ferner an, dass diese zwei Gruppen im Narcotin
analog wie im Piperin zu einer Art von Salz verbunden sind, dessen
Basis das Cotarnin und dessen Säure die andere Gruppe repräsentfren
würde, und betrachtet man, von dieser Annahme ausgehend, die
Formel des Narcogenin, so entdeckt man sogleich eine überraschend
einfache Beziehung. Addirt man nämlich zur Formel des Narcotins
die Elemente von l Äq. Cotarnin + l Äq. Wasser, so erhält man
als Summe das Doppelte der Formel des Narcogenins:
C^Q ß^s N 0^ = l Narcotin
4- C^ H^ N OQ == l Cotarnin + l Äq.
== C',z ffss ^Ozo === 2 Narcogenin.
Wir glauben nicht, dass man dieses überraschende Zusammen-
treffen irgend als zufällig betrachten könne, und stehen nicht an,
daraus folgende Schlüsse zu ziehen :
1. Die Zusammensetzung des Narcotins wird durch folgende
rationelle Formel ausgedrückt:
(Cgo -flia Os) + (Cotarnin + Äq.),
d.h. Narcotin ist das neutrale Pseudosalz des Cotarnins und
der oben eingeschalteten elektronegativen Gruppe.
2. Das Atomgewicht des Narcogenins muss verdoppelt werden.
Das Narcogenin erhält dadurch folgende rationelle Formel:
(C^ H^ Og) + 2 (Cotarnin -r Äq.),
d. h. das Narcogenin ist das entsprechende basische Pseudosalz.
Aus dem zweiten Schlüsse ergibt sich die unmittelbare Fol-
gerung, dass auch das Atom des Narcogenin-Platinchlorides verdop-
pelt werden muss. Das Atom dieser Verbindung würde dann 2 Äq.
Platinchlorid enthalten. Beim ersten Anblick könnte man hierin eine

Herrmann. Bestimmung der trig. Functionen etc. 4 6 S
Anomalie sehen; aber man braucht nur die rationelle Formel, die
wir für das Narcogenin aufstellten, in Betracht zu ziehen, um sogleich
über den Grund dieser scheinbaren Anomalie im Klaren zu sein.
Von dem k. k. Obersten, Herrn Herrmann, ist nachstehender
Aufsatz eingegangen.
Bestimmung der trigonometrischen Functionen
aus den Winkeln und der Winkel aus den Functionen,
bis zu einer beliebigen Grenze der Genauigkeit.
Für theoretische Untersuchungen, und namentlich astronomi-
sche, bei welchen es sich um sehr kleine, mit der Zeit nur langsam
fortschreitende Angular-Bewegungen handelt, sind die siebenstelligen
logarithmisch-trigonometrischen Tafeln ganz unbrauchbar, weil die
mit solchen Tafeln berechneten Winkel schon in den Zehnteln der
Secunde nicht mehr verbürgt werden können. Bei dem Gebrauche
von zehnstelligen Tafeln wird diese Unsicherheit meistens erst bei
der vierten Decimale der Secunde eintreten, aber auch dieser Grad
der Genauigkeit ist für manche Probleme noch ganz unzureichend,
worüber ich mich bei einer anderen Gelegenheit auszusprechen
gedenke. Vorläufig dürfte aber die Behauptung keinen Widerspruch
hervorrufen, dass die Theorie in der Schärfe ihrer Forschungen
niemals durch unzureichende Rechnungsbehelfe beschränkt sein
dürfe, sondern dass sie in Stand gesetzt sein müsse, die Genauigkeit
ihrer Rechnungsresultate bis zu einer beliebigen Grenze auszu-
dehnen. In solchen Fällen muss daher auf die bequeme logarith-
mische Berechnung verzichtet werden. Der Zeitaufwand, welchen
die Berechnung mit natürlichen Zahlen erfordert, kann aber wesent-
lich abgekürzt und die Arbeit sehr erleichtert, wie auch vor Fehlern
möglichst gesichert werden, wenn man alle grösseren Multiplicationen
und Divisionen mit einer Vielfachen-Tabelle (dem Ein-, Zwei-,...
Neunfachen des Multiplicands oder Divisors) ausführt und die Ope-
ration entsprechend abkürzt.
Die goniometrischen Formeln für die Bestimmung des Sinus
und Cosinus, der Tangente und Cotangente, aus der Länge des
gegebenen Bogens , oder umgekehrt, sind zwar allgemein bekannt,
wir wollen Jedoch die für unsern Zweck nöthigen hier anführen
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. I. Bd. 3°

466 Herrmauu.
und dabei die Coefficienten der Potenzen auf die einfachste Gestalt
bringen. Bezeichnen wir die Bogenlänge mit z, so sind die vier zu
unserm Gebrauch erforderlichen Formeln folgende :
l. sin^-^—I^+^^-^^+3^^—^^^^^
1 ^a_______1____ y is ,
6227020800 130767^368000 ' *
2. tang^-^ h34-^5 ^^ -^iSö29 + iS21^
_4368^ 929569
12163150 638512875 ' *•*
l 3.5 35
3. z == sin z + , sin3^ + ^ sm5;s + y^- sin7^ + -__ sin^ 4.
63 2*^1 14^
281^ sinlls + -13312 sinl8a + I^O81"152 + -
4. a==tgs—g tg^ ^ ^ tg^— ^ tg^s + g tg«2^.tgi'a +
^tg^-^tg^+...
Soll die verlangte Grosse (Funetion oder Bogen) durch die
Entwickelung nur weniger Glieder der entsprechenden Formel schon
einen hohen Grad der Genauigkeit erreichen, so muss sich in den
Werthen der auf einander folgenden Glieder die Anzahl der Nullen
hinter dem Decimalzeichen schnell vermehren. In der Formel l.
trägt hierzu die rasche Wcrthabnahme der Coefßcienten wesentlich
bei, was bei den übrigen drei Formeln weit weniger der Fall ist.
Bei diesen drei Formeln muss demnach hauptsächlich die schnelle
Werthabnahmc der angezeigten Potenzen in Retracht kommen, daher
z ein kleiner Bogen oder Winkel sein.
Da ich bei meinen theoretischen Untersuchungen oft in die
Lage kam, die Schärfe der Werthe für die Winkeibis zur 10. Deci-
male der Secunde auszudehnen, so gelangte ich durch mühsame
Erfahrungen, wobei ich mich verschiedener Methoden bediente,
endlich zur Überzeugung, dass es im Allgemeinen am vortheil-
haftesten sei, jeden gegebenen oder zu bestimmenden Winkel zu
theilen, nämlich in zwei Winkel, w^ovon der erste (a) die ganzen
Grade, und der andere (b) als Ergänzungswinkel die Minuten und
Secunden sammt ihrem Decimalbruche enthält. Ist der Ergänzungs-
winkel (6) grösser als 30', so kann man dessen Complement auf 1°,
somit für (a) den nächst grösseren Winkel ia ganzen Graden nehmen,

Bestimmung der trig. Punctionen etc. 4g'y
in welchem Falle natürlich dieser Complementwinkel fb) negativ
betrachtet werden muss.
In der diesem Aufsatze beigefügten Tafel I sind die Sinus und
Tangenten für die ganzen Quadranten von Grad zu Grad mit 30
Decimalen enthalten1). Offenbar kann das Bedürfniss einer so grossen
Genauigkeit in der Wirklichkeit nicht vorkommen; allein diese Hülfs-
tafel soll auch für jene Fälle brauchbar sein, wo es sich um äusserst
kleine Angularbewegungen handelt, welche in einem Zeiträume von
vielen Jahrhunderten nur um wenige Grade fortschreiten. Um solche
Bewegungen in ihrem Werthe für die einzelnen Jahre des ganzen
betreffenden Zeitraumes genau darstellen zu können, bedarf es nur
der genauem Berechnung derselben für wenige einzelne Jahre, um
sodann mittelst der Differenzen die weitere Bestimmung mit Leich-
tigkeit fortsetzen zu können2).
i) Alle Sinus und Tangenten dieser Tafel wurden erprobt und können daher
als verlässlich betrachtet werden. Von der Richtigkeit der Sinus kann
sich übrigens jeder Zweifler durch einen sehr einfachen Vorgang über-
zeugen. Da nämlich der Sinus von 3O°===-1- ist, so ist
sin (3Oa + w) ==-^- cos n 4- cos 30° . sin »,
sin (SO0^) =='2" cos n — cos 30°.sin ».
Daraus folgt durch die Addition
sin C30°+w) + sin (30°— n) == cos w=sin C9O0—»).
Nach diesem allgemeinen Ausdrucke werden durch eine einfache
Addition stets drei Sinus auf einmal erprobt. Setzen wir nämlich nach
einander n;= l , 2 , 3 . .\ 29 Grad, so erhalten wir: sin 31° -f~ sin 39°==
sin 89°; sin 32° + sin 2===sin 88°; sin 33° + sin 27°==sin 87°; u. s.w.
bis sin 59° + sin l°==sin 61°. Nach der Durchführung dieser 29 einfachen
Additionen und nach Abschlag der bekannten Sinus von 30° und 90°, erübri-
get zur Erprobung nur noch sin 60°==== y^S» welcher ebenialls leicht tne-
stimmt werden kann. — Der Unterschied von einer Einheit in der letzten
Decimale, welcher bei einigen Additionen zum Vorschein kommen wird, lässt
sich als die nothwendige Folge der weggelassenen 31. Decimalen erklären.
s) Ich werde von dieser leichten Bestimmungsmethode, nach welcher auch
die im zweiten Hefte der Sitzungsberichte brachstückweise mitgetheilte
logarithmische Tafel mit SO Decimalen berechnet wurde, in einem Aufsätze
über die Reihen das Nöthige erwähnen.
30*

468 Herrmann.
Die verlangte Function (Sinus oder Tangente) eines jeden, die
Grosse von 1° überschreitenden Winkels ergibt sich aus denFune-
tionen seiner beiden bereits erklärten Theilwinkel (a und &), nach
den hier angeführten bekannten Formeln:
A. sin (a ± fr) == sin a . cos b ± cos a . sin b
== sin a . l/ (l — sin 2^) ± cos a . sin &.
B..g(..±i)-.^"^.
Für den aus ganzen Graden bestehenden Theilwinkel a werden
die Funetionen (Sinus und Cosinus, oder Tangente) aus der Tafel I
mit der benöthigten Anzahl Decimalen entnommen, für den Ergän-
zungswinkel b hingegen wird die erforderliche Function (Sinus oder
Tangente) nach den schon früher angeführten Formeln l und 2 be-
stimmt; indem man vorerst die Länge des Bogens b aus den in der
Tafel II enthaltenen Daten zusammenstellt, oder dazu die ausführli-
chere Callefsche Tabelle Rapports des longeurs des degres au
rayon pris pour unite' benützt, unter der Voraussetzung, dass
diese Callefsche Tabelle im Sinne der Schlussbemerkung zu die-
sem Aufsatze verbessert wird. Man kann mit etwas grösserem Zeit-
aufwande die Bogenlänge 6 auch dadurch bestimmen, dass man das
bekannte Angularmass von b in Secundcn ausdrückt, und deren Zahl
mit der Bogenlänge von l" multiplicirt.
Wir gehen nun zu der entgegengesetzten Aufgabe über. — Soll
nämlich zu einer gegebenen Function (Sinus,, Cosinus, Tangente
oder Cotangente) der entsprechende Winkel bestimmt werden, so
vergleicht man diese Function mit den gleichnamigen Funetionen der
Tafel I und nimmt entweder den Winkel der in der Tafel vorhande-
nen nächst kleineren, oder jenen der nächst grösseren Function für
den Winkel a, je nachdem der einen oder anderen dieser beiden
Funetionen die gegebene näherkommt. Da der zu bestimmende Ergän-
zungswinkel im ersten Falle zu a addirt, im zweiten hingegen von
a abgezogen werden muss, so wird auch dieser Alternative gemäss
der Winkel, welcher der gegebenen Function entspricht, darch
(a +-&), oder (a—5), folglich die gegebene Function selbst durch
sin (a 4- 6), cos (a 4- &) etc., oder durch sin (a—&), cos (a—6)
etc. bezeichnet.
Um nun den Ergänzungswinkel b nach den Formeln 3 und 4
bestimmen zu können, muss dessen Function zuerst isolirt dargestellt,

Bestimmung der trig. Functionen etc. 469
nämlich durch die aus der Tafel I zu entnehmenden Functionen des
Winkels a und durch die gegebene Function des Winkels (ffiA-V)
oder (a—b) ausgedrückt werden. Für diese Isolirung der Function
von b dienen, wenn a der nächst kleinere Winkel in ganzen Graden
ist, folgende Formeln:
a) sin b (••=== sin [(^ + 6) — «] :}
= sin (a+^) cos a—sin a. V[l— sin8 (a 4- b)~\
== cos a . \/[i—cos^a+S)]sina.cos (a-\-V).
ß-U^f—tg-rra \ b) al.)—^^4-6)^^^—1-00^^^^^«
ß)tgö^-tg^a+b) a\ .J - ^ tg(a+6).tga^ cotg(^ft) + tg^.
Nimmt man hingegen für a den nächst grösseren Winkel in
ganzen Graden, so werden für die Isolirung der Function des Ergän-
zungswinkels b folgende Formeln angewendet :
a') sin b ^:==sin [a—(a—V)~\ :j ===sin a. V [l — sin a (a — 6)]
cos a. sin (a—b) === sin a. cos (ab)—cosÄ.l/^—cos^a—b)].
ßYtffö r--tff ra—rff—^1 ^^^—^^-^—^g^-^^g^^1
ßJ tg^^.-tgLÄ—^ ^J •J - i4^a.tg(a-6) - cotg (a-&) + tga
Der erste Ausdruck in diesen vier Formeln für sin b und tg b
wird, wie auf den ersten Blick zu erkennen, benützt, wenn die gege-
bene Function ein Sinus oder eine Tangente, der zweite Ausdruck
hingegen, 'Wenn die gegebene Function ein Cosinus oder eine Cotan-
gente ist.
Bei der Wahl des Winkels a, nämlich ob derselbe der nächst
grössere oder nächst kleinere in ganzen Graden sein solle, darf man
aus dem Grunde nicht in Verlegenheit sein, weil auch, wenn auf
eine geringe Vermehrung der Arbeit nicht Rücksicht genommen
wird, immer entweder der nächst grössere, oder aber der nächst
kleinere Winkel in ganzen Graden für a angenommen werden könnte.
Wir wollen den Unterschied der Arbeit, welchen die minder vortheil-
hafte Wahl des Winkels a veranlassen kann, wenigstens in Einem
Beispiele durch eine doppelte Bestimmung zeigen. .
Es soll der Winkel bestimmt werden, dessen Sinus ==
0,50^44443333 ist. — Aus der Tafel I ersehen wir, dass dieser
Sinus zu einem Winkel gehört, welcher zwischen 33° und 34° faßt

470 H ervmann.
Vergleichen wir die vier ersten Decimalen des gegebenen Sinus mit
jenen-des Sinus von 34°, so ist der Unterschied === O,SS92..—.
O,5S8S .. === 0,0037; dagegen ergibt sich bei der Vergleichung mit
dem Sinus von 3 3 °d er Unterschied O,SSSS..—0,S446. .==00109.
Diese beiden Unterschiede zeigen, dass der zu bestimmende Winkel
unzweifelhaft weit weniger von 34°, als von 33° entfernt ist. Es ist
daher angemessen, den Winkel a == 34° anzunehmen. Demnach rnuss
der Winkel, welcher dem gegebenen Sinus entspricht, mit (a—V) ==
(34°—V) bezeichnet werden. Nach der Formel a") erhält man
sin5 == sin34o. V""[l—sin2 (34o&)] — cos 34°. sin (3^—b) ==
O/SS919.29O34.TO747 .. x VTT— (O,SSSS44443333)2]«-
— O,829O3.7S72S.SSO42 .. x O,S8SS44443333
== O,46496.1S424.O8S66 .. — 0,46086,72167.47232 . .
== 0,00439.43286,88334..
Für diesen sin 6 ist nach der Formel 3 die Länge des entspre-
chenden Bogens t ==
sin 5 === O,OO439.432S6.S8334
+ -sinsfe == 141.42476
o
+ a- sins b == 123
=== O,OO439.4ä398.OO933
Dividirt man diese Länge des Bogens 6 durch die Länge des
Bogens von 1^, so erhält man das Angularmass von b
= SSSS^?:? ° 906/' ,39764.762 .. = IS- 6" ,397 etc.,
welche 8 Decimalen der Secunde als richtig betrachtet werden kön-
nen, weil der gegebene Sinus 12 Ziffern enthält, während wir uns
bei dem gefundenen, in Secunden ausgedrückten Winkel b auf 11
Ziffern beschränkten. — Der verlangte Winkel, welcher dem gege-
benen Sinus == O,SöSS44443333 entspricht, ist demnach == 34°—
(IS' 6^ ,39764.762 ...)== 33<> 44/S3// ,60233.238 ...
Zweite B estimmun g. Nehmen wir jetzt den Winkel a==»33°,
so ist der Winkel, welcher dem gegebenen Sinus entspricht ==
(33o + b).

Bestimmung der trig. Functionen etc. 47 j
Nach derFormel a) erhalten wir: sin b == sin (33° + b). cos 33° _
sin 33o. y[r—sm^(330 + 6)] == O,58SS44443333 x
X 0,83867.08679.48424 . . — O,84463.9O3SO.15O27 . . x
y[l—(O,SSSM4443333)^== 0,46591.87738.09012 . .
—O,4S286.01922.S7632 . . = O,O13O^.8S81S.5138O . .
Aus diesem sin b folgt nach der Formel 3 die Länge des Bo-
gens b ==
sin b === O,O13OS.83815.S138O ..
+ 4 sin3 b == 3711.39148 ..
4- -^ sin5 b === .28480 . .
4- — sin7 b == 3 . .
112
== O/O13OS.89S27.19O11 . .
ImAngularmasseist daher der Bogen b = ^^0^27.19011.0..
0 ° 0,OOOOOA8^81.36811.1..
== 2693//,60238.2374.. == 44'5r,6O23S.237..; folglich der dem
gegebenen Sinus entsprechende Winkel == 33° 44' ^^ ,6 etc.
Wir sehen, dass auch bei dieser zweiten Bestimmung das Glied
•^ sin7 b entbehrlich gewesen wäre, und somit (bei der für die
Grenze der Genauigkeit angenommenen geringen Zahl von Decima-
len, und bei dem noch nicht zu grossen Unterschiede der beiden
Ergänzungswinkel QOG^SO? etc. und 2693//,6O2 etc.) die Arbeit
für die beiden Bestimmungen im Ganzen als gleich angesehen wer-
den könne.
Die beiden Resultate weichen in der 8. Decimale um eine Ein-
heit von einander ab, welcher Unterschied sich aus der vernachläs-
sigten 9. Decimale erklärt..
Wir wollen jetzt, weil uns durch die Entwickelung von
VTT— (O,SSSS44443333)2] auch der Cosinus des Winkels
(33° 44'S3//,6O23S.237) bekannt ist, die Tangente dieses Winkels
bestimmen und sie als gegeben betrachten, um für selbe den ent-
sprechenden. Winkel herzuleiten, wodurch noch eine zweite Controle
für die Richtigkeit der Formeln und ihrer Benützung erhalten wird.
Es ist nämlich die Tangente dieses Winkels
_ sin (33° W Sä^eOi^^?) _ 0,55554.44433.33000
~"—————cos detto~"0,83148.68^38A1697

472 Herrmann.
==0,66813.37743.91706.. Diese Tangente fällt nach der Tafel I
(wir setzen nämlich voraus , dass uns der Winkel dieser Tangente
noch nicht bekannt wäre) zwischen die Tangenten von 33° und 34<^
und zwar näher an die Tangente des letzteren Winkels. Wir wollen
'demungeachtet für a den nächst kleineren Winkel 33o annehmen,
wie es bei der vorausgegangenen zweiten Bestimmung der Fall war,
um desto sicherer denselben Winkel bis einschlüssig der 8. Deci-
male genau zu finden.
Es ist also der dieser gegebenen Tangente entsprechende
Winkel (33°+&). Nach der Formel ß) erhalten wir:
tg•(330+6)—tg33Q_^O,66813.377^3.91706..-O^9^0.75931.975tl..
tS6^1+tg(33ü+6).tg330—lTo^813.37743.9l706><0,649^ö.75931.97511==
== O,O13O5.969S1.11243.S...
Die Bogenlänge, welche dieser tg b entspricht, ist nach der
Formel 4 ==
+
tg 6 == O,O13OS.969S1.11243.S.
ltg5&=== .78979.3.
+:O,O13OS.96951.87222.8..
S l tgs b == O,OOOOO.O7424.682O3.6. .
3
^6- 9.3..
— O,OOOOO.O7424.68212.9-
i...
==O,O13OS.89S27.19O.O9.9 ..Diese Länge des Bogens b stimmt
daher bis einschlüssig der 14. Decimale genau mit jener überein,
welche wir früher durch die zweite Bestimmung erhielten, daher
auch dasselbe Angularmass sich ergeben müsste, wenn wir durch
die Länge des Bogens von \" dividirten.
Nehmen wir zu den bereits angeführten, für die Einübung geeig-
neten Beispielen noch den Fall an, dass derselbe Winkel gegeben
wäre, und es sollte der Sinus für denselben bestimmt werden. Für
a wollen wir jetzt den näher zustimmenden Winkel in ganzen Graden,
nämlich 34° wählen; daher ist der Ergänzungswinkel t ==34°—
(Sä0^,^, 6O23S.237) === IS'ß7', 39764.763. Die Länge des
Bogens b finden wir nach der Tafel II durch folgende Zusammen-
stellung :

Bestimmung der trig. Functionen etc. 473
10' == 0,00^90.888^0.86657..
5' = 1^5.^UIO.43329..
^ = 2.90888.20867..
0,3 == 145U.41043..
0,09 = 4363.32313..
0,007 == 339.36958..
0,0006 == 29.08882..
0,00004 == 1.93925..
0,00000.7 = 33937..
0,00000.06 = 2909..
0/00000.003 == 145..
h ===0,00439.43398.00965
Auf die Richtigkeit der letzten Decimale kommt es bei dieser
Bogenlänge nicht an, weil wir die Berechnung wieder, wie es bei
allen Beispielen geschah, mit IS Decimalen durchführen, während
wir für das Resultat nur 12 verlangen.
Aus dieser Bogenlänge b wird nun nach der Formel l der
sin& berechnet. Mittels einer Vielfachen-Tabelle von b werden die
Potenzen 62 und b3, sodann mittelst einer VieIfachen-TabeIle von b^
alle übrigen benöthigten Potenzen, nämlich b6, b7 etc. bestimmt.
Auf diese Art verfährt man immer, wenn b aus einer grösseren Zahl
von Decimalen, als im vorliegenden Falle, besteht, indem hier die
leichte Multiplication für &5, als der letzten benöthigten Potenz,
leicht verrichtet werden kann, daher die Anfertigung einer zweiten
Vielfachen-Tabelle, nämlich von 62, eine ganz unnütze Zeitver-
schwendung sein würde.
Für die Zusammenstellung des sin b erhalten wir nach der
Formel l folgende benöthigte Glieder:
b == O,OO439.43398.OO96S..
4-^5- l^..
0,00439.43398.00979..
&8 == O,OOOOO.OO141.42613..
sin& =0,00439.43256.88366..
Aus diesem sin b folgt cos b - y[l^(O,OO439.432S6.S8366)2] ==
y^99998.O6899.O2OO8 == 0,99999.03449.04394..
Nach der Formel A ist demnach der verlangte sin (34°—&)==
sin (33o 44' W, 60238.237) === sm34°.cos6—cos34®.sin6==»

474 Herrmann.
=== O,SS919.29O34.7O747 x 0,99999.03449.04394
— O,829O3.757.2S.SSO42 x O,OO439.432S6.58366
== O/SS918.7SO44.O98O2 — 0,00364.30610.76828
3...
== O.5SS54.44433.3,2974..; also die 12 Decimalen genau wie
im ersten Beispiele.
Ich habe sämmtliche angeführte Beispiele durch einen gleichen
Winkel mit einander in Verbindung gebracht, damit die Richtigkeit
der Resultate ohne weiteren Beweis einleuchte.
Bei der Formel 2, welche gewöhnlich mit den regelmässig fort-
schreitenden Factoren der Nenner angeführt wird, während für die
Zähler dieser Co^fficienten kein solches Gesetz besteht, musste ich,
zu den bereits bekannten, noch einige neue Glieder entwickeln. Dass
die hier mitgetheilte, auf die einfachsten Coefficienten gebrachte
Formel 2 richtig und zugleich für die Bestimmung der Tangenten
mit 30 Decimalen hinreichend sei, lässt sich erkennen, wenn wir
tg 1° darnach entwickeln und mit dem aus •^-^0'abgeleiteten Werthe
in der Tafel I vergleichen. Erhalten wir nämlich für diese Tangente
mittelst der entwickelten Glieder der Formel schon 30 richtige Deci-
malen, so muss dies um so mehr bei allen Ergänzungswinkeln der
Fall sein, welche immer kleiner als 1° sind.
Mit der Bogenlänge von 1°===^, welche in der Tafel II bei
dem Bogen 60' angegeben ist, erhalten wir nach der Formel 2 die
gliederweiscn Werthc für tg 1°, wie folgt:
s = O,O1745.32925.10943.29576.02369.07684. 886..
«3 = l772l.92311.4O259.6O319.77384.263..
3
-25 == 2.15936.25970.61208.01694.879..
15
———a7 = 26.6Ä440.68236.00219.098..
315
62
2835
1382
155925
43688
12162150
929569
638512875
== 328.65098.22335.410..
«11 == 4057.35804.251..
%18 == 5009O.756..
15 = ' 6.184..
tg%===tg t0 == 0,07145.50649.28217,58576.51288.95219.727..
%0....

Bestimmung der trig. Functionen etc. 478
Dieser Werth der tg 1° stimmt bis einschlüssig der 30. Deci-
male mit jenem in der Tafel I genau überein; selbst die 31. Deci-
male ist im ersteren noch richtig, wie ich aus meinem Originale der
Tafel I ersehe, in- welchem die Functionen mit 31 verlässlichen
Decimalen bestimmt sind. — Die Formel 2 ist demnach durch dieses
Beispiel ihrer Anwendung hinreichend erprobt.
Die aufmerksame Durchsicht der angeführten wenigen Beispiele
wird auch die in der Behandlung goniometrischer Formeln und Be-
rechnungen Mindergeübten in Stand setzen, die hier vorgeschlagene
Methode für die Berechnung der Functionen und Winkel richtig und
zweckmässig anzuwenden, wenn auch die vorausgeschickte be-
schränkte Erklärung derselben noch Manches dunkel gelassen hätte.
Schlussbemerkung,
Als ich die Callet'sche Tafel der Bogenlängen ^Rapports des
longueurs des degres au rayon pris pour unite'\ zum bequemeren
Gebrauche bei der Bestimmung der trigonometrischen Functionen
und Winkel empfehlen wollte, hielt ich es fiir nöthig, die C a lief sehen
Angaben erst zu prüfen, indem ich eine neue Tafel, mit einer grös-
seren Anzahl Decimalen, verfertigte. Für den Gebrauch bei den
Ergänzungswinkeln genügen die Bogenlängen von i' bis 60' und von
l" bis lOO".—Diese Ausdehnung der Bogenlängen bis iQQ" ist, wie
von selbst einleuchtet, sehr zweckmässig, weil dadurch der Vortheil
gewahrt wird, stets von 2 zu 2 Decimalen die Bogenlängen aus der
Tafel entnehmen zu können, während unsere Tafel II wegen Raum-
ersparung nur die unentbehrlichsten Daten enthält.
Bei der Vergleichung mit meinem Original, wovon die Tafel II
nur ein Auszug ist, zeigte sich, dass in der Callefschen Tafel bei
W ein Fehler in der 12. Decimale und bei W in der 2S. (letzten)
Decimale vorkommt, welcher letztere Fehler jedoch ganz unbedeu-
tend ist. — Die Bogenlängen unserer gewöhnlichen, oder der so-
genannten alten Grade (degres anciens), nämlich die der OOtheiligen
in Bezug auf.den Quadranten, ist bei Callet ganz fehlerfrei: allein
desto schlimmer steht es mit den Bogenlängen der neuen oder l OO-
theiligen Grade (degres modernes), in welchen sich neun, gröss-
tentheils sehr bedeutende Fehler (hinsichtlich der Decimalstelle)
befinden.

476 Herrmann.
In den hier folgenden verbesserten Bogenlängen ist jede Ziffer
welche in die Callefsche Tafel — statt der fehlerhaften _ einzig
tragen kommt, umklammert.
ÖS^ 0,00025 . 69512 . 5(0)988 . 05^07 . 66027
S^'^ 0,00028 . 60400 . 71854 . 62623 . 6218(0)
D6gres modernes:
13°=a 0,20^20 . 35224 . 8333(6) . 56050 . 00718
14 == 0,21991 . 1^857 . 51285 . 52669 .(2)3850
17 == 0,26703 .5375(5). 55132 .42526 .93247
24 == 0,37699. 11184 . 30775 .(1)8861. 55172
38 == 0,59690 . 26(0)M . 82060 .71530 .'79022
59 == 0,92676 . 98328 . 08989 . 00534 .6479(8)
71 == 1,11526.5(3)920. 24376 . 59966 . 42384
74 === 1,16238.9(2)818. 28223 . 49823 . 11781
75 == 1,17809 . 72450 . 9617(2) . 46442 . 34913

Bestimmung der trig. Functionen etc.
Tafel11!.
0,01745 . 24064 . 37383 . 51281 . 94189 . 78516
0,03489 . 94967 . 02500 . 97164 . 59951 . 816S5
0,05233 . 59562 . 42943 . 83272 21186 . 29609
0,06975 . 64737 . 441ä5 . 30077 . 59588 . 53194
0,08715 . 57^27 . ^7658 . 17355 . 806^2 . 70837
0,10452 . 84632 . 67653 . 47139 . 98341 . 548O&
0,12186 . 93434 . 05147 . 48111 . 28939 . 19231
0/13917 . 31OO9 . 60065 . WH1 . 24966 . 63301
0,15643 . 4^650 . 40230 . 86901 . 010&3 . 19467
0,1736^ . 81776 . 66930 . 3^885 . 17166 .26769
0,19080 . 89953 . 765U . 81240 . 51^04 . 87958
0,20791 . 16908 . 17759 . 33710 . 17^22 . 84405
0,22^95 . 105^3 . ^3864: . 99805 . 11072 . 08343
0/2^192 . 18955 . 99667 . 72256 . OW3 . 7UOO
0,25881 . 90451 . 02520 . 76234 . 88988 . 37624
0,27563 . 73558 . 16999 1856^ . 99715 . 74611
0,29237 . 17047 . 22736 . 72809 . 74686 . 95377
0,30901 . 69943 . 7^7 . 4^10 . 22934 . 17183
0,32556 . 8154^ . 57156 . 66871 . ^0089 . 35795
0,3^202 . 01433 . 25668 . 73304 . 40996 . 14682
0,35836 . 79^95 . 45300 . 27348 . 41377. 89^13
0,37460 . 6593^ . 15912 . 03541 . ^9637 . 74501
0,39073 . 11284 . 89273 . 75506 . 20845 . 88889
0^0673 . 66^30 . 75800 . 20775 . 39859 . 903^1
0,^2261 . 82617 . ^0699 . 43618 . 6978^ . 896^8
0,43837 . 11467 . 89077 . W^5 . 27345 . ^0658
0^5399 . 04997 . 395^6 . 79156 . 0^083 . 663&8
0,469^7 . 15627 . 85890 . 77595 . 94622 . 88&28
0,^80 . 9620^ . 46337 . 02907 . 53796 . ^16
0,5
0,51503 . 80749 . 10054 . 21008 . 163t9 . 36398
0,52991 . 92642 . 33204 . 95^04 . 67811 . 51816
0,5^463 . 90350 . 15027 . 08222 . 40836 . 9208^
0,55919 . 2903^ . 70746 . 83016 . 04281 . 39986
0,57357 . 6^363 . 51046 , 09610 . 80319 . 12826
0,58778 . 52522 . 92^73 . 12916 . 87059 . 54639
0,60181 . 50231 . 5^048 . ^7991 79770 . 00441
0,61566 . 14753 . 25658 . 27966 . 88110 . 92843
0,62932 . 03910 . 49837 . 45270 . 5&O24 . 58280
0,64278 . 76096 . 86539 . 32632 . 26434 . 09907
0,65605 . 90289 . 90507 . 28478 .24959 ,64023
0,66913 . 06063 . 58858 . 21382 . 62733 . 30687
0,68199 . 83600 . 68498 . 50044 . 22257 . W11
0,69465 . 83704 . 58997 . 28665 * 6^062 . 99^22
0,70710 . 67811 , 865^7 . 52440 08443 . 62105

478 Herr in a n n.
«
0/71933 : 08003 . 38651 . 13935 . 60546 . m57
0,73135 . 37016 .19170 . 48328 . 75^36 . 08276
O/7431A . 48254 . 77394 . 23501 . 46970 . 48974
0,75^70 » 95802 . 22771 . 99794 . 29842 . 19561
0/7660^ . W31 . 18978 . 03520 . 23926 . 50656
0,77714: . 59614 . 56970 . 87997 . 99377 . ^3673
0,78801 . 07536 . 06721 . 95669 . 39777 . 87836
0,79863 . 55100 . ^7292 . 84628 . ^0008 . O4O69
0,80901 . 69943 . 74947 . 42^10 . 22934 . 17183
0,81915 . 20^2 . 88991 . 78968 . ^883 . 85917
0,82903 . 75725 . 5504kl . 69200 . 63368 . 41502
0,83867 . 05679 . ^5424 . 02963 . 75909 . M 80Ö
0,84804 . 80961 66^25 . 97038 . 61761 78690
0,85716 . 73007 . 02112 . 28746 . 52179 . 80145
0,86602 . 54037 . 8^38 . 64676 . 37231 . 70753
0,8^61 . 97071 . 39395 . 80028 . 46369 . 58661
0,88294 . 75928 . 58926 . 94203 . 21713 . 60316
0,89100 . 66^1 . 88367 . 86ä3.'> . 97095 . 714U
0,89879 . 40W2 . 99166 . 99278 . 22956 . 76096
0,90630 . 77870 . 366^9 . 9032^ . 25526 . 5675^
0,91364 . 54576 . 42600 . 89550 . 21275 . 71985
0,92060 . ^853^t . 52^0 . 32739 . 689^7 . &33O1
0,92718 . 380^0 . 66787 . 40080 . W^ . 51137
0,93358 . 0436^ . 97201 . 7^899 . OO43O . 63UO
0,93969 . 26207 . 85908 . 38^00 . ^1093 . 77325
0,9^551 . 85755 . 9931G . 8103^ . 812^7 . 07519
0,95105 . 65162 . 95153 . 57211 . 6^393 . 33379
0,95630 . ^7559 . 63035 . 48133 . 86508 . 16018
0,96126 . 16959 . 38318 . 86191 . 64970 . 48557
0,96592 . 58262 . 89068 . 28674 . 97^31 . 99729
0,97029 . '57262 . 75996 . 47230 . 63778 , 7^03^
0,97437 . 006^7 . 85235 . 22853 . 96944 . 80088
0,9781^ . 76007 . 33805 . 63792 . 85067 . 47870
0,98162 . 71834 , 47663 . 90349 . 650^8 . 99818
0,98480 . 77530 . 12208 . 05936 . 67^30 . 2^590
0,98768 . 83405 . 95137 . 72619 00^02 . 47693
0,99026 . 80687 . ^1570 . 31508 . 377^8 . 673^5
0,99254 . Ü1516 . 41322 . 03498'. O061Ö , 89331
0,99^52 . 18953 . 68273 . 33692 . 26919 . 44981
0,99619 . ^6980 . 917^5 . 53229 . 5010^ . 02474
0,99756 . 40502 . 59824 . 24761 . 31626 . 806^
0,99862 . 953^7 . 54573 . 87378 . ^920 . 58439
0,99939 . 08270 . 19095 . 73000 . 62^34 . 4b0044
0,99984 . 76951 . 56391 . 23915 . 70116 . 68814

Bestimmung der trig. Funclionen etc. 479
Go-
t&Dgente
0,01745 . 50649 . 28217 . 58576 . 51^88 . 05220
0,03^92 . 07694 . 917^7 . 73O5O . 04026 . 25774
0,05240 . 77792 . 83041 . 20^03 . 88058 . 24474
0,06992 . 68119 . 43510 . 41366 . 69210 . 60323
0,08748 . 86635 . 25924 . 00522 . 20186 . 69^35
0,10510 . 42352 . 65676 . ^6251 . 15023 . 801^0
0,1^78 . 45609 . 0290^ . 59113 . 42311 . 36053
0,1^054 . 083^7 . 02391 . U683 . 81176 . 93433
0,15838 . 4^03 . 24536 . 29383 . 888SO . 8^94
0,17632 . 69807 . 08464 . 97347 . 10903 . 86869
0,19438 . 03091 . 37718 . 48^24 . 31942 . 24977
0,21255 . 65616 . 70022 . 12525 . 95916 . 60570
0,23086 81911 . 25563 . lim . 8U56 . 1347^:
0,2^932 . 80028 . ^3180 . 69162 . 40399 . 37805
0,26794 . 91924 . 31122 . 70647 . 25536 . 58^94
0,28674 . 03857 . 58807 . 94004- , 27580 . 62733
0,30573 . 06814 ; 58660 . 35573 . 45^19 . 58996
0,32^91 . 96962 . 32906 . 32615 . 58714 . mi5
0,34433 . 76132 . 89665 . ^190 72658 » 39383
0,36397 , 023^2 . 66^02 . 36135 10478 . 82777
0,38386 . ^0350 . 35415 . 79597 . 1^84 .08103
0,^0^)2 . 6^258 . 35156 . 81132 . 23481 . 43580
0^2W . ^8162 . 0960^ . 74202 , 35320 . 629^2
0,44522 . 86853 . 08536 . 16392 . 23670 . 30645
0,46630 . 76581 . 5^998 . 59283 . OOOül . 94799
0,48773 . 25885 . 658Ü1 . 42277 . 31111 . 26617
0,50952 . 5^494 . 94428 . 81051 . 37OÖ9 .11200
0,53170 . 9^316 . 61^78 . 74807 . 59158 . 71840
0,55430 . 90514 . 52768 . 91782 . 07630 . 92338
0,57735 . 02691 . 89625 . 76450 . 91487 . 80502
0,60086 . 0619Ü . 27560 . M487 . 86644 . 26355
0,62^86 . 93519 . 09327 . 50978 . 05108 . 27949
0,64940 . 76931 . 97510 . 57698 20629 . 11311
0,67450 . 85168 . 4^26 . 63214 . 24608 . 6199^
0,70020 . 75382 . 09709 . 77945 . 85227 , 19^45
0,7265^ . 25280 . 05360 . 88589 . 54667 . 57480
0,75355 . 40501 . 02794 . 15707 . B9564 . 48621
0,78128 . 06265 . 06717 , 39706 . &9499 71962
0,80978 . 40331 . 95007 . 14803 . 69913 . 7^235
0,83909 . 96311 . W80 . 01176 . 31272. . 98123
0,86928 . 67378 . 16226 . 66&20 . 00956 . 38704
0,90040 . 40442 . 97839 94512 . 04772 . 03885
0,93251 . 50861 . 37661 . 70561 . 21856 . 27^26
0^96568 . 877^8 . O7O74 (A595 . 80272 . 99700
1.
89°
88
87
86
85
84
83
SZ
81
80
79
78
77
76
75
74
73
7%
71
70
69
68
&7
66
65
64
63
62
61
60
59
58
57
56
55
54
53
52
51
50
^9
48
47
46
W

480
Herr mann.»
Tangente

Co-
tangeate
W
1,03553 . 03137 . 90569 . 50695 . 88325 . 512^9
W
W
1,07236 . 87100 . 2^682 . 53294 . 60277 . 48073
^3
48
1,11061 . 25148 . 29192 . 87014 . 3^819 64166
42
49
1,15036 . 8^072 . 21009 . 55587 . 63310 25570
41
50
1,19175 . 35925 . 9^209 . 95870 , 53080 . 71861
40
51
1,23489 . 71565 . 35051 . 39855 . 617^6 . 95377
39
52
1,27994 . 16321 . 93078 . 78031 . 10298 . 47573
38
53
1,3270^ . ^8216 . 20^10 . 03715 . 94725 . 74088
37
5^b
1,37638 . 1920^ . 71173 . 53820 . 72095 . 81912
36
65
1,4281^ . 80067 . 42114 . 50216 . 0618^ . 84999
35
56
1,^8256 . 09685 . 127^0 ."25478 . 71571 , ^9155
34
57
1,53986 . 49638 . 1458S . 90482 . 67969 . 72603
33
08
1,60033 . 45290 . 41050 . 30532 . 67330 . 81184:
32
59
1,66427 . 9^823 . 50517 . 91103 . 04961 . 70035
31
60
1,73^05 , 08075 . 68877 . 29352 . 7^63 . ^1506
30
61
1,80404 . 77552 . 71^23 . 93738 . 17847 . 48238
29
62
1,88072 . 6^653 . ^6332 . 01236 . 08375 . 95830
28
63
1,96261 . 05055 . 05150 . 58230 . 46^ . 26213
W
6^
2,05030 . 38415 . 79296 . 21689 . 90110 . 70542
&6
65
2/1^50 . 69205 . 09558 . 61635 . 62607 . 910^7
25
66
2,2^603 . 67739 . 0^216 . 05^16 . 33214 . 38417
24
67
2,35585 . 23658 . 23752 . 83393 . 95866 . 623^5
23
68
2/t7ö08 . 68534k . 16290 . 82524 . 00132 . 46077
22
69
2,60508 . 906^6 . 93801 . 53625 . 84123 . 36435
21
70
2/7W7 . 74194: . 5W22 . 27876 . 16640 . 26^99
20
71
2,90421 . 08776 . 75822 . 80257 . 93255 . 34528
19
72
3,07768 . 35371 . 75253 . ^0257 . 0290.) . 76038
18
73
3,27085 . 2618^ . 8^0 . 86530 . 88062 . 57307
17
74
3^8'7U . tkWQ . ^0908 . 65069 . 62m . 25101
16
75
3,73205 . 08076 . 68877 . 29352 . 7^63 . 41507
16
76
^01078 . 09335 . 358^ . 7163^ . 67151 . 29465
14
77
^331A7 ÖS7^2 . 8^155 . 5^554 . 61677 . 64559
13
78
4,70463 . 01094 . 78^54 . 23358 . 62,345 . 37405
18
79
6,14455 . 40159 . 70310 . 13472 . 32207 . 17131
11
80
5,67128 . 18196 . 17709 . 53099 . l^Wt . 39866
10
81
6/31375 . 15146 . 750^3 . 09897 . 946^2 . 44770
9
82
7,11536 . 97223 . 84208 . 74823 , O56G1 . ^363^
8
83
8,1443^ . 6^279 . 74594 . 02382 . 56613 . 9^983
7
84
9,51^36 . ^5^2 . 22584 . 92968 . 39714 . 54949
6
85
11^3005 . 23027 . 613^3 . 06721 . 08555 . ^9167
5
86
14,30066 . 62567 . 11927 . 91012 . 80533 . 47591
i
87
19,08113 . (16877 . 28211 . 06340 . 67487 . 34372
3
88
28,63625 . 3&829 . 15603 . 55075 . 65093 . 20956
%
89°
57,28996 . 16307 . 59^4 . 68727 . 81475 . 37132



Bestimmung der trig. Functionen etc.
Tafel II.
481
Aligniar-
Mass

I
^ogenlang
2;eii für den
Halbme
sser I.

V
0,00000
. 4848(
. 36811
. 09535 .
99358
. 99141
. 02358 . .
2
0,00000
. 96962
. 73622
. 19071 .
98717
. 9828&
. 04716 . .
3
0,00001
. ^5444
. 10433
. 28607 .
98076
. 97423
. 07074 . .
4
0,00001
. 93925
. W^
. 38143 .
97^35
. 96564
. 09432 . .
5
0,00002
. 42406
. 8^055
. 47679 .
9679^
. 95705
. 11790 . .
6
0,00002
. 90888
. 20866
. 57215 .
96153
.9^6
. WtS . .
7
0,00003
. 39369
. 57677
. 66751 .
95512
93987
. 16506 . .
8
0,00003
. 87850
. 94488
76287
94871
. 93128
. 18864 . .
9
0,0000^
. 36332
. 31299
. 85823 .
94^30
. 92269
. 21222 . .
10
0,00004
. 8^813
. 68110
. 95359 .
93589
.91MO
. 23579 . .
20
0,00009
. 69627
. 362^1
90719 .
87179
. 82820
. 47159 . .
30
0,OOO1A
. 5^41
. 04332
. 8^079 .
80769
. 7^230
. 70738 . .
^0
0,00019
. 39254
. 72^3
. 81439
7^359
. 65640
. 94318 . .
50
0,00024
. 24068
, 40554
. 76799 .
67949
. 57051
. 17897 .
GO"
0,00029
. 08882
. 08065
. 72159 .
61539
. 48461
WT7 .
V
0,00029
. 0888^
. 08665
72159 .
61539
- 48461
. 41477 .
2
0,00058
. 17764
. 17331
^319 .
23078
. 96922
. 82954 .
3
0,00087
. 266^6
. 26997
. 1(W8 .
8^618
. 45384
2^31 . .
4
0,00116
. 35528
. 3466&
. 88638 .
46157
.93845
. 65908 .
5
0,00145
. WHO
. ^3328
. 60798 .
07697
. ^2307
. 07384 . .
6
0,00174
. 53292
. 51994
. 32957 .
69236
90768
. 48861 . .
7
0,00203
62m
. 60660
. 05117 .
30776
. 39229
. 90338 . .
8
0,00^32
. 71056
. 69325
. 77276 .
92315
.87691
. 31815 .
9
0,00261
. 79938
. 77991
. ^9436 .
53855
. 36152
. 73292 . .
10
0,00^90
. 88820
. 86657
. 21596 .
15394
. 8^614
. 14769 . .
20
0,00581
. 77641
. 73314
43192 .
30789
69228
. 29538 . .
30
0,00872
. 66^62
59971
64788 .
46184
. 53842
. 44306 . .
40
0,01163
55283
. 46628
. 86384 .
61579
.38^56
. 5^075 . .
50
0,01454
. 44104
. 3328Q
. 07980 .
76974
. 23070
. 7B844 . .
60'
o/oms
. 329S5
. 199^3
. 29576 .
92369
.0768^
88613 . .

Die Classe beschliesst für Herrn Theodor Wertheim zur
Fortsetzung seiner Arbeit über die Alkaloide auf eine Unterstützung
von 5OO fl. C. M., ferner für Herrn Dr. Botzenhart zur Heraus-
gabe eines von ihm verfassten Lehrbuches der Krystallographie auf
die Bewilligung der Druckkosten im beiläufigen Betrage von 650 fl.
C. M. anzutragen. Beide Anträge wurden später von der Gesammt-
Akademie bewilligt.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. I. Bd.
3i

482 Kollar. Über den
SITZUNG VOM 16. NOVEMBER 1848.
Herr Custos Kollar hält nachstehenden Vortrag:
Über den Sitophilus Oryzae Schönherr (Cu r culio
Orizae Linn.). Ein dem Mais sehr schädliches Insect.
Der im Interesse der hiesigen Gartenbau-Gesellschaft Reisende,
Herr Karl Hell er, brachte bei seiner Rückkehr aus Mexico nehst
lebenden und getrockneten Pflanzen, Pflanzen-Samen und anderen
naturhistorischen und ethnographischen Gegenständen auch einige
Kolben von einer Mais-Varietät mit, die sich durch eine ausserordent-
liehe Fruchtergiebigkeit auszeichnet. Dieser Mais wird auf einem
kleinen Strich Landes zwischen Ciudad real und Comitan im Staate
Chiapas cultivirt in einer Höhe von 4OOO — 4SOO' über der Meeres-
fläche auf einem schwarzen Moorboden. Jede Pflanze trägt 2 bis
3 Kolben, von denen jeder 1OOO — 12OO Körner enthält, somit
durchschnittlich einen 2SOOfältigen Ertrag liefert.
Herr Heller hatte die Absicht, mit diesem Mais bei uns Anpflan-
zungs-Versuche zu machen, um zu sehen in wie weit Klima und Boden
auf seine Ergiebigkeit einwirkt; leider ist seine Absicht durch ein
kleines Insect, das auch in Mexico als der gefährlichste Feind dieser
Frucht bekannt ist, fast gänzlich vereitelt worden, indem trotz der
sorgfältigsten Verpackung und Conservirung durch Kampfer fast alle
Körner während der Oberfahrt nach Europa zerstört wurden. Herr
Heller hatte die Gefälligkeit, mir die angegriffenen Kolben zur
Untersuchung und genauen Bestimmung des zerstörenden Insectes
mitzutheilen, und ich erachte es für wichtig, die Resultate meiner
Untersuchung der hohen kais. Akademie vorzulegen, damit sie durch
ihre Schriften zur Kenntniss der Naturforscher und Ökonomen gelangen.
Das in Rede stehende Insect gehört der Ordnung Coleoptera
(Käfer), der natürlichen Familie Curculionides^n, und ist eine
bereits dem grossen Linne bekannt gewesene Species, nämliA
sein Curculio Orizae, gegenwärtig Sitophilus Oryzae geiiianot,
ein Insect, welches bisher aus Ostindien, dem Orient und dem süd-
lichen, Europa bekannt war, und als ein Feind des Reises berüchtigt
ist. Dieser Rüsselkäfer ist ein naher Verwandter des den Cere^ett
schädlichen Sitophilus granarius, welcher den Ökonomen üD^rde»
Namen „schwarzer Kornwurm'" bekannt ist, und gleich der Kornmotte

SUophilus Orysae Schönherr. 483
(Tinea granella) für eine Hauptpest des in Magazinen aufbewahrten
Getreides gilt. Sifopk. Oryzae ist etwas grösser als der letzt-
genannte S. granarius, ungefähr 2 Linien lang und Va Linie breit»
im Leben von dunkelbrauner Farbe mit vier nicht scharf begrenzten
rothbraunen Flecken auf den Flügeldecken; sein ziemlich feiner
Rüssel beträgt beiläufig t/g der ganzen Körperiänge.
Da übrigens das vollkommene Insect in den systematischen
Werken ohnehin genau beschrieben ist, namentlich in Scbönherr^s
Genera et Species Curculionidum T. IV, pars II, pag. 981, wo auch
eine vollständige Synonymie enthalten, so beschränke ich mich hier
auf die Beschreibung seiner noch unbeschriebenen Larve und auf
die Art und Weise seiner Zerstörung der Mais-Körner.
Der von dem Insecte angegriffene Kolben bietet schon dem
freien Auge die Spuren der Beschädigung dar: die einzelnen Körner
sind auf ihrer Oberfläche mit grösseren oder kleineren Löchern ver-
sehen und die Substanz des Körnchens mehr oder weniger üi einen
mehlartigen Staub verwandelt, der bei den erwähnten Löchern heraus-
fällt. Im Inneren des angegriffenen Kornes findet man bald den
Käfer allein, einzeln oder mehrere beisammen, bald Käfer und Larve
zugleich. Die Larve oder Made liegt fast zu einer Kugel zusammen-
gezogen in der zu Mehl verwandelten Substanz, ihr grosstep Durch-
messer beträgt kaum Yg Linie; sie ist durchaus weiss und runzlig,
fusslos. Ihr Kopf ist von hornartiger Consistenz, kastanienbraun, mit
starken mehrzähnigen Kiefern bewaffnet, die sie, wenn sie beFthrt
wird, ziemlich schnell bewegt.
Die Verpuppung findet ebenfalls im Inneren des Körnchens Statt,
und zwar ohne alle Hülle. Die Puppe ist ebenfalls weiss und man
kann unter dem Puppenhäutchen deutlich schon alIeTheile des Käfers
entdecken. Man findet das Insect in allen seinen Entwiekelungs-
zuständen zur nämlichen Zeit in den Maiskolben, so dass die Zer-
störung ununterbrochen vor sich geht und seine Vermehrung reissende
Fortschritte macht. Von dem Monat März bis zum August hat Herr
Heller mehrere Hunderte dieses Käfers aus drei Kolben gezogen.
Die Eingebornen suchen dieser Zerstörung dadurch vorzubeugen,
dass sie gleich nach der Ernte die Kolben auskörnen und an einem
sieheren Orte verwahren. Wenn trotz dem dieKorner angegriffen wer-
den, so müssen sie vermahlen werden, wobei das Inseet zerstört wird.
3l4»

484 Reissek. Über die Fasergewehe des Leines etc.
Das correspondirende Mitglied D. S. Reissek berichtet das
Ergebniss einer Reihe von Untersuchungen, welche derselbe über die
Fasergewebe des Leines, des Hanfes, der Nessel und Baumwolle
in anatomischer, chemischer und technischer Beziehung angestellt
hatte, und wobei vorzüglich die Entwickelungsgeschichte dieser
Gewebe, dann die Veränderungen, welche sie bei ihrer Verarbeitung
erleiden, im Auge behalten wurden.
Die Entwickelungsgeschichte, der Bau und die Veränderungen
. der Fasergewebe sind wesentlich verschieden, je nachdem sie ent-
weder Bastgewebe sind, wie beim Leine, dem Hanfe und der Nessel,
oder Haargewebe wie bei der Baumwollstaude.
Die Hauptresultate für die Bastgewebe sind folgende:
1. Die Fasern des Leines, Hanfes und der Nessel sind Zellen,
welche frei in Intercellulargängen zwischen Rinde und Cambium sich
bilden, und durch Absetzung von Cellulose in Gestalt einer die Wand
des Intercellularganges auskleidenden Membran entstehen.
2. Die Entwickelungsgeschichte der Bastzellen ist dieselbe, wie
jene der Milchgefässe, und letztere sind nichts als Bastzellen, welche
in verschiedenen Theilen des Pflanzengewebes zerstreut sind, ater
zwischen Rinde und Cambium eine besonders starke und regelmässige
Schichte bilden.
3. Die ausgebildete Flachs- und Hanffaser wird durch vollstän-
dige Ausfüllung der Höhlung solid und verliert das Ansehen einer
Zelle.
4. Die Veränderungen der Faser beim Rösten, Dörren, Brechen,
Schwingen, Schlagen, Reiben, Hecheln, Spinnen, Zwirnen, Weben
und Bleichen, so wie bei der Papierbereitung sind bloss mecha-
nische, die chemische Beschaffenheit bleibt unverändert.
5. Die Wirkung der Röste besteht in einer Auflockerung und
theilweisen Zerstörung der Rinde und des Cambiums, in Folge dessen
die leichtere Ablösbarkeit der Bastschichte vom Holzkörper ermög-
licht wird. Durch das Brechen wird der Holzkörper von Sem Baste
entfernt, durch das Schwingen die Überreste der Rinde und des
Cambiums abgelöst. Durch das Hecheln werden die Bastbändel
gespalten und verfeinert.
6. Bei der Papierbereitung werden die Fasern zerstückt, zer-
franst und zermalmt und in eine feinfaserige und flockige, mittelst
Flüssigkeit sich verfilzende, und in Blätter und Platten leicht zu

Haidinger. Über die Ursache der Polarisationsbüschel etc. 485
formende Masse verwandelt. Die Chlorbleiche bringt keine chemische
Veränderung der Faser hervor.
7. Die anatomischen Eigenschaften einer guten Flachs- und
Hanffaser sind: o) bedeutende Länge, b) geringer Durchmesser,
c) glatte Oberfläche, d) gleichmässige nur nach den Enden all-
mählich abnehmende Dicke, e) vollständige Ausfüllung der Höhlung,
f) Reichthum und Zartheit der Schichten der Ablagerung.
Herr Bergrath Haidinger übergibt folgende Mittheilung:
Über die Ursache der Erscheinung der Polari-
sationsbüschel.
Die Erscheinung der Polarisationsbüschel selbst ist eine höchst
zarte. Wäre dies nicht, so hätte sie schon längst von so vielen
aufmerksamen Beobachtern wahrgenommen werden müssen, die den
blauen heiteren Himmel betrachteten. Wenn auch gerade mit einer
Untersuchung beschäftigt, die einen anderen Zweck verfolgte,
bemerkte ich sie vielleicht nur darum, weil mein Auge durch lang-
jährige Untersuchung von kleinen Krystallen vorbereitet war, die
Erscheinung aufzunehmen. Ich suchte in meinen ersten Mittheilungen
durch die Angabe der Mittel möglichst die Beobachtung zu erleich-
tern , aber es ist mir nur wenig gelungen. Mehrere Physiker, die
mich mit ihrem Besuche erfreuten, sahen sie leicht an den Vorrich-
tungen und Gegenständen in der Nähe, aber auch hier gelang
es mir, bald mit der einen, bald mit der ändern leichter den ersten
Eindruck vorzubereiten. Herr Abbe Moigno brachte sie nach Paris,
erst vor wenigen Monaten konnte sie noch Hr. v. Hauer dem grossen
schottischen Physiker Sir DavidBrewster zeigen, dem ich früher
einen eigenen Brief darüber geschrieben hatte, und dem es.doch
nicht gelang sie aufzufinden.
War aber schon die Beobachtung schwierig, und nur allmählich
verbreitet, so gilt dies noch mehr von der Bildung der eigentlichen
Ansicht über die Natur dieser Büschel.
Mancherlei Ansichten sind schon vorgebracht worden, aber man
hat sich noch lange nicht über den physikalischen Vorgang bei ihrer
Bildung im Auge vereinigt.
Die erste Frage ist wohl die, ob es ein objectiver oder ein sub-
jectiver Eindruck sei, oder vielmehr, ob der Büschel mit dem Wesen

486 Haidinger. Über die
des polarisirten Lichtes unmittelbar zusammenhänge, oder ob er den
Apparat des Auges zu seiner Bildung nothwendig habe.
Mehr der ersten Ansicht entsprechend war die Construction,
welche ich in einer früheren Mittheilungi) übereinstimmend mit
Herrn Regierungsrath v. Ettingshausen's Ansichten darlegte, und
die sich darauf gründet, dass man auf die verschiedene Brechbarkeit
der Strahlen Rücksicht nehmen müsse, wenn auch durch die ZürüA-
strahlung kein prismatisches Bild wie durch Brechung entstehen kann.
Der hellste Theil ist vollständig polarisirtes Licht, und daher als mit
dem Maximum der Licht-Intensität gelblich, während zugleich ein
Antheil nicht polarisirten Lichtes, aber von der complementär violetten
Farbe zurückgeworfen wird, das dem vorigen beigemischt ist, und
in der Richtung senkrecht auf die Polarisations-Ebene erscheint, wäh-
rend in derselben der gelbe Büschel wahrgenommen wird. Alles nur
unmittelbar um die Seheaxe herum. Für das Erscheinen des Violet
führteich HerscheFs Beobachtung an, dass ein einzelner Strahl
nicht vollständig polarisirt oder durch zwei auf einander folgende
Polarisirungen in senkrechter Richtung auf einander ausgelöscht wer-
den kann, sondern immer noch ein dunkles Violetblau (purple)
übrig lässt.
Die mannigfaltigen Erscheinungen, welche seitdem an vielen
Körpern in Bezug auf die Zurückstrahlung wahrgenommen worden
sind, und die in so vielen Zwischengliedern einen Zusammenhang
zwischen der linearen Polarisation der einen und der elliptischen
der ändern nachweisen, liesscn das senkrecht auf die Einfallsehene
polarisirte Violet als den Endpunkt dieser Reihe betrachten, wenn
auch eine eigentliche Erklärung nicht weiter dadurch begründet wer-
den konnte.
Eine andere Richtung nahmen die Forschungen, welche die
Herren, S ilb ermann und Ja min in Paris zur Erklärung der Erschei-
nung einleiteten. Sie nahmen beide an, dass erst im Auge der Vor-
gang stattfindet, durch welchen die gelben und violetten Farbentöne
getrennt werden, aber stimmen sonst nicht mit einander überein.
Nach Silbermann^) wird das Licht durch die, schnell abge-
kühlteni Glase ähnliche ungleiche Dichtigkeit der Krystall-Linse in
1) PoggendorflPs Annalen, 1846, Bd. 68, S. 73.
2) Comptes rendus, Tome XXHI, Nr. 13, 28. Sept. 1846, S. 629.

Ursache der Polarisationsbuachel etc. 487
^
seinem Polarisationszustande modificirt, und die faserige Structur der
Krystall-Linse selbst, so wie die des Glaskörpers (hwneur miree)
wirken als Analysirer. Er stützt diese Ansicht auf die mit den Abbil-
dungen vonYoung übereins'timmenden neueren anatomischen Arbei-
ten Papenheim's, die eine nach den sämmtlichen Radien aus-
laufende faserige Structur der Krystall-Linse erkennen lassen.
Es sei mir erlaubt, hier einige Bemerkungen zu machen. Zuerst
ist es nothwendig zu untersuchen, welche Lage diejenigen Strahleil
im Auge haben, welche den Büschel hervorbringen.
Wenn man eine ganz kleine Öffnung von etwa Vy Linie oder
nahe Vs Millimeter durch schwarzes Papier hindurchsticht und ganz
knapp vor das Auge hält, so sieht man in einer Imear-polarisirten
Lichtfläche doch noch sehr deutlich den Büschel in der Richtung der
Seheaxe. Man kann daraus schliessen, dass es ein Punkt ist, so
klein als möglich, von dem ein Strahlenkegel ausgeht, innerhalb
dessen Basis auf der Retina der Büschel befindlich ist Herr Silber-
mann hat die Winkelgrösse desselben auf etwa S° geschätzt, ich
hatte aus der Erinnerung früher nur 2° niedergeschrieben, ohne ihn
eigentlich mit irgend etwas^ zu vergleichen; ich wiederholte später
eine wirkliche Schätzung — den Vergleich der Entfernung vom Auge
. mit der scheinbaren Grosse — und gelangte zu demselben Resultat,
wie Herr Silbermann. Für die Länge der Augenaxe == 24 Milli-
meter, diese schon von der grössten Dimeasion, findet sich also bei
5° Divergenz die Grosse des Büschels auf der Retina == 2*1 Milli-
meter. In der Krystall-Linse selbst würde er nur 0*5 Millimeter
gross sein. Die Structur, welche auf die Hervorbringung des Buscheis
wirkt, muss also in diesem höchst beschränkten kegelförmigen Raum
zunächst der Axe von einer ausserordentlichen Regelmässigkeit sein.
Herr Silbermann verlangt für den Raum nächst der Seheaxe
(pag. 633, Nr. 2) einen neutralen Raum, ohne jedoch eine Angabe
über dessen Grosse zu machen.
Neuere anatomische Untersuchungen, deren Kenntniss ich Herrn
Dr. C. Wedl verdanke, der selbst viele davon, zum Theil der erste
vorgenommen hat, beweisen nun zwar die radürend faserige Structur
der Krystall-Linse, aber die Fasern gehen keineswegs durch die
Seheaxe hindurch; wenn sie auch weiter vom Mittelpunkte entfernt
nahe gleichlaufend werden, so vereinigen sie sich zunächst dem
Mittelpunkte, ohne sich zu durchkreuzen, ia drei Systemen von rück-

488 Haidinger. Über die
laufenden Richtungen, und lassen auf diese Art gerade zunächst an
der Seheaxe einen etwas vertieften Raum zurück, der wie aus drei m
Winkeln zusammenlaufenden Linien gebildet ist1). Diese Vertiefungen
sind mit kleinen kugelförmigen Körpern ausgefüllt. Eben solche
kleine kugelförmige Körper finden sich auch zunächst der äusseren
und der inneren Oberfläche der KrystalI-Linse. Die letzte Bedeckung
der KrystalI-Linse endlich gleicht die Unebenheit wieder aus.
Der Glaskörper zeigt keine so deutliche faserige Structur wie die
KrystalI-Linse, ja sie ist eigentlich noch gar nicht an ihm nach-
gewiesen, obwohl man nach Hannovers Vorgange eine gewisser-
massen den Pomeranzen ähnliche keilförmige Zusammensetzung,
die aber weiter hinaus fortgesetzt zu dichotomiren scheint, ziem-
lich deutlich erkannt hat. Man hat hier mehr haut- als faserartige
Lagen.
•Die genauere anatomische Untersuchung scheint daher wenig
geeignet, die Ansichten zu begründen, welche Herr Silber mann
aufgestellt hat.
Herr J am in2) geht von einem anderen Grundsatze aus, nämlich
von dem allgemeinen Polarisationsgesetze, wie es sich beim Durch-
gange durch Glasplatten zeigt, die hier von convexen und concaven
Linsen ersetzt werden, mit denen die Bildung des Auges—Horn-
haut, KrystalI-Linse — verglichen wird. Auch hier darf ich einige
Bemerkungen hinzufügen..
Es heissfc daselbst: „Das gebrochene Bündel wird also in der
Polarisationsebene zwei dunkle, mit ihren Scheiteln im Mittelpunkte
zusammenstoysende und nach dem Umfange hin breiter werdende
Büsciiel darbieten, und in der darauf winkelrechtcn Ebene zwei helle
Büschel von ähnlicher Gestalt/' In Beziehung auf diesen Satz muss
bemerkt werden, dass die hellen Büschel in der Richtung der Polari-
sationsebene, die dunkeln aber in der Richtung senkreckt auf dieselbe
erscheinen, also gerade umgekehrt von dem, was hier vorausgesetzt
wird. Man wird also wohl weniger auf eine Durchgangs- als auf
l) Yergl. Dr. C. Wedl. Über die Faserung der KrystalI-Linse u. s. w. Berichte
über die Mittheiinngen von Freunden der Naturwissenschaften in Wien II.
S.200.
s) Poggendorrs Annalen, 1848, Bd. LXXIV, S. 145.

Ursache der Polaris&tionsbü&chel etc. 489
eine Reflexions-Polarisation zu schliessen berechtigt sein, wenn ja
der Vorgang im Auge selbst stattfindet.
Ferner berechnet Herr Ja min die Int^nsitäts-ünterschiede für
die Azimuthe von 0° und 90° auf die Incidenzen von 20° und 25° von
der Normale, das heisst für Winkelgrössen der Büschel von 40° und
SO0. Daselbst sind sie freilich merkbar, aber die Büschel sind im
Ganzen nicht grösser als S0, und die Bildung derselben muss noch
dazu für einen Punkt auf der Hornhaut nachgewiesen werden, der
kleiner als % Millimeter ist, also daselbst einen Theil der Kugelfläche
derselben trifft, die durchaus nahe senkrecht auf der Seheaxe steht.
(Der Krümmungs-Halbmesser derselben == 7 bis 8 Millimeter, und
die Hälfte jener Öffnung verglichen, gibt schon ein Tangential-Ver-
hältniss von 48: l, welches einem Winkel von 88° W für den äusser-
sten Umfang entspricht.)
Dass übrigens die verschiedenen Theile des Auges nicht ge-
radezu mit Linsen verglichen werden können, wenn sie auch im Gan-
zen allerdings die Form besitzen, und auch für die Erzeugung von
Bildern auf der Netzhaut als Linsen wirken, ähnlich den gleichnami-
gen Bestandtheilen unserer künstlichen Seh-Apparate, wird durch die
fortgesetzten Bestrebungen der Anatomen immer wahrscheinlicher.
Linsen von Glas sind todte Massen, die Bestandtheile des Auges aber
sind, obwohl weniger wechselnd als manche andere Körpertheile
durch Wachsthum und Ausscheidung, doch innigst mit dem lebenden
Körper verknüpft. Selbst die Krystall - Linse hat zu äusserst eine
Schicht durchsichtiger, sehr kleiner, kugelförmiger Körper, sowohl
auf der äusseren als auf der inneren Kugelfläche, während man im
Innern derselben keine, sondern nur die Fasern antrifft. Die Kugeln
sind zum Theil in eckige Zellen geordnet, deren Mittelpunkt sie aus-
machen ; vorzüglich sind sie gehäuft zunächst dem Mittelpunkte der
vorderen und rückseitigen Fläche der Linse, in der weiter oben er-
wähnten Vertiefung. Die grössten übersteigen nicht O'O4 Linien oder
0*09 Millimeter, aber die meisten sind kleiner und von allen Abstu-
fungen, so lange sie noch erkannt werden können. Manche nehmen
auch eine schlauchförmige Gestalt an, etwa so, als ob ihrer zwei sich
vereinigt hätten, und dann stellen sie schon die Übergangsform in
die Fasersubstanz dar. Die Kugeln sind von einer Flüssigkeit umge-
ben, aber da sie in derselben Sichtbarwerden, so muss ihr Licht-
brechungsvermögen stärker sein als das der Flüssigkeit.

490
Haidinger. Über die
Als ich Jamin's Mittheilung studirte, wollte mir indessen der
zur Hervorbringung von Büscheln angenommene grosse Krümmungs-
halbmesser für die Erklärung der Erscheinung nicht genügen, weil
doch die Büschel in der That viel kleiner sind. Ja wenn man ganz
kleine Kugeln annehmen könnte, diese von dem einfallenden Strahl
A B unter dem vollen Polarisationswinkel ABC getroffen würden, der
dann auf die Rückseite D einer
ändern Kugel fiele und von die-
ser weiter in der Richtung des
.ursprünglichen Strahles, also
nach DE gefördert würde. In
der Ebene der Polarisation
würde dann das Maximuni, senk-
recht darauf das Minimum von
Licht auf die Netzhaut gelan-
gen , und durch die cumulative
Wirkung vieler kleiner Kugel-
apparate dieser Art der Büschel sichtbar werden.
Als ich kürzlich das Vergnügen des Besuches der Herren
Wilhelm Wertheim und Dr. W cd l hatte, belehrte mich letzte-
dass wirklich solche Kugeln in der ausscrsten Schichte der
r er
KrystaIl-Linse vorhanden seien, doch hatte ich nicht nach allen
näheren Verhältnissen gefragt. Ich fing an zu berechnen, wieweit
gleich grosse Kugeln dieser Art in einer Ebene von einander entfernt
sein müssten, um die verlangte Wirkung hervorzubringen. Für den
Polarisationswinkel ABC-^f und den Durchmesser der Kugeln == l
wird die Entfernung D ausgedrückt durch die Formel
D - —-
cos2 y (l •+ sin <p) — ain3 y (l — sin (p ^
sin2 y — cos2 <j
für Glas ist y == 86° SS', daher D == 1-074.
Aber man muss für die Kugeln, wie sie sich in der umgebenden
Flüssigkeit befinden, die Rechnung führen. Den Brechungsexponenten
der letzteren kann man gleich dem der wässrigen Feuchtigkeit, nach
Brewster === 1*336 i) annehmen, den Brechungsexponenten der
j) Herschel, vom Licht. Übersetzt von Schmidt, S. 638.

Ursache der Polarisationabüschd etc. 491
Kugeln gleich dem von Brewsterin dem dichtesten Theile der Kry-
stall-Linse gefundenen von l -399.
Der Exponent für die Brechung ist dann == 1-047, und der
Polarisations- und Einfallswinkel ~= 46° 19'. Für diesen Winkel ist
aber die Entfernung zweier gleicher Kugeln == 14-72. Diese Betrach-
tung schien daher zu keiner günstigen Entwickelung zu fuhren-
Indessen bei einer neuen Besprechung mit Hrn. Dr. Wedl gab er
die Auskünfte über die grosse Anzahl und die Verschiedenheit in der
Grosse der Kugeln, so wie dies weiter oben beschrieben worden
ist. Bei der Verschiedenheit der Durchmesser kann also allerdings
diese zweimalige Zurüekwerfung unter dem Polarisationswinkel leicht
stattfinden, und die in der Polarisationsebene und senkrecht darauf
entgegengesetzte Wirkung der Lichtabsorption hervorgebracht wer-
den. Vieles Licht geht begreiflich auch unmittelbar hindurch, ohne
innerhalb der Kugelschicht abgelenkt oder wie immer modißcirt zu
werden, daher auch die Büschel selbst so wenig Intensität haben.
Bei dem geringen Umfange der Einwirkung hat diese Beschaffenheit
der Krystall-Linse keinen störenden Einfluss auf die Hervorbringung
der Bilder von Gegenständen, vorzüglich auch desswegen, weil es nur
das polarisirte Licht ist, welches in den 'zwei senkrecht auf einander -
stehenden Richtungen eine Verschiedenheit der Wirkung zeigt.
Ich glaube in dieser Auseinandersetzung auf einen nicht uninter-
essanten Weg aufmerksam gemacht zu haben, der zur Erklärung des
sonderbaren Phänomens der Büschel fuhren könnte. Ohne die ent-
wickelte Ansicht als durchaus annehmbar hinzustellen, möge sie viel-
mehr als Anregung dienen, weiter zu forschen. Vielleicht liesse sich
auch im experimentellen Wege Einiges erreichen, und auch dazu
hoffe ich, wird sich doch wieder eine günstige Zeit finden.
Die Structur des Auges wäre dann allerdings die Veranlassung
zur Bildung der Büschel, eben so wie ja die Structur des Auges die
Hervorbringung der Bilder der Gegenstände selbst bedingt, aber auf
eine andere Art, und in der That übereinstimmend mit dem Princip
der Erklärung im Allgemeinen, welche die Herren Silbermann und
Ja min ihren Arbeiten zum Grunde legten, aber doch in der letzten
Nachweisung wieder davon verschieden.
Es möge mir erlaubt sein, hier noch auf eine andere Art von
Erscheinungen hinzuweisen, die mit der Structur des Auges zusammen-
hängen, wenn sie auch ganz verschieden von dem übrigen Inhalt

492 Hai ding er. Über die Ursache der Polarisationsbüschel etc.
dieser Mittheilung sind, aber in Hinsicht auf die Neuheit der Beob-
achtung und vorzüglich darum hier eine Erwähnung verdienen möch-
ten, weil sie die Mannigfaltigkeit der Structurverhältnisse im Auge,
welche sich in ihren Wirkungen zeigt, noch mehr erweitert.
Man richte beide Augen gegen ein gleichförmig helles Gesichts-
feld, zum Beispiel gleichförmig grauen Wolkenhimmel, sodann be-
decke man jedes Auge mit einer Hand vollständig, bis zum gänzlichen
Lichtausschlusse. Nachdem man einige Secunden lang das Auge
diesem Zustande angepasst hat, ziehe man eine Hand plötzlich hin-
weg, so erscheint zunächst der Gesichtsrichtung ein etwas hel-
lerer Fleck, durch welchen in der Form eines An-
dreaskreuzes zwei hellere Linien hindurchgehen. Die
letztern schneiden sich unter rechten Winkeln in der Verlängerung-
der Seheaxe; sie schneiden unter Winkeln von 48° die Vertical-und
Horizontal-Linien. Die Erscheinung verliert bald an Lebhaftigkeit
und verschwimmt mit dem Eindrucke des übrigen Gesichtsfeldes.
Verdeckt man das Auge, mit welchem man die Beobachtung anstellen
will, mit einem dunkeln, am besten blauen oder violetten Glase, so
ist der Gegensatz mit dem hellen Grunde nicht so gewaltthätig, und
doch sieht man die Kreuzlinie sehr deutlich. Wird die Beobachtung
bei rechts oder links geneigter Lage des Kopfes angestellt, so er-
scheint das Liniensystem ebenfalls geneigt, so dass bei einer Neigung
von 4S° die eine Linie vortical, die andere horizontal ist. Zuweilen
sieht man zunächst dem Mittelpunkte noch einen hellen Ring, wenn
etwa das Auge durch einen dunkelfarbigen L ö welchen Ring gereizt
war., wie man ihn beim Durchsehen durch dunklere gleichfarbige
Mittel öfters erblicktl). Als ich die erste Nachricht über dieses
Andreaskreuz - Phänomen gab s), glaubte ich eine Andeutung von
Erklärung auf die Faserung der Krystall-Linse begründen zu können.
Spätere Mittheilungen von Dr. W cd l verlegen jedoch den sehr
wahrscheinlichen Ort der Bildung des Andreaskreuzes in die Horn-
haut. Diese besteht nämlich aus Fasern, die in verticaler und in
horizontaler Richtung über einander liegen. Es wird dadurch eine
Art von Gitter hervorgebracht, in welchem die Diagonalen der
1) Vergl. Berichte u. s. w. I. S. 77.
2) Berichte u. s, w. H, S. 178,

Ha i d in g e r. Pflanzenabdrücke etc. 493
entstehenden viereckigen Räume bei gleicher Erfüllung mit faseriger
Materie das Maximum von Licht hindurehlassen möchten.
Von der Structur des Auges hängen auf diese Art dreierlei sehr
verschiedene Erscheinungen ab: l. Das gewöhnliche Bild des Ge-
genstandes, rein objectiv, denn es wird eben nur durch den Ge-
genstand, bei was immer für einer Stellung des Auges hervorgebracht;
2. die hellen Kreuzlinien, fest im Auge begründet, rein subjee-
tiv, unabhängig von jedem Gegenstande ausser dem Auge; 3. die
Polarisationsbüschel, durch dte Natur der Lichtfläche, also
ausserhalb dem Auge, objectiv bedingt, aber ohne körperliche We-
senheit und erst im Auge subjectiv zu einer Erscheinung gestaltet.
Was die letztere anbelangt, möchte ich aber gerne weitereil Un-
tersuchungen die Entscheidung über die Naturgemässheit der Ansieht
anheim stellen.
Hr. Bergrath Haidinger theilte ferner aus einem erst am vor-
hergehenden Tage enthaltenen Briefe von Hrn. v. Morlot aus Graz
die Nachricht mit» dass derselbe in dem Alpenkohlengebilde von
Unter-Steiermark einen Fund von Pflanzenabdrücken gemacht habe,
der noch wichtigerzuwerden verspricht, als Jen er Fundort von Poly-
parien, dessen in der Sitzung vom S. October Erwähnung geschah.
„Da ich^, schreibt Hr. v. Mo r l o t, „von vorne herein die Mass-
regeln vorbereitet hatte, so war es mir leicht, aufünger's Wunsch
die Ausbeute durch meinen in Oberburg trefflich dazu abgerichteten
getreuen Träger (der zufällig gerade dort in Sotzka wohnt) zu ver-
anlassen. Dieser hat nur einige Tage gearbeitet, und da ihn ein Mi-
litärgeschäft nach Graz rief, so brachte er als Muster drei Stück
aus den 2OO schon gewonnenen mit, worauf ünger erklärte, dass
Parschlug und Radoboj nichts dagegen seien, Dicotyledonen, herrlich
schön mit der Nervatur erhalten und von ganz neuem fremden Typus.
an Neuholland erinnernd, nicht nur neue Arten, sondern neue Ge-
schlechter, etwas Einziges in seiner Art und ein classischer Fundort
vor allen ändern in der bekannten Welt. Coniferen, Farren und eine
Palme (vielleicht identisch mit der Ihrigen von Muthmannsdorf, die
Unger ausgezeichnet schön präparirt hat) hatte ich schon selbst
mitgebracht. Es freut mich dieser unvergleichliche Fund ausseror-
dentlich an und für sich, und dann auch, weil es mir Gelegenheit
gab, Hrn. Prof. ünger einen Dienst zu leisten, den er vor allen

494 Diesing.
Ändern zu schätzen weiss,* es wird ihm dadurch ein ganz neues Feld
zu seinen Forschungen eröffnet, und ein noch viel eigenthümlicheres
als die tertiäre Flora, wie er selbst bemerkte."
Hr. v. Morlot hat ferner auch in den tertiären Schichten sehr
lohnende Fundorte von fossilen Pflanzen entdeckt, unter andermbei
Kainberg, drei Stunden von Graz. Dort kommen die Blätter so voll-
kommen erhalten vor, dass sie Prof. ünger unmittelbar von dem
Stücke, wie aus einem Herbarium abheben konnte, um sie zwischen
Glas und Glimmer mikroskopisch zu untersuchen. Eines derselben,
mit prächtiger Zellenstructur und Spaltöffnungen, erkannte Ünger
als eine Wasserpflanze, am nächsten verwandt mit einer inländischen,
und nannte sie Potwnogeton Morloti.
Diese schönen Entdeckungen beweisen, dass es nur an dem
Fleisse der Arbeit gelegen ist, wenn man sich Erfolge sichern will»
Das correspondirende Mitglied, Herr Ritter Franz v. Hauer,
begann in einem freien Vortrage einen allgemeinen Bericht über die
von ihm und Herrn Dr. Moritz Hörne s auf Kosten der Akademie
unternommenen Reise nach Frankreich und England, als Vorbereitung
zu den Arbeiten für die projectirie gcognostische Karte der Österrei-
chischen Monarchie. Die von Herrn Bergrath Haidinger in der
Sitzung vom 20. Juli aus Briefen der beiden Reisenden vorläufig ge-
gebenen Notizen wurden vervollständigt. VAI\ Auszug aus diesen
Mittheilungen des Herrn v. Hauer wird nach Beendigung derselben
in einem späteren Sitzungsberichte gegeben.
Herr Custos-Adjunct Dr. Karl Moritz Dicsing, wirkliches Mit-
glied, überreicht nachstehenden Aufsatz:
Systematische Übersicht der Foraminifera mono-
stegia und Bryozoa anopisthia von Dr. Karl Moritz Diesing.
I.
Bei meinem Studium der Infusorien nach Ehrenbergs Aufes-
sung zum Behufe einer Zusammenstellung der Helminthen in ihrem
ganzen Umfange, hat es sichergeben, dass ausser den schon von

Foraminifera monostegia. 49g
Burmeister1) ausgeschlossenen und den Crustaceen einverleibten
Räderthieren (Rotatoria), und von Kützing 2) zu den Algen ge-
brachten Familien der Stabthierchen (Bacillaria)^ noch die Familie
der Wechselthierchen (Amoebaea), der Kapselthierchen (Arcelli-
nea), der GIockenthierchen (VorticeUina) und derPanzer-Gbeken-
thierchen (Ophrydina), als nicht hieher gehörig auszuschKessen
sind.
Die von Herrn Dujardin aufgestellte Gattung Gremia 8), von
Herrn d'Orbigny 4), dem Begründer der Classe der Foramiaiferen,
in seine erste Ordnung Monostegia gebracht, nimmt auch Herr
Ehr en her g 5), aber mit einem Fragezeichen in der tabellarischen
Übersicht der Polythalmien in die Familie der ? Milialina auf. —
Gromia unterscheidet sich aber nur sehr unwesentlich von Difflugia
Ledere, die von Ehrenbergzu den Infusionsthierchen gebracht
wird, nämlich nur durch die anastomosirenden Fortsätze des Korpers,
so, dass Growia nur als Untergattung von Diffiugia betrachtet werden
kann. — Das Thier von JDifftzigia.hSit aber die grö&ste ÜbereiBstim-
mung mitAmoe&a und unterscheidet sich von dieser nur durch eiaen
gepanzerten Leib, und muss daher auch damit in eiae Ordnung
vereint werden.
Aus einer solchen Verbindung der Familie der Wechselthier-
chen und der Kapselthierchen mit jenen der Foraminifera mono-
stegia ergeben sich nun folgende Resultate:
1. Die Foraminifera monostegia sind mikroskopische Thier-
chen, welche die Grosse einer Linie nicht übersteigen.
2. Der Körper ist gallertartige weisslich, meist durchscheinend,
mit sehr veränderlichen Fortsätzen, nackt oder gepanzert. Der Pan-
zer bildet eine einzige Höhle, ist häutig, kalkig oder kieselig, und
hat eine Öffnung zum Austreten der Fortsätze des Leibes.
A) Burmeister: Handbuch der Naturgeschichte, H. Abth., Zoologie, 1837, 547
(Crustacea pseudocephala}'
2) Kützing: Die kieselschaligen Bacillarien oder Diatomeen, 1844.
3) Dujardin, in: Comptes rendus des s6ances de l'Academie des sc. de Paris
1835, 338; 1836, Fevr.; in: Annal. dessc.nat.l835, 108 and in: Hist.
nat. des Zoophyt. (Infus.) 253.
4) D'OrLigny, in: Ramon de la Sagra bist. phys. et naturel (.Foraminiferes),
1839. 2.
5) Ehrenberg, in: Abhandl. d. königL Akadem. d. Wissenscb. zu Berlin 1838.

496 Diesing. Foraminifera monosiegia,
3. Der innere Bau ist zum Theil bei Amoeba durch Ehren-
berg ermittelt, und eine Mundöffnung und ein mit blasigen Portsätzen
versehener Magen nachgewiesen, kein After. Von Portpflanzungsor-
ganen ist noch keine deutliche Anschauung, selbst nicht von Eiern
ermittelt.
4. Sie sind Bewohner des süssen und salzigen Wassers, wo
sie meistens zwischen dem Sande leben, nur eine von Valentin
aufgefundene, noch zweifelhafte Art, lebt zwischen den Blutkügelchen
der Bauchschlagader (aorfa abäominalis) der Forelle, und wurde
später von G l uge zwischen den Blutkügelchen des Herzens des ge-
meinen Frosches aufgefunden. Einige wenige Arten kommen auch
fossil vor.
5. Die Zahl der Gattungen ist auf 7, und jene der Arten auf 40
beschränkt. — Die Mehrzahl der Gattungen ist in Deutschland und
Frankreich beobachtet worden, und während Orbzdina unwersa an
den Küsten des adriatischen Meeres, von Algier, Teneriffa, den
canarischen Inseln, Cuba, Jamaica, St. Thomas, Guadeloup und
Martinique vorkömmt, beschränken sich die lebenden Arten der
Gattung OoUna auf die malouinischen Inseln, Patagonien und
eine von d'Orbigny noch nicht beschriebene Arl auf Singapore;
die zwei bis jetzt bekannten fossilen Arten kommen im Tertiär-Becken
von Wien vor.
6. Ist es nun auch erwiesen, dass die Amoebaeen und Arcelli-
neaeen in die Ordnung der Foraminifera monostegia gebracht wer-
den müssen, so bleibt dennoch die Stellung der Foraminiferen im
Systeme zweifelhaft. Von den früheren Systematikcrn wurden sie zu
den Cephalopoden gebracht, und selbst d'Orbigny wies ihnen in
seinem ersten Werke A) diese Stelle an, dann erllob er sie zu einer
eigenen Classe, welche er zwischen Radialen und Mollusken reihte.
— Ehrenberg endlich stellt sie zu seinen Bryozoen.
l) D'Orbigny: Tableau m6thod. de la Classe de Cephalopodes. Paris 1826.

Foramintfera monostegia. 487
Conspectus familiarum et generum.
Familia !• Amoebeae. Corpus haud lorieatum.
/. Amoeba. Processus ramosi numerosL
Familia II. Areellineae. Corpus lorieatum.
* Processus mücus Simplex.
IL Cyphidium. Lorica cubica; apertura margmali.
** Processus plur^s simplices v. ramosi.
III, Orbulina. Lorica sphaerica apertura eirculari haud pro-
minula, poris minutissimis sparsa.
IV. Arcella. Lorica discoidea; apertura ventrali centrali.
V. Trinema. Lorica ovoidea; apertura ventrali supera.
VI. Difflugia. Lorica ovoidea; apertura exacte terminali.
J. Eudifflugia» Lorica laevis, processihus non anastomosantihus.
JJT. Gromia. Lorica laevis, proeessitns anastomosantibns.
JJTJ. Euglypkd Lorica taberculata aut alveolata,
V1L Oolina. Lorica subglobosa, ovata aut clavata m collum
tenue producta; apertura itt colli apice.
FOK V^Il^iri.RA D'ORBIGNY.
(Rhizopoda Dujardin.)
ORDO I. MOWOfinroCA JyORBIGNY.
Amoebea et Arcellinea Ehrenberg.
'orpus molle processubus (p&eudapodüs Ehrenberg) variabilibus;
lorieatum aut lorica de&titutum. Tractus cibcmw ano destitutus.
Lorica (s. testa Auct) unilocularis, calcarea, silicea, aut membra-
nacea, apertura unica corporis proce$sus emittens.Aaixnaleula
microscopica, solitaria libera, aqüaram duleium et maris ißcolae,..
rarissime endobia (?), nonnultae et fossiles.
Sitzb. d. mathem.-naturw. CL I. Bd. ^

498 Diesing.
Familia l« Amoebeae. Corpus processibus variabilibus
ramosis hyalinis appendiculatum; haud loricatum.Tractus ciba'
rius ano destitutus.
Ehrenberg: Infusionsih. 125126.Dujardin: Bist. n a für. des Zoopkyt
226—231 (Amibiens).
M. Amoeba EHRENBERG.
Volvox Linne. — Vibrio Gmelin.Proteus Müller.AmibSLjBory.
Character familiae etiam geDeris unici.
1. Amoeba diffluens BHRENBEHG.
Corpus hyalinum, processibus variabilibus subacutis longiusculis
validis. Longit. 1/48—\/^"'
Amoeba diffluens Ehrenberg : Infusionsih. 127. Tab. VIII. 12.Riess:
Beitr. s,. Fauna d. Infus. 81.
Amiba diffluens 'Dujardin: Bist. nat. des Zoophyi. (Infus.) 233. Tab. 111. f.
(et conf. Amiba marina D. L c. 233.)
Habitaculum. Norimbergae (Rösel).Hafniae (Müller}.Pa-
risiis (Bory de St. Vincent et Dujardin). Berolini et
Catharinopoli ad Ural (Ehrenberg). — Vindobonae, Majo
(Czermak et Riess).
2. Amoeba radiosa EIIRENBERG.
Corpus hyalinum, processibus tcnuibus crebris acutis radiatis
varians. — Longit. i/ao^.
Amoeba radiosa Ehrenberg : Infusionsth, 128. Tab. VlIL 12.
Amiba radiosa Dujardin: Uisi. nat. des KoophyL (Infus.) 236. Tab. IV.
2 et 3.
Hdbitaculum. Berolini inter Lcmnas, acstate (Ehrenberg). Parisus
Octobri (Dujardin).
3. Amoeba princeps EHRENJBERG.
Corpus dilute flavicans, processibus variabilibus numerosis cylindri"
eis crassis et apice rotundatis. — Longit. Vigi/e'".
Amoeba princeps Ehrenberg : fnfusionsth. 126. Tab. VIIL 10.
Amiba princeps Dujardin: Uist. nat. des Zoophyi. (Infus.) 232.
Habitaculum. Berolini, vere inter Naviculas (Ehrenberg).
4. Amoeba verrucosa EHRENBERG.
Corpus hyalinum, processibus variabilibus brevissimis, obtusis,
verrucosum. — Longit. i/^"f.
Amoeba verrucosa Ehrenberg : Infuslonsth, 126. Tab. VIII. 11.
Amiba verrucosa Dmardin: Bist. nat. des Zoophyt. (Infus.) 286.
Habitaculum. Berolini omni anni tempore (Ehrenberg).

Foramim fera monostegia. A ^9
S. Amoeba lon^ipes EHRENBERG.
Corpus hyalinum processibus tenuibus longissimis, singulis corpore
soepe quaterve longioribus, acutis.Longit. ±/^1<.
Amoeba longipes Ehrenberg in: Bericht d. Berlin. 'Akadem. d. WtssenscJu
1840. 198.
Hdbitaculum. Märe boreale ad Cuxhaven (Jßhrenberg).
6. Amoeba brachiata DUJARDIN.
Corpus subbyalinum, globosum, processibus 4—6 corpori sub-
aequilongis, apice interdum bifidis. — Longit. Viso^.
Amiba brachiata Dujardin : Hist. naf. des Zoophyf. (Inftis.) 238. Tab. IV. 4.
Habitaculum. Parisiis in infusione animali (Dujardin).
7. AmLoeba ramosa DUJARDIN.
Corpus hyalinum, globosum v. ovatum, processibus subseeundis
corpori multo brevioribus. — Longit. ^j^"',
Amiba ramosa Dujardin: Uisf. nai des Zoophyf. (J^fus.) 239. Tab. IV. 5.
Habitaculum. Cette, in aqua stagnante (Dujardm).
8. Amoeba Limax DUJARDIN.
Corpus hyalinum, utrinque rotundatum, processibus paucissimis.
Longit. V^.
Amiba Limax Dujardin : Hist. nat. des Zoophyt (Infus.) 2S5.
Habitaculum. Parisiis, in aqua per octo menses cum plantis servata
(Dujardin).
9. Amoeba Guttula DUJARDIN.
Corpus hyalinum orbiculare v. ovale, processibus subnullis.
Longit. %4—%^.
Amiba Guttula Dujardin : Bist. nai. des Zoophyt (Infus.) 235.
Habitaculum. Parisiis in aqua paludosa (Dujardin).
Speoies inquirenda.
10. Amoeba haematobia DIESING.
Corpus hyalinum utrinque attenuatum, sursum m processus breves
l—3 productum.Longit. \/wVi^'
Über ein Entozoon im Blute, Valentin m.' Müller^ Arch. 18^1. 45J. Tab.
XV. 16. et in: Annal. des sc. nai. XIV. 223.Ginge in: Müllers
Arch. 18^2. U7.
Habitaculum. Saimo Fario, inter globulos sanguinis aortae abdomi-
naiis, frequens, in ventriculo quarto rarissime, Arctopoli,
Januario (Valentin). — Rana esculenta, in sanguine cordis
(Ginge).
32^

500 Diesing.
Familia II« Arcellineae EHRENBERG.
Corpus processibus variabilibus appendiculatüm, loricatum.
Ehrenberg: Infusionsth. 129—130. — Dujardin: Hisi. nat. des Zoophyt.
(Infus. Rhisopodes) 2^0—246.
MS. Cyphidium EHRENBERG.
Corpus e loricae cubicae, depressae apertura marginali processum
unicum, simplicissimum, hyalinum exerens.
l. Cyphidium aureoluin EHRENBERG.
Lorica cubica gibbosa, aureola, processu corporis hyalino.
Longit. ^—±/^t/t'
Cyphidium aureolum Ehrenberg: Infusionsih. ISS. Tab. IX. 9. —Riw&i
Beitr. a. Fauna d. Infvs. 31.Dujardin: Hist. nat d. Zoophyt.
(Infus.) 247.
Habitaculum. Berolini, Martio (Ehrenberg). Vindobonae, omoi
anni tempore (Czermak et Riess}.
IH. ff^bulince D'ORBIGNY.
Sphaerula Soldani.
Lorica calcarea sphaerica, irregularitor minutissimeperforata^ aper^
tura circulari.
l. Orbulina universa D'ORBIGNY.
Diameter Vs^.
Orbulina universa d'Orbigny: Foramini f. fossil, du bassin. tert. de Vieme
22. Tab. I. l.
Habitaculum, In mari Adriatico, prope Rimini (Soldani) 1); ad
Algeriam (d1Orbigny); ad TeneriiGFam (Berard); ad Cubam2)
(de la Sagra); ad Insul. Canarienses ( Webb et Bertheloi);
adJamaicam; St. Thomas, Guadeloup et Martinique (Ferdi-
nand Cande)omnia in arena. Fossilis in arena tertiaria ad
Baden in Austria et Coroncina prope Sienam in Hetruria (Eques
de Hauer).
1) Soldani: Testaceograph. a zoophytograph, parvae et microscop. L 116. Tab.
CIXX. J. K. L. M. (Sphaerula petraea). — II. 53. Tab. XVIL Fig. 10. Tab.
XVIII. Fig. A. (Sphaerula hispida).
2) Ramon de la Sagra: Hist. phys. politiq. et nat. de l'he de Cuba 3. Tab. f. l.—
Webb et Berthelot: Hist. natur. des lies Canaries (.Mollusc. et Foraminif.)
lä2. Tab. I.

Foraminifera fnonostegia. S 01
fV» A^cetta EHRENBERG.
Corpus e lorica discoidea, depressa apertura ventrali centrali, pro-
cessus variabiles numerosos v. ramosos exerens.
1. Areella vnigaris EHRENBERG.
Lorica campanulatoorbicularis, hemisphaerica v. dorso umbonata,
laevis, e granulis minimis seriatis constituta, flava v. rufo-fusca,
processibus hyalinis.Longit. ViooVio^'-
Areella vulgaris Ehrenberg : Infusionsth. 133. Tab. IX. 5.Riess: Beitr,
s. Fauna d. Infus. 31.Dujardin: Eist. nat. des Zoophyt. (Infus.)
W. Tab. II. 3—6.
Habitaculum. Berolini omni anni tempere, et Tobolsk in Sibiria.
Julio (Ehrenberg). — Vindobonae vario anni tempore (Czer-
mak et Riess). Parisiis, Januario (Dujardin).
2. Arcella aeuleata EHRENBERG.
Lorica hemisphaerica, soepe diffbrmis margine aeuleata, e fibris
bacillaribus brevibus (paleaceis) constans; processibus hyalinis.
— Longit. ad \|^" (sine aculeis).
Areella aeuleata Ehrenberg : Infusionsth. 133. Tab. IX. 6. — Dujardin:
Hist. nat. des Zoophyt. (Infus.) 247.
Habitaculum. Berolini, Martio et Junio (.Ehrenberg). — Parisiis
(Dujardin).
3. Areella dentata EBRENBERG.
Lorica hemisphaerica, angulosopolygonia hinc margine dentata,
membranacea, homogenea, Havicans v. vireseens, processibus
hyalinis. — Longit. i/^Vao^-
Areella dentata Ehrenberg : Infusionsth. 134. Tab. IX. 7.
Habitaculum. Berolini, Julio (Ehrenberg).
V. T^inema DUJARDIN.
Difflugia et Areella? Ehrenberg.
Corpus e loricae membranaceae ovoideae apertura ventrali supera
pro cessus variabilis 2—3 filiformes, hyalinos exerens.
l. Trinema acinus DUJARDIN.
Lorica ovata diaphana , processibus filiformibus hyalinis, loricae
longitudinis. — Longit. ad ^/w"-
Trinema acinus Dujardin m : Annal. des se. nat. 1836. V. Tab. IX. ei
in Bist. nat. des Zoophyt. (Infus.) 249, W, IV. l.

502 Diesing.
Difflugia Enchelys Ehrenberg : Infusionsih. 132. Tab. IX. 4. — Riess: Beitr.
%. Fauna d. Infus. 31.
HaUtaculum. Berolini, aestate (Ehrenberg).—Parisiis, Januario
(Dujardin). Vindobonae (Czermak et Riess).
Species inqüirenda.
2. Tpinema hyalina DIESING.
Lorica subglobosa membranacea laevis, hyalina (aperlura ventrali
supera?); processibus hyalinis lorica brevioribus.Longit.
\ f i / /// •»
796——'AS
Arcella? hyalina Ehrenberg: Infusions^h, 184. Tab. IX, 8. —- Riess: Beitr.
z. Fauna d. Infus. 31.
Habitaciduvn. Berolini, Aprili (Ehrenberg).—Vindobonae, Majo
(Czerwak et Riessy
VI. JDiflugia LECLERC.
Melicerta Oken. Alcyonella Raspail.Tubularia Meyer. Gromia et
Euglypha Dujardin.
Corpus e loricae membranaceae ovoideae auf subglobosae aperiura
exacte terminali processus variabiles numerosos, simplices v.
ramosos, hyalinos exerens.
I. Eudifflugia D. Lorica ovata aul oblonga urceolata laems;
processibus ramosis cyHndricis crassis non anastomosantibus.
i. Difflug^ia (Eudifflugia) proteiformis LAMARCK.
Lorica ovata v. subglobosa lapillis aspersa, nigricans v. virescens,
dorso rotundata, processibus hyalinis singulis denisque.
Longit. corporis ad \/^1\'.
Difflugia proteiformis (Limnopolypi) Lamarck.Ehrenberg: Infusionsth.
131. Tab. IX. l.Riess: Deitr. %. Fauna d. Jnfus. 31. — Dujardin:
Bist. nat. des Zoophyi. (Infus.) 249.
ffabitaculum. Prope Laval in Gallia (Ledere'). Berolini et
Tobolsk in Sibiria (Ehrenberg). — Vindobonae, Augusto,
Septembri et Octobri (Czermak et Riess).
2. Difflugia (Eudifflugia) globulosa DUJARDIN.
Lorica ovalis v. globulosa, brunnea laevis, processibus 2—12 hya-
linis validis rotundatis. — Longit. i/^\/^'.
Difflugia glohulosa Dujardin in: Ännal. des so. nat. 1838. et in: Hisi.nat.
des Zoopkyt. (Infus.} 245. Tab. II. 6.
Häbitaculum. Parisiis (Dujardin).

Foraminifera monostegia. gQ3
3. Difflugia (Eudifflugia) oblonga EHRENBERG.
Lorica ovato - oblonga, dorso rotundato, fuscescens laevis, pro-
cessibus crassis 2—3, hyalinis.Longit. ad \/^r.
Difflugia ohlong-a Ehrenberg : Infusionsth. ISi. Tab. IX. 2.Riess .•
B ei fr. s. Fauna d. Infvs. 8l»
Habitaculum. Berolini inter Naviculas, vere (Ehrenberg). Vindo-
bonae, Martio (Czermak et Riess).
4. Difflugia (Eudifflugia) acuminata EHRENBERG.
Lorica ovato - oblonga, dorso acuminata, nigrescens v. virescens,
lapillis aspersa, processibus hyalinis. — Longit. ad 1//''.
Difflug'ia acuminata Ehrenberg: Infusionsth. 131, Tab. 72T. 5. (solum lo-
rica).Dujardin : Hist. nat. des Zoophyt. (Infus.) 249,
Habitaculum. Prope Laval in G^\\i^ (Ledere).Berolini, Februario
(Ehrenberg).
II. Gromia Dujardin. Lorica subglobosa laevis; processi-
bus ramosis filiformibus longissimis anastomosantibus.
ö. Difflu^ia (Gromia) ovifonnis DUJARDIN.
Lorica globulosa brunnea laevis, apertura limbo elevato, processibus
longissimis filiformibus ramosis anastomosantibus hyalinis. —
Longit. Va—l^.
Gromia oviformis Dujardin in ; Annal. des so. nat. i 835. IV. S^-3. Tab.
IX. l. 2.Hist. nat. des Zoophyt. (Infus.) 253—255.D'Orbigny.
Foraminif. foss. du bassin tert. de Vienne 20.
ffabitaculum. Telo Martionis, propc Cette et Calvados inter plantas
marinas (Dujardin).
6. Difflu^ia (Gromia) fluviatilis DIESING.
Lorica subglobosa, brunnea, laevis, processibus palmatis longissi-
mis filiformibus ramosis anastomosantibus, hyalinis. — Longit.
i / \/11'
/a*/8
Gromia fluviatilis Dujardin : Hist. nat. des Zoophyt. (Infus.) 255. Tab. IL
Jf. «. b.
Habitaculum. Parisiis cum Ceratophyllo (Dujardin).
111. Euglypha Dujardin. Lorica subovata, tuber culis auf
alveolis polygonis oblique spiralibusy apertura crenulata^ pro-
cessibus simplicibus subulatis.
7. Difflugia (Euglypha) tutoercnlafa DIESING.
Lorica hyalina v. fusca, tuberculis rotundatis oblique spiralibus;
processibus subulatis hyalinis, — Longit. 1/35'^f.

$04 Diesing.
Euglypha tuberculata Dtyardin ; Bist nai. des 2/oophyt. (Infus.) 251^
Tab. IL 78.
Habitaculum Tolosae in paludosis cum plantis aquaticis (Dujardin).
8. Diffflugia (Euglypha) alveolata DIESING.
Lorica hyalina, alveolis hexagonis oblique spiralibus.Longit. \/^".
Euglypha alveolata Dujardin : Hist. nai;, des Zoophyt. (Infus.) 252. Tab.
IL 10. (soluna lorica).
Habitaculum. ..... (Dujardin).
9. Diffflugia (Euglypha) Dujardiniana DIESING.
Lorica hyalina alveolis rhomboidalibus oblique spiralibus, retrorsum
apiculis quinque coronata.—Longit. Va^-
Euglypha alveolata Dujardin: Hist. nai des Zoophyt. (Infus.) 252. Tab.
II. 9. (solum lorica).
Habitaculum. ..... (Dujardin).
Species inquirendae.
10. Diffflugia (Euglypha) spiralis EHRENBERG.
Lorica subglobosa spiralis, superficie inaequali, processibus numero
variis hyalinis. — Longit. \/^lt.
Difflugia spiralis Ehrenberg in: Bericht d. Berlin. Akadem, d. Wissenseh.
18^0. 199.
Habitaculum. Berolini (Ehrenberg).
11. DifHu^ia (Euglypha) Ampulla EHRENBERG.
Lorica hyalina, oblonga clavata, punctorum seriebus obliquis ele-
ganter notata, apertura ovata. — Longit. \/^^ '
Difflugia Ampulla Ehrenberg in : Bericht d. Berlin. AJcadem. d. Wissensch.
1840. 199.
Habitaculum. Salisburgi (Werneck).
VII. Oolina D'ORBIGNY.
Lorica silicea, subglobosa, ovata auf clavaeformis, in collum
tenue producta; apertura circulari in colli apice.
ft Corpus et collum laeve.
l. Oolina iiiornata D'ORBIGNY.
Lorica elongato-subglobosa, laevis, alba transparens; collo bre-
vissimo, apertura circulari. — Longit. 1/7^'.
Oolina inomata d'0rhigny in: Voyage dans VAmer. merid. V. (5. Pari.
Foramini f.) 21. Tab. V. 12.
Habitaculum. Ad insulas Maluinas in arena (d' Orbigny).

Foraminifera monostegia. SOS
2. Oolina laevig-ata D'ORBIGNT.
Lorica ovata, laevis alba transparens; collo brevi, apertura circu-
lari.Longit. i/^.
Oolina laevigata d'Orbigny in: Voyage dans TAmer. meria. V. (6. Part
Foramini f.) i 9. Tab. V. 3.
Habitaculum. Ad insulas Maluinas, in arena raro ((TOrbigny).
3. Oolina compressa D-ORBIGNY.
Lorica ovata compressa margine limbata. laevis, alba transparens ;
collo brevi, apertura circulari. — Longit. \/^1.
Oolina compressa d^Orbigny in: Voyage dans CAmer. merid. F. (S.Part
Foramini f.) 18. Tab. V. 1—2. et: Foraminif. fossil, du bassm tert.
de Vienne 23. Tab. XXI. i. 2.
Habitaculum. Ad insulas Maluinas, et ad Patagoniam meridio-
naiem in arena, rarissime ((fOrbigny).
4. Oolina elavata D^ORBIGNT.
Lorica subclavata acuminata, laevis; collo longissimo, apertura cir-
culari limbo cincta. — Longit. \/^''.
Oolina elavata d'Orbigny: Foraminif. fossil» du bassin ieri. de Vienne
22. Tab. L 2. S.
Habitaculum. In arena tertiaria ad Baden in Austria inferiori
(Eques de Hauer).
** Corpus aut collum striatum, costatum aut alveolatum.
5. Oolina striaticollis D'ORBIGNY.
Lorica ovata, laevis alba transparens, retrorsum longitudine breve
striata, apiculis S—6 coronata; collo longo obligue striato,
apertura circulari.—Longit 1/9w.
Oolina striaticollis d'Orbigny in: Voyage dans VAmer. merid. V. (S.Part
Foraminif.) 2t. Tab. V. U.
Habitaculum. Ad insulas Maluinas m arena (ifOrUgny).
6. Oolina striata VORBIGNY.
Lorica subsphaerica, alba, longitudine subtiliter striata; collo lon-
gissimo laevi, apertura circulari. — Longit 1/7^.
Oolina striata d'Orbigny in: Voyage dans rAmer. merid. V. (5. Pari.
Foraminif.) 21. Tab. V. 12.
Habitaculum. Ad insulas Maluinas in arena, rara (d^OrMguy).
7. Oolina caudata D'ORBIGNY.
Lorica elavata breve caudata, longitudine striata, striis sursum
evanescentibus, alba transparens, collo mediocri, apertura cir-
culari. — Longit. 1/9'",'

806 Diesing.
Oolina caudata d'OrUgny in: Voyage dans FAmer. merid. V. (5. pari.
Foraminif.) 19. Tab. V. 6.
Habitaculum. Ad insulas Maluinas, in arena, rara (d^Orbigny).
8. Oolina raricosfa D'ORBIGNY.
Lorica ovata, retrorsum truncata, alba , longitudine costata, costis
g—9 elevatis; collo mediocri, apertura circulari.Lon-
git. y^.
Oolina raricosta (fOrUgny in: Voyage dans VAmer. merid. eV. (5. Part
Foraminif.) 20. Tab. F. 10 et 11.
Habitaculum. Ad insulas Maluinas, in arena (d^Orbigny).
9. Oolina Vilardeboana D'ORBIGNY.
Lorica ovata, alba, longitudine costata, costis 20—28 elevatis;
collo brevi, aperiura circulari. — Longit. 1/7///.
Oolina Vilardeboana d'Orbigny in: Voyage dans VAmer. merid. F. (5. Part
Foraminif.) 19. Tab. V. 4. 5.
Habitaculum. Ad insulas Maluinas, in arena (d^Orbigny).
10. Oolina Isabella VORBIGNY.
Lorica globulosa, alba, longitudine costata, costis 13—14 elevatis;
collo mediocri, apertura circulari.—Longit. 1/9w.
Oolina Isabella d^Orbigny im Voyage dans VAmer. merid. V. (6. Part.
Foraminif.) 20. Tab. V. 7. 8.
Habitaculum. Ad insulas Maluinas, in arena (d^Orbigny).
11. Oolina Haidingeri ciJ^EK.
Lorica oblongo-globosa, longitudine subtiliter costata; collo brevi,
laevi, apertura circulari. — Longit. ....
Oolina Haidingeri Czßek in: Haidinger's Naturgesch. Abhandl. 1L 139.
Tab. XII. 1—2.
Habitaculum. In marga plastica (Tegel) formatione tertiaria, prope
Möllersdörf in Austria inferiori (Eq. de Hauer).
12. Oolina Melo D'ORBIGNY.
Lorica globuloso-ovata, alba diaphana, longitudine alveolata; collo
subrrullo, apertura circulari. — Longit. 1/9///.
Oolina Melo d'Orbigny in: Voyage dans VAmer. merid. V. (5. Part.
Foraminif.) 20. Tab. V. 9.
Habitaculum. Ad insulas Maluinas ((TOrbigny).

Foraminifera monostegia. g07
II.
Die Gruppe der polygastrischen Anopisthien, die eine grössere
Verwandtschaft mit den Bryozooen als den Infusorien zu haben
scheint, ist durch einen glockenförmigen, halbkuglen, cylindrischen
oder trichterförmigen Körper, der ungepanzert oder gepanzert, und
an seinem Rande mit schwingenden Wimpern besetzt ist, ausge-
zeichnet. Die geschiedene Mund- und Afteröffnung des traubenför-
migen Magens, liegt in einer gemeinschaftlichen Grube des Körper-
randes. Alle sind Zwitter, eine weibliche Eiermasse, männlicne
Samendrüse, und eine contractile Blase sind nach Ehren berg die
Bestandtheile. An allen Gattungen ist freiwillige Selbsttheilung be-
obachtet. Eine dritte Fortpflanzungsart ist Knospenbildung. Sie sind
Bewohner des süssen und des salzigen Wassers.
Sie zerfallen nach der Bildung des Mundes, der entweder ring-
förmig oder spiralförmig ist, in zwei Abtheilungen, und der Körper
jeder Abtheilung ist entweder ungepanzert oder gepanzert.
Die ringmundigcn ungepanzerten haben meit einen glockenför-
migen oder halbkugeligen Leib, und bilden die Familie der Glocken-
thierchen (Vorficellineae), und sind in Folge einer unvollkommenen
Selbsttheilung oft strauch- oder baumartig verzweigt, oder Einzel-
thiere, frei oder angeheftet.
Eine merkwürdige Wiederholung der Glockenthierchen in der
Totalform bilden in der Classe der Zoocorallien die erst kürzlich
an den Küsten von Norwegen und Schottland entdeckten Gattungen
Pedicellina S a r s und Forbesza Goodsir i). Der Körper in bei-
den Gattungen ist glockenförmig, der Rand statt Wimpern mit zurück-
ziehbaren Fühlern bekränzt, und mittelst eines geraden oder spiral-
förmigen Stieles angeheftet. Der Stiel der Forbesiaformosa erreicht
die Länge von S Zoll, bei einer Länge des Körpers von l und der
Breite von ^ Zoll.
Die ringmündigen, gepanzerten, haben einen glockenförmigen,
trichterförmigen seltner cylindrischen, gestielten oder ungestielten
Leib, und bilden die Familie der Panzerglockenthierchen (Ophry-
dineae). In Folge einer vollkommenen Selbsttheilung des-
i) Goodsir in: Annals of nat. bist. 1845, XV.Forbesia formosa, 380, Tab. XX,
4. —• Pedicellina echinvta Sars, 381, Tab. XX, 5.

508 Diesing.
Körpers, aber unvollkommener des Panzers, bildet eine Gattung ein
kugliges gemeinschaftiches Gehäuse (synoecesium); die übrigen sind
Einzelthiere , frei oder angeheftet.
Nach einer wiederholten Untersuchung des Baues von Ophrydium
versaue glaube ich richtig beobachtet zu haben, dass das kugelför-
mige gemeinschaftliche Gehäuse aus langgestreckten gallertartigen
Röhren besteht, welche an der Oberfläche mit stumpfer fünfeckiger
Öffnung münden; in diesen Röhren befinden sich die von einem ge-
meinschaftlichen Panzer eingeschlossenen Thierehen, die an der Aus-
imlndung zu l—2 eingebettet liegen, und durch die grünliche Färbung
leicht erkenntlich sind.
Die spiralmündigen, ungepanzerten Anopisthien sind meist trich-
terförmig, ungeschwänzt und stiellos, frei oder am Grunde durch
eine Art Saugnapf angeheftet; die schwingenden Randwimpern län-
ger als die auf der ganzen Oberfläche des Körpers vertheilten. Sie
bilden die Familie der Trompetenthierchen (Stentorineae). In Folge
einer vollkommenen Selbstheilung sind sie Einzelthiere.
Die letzte noch nicht völlig ermittelte Familie bilden die Pan-
zertrompetenthiere (Scyphidieae). Sie ist auf eine von Herrn
Dujardin aufgestellte neue Gattung Scyphidia begründet, die
nur in der richtigen Voraussetzung einer spiralförmigen Mundöffnung
als solche ihre Anerkennung findet.
Die vier Familien der Anopisthien sind auf 13 Gattungen und
06 Arten beschränkt, und ihre geographische Verbreitung ist in
Europa, Asien, Afrika und Amerika beobachtet.
Conspectus familiarum et generum.
Trfbus f. Aspi^OStomae. Apertura oris haud
spiralis.
Familia I. Vorticellineae. Corpus lorica destitutum.
* Corpus pedicellatum.
7. Carchesium. Corpora uniformia. Pedicellus spiralis ramosus.
II. Vorticella. Corpora umforme. Pedicellus spiralis simplex,

Foraminifera monostegia. S 09
III. Epistylis. Corpora uniforma. Pedicellüs rigidus.
IV. Zoathamnium. Corpora diversiformia. Pedicellüs spiralis.
F. Opercularia. Corpora diversiformia, opereulata. Pedicellüs
rigidus.
** Corpus haud pedicellatum.
VI. ürocentrum. Corpus caudatum.
VII. Trichodina. Corpus ecaudatum.
Familia II» Ophrydineae. Corpus loricatum.
* Aüimaleula in synoecesium consooiata.
VIII Ophrydium. Corpus pedicello destitutum.
** Animaloula in synoeoesium haud oonsociata.
JX Tintinnus. Corpus intra loricam haud stipitatam, pedi-
cellatum.
X Cothurnia. Corpus intra loricam haud stipitatam, pedicello
destitutum.
XL Vaginicola. Corpus intra loricam stipitata®, pedicello
destitutum.
T^fbus SS. Spivo8tomae. Apertura oris
spiralis.
Familia IBI» Stentorineae. Corpus haud loricafuna.
XII. Stentor. Corpus pedicello desiitutunn ecaudatum.
Familia IV« Scyphi<lieae. Corpus loricatum.
XIII. Scyphidia. Corpus pedieello destitutum, eeaudatiMß.
BI&YOZOA« ANOP1STHIA.
(Polygastrica anopisthia.) ESRENBERG.
a
'orpus molle, hemisphaericum, campanulatum, subcylindricum,
auf infuadibuliforme, limbo eilüs vibrantibus eoronato; loricatum auf
loriea destitutum. — Tracfw intestincdis racemoso ramosu& ramis
apice bulloso inflati» (veatriedi Ekrenberff):, uvaeformis. Oris
anigue apertura discretae in fovea eammttni marginis sinus froütalis

810 Diesing.
locatae; ore spirali auf non spirali.Animaicula utplurimum micro-
scopica plura juncta auf solitaria, affixa aut libera. Aquarum dulcium
et maris incolae.
TribU8 !• ASpi^OStomae. Apertura oris haud
spiralis.
Faniilia I« Vorticellineae EHRENBERG ex parte.
Corpus campanulatum limbo ciliato, caudatum auf ecaudatum, pedi-
cellatum aut pedicello destitutum; haud loricatum. Apertura
oris non spiralis. — Animaicula imperfecta divisione spontanea
fruticulosa soepe socialia aut solitaria, affixa aut libera.
Vorticella Ehrenberg: Infusionsthierchen (exctus. gen.Sfentor) 25926l»
Dujardin: üist. nai des Zoophyt. (Infus.) 532—538.
l. Cavchesium EHRENBERO.
Sertularia, Isis et Vorticella Linne, -— Brachionus Pallas.Campanella
Goldfuss.
Corpus umforme — campanulatum, limbo ciliato; prima aetate
spontanea et imperfecta divisione longitudinali pedicellatum,
pedicello in spiram subito flexilem ramoso, post primam divi-
sionem spontaneam solufum solitarium liberum. Gemmiparae.
(Vorticella fruticulosa^
l. Carchesium polypinum EHRENBERG.
Corpus conico—campanulatum, album, sursum late truncatum limbo
fromm\o..Fruticulus subumbellatus.Longit.corp.i/^±/^".
Carchesium polypinum Ehrenberg: Infusionsth. 278. Tab. XXVI. 5. —
Hies8: Beitr. ». Fauna d. Infus. 36.Schmarda ; Kleine BeUr. s.
Naturgesch. der Infus. 38.
Vorticella ramosissima Dujardin: Hist. nat. des Zoophyi (Infus.) 551.
Tab. IV. 11.
Habitaculum. In Hollandia (Leeuwenhoek} ; in Anglia (Baker
et Varley); in Suecia (Linne}; m Dania (Müller}; in Gallia
(Bory de St. Vincent et Dujardin} ; in Italia (Colombo et
Spalanzani},9 in Bavaria (Schrank}; in Borussia (Ehren-
berg); in Austria (Czermak, Riess et Schmarda}^ in aqua
dulci, etiam in aqua maris Baltici et Germanici.

Foraminifera monostegia. g H
2. Carchesiu™ spectabile EBRENBERG.
Corpus conicocampanulatum, album, sursum dilatatum. Frau-
culus spectabilis oblique conicus.Longit. frutic. ad 2^.
Der kleine gesellige, becherförmige Afterpolyp Rösel: Insectenbelust
IIL 597. Tab. XCVIl. 3.
Vorticella spectabilis Bory in: EncycL meth. 1824. 786.
Carchesium spectabile Ehrenberg in: Bericht d. Berlin. Akadem.. d. Wissen-
schaft. Novemb. 1840. 199.
Hdbitaculum. Norimbergae (Rösel).Parisiis (Bory de St.
Vincent), Berolini (Ehrenberg}.
3. Carchesium pygmaeum EHRENBERG.
Corpus ovato — campanulatum, album, sursum parum dilatatum.
Fruticulus parvusbifidus raro quinquefidus. — Longit. corp.yo/".
Carchesinm pyg'maeum Ehrenberg in: Bericht d. Berlin. Akad. d. Wissensch.
Novemb. 1840. 199.
Habitaculum. Cyclops quadricornis, corporis superficies, Berolini
(Ehrenberg).
IS. Vö^ficella LINNE et EHRENBERG.
Hydra et Vorticella Linne. Brachionus Pallas. — Ecciissa Moder»
Enchelys Müller.ürceolaria Lamarcic.Carchesium Ehrenberg.
Corpus uniforme— campanulatum, limbo ciliato; prima aetate spon-
tanea et imperfecta divisione longitudinali pedicellatum, pedi»
cello in spiram subito flexili, nunquam ramoso, post primam
divisionem spontaneam solutum solitarium liberum. Partitio
longitudinalis v. transversalis ei gemmipara.(Carcheswm
non fruticulosum).
l. Vortieella nebulifera ML7^£ß.
Corpus conico — campanulatum limbo prominulo dilatato, album,
contractum annulis nullis. — Longit. corp. i/^1/24'^ pedi-
cello corpore 4—S longiore, 6—10 spiraü.
Vorticella nebulifera Müller. — Ehrenberg : Jnfusionsth. 270. Tab. XXV.
l.Riess: Beifr. ». Fauna d. Infw. S6.Dujardin: Hist. nai. d.
Zoophyt. (Infus.) 557.Schmarda: Kleine Beitr. s. Naturgesch. d.
Infus. 38.
HaUtaculum. Göttingae (Unger). Norimbergae (Rösel).
Hafniae (Müller). — Parisiis (Bory de St. Vincent). —
NeapolifCäüöZwO.—Dongolaeet prope Tor ad Sinai in Arabia

812 Diesing.
(ffemprich et Ehrenberg). — Berolini et Catharinopoli (Ehren-
berg). Vindobonae, ApriliAugusto (Czermak, Riess et
Sehmarda).
2. Vorticella citrina MüLLER.
Corpus hemisphaerico et conico campanulatum limbo patente, citri-
num, contractum annulis nullis.Longit. corpor. 1/^i/^",
pedicello corpore 3—4 longiore.
Vorticella citrina Müller.Ehrenberg: Infusionsth. 271. Tab. XXV. 2.
Riess : Beitr. z. Fauna d. Infus. 36.DuJardin: Hist. nat. des
Zoophyt. (Infus.) 555. Tab. XVI. bis. Fig. l. — Sehmarda: Kleine
Beiir. a.. Naturgesch. d. Infus. 38.
Habüaculum. Hafaiae (Müller}.Berolini interLemnas (Ehren»
borg). — Vindobonae, Aprili ad superficiem Cyclopis (Czer-
mak et Riess) Olomutzii, Augusto (Sehmarda).
3. Vorlicella Campanula EHRENBERG.
Corpus hemisphaerico — campanulatum limbo vix patente, albo-
coerulescens, contractum annulis nullis. — Longit. corpor.
Yio^ pedicello corpore 6—7 longiore.
Vorticella Campanula Ehrenberg: Infusionsth. 272. Tab. XXV. 4. —
Sehmarda: Kleine Beitr. a. Naturyesch. d. fnfus. 38.
Vorticella lunaris Muller? Dvjardin: Bist. nat. des Zoophyt. (fnfus.)
5^. Tab. XIV. i2.
Uabitaculum. Hafaiae ? (Müller). Parisiis ? (Bory de St
Vincent et Dujardin). Prope Conegliano in Italia (Co-
lombo), Berolini (Ehrenberg). Vindobonae vario anni
tempore (Sehmarda}.
4. Vorticella hamata EHRENBERG.
Corpus ovatum utrinque attenuatum campanulatum, limbo vix patente,
hyalinum, contractum annulis nullis; pedicello oblique affixo
ideoque hamato.—Longit. corp. y^g^, pedicello corpore paruni
longiore.
Vorticella hamata Ehrenberg : Infusionsth. 273. Tab. XXV. 5.Sehmarda:
Kleine Beitr. %. Naturgesch. d. Infus. 38.
Jffabitaculum, Berolini, Januario et Junio (Ehrenberg). — Vindo-
bonae, Majo (Sehmarda).
5. Vorticella patellina MüLLER.
Corpus hemisphaerico—campanulatum, limbo patentissnno interdum
reflexo, album, contractum annulis nullis. — Longit. corpor.
y^'» pedieello corpore 6—7 longiore.

Foramimfera monostegia. ^11
Vorticella patellina Müller.Ehrenberg! Infusianstk. -875. Tab. XXVI. Z.
-— Riess: Beitr. z. Fauna d. Infus. 56.
Habitaculum. Hafniae (Müller}. Berolini (Ehrenberg). Vindo-
bonae (Czermak et Riess).
6. Vorticella pieta EüRENBERG.
Corpus ovatoconicum campanulatum, limbo parum patente, hya-
linoalbum, contractum anmdis nullis; pedicello subtilissime
rubro punctato.—Longit. corpor. i/^—y^, pedicello corpore
4—S longiore.
Vorticella picta Ehrenberg: Infusionsth. 275. Tab. XXVI. 4. — Dujardin :
Hist. nat. des Zoophyi. (Infus.) 560.
Habitaculum. Berolini ad Salviniam natantem (Ehrenberg).
7. Vorticella Convallaria LINNE.
Corpus ovato — conicum campanulatum, limbo parum patente, hya-
linoalbum, contractum annulatum.Longit. corpor. i/^
Vzo^" pedicello corpore S—6 longiore.
Vorticella Convallaria Linn4. — Ehrenberg : Infusionsth. 574. Tab. XXVI.
3.Riess: ßeitr. ». Fauna d. Infus. 36.
Vorticella infusionum Dujardin? titst naf. des Zoophyt. (Infus.) 558.
Tab. XVI. 5 et 9.
Bäbitaculum. Per totam Europam et in Sibiria Asiatica observatum.
8. Vorticella microstonia EHRENBERG.
Corpus ovatum utrinque angustatum campanulatum, limbo haud
patente, cinereo —album, contractum annulatum.Longit.
corpor. y^s\/wf\ pedicello corpore S—6 longiore.
Vorlicella microstoma Ehrenberg: Infusionsth. 272. Tab. XXV. 3. —
Itiess: BeUr. s. Fauna d. Infus. 86.Sehmarda: Kleine Beitr. ».
Naturgesch. d. Infus. S8.
Habitaculum. Landshutae (Schrank). — Berolini et ad Ural
(Ehrenberg'). Vindobonae, Aprili et Septembri (Czermak
et Riess ; in infusionibus putridis Sehmarda).
9. Vortieella chlorostigma EHRENBERG.
Corpus ovato—conicum campanulatum, limbo patente, ovario viridi.
contractum annulatum —Longit. corpor. \/^1, pedicello corpore
4—S longiore.
Vorticella fasciculata Müller? — Dujardin i Bist. nat. des Zoophyt.
(Infus.) 555.
Vorticella chlorostig-ma Ehrenberg: Infuslönstti. 273. Tab. XXVL l. '*-
Riess : Beitrag, ss. Fauna d. Infus. 26. - Sehmarda i Kleine Beitr. s.
Naiurgesch. d. Infus. 28.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. I. Bd.
33

514 Diesing.
Habitaculum. Hafniae? (Müller). — Parisiis? (Bory de St Vin-
cent). Berolini (Ehrenberg). Vindobonae, Julio et
Octobri (Czermak^ Riess et Schmarda).
SMS. Epistylis EHRENBERG.
Hydra et Vorticella Linne. Volvox? Muller. — Brachionus Pallas. —
Campanella Goldfuss. Myrtylina et Digitalina Bory.
Corpus uniforme—campanulatum limbo ciliato, prima aetate spon-
tanea et imperfecta divisione longitudinali pedicellatum, pedi-
cello rigido simplici aut ramoso, continuo auf articulato, post
primam divisionem spontaneam solutum, solitariuniy liberum.
Gemmipara.
* Pedicellus articulatus.
1. Epistylis Cialea EHRENBERG.
Corpus conico — campanulatum, plicatile , hyalinum , limbo haud
patente, ore laterali rostrato. Pedicellus fruticulosus crassus
articulatus. — Longit. corpor. i/^f', fruticulus 2'// longus.
Epistylis Galea Ehrenberg : Infusionsth. 280. Tab. XXVII. l. — Riess :
Beiir. 2. Fauna d. Infus. 36. — Dujardin: Hist. nai, des Zfoophyt,
(Infus.) 542.Sehmarda: Kleine BeUr. ». Naturgesch. d. Infus. 38.
Habitaculum. Berolini, Augusto ad Ceratophyllum (Ehrenberg).
Vindobonae Aprili et Junio (Czermak, Riess et Sehmarda).
2. Epistylis leueoa EHRENBERG.
Corpus late campanulatum, limbo haud patente, hyalinum ovulis
albis. Pedicellus erectus minus strictus, ramosus, sursum breve
articulatus. — Longit. corpor. \|^Vio^ fruticulus ad ^ft
longus.
Epistylis leucoa Ehrenberg: Infusionsth. 283. Tab. XXVIll. 3. — Du-
jardin ; Hist. nat. d. Zoophyt. (Infus.) 541.
Habitaculum. Hafniae? (Müller). — Berolini, Januario (Ehren-
berg).
3. Epistylis berberiformis EHRENBERG.
Corpus oblongum cylindrico — campanulatum, album. Pedicellus
dichotomus articulatus striatus sursum incrassatus. — Longit.....
Der berbersbeerartige Afterpolyp Rösel: Insectenbelu&t. III. ßi3.
* Tab. XCIX.
Epistylis berberifonnis Ehrenberg in: Bericht d. Berlin. Akadem. d.
Wissensch. 1840. 99.

Foraminifera monostegia. S l 5
Habitaculum^ Hydroporus Hallensis (Rösel)^Cybister Roeselii,
corporis superficies, Berolini (Ehrenberg).
4. Epistylis Lernearum KOLLAR.
Corpus longecampaaulatum, limbo patente, ovulis viridibus. Pe-
diceZIus dichotome fastigiatus, articulatus.Longit. frutm^^.
Epistylis Lernearum Kollar in: Tr'eitschke'>s naturhist. Bildersaal IV.5'7.
Tab. CCXCVI. 15, a, 6, c.
Habitaculum. Tracheliastes polycolpus, corporis superficies Vindo-
bonae (Kollar).
^ Pedicellus non articulatus.
5. Epistylis Anastatica EHRENBERG.
Corpus conicum v. subglobose campanulatum, limbo prominulo,
hyalinum. Pedicellus dichotome fastigiatus continuus.—Longit.
corpor. ad 1/^, frutic. Vis—Vs^ longus.
Epistylis Anastatica Ehrcnberg: Infusionsth. 281. Tat. XXVII. 2.Riess :
Beitr. s,. Fauna, <L Infus. 36. — Dujardin: Bist nat. des Zoophyi.
(Infus.) 639. — Schmdrda: Kleine Beitr. ». Naturgesetz d. Infus. S8.
Habitaculwn. Hafaiae (Muller).Prope Conegliano iu Italia
(Colo^ibo). Parisiis (Bory de St. Vincent). — Berolini
(Ehrenberg). Vindobonae ad plantas aquaticas et ad Cru-
stacea minora, Majo (Czermak et Riess). Venetiis ad
Zosteram marinam et Ceramium (Schmarda).
6. Bpistylis plieatilis EHRENBERG
Corpus elongatum, conico campanulatum, limb o vix patente, trans-
verse plicatilc, flavicans. Pedicellus dichotomus soepe corym-
bosus continuus. —Longit. corpor. y^Vis^» fruticulus ad
l V^ longus.
Epistylis plicalilis Ehrenberg: Infusionsth. 282. Tab. XXVIII. i.
Dujardin: SIist. nat. des Zoophyt. (Infus.) 542. Ta6. XVL Us. 4.
Habitaculum. Hafniae (MüHer). Berolini (Ehrenberg).
7.> Epistylis ^randis EHRENBBRG.
Corpus late campanulatum, limbo vix patente, albocoeruleum. Pedi-
cellus decumbens tenuis laxe ramosus, latissime caespitosus
continuus. — LongiL corpor. Via—\/^fl -
Epistylis grandis Ehrenf>erg: Infusionsth. 282. Tab. XXVII. S. ^Dujardin :
Hist. nat. d. Zoophyt. (Infus.) 5^1.
Bahitaculwn. Berolini ad radices Ceratophyllarum et Nymphaearum
(Ehrenberg).
33*

816 Diesing.
8. Epistylis Digitalis EHRENBERG.
Corpus subcylindricum campanulatum, limbo haud patente, hyalinum.
Pedicellus dichotome fastigiatus subtiliter annulatus, continuus.
Longit. corpor. V^—Vao^ truticulus, y^ longus.
Epistylis digitalis Ehrenberg: Tnfusionsih. 283. Tab. XXVIII. 4 et L. 7. —
Dujardin: Hist. nat. des Zoophyf. (Infus.) J44.
Häbitaculum. Norimbergae (Rösel).Hafniae (Muller). Lands-
hutae (Schrank}. Parisüs? (Bory de St. Vincent).
Berolini ad Cyclopem quadricornem (Ehrenberg).
9. Epistylis Botrytis EHRENBERG.
Corpus ovatum campanulatum, limbo haud patente, album. Pedi-
cellus simplex continuus, corpusculis apice in capitulum acer-
yatis. — Longit. corpor. Vaoo^ fruticulus ±)^11 longus.
Epistylis Botrytis Ehrenberg: Infusionsth. 28^. Tab. XXVIL 4. — Riessi
Beitr. %. Fauna, d. Infus. 86.
Häbitaculum. Landshutae (Schrank). — Parisiis (Bory de St.
Vincent). — Berolini ad Ceratophyllum (Ehrenberg).Vin-
dobonae, Majo (Czermak et Riess).
10. Epistylis Arabica EHRENBERG.
Corpus ovatum, campanulatum, limbo haud patente, hyalinum. Peäi»
cellus parce ramosus continuus. — Longit. corpor. i/^\/^"1
fruticul. 1/1 ^lf longus.
Epistylis arahica Ehrenberg: JnfusionsiJi. 285. Tab. XXVII. 7.
Habitaculwn. Prope Tor in mari rubro (ffemprich et Ehrenberg).
11. Epistylis Barba EHRENBERG.
Corpus ovatoobtongum, campanulatum, album. Pedicellus
crassus dichotomus, longitudine striatus. — Longit. ....
Trembley in Act. angl. XLUI. 171. Tab. XI. 57. (bonae).
Der mispelförmige Afterpolyp Rösel: Insectenbelust. HI. 614. Tob C.
(minus bonae}.
Vorticella acinosa Schrank in: Naiurf. XXVII. 26. Tab. JJJ. 10 <5.
Epistylis Barba Ehrenberg in: Bericht d. Berlin. Akad. d. Wissenschaften.
1840. 199.
HabitacuJum. Londini (Trembley). — Norimbergae (Rösel). —
Straliomys Chamaeleon sub annulo primo larvae (Schrank);
ad barbam larvae, Berolini (Ehrenherg).
12. Epistylis flavicans EHRENBERG.
Corpus late campanulatum, limbo haud patente, ovulis flavicantibus.
Pedicellus dichotomus strictus continuus, ramis coarctatis ad

Foraminifera monostegia. 517
axillas dilatatis.Longit. corpor. ad Vi/", fruticulus ad 1</^
longus.
Epistylis flavicans Ehrenberg: Infusionsth. 282. T<tb.XXVTlL (exclus. synon.}.
Dtijardin: Hist. nat. a. Zoophyt. (Infus.) 540.
Habitaculum. Berolini ad Lemnas et Ceratophyllum (Ehrenberg).
13. Epistylis euehlora EHRENBERG.
Corpus oblongum campanulatum, limbo parum patente, ovulis
viridibus. Pedicellus dichotonae fastigiatus. — Longit. fruti-
culi y.
Epistylis euehlora Ehrenberg in: Bericht d. Berlin. Akad. der Wissensch.
i840. 200.
Habitaculum. PIanorbis corneus, superjScies, Berolini (Ehrenberg.)
14. Epistylis pavonina EHRENBERG,
Corpus maximum galeatum, ore producto. Pedicellus longissimus
dichotomus striatus hinc Iridis colore falgens. — Longit. fruti-
culi ad 4'".
Epistylis pavonina Ehrenherg in: Bericht a. Berlin. Akad. d. Wissens ch
WO. 200.
Habitaculum. Berolini (Ehrenberg).
Species inquirendae.
<c
15. Epistylis nutans EHRENBERG.
Corpus ovatum, utrinque attenuatum, annulatum, hyalinum, ore
distinctius bilabiale , lobis prominulis. Pedicellus dichotome
fraticulosus annulatus, continuus.—Longit. corpor. ad \/^11,
fruticulus %y^ longus.
Epistylis? natans Ehrenherg: Infusionsth. 284. Tab. XXIX. i. — Dujardin:
Bist. nai. d. Zoophyt. (Infus.) J44.
Habitaculum. Ad plantas aquaticas, omni anni tempere, Berolini
(Ehrenberg).
16. Epistylis parasitica EBRENBERG.
Corpus conicocampanulatum, solitarium terminale, hyalinum
(limbo non ciliato). Pedicellus simplex strictus continuus. —
Longit. corpor. V^ pedicellus Vto—Vs^'
Epistylis? parasitica Ehrenberg: Infusionst/i. 285. Tab. XXVJI. 6.
Habitaculum. Prope Sues in mari rubro ad Zoobotryon pellucidum
(Hemprich et Ehrenberg).

418 D i e s i n g.
IV. Xoofhamnium EHRENBERG.
Vorticella Linne.Brachionus Pallas. Zoothamnia et Dendrella
Bory.Zoodadiam Hemprieh et Ehrender g.
Corpus diversiformecampanulatum, limbo ciliato, prima aetate
spontanea et imperfecta divisione pedicellatum, pedicello
musculo interno in spiram flexili ramoso, post primam divi-
sionem spontaneam solutum, solitarium'liberum. Gemmipara.
(Carchesium corpusculis dissimilibus).
1. Zoothamniiim Arbuscula EHRENBERG.
Corpus longe, et globose campanulatum, limbo haud patente, hya-
linum. Pedicellus simplex sursum crassior, apice racemoso
umbellatus.Longit. corpor. \/^1\ fruticulus, ad V longus.
Zoothamnium Arbuscula Ehrenberg: Infusionsth. 289. Tab. XXIX, 2.
Vorticella Arhu.scu.la Dujardin: Sist. nat. d. Zoophyt^ (Infus.) 55S.
Hdbitaculum. Londeni (T'rimUey et Bäcker) — Gedani (Eich-
horn), Conegliano m Italia (Colombo). Bruxellarum (Pal-
las). — Berolini ad Ceratophyllum (Ehrenberg).
2. Zoothamnium niveum EHRENBERG.
Corpus oblonge, et globose campanulatum, niveum. Pedunculus
ramosus, ramis brevibus alternis subverticillatis, corpusculis
oblongis ad ramulorum apices acervatis, globosis, m trunco
sparsis. — Longit. corpor. i/iQ"f, fruticulus 3—^1" longus.
Zoothamnium niveum Ehrenberg: Infusio nsth. 289. Tab. XXIX. S.
Habitaculum. Ad insulam Massauah in mari rubro (Hemprieh et
Ehrenberg).
V. Ope^culavia GOLDFUSS.
Hydra et Vorticella Lmwe. — Brachionus Pallas. — Valvaria Goldfuss.
Operculina Bory.Epistylis Dujardin.
Corpus diversiforme campanulatum, operculo disciformi margine
ciliato, pedicello centrali suffulto protractili, prima aetate spon-
tanea et imperfecta divisione pedicellatum, pedicello rigido
ramoso, post primam divisionem spontaneam solutum solitarium
liberurn.(Epistylis corpusculis dissimilibus opercufatis).
l. Opercularia articulata GOLDFUSS.
Corpus ovato et elliptice campanulatum, hyalinum. Pedicellus
diehotome ramosus, articulatus. — Longit. corpor. Vse^? fruti-
culus 2—3^ longus.

Foraminifera monosfegia. g IQ
Der Afterpolyp mit dem Deckel Röself Insectenbelust, m, 609. Tab.
XCVIIL S6.
Opercularia articulata Goldfuss. — Ehrenberg: Infusionsth. 287.
Epistylis Opercularia Dujardin: Hist. not. d. Zaophyt. (Infus.) 54-5.
Habitaculum. Norimbergae (Rösel). Gedani (Eichhorn),
Berolini ad Dytiscum marginatum et ad Hydrophihm piceum
(Ehrenberg) et p. a.
yf. Uyocentvum NITZSCH.
Cercaria ller. — T urbinella Bory,
Corpus elongatum subtriquetrum campanulatum, limbo ciliato, stylo
basilari excentrico caudatum, non pedicellatum. Partitio spon-
tanea transversalis.Animaicula solitaria libera.
l. Uroeentrum Turbo NITZSCH.
Corpus triquetrum ovato—campanulatum, hyalinum, stilo tertiam
corporis partem acquante.Longit. i/^1^4//'.
Uroeentrum Turbö NUzsch,Ekrenberg : Infusionsth. 268. Tab. XXIV.
7. —- Riess: Bei fr. a. Fauna d. fnfusionsth. 36. — Dujardin: Hisinai.
des Zioophyt. (Infus.) ö32.Schmardai Kleine Beitr, 's. Natur gesch.
d. In/us. 37.
Habitctcubivi. Haftiiae (Müller).Berolini, ApriliJulio (Ehren»
borg). — Vindobonae, Aprili et Decembri (Czermak, Riess et
Schmarda).
VU. Vrichodina EHRENBERG.
Volvox Wilke.Cyclidium, Vorticella et Trichoda Müller, —ürceolaria
Lamarcfc. •— üursaria Bory.Nummalella Carus.
Corpus conicum aiit subcylindricum urceolatum, limbo ciliato, ecau-
datum , nee pedicellatum. Partitio ignota. — Animaicula soli-
taria libera.
l. Trichodina Pediewlus ESRENBERG.
Corpus breve cylindricam ureeolatum, limbo ciliato; uncinis basi-
laribus mobilibus coronatum. — Longit. corpor. %8—V^"'
Trichodina Pediculus Ehrenterg: Infusionsih. 266. Tab. XXIV. 4.— Riess:
Beiir. %. Fauna d. Infus. 36. — Schmarda : Kleine Beitr. 2. Naturgesch.
d^Infus. 37.
ürceolaria stellina Dujardin: Bist, nat des Zoophyt. (Infus.) S27. Tab.
XVI. 2.

520 Diesing.
Habitaculum. Ad Hydras varias, Delphiorum (Leeuwenhoek). _
Hagae (Trembley). Norimbergae (Rösel).Holmiae
(Wilke). Hafniae (Müller). — Pansiis (Bory de St
Vincent); ad Unionis Batavi, liltoralis et pictorum ovaria,
Dresdae (Carus); ad Anodontae sp. ine. branchia prope Ber-
naul in Sibiria, ad Hydram vulgärem et viridem Augusto et ad
Gyrodactylum coronatum, branchiis Cyprini Carassii insidentem,
Berolini (Ehrenberg). — Vindobonae, Julie et Decembri
(Czermak, Riess et Schmarda)..
2. Trichodina vorax EHRKNBERG.
Corpus cylindricoconicum urceolatum, sursum convexum, limbo
ciliato, retrorsum attenuatum obtusum, hyalinum; uncinis
nullis.Longit. corpor. \/^".
Trichodina vorax Ehrenberg: Infusionsth. 267. Tab. XXIV. 6. — Riess:
Beitr. z. Fauna ä. Infus. 36,
HabitacuJum. Berolini inter Confervas (Ehrenberg). Vindo-
bonae, Aprili et Augusto (Czerwak et Riess).
3. Trichodina Grandinella EHRENBERG.
Corpus obconicum v. subglohosum urceolatum, limbo ciliato, hya-
linum; uncinis nullis. — Longit. corpor. ±/^\/^".
Trichodina Grandinella Ehrenberg: Infusionsth. 267. Tab. XXIV. 6. •—
Riess: Beiir. %. Fauna d. Infus. !f6.Sdimftrda: Kleine Beltr. ».
Naturgesch. d. Infus. 37.
Habitaculwn. Delphiorum? (Leeuwenhoe/f).Parisiis ? (Job-
lot).—Hafniae? (MüHer). Angelostadi (Schrank). —
Berolini, Petropoli et in montibus Altaicis (Bhrenberg).
Vindobonae (Czermak et Riess),' Januario sub glacie et in
salinis desertis, prope Scrvolam, Julio (Schmarda).
Species inqnirendac.
4. Triehodina Acarus BHRENBJBRG.
Corpus oblongum compressum, hyalinum, ciliis frontalibus 8 validis,
uncinis nullis. — Longit. ^/^rl.
Trichodina ? Acams Ehrenberg in : Bericht c(. Berl. Akad. d. Wissensch.
18^0. 202.
Habitaculuw. In mari Boreali (Ehrenberg).
S. Trichodina tentaculata EHRENBERG. «
Corpus disciforme hyalinum, ciliorum fasciculo vibrans; proboscide
stiliformi, uncinis nullis. — Longit. corpor. \/^''.

Foraminifera monostegia, 521
Trichodina? tentaeulata Ehrenberg: Infusionsih. 266, Tab. XXIV. 3.
Habitaculum. Berolini inter Confervas (Ehrenherg).
Familia II. Ophrydineae EBRENSERG.
Corpus campanulatum, infundibuliforme, rarius subcylmdricum limbo
ciliato, ecaudatum, pedicelktum aut pedicello destitutum, lori-
catum. Oris apertura non spiralis.Animaicula imperfecta
loricae divisione in synoecesium sybglobosum associata, aut
perfecta divisione solitaria; affixa aut libera.
Cplirydina, Ehrenberg : InfusionstJtierehen. 291—292.
yiMf. f^phrydium EHRENBERG.
Vorticcila Müller.Linza Schrank. Coccochloris Sprengt ürceo-
laria Lamarck. Raphanella et Ophrydia Bory.
Corpus suhcylindricum, limbo ciliato, versatile, partitione spontanea
et perfecta longitudinali, loricae gelatinosae imperfecta m
synoecesium globosum gelatinosum consociatum, tandem soli-
tarium llberum.
l. Ophrydium versatile. EHRENBERG.
Corpus utrinqne attenuatum, laete viride. Synoecesium subglo-
bosum glabmm, hyalinum, liberum v. affixum.Longit. cor-
poris \/\Q'\ synoecesium \/^—W magnum.
Ophrydium vcrflatile Ehrenberg: Infusionsth. 293. Tab. XXX. f. —
Riess : Reitr. 's. Fauna d. Infus. 96.Dujardin: Hist. naf. des Zoophyi.
(Infus.) 529.Sckmarda: Kleine Beiir. 2?. Naturgesch. d. Infus. S9.
Habitaculiun. Hafniac (Müller). Angelostadii (Schrank).—Hallae
(J(fng). — Berolini (Ehrenberg). — Vindobonae, vario anni
tempore (Czermak, Riess et Schmarda); et plur, a. loc. sed
solumodo in aqua dulci.
VX. Tintinnus SCHRANK.
Trichoda Müller.Vagülicola Lamarck
Corpus cylindricum auf campanulatum, limbo ciliato, pedicello flexili
basilari, longitudinaliter sponte perfecte dividuum solitarium.
Lorica urceolaris membranacea non dividua, basi affixa auf
libera non stipitata.
l. Tintinnus inquilinus« SCHRANK.
Corpus cylindricum basi rotundatum, longe pedieellatum, hyalmum
v. flavicans. Lorica cylindrica basi rotundata hyalina. Longit.
corporis sine pedicello 1/^ cum pedicello \/^'t, loricae \/^'f.

422 Diesing.
Tintinnus inquilinus Schrank.—Ehrenher g f Infusionsfh. 294. Tab. XXX. 2.
Schmarda; Kleine Beitr. a. Naiurgesch. d. Infus. S9.
Vaginicola inquilina Lamarck.Dujardin: Hist. nat. des Zoophyt. (Infus.)
561. Tab. XVI. bis. J.
Habitaculum. Hafaiae (Müller). — Kiliae (Ehrenberg).Vindo-
bonae ad Confervas horti botanici, Junio (Schmarda).
2. Tintinnus subulatus. EHRENBERG.
Corpus cylindricum basi rotundatum longe pedicellatum, hyalinum.
Lorica cylindrica refrorsum longe subulata, hyalina.Longit
loricae y^.
Tintinnus subulatus Ehrenberg: Infusionsth. 249. Tab. XXX. 3.
Vaginicola subulata Dujardin: JIist. nat. d. Z/oophyt. (Infus.) 562.
Habitaculum. Hafniae? (Müller). Kiliae (Ehrenberg) in aqua
marina.
3. Tintinnus Cothurnia EHRENBERG.
Corpus hyalinum. Lorica cylindrica obsolete annulata, retrorsum
attenuata et truncata, hyalina. — Longit. loricae ±/^tf.
Tintinnus Cothurnia Ehrenberg m: Bericht der Berl. Akadem. d. Wissensch.
i840. 201.
Habitaculum. In mari Baltico (Ehrenberg).
4. Tintinnus Campanula EHRENBERG.
Corpus hyalinum. Lorica late campanulata, limbo dilatato, retrorsum
acuminata. — Longit. loricae ^/^rf-
Tintinnus Campanula Ehrenberg in: Bericht der Berl. Akadem. d. Wissensch.
1840. 201.
Häbilaculum. In mari Baltico et Boreali (Ehrenberg).
5. Tintinnus denticulatus EHRENBERG.
Corpus .... Lorica cylindrica, hyalina, punctorum seriebus obliquis
eleganter sculpta, limbo denticulato et aculeo postico termi-
nata. — Longit. loricae Yis^.
Tintinnus denticulatus Ehrenherg in: Bericht d. Berlin. Akadem. d. Wissen-
schaffen. 1840. 201.
Habitaculum. In mari Boreali et ad insulam Tjörn (Ehrenberg).
X. Cofhuynia EHRENBERG.
Vorticella Müller.Tahularia Schrank. •— Folliculma. Lamarck. Vagi-
nicola, Bory.
Corpus obeonicum auf infundibuliforme limbo ciliato, longitudinaliter
et perfecte sponte dividuum solitarium. Lorica urceolaris mem-
branacea non dividua^ stipite basilari rigido affixa aut libera.

Foramini f er a monosiegia. 522
1. Cothurnia imherbis KVSRBNBERG.
Corpus longe infundibuliforme flavicans. Lorica subovata apice
truncata, breve stipitata, hyalina. —Longit. loricae \/^".
Vaginicola folliculina Bory. —- Dujardin: Hisi nai. o. Zoephyt (fnfus,) S64.
Cothurnia imberbis E/irenberg: Infusion&th. 297. Tab. XXX. 7. -- Riess:
Beitr. <s. Fauna d. Jnfus. S6.
Habitaculum. Lintiae (Schrank). — Hafniae (Müller). — Cone-
gliano in Italia (Colombo). Berolini ad Cyclopem quadri-
cornem (Ehrenberg). Vindobonae, Aprili (Czermak et
Riess).
2. Cothurnia Hafniensis EHRENBERG.
Corpus obconicum flavicans. Lorica subovata apice truncata, hyalina,
longe stipitata. — Longit. loricae sine stipite y^, stipite plus
quam duplo longiore.
Cothurnia havniensis Ehrenberg: Infusionsih. 298, Tat. XXX. 9.
Habitaculum. Hafniae in aqua marina (Ehrenberg).
JCJf. Vaginicolu LAMARCK et EHRENBERG.
Vorticella Müller.Linza et Tintinnas Schrank.Limnias Goldfws.
Corpus infundibaliforme limbo ciliato, longitudinaliter perfecte sponte
dividumn, solitarium. Lorica urceolaris membranacea non
dividua, stipite basilari destituta.
l. Va^inieola crystallina EHRENBERG.
Corpus longe infundibuliforme limbo parum patente, hyalümm, ovulis
viridibus. Lorica subclavata sursum attenuata apertura termi-
naii, hyalina. — Longit. loricae ad Vis^-
Vaginicola crystallina Ehrenherg: Infusionsih. 296. Tab. XXX. 5.Riess:
BeUr. 's. Fauna d. Infus. 36.Dujardin: Bist. naf. des Zoophyt. (Infus.)
563. Tab. XVI. bis. G. — Schmarda: Kleine Beitr. 's. Nafurgeseh. d.
Infus. 39.
Vaginicola ovala Dujardin? Bist. nai. des Zoophyi. (Infus.) 063. Tab.
XVI. bis. 7.
Hatitactilum. Delphiorum (Leeuwenhoek). Gedani (Eich-
horn). — Conegliano in Italia (Colombo). Angelostadii ?
(Schrank).—Berolini (Ehrenberg). — Vindobonae, Aprili
et Majo (Czermak^ Rüss et Schmarda). — Parisiis, Octobri
et Novembri (Dujardin) ad plantas aquaticas.Hafniae io
aqua marina (Müller),

524 Diesing.
2. Vaginicola tincta EHRENBERG.
Corpus longe infundibuliforme, limbo parum patente, hyalinum.
Lorica subcylindrica v. subclavata apertura terminali flavo-
fusca.Longit. loricae \/^'1'
Vaginicola tincta Ehrenberg: Infusionsth. 296. Tab. XXX. 4.—Dujardin:
Hist. nat. des Zoophyt (Inftis.) 564.
Habitaculum. Berolini ad Zygnema deciminum, et radices Lem-
narum (Ehrenberg).
3. Vaginicola deeumbens EHRENBERG.
Corpus longe infundibuliforme, limbo parum patente, hyalinum.
Lorica ovato depressa decumbens apertura semicirculari supera
(non terminali), flavofusca.—Longit. loricae Vg^.
Vag-inicola decumbens Ehrenberg : Jnfusionsth. 296. Tab. XXX. 6. — Du-
jardin : Hist nat. d. Zoophyt (Inftis.) S64.
Habitaculum. Berolini ad Confervas et radices Lemnarum, Julie
(Ehrenberg').
Ohservatio. Typus fortassis generis proprii.
THbus SS. Spi^ostomaeß Apertura oris
spiralis.
Familia III» Stentorineae DIESING.
Corpus infundibuliforme undique ciliatum, limbi ciliis longioribus,
ecaudatum, non pedicellatum, haud loricatum. Apertura oris
spiralis.—Animaicula solitaria, sessilia v. libera, partitione
spontanea perfecta longitudinali v. oblique transversali dividua.
Vorticellina Ehrenberg : Infusionsth. 25926i exfturte. — Dujardin: Hisi.
nai. des Zoophyi (Infus.) 532 -5S8.
XSS. Sfenfov OKEN.
Hydra Linne.Brachionus Pallas.Vorticella Muller.Linza et
EccHssa Schrank.Stentorina JBory.Tubaria Thienemann.
Character familiae etiam generis unicL
# Corpus crisfcatam.
l. Stentor Wulleri EHRENBERG.
Corpus extensum longe infundibuliforme recurvatum, limbo paten-
tissimo, ciliorum corona interrupta, hyalinum. Crista lateralis
distincta. Glandula mascula articulata cateniformis. Longit.
ad y^", contract. \/^—\/^l\

Foraminifera monostegia. g g g
Stentor Mttlleri Ehr enterg: Infusionsth. 262. Tob, XXIII. l. — Riess: Beiir.
%. Fatma rf. Infus. 35. — Dujardin: «ist. nat. des Zoophyt. (Infus.)
522. Tab. XVI. l.Schmarda: Kleine Beitr. z. Naturgesch. d. Infus.
37 et 52—54. Tab. IL Fig. V. 1—2.
Habitaculum. In Hollandia (TremUey). Hafniae (Müller').
Norimbergae (Rosel). Angelostadü (Schrank).Qued-
linburgi (Goeze). Gedani (Eichhorn). — Parisüs (Bory
de St. Vincent et Dujardin). Berolini (Ehrenberg). —
Vindobonae (Czermak et Riess) ; Majo, Augusto et Januario
sub glacie (Schmarda).
2. Stentor Roeselii EHRENBERG.
Corpus extensum longe infandibuliforme recurvatum, limbo patente
cilforum corona interrupta, hyalinum. Crista lateralis distincta.
Glandula mascula taeiiiaeformis praelonga nee articulata.
Longit. ad \/^\ contract. l/^\
Stentor Roeselii Ehrenberg: Jnfusionsth. 263. Tab. XXIV. 2.Riess i
Beitr. %. Fauna d. Infus, 38. — Dujardin: Hist. nat. des Zoophyt.
(Infus.) 523.Schmardai Kleine Beitr. z. Naturgesch. d. Infus. 37.
Sabitaculum. Berolini, Februario sub glacie et Julio (Ehrenberg).
— Vindobonae, Majo (Czerwak, Riess et Schmarda).
3. Stentor eaeruleus EHRENBERG.
Corpus extensum longc infundibuliforme, recurvatam, limbo paten-
tissimo, ciliorum corona continua, laete caeruleum. Crista late-
ralis distincta. Glandula mascula articulata, cateniformis.
Longit. \|^".
Stentor caeruleus Ehrenberg: Infusionsih. 262. Tab. XXIII. 2. Riess-.
Keitr. s. Fauna d. Infus. 36:—Dujardin: Bist. nat. des Zoophyf. (Snfus.)
523. — Schmarda.: Kleine Beitr. z. Naturgesch. d. Infus. 37.
Üabüuculum. In Hollandia (Trembley). Berolini omnl anni
tempore (Ehrenberg). Vindobonae, Aprili et Novembri
(Czermak, Riess et Schmarda).
^ Corpus ecristatum.
4. Stentor polymorphus EBRENBERG.
Corpus extensum longe infundibuliforme recurvatam, limbo paten-
tissimo, ciliorum corona interrupta, laete viride. Crista lateralis
nulla. Glandula mascula articulata cateniformis.— Longit. ad
Y^, contract. \/^". \

K 2 6 Diesing. Foraminifera monostegia.
Stentor p&lymorphas Ehrenberg ; Infusionsth. 263. Tab. XXIV. t.Riess :
Beitr. äs. Fauna d. Infus.Dujardin: Hist. na t. des Zoophyf. (Infus.}
523.Schmor da: Kleine Beitr. s,. Natur g es eh. d. Infus. 37.
Habitaculum. In Hollandia (Trembley); — in Anglia (Baker);
in Dania (Müller); in Gallia (Bory de St. Vincent).
Dresdae (Thienemann). Berolini (Ehrenberg). — Vindo-
bonae, Aprili, Majo et Augusto (Czermak et Riess)., Decembri
sub glacie (Schmarda).
ö. Stentor maltiformis EHRENBERG.
Corpus extensum longe infundibuliforme, recurvatum limbo patente,
ciliorum corona continua, viride caerulescens. Crista lateralis
nulla. Glandula mascula ovalis.Longit. \/^".
VorticellamultiforinisMt^er: Anima?c. Infus.262.Tab. XXX VI. U-23.
Stentor muHiformis Ehrenberg in: Bericht d. Berlin. Akadem. d. Wissensch.
WO. 201.Dujardin: Hist. nat. d. Zoophyt. (Infus.) 524.
Habiiaculum. Hafniae, in aqua fluviatili (Muller); in mari Baltico
(Ehrenberg).
6. Stentor igneus EHRENBERG.
Corpus extensum longe infundibuliforme recurvatum (?) cilioruin co-
rona continua, flavo viride interdum et flavo cinnabarinum. Crista
lateralis nulla. Glandula mascula globosa. — Longit. \/^''.
Stentor igneus Ehrenberg : Infusionsth. 264. — Dujardin : Hist. nat. d.
Zoophyt. (Infus.) 524.
Habitaculum. Berolini ad folia Hottoniae palustris, Aprili et Majo
(Ehrenberg).
7. Stentor niger EHRENBERG.
Corpus extensum breve infundibuliforme rectum limbo vix patente,
ciliorum corona continua, (ovulis) fusco-nigricans. Crista late-
ralis nulla. Glandula mascula globosa. — Longit. \/^''.
Stentor niger Ehrenberg: Infüsionsth. 264. Tab. XXJH. S.Riess: Beitr.
z. Fauna d. Infus. 36. -— Dujardin : Hist. nat. des Zoophyt. (Infus.)
524. •— Schmarda: Kleine Beitr. z. Naturgesch» d. Infus. 37.
Habitaculum. Hafniae et Pyromontii (Müller). — Angelostadii
(Schrank). Berolini (Ehrenberg). — Vindobonae, Majo et
Septembri (Czermak^ Riess et Schmarda).
Familia IV. Seyphidieae« DIESING.
Corpus oblongum urciforme limbo ciliato, ecaudatum non pedicel-
latum, loricatum. Apertura oris spiralis (?).Animaicula
solitaria sessilia. Partitio spontanea ignota.

A. S ehr ötter. Analyse des Mineralwassers zu Mödling. 527
Xffl. ScypMdia DUJARDIN.
Character familiae etiam generis unici.
l. Scyphidia rugosa DUJARDIN.
Corpus oblongum retrorsum attenuatum. Lorica oblique striata reti-
culata.Longit. %/".
Scyphidia rugosa Dujardin: Bist nat. d. 'Loophyt (Infus.) 538. Tab.
XVI. 4.
Habitaculum. Parisiis, Decembri in aqua paludosa per quatuor
menses cum plantis servata (Dujardin).
Analyse des Mineralwassers zu Mödling. Mitgetheilt
vom Prof. A. S ehr Otter.
Herr v. Semianovsky hat schon vor längerer Zeit im che-
mischen Laboratorium des polytechnischen Institutes, unter meinen
Augen, die Analyse dieses Wassers mit grosser Sorgfalt ausgeführt,
die Bekanntmachung der Resultate ist nur durch zufällige Umstände
verzögert worden.
Das aus dem 12 Klafter tiefen Brunnen gehobene Wasser zeigte
11 °C., welche Temperatur nach der Angabe des Herrn Badeinhabers,
Baron M e rode, in allen Jahreszeiten constant ist. Das Wasser ist
vollkommen färb- und geruchlos, besitzt einen schwach zusammen-
ziehenden Geschmack, und hgert nach einiger Ruhe einen gelblich-
weissen Bodensatz ab.
Es enthält freie Kohlensäure, von Schwefelwasserstoff keine
Spuren.
In den Ausflussröhren bildet sich ein nicht unbedeutender roth-
brauner Absatz, der auf einen grössern Eisengehalt schliessen lässt,
als die im Laboratorio angestellte Analyse ergab.
Die unmittelbare Analyse des Wassers gab folgende Resultate
auf 1O.OOO Theile Wasser bezogen.
1. Totalmenge der Kohlensäure ......== 2,4
2. Totalmenge der Schwefelsäure .....== 2,74^7
3. Totalmenge des Chlors ........=== O,OT44
4. An Kieselerde ...........== 0,094
5. Totalmenge des Natrons ........== O^32SS

g28 A. Schrotter.
6. Totalmenge des Kalkes . . . . . . ===1,6392
Totalmenge der Magnesia .....== 1,0803
7. Kalk, Magnesia und Eisen aus dem beim Kochen entstandenen
Niederschlage:
a) Kalk . . . == 1,4563
b) Magnesia . === 0,0277
c) Eisenoxydul. == 0,0360
aus dem gekochten und filtrirten Wasser:
a) Kalk . . . == 0,2691
b) Magnesia . == 1,0465
8. Totalmenge der fixen Bestandtheile bei 100° C. getrocknet
== 8^1198, welche beim schwachen Glühen O,82TO verlieren,
wobei kein Entweichen von Salzsäure stattfindet.
Note. Auf die übrigen Bestandtheile, als Thonerde, Phosphorsäure und
organische Materien, die in höchst geringen Mengen im Mineral-
wasser vorhanden sind, wurde keine Rücksicht genommen. (Die
Salze selbst wurden als wasserfreie berechnet.)
Aus diesen Daten lässt sich die Analyse folgendermassen
berechnen:
1. Von den beim Kochen niedergefallenen Salzen hat man an-
zunehmen, dass sie als Carbonate vorhanden und durch freie Koh-
lensäure gelöst waren.
a) 1,4563 Kalk entsprechen 2,6005 kohlensaurem Kalke, wel-
cher enthält 1,1442 Kohlensäure.
b) 0^0277 Magnesia entsprechen 0,0571 kohlensaurer Magnesia.
welche enthält 0,0294 Kohlensäure.
c) O,O36O Eisenoxydul entsprechen 0,0585 kohlensaurem Eisen-
oxydul, welches enthält 0,0225 Kohlensäure.
2. Da die Totalmenge der Kohlensäure als auch die gebundene
Kohlensäure bekannt ist, so ergibt sich die Quantität der freien aus
der Differenz beider:
Totalmenge der Kohlensäure ..... 2,4OOO
Gebundene Kohlensäure an
a) Kalk . . . == 1,1442
b) Magnesia . . == 0,0294.
c) Eisenoxydul . = 0,0225
zusammen ...... 1,1961
bleibt freie Kohlensäure ..... . 1,2039

Analyse des Mineralwassers zu Mödling. 529
3. Die Schwefelsäure verbinden wir zuerst mit Kalk und
Magnesia, den Rest der Schwefelsäure aber mit Natron:
a) Im gekochten Wasser sind enthalten 0,2691 Kalk, dieser
bindet 0,3844 Schwefelsäure zu O,6S35 schwefelsaurem
Kalk.
b) Im gekochten Wasser sind enthalten 1,0468 Magnesia, diese
bindet 2,0222 Schwefelsäure zu 3,0687 schwefelsaurer Mag-
nesia.
c) Totalmenge der Schwefelsäure .... 2,7457
Davon sind gebunden an
Kalk ....== 0,3844
Magnesia ...=== 2,0222
zusammen ..... 2,4066
Rest ....... 0,3391
Dieser Rest bindet 0,2645 Natron zu 0,6036 schwefel-
saurem Natron.
4. Alles übrige Natron ist offenbar an Chlor gebunden.
Totalmenge des Natrons ........ 0,3255
Davon ist gebunden an
Schwefelsäure ....... 0,2645
Rest ...... O,O61O
Diesem Reste entsprechen O,O4S4 Natrium, welches 0,0692
Chlor zu 0,1146 Chlornatrium bindet.
Resultat der Analyse.
1O.OOO Theile des Wassers enthalten:
Kohlensauren Kalk ...=== 2,6005
Kohlensaures Eisenoxydul . == 0,0585
Kohlensaure Magnesia . . == 0^0294
Kieselerde ...... == 0,0940
Schwefelsaure Magnesia == 3,0687
Schwefelsaures Natron . . == 0,6036
Schwefelsauren Kalk . . == 0,6535
Chlornatrmm . . . . ===0,1146
Glühverlust ....== 0,8270
Summe . . == 8,0498
Sitzb. d. mathem.-.natunv. Cl, I. Bd. 34

g30 Haidinger.
. An freier Kohlensäure == 3-0,63 Par. Cub. Zoll. Diese wurde
an der Quelle bestimmt.
Berechnet man diese Resultate auf 16 Unzen des Mödlinger
Mineralwassers, so ergibt sich Folgendes;
Kohlensaurer Kalk ...=== 1,99718 Grane
Kohlensaures Eisenoxydul . === 0,04493
Kohlensaure Magnesia . . === O,O22S8
Kieselerde ......== 0,07219'
Schwefelsaurer Kalk ...=== O.SO189
Schwefelsaure Magnesia. . == 2,38676
Schwefelsaures Natron . . == O,463S6
Kochsalz .....=== O.O88O1
Summe der feuerfesten Bestandtheile == S,S471O Grane.
An freier Kohlensäure enthält es 1,8614 W. Cub. Zoll.
Das wirkl. Mitglied, Herr Regierungsrath P. Marian Koller,
gibt nach einem Schreiben des Astronomen P. Augustin Reslhuber
zu Kremsmünster einige vorläufige Nachrichten über das dort am
18. October gesehene sehr schöne Nordlicht und die während des-
selben an beiden Magnetometern bemerkten bedeutenden Störungen.
Herr Sternwarte-Director Reslhuber behält sich vor, über sämmt-
liche bei dieser Gelegenheit angestellten Beobachtungen einen aus-
fuhrlichen Bericht einzusenden.
Herr Bergrath Haidinger richtet an die Classe folgende
Worte:
Ich sehe mich im Interesse unserer Wissenschaft veranlasst,
noch einmal auf das Schreiben von Herrn v. Morlot, dessen ich
vorhin erwähnte, zurückzukommen. Eine weitere Stelle desselben
ist mir eine Mahnung, das s es jetzt an der Zeit sei, der hochverehr-
ten mathematisch-naturwissenschaftlichen Classe einen Antrag vor-
zulegen, und sie um günstige Aufnahme desselben zu bitten. Er
bezieht sich auf die Unterstützung von Arbeiten zu dem Zwecke, um
in unserem chemischen Laboratorium diejenigen Vorgänge nachzu-
ahmen, von welchen man annehmen darf, dass sie bei der Gebirgs-

Antrag bezüglich der Versuche von Morlot 531
Schichten-Bildung thätig gewesen sind, die man aber bis jetzt noch
nicht auf einem unmittelbaren Wege bewiesen hat, und wobei also
noch Manches als noch rein der Theorie angehörig betrachtet wird.
Theoretische Ansichten gingen dem ersten Versuch zur künstlichen
Darstellung des Dolomites voraus, den ich mit Wo hie r im Jahre
1843 begann. Herr v. Morlot war es, der den Versuch vor zwei
Jahren glänzend durchführte, aber nur noch in der Gestalt von Pul-
ver. Es handelt sich jetzt darum, nicht nur die chemische Substanz
hervorzubringen, sondern auch dem mechanischen Aggregatzustand
der eigenthümlichen Structur des Fels-Dolomites sich möglichst zu
nähern, mit seinen zahlreichen Drusenöffnungen, von kleinen Krystal-
len der Rhomboederform umgeben. Um dies hervorzubringen, müssen
Apparate ersonnen und ausgeführt werden, bei welchen die helfende
Hand der Akademie die Kraft der Vollendung geben würde. An den
einen Versuch würden sich so manche andere ungesucht anschlies-
sen, so dass man auf einen nicht unwichtigen Beitrag zur Vermeh-
rung unserer Kenntniss des Verhaltens der natürlichen Körper unter
Bedingungen, welchen sie noch nicht absichtlich ausgesetzt worden
sind, mit Sicherheit zählen konnte.
Am nächsten würden sie sich aber auf die Metamorphose der
Gebirgsschichten beziehen, jenen noch immer dunkeln Theil der
wissenschaftlichen Geologie, in welchem indessen es gerade jetzt an
der Zeit scheint an der Leuchte chemischer Wissenschaft die Pfade
aufzuhellen, auf welchen es möglich sein wird, tiefer in die Mannigfal-
tigkeit der Erscheinungen einzudringen, die aicbts desto weniger
nur immer Bestätigungen der ewig unwandelbaren Naturgesetze sein
können.
Ich bitte daher die hochverehrte Classe um freundliche Auf-
nahme und Genehmigung folgenden Antrages:
Die kaiserliche Akademie der Wissenschaften bewilligt die
Summe von 3OO fl. C. M. ihrem wirkliehen Mitglieds W. Hai-
dinger, zu Händen des Herrn v. Morlot, für chemische Ver-
suche zur Erläuterung- der Theorie der Bildung von Gebirgs-
gesteinen.
Die Classe erklärt ihre Geneigtheit, diesen Antrag bei der
Gesammtakadcmie zu unterstützen, drückt jedoch den Wunsch aus,
34 <t

g33 Kreil. Geogr. Längenbestimmung
über die beabsichtigten Versuche vorher nähere Andeutungen zu
erhalten. Herr Bergrath sagt zu, sich hier.wegenmit Herrn v. Morlot
in das Einvernehmen setzen zu wollen.
Über den von Herrn Prof. Schroffer ausgesprochenen
Wunsch während des Winters eine wissenschaftliche Reise nach
England unternehmen zu wollen, beschliesst die Classe sich bei der
Gesammtakademie um eine Unterstützung hiezu von 1OOO fl. C. M.
zu verwenden, welche in der Folge auch bewilliget wurde.
Sitzung vom 30. November 1848.
Von dem wirkl. Mitgl. Hrn. üniversitäts-Sternwarte-Director
Carl Kreil zu Prag, ist nachstehender Aufsatz eingegangen: Be-
stimmung einiger Längenunterschiede mittelst des
elektro-magnetischen Telegraphen.
Die Benützung der an den Staatseisenbahnen errichteten Tele-
graphen, um Längenunterschiede zu messen, wurde von Herrn B a um-
gart n er, Vicepräsidenten derkais. Akademie, in Anregung gebracht,
welcher mich auch aufforderte, diese Messungen anzustellen.
Ich entsprach um so lieber einer solchen Aufforderung, da eine
wiederholte Bestimmung dieses Elementes für unsere Sternwarte
selbst wünschenswerth war und ich hoffen durfte, auch auf meinen
Reisen an Orte zu kommen, wo ich dieses Verfahren, wenn es sich,
wie zu erwarten war, bewähren sollte, in Anwendung bringen könnte.
Ich wendete mich an Herrn Kunes, Assistenten an der Wiener
Sternwarte, dessen Eifer ich aus seinen Dienstleistungen an unserer
Anstalt kannte, mit dem Ersuchen, die Aufzeichnungen im Bahnhofe
zu Wien übernehmen zu wollen, wozu er sich auch sogleich bereit
erklärte.
Bei dem zu unserem Zwecke anzuwendenden Verfahren handelte
es sich vor allem darum, unter den mannigfaltigen Erscheinungen,
welche das Telegraphiren darbietet, jene auszuwählen, welche
einen hinlänglich starken und augenblicklichen Eindruck auf Gesicht
oder Gehör hervorbringen. Für den Beobachter, der den Zeitpunkt,

mittelst des elektro-magnetischen Telegraphen, g 33
in welchem die gegebenen Zeichen eintreten, anzumerken hat, war
unstreitig das Anschlagen des Hammers an die Glocke die günstigste
Erscheinung, weil hier beide Sinne sich vereinigen, die Wahrnehmun-
gen zu schärfen. Für den Zeichengeber, der bei einem bestimmten
Schlage seines Chronometers eine Erscheinung eintreten lassen soll,
war dies nicht der Fall, weil er dieses Anschlagen viel weniger in
seiner Gewalt hat, als die erste Bewegung des Magnetes durch An-
drücken der Tasten. Für ihn schien es daher zweckmässiger zu
sein, ein rasches Andrücken der Tasten für den Zeitpunkt des ge-
gebenen Zeichens zu wählen. "*
Hiebei war es nöthig zu untersuchen, ob der Zeitraum, der zwi-
schen dem Niederdrücken der Taste und dem Anfange der Bewegung
der Nadel verstreiche messbar sei oder nicht; denn da der Beobachter
nur aus dem Anfange der Bewegung seines Magnetes das Zeichen
erkennt, so würde er, auch wenn er diesen Anfang als Beobachtungs-
moment wählen wollte, alle Zeichen zu spät anmerken, wenn die Be-
wegung nicht gleichzeitig mit dem auf der Taste ausgeübten Drucke
eintritt. Mohrfache Versuche, die aber freilich so wie überall, wo es
sich um die Wahrnehmung des Anfanges einer Bewegung handelt,
einer sehr grossen Schärfe nichl; fähig sind, haben keinen Zeitunter-
schied zwischen dem Niederdrücken der Taste und dem Anfange der
Bewegung des Magnetes erkennen lassen, und wenn man auch noch
die durch so viele Versuche bestätigte Thatsache annimmt, dass die
Bewegung des Magnetes an beiden Orten, bei dem Zeichengeber und
dem Beobachter gleichzeitig eintritt, so folgt nothwendig, dass auch
das Niederdrücken der Taste vom Zeichengeber, und der Anfang der
Bewegung des Magnets beim Beobachter als gleichzeitige Ereig-
nisse angesellen werden können.
Hiermit wäre nun das Verfahren festgestellt, wenn der Beobach-
ter den Anfang der Bewegung des Magnetes als Beobachtungsmoment
annehmen wollte; wählt er aber den zweckmässigern, nämlich das
Anschlagen des Hammers an die Glocke, so muss noch eine zweite
vorläufige Bestimmung angestellt werden. Es ist nämlich zu unter-
suchen, wie viel Zeit der Magnet braucht, um aus dem Zustande der
Ruhe sich dahin zu bewegen, wo er an die Glocke anschlägt. Ich
habe diese Untersuchung mehrmal und unter verschiedenen Umstän-
den angestellt, nämlich mit ganz kurzen und sehr langen Drähten,
mit sehr starken und ganz schwachen Strömen, und immer den-

g g 4 K r eil. Geogr. Längenbestimmung
selben Zeitraum gefunden, so lange die Hemmung des Magnetes
nicht geändert wurde. Diese Hemmung erlaubt aber den erwähnten
Zeitraum willkührlich zu ändern, so dass man ihn, wenn man es
für vorth eilhaft halten sollte, einem beliebigen Bruchtheil oder einer
ganzen Sekunde gleich machen kann.
Nach diesen Vorbereitungen ist das zur Messung der Län-
genunterschiede angewendete Verfahren sehr einfach. Bedeutet
nämlich:
T die Zeit des Andrückens der Taste am Orte des Zeichen-
gebers ,
T1 die Zeit des Anschlagens des Hammers an die Glocke
am Orte des Beobachters,
J' die Dauer der Bewegung des Magnets beim Beobachter
zwischen dem Anfange derselben und dem Anschlagen an die
Glocke, so ist
r' —J'
die Zeit des Anfanges der Bewegung bei dem Beobachter, also auch
die Zeit des Andrückens der Taste vom Zeichengeber.
Haben nun beide diese Uhrzeiten angemerkt und vom Uhrfehler
corrigirt, so ist
T — J' — T
die gemessene Längen differenz.
Bei der Ausführung wurde stets eine Reihe von eilf Zeichen
gegeben, und vor dem ersten der Hammer durch Andrücken der
einen Taste einige Zeit hindurch an der einen Glocke gehalten.
Beim Eintritte einer vollen Minute n des Chronometers wurde diese
Taste ausgelassen und die entgegengesetzte rasch niedergedrückt,
nach zwölf Secunden liess man die zweite Taste aus und drückte die
erste nieder und so fort von zwölf zu zwölf Secunden, bis beim Ein-
tritte der vollen (n + 2)ten Minute die Zeichenreihe vollendet war.
Dann wurde das Verfahren so wiederholt, dass die Zeichen
an dem Orte, wo sie bisher beobachtet worden waren, nun gegeben
wurden. Ich hoffte durch diese Verwechslung der Verrichtungen
des Zeichengebers und des Beobachters den Einfluss der Personal-
gleichung zu vermindern.

mittelst des elektro-magnetischen Telegraphen. g§g
Bei jeder Bestimmung wurden auf diese Weise vier Zeichen-
reihen ausgeführt. Die Orte, an welchen bisher dieses Verfahren
in Anwendung gebracht wurde, sind Prag, Brunn und O l mutz.
Am ersten Orte wurden die Messungen an zwei Tagen am 17. und
24. April ausgeführt.
Überall wurden Chronometer verwendet, welche nach mitt-
leren Sonnenzeiten gingen. Vielleicht wäre es vortheilhaft, an dem
einen Orte ein solches, am anderen ein nach Stern- oder einer än-
dern imaginären Zeit gehendes Chronometer zu benützen, weil sich
dann unter einer längeren Reihe von Zeichen immer einige finden
werden, die genau mit dem Schlage des Chronometers zusammen-
treffen, daher die Abschätzung des Bruchtheiles dieser Schläge
überflüssig machen.
l. Längenuntersohiede zwischen Wien und Prag.
17. April 1848/
l. Die Zeichen wurden in Prag gegeben
von 4h23/4at;31 bis 4ll28'45':31 mittlerer Prager Zeit.
Diese Zeichen wurden in Wien zu folgenden mittleren Wiener
Zeiten beobachtet:
411 3r 36'00
47.90
32 0.10
11.90
^.00
36.00
48.00
33 0.10
12.00
2^.10
36.10
Mittel ==T'== 4 32 36.02
J' == 0.70
Mittel der Prager Zeiten - T == 4 ^ 45.31
LäD^enuDterschied == T - V - T - ^ &0';0l

g3ß K r ei l. Geogr. Langenbestimmung
2. Die Zeichen wurden in Wien gegeben
von 4h38/ 6^80 bis 4h4O/ 6" 50 mittlerer Wiener Zeit.
Diese Zeiten wurden in Prag zu folgenden mittleren Prager
Zeiten beobachtet, wobei auch schon das Intervall == J' = O'.'8O
in Rechnung gezogen ist.
^ 30' W.
88.50
^0.50
52.50
31 4.50
16.'70
28.70
40.50
52.70
3^ 4.50
16.50
Mittel T7 ^==4 31 16.57
Mittel der Wiener Zeiten == T ==4- 39 6.50
Längenunterseuied== 7 4:9.93
3. Die Zeichen wurden in Prag gegeben
von 4h36'45':29 bis 4h38/4S'.'29 mittlerer Prager Zeit.
Diese Zeichen wurden in Wien zu folgenden mittleren Wiener
Zeiten beobachtet:
^ W 35'80
47.90
59.90
45 11.90
23.80
35.80
47-80
59.80
^6 11.80
23.80
35.90
Mitteln T ==4 ^5 35.84
J'==: 0.70
T ===4 37 45.29
Längeniuiterschied === 7 49.85

mittelst des elektro-magnetischen Telegraphen. 537
4. Die Zeichen wurden in Wien gegeben
von 4h4r6"SO bis 4h49/6nSO.
Diese Zeichen wurden in Prag zu folgenden mittleren Prager
Zeiten (mit Einrechnung des Intervalles J') beobachtet:
^ 39' 16'.^8
28.48
40.48
02.48
40 4.48
16.48
28.48
40.48
52.48
41 4.48
16,40
r.T ===4 40 16.48
T==4 ^8 6.50
Läng-enunterschied=== 7 50.02
24. April 1848.
l. Die Zeichen wurden in Prag gegeben
von 2hl8/47'.'87 bis ä^T^rST.
Diese Zeichen wurden in Wien zu folgenden mittleren Wiener
Zeiten beobachtet:
^ 23' 38 «.'45
50.45
24 2.45
14.45
26.45
38.45
50.45
25 ^.45
14.^5
26.45
38.45
Mittel == T ==2 ^4 38.45
J'== 0.70
T ===2 16 ^7.87
Läog-enunterschied =?= 7 49.88

538 KreiL Geogr. Längenbestimmung
2. Die Zeichen wurden in Wien gegeben
von 2h26/19'.45 bis 2h28/ 19-45.
Diese Zeichen wurden in Prag zu folgenden mittleren Prager
Zeiten (mit Einrechnung des Intervalles J^ beobachtet:
^ W 29'.W
41.87
03.87
19 5.87
17.87
29.87
U.87
53.87
20 5.87
17.87
29.87
Mittel = T'— J^ 2 19 29.87
T ===2 26 19.45
Läng-endifferenz ==3 7 49.58
3. Die Zeichen wurden in Prag gegeben
von 2h22'47':8'7 bis 2h24/47'.'87 mittlerer Prager Zeit.
Diese Zeichen wurden in Wien zu folgenden mittleren Wiener
Zeiten beobachtet:
211 30' 38"45
50.45
31 2.45
1^.55
26.46
38 Ä5
50.45
32 2.45
1^.45
26.45
38.35
Mittel ==T'== 2 31 38.45
J'^ 0.70
T ==2 23 ^7.87

mittelst des elektro-roagnetischen Telegraphen. 539
4. Die Zeichen wurden in Wien gegeben
von 2h33/19':45 bis 2h3S/19:'45 mittlerer Wiener Zeit.
Diese Zeichen wurden in Prag zu folgenden mittleren Prager
Zeiten (mit Einrechnung des Intervall es J') beobachtet:
211 25' 29': 87
^1.87
53.87
26 5.87
17.87
29.87
41.87
53.87
27 5.87
17.87
29.87
Mittel === T7 == 2 26 29.87
T ==8 34 19.45
Längenunlerschied==s 7 49.58
Man heil demnach folgende Ergebnisse:
Langen- Unterschied mit
unterschied dem Mittel
Aus den Beobachtungen dos 17. April l. ==a 7' 60'! 01 O';17
2. ===7 49.93 0.09
3. ==7 49.85 0.01
.4.==7 50.02 0.18
Aus den Beobachtungen des 2^. April l. ===> 7 49.88 0.04
2. ===7 49.58 0.^6
3. ==7 49.88 0.04
^==•7 49.58 0.26
Mittel ==7 49.8U
Wahrscheinlicher Fehler einer Bestimmung' == 0'.'116
des Mittels === 0.044
Dieses Ergebniss gibt, wenn man den Längenunterschied
zwischen Wien und Paris zu
S6' 1O"4 annimmt,
den Längenunterschied zwischen Paris und Prag 48 2O'.'S6
Zur Vergleichung mögen einige der früheren Bestimmungen,
nämlich die aus Sternbedeckungen und geodätischen Vermessungen
hergeleiteten, welche Methoden nächst der telegraphischen das
meiste Zutrauen verdienen, hier einen Platz finden,

540
K r eil. Geogr. Längenbestimmung
L Längenunterschied zwischen Paris und Prag.
2.
48 20.36
Lamh. Mayer
99
3.
3.
48 20.3
Richter . .
99
3.
4.
4:8 19.5
David , * .
99
3.
5.
^8 20.9
Wurm . . ,
99
3.
6.
48 80.7
Warm. . .
99
3.
7.
48 20.55
Heiligenstein
99
4.
Mittel
48 20.33



Tele^r. Bestimm
.^8 20.56



Unterschied
0.23




. 6^
HOGeod.Vermes.
99 150
221 Sternbedeck.
n 263
.77
II. Längemmterschied zwischen Wien und Brunn.
Am 6. Mai 1848.
l. Die Zeichen wurden in Brunn gegeben
von SMI^'.'ll bis SMS^'ll mittlerer Brünner Zeit.
Diese Zeichen wurden in Wien zu folgenden mittleren Zeiten
beobachtet:
11' 1:87
311 11' l"87
13.87
25.77
3'7.67
49.67
12 1.67
13.87
25.67
37.77
49.67
13 1.67
Mittel === T' == 3 12 1.^
,['== 0.70
T==3 12 58.11

Längenuntersolued s
0 57.07

mittelst des elektro-magne tischen Telegraphen. 541
2. Die Zeichen wurden in Wien gegeben
von SMS^W bis SMS^.W mittlerer Wiener Zeit.
Diese Zeichen wurden in Brunn zu folgenden mittleren Zeiten
beobachtet:
311 14' 52': 11
15 4.91
16.51
28.51
40.51
52.51
16 4,91
16.71
28.91
^0.91
62.'71
Mittel == T' == 3 15 52.66
J' === 0.50
T ==3 1^ 54.87
Längenuntcrschied === O 67.29
3. Die Zeichen wurden in Brunn gegeben
von 3hl9'o8"ll bis 3h21/S8':ll mittlerer Brünner Zeit.
Diese Zeichen wurden in Wien zu folgenden mittleren Zeiten
beobachtet:
^ 19' l" 87
13.87
25.77
37.67
49.77
20 l.T?
13.87
25.T7
37.77
^9.67
21 1.87
Mittel == T' === 3 20 1.79
J' === 0.70
T ===3 20 58.11
Längenanterschied == 0 57.0^

342 Kreil. Geogr. Längenbestimmung
4. Die Zeichen wurden in Wien gegeben
von 3h31/ S4'.'87 bis 31123'54/87 mittlerer Wiener Zeit.
Diese Zeichen wurden in Brunn zu folgenden mittleren Brünner
Zeiten beobachtet:
311 22' 52'; 11
23 ^.91
16.51
28.91
40.61
52.71
24k 4.91
16.91
28.71
40.51
52.71
Mittel == T7 === 3 23 52.67
r == 0.50
T ==3 22 0^.87
Längenunterschied == O 57.30
Man hat demnach folgende Ergebnisse :
Unterschiede mit
den Mitteln
1. Längenimterschied == 0' 67.'07 O'.'IO
2. == 57.29 0.12
3. === 57.02 0.15
^. == 57.30 0.13
Mittel = 0 57.170
Wahrscheinlicher Fehler einer Bestimmung === O'; 098
» des Mittels = 0.049
Nimmt man den Längenunterschied
zwischen Wien und FerroimBogen = 34° 2' 36'.'O an, und den
Brunn und Wien == 14 17.5, so liegt
Brunn Östlich von Ferro . . . == 34 16 53.5.
Diese Bestimmung gilt für den Ort, wo die Sonnenhöhen zur
Zeitbestimmung gemessen wurden, nämlich für das Gasthaus zum
schwarzen Adler in der gleichnamigen Gasse.
Der ührfehler wurde aus zwei corre&pondirenden Höhen der
Sonne gefunden, welche den
Fehler am 4. Mai Mittags === + 77 51 "37
6. Mai um Mitternacht == + 3 6.20 gaben.

mittelst des elelttro-magnetischen Telegraphen. 543
III. Längenunterschied zwischen Wien und Olmütz.
am 9. Mai 1848.
l. Die Zeichen wurden in O l mutz gegeben
von SMI' 55':7O bis BM^^O mittlerer Olmützer Zeit.
Diese Zeichen wurden in Wien zu folgenden mittleren Wiener
Zeiten beobachtet:
3' 8' 28"13
40.13
52.13
9 4.23
16.03
28.13
40.13
52.23
10 ^.23
16.03
28.03
Mittel ==; T'===3 9 &8.13
J' c== 0.80
T =3 12 55.70
Längenunterschied == 3 28.37
2. Die Zeichen wurden in Wien gegeben
von 3111O' SS'QS bis SM^ S3';63 mittlerer Wiener Zeit.
Diese Zeichen wurden in Olmütz zu folgenden mittleren
Olmützer Zeiten beobachtet:
311 W 22'60
34.50
46.50
58.50
15 10.50
22.50
3^.50
46.50
58.50
10.50
22.50
Mitteln T'===3 15 22.50
J' === 0.90
T ===3 11 53.63
Längenunterschie-d c=: 3 27.97

g 44 K r ei l. Geogr. Längenbestimmung
3. Die Zeichen wurden in O Im ü t z gegeben
von 3M8'SS';7OJbis S^O'SS'.'TO mittlerer Olmützer Zeit.
Diese Zeichen wurden in Wien zu folgenden mittleren Wiener
Zeiten beobachtet:
^ 15' 28': 13
40.13
52.13
16 4.13
16.23
28.23
40.23
52.13
17 4.13
16.13
28.13
Mittel == T' = 3 16 28.17
J' = 0.80
T =3 19 55.70
Längenunterschied == 3 S8.33
4. Die Zeichen wurden in Wien gegeben
von SMrSS'.'ea bis y W 53'.'63 mittlerer Wiener Zeit.
Diese Zeichen wurden in Olmütz zu folgenden mittleren Olmützer
Zeiten beobachtet:
311 2l7 22': 50
34.50
^6.50
58.50
28 10.50
22.60
34.50
46.50
58.50
23 10.50
S2.50
Mittel == T = 3 22 22.50
J' = 0.90
T ==3 18 53.63
Längenunterschied == 3 27.97

mittelst des electro-magnetischen Telegraphen. 545
Man hat demnach folgende Ergebnisse: unterschiede mit
den Mitteln.
l. Längenunterschied == 3/ 28'.'37 0"21
^ ===3 27.97 0.19
3. ==3 28.33 0.17
^ =3 27.97 0.19
Mittel == 3 28.16
Wahrscheinlicher Fehler einer Bestimmung' == O'/148
des Mittels == 0.074
Mit dem Längenunterschiede
zwischen Wien und Ferro === 34° V 36'/O
und dem zwischen Olmütz und Wien == S2 2.4
findet man den zwischen Olmütz und Ferro == 34 S4 38.4
Der ührfehler wurde iß Olmütz durch Vergleichung des Chro-
nometers mit; der Sternuhr bestimmt, welche beim Meridiankreise
der dortigen auf dem Seminar-Gebäude befindlichen Privatsternwarte
des Herrn Baron Unkrechtsberg aufgestellt ist, der auch die
Güte hatte, aus den an diesem Instrumente beobachteten Stern-
durchgängen den Uhrfehler zu berechnen.
Es fand sich:
am 7.410 Mai der ührfehler == + 1O' ^O';21
8.466 - + 10 S4.57
9.410 „^ == + 10 S6.5T.
Für diesen Punkt gilt daher auch die Längenbestimmung.
Der blosse Anblick der Ergebnisse zeigt, dass man in den meisten
Fällen etwas verschiedene Zahlen erlangt, je nachdem die Zeichen
von dem einen oder dem ändern Orte aus gegeben wurden, und
wenn gleich diese Unterschiede nicht ausserhalh der Grenzen ge-
wöhnlicher Beobachtungsfehler liegen, so zeigen sie doch eine Regel-
mässigkeit, die auf eine andere Fehlerquelle schliessen lässt. Eine
solche könnte man in der Personalgleichung vermuthen; aber bei
den zahlreichen und mannigfachen Beobachtungen, die Herr Kunes
während seiner Anwesenheit in Prag ausführte, und die, verglichen
mit den meinen, keine Spur davon verriethen, kann eine solche
nicht gut angenommen werden. Lieber würde ich glauben, dass eine
Verschiedenheit in dem einen oder ändern Handgriffe des Verfahrens,
worüber wir uns nur brieflich verständigen konnten, daran Schuld
sei. Ein Theil dieses Unterschiedes kann auch auf Rechnung des
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. I. Bd. 3S

S46 Burg. Über die
Intervalles (J^) kommen, wenn selbes entweder nicht mit gehöriger
Schärfe bestimmt wurde oder sich als veränderlich erwiese.
Ausser dieser Fehlerquelle besteht noch eine zweite in der
Unsicherheit der Zeitbestimmung, und diese scheint auf die zwischen
Prag und Wien gemachten Messungen einigen Einfluss geäussert zu
haben, denn das Mittel der Ergebnisse
des ersten Tages ist === 7' 49^95
des zweiten Tages ist =7 49.73
Unterschied . . 0.22
eine Verschiedenheit, welche 'selbst auf besser bestellten Stern-
warten, wie die Prager ist, noch verzeihlich wäre, um so mehr, da
sie nur für den halben Betrag verantwortlich gemacht werden kann.
Da die aufgeführten Mängel nicht der Methode selbst ange-
rechnet werden dürfen, sondern höchst wahrscheinlich ausserhalb
derselben ihren Grund haben, so glaube ich, dass keiner der früher
betretenen Wege den Langenunterschied zu bestimmen weder an
Einfachheit noch Sicherheit sich mit diesem vergleichen könne.
Herr Regierungsrath, Prof. Adam Burg, wirkliches Mitglied,
liest folgende Mittheilung:
Über die am 27. Juli L J. auf der Kaiser Ferdi-
nands Nordbahn Statt gefundene Explosion der Loco-
motive „Jason/"
Eine der merkwürdigsten und heftigsten Locomotivkessel-Ex-
plosionen, welche vielleicht bis jetzt noch aufdcmConünente vorge-
kommen, fand am 27. Juli d. J. auf der Kaiser Ferdinands Nordbahn,
während der Fahrt von H u Hei n nach Napagedl bei der Loco-
motive „Jason" Statt, nachdem dieselbe die zuerst genannte Station,
in welcher sie Holz und Wasser eingenommen, mit einem Lasten-
zuge von beiläufig 45OO Centner Bruttolast ungefähr eine halbe Stunde
vorher verlassen hatte.
Diese Kessel-Explosion, wobei, leider! vier Menschen das Leben
verloren, indem drei davon, nämlich der Locomotivführer und die
beiden Heizer augenblicklich todt blieben, der Tenderwächter aber

Explosion der Locomotive „Jason". g 47
schon nach einigen Stunden darauf in Folge der erhaltenen Ver-
letzungen verschied, war keine bloss partielle, sondern eine totale
und fand mit einer solchen Heftigkeit Statt, dass selbst einige der
schwersten Stücke der Maschine 60 bis 70 Klafter weit fortgeschleu-
dert, die beiden Treibräderrechts und links über die dort befindliche
Aufdämmung hinabgeworfen und die Bahn selbst auf zwei Schienen-
längen zerstört wurde; dabei flog das eine dieser S Fuss hohen und
bei 10 Centner schweren Treibräder sammt der 6 zölligen circa 4
Centner schweren Achse IS Klafter weit nach rückwärts links,
während das andere von der Achse abgezogen und rechts wegge-
schleudert wurde.
Der cylindrische Theil des Kessels war in 4 Stücke zerrissen
und nach entgegengesetzter Richtung aufgerollt, wodurch die innere
Fläche theilweise nach auswärts gekehrt wurde, dasselbe geschah
mit der eisernen Hülle des kupfernen Feuerkastens. Dieser aus %
Zoll dicken Kupfcrplatten zusammengenietete Feuerkasten wurde von
3 Seiten aufgerissen, die Decke desselben ungeachtet der beinahe
3 Zoll hohen, nahe an einander liegenden 7 eisernen Schliessen
bedeutend cingebogen, die den Bleinagel enthaltende Schraube aus
dem Gcwindo herausgerissen, die Röhrenwand abgebrochen und
theilwcisc aufgerollt, die Kolbenstangen abgerissen und endlich der
Dom oder die Kuppel mit dem einen Sicherheitsventil von dem Kessel
abgetrennt und weit weggeschleudert.
Diese in ihren Wirkungen so furchtbare Explosion, in Folge
welcher, aussor den angeführten Zerstörungen, der Tender in dea
BahngTaben geworfen und von den 41 angehängt gewesenen Last-
wagen 16 zertrümmert und der 17. stark beschädigt wurde, fand im
Augenblicke des Nachheizens Statt, indem man noch ein Scheit Holz
in der Hcizöffnung eingeklemmt fand, und war von einem so starken
Knalle begleitet, dass dieser, mehreren Aussagen zu Folge, stunden-
weit gehört worden sein soll.
Ist diese Angabe auch vielleicht nicht buchstäblich zu nehmen,
so ist doch so viel constatirt, dass ein Bahnwächter, dessen Station
genau um 22OO Klafter (also über % Meile) von der ünglücksstelle
entfernt war, noch eine sehr heftige Detonation gehört hatte.
Die messingenen Feuerröhren waren nicht geschmolzen, sollen
jedoch sammt dem kupfernen Feuerkasten eine röthlich blaue Farbe
gezeigt haben, so als ob im Augenblicke der Explosion in allen Theilea
35»

548 Burg. Über die
des Kessels eine bedeutend hohe Temperatur gleichförmig Statt ge-
funden hätte. Nach einer anderen Aussage eines zweiten Sachver-
ständigen soll die Decke des Feuerkastens unmittelbar nach dieser
furchtbaren Katastrophe die Farbe des Ausglühens gezeigt haben.
Ein Bahnwächter sagt aus, dass die Pumpen noch kurz vorher
gespielt haben, indem er die aus den betreffenden Probierhälmen
ausspringenden Wasserstrahlen wahrgenommen habe. Ein zweiter
Bahnwächter bemerkte ein starkes Ablassen des Dampfes, wenigstens
aus dem einen Sicherheitsventil, und ein in einem rüc^värtigen Wagen
gesessener Packer hörte ein starkes Brausen an der Maschine vor der
Explosion. Endlich bemerkte noch ein dritter Bahnwächter, dass sich
der Locomotivführer etwa noch Va Minute vor diesem traurigen Ereig-
nisse auf der Plattform durch längere Zeit in einer gebückten Stellung
befand und wahrscheinlich an der Maschine etwas untersuchte.
Die Maschine selbst kam aus der k. k. pr. Wiener Neustädter
Maschinenfabrick des Herrn Günthner, wobei der aus sieyrischen,
in dem k. k. Neuberger Gewerke erzeugten Blechen hergestellte
cylindrische Kessel am 20. März 1846, nach Vollendung der Maschine,
unter günstigem Erfolge mit einem Drucke von 10 Atmosphären über
den Luftdruck commissionell probirt worden war.
Da die normale Dampfspannung bei dieser Maschine 6^ Pfund auf
den Quadratzoll oder nahe 5 Atmosphären über den Luftdruck oder
6 Atmosphären absolute Spannung betrug, so fällt sogleich, ohne
noch in eine nähere Discussion einzugehen', so viel in die Augen,
dass diese Explosion durch einen Druck oder eine Expansivkraft des
Dampfes erzeugt worden sein musstc , welche weit über diese Nor-
malspannung von ö Atmosphären hinausfällt. Denn wenn man auch
von dem Umstände, dass dieser Druck in gar keinem Verhältnissemit
den verheerenden Wirkungen der Statt gefundenen Explosion steht,
vor der Hand ganz absieht; so zeigt schon die Art und Weise, wie
der Kessel gerissen und zertrümmert wurde, von dem ausserordcnfc-
lichen Widerstande, welchen derselbe nach allen Seiten hin gelei-
stet hatte; und wenn die Bruchstellen der Eisenbleche auch hin und
wieder ein blätteriges Gefüge zeigen, was auf eine tlieilweise unvoll-
kommene Schweissung der einzelnen Lamellen schliessen Hesse, so ist
dennoch die sehnige und faserige Textur dieses trefflichen steyerisciien
Eisens nicht zu verkennen und die gute Beschaffenheit dieser Kessel-
bleche ausser allem Zweifel.

Explosion der Locomotive „Jason". 549
Fragt man nun um die wahrscheinliche Ursache dieser so
heftigen Exploston, sucht man herauszubringen, wie und auf welche
Weise der Dampfdruck so ausserordentlich über sein. normales Mass
konnte gesteigert worden sein; so muss man, leider! gestehen,
dass sich auch hier wieder, wie bei allen solchen Ereignissen, wobei
diejenigen, welche allenfalls einen näheren Aufschluss darüber geben
könnten , dabei mit zu Grunde gehen, nur Vermuthungen aus-
sprechen lassen, wofür es keine positiven Beweise gibt. In dem
vorliegenden Falle bleibt daher nichts anderes übrig, als Hypo-
thesen aufzustellen und mit Berücksichtigung aller authentischen
Aussagen und beglaubigten Umstände auf wissenschaftlichem Wege
zu untersuchen, welche davon die grossere Wahrscheinlichkeit för
sich habe.
Ich will nun im Nachstehenden versuchen, zwei Hypothesen
aufzustellen und hinsichtlich ihrer grössern oder geringern Wahr-
scheinlichkeit mit einander zu vergleichen.
Die erste Hypothese besteht in der Annahme, dass sich im
Kessel Knallgas gebildet und entweder durch einen elektrischen
Funken oder an einem glülienden Bestandtheile des Kessels entzündet
linke; die zweite Hypothese dagegen darin, dass das Wasser mit
einem Thoile des glühend gewordenen Kessels in Berührung ge-
kommen lind sich dadurch plötzlich eine solche Quantität von sehr
hoch gespannten Dämpfen entwickelt habe, dass lediglich dadurch
diese Kcsselcxplosion bewirkt wurde.
Wie man sieht, so gründen sich beide diese Hypothesen auf die
Voraussetzung, dass ein Tkeil der Kesselfläche oder der Feuerröhre
vor der Explosion glühend geworden sei, weil nur dadurch überhaupt
die zur Bildung von Knallgas nothwendige Wasserzersetzung möglich,
wenn auch desshalb noch nicht walirscheinlich war.
Damit aber dieser anomale und für jeden Dampfkessel so höchst
gefährliche Zustand eintreten kann, muss entweder der Wasserstand
im Kessel unter die Feuerlinie herabsinken, oder es muss sich bei
hinlänglichem Wasservorrathe ein Theil der Kesselwand mit einer
Schidite von sogenanntem Wasser- oder Kesselsteine dergestalt
belegt oder incrustirt haben, dass das anliegende Wasser die Metall-
flache nicht mehr gehörig abkühlen und gegen das Glühendwerden
schützen kann; ausserdem muss, nachdem dieses eingetreten, diese
steinartige Kruste aus irgend einer Veranlassung abspringen, und

ggO Burg. Über die
dadurch die Berührung des Wassers mit der glühenden Metallfläche
herbeigeführt werden.
Untersucht man diese beiden Fälle in der vorliegenden Frage
genauer, so spricht für den ersten Fall des zu niedern Wasserstandes
der Umstand, dass der obere Hahn des Wasserstandglases, welcher
die Communication der Glasröhre mit dem Dampfraume des Kessels
herstellt, im geschlossenen Zustande aufgefunden wurde; was der
VermuthungRaum geben kann, dass, wenn dieser Hahn nicht etwa erst
durch die Wirkung der Kessel-Explosionoder durch jenes Individuum,
welches denselben im freien Felde aufgefunden, geschlossen worden
war, das Glasrohr einen unrichtigen, nämlich einen zu hohen Wasser-
stand im Kessel anzeigen musste, indem dasselbe, wenn auch noch so
wenig Wasser vorhanden gewesen, bei diesem Umstande immer gefüllt
sein konnte. Hat nun der Locomolivführer später, nachdem das Wasser
schon so tief gesunken und der obere Theil des Kessels bereits glü-
hend geworden war, dessen erstcren Umstand durch die betreffendon
Probier- oder Wasserstandshähne entdeckt und darauf die Wasser-
pumpen um so kräftiger spielen lassen, wie dies auch in der That nach
der erwähnten Aussage des einen Bahnwächters wirklich der Fall ge-
wesen zu sein scheint, so musste wohl oline Zweifel auch die gedachte
Berührung des Wassers mit der glühenden Kcsselwand oder den
oberen Feuerröhren, die durch die Schwankungen der Maschine und
des Wassers im Kessel noch begünstigt wurde, sehr bald eintröten.
Gegen diese Vermuthung eines zu tiefen Wasserstandes spricht
nur die Aussage des Tcnderwächters, welcher kurz vor seinem Tode
angab, dass Wasser genug im Kessel gewesen sei, was jedoch durch
Nichts erwiesen ist und vielleicht ebenfalls nur aus der Anschauung
des unter den als möglich angenommenen Umständen ganz unver-
lässlichen Wasserstandglases gefolgert worden sein kann. Allerdings
lässt sich noch einwenden, dass erstlich nicht erwiesen ist, dass der
erwähnte obere Hahn wirklich vor der Explosion geschlossen, und
wenn dies auch der Fall war, desswegen nicht auch nothwcndig
schon der Wasserstand zu niedrig gewesen sein musste.
Für den zweiten Fall, nämlich der Inkrustirung des Kessels,
spricht der Umstand, dass diese Maschine einige Monate früher,
bevor sie nach Prerau in Dienst kam, auf einer anderen Strecke in
Verwendung stand, aufweicher das Wasser viele Salztheile enthält
und nicht unbedeutenden Wasser- oder Kesselstein absetzt.

Explosion der Locomotive „Jason'*. 5^1
Gegen diese Annahme wird angefuhrt, dass diese Maschine
noch Ende April, bevor sie nach Prerau als Reserve geschickt wurde,
genau untersucht und gereinigt worden war.
Indess scheint gleichwohl diese letztere Annahme der statt-
gehabten Inkrustirung, wenigstens des oberen Theiles des Feuer-
kastens, nicht ganz unwahrscheinlich zu sein, weil, wie bereits
erwähnt, die Decke dieses kupfernen Feuerkastens die Farbe des
Ausglühens besass, und sonach die damit verbundenen eisernen
Schliessen ebenfalls geglüht haben mussten, während dagegen die
sämmtlichen Röhren, also auch die untersten, welche dochfwenn man
nicht annehmen will, dass beinahe gar kein Wasser mehr im cylin-
drischcn Tlieile des Kessels enthalten war) gewiss noch von Wasser
umgeben gewesen sein mussten, durchaus dieselbe röthlichblaue,
von einer höheren Temperatur zeigende Farbe besassen.
Da nach mehreren Aussagen das Speisewasser in Prerau, so
wie auf der ganzen Strecke, auf welcher das traurige Ereigniss
stattfand, die Eigenschaft besitzen soll, den im Kessel noch befind-
lichen Wasserstein allmählich abzulösen; so lässt es sich recht gut
denken, dass im Augenblicke des Nachfeuerns, durch die dabei vor-
kommenden Stösse, eine solche Schichte von der Decke des Feuer-
kaslens ("oder auch an einer anderen Stelle desselben) absprang und
dadurch, wenigstens für die zweite Hypothese, alle Bedingungen, wie
bei dem bekannten Lcidenfrosfschen Phänomen, zur KesseI-Explo-
sion vorhanden waren. Will man, wie noch so oft geschieht, diese
Kessel-Explosion der Bildung und Entzündung von Knallgas zuschrei-
ben, so isst man nicht nur genöihigt, anzunehmen, dass sich im Kessel
atmosphärische Luft befand, was allerdings möglich ist, indem fast
jedes Wasst^ Luft enthält, die im Kessel frei werden kann, und
selbst diePumpen unter gewissen Umständen Luft ziehenkönnen; son-
dern man muss, was nicht ganz unmöglich, doch höchst unwahrschein-
lich und gegen alle praktischen Erfahrungen ist, zugeben, dass die
ganz unreinen, mit Wasserstein belegten massiven, eisernen Trag-
stangen wirklich im Stande sind, eine Wasserzersetzung zu bewir-
ken, welche bei chemischen Experimenten nur mit dünnen und ganz
reinen oder b^nken Eisendräthen gelingt.
Aber auch angenommen, jedoch nicht zugegeben, dass sieh
wirklich Knallgas gebildet habe, so dürfte die Entzündung desselben
unter den vorwaltenden Umständen äusserst schwierig, ja vollends

SS2
Burg. Über die
durch einen elektrischen Funken ganz unmöglich sein, so dass ich daher,
vom wissenschaftlichen Standpunkte aus, geneigt bin, diese erste
Hypothese als vollkommen unhaltbar und verwerflich zu erklären.
Zur Begründung der zweiten Hypothese dagegen darf nur noch
die Möglichkeit einer momentanen Dampfspannung, welche weit über
»die normale oder gesetzmässige hinausfällt, nachgewiesen werden.
Um dieses zu thun und die Rechnung für alle solchen Fälle
gleich ganz allgemein zu führen, sei
der Durchmesser des cylindrischen Kessels . === D
dessen Länge, zugleich jene der Feuerröhren . == L
der Durchmesser dieser Röhren .....== d
ihre Anzahl ...........==$
die Dicke der Kesselbleche (aus Eisen) ...==§
die Dicke der Feuerröhren (aus Messing) . . === ^
die Dicke des Feuerkastens (aus Kupfer) . . == S11
die Feuerfläche des Feuerkastens .....== f
die Feuerfläche der Feuerröhren .....== f1
die gesammte Feuerfläche . . . . . / +/*'== P
jener Theil dieser Fläche, welcher als glühend
geworden angesehen werden kann . . . ===. F
die Temperatur dieser glühenden Fläche . . == T° C.
die normale Spannung des gesättigten Dampfes
im Kessel ........... = n Atmosph.
die entsprechende Temperatur ......== C.
die Spannung des durch die Berührung des
Wassers mit der glühenden Metallfläche er-
zeugten Dampfes .........== N Atmosph.
die zugehörige Temperatur .......== T0
das Gewicht des Feuerkastens ...... === g
das Gewicht der Feuerröhren ......== g'
Gesammtgewicht der directen und indirecten
Feuerfläche ........ g + g1 == G
Gewicht der glühend gewordenen Feuerfläche . == ^ G
Gewicht des Wassers im Kessel und Feuerkasten
Gewicht des Dampfes
Volumen des Wassers im Feuerkasten bei nor-
malem Wasserstande ....
G
i
m
Q
Q'

Explosion der Locomotive „Jason". 553
Volumen des Wassers im cylindrischen Kessel == ü'
das Gesammtvolumen . . . . . v + v' === V
endlich das Volumen des vorhandenen Dampfes === V7
Dies vorausgesetzt, ist der kubische Inhalt des cylindrischen
Kessels ===TT D2 L, so wie jener der Feuerröhren == i- n s d^L
mithin, wenn, wie es bei normaler Füllung der Fall, die Höhe des
3
Wasserstandes -— des Kesseldurchmessers beträgt, das Volumen
des im Kessel enthaltenen Wassers
^===4" ^KD^L^7tsd^L=--^7tL(3 D^—sä2}
also das gesammte Volumen des im Kessel und Feuerkasten enthal-
tenen Wassers:
V^v-^-^^L^D^—sd^} ... (l)
so wie das Gewicht desselben, da hier durchaus der Wiener FUSS
und das Wiener Pfund als Einheiten zu Grunde gelegt werden:
Q - S6 ^- V ........ (2)
Für das Gewicht des Dampfes vom Volumen V\ der Spannung
von n Atmosphären und der Temperatur von t°C. hat man das spe-
cifische Gewicht desselben gegen atmosphärische Luft == 0.6235,
und das Gewicht von l Kubikfuss Luft bei 0° und dem Barometer-
stande von 0.76 Meter == 0.0733 Pfund gesetzt :
O.623SXO.O733
Q _ n, _^^^.^_ v . . . (3)
Nimmt man für die speciflsche Wärme des Eisens, Messings
und Kupfers die Mittelzahl O" 11, so enthalten die — G Pfunde
1 m
überhitzter oder glühender Metallmasse von der Temperatur T° eine
Anzalil von Wärme-Einheiten, welche sich aus dem Ausdrucke
E==O.ll x-^-ffxT ... (4)
bestimmen lässt.
' Um I.Pfund Wasser von der im Kessel herrschenden Tempe-
ratur von t0 in Dampf zu verwandeln, sind 6SO—t Wärme-Ein-
heiten erforderlich. Werden daher der überhitzten Metallmasse e

554 Burg. Über die
Wärme-Einheiten entzogen, wodurch dieselbe noch E—e solcher
Einheiten und damit die Temperatur
^-_^L^-.. . . (8)
0.11 x-1- G
m
behält; so können diese sofort
^^^-•••••^
Pfund Wasser von dieser Temperatur t in Dampf von beliebiger
Spannung verwandeln.
Da nun der diesem Gewichte entsprechende Dampf sammt dem
bereits vorhandenen vom Gewichte Q', in dem Räume V7 einge-
schlossen ist (indem man bei dieser ohnehin nur approximativen
Rechnung von der dabei entstehenden geringen Verminderung des
Wasser- oder Vermehrung des Dampfraumes absehen kann), so wiegt
l Kubikfuss solchen Dampfes
^ ^ ff ^
P -y,' - CO
Pfunde, und diesem entspricht, der obigen Annahme zufolge, die
Spannkraft von N Atmosphären und die Temperatur von T10 C.
Der Zusammenhang zwischen dem Drucke P auf den Quadrat-
fuss und der Temperatur T des Dampfes kann annähernd durch die
Formel
P== 184S (0.2847 + 0.007153^)5 . (8)
so wie das Gewicht p eines Kubikfuss Dampfes von derselben Tem-
peratur T durch jene
p == a + ß P . . . . . . (9)
ausgedrückt werden, wobei a === O.OO8O484 und ß == 9.OOOO1494
zu setzen ist.
Nach erfolgter Explosion tritt eine spontane Dampfentwickelung
aus dem noch vorhandenen erhitzten Wasser ein, dessen Spannung
l Atmosphäre und Temperatur 100° beträgt, wobei auch das noch
zurückbleibende Wasser bis auf diesen Temperatursgrad abgekühlt
wird. Das Gewicht dieses Dampfes beträgt sonach
rt_lOO) CQ^-G11)
(10)...?.=^————^———^ Pfund

Explosion der Locomotive „Jason". 555
oder, da Dampf von dieser Spann- oder Expansivkraft einen 17OO
Mal grosseren Raum als das Wasser einnimmt, woraus er gebildet
wurde, das Volumen von
(11) . . . . V^ === 17OO . -p Kubikfuss.
ö6.ö
Geht man nun zur speciellen Anwendung dieser Formeln auf
den vorliegenden Fall über, so hat man nach den hierüber mitgetheil-
ten Daten:
D ==3- L == 10- d^ -^== .03125,^^ .01042
& & b
(T == .056 Fuss, / == 55.7, f == 686.87, F -= 742.ST Qua-
dratfuss, g == 13OO, g' == 3250, G === 4550 und das Gewidit der
7 mit der Decke des Feuerkastens verbundenen eisernen Schliessen
oder Querriegel (Tragstangen) === 350 Pfund, so wies == 125.
Ferner ist, wegen v === 10, nach der Formel (l), das ge-
sammte Wasservolumen im Kessel V === 57 Kubikfuss, und nach der
Formel (2) das Gewicht desselben Q == 3220 Pfund (wobei man
hier überall nur bis Einheiten zu gehen nöthig hat).
Ferner ist das Dampfvolumen V == 35 Kubikfuss, und dessen
Gewicht nach Formel (3), wegen n === 6, und t === 160, nahe
Q' -= 6 Pfund (genauer == 6.OS29 Pfund).
Setzt man nun, wobei selbst noch die mit hartem Loth gelöthe-
ten Messingrühren ohne zu schmelzen bestehen können, T=== 1OOO°C.,
was der Temperatur des hellen Kirschrothglühens entspricht, und
nimmt man , um gleich mehrere Werthe zur Vergleichung zu erhal-
ten, m === 10;, 20 und 50, so erhält man nach der Formel (4) be-
ziehungsweise und in runden Zahlen:
E = 5OOOO, 25OOO und 1OOOO
(genauer 5OOSO, 2SO25, 1OO1O), so wie aus der Formel (5),
wenn man) da es sich, wie gesagt, hier nur um Näherungswerthe han-
delt) für alle drei Fälle t === 160° setzt, sofort
e == 42OOO, 21OOO und 84OO.
Mit diesen Werthen folgt aber aus (6) beziehungsweise
G" == 85.71, 42.85, 17.14 Pfund

ggg Burg. Über die
so wie aus (7) eben so
p ^ 2.629, 1.396, 0.661 Pfand;
endlich erhält man damit aus der Formel (9) für die Dampfspan-
nung nahe genug:
IV == 95, 50 und 24 Atmosphären,
welcher die Temperatur von T1 == 3O7y, 206-t- und 222° C.
zukommt.
Mit den diesen Spannungen entsprechenden Werthen von
?(== 95 x 1845, 50 X 1845, 24 x 1845) folgt aus der For-
mel (10), wenn man t == 160° setzt:
^ === 338.72, 346.6, 394.4 Pfund
und aus (11)
V^ == 10195. 10422, 10517 Kubikfuss.
Aus dieser Rechnung ergibt sich also, dass wenn der lO10 Theil
der Feuerfläche, oder eigentlich, da hierbei nur die Masse in Rech-
nung kommt, und diese im vorliegenden Falle, in welchem die Plat-
ten des Feuerkastens nahe 6 Mal so dick als die Messingröhren sind
(hier also m nicht gleich m1 ist) dem Gewichte nicht proportional
ist, der 10^ Theil des Gewichtes dieser Fläche sich im rothglühen-
den Zustande befand und hierauf mit Wasser in Berührung kam,
dies allein schon hinreichend war, dass im Kessel die Dampfspan-
nung von 6 plötzlich auf 95 Atmosphären mit der entsprechenden
Temperatur von 307—° C. gesteigert werden konnte, eine Spannung
oder Expansivkraft, welche wohl mehr als hinreichend sein dürfte,
die Eingangs angeführten Zerstörungen und traurigen Wirkungen
hervorzubringen.
Es muss hier noch ausdrücklich erwähnt werden, dass durch
diese Annahme, selbst noch die oberste Röhrenreihe, folglicii die
sämmtlichen Messing- oder Feuerröhren als vom Wasser umgeben
angenommen werden, indem schon die erwähnten 350 Pfund schwe-
ren eisernen Schliessen oder Tragstangen diesen lO1611 Theil des Ge-
wichtes der glühend gewordenen Metallmasse grösstentheils absor-
birten.
Man begreift die ausserordentlich verheerende Wirkung dieser
auf 9S Atmosphären gesteigerten Expansivh-^ft des Dampfes nm so

Explosion der Locomotive „Jason". 557
mehr, wenn man auch noch die Nachwirkung der über 1OOOO Ku-
bikfuss betragenden Dampfmasse dabei in Anschlag bringt 5 welche
sich unmittelbar nach erfolgter Explosion auf spontane Weise ent-
wickelt haben musste.
Wie leiciit endlich das Glühendwerden des SO5^ Theiles des
Gewichtes der gesammten Feuerfläche, wozu nur eine Platte des
Feuerkastens von etwas mehr als 3 Quadratfass gehört (welche also
sehr leicht mit Wasserstein belegt sein konnte, der später absprang)
möglich war, um die Dampfspannung wenigstens auf 24 Atmosphären
zu erhöhen, bedarf wohl keiner weitern Erörterung.
Durch diese, in so weit es hier als nöthig erscheint, wissen-
schaftliche Untersuchung geleitet, stehe ich nun nicht an, die zweite
der oben aufgestellten Hypothesen als die allein richtige zu halten
und anzunehmen; dass ein Theil der Feuerfläche des Kessels oder
Feuerkastens entweder durch eine vorausgegangene Inkrustirung der-
selben, oder auch durch ein zu weites Herabsinken des Wasserspie-
gels im Kessel glühend geworden, und hierauf (im ersten Falle durch
das Abspringen der steinartigen Kruste) mit Wasser in Berührung
gekommen sei, wodurch sich nach Verlauf einer gewissen Zeit (wie
beim Leidenfrosfschen Phänomen) augenblicklich eine Masse von
so hoch gespannten Dämpfen entwickelte, dass dadurch allein schon,
ohne erst m einer Knallgasbildung Zuflucht nehmen zu müssen, die
hier in Rede stehende Kcsselexplosiou mit allen ihren Consequenzen
erklärlich wird.
Man mag aber endlich dieser oder der ersten Hypothese den
Vorzug geben, und dabei wieder das Glühendwerden eines Theiles
der Fcuerßäche des Kessels, der besagten Inkrustirung oder dem Herab-
sinken des Wasserspiegels unter die Feuerlinie zuschreiben wollen:
so ergibt sich in allen Fällen aus dieser unglücklichen Kessel-Explo-
sion abermals die gewichtige Lehre, wie wichtig die sorgfältige
Reinigung jedes Dampfkessels zur Verhütung der Bildung vonWasser-
oder Kesselstein und die nie genug zu beachtende Vorsicht sei, den
Wasserstand niemals unter die Feuerlinie herabsinken zu lassen, und
wenn dieses aus was immer für Ursachen dennoch geschehen sein
sollte oder der Maschinist auch selbst nur die Vermuthung hätte,
dass dies Statt gefanden und ein Theil der Kesselwand oder Feuer-
röhren bereits glühend geworden sein könnte, der Kessel um keinen
Preis und unter gar keiner Bedingung mit Wasser früher gespeist

§38 Martin. Bericht über seine
oder Wasser nachgefüllt werden dürfe, bevor nicht der Kessel wieder
gehörig abgekühlt ist, wesshalb auch das augenblickliche Herausziehen
des Feuers aus dem Heizraume in einem solchen Falle als unerlässlich
erscheint, um der schon an der Schwelle stehenden Gefalir einer
furchtbaren Kesselexplosion noch im letzten Augenblicke vorzubeugen.
Herr Anton Martin, Custos der Bibliothek des k. k. polytech-
nischen Institutes, erstattete über den Erfolg seiner photographischen
Arbeiten auf Papier, wozu ihm die Akademie eine Geldunterstützung
bewilligt hatte, nachstehenden Bericht:
Verehrte Herren! Sie waren so freundlich meinen Arbeiten in
der Photographie auf Papier Ihre Aufmerksamkeit zu schenken und
mir den Weg zu weiteren Versuchen dadurch anzubahnen, dass Sie
mir den Ankauf der kostspieligen Materialien durch Anweisung von
1OO fl. C. M. aus dem Akademiefonde sehr bedeutend erleichterten.
Indem ich hiermit die Ehre habe. Ihnen nochmals meinen verbind-
lichsten Dank abzustatten, komme ich zugleich meiner Pflicht nach,
Ihnen die Resultate meiner Bemühungen ergebenst vorzulegen.
Die Photographie, auf eine der interessantesten Naturerschei-
nungen „die chemische Wirkung des Lichtes" basirt, hat, wie so
viele physikalische Experimente, einen doppelten Reiz: den der
wissenschaftlichen Forschung und den der praktischen Anwendbar-
keit, in Folge deren ihre Resultate gewissermassen in das Gebiet der
Kunst hinüber streifen, in so ferne diese auch mechanischer Mittel
bedai*f, ihre Werke ins Leben treten zu lassen.
Der Experimentator hat demnach zwei Zwecke zu verfolgen; er
soll die einfachste Art und Weise auffinden, durch welche die
Bilder schnell, siciier und in grösster Vollkommenheit erzeugt wer-
den können; er soll aber auch Versuchsreihen durchführen, welche
den Zusammenliang der verschiedenen Operationen und insbesondere
den Einfluss nachweisen, den einzelne Abänderungen auf den Ton
der positiven Bilder, ein weites Feld der Forschung, darbieten, indem
sie noch zu sehr variiren, ohne dass der Experimentator einen An-
haltspunkt hätte, als eben den seiner eigenen Erfahrung, da die nach
bestimmten Vorschriften gemachten Versuche nicht immer den gege-
benen Beschreibungen entsprechen.
Während des letztverflossenen Sommers habe ich mich mit dem
Studium der Erzeugung möglichst vollkommener Bilder beschäftiget

photographischen Versuche, g g 9
und ich schmeichle mir, dass die einer hohen Akademie vorgelegten
Proben beweisen, dass meine Bemühungen, besonders bezüglich der
Aufnahme architektonischer Gegenstände, nicht ohne Erfolg geblieben
sind. Was die früher angeführte Versuchsreihe anbelangt, so hoffe
ich, sie mit kommendem Frühjahre wieder aufzunehmen, um Ihnen,
verehrte Herren! die Ergebnisse später ebenfalls vorzulegen.
Es war also meine Aufgabe, die von anderen Experimentatoren
angegebenen Vorschriften zu prüfen, das Beste zu behalten oder
dieselben auf zweckmässige Weise abzuändern. Auf diesem Wege
habe ich gefunden, dass das photographische Papier besonders für
die Darstellungen von leisen Abstufungen im Halbschatten weit em-
pfindlicher präparirt werde, wenn man es zuerst bloss mit Jodkalium-
lösung, dann mit einer Lösung von salpctersaurem Silberoxyde impräg-
nirt, worauf es alsogleich noch nass bekannterweise auf das ßlan-
quarfscke Glas gcleg't wird. Talbot, Blanquart und die mei-
sten suideren Experimentatoren haben früher das Papier an der Ober-
fläche zuerst mit der genannten Silbcrsalzlösung, dann mit der Jod-
kaliumlosimg und endlich wieder mit einer bei weitem stärkeren mit
Essigsäure versetzten Silbersalzlösung überstrichen, was nicht nur
ein unnöthiger Aufwand von Materiale und Arbeit ist, sondern, wie
schön gesagt, auch im Erfolge der einfacheren Bereitungsart weit
nachsteht. — Beim Hervorrufen der negativen Bilder empfiehlt B lan-
quart viel Gallussäure anzuwenden, was zwar die freiwillige Zer-
setzung an den lichten, respective Schattenpartien der Bilder verhin-
dert, allein kräftige Bilder erhält man damit nicht, sondern dies
ist nur der Fall bei Anwendung von verhältnissmässig weniger Gallus-
säure. Die .später anzuführende Fixationsmethode macht das Bild an
den lichten Stellen vollkommen rein, und zwar um so leichter, wenn
man das Bild vor dem Fixiren mit etwas Weingeist auswäscht, was
ich um so gewisser zu thun empfehle, wenn man mit einem gut
geleimten, körnigen Papiere arbeitet. Das Bild wird wundervoll klar
und durchsichtig.— In meinem Reperlorium der Photogra-
ph i e, Wien, Gerold, 1848, empfahl ich als Fixationsmittel eine sehr
verdünnte Cyankaliumlösung, welche Methode nach meiner Prüfung
vollkommen schöne Bilder liefert, und wobei nur der Übelstand ein-
tritt, dass man sehr vorsichtig damit manipuliren muss, weil das
Cyankalium auch die dunklen, respective Lichtpartien sehr leicht
zerstört, wenn die Lösung zu stark ist, oder wenn mau das Bild zu

ggO Martin. Bericht über seine
lange darin lässt. Siedend heisse, unterschwefligsaure Natronlösung
ersetzt das Cyankalium vollkommen, ohne die zerstörende Wirkung
desselben auszuüben. Zuletzt habe ich mich bemüht, die positiven
Bilder stark und kräftig zu erzeugen, wobei die Anwendung vom sie-
dend heissen unterschwefligsauren Natron, vorzugsweise bei Vedut-
ten, sehr zu empfehlen ist, wenn man das Bild im Kopirrahmen so
überkräftig werden lässt, dass es vor der Fixation unschön und fast
ohne Nuan9irung erscheint, während nach der Fixation alle Nuancen
in voller Kraft zum Vorschein kommen.
Bei Porträten ist diese Methode weniger anzuwenden; da die
aufgezählten Veränderungen hier isolirt angegeben sind und natürlich
nicht in jede Methode hineinpassen, so erlaube ich mir des Zusammen-
hanges willen, und um diesem Aufsatz einen praktischen Werth zu
verl eihen, »meine Verfahrungsart nach der Reihenfolge der Opera-
tionen näher zu beschreiben.
Negative Bilder.
1. Flüssigkeiten:
I. Ein Loth Jodkalium wird in 2OLoth destillirten Wassers
aufgelöst und diese Lösung mit 8—10 Tropfen einer
concentrirten Cyankaliumlösung versetzt.
II. Ein und ein Viertel Loth grauer Höllenstein wird in 20
Loth destillirten Wassers aufgelösst und mit ein und
einem halben Loth sehr starker Essigsäure (Radicalessig)
versetzt.
III. Concentrirte Gallussäurelösung.
IV. Weingeist.
V. Zwei Loth unterschwefligsaures Natron werden in 20 Loth
destillirten Wassers aufgelöst.
2. Apparate: Nebst der Camera obscura und den dazu gehöri-
gen Rahmen 5 hat man noch zwei Spiegelgläser (Blanquarfsche
Gläser) nöthig, welche beide zugleich in den Rahmen leicht hinein-
passen, und welcher Rahmen so tief im Falz construirfc sein muss,
dass auf die zwei hineingelegten Spiegelgläser rückwärts noch ein
Brettchen gelegt werden kann, das so wie der bekannte Schieber
von vorne, den Rahmen gegen das eindringende Licht von rückwärts
absperrt. Ferner vier bis sechs flache , viereckige Porzellantassen
mit % Zoll hohem Rand, welche rund herum um etwa % Zoll weiter

photo graphischen Versache, ggf
sein müssen als das Papier gross ist, worauf man die Bilder macht.
Endlich ein Porzellangefäss sammt Spirituslampe, um das unter-
schwefeligsaure Natron siedend heiss machen zu können, und eine
Abdampfschale um Wachs darin schmelzen zu könne».
3. Papier: Feines, gleichförmiges Maschinenpapier, am besten
Cansonfreres, von welchem man ein Stückchen auf einige Minu-
ten in Wasser legt, es herausnimmt und abtrocknet, um die glatte
Seite (Filzseite) von der rauhen (Siebseite) unterscheiden und das
Ganze darnach bezeichnen zu können, denn das Bild muss immer
auf der glatten Seite gemacht werden. Ein geübtes Auge erkennt
übrigens die glatte Seite, ohne das Papier zu netzen.
4. Man giesst Flüssigkeit Nr. l und 2, jede für sich, in zwei
vom Staube vollkommen gereinigte, ziemlich horizontal gestellte
Porzellantassen.
5. Man nimmt ein Blatt Papier, welches um eine Linie kiemer
geschnitten ist als das Blanquarfsche Glas, fasst es bei zwei diago-
nal entgegengesetzten Ecken, die glatte Seite nach abwärts, und
hält es so, dass es sich durch seine eigene Schwere in der Mitte
senkt, und legt es dann langsam auf die Oberfläche der Flüssigkeit
Nr. l, indem man die beiden Ecken ebenfalls senkt und endlich
gänzlich aus den Fingern, lässt. Nun schwimmt das Blatt flach auf
der Flüssigkeit, wobei man vorzüglich darauf Acht haben muss, es
durch manuelle Fertigkeit dahin zu bringen, dass keine Luftblasen
zwischen dem Papiere und der Flüssigkeit haften bleiben. Nachdem
man es so ungefähr eine Minute liegen gelassen, lüftet man eine Ecke
mit einem reinen Hölzchen, hebt das Papier von der Flüssigkeit ab,
lässt es sehr kurze Zeit abtrapfen, fasst es an einer zweiten Ecke
und legt es mit der trockenen Seite auf ein Blatt Schreibpapier, und
trocknet die nasse Seite mit Lösehpapier, indem man dieses darauf
legt und mit flaeber Hand darüber streicht, damit alle überflüssige
Jodkaliumlösung davon aufgesaugt werde. Ein zweites reines Löseh-
papier vollendet das Abtrocknen. -— Ich habe hier die Methode des
Schwimmens und Abtrocknens genau beschrieben, uad werde später,
so oft sich diese Operationen wiederholen, die Beschreibung weglas-
sen , indem ich auf den gegenwärtigem Paragraph verweise.
6. Man lässt die, durch Operation Nr. S mit jodkalium impräg-
nirte Seite des Papiers auf Flüssigkeit Nr.2höehsteasl2 2S
Secunden schwimmen, hebt es bei einer Ecke ab, fasst es mit der
Sitzb. d. mathcm.-naturw. CI. I. Bd. 36

ggg Martin. Bericht über seine
ändern Hand von rückwärts bei der diagonal entgegengesetzten Ecke,
und legt es noch ganz nass mit der nassen Seite auf das eine, mit
destillirtem Wasser gut abgewaschene und abgetrocknete Spiegelglas,
gerade so, als wäre dieses eine Flüssigkeit und man wollte das Papier
darauf schwimmen lassen. Durch Adhäsion haftet das Papier ganz
flach auf dem Glase, und das richtige Auflegen gelingt nach einiger
Übung vollkommen, ohne dass man an dem Papiere zerren und
rücken darf, wobei es leicht zerreisst. Liegt es nicht richtig, so hebt
man es lieber nochmals ab und versucht es neuerdings aufzulegen.
7. Das Blanquarfsche Glas mit dem adhärirenden Papier wird
in den Rahmen mit der Glasseite gegen den Schieber gelegt; darauf
kommt ein ganzes Quartblatt Löschpapier, welches man durch Dar-
auflegen des zweiten Spiegelglases gewissermassen in den Rahmen
hineinklemmt, und worauf man den Rahmen mittelst des Brettchens
schliesst. Das Löschpapier wird darum zwischen die beiden Gläser
gelegt, weil man mittelst der selbst vor das Brettchen vorstehenden
Ränder das zweite Glas von der Rückseite des photographischen
Papiers nach der Exposition abhebt, was sonst, da das photographi-
sche Papier nass ist, Schwierigkeiten macht; zugleich saugt dieses
Loschpapier die an den Rändern sich ansammelnde Flüssigkeit auf,
wodurch man reinlicher zu arbeiten im Stande ist.
8. Exposition in der Camera: Die Zeitdauer derselben hängt
natürlich von der Beleuchtung und der Lichtstärke des Apparates
ab. Bei Voigtländers Apparat Nr. 19 braucht man für ein Porträt im
Zimmer, bei schöner Beleuchtung, 2S—30 Secunden; zur Aufnahme
eines von der Sonne beschienenen Gebäudes, mit der vorderen
eigens dazu vorgerichteten Linse desselben Apparates, 20 Secunden.
9. Man hebt mittelst des am Rahmen vorstehenden Löschpapi-
res das Brettchen und das zweite Glas vom Rahmen ab, nimmt das
BIanquarfsche Glas mit dem adhärirenden Papier heraus, und giesst
ungefähr einen Esslöffel voll Gallussäure (Flüssigkeit Nr. 3) in eine
Porzellantasse, fasst das Papier wieder bei zwei diagonal entgegen-
gesetzten Ecken, hebt es vom Glase ab und legt es auf die Gallus-
säure, gerade so als wollte man es schwimmen lassen, mit der
präparirten und bereits belichteten Seite nach abwärts. Das Papier
ist noch nass, und die Gallussäure benetzt bei einiger Vorsicht also-
gleich das ganze Bild, was wichtig ist, weil sonst leicht Flecken
entstehen, was man wohl auch dadurch verhindern kann, dass man das

photographischen Versuche. 561
Bild ein- bis zweimal, gleich nach dem Darauflegen, wieder lüftet oder
die Tasse hin und her neigt, damit die Gallussäure sich schnell über die
Bildfläche verbreitet. Hier lässt man das Bild 28 Minuten und oft noch
bedeutend länger, kurz so lange liegen, bis es in allen Theilen über-
kräftig ist, was man durch öfteres Ansehen ermittelt.
10. Man nimmt das Bild heraus, legt es in eine andere Tasse,
die Bildfläche nach aufwärts, und giesst einen Löffel voll starken
Weingeist darauf, der alsogleieh das Papier bis ins feinste Fäserchen
durchdringt und vollkommen rein und klar macht, worauf man nach
ungefähr einer Minute durch Neigen der Tasse den überflüssigen
Weingeist in einer Ecke ansammeln lässt, um ihn abzugiessen.
11. Man siedet in einem Porzellangefässe die Flüssigkeit Nr. S,
und giesst sie siedendheiss (bloss warm erfüllt sie nicht ihren Zweck)
in eine Porzellantasse, welche diesen Temperaturwechsel auszuhalten
im Stande ist, worauf man schnell das ganze Bild, noch nass vom
Weingeist, hineinlegl, wobei man aber Acht haben muss, sich die
Filiger nicht zu verbrennen. Bequemer ist es, das Natron gleich über
das in der Tasse liegende Bild %u giessen, was aber einige Achtsam-
keit erfordert, weil dort wo der Strahl auffällt, leicht Flecken ent-
stehen. Man lässt das Bild nach Umständen, das heisst nach Massgabe
seiner Kraft, eine bis zwei Minuten darin liegen, während man es mit
einem Hölzchen lüftet und durch Aufassen am Rande im Natron
bewegt, kurz auf irgend eine Weise Sorge tnigt, dass es ja von
oben und unten vom Natron durchdrungen wird.
12. Man uimml das Bild aus der heissen Natronlösung heraus,
trocknet os mit Losdipapier etwas ab und legt es noch ganz feucht
in destillirics Wasser, was man ein- bis zweimal wechselt, worauf
es nach einer halben Stunde herausgenommen, abgetrocknet und
durch Liegenlassen ganz ausgetrocknet wird. Die in Nr. 11 ge-
brauchte Natronlösung wird schrnutzigbraun, bekommt, besonders
wenn man sie lange in der Tasse lässt, einen starken Niederschlag;
allein h-otz dem ist die Lösung sehr oft zu gebrauchen, nur muss
man sie vor dem Gebrauche filtriren.
13. Man schmilzt weisses Wachs und gereinigtes ünschlitt
(z. B. Hirschunschlitt) zu gleichen Theilen in einer Abdampfschale,
streicht diese Mischung mittelst eines breiten Borstenpinsels nicht
zu heiss (weil sonst der Pinsel verbrennt) auf die Rückseite des Bil-
des, welches man später zwischen Löschpapier, ebenfalls nicht zu
36»

564 Martin. Bericht über seine
heiss, mit einem Plätteisen biegelt, so zwar, dass das überflüssige
Wachs herausgezogen wird, wobei aber doch das ganze Bild mit
Wachs durchzogen bleiben muss, weil zu sehr vom Wachs entblösste
Stellen undurchsichtig werden und den reinen Abdruck erschweren,
oder, besser gesagt, verhindern. Hat man bei Porträten hinter der
Person nicht einen sehr hellweissen Hintergrund, welcher auf dem
negativen Bilde vollkommen schwarz ist, so zeichnet man sich die
Contouren des Porträts durch das Fenster noch vor dem Wachs-
durchziehen sehr genau ab, und deckt Alles ausserhalb der Contou-
ren, was also auf dem positiven Bilde weiss bleiben soll, mit stark
angeriebener Tusche, worauf man nach dem Trockenwerden erst die
Operation des Wachsens vornimmt.
Positive Bilder.
14. Flüssigkeiten:
VI. 168 Gran Kochsalz werden in 20 Loth destillirten Was-
sers aufgelöst.
VII. 2 Loth grauer Höllenstein werden in 20 Loth destillirten
Wassers aufgelöst.
VIII. 2 Loth unterschwefeligsaures Natron werden in 20 Loth
destillirten Wassers aufgelöst und mit einer Lösung von
30—40 Gran Höllenstein in l Loth Wasser versetzt. Man
giesst die Silbersalzlösung in einem dünnen Strome, unter
immerwährendem Umrühren der Natronlösung, in diese
leztere.
15. Apparate: Vier Porzellantassen, ein Copirrahmen, d. i.
zwei in einen Rahmen einzulegende starke Spiegelgläser, welche
eben in diesem Rahmen entweder durch Schrauben oder auf irgend
eine andere Weise an einander gepresst werden können. Gewöhnlich
befindet sich bei jedem Apparate ein solcher Copirrahmen.
16. Papier: Für positive Bilder ist die Wahl des Papiers nicht
so schwierig; jedes weisse glatte Papier genügt, allein es bleibt nicht
zu läugnen, dass verschiedene Papiersorten auf den Ton der Bilder
Einfluss nehmen. Auch hier muss das Bild auf die glatte Seite
gemacht und das Papier etwas grösser geschnitten werden, als das
negative Bild.
17. Schwimmenlass.en auf der Flüssigkeit Nr. 6 durch circa
1% Minuten.

photographischen Versuche. , gßg
18. Abtrocknen.
19. Schwimmenlassen auf der Flüssigkeit Nr. 7 durch 2
Minuten.
20. Abtrocknen.
21. Operationen 17 bis 20 wiederholt.
22. Das Papier wird sorgfältig abgetrocknet, indem man ein
neues Löschpapier darauf legt, welches man durch häufiges Streichen
fest an das feuchte Papier andrückt, denn wenn das Copirpapier nicht
sehr abgetrocknet ist, überträgt es Chlorsilber auf das negative Bild
und erzeugt dort Flecken, welche spätere Abdrücke verderben. Das
Papier ganz getrocknet zu gebrauchen wäre vorzuziehen, wenn
nicht das etwas feuchte Papier empfindlicher wäre, wodurch die Ope-
ration beschleuniget und das Bild überhaupt schöner wird.
23. Man legt das Copirpapier auf eine Spiegelplatte mit der
präparirten Seite nach aufwärts, darauf wird das negative Bild mit
der Bildfläche nach abwärts so gelegt, dass das Copirpapier ringsum
vorsteht, zuletzt legt man die zweite reine Spiegelplatte oben auf
und gibt das Ganze in den Copirrahmen, so dass das negative Bild
frei dem Lichte ausgesetzt werden kann, während der Copirrahmen
von unten durch ein Brett oder schwarzes Papier gegen das Eindringen
des Lichtes geschützt sein muss.
24. Exposition im Lichte nach Massgabe der Kraft des negativen
Bildes: Im Sonnenlichte 7—12 Minuten, im zerstreuten Tageslichte
% Stunden, wohl auch länger; die Färbung des vorstehenden Ran-
des, der fast schwarz werden muss, gibt einen Anhaltspunkt, allein
die eigentlich richtige "Zeit der Exposition hängt auch davon ab, ob
man später kalt oder heiss fixirt; in letzterem Falle muss sie länger
dauern, damit das Bild überkräftig werde.
28. Man nimmt das Bild aus dem Copirrahmen und legt es in
die kalte Flüssigkeit VIII, wo es alsogleich röthlichbraun und sehr
klar wird. Sollte es nach und nach alle Kraft verlieren, so war die
Zeit der Exposition zu kurz, war es aber die richtige Zeit exponirt,
so bleibt es in gehöriger Kraft Man lässt es eine halbe Stunde bis
zwei Stunden in der Natronlösung liegen, wobei es etwas den Ton
ändert, worauf man es herausnimmt, abtrocknet und während einiger
Stunden in zwei- bis dreimal gewechseltem destillirten Wasser sorg-
fältig auswäscht, denn ein schlecht ausgewaschenes Bild bleicht nach
und verliert seine ganze Kraft. Dies ist die kalte, besonders bei

ggg Martin. Bericht über seine
Porträts anzuwendende Fixation. Bei Vedutten, welche man im
Copirrabmen überkräftig werden lässt, siedet .man die Natronlösung
VIII und gibt das Bild schnell hinein, es erhält dadurch nach Vollen-
dung der Fixation besondere Kraft und der lichte Grund wird gelblich
gefärbt, was dem Bilde das Ansehen eines Tondruckes gibt, während
die Färbung des Bildes selbst dunkelsepia, ja oft sammtschwarz wird.
Den Ton in einer bestimmten Nuance hat man vor der Hand nicht so
ganz in seiner Macht. Vedutten, kalt fixirt wie früher die Porträte,
dürfen, wie gesagt, nicht gar so lange wie bei der heissen Fixation
im Copirrahmen exponirt werden, und erhalten dann eine purpurbraune
Farbe mit weissen Lichtern. Das Auswaschen mit Wasser zum Schlüsse
der Operation ist auch bei Vedutten sehr wesentlich. Die Natronlö-
sung kann neu filtrirt oft gebraucht werden- wenn sie auch braun
geworden ist.
26. Das nach dem Waschen vollkommen ab- und ausgetrocknete
Bild wird auf einem Carton aufgeklebt und die Porträte von einem
Maler nachgebessert, die Vedutten bedürfen keiner Nachbesserung,
mit Ausnahme der Deckung kleiner weisser Tupfen, die unvermeid-
lich sind und wodurch das Bild, wie die Künstler sagen, ruhiger
wird. Die Farbe mischt man aus Neutralblau, Karmin und Sepia.
Zuletzt glättet man das Bild vorsichtig mit einem Falzbein oder einem
breiten Achatstein.
Als allgemeine Beinerklingen füge ich noch hinzu, dass man die
höchste Reinlichkeit beobachte, die Natrontasscn nie zu anderen
Zwecken gebrauche, oder sie sehr sorgPäUig auswasche; dass die
Tasse zum Hervorrufen zuletzt vor dem Gebrauche mit destillirtem
Wasser ausgewaschen werden müsse, dass man alle Operationen, mit
Ausnahme der Expositionen, im dunklen Zimmer machen müsse, und
dass die beiden Methoden für positive und negative Bilder, wie sie
beschrieben sind, unmittelbar vor der Anwendung durchgeführt wer-
den müssen, was bei Porträts gar nichts genirt, bei Vedutten aber
wohl erfordert, dass man das Papier dort präparirt, wo man das Bild
aufnimmt. In meiner späteren Versuchsreihe werde ich mich mit der
Untersuchung der Bedingungen befassen, unter welchen man der
Präparation und Exposition bei der nassen Blanquarf sehen Methode
längere Zeit verstreichen lassen darf. Für eine trockene Methode
findet man Auskunft in meinem Repertorium Bd. l, S. 93. Durch
Anwendung des Blancparfschen Glases kommt das Papier um die

photographischen Versuche, gß'7
Glasdicke mehr rückwärts zu stehen, als der optische Focus derLin-
sencombination, worauf man beim Einstellen Rücksicht nehmen muss
gewöhnlich aber, wenigstens bei Voigtländer's Apparaten, corrigirt
eben diese Glasdicke die Differenz zwischen dem optischen und che-
mischen Brennpunkt.
üeber den chemischen Brennpunkt sehe man Repertorium Bd. 2,
S. 13. Will man gerade nicht Geld sparen, so kann man für positive
Bilder die Lösungen VI und VII doppelt so stark machen. Die Tem-
peratur hat auf die Photographie auf Papier bedeutenden Einfluss, so
dass die Bilder, namentlich Vedutten, im Sommer weit besser gelingen.
Der Apparat, mit welchem die der hohen Akademie vorgelegten
Bilder der Karlskirche gemacht wurden, ist von ausgezeichnet gleich-
massiger Schärfe. Er wurde von Voigtländer und Sohn in
neuester Zeit zum ersten Male ausgeführt und lässt nichst zu wünschen
übrig. Er besteht aus einer achromatischen Linse von 2 Zoll Öffnung
mit einem Diaphragma von nur S Linien und dennoch ist er bei einer
Brennweite von 12 Zoll so lichtstark, dass er ein Bild eines von der
Sonne beleuchteten Gebäudes mit allen Abstufungen im Halb- und
Schlagschatten im Sommer in 20—2S Secunden vollendet. Sonnen-
beleuchtung ist übrigens bei Aufnahme architektonischer Gegenstände
durch die Photographie unumgänglich nöthig, weil sonst das Bild
monoton ausfällt. Voigtländer hat zu seinem Apparate Nr. 19 eine
Diaphragma-Vorrichtung angefertiget, welche die vordere Linse des
Objectivos, die mit der obgenaniiten, den Krümmungshalbmessern
nach identisch ist, an eine Landschaftscamera anzuschrauben erlaubt
und wodurch dieser Apparat, da er auch etwas kiemer gehaltene
Daguerreotypien mit grosscr Schärfe liefert, allen Anforderungen
eines Photographen entspricht.
Das wirkl. Mitglied, Hr. Dr. Diesing, überreicht das erste
Heft einer Arbeit: „SystemaHelminthum,^ womit derselbe seit mehr
als acht Jahren beschäftiget ist, und für welche er bereits in einer
früheren Eingabe die Theilnahme der Akademie, mit dem Ersuchen,
ihn durch Uebernahme der Herausgabe zu unterstützen, in Anspruch
genommen hatte. DieClassebeschloss nunmehr sich bei derGesammt-
akademie um Genehmigung dieses Ansuchens und Bewilligung eines

568 Diesing.
Honorars von 1SOO fl. C. M. für den Herr Verfasser zu verwenden,
welche Genehmigung seitdem auch erfolgt ist.
Hr. Dr. Diesing sprach sich über sein Werk folgender
Massen aus.
Ich übergebe hiemit der k. Akademie der Wissenschaften die
erste Ordnung meines Systems der Helminthen mit dem wärmsten
Danke für die mir von Seite der Akademie zugesagte Herausgabe
desselben, und erlaube mir hier nur noch eine kurze Bevorwortung.
Die noch kürzlich von dem um die Wissenschaft so hoch ver-
dienten Naturforscher Ehrenberg zu einem Ganzen zusammenge-
fassten Infusorien enthielten verschiedenartige mikroskopische Orga-
nismen des Thier- und Pflanzenreiches. Bu r meiste r war der erste,
welcher die Räderthierchen (Rotatoria) in die Classe der Crustaceen
stellte, und t zing brachte die Spindelthierchen (Closterina) und
Stabthierchen (Bacillaria) in die Clas^e der Algen. Neuerlichst
habe ich mich für die Stellung der Wechsellhierchen (Amoebaea}
und der Kapselthierchen (Arcellma) zu den Foraminiferen, und die
der GIockenthierchen (Voriicellina), wie auch der Glockenpanzer-
thierchen (^Ophrydina) zu den Bryozoen ausgesprochen 1).
Der Name Infusorien kann mithin nur noch als Collectivnanie
vieler nur mit dem Mikroskope wahrnehmbarer Thier- und Pflanzen-
formen, nicht aber als Begriffsname einer eigenen Classe angenommen
werden. Die aus der älteren Begriffsbestimmung der Infusorien
ausgeschiedenen und hier nach dem Princip der'Ähnlichkeit oder
Gleichartigkeit zu einein Ganzen zusammengestellten Organismen
bilden eine Gruppe von Thierchen, welche ich in meiner Classe der
Helminthen, die ausser den Eingeweidewürmern die Cuvier'sche
Classe der Anneliden umfasst, als Uranfänge und Vorbilder der
nächsten Ordnungen betrachte, und als Prothelmintha bezeichne.
Die Prothelminthen sind demnach:
Einfache oder zusammengesetzte Thierchen, — meist frei oder
angeheftet. Der Körper weich, niedergedrückt oder kugelförmig,
nackt oder mit Wimpern, Borsten, Griffeln oder Haken besetzt;
bepanzert oder unbepanzert. Der Darmcanal traubenförmig, ohne
After (Aprocta) oder mit einem After versehen (Proctucha). Mund
1) Diesing: Systematische Übersicht der Foraminifera monostegia und Bryozoa
anopisthia. (S. o. S. 17 u. ff.)

Systema Helminthum« 569
an der Spitze oder unterhalb der Spitze, zahnlos oder gezähnt. Bei
den Afterlosen in der Nähe des Mundes meistens ein, oder mehrere
zurückziehbare peitschenförmige Organe (Flagella), Augenlos, oder
mit einem meist rothen, sehr selten schwarzem Auge in der Nähe des
Kopfrandes. Kein Saugnapf. Keine äusseren männlichen Geschlechts-
theile. Zwitter. Fortpflanzung meist durch Seihsttheilung, durch
Knospenbildung, durch Eier, sehr selten lebendiggebährend. Durch
unvollkommene Selbsttheilung eines Thierchens entsteht ein zusammen-
gesetztes Thier (Syntherium), und bei unvollkommener Panzerthei-
lung und vollkommener Theilung des Thierchens ein gemeinschaft-
liches Gehäuse (Synoecesiuw).
Alle sind mikroskopisch und überschreiten nicht die Länge von
^3 einer Linie; von Farbe meist weiss oder grün, selten roth oder
grün und roth gescheckt, durchscheinend oder undurchsichtig. Sie
sind Bowohner des süssen und salzigen Wassers, seltener innere
Parasiten im lebenden Thierleibe; einige wenige gepanzerte Arten
kommen aucli fossil vor. Von den Meeresbewohnern verbreiten einige
des Nachts ein lebhaftes Licht. Die Proctuchen zeigen die meiste
Ähnlichkeil mit der 2. Ordnung der Helminthen (Turtellariea) und
unter diesen mit den Planarieen.
Die Gcsammtzahl der Prothelminthen ist auf 92 Gattungen und
416 Arten beschränkt, davon entfallen auf Afterlose S3 Gattungen
und 236 Arten, auf die Afterführenden aber 39 Gattungen und 179
Arten.
Zum Schlüsse folgt noch eine schematische Übersicht der Ord-
nungen der Helminthen, wie auch die der Familien und Gattungen
der Prothelminthcn nach dem Originaltexte.
Conspectns schematicus ordinum Helmmthum.
HEB.WBIMTHA.
Infusoria utplurima^ Radiata nonnulla; Entozoa et Anuulata omnia.
Ammalia evertebrata, inarticulata. mollia aut elastica, ebran-
chiata, setis retractilibus destituta (Achaethelmintha), auf mollia,
ebranchiata, v. branchiis externis, setis retractüibus instructa
(Chaethelmintha},

570 Diesing.
Subclassis I« Achaethelniintha.
Corpus setis retractilibus destitutum, molle auf elasticum
Sectio l. Achaethelmintha mollia.
Corpus molle, utplurimum depressum.
I. Ordo Prothelmintha. Tractus cibarius uvaeformis. Acetabulum
nullum. Microscopica.
II. Ordo Turtellariea. Tractus cibarius arbusculiformis aut sim-
plex. Acetabulum nullum, rarissime unicum. Formae majores.
III. Ordo Myzelmintha. Tractus cibarius dichotome-ramosus aut
simplex. Acetabulum unum aut plura corpori immersa, rarissime
nullum.
IV. Ordo Cephalocotylea. Tractus cibarius dichotomus auf simplex.
Acetabulam l, auf 2, 4, 8 capiti immersa.
Sectio II. Achaethelmintha elastica.
Corpus elasticum, utriculare aut subcylindricum.
V. Ordo Khyngodea. Tractus cibarius subnullus auf simplex, Cor-
pus utplurimum utriculare. Proboscis protractilis.
TZ. Ordo Nematoidea, Tractus cibarius simplex. Corpus subcylin-
dricum. Proboscis protractilis nulla.
Subelassis II« Chaethelmintha.
Corpus setis retractilibus instructum, molle.
Conspectus schematicus familiarum et geüerum Prothelminthum.
ORDO I.
yil<>TBII;l.ITII\rilA.
JSubordo I. Aproeta«
Anus nullus. Flagello instructa, aut rarius flagello destituta.
Tribus L Atricha.
Corpus nudum i. e nee ciliis nee setis iustructum, haud mutabile
auf mutabile.

Systema Helmintha. g 'V 4
Familia L Vibrionideae. Corpus haud mutabile, lorica destitutum,
partitione imperfecta uniseriali multiplici transversa, in syntherium
filiforme, lineare v. Spirale accrescens.
* Syntherium lineare.
l. Bacterium. Syntherium rigidum.
II. Vibrio. Syntherium flexuosum.
<r* Synfcherium Spirale aut cochleare.
III. Spirodiaeta. Syntherium Spirale, flexuosum.
IV. Spirülum. Syntherium Spirale, rigidum.
V. Spirodiscus. Syntherium cochleam disciformem referens
rigidum.
FamiKa. II. Monadineae. Corpus haud mutabile, lorica destitutum,
divisione perfecta simplici v. decussatim multiplici.
Subfamilia L Eamonadineae. Corpus ecaudatum, ocellus nullus.
^ Os terminale.
VI. Monas. Animaicula semper solitaria libera. Os natatione
anticum.
I. Euwonas. Flagellum nullum.
IL Wfastichemonas. Flagellum unum.
III. Jsomita. Flagella 2 aequalia sursum directa.
IV. Heteromita. Flagella 2 inaequalia unum sursum alterum
crassius deorsum directnm.
V. ? Trepanowonas. Corpus apice bilobum, lobis flagello
terminatis.
VII. DOXOCOCCKS. Animaicula semper solitaria, libera. Motus
contra axim rotatorius.
V1IL Uvella. Animaicula dernuiTi periodice in acervos consociata.
I. Euuvella. Flagellum nullum.
II. Monomastix. Flagellum unum.
III. Dimastix. Flagella 2.
IX. Polytoma. Animaicula primitus in acervum consociata,
dcmum solitaria libera.
** Os obliquum labiatum.
X. Chilomonas. Animaicula solitaria libera v. periodice con-
sociata.
I. Euchilomonas. Flagella 2.
II. Plagwnastix. Flagellum unum.

872 Diesing.
XL ? Anthophysa. Animaicula periodice consociata pedun-
culo rigido ramoso suffulta.
Subfamilia 11. Cercomonadineae. Corpus caudatum, Ocellus nullus.
* Os terminale.
XII. Thaumas. Animaicula periodice consociata.
X1IL Bodo. Animaicula solitaria, libera.
I. Eubodo. Flagellum nullum.
II. Cercomonas. Flagellum unum.
III. Amphimonas. Flagella 2.
** Os. subobliquum.
XIV. Trichomonas. Oris limbus ciliatus.
Subfamilia HL Glenomoreae. Corpus ecaudatum. Ocellus unicus.
XV. Glenomorum. Animaicula periodice consociata. Flagella 2.
XVI. Microglena. Animaicula solitaria. Flagellum unum.
X VIL ? Phacelomonas. Animaicula solitaria. Flagella plura ?
Familia IlL Cryptomonadineae. Corpus haud mutabile, loricatum,
cum lorica, simpliciter et perfecte dividuum.
Subfamilia l. Eucryptomonadineae. Ocellus nullus.
XV1IL Cryptomonas. Lorica scutelliformis, laevis. Divisio lon-
gitudinalis.
I. Eucryptomonas. Flagellum unum.
II. Diplotricha. Flagella 2, sursum directa. Corpus apice
oblique sinuato-truncatum.
III. Disceraea. Flagella 2, sursum directa. Corpus apice
haud sinuatum.
IV. Anisonema. Flagella 2, unum sursum alterum retrorsum
directum.
XIX. Ophidomonas. Lorica tubulosa, laevis. Divisio trans-
versalis.
XX. Proro centrum. Lorica apiculo frontali.
XXI. ? Öxyrrhis. Lorica sursum acute conica, apertura
transversali pone coni basim. Plagella 4 lateralia.
Subfamilia 11. Cryptogleneae. Oöellus unus.
XXII. .Lügenella. Lorica urceolata in öolluffi producta.
XXIIL Tracfielomonas. Lorica urceolaris.
XXIV. Cryptoglena. Lorica scutellaris.
XX V. ? Crumenula. Lorica oblique striata.

Systems». Helmiüthum. g 7 3
Familia IV. Volvocineae. Corpus haud mutabile, loricatum, intra
loricam communem integram sponte in proles synoecesium for-
lnantes, rupta demum lorica effusas divisum.
Subfamilia l. Pandorineae. Ocellus nullus.
^ Ecaudatae.
XX VI. Gyges. Lorica communis simplex synoecesiumurceo-
lare subglobosum formans. FIagellum nullum.
XXVII. Pandorina. Lorica communis simplex synoecesium
urceolare subglobosum formans. FIagellum unum.
XXVIIL Gonium. Lorica communis simplex synoecesium ta-
bulatum formans. Flagella duo.
XXIX. Syncripta. Lorica communis duplex synoecesium
urceolare subglobosum formans. FIagellum unum.
^ Caudatae.
XXX. Synura. Corpus caudatum, loricae commums basi
affixum, synoecesium urceolare formans.
Subfamilia IL Ewolvocineae. Ocellus unus.
^Divisio spontanea simplex aequalis.
-XXX/. Uroglena. Corpus caudatum. FIagellum unum.
XXXII. Eudorina. Corpus ecauAatum. Flagelkm uau^.
XXXI1L Cklamydomonas. Corpus ecaudatum. Flagella duo.
** Divisio spontanea multiplex inaequalis.
XXXIV. Sphaerosira. FIagellum nullum.
XXXV. Volvox. Flagella duo.
Familia V. Dinohryneae. Corpus mutabile loricatum.
XXXVI. Epipyxis. Corpus intra loricam haud aecrescentem
sessile. Ocellus nullus.
XXXVII. Dinobryan. Corpus loricae gemiaificatione m syuoe-
cesium fruticulosum accrescens. Ocellua ruber.
Familia VI. Colacieae. Corpus mutabile lorica destitutum. Animal-
cula in pedicello simplici v. ramoso se&silia.
XXXVIII. Coladum. OceHüs nullus.
Familia VII. Astasieae. Corpus mutabile loriea desiitutum. Ani-
maicula solitaria tibera.
Subfamilia I. Euastasieae. Ocrflus nullus.
XXXIX. Peranema. Corpus ecaudatum. Flageftro unum aut
duo.

g74 Diesing.
I. Ewperanema. Flagellum unum.
II. Zygoselmis. Flagella duo sursum directa.
III. Heteronema. Flagella duo, unum sursum alterum
retrorsum directum.
XL. Astasia. Corpus caudatum. Flagellum unum.
Subfamilia IL Eugleneae. Ocellus unus.
XLL Amblyophis. Corpus ecaudatum. Flagellum unum.
XLIL Euglena. Corpus caudatum. Flagellum unum.
XLIIL Chlorogonium. Corpus caudatum. Flagella duo.
XLIV. Polyselmis. Corpus ecaiidatum. Flagella quatuor.
Tribus IL Trichophorae.
Corpus ciliis auf setis instructuin, haud mutabile.
Famüia VIII. Cyclidineae. Corpus haud loricatum. Flagellum
nullum. Ocellus nullus.
XL V. Cyclidium. Corpus depressum margine ciliatum.
XL VI. Pantofrichum. Corpus turgidum undique ciliatuni.
XLVIL Chaetomonas. Corpus turgidum setosum.
Famüia IX. CIdamydocyclidineae. Corpus loricatum, lorica si-
licea. Flagellum nullum auf unum. Ocellus nullus auf unus.
XL VIII. Chaetotyphla. Lorica hispida v. rigide pilosa. Flagel-
lum nullum. Ocellus nullus.
XLIX. Chaetoglena. Lorica hispida v. rigide pilosa. Flagel-
lum unum. Ocellus unus.
Familia X, Peridineae. Corpus loricatum, lorica membranacca,
suico hiante ciliato transverso, quandoque simul longitudiuali insig-
nita, bi- auf tripartita. Flagellum unum. Ocellus nullus auf unus.
L. Peridinium. Lorica cornuta aut ecornuta, suico trans-
verso. Flagellum ex suico protractum. Ocellus nullus,
LL Glenodinium. Lorica ecornuta, suico transverso. Fla-
gellum ex suico protractum. Ocellus unus.
L1L Heteraulacus. Lorica ecornuta, ecaudata aut brevi-
caudata, suico transverso, ac longitudinali Flagellum
ex suico longitudinali protractum.
LIIL Ceratophorus. Lorica cornuta, suico transverso. Fla-
gellum ex poro loricae protractum.

Systema Helminthum. ^T^
Subordo H. Protueha.
Tractus intestinalis ano stipatus. Flagellum nullum.
Tribus L Edenfuta,
Os dentium corona interna nulla.
Suhtribus L Enantiotreta.
Oris et ani aperturae terminales diametraliter oppositae.
Familia I. Enchelydeae. Corpus haud loricafum.
* Corpus nudum aut ciliatum.
LJV. Enchelys. Corpus nudum simplex. Osrectetruncatum.
L V. Disoma. Corpus nudum bipartitum (duplex). Os recte
truncatum.
LVL Trichoda. Corpus nudum collo nullo. Os oblique
truncatum. ^
LV1L Lacrymaria. Corpus nudum, collo elongato. Os ob-
lique truncatum.
L VIII. Holophrya, Corpus ciliatum. Os oblique truncatum
haud kibiaturn.
LIX. Leucophrys. Corpus ciliatum. Os obliqne truncatum
labiatunL
^* Corpus setosum.
AX Trichodiscus. Corpus margine setosum.
LXI. Actinophrys. Corpus undique setosum.
LXIL Podophrya. Corpus undique setosum, pedicellatum.
LX.II1. ? Acomia. Corpus una extremitate ciliatum^
LXIV. ? Alyscum. Corpus ciliorum retractilium fasciculo
laterali.
LX V. ? Gasterochaeta. Corpus nudum suico longitudinali
ciliato.
LXVL ? Uronema. Corpus ciliatum, seta basilari longa.
Familia II. Colepineae. Corpus loricatum.
LX VIL Coleps. Corpus nudum v. ciliatum, haud stipitatum.
LXVIII. Acineta. Corpus tcntaculatum, pedicellatum.
Subtribus U. Allotreta.
Oris et ani aperturae haud oppositae, alterutra terminalis.
Familia L Trachelineae. Corpus haud loricatum. Anus terminalis.

gyg Diesing.
* Os valvula destitutum.
LXJX. Trachelius. Corpus in proboscidem conicam produc-
tum. Os infra proboscidis basin.
LXX. Loxodes. Corpus sursum dilatatum oblique truncatum.
Os superum v. inferum.
LXXI. Bursaria. Corpus sinu longitudinali haud spirali.
Os in sinu.
LXXII. Spirostomum. Corpus sinu lato subterminali spirali.
Os in sinu.
LXXIIL Phialina. Corpus collo brevi, suico circulari discreto.
Os in colli latere.
** Os valvala tremula clausum.
LXXIV. Glaucoma. Os inferum.
Famüia IL Ophryocercineae. Corpus haud loricatum. Anus dor-
salis.
LXX V. Trachelocerca. Corpus fusiforme collo longissimo,
ore terminali.
Famüia IIL Aspidiscineae. Corpus loricatum. Anus terminalis.
LXXVI. Aspidisca. Corpus scutello orbiculari tectum. Os
laterale.
Subtribus HJ. Catotreta.
Oris et ani aperturae haud oppositae, neutra tenninalis.
Famüia L Colpodineae. Corpus haud loricatum, setis, stylis aut;
uncirds destitutma.
.t * Ocellus nullus.
LXXVIL Colpoda. Corpus margine dorsali nudum, proc'essu
linguaeformi instructum.
LXXVIJL Paramecium. Corpus undique citiatum, processu
linguaeformi destitutum.
LXXIX. Amphileptus. Corpus hinc in caudam iltinc in pro-
boscidem desinens, processu linguaeformi destitutum.
LXXX. Ürolepfas. Corpus caudatum, proboscide et processu
linguaeformi destitutum.
^ O&eUus imieus.
LXXXL Ophryoglena. Corpus eaudatum proboscide et pro-
ces&ü linguaeformi destiiutum.

Systema Helminthum. giyi7
Familia 1L OxytricMneae. Corpus haud loricatum, setis, stylis aut
uncinis munitum.
* Corpus ciliatum, setosum.
LXXXII, Oxytricha. Corpus ecornutum.
LXXXIIL Ceratidium. Corpus bicorne.
^ Corpus ciliatum, stylis aut uncinis munitum.
LXXXIV. Korona, Corpus uncinis munitum.
LXXXV. Urostyla. Corpus stylis munitum.
LXXXVL Stylonychia. Corpus stylis et unciüis munitum.
Familia IIL Euploteae. Corpus loricatum.
LXXXVIL Discocephalus. Corpus uncinis stylisque destitutum,
capite discreto.
I/XXXVJUL Himantophorus. Corpus uncinis stylisque destitutum,
capUe haud discreto.
LXXXIX. Euplotes. Corpus uncinis stylisque munitum.
Tribus 1L Dentata.
Os dontium corona interna circumvallatum.
Suhtribus L Enantiotreta.
Oris ei am aperlurae terminales diametraliter oppositae.
Familia I, Prorodonfeae, Corpus haud loricatum.
XC\ Prorodon. Os recto truncatum.
Subfribzis U. Allotreta.
Oris (^ aiu aperturae liaud oppositae, alteruta terminalis.
Fanufiff /. Chilodontcae. Corpus liaud loricatum. Anus terminalis.
X^A C/iilodon. Corpus sursum oblique aut ae^ualiter ro-
(niidatum.
Subtribus III. Catotreta.
Oris et uni ap(4"turae haud oppositae, neutra terminalis.
Familia J. Chlamidonleae. Corpus loricatum. >
XC1L fihlawidodon. Os superum.
Herr Cnstos Dr. Penzi, w. M., richtete an die Classe folgendes
Ansuchen:
Seit mehreren Jahren mit Herbeischaffung und Zusammen-
stellung von Materiale Behufs einer Flora des westlichen Theiles
Sitzb. d. mathein.-naturw. Cl. L Bd* ^

g y § FenzL Antrag bezüglich
des tropischen und subtropischenAmerica beschäftiget, bin ich bereits
so weit fortgeschritten, dass die Flora Mexico's, Central-America's,
Neu-Granada's und Chilfs in Angriff genommen werden könnte, fehlte
mir nicht beinahe Alles, was aus Peru seit den Zeiten R u i z und
P a von s bekannt geworden und mittlerweile von Reisenden aus diesem
in naturhistorischer Beziehung höchst interessanten Lande nach-
gebracht worden ist.
Nachdem der Wissenschaft durch Hooker eine Flora des arc-
tischen subarctischen Theiles von Nord-America, durch Nuttal
Torrey und Gray die des mittleren bis an die Grenzen Mexico's,
durch Ramon de l a Sagra die dergrosseren Antillen, durch Ben-
tham jene Surinams, durch En dlicher und Martins die Brasi-
liens , theils vollendet thcils in rascher Fortsetzung begriffen , gelie-
fert worden, entbehren wir bis zur Stunde einer Übersicht über Alles,
was in botanischer Beziehung über die Pflanzenschätze der da-
zwischen liegenden Landstrecken geliefert wurde. D'as Bedürfniss
eines diese Lücke in der botanischen Literatur ausfüllenden Com-
pendiums ist bereits so fühlbar und laut ausgesprochen worden, dass
es in der That zu einer nöthigenden Aufgabe jener Fachmänner
geworden ist, die im Besitze eines solcher Arbeit entsprechenden
Materiales sich befinden, Hand ans Werk zu legen.
Bei dem Umfange eines solchen Unternehmens, das die Kräfte
und Mittel eines Einzelnen jetzt schon übersteigt, kann es keinem
Zweifel unterliegen, dass nur die kräftige Unterstützung von Seite
einer Akademie, theils durch HerheLsdiaffung des Fehlenden, theils
durch Gewinnung tüchtiger Mitarbeiter die Ausführung eines .solchen
Planes ermöglichen könne. Unsere Museen und Bibliotheken bergen
bereits einen reichen Schatz des zu bcnöthigenden Materialos, ihre
Hülfsmittel reichen aber aus leicht begreiflichen Gründen nicht hin,
den Special-Erforderuissen zu genügen, die ein solches Unternehmen
dringend erheischt. In einem solchen Falle befindet sich nun eben
der Antragsteller, dem einerseits die Gelegenheit geboten ist, sein
Materiale auf die genügendste Weise durch den Ankauf des peru-
anischen Herbars des berühmten deutschen Reisenden und Gelehrten
Poeppig zu vervollständigen, andererseits er durch ein Entgehen
dieser unschätzbaren Sammlung sich genöthigt sehen würde,
auf die Ausführung seines Unternehmens für immer zu verzichten,
Er fühlt sich bei einer solchen Lage im Interesse der Wissenschaft

des Ankaufes von Poeppig's Herbar, g 70
daher gedrungen, eine verehrliche Classe um die Bewilligung einer
Summe von 1SOO fl. Behufs des Ankaufes gedachter Sammlung zu
bitten und zwar um so mehr, als bereits vom Auslande Anträo-e zum
Erwerb derselben an Prof. Poeppig gestellt worden, der sie lieber
Deutschland erhalten wissen will, als sie, wie so manche andere von
deutschen Gelehrten angeleg-te, wie z.B. die Chamisso's, Neu-
wied's und Schrader's über unsere Grenzen wandernzusehen.
Dieses Ansuchen erhielt die Zustimmung der Classe und später
auch der Gesammt-Akademie.
Herr Ritter v. Hauer setzt seinen Reisebericht fort.
Herr Karl Schön l) i chic r hat ein Exemplar seines schon vor
einigen Jahren im Verlage der Mülle r suchen Kunsthandlung erschie-
nenen MidtiplicalioiLs-Rog'istera in der Absicht eingesendet, durch eine
beifällige Beachtung desselben in der Akademie diesem zur leichteren
Ausführung ^rosserer Multiplicationcn nach Art einer Rechenmaschine
dienenden Hilfsmittel hei den praktischen Rechnern mehr Eingang zu
Vorschauen. Auf die günstige Meinung, welche der Secretär über
diese MiilUplicatious-Vorrichtung ausspricht, gestattet die Classe die
Erhnung derselbe« in den Sitzungsberichten.
Dieses Multiplications-Register leistet die Dienste einer Tabelle
der Vielfachen jedes (bei der Ausdehnung des vorliegenden Exem-
plaros inil nicht mehr als zehn Ziffern geschriebenen) Multiplicandus
und kann als (»in^ Verbesserung der Neper'schen Rechenstäbe betrach-
tet werden.
Die Stelle der Slähe vertreten hier Papierstreifen, die, neben
und über einander liegend und am oberen Ende festgeklebt, jede Com-
binalioii einfacher Ziffern, woraus der Muliiplicandus bestehen mag,
mit Leichtigkeit aufzuschlagen gestatten. Die über einander liegen-
den, ein Päckchen bildenden Papierstreifen gehören den Ziffern
O, l, 2 u. s. w. bis 9, welche an der so vielten Stelle, als das Päck-
chen einuimml, im Multiplicandus vorkommen können. Jedes Päckchen
enthält also genau dieselbe Reihe von Streifen. Jeder einzelne Strei-
fen ist durch Querlinien in Fächer getheilt, die sonach von oben nach
unten zu auf einander folgen. Die Querlinien der neben einander
37 w

g § 0 Schönbichler. Multiplications-Register.
liegenden, also zu verschiedenen Päckchen gehörenden Streifen
passen genau an einander, so dass sie als Theile grösserer über das
Ganze weggehender Querlinien erscheinen. In jedem der durch die
Querlinien gebildeten Fächer steht eine Ziffer; sie ist die Einheiten-
ziffer des Prodnctes der Zahl, welcher der Streifen angehört, mit
einem der Factoren 2, 3, u. s. w. bis 9, oder die Anfangsziffer der
Summe, welche entsteht, nachdem die beim Multipliziren von der
vorhergehenden Stelle des Productes an die vorliegende Stelle zu
übertragenden Einheiten hinzugezählt worden. So stehen also auf
dem zur Ziffer 7 des Multiplicandus gehörenden Streifen zuerst für
den Multiplicator 2 unter einander die Ziffern 4 und S; dann für den
Multiplicator 3 die Ziffern l, 2 und 3; ferner für den Multiplicator 4
die Ziffern 8, 9, O und l; u. s. w. Die zweite Ziffer des (nöthigen
Falls vergrosserten) Theilproductes ist nicht angeschrieben, sondern
es weiset ein von der ersten Ziffer ausgehender Strich auf die um so
viele Queriinien tiefer liegende Ziffer auf dem zur Linken liegenden
Nachbarstreifen, als die Menge der zu übertragenden Einheiten
beträgt. Hiernach lässt sich, wenn die einem gegebenen Multipli-
candus entsprechenden Streifen aufgeschlagen sind, die Zifferreihe
jedes Vielfachen desselben für einen einzifferigen Multiplicator mit
grösster Leichtigkeit übersehen und ablesen. Besondere Bequemlich-
keit gewährt diese Vorrichtung beim Dividiren mit hohem Divisor.
.SITZUNG VOM 7. DECEMBER 1848.
Herr Bergrath Haidinger macht folgende Mittheilung: Über
eine eigenthümliche Varietät von Talk.
Vor einiger Zeit übersandte mir Herr Ritter von Piltoni ein
Stück einer sehr merkwürdigen Varietät von Talk, die in einem
Chromsehurfe Sr. k. k. Hoheit des durchl. Erzherzogs Johann bei
Kraubat in Steiermark aufgefunden worden war.
Das Stück zeigt eine besondere Art von Structur oder Zusam-
mensetzung, die in den mineralogischen Lehrbüchern bisher noch
nicht vollständig gewürdigt worden ist. Allerdings - ist das Interesse
dafür ein untergeordnetes im Vergleiche mit so manchen ändern,
welche insbesondere die Krystallform angehen, aber es geliert doch
auch diese in den Bereich der mineralogischen Terminologie, und als

H a i d i n g e r. Eigenthumliche Varietät von Talk.
881
•n. i r< ßÄCW
Fig.l.^ /
solche verdient sie doch gekannt und vorzüglich auch benannt zu
werden. Man wird sie nicht mit Unrecht die schalig-stängliche
Zusammensetzung nennen.
Die beifolgenden Skizzen zei-
gen Fig. l die Ansicht von der
Seite, Fig. 2 den Querschnitt der-
selben Das Ganze ist ein unregel-
mässiges Gangtrum des gewöhn-
lichen blass - apfelgrünen Talks,
stänglich zwischen Salband A und
Salband B. Die einzelnen Theile
a, b, c, d folgen manchmal einer
Hauptrichtung, indem sie sehr
stumpfe Winkel mit einander bilden,
öfters sind die Winkel schärfer;
das Ganze sieht etwas unregel-
massig gefalteter Wäsche ähnlich.
Der Qucrbruch Fig. 2, ist nur
durch eino Art von Zerreissen ganz
unrcgclmässigzn erhalten. Er zeigt
die parallel auf einander folgenden
Talkblätter aber auch die dreisei-
tigen QiierschniUo, wciclie von je dreien derselben hervorgebracht
werden. Durch den Bnicli in (I(T Richtung der stänglichen Zusam-
mcn.scixiuigsstücke lost sieh sun Ende das Ganze in unregelmäs-
sigc dreiseitig keilförmige Bruch.stücke auf. Innerhalb der stäng-
lichcn Zusannnonsetxunp beginnt, die Mchalige, man kann sie also
wohl, indem man vom Individuum ausgeht, schalig-stänglich
nennen. Auf eine ähnliche Zusmimionsetzung, aber eine körnige
aus schali^cn Blättern, also eine schaiig-körnige, hat bereits
Schaffhaull1) an dem Chromgliinmer aufmerksam gemacht. Theil-
bare Individuen bis zur Grosse eines Viertclzolles häufig zu Körpern
gruppirt, welche schiefen Prismen ähnlich wird, und deren Flächen
alle Theilharkcit zeigen. Er hat an denselben selbst eine Art von
Gleichmässigkeit der Winkel bemerkt, indem eine Fläche als Basis
Fig. 2.
1) Wo hie r und Liebig'y Annalen XLVI. pag. 325.

582 Haidinger. Eigenthumliche Varietät von Talk.
betrachtet gegen eine scharfe Seitenkante unter etwa 64 geneigt
ist. In der Mitte solcher Gruppen findet sich oft Fuchsit.
An der einen Seite des Stückes, Fig. l, D, findet man im Innern
der oben erwähnten dreiseitigen Keile nichts anderes, als immer
wieder Talkblättchen, die sich parallel oder geneigt an die äusseren
anlegen. Gegen die andere Seite C zu zeigt sich eine Verschiedenheit;
man trifft erst die inneren dreiseitigen Räume aus einer blass-berg-
grünen amorphen Masse, sogenanntem edlen Serpentin bestehend,
dann erscheint dieser letztere noch zusammenhängend, aber von Talk-
blättchen durchzogen, die sehr dünn sind, aber doch schon genau
die Lage besitzen, welche früher besdirieben worden ist. Rei dem
schnellen Überhandnehmen der amorphen Masse in der Richtung von
D nach C darf es wohl nicht bezweifelt werden, class diese noch vor
dem Ende der Kluft die einzige Ausfüllungsmasse bleiben muss.
Diese Beobachtung ist es nun, Weiche-eigentlich an dem Stücke
die meiste Berücksichtigung verdient. Durch sie wird man geleitet,
das Ganze auch der Zeit nach als ein Fragment; der Riklungsgeschichte
des Gesteins zu betrachten, aus welchem es genommen ist. Die Auf-
einanderfolge verschiedenartiger Massen gibt selbst eine nicht mnvalir-
scheinliche Lösung der auf den ersten Rlick so sonderbaren Erschei-
nung. In dem anfänglich grob aus allen Restandtheilen gemengten
Serpentin traten allmählich die gleichartigen Theile zusammen, das
Chromerz, der Magneteisenstein in Krystallen und Körnern, körniger
bräunlicher Augit, zunächst an demselben die reineren sorpentin-
artigen Mischungen in unregelmässigen kurzen Gangtrümmern. Aber
diese letztere Masse wird durch den Druck von beiden Salbändern
aus zerspalten; die Druckknoten sind zugleich die Minimum-Orte für
das Wasser, welches von dort aus durch den Druck aus^epresst wird:
hier beginnen zugleich die Rlättchen des Talks oder wasserlosen
Magnesiahydrats Mg Si auf Unkosten des früher vorfmdlicheii Hydro-
silicats der Serpentinformel 2 Mg3 Si3-!-^ Mg A3, wobei 5 M^ und
6 H entfernt werden müssen. Die Veränderung ist hier unterbrochen
worden, bevor noch alles in Talk verwandelt war, und sie begann von
der Seite D. Sie ist eine wahre Entwässerung und gehört somit in die
Reihe der katogenen Rildungen, von denen man wohl berechtigt ist anzu-
nehmen , dass sie in der Richtung von unten gegen oben stattfanden.
Freilich wäre es sehr wünschenswert!!, die Mischungsverhält-
nisse aller an dem Stücke sichtbaren verschiedenartigen Körper für

Haner, Reisebericht, gfig
sich zu untersuchen, allein dazu ist zu wenig Material vorhanden.
Überhaupt muss jetzt noch so manches als vorläufige Beobachtung
gelten, was erst die Forscher, welche Gelegenheit haben Vorkom-
men dieser Art in ihren natürlichen Lagerstätten zu untersuchen,
aufmerksam macht, für chemische Arbeiten durch reichliches Auf-
sammeln vorzusorgen, denn diese müssen am Ende die Beweise für
die Richtigkeit der im Vorhinein gefassten Ansichten liefern.
Herr v. Hauer beschliesst seinen freien Vortrag über die von
ihm und Dr. Hörne s gernachte Reise.
Folgendes ist der wesentliche Inhalt dieses Vortrages:
Der Herr Berichterstatter beginnt mit der Erklärung, dass er es
für seine erste Pflicht halle, nach der Rückkehr von dieser im Auf-
trage der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften unternommenen
Reise nach Frankreich und England , die seinen Begleiter und ihn
über fünf Monate von Wien entfernt gehalten hatte, der Akademie
den wärmsten Dank auszusprcchon für die ihnen dargebotene Gele-
genheit, ihre KenntnLsse xu erweitern. Sie wüssten vollkommen das
hohe Vertrauen zu würdigen, welches man in sie gesetzt, seien sich
aber auch der Veranlworllielikeit bcwusst, die ihnen dasselbe aufer-
lege, und fühlten, dass mir die höchste Anstrengung im Stande sein
werde, den Forderungen, die man nun an sie zustellen berechtigt sei,
Genüge xu leisten.
Die von (Ion Hormi ßcrgralli Haidinger und Custos Partsch
den Reisenden iml^edieillc IiLstruclion hatte als Hauptpunkte, denen
sie ihre AnfimTksainkcit 7.uwcnd(4i solllen, bezeichnet:
1. Die samintlichcn Arbeiten, welche in Frankreich durch die
Hrn. Elie B o an in o n l und Dufrcnoyhöi der Vollendung der
geologischen Karte von Fr«nkreich ausgeführt wurden.
2. Dio silminilichcii Arbeiten, welche in England unten der Lei-
tung des Sir Henry de l a Reche im Gange sind, um das Land
geognostisch zu durchforschen, und die Resultate in Karten wieder-
zugeben.
Reides in wissenschaftlicher, lechnischer und administrativer
Reziehung.
3. Die Folge der Gebirgsschichten in England und Frankreich,
besonders xnr Vergleichung mit den ähnlichen Formationen in
unseren eigenen Gebirgen.

584 Hauer.
4. Das Anknüpfen und Fortführen freundschaftlicher wissen-
schaftlicher Beziehungen mit den Forschern in den zu durchreisen-
den befreundeten Ländern.
Die Reiseroute wurde nur ganz im Allgemeinen bezeichnet, und
den beiden Reisenden der Auftrag ertheilt, sich hinsichtlich derselben
erst mit den Geologen in Frankreich und England zu besprechen.
Endlich wurde ihnen anempfohlen, von Zeit zu Zeit brieflich
Nachricht von ihren Unternehmungen zu geben.
Aus diesen brieflichen Mittheilun^en hatte Hr. Bergrath Hai-
dinger ein übersichtliches Bild des ersten Theiles der Reise der
beiden Herren zusammengestellt und der Classe in ihrer Sitzung am
20. Juli vorgelegt. In ähnlicher Weise, erwähnte Hr. v. Hauer,
wolle er es versuchen, auch den zweiten Theil zu schildern. Er
behalte sich dabei vor, auf einzelne Gegenstände, die ein längeres
Studium nöthig machen, so insbesondere auf die geologischen Arbei-
ten in England, bei späteren Gelegenheiten ausführlicher zurückzu-
kommen.
Von London aus, bis wohin die Midlioiluug des Herrn Bergraths
Haidinger reicht, begaben sich die Reisenden über Birmingham
in die silurischen Districte von Wolverhampton und Dudloy. Die
Schichten des Wenlockkalksteines bei Ironbridge lieferten eine reiche
Ausbeute von Fossilien, und die Sammlungen der Herren Gray und
Fletcher in Dudley, die die merkwürdigsien und seKenslen Ge-
genstände enthalten, welche seit einer langen Reihe von Jahren
in der dortigen Gegend vorgekommen waren, crlaublen mit einem
Rlicke die Fauna dieser Formation zu übersehen. Über Derby,
woselbst sich ein kleines, ziemlich unbedeutendes Museum befindet;,
setzten sie ihren Weg weiter fort nach York. Herr C h a r l c s w o r t h,
Herausgeber des London geological Journal, Vorsieher des dortigen
Museums, machte beide Herren auf die vielen interessanten Gegen-
stände desselben aufmerksam. Resonders die nach der Reihenfolge der
Formationen geordnete Sammlung bot viele Belehrung. Überdies
sahen sie in York die Sammlung des Herrn Rced, enthaltend die
Fossilien der benachbarten Juraschichten, und machten die Bekannt-
schaft des Herrn Higgins, dereine sehr interessante Sammlung der
Lias - Insecten von Aust bei Bristol besitzt.
Von York machten sie einen Ausflug nach Scarborough und
Whitby, und lernten in einigen prachtvollen natürlichen Durchschnitten

Reisebericht, ggg
beinahe sämmtliche Glieder der englischen Jura-und Liasfor-
mation kennen. Mit Hülfe von Phillips classischen Beschreibungen
kann man hier schneller eine Übersicht; dieser Bildungen erlangen,
als vielleicht in irgend einem anderen Theile der Welt. Die reichen
Sammlungen der Herren Lakenby und Beane in Scarborough,
dann die unter Herrn Simpsons Leitung stehende, sehr interes-
sante Museal-Sammlung in Whitby erleichterte dabei ebenfalls we-
sentlich ihre Aufgabe.
Der nächste wichtige Punkt, den sie besuchten, Newcastle,
wurde ihnen besonders durch die freundliche Gefälligkeit des Hrn.
Doctors Chariten lehrreich. Nicht nur zeigte ihnen derselbe die
Schichten der Kollleuformation in einer der Gruben, und die in der-
selben vorkommendon Pflanzonresle in dem Museum; er schenkte
ihnen übcrdiess eine reiche Sammlung dieser Pflanzen, die einen
guten Anhaltspunkt zur Ver^leichung mit unseren österreichischen
Kohlenpflanzon darbielen wird. Herr K i u g zeigte den Reisenden
seine Sammlung- der Fossilien des Zechsleincs von Sunderland, über
welche er eine Arbeit für die Schriften der paläontographisehen Ge-
sellschaft in London vorhcrciiel, und gab ihnen die nöthigen Anwei-
sungen, um bei einem Ausflug nach dorn genannten Orte diese
interessante l^onnatiou studieren %u können.
Von Nowcustle begaben .sie sieh n'ach Edinburgh. Die Besich-
tigung d(T .schonen lIinversiläLsstmimlung und der des Herrn Dr.
Treal, eim1 Kxcursion auf (Ion benachbarten Arthur's Seat, wohin
Hr. Prof. F orb es selb.sl sie zu ho^IcKcn die Gefälligkeit hatte,
Anknilpfuns von Bokannfsciraflen mit (Ion HeiTcn Allan Goodsir
u. A., inach^n ihren vioriägisen Aufenthalt daselbst eben so ange-
nehm als lohrmch.
Von Kdinbui^li gin^ niaii, da die Zeit drängle, ohne weiteren
Aufenthalt über ('ahuulor und den Locii Lommon nach Glasgow,
dann weiter über Liverpool und Bristol nach Swansea, wohin die
Reisenden durch Sir Henry de l a Bccho\s Vcrmittelung zum Besu-
che der 18. Jahresversammlung der Brittish Association for the Ad-
vancemcnt of Sciences eingeladcn worden waren. Ihre Hoffnung,
daselbst mit vielen der ausgezeichnetsten Gelehrten Englands, die an
ihren Wohnsitzen aufzusuchen keine Zeit mehr übrig blieb, zusam-
menzutreffen, wurde auf glänzende Art erfüllt. Zum Präsidenten der
geologischen Section, deren Sitzungen sie natürlich am fleissigsten

586 Hauer.
besachten, war delaBeche gewählt worden; ausserdem trafen sie
dort die Herren Buckland, Greenough, Homer, Bowerbank,
Forbes. Ibbetson, Philipps, Egerton, Mantell, Ramsay,
Oldham und den Amerikaner Rogers; unter den Physikern und
Chemikern waren Faraday, Brewster, Whewell, Wheatsto-
ne, Grove, Playfair, unter den Zoologen Owen zugegen. Von
allen diesen Herren wurden sie mit gleicher Herzlichkeit aufge-
nommen.
Von Swansea gingen sie über Dowles House, wo sie in Hrn.
Rogens Gesellschaft das sehr lehrreiche Steinkohlenbecken von
Südwales studirten, nach Aberystwith, wo sie mit Ramsay, dem
Director des Geological Survey für England zusammentrafen. Der-
selbe geleitete sie nach Lianberris, am Fusse des Snowdon, wo eben
die Untersuchungen für den Geological Survey im Gange waren. Vier
Tage brachten sie hier damit zu, unter seiner Leitung die Methoden
kennen zu lernen, die man hier bei Anfertigung der geologischen
Karten und Durchschnitte anwendet, so wie auch eine Übersicht
der ganzen Administration dieser wahrhaft grossartigen Unterneh-
mung sich zu verschaffen. Auch Herr Smyth, der Mining Geologist
für den Geol. Survey, den beiden Reisenden schon seit seinem Auf-
enthalt auf dem Continent befreundet, traf hier mit ihnen zusammen,
und belehrte sie über die von ihm unternommenen Arbeiten.
Einer Einladung des Sir Philipp Egerton folgend, begaben
sie sich weiter nach Aulton Park in Chesire. Seine prachtvolle Samm-
lung von fossilen Fischen, dann die ringsum auftretenden Schichlen
des New red sandstone, so wie die schönen Salzgruben in demselben
nahmen ihr volles Interesse in Anspruch.
Da die schon vorgerückte Jahreszeit die Vollendung der Reise
durch das südliche Frankreich und die Schweiz, wie sie ursprünglich
projectirt war, nicht mehr zu erlauben schien, das letztere Land aber,
dessen Gebirge als eine unmittelbare Fortsetzung der österreichischen
Alpen für die Vergleichung mit denselben vor Allem von Wichtigkeit
sind, in keinem Falle aufgegeben werden durfte, so gingen sie ohne
weiteren bedeutenden Aufschub zurück über London, Dover, Ostende
und Köln nach Mainz. Von letzterem Orte machten sie einen Ausflug
nach Wiesbaden,, sahen daselbst die schöne Sammlung von Fossilien
aus den devonischen Schichten des Rheinthaies, die die Gebrüder
Sandberger durch jahrelange Bemühungen zusammengebracht

Reisebericht, gg^
hatten, und gingen dann weiter nach Frankfurt, um Hermann
v. Meyer kennen zu lernen und das prachtvolle Senkenberg'sche
Museum in Augenschein zu nehmen.
Weiter führte die Reisenden ihr Weg über Darmstadt, wo sie
zwar Herrn Prof. Kaup nicht antrafen, doch aber die Musealsamm-
lung und die schöne Klipstein\sclie Sammlung, die den berühmten
DmotheriuiTLSchädcl enthält, sahen, nach Heidelberg. Geheimrath
Leonhard, Hofrath Bronn und Prof. B I um zeigten alle gleiche
Theilnahme für den Zweck ihrer Sendung; bei letzterem sahen sie
die wohl reichste Sammlung von Pseudomorphosen, die exislirt.
Von Dannstadt begaben sie sich über Strassburg und Freihurg
nach Basel; in erster Stadt befindet sich ein sehr gut geordnetes
Museum mit naturhistorischen Sammlungeil aller Art. Leider trafen
sie Schi in p er, der gegenwärtig als Nachfolger von Volz Custos
an demselben ist, nicht an, ebenso war Herr Professor Braun aus
Freiburg abwesend.
Aus (lein badLschcn Ober lande giu^ os weiter in die Schweiz.
Auch liier wiu'cu zu ihrem ^rosson Bedauern viele der berühmtesten
Geologen dieses intenwanteii Landes vom Hause entfernt; doch sahen
sie alle wichtigeren Museen, und konnten dein regen wissenschaft-
lichen Sinne der Bevölkerung , der seihst, in den kleinsten Städten
wLssonschafilidio Anfallen von hoc'hslor Bodeulung ins Leben gerufen
hat, ihre Bewundcrim^ nicht vorsagen. In Basel begleitete Herr
Rathsherr P. M erian beide Hm'cfi in das unter seiner Leitung ste-
hende Museuni; die Sammlun^on wurden eben in ein neues, sehr
schönes und weitläufiges Gebäude, dessen Erhauungskosten durch
eine Subseription unter (leu mchen Baseler tiüi^ern gedeckt waren,
üherlrugon. InSolothurn Ls( durch l^rof. H iigi'sVcrdiensI ein Museum
entsiamlon, dein er vselbsl als Custos vorsieht; die Fossilien des Port-
land, welche Formution .sie in (Ion aus^odohnten Steinbrüchen, diciit
an der Sladi, sludircn konit^^i, Imdoi man liier in bewunderungs-
würdiger Schünheii uiul VollständigkeiL In Neufchatel hat leider die
vor Kurzem %ur Hegierung gelangte radikale Partei die vormals so
blühende Akademie der Wissensciiaflen aufgelöst. Ein Guiox,
Mariin u. A. verliessen in Folge dessen die Stadt, und ebenso ist
jede Aussicht abgesperrt, Agassiz dahin zurückkehren zu sehen,
doch gewährte das prachtvolle Museum, das unter Coulon's um-
sichtsvoller Leitung steht, viel Genuss; auch machten die Reisenden

ggg Hauer. Reisebericht.
aufdessenAnrathen einen Ausflug in die bekanntenNeocomien-Brüche.
Das Museum in Lausanne enthält wenig von Fossilien, dafür aber
eine der schönsten Mineraliensammlungen, die man sehen kann;
Lardy's Privatsammlung konnten sie, da der Besitzer abwesend war,
leider nicht sehen. In Genf trafen sie weder Fielet noch Favre;
auch hier fanden sie im Museum eine ausgezeichnete Mineraliensamm-
lung. In Bex besuchten sie Charp entier und Lardy, welche sie
mit den geognostischen Verhältnissen der Umgegend bekanntmachten,
und erhielten bei Herrn Thomas eine schöne Suite von Alpenfos-
silien aus der Schweiz. Ch^arpentier^s prachtvolle Sammlung von
Land- undSüsswassermollusken, wenn auch nicht direct im Bereiche
ih»er eigenen Studien, wurde ihnen doch durch des Besitzers Beleh-
rungen sehr interessant. In Bern trafen sie leider Herrn Studer nicht
an, dagegen machte sie B runner der jüngere mit grösster Gefäl-
ligkeit mit den Sammlungen des Museums, dessen Fossilien er eben
zu ordnen beschäftigt war, und mit seinen eigenen neuesten geologi-
schen Arbeiten bekannt. Die reiche Suite von Schweizer-Alpenfos-
silien, so wie die Nummuliten, deren Species endlich definitiv festzu-
stellen, den Bemühungen Brunnens gelungen isl, waren für die
Reisenden von besonderer Wichtigkeit. Auch das Museum in Zürich
ist durch seinen Reichtlium an Alpenfossilicn ausgezeichnet. Herr
Professor M o u s s o n hatte die Güte, sie in dasselbe zu begleiten,
da Escher von der L int h abwesend war. Ucbcrdicss sahen
sie in Zürich eine der schönsten existirenden Privatsarnrnlungen
von Mineralien, die der freundliche Besitzer, Herr Wiser, ihnen
zeigte. Besonders interessant sind in derselben die Vorkommen von
Schweizer Mineralien.
Von Zürich gingen die Reisenden über Schaffhauson nach Tübin-
gen, und da sie daselbst Herrn Prof. Quenstedt nicht antrafen,
gleich weiter nach Stuttgart. Herr Ober-Medizinalrath Jäger gelei-
tete sie selbst in das' schöne Museum, so wie in die benachbarten
Keuperbrüche, und Herr Plieninger zeigte ihnen einen sehr inter-
essanten neuen Saurier aus dem Keuper von Stuttgart, mit dessen
Zusammensetzung er eben beschäftigt war.
Die weitere Rückreise führte sie nach München, wo sie zu
ihrem Vergnügen die Münsterische Petrefacten-SammIung unter
Prof. Wagner's Leitung bereits aufgestellt fanden. Durch die
Munificenz der k. bayerischen Regierung ist dadurch München um

Morlot. Über künstliche Darstellung von Dolomit. ^S^
einen wissenschaftlichen Schatz bereichert, den keine andere Stadt
in Europa in gleicher Schönheit aufzuweisen hat. Nachdem sie einige
Tage dem Genüsse der Beschauung dieser herrlichen Sammlung, so
wie der übrigen Sehenswürdigkeiten von München gewidmet hatten,
begaben sie sich über Salzburg nach Linz, wohin eben Herr Custos
Ehrlich von seiner Reise durch die Österreichischen Alpen mit
reicher wissenschaftlicher Ausbeute zurückgekehrt war, und trafen
am 7. October in Wien ein.
Schliesslich, bemerkte Herr v. Hauer, dürfe er nicht unerwähnt
lassen, dass wenn, wie er hoffen zu können glaube, es seinem Gefähr-
ten und ihm gelungen sei, den Zweck, zu dem man sie ausgesendet,
wenigstens annähernd, zu erreichen, sie dies lediglich der thätigen
Unterstützung, die man ihiion allerseits augedeihen liess, zu verdan-
ken halten. Emc allgemeine Verbrüderung, wie man sie in der Politik
bisher leider vergeblich an^csirebi, ist unler den Männern der Wissen-
schaft in der Thai längst schon erreicht; in allen Ländern, die sie
durchwandert, lial der EnLsdiluss der kais. Akademie, sich an die
Spitze der auszuführenden geologischen Forschungen zu stellen, die
freudigste Theilnahmo erregl und ilberall hat es nur der Erwähnung
der Absichleu der Reiscml^ii hedurfi, um ihnen die kräftige Hülfe
der horvorra^ondston Gelehrten zuzusichern.
SITZUNG VOM 14. DECEM1JER 1848.
In Beziehung mitdoii vom llcmi Bcrgrathc Haidinger in der
Sitzung vom lö. NovernlKT ^'esiellton Antrag, hall Herr v. Morlot
nachstehenden Vortrug:
Kaum halle »sich dio Geologie aus dorn hartnäckigen Kampfe der
Ncptunistcn und Pldtonistcn mühsam hmusgewunden unddemWns-
ser wie dein Feuer, einem joden (las Seine zuerkannt m der Bildung
der festen Erdrinde, deren .sännnilichc Thcilc sie fortan in zwei
Hauptciasson bringen konnte, als sich sehr bald eine neue, fast eben
so inhaltsschwere Frage ciilwickelle, indem man eine eigene Kategorie
von Gcbirgsarlen beobachtete, welche die llauptcliaraktere der neptu-
nischen mit denen der plutonLschen Gebilde, Schichtung mit Kry-
stallinität vereinigen.
Die erste Erklärung dieser Erscheinung, die sich dem Geiste
aufdrang, war, dass rn;ui es hier mit einer ursprünglich gewöhnlichen

^q0 M o rio t. Über kunstliche
Sedimentformation zu thun habe, die aber später durch den Einfluss
von feurig-flüssigen, aus der Tiefe emporgedrungenen Massen umge-
wandelt worden wäre. — Dies war die Lehre des Metamorphis-
inus wie sie in ihrer ersten einfachen Form seit beiläufig einem
Menschenalter besteht, aber nicht länger bestehen kann, indem die
seitherigen Fortschritte in der Wissenschaft die Schwierigkeiten
jener ersten Erklärung so vermehrt haben, dass man gegenwärtig
zu den extremsten Ansichten gefülirt worden ist. So wollen die Einen
nicht-nur den massigen Granit, sondern sogar den früher für meta-
morphisch gehaltenen Gneiss in feurig-flüssigem Zustand aus dem
Erd-Innern emporgestiegen sein lassen, während Andere gerade um-
gekehrt bisher für plutonisch gehaltene Massen von Porphyr als durch
Umwandlung von Sedimentgebilden entstanden anerkennen, und end-
lich eine dritte, freilich unbedeutende Partei, sowolü die geschich-
teten krystallinischen Gesteine als die ganze Reihe der massigen
Gebirgsarten, vom Granit bis zum Basalt, ohne weiteres für einen
Absatz aus dem Wassei erklären, und so die veraltete Werner'sche
Theorie wieder aufzufrischen versuclien. — Und was den gegenwär-
tigen Zustand der Wissenschaft erst recht charakterisirt: man weiss
gar nicht nach welcher Richtung sich zu wenden, und muss einst-
weilen, in Ermangelung eines besseren Ausweges, die beiden erst-
genannten Extreme wenigstens — da sie beide die grossten Autori-
täten und besten Gründe für sich haben — gelten lassen.
Doch den gordischen Knoten zu lösen eröffnet sich eine Aussicht
in diesem Momente der grossten Verwirrung.
Als eine der bedeutungsvollsten Fragen, in Bezug auf Metamor-
phismus, gilt wohl mitRecht die Entstellungsweise des Dolomites, und
ihre zu erwartende Lösung ist als der Schlüssel zu dem Complex der
r äthselhaften Erscheinungen bezeichnet worden, welche die Alpen
für den Geologen zu einem Lande der Wunder stempeln. Sie wurde
durch den Begründer der neueren Geologie aufgestellt; Leopold
v. B u cli erkannte zuerst, da&s die oft ganz massigen und versteine-
ruagsleeren Dolomite des südlichen Tirols früher geschichteter Kalk-
stein waren, schrieb aber diesen ümwandlungsprocess dem Pluto-
nismus zu. — Diese Frage hat seither die Aufmerksamkeit der Welt
immer mehr in Anspruch genommen, und während die Einen die
bewunderungswürdig scharfe Beobachtung Leopold v. Buch's ver-
warfen, weil sie ilire Erklärung für unzureichend anerkannten, haben

Darstellung von Dolomit. gQ-|
sich Andere bemüht, eine bessere Erklärung zu finden ; sie gingen
aber dabei immer von der einmal vorgefassten Meinung einer plutoni-
sehen Ursache aus, und gelangten zu keinem Resultat. — Wie fest
die durch Solbstanschauung gewonnene, klare Überzeugung von dem
metamorphischen Charakter des Dolomites, bei der gänzlichen Unmög-
lichkeit sich durch bekannte Ursachen von seiner Entstehungsweise
Rechenschaft zu geben, wurzelte, beweist der Umstand, dass so"'ar
die Vermuthung ausgesprochen wurde, es möchten Talkerde und
Kalkerde isomere Formen desselben Körpers sein, und daher der
Kalkstein durch einen innern Umwandlungsprocess zu Dolomit wer-
den können. Dies gibt wolil den besten Begriff von dem verzweifel-
ten Zustande, in welchem Haidingcr die Frage fand, als er sie auf-
fasste, und durch eine Reihe von scharfen Beobachtungen und wohl-
verkettetcn Inductionen zum Schlüsse kam, dass es eine wässerige
Lösung von Bittersalz sei, welche bei gleichzeitiger Ausscheidung
von Gyps den Kalkstein zu Dolomit umgewandelt habe, und zwar bei
erhöhter Temperatur, da unter den gewöhnlichen Umständen gerade
umgekehrt eine Gypslösung den Dolomit zu Kalkstein umwandelt und
Bittersalz ausscheidet Der darauf hin eingeleitete Versuch erwahrte
vollkommen die vorausgesetzte chemische Reaction; Beobachtungen
ganz anderer Art, aus dem Gebieto der Mineralogie und Geologie,
bringen täglich neue Bestätigungen der lichtvollen Theorie, und kaum
ist sie ruchbar geworden, aLs sich schon aus dem fernen Auslande
Stimmen des freudigen Beifalls huren lassen. So schreibt Fournet,
einer der achtbarsten französischen Geologen, der sich ganz beson-
ders mit dem Metamorphismus beschäftigt, und so eben erst ein
eigenes Werk über Dolomit herausgegeben hat: Vous devez dejä
mir u la moniere dont <m exploite votre theorie que Ton est bien
aise ffavoir wtre pölnt cTappui pour pomoir retourner la que-
stion et se iirer (Vun mauvaü pas, n ^etait temerairement
engage. MparaitqueMr. J'Sliede Beaumontrenonceauxcra-
teres de soulevement avec wpeurs wagnesiennes pour adopter
Vaction aqueuse. La revolution ne saurait etre plus complefe!'19
Aber so schön dieso Resultate auch sind, so ist doch die Auf-
gabe nur zur Hälfte gelöst; indem bloss die chemische Reaction nach-
gewiesen wurde, und noch immer das Erforderniss übrig bleibt, den
leibhaftigen Dolomit, wie ihn die Natur gemacht hat, in einer festen
Masse mit erkennbaren Rhomboedern aus Kalkstein, darzustellen.

592 M o rl o t. Über künstliche Darstellung von Dolomit.
Dann erst ist das Werk gekrönt und der Schlussstein zum festen
Gewölbe gelegt, über welchem man sichern Fusses zu weiteren Ent-
deckungen schreiten wird.
Der Versuch, der die chemische Reaction nachwies, war sehr
leicht und einfach auszuführen; es genügte, die zur gegenseitigen
Reaction bestimmten Körper in ein Stück Glasröhre einzuschmelzen
und diese zu erhitzen; allein zur Darstellung des Dolomites, wie ihn
die Natur, gemacht hat, braucht es auch, wie in der Natur, einen
durchziehenden Strom der umwandelnden Flüssigkeit, und dazu
gehört ungefähr folgender Apparat: Ein Stück Flintenlauf, zur
Aufnahme des umzuwandelnden Körpers, in Verbindung gesetzt mit
einer kleinen Druckpumpe, um die umwandelnde Lösung langsam
aber mit grosser Gewalt durch den umzuwandelnden Körper durch-
zupressen, dazu noch ein Reservoir zur anzuwendenden Lösung, ein
Manometer und ein Sicherheitsventil, das Ganze so gearbeitet, dass
es einen Druck von hundert Atmosphären aushallen kann. Dass dabei
Einfachheit in der Construction, mit leichter Handhabung und Unab-
hängigkeit der einzelnen Haupttheile verbunden sein muss, ver-
steht sich wohl von selbst, und der vorgelegte Entwurf dürfte diesen
Bedingungen entsprechen. Ein Umstand von hervorragender Wich-
tigkeit dabei ist, dass dieser Apparat nicht nur ein einziges Mal zu
einem einzelnen Versuche brauchbar ist, sondern dass er zu einer
ganzen Reihe von ähnlichen Versuchen dienen wird, und dadurch
zu den schönsten und interessantesten Resultaten zu führen ver-
spricht. So lässt sich z. B. erwarten, dass, wenn man den Kalk-
spath durch Rasalt ersetzt und im Übrigen die ganz identische
Manipulation vornimmt, sich Serpentin oder Talk bilden wird,
indem die Basen des Basaltes mit der Schwefelsäure des Bittersal-
zes fortgehen und nur die Kieselerde mit der Talkerde zurück-
bleiben müssten, wie es auch wirklich in der Natur der Fall gewesen
zu sein scheint.
Es ist nun leicht, sich einen Degriff von dem Folgenreichthum
des einzuschlagenden experimentellen Weges zu machen; die Wissen-
schaft erleidet dadurch, wie es Fournet bereits anerkannt, einen
gänzlichen Umschwung, und durch eine solche Behandlung der grossen
Frage über die Entstehung des Dolomites schreitet man direct auf
die Entwicklung der Gebirgsmetamorphose los, die so lange ein
unauflöslicher gordischer Knoten blieb.

Uyril. Verlust seiner anatomischen Sammlungen. S 9^
So viel zur Begründung des gestellten Antrages: die kaiserliche
Akademie der Wissenschaften möge eine Summe bewilligen, um den
Apparat herzustellen, welcher zur Erlangung der angedeuteten Resul-
tate erforderlich ist.
Die Classe beschliesst, bei der Gesammt-Akademie zu bean-
tragen, dass zur Anstellung der beabsichtigten Versuche der Betrag
von 3OO fl. C. M. zur Verfügung des Herrn v. Morlot gestellt werde,
welches Ansuchen später die gewünschte Genehmigung erhielt.
Herr Professor Dr. Hyrti hielt nachstehenden Vortrag:
Durch die traurigen Ereignisse, welche der Wiederherstellung
des gesetzlichen Zustandes in unserer Hauptstadt vorausgingen, erlitt
ich den Verlust meiner sämmtlichen Habe. Als ich aus dem bei den
Elisabctinerinnen errichteten Nothspitale für Verwundete, wo ich seit
vier Tagen abgesperrt war, m meine Wohnung zurückkehrte, um
mein blutiges Hemd zu wechseln, fand ich nur die rauchenden Trüm-
mer meiner friedlichen Behausung. Wenn ich auch genug Philosoph
bin, um den Verlust eitler Güter mit Resignation hinzunehmen, so
war doch die durch die Zerstörung meiner Bibliothek, meiner Präpa-
rate, meiner Manuscripte und Zeichnungen vernichtete wissenschaft-
liche Existenz ein allzu harter Schlag, um nicht einen an Verzweif-
lung grenzenden Zustand in mir herbeizuführen, den eine Versamm-
lung von Gelehrten ohne nähere Schilderung begreifen und beur-
theilen kann. Ich kann mir kcunen Vorwurf machen, irgend etwas
versäumt zu haben, was die Rettung des mir so theuren Gutes mög-
lich zu machen seinen. Als die fürchterlichen Zubereitungen begannen,
welche aus dein Ende der Jägerzeile eine Citadelle machten, und das
drohende Gepränge der ZcrstÖrungsmittel des Krieges vor meinen
Fenstern sich entwickelte, brachte ich nieine Schätze in den Kellern
des Hauses in Sicherheit Ich hielt mein Haus sogar für sicherer
als die Universität, da das Gerücht, man sei entschlossen sich dort
bis auf den letzten Mann zu vertheidigen und das Gebäude in die
Luft zu sprengen. Jedem glaubwürdig erscheinen musste, der die
sinistern Gestalten sah, die in dem entweihten Musensitz ihr Lager
aufgeschlagen. Ich liess desshalb, was ich Werthvolles auf der Ana-
tomie besass, Instrumente, Mikroskope, in meine Wohnung schaffen;
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. l. Bd. 38

g 9 4 Hyrtl. Über den Vorlust seiner
doch von Allem, wasichbesass, ist mir nichts geblieben, als das ausge-
glühte Gestell eines Schraubenmikrometers, welches ein Taglöhner
beim Fortschaffen des Schuttes aufgehoben und mir zugestellt hatte.
Es ist nicht meine Absicht, die ganze Grosse meines Verlustes
zu entwickeln, oder über die moralische Weltordnung der Philoso-
phen Betrachtungen anzustellen, zu welchen ein solches Erlebniss
einigen Stoff darbieten könnte; — ich habe diese Einleitung bloss
gewählt, um, so weit sie mir erinnerlich sind, die Resultate jener
wissenschaftlichen Arbeiten mitzutheilen, welche ich für die Akademie
der Wissenschaften, und durch ihre Mittel, unternommen habe. Es
versteht sich von selbst, dass bei einer grossen Anzahl vereinzelter
Beobachtungen, die durch heterogene Ereignisse befangene Erinne-
rung nur auf den hervorragendsten weilen kann.
Ich war im Laufe des verflossenen Schuljahres mit zwei grösse-
ren anatomischen Untersuchungen beschäftigt, welche beide der
Vollendung nahe, und für die Annalen der Akademie bestimmt waren.
Die erste betraf das ürogenitalsystem der Knochenfische. Da
mir aus allen Familien dieser zahlreichen und in der genannten Rich-
tung wenig untersuchten Thierclasse Repräsentanten zu Gebote
standen, hatte ich die Freude ein umfassendes und systematisch
geordnetes Ganzes zu Tage zu fördern, und die vergleichend-anato-
mische Literatur mit den genauesten Details über Formen und üeber-
gänge der Harn- und Geschlechtsorgane zu bereichern. Die Beschrei-
bungen der Harnwerkzeuge von circa 2OO Individuen waren bereits zur
systematischen Zusammenstellung geordnet, jene der Geschlechts-
organe bedurften noch der Completirung durch die Untersuchung der
Anguillen und ihrer nächsten Verwandten, welche ich, als die ver-
wiekelste, bis zum Ende aufgeschoben hatte. Vier Tafeln Abbildun-
gen veranschaulichten die merkwürdigsten Ergebnisse der Arbeit, von
welchen ich hier nur folgende wenige berühre.
a) Es findet ein genau nachzuweisender üebergang von der
ursprünglich einfachen Niere, welche bei allen Gattungen der Schollen
vorkommt, zur doppelten, und (wie bei einigen Siluroiden) sogar
zur vierfachen statt. Letztere kommt dadurch zu Stande, dass durch
die ungemein starke Entwickelung der Querfortsätze der vorderen
Wirbel, jede der parigen Nieren, welche sich bis zu den oberen
Schhmdkiefepn am Schädelgrunde erstrecken, in eine vordere und
hintere getheilt wird.

anatomischen Sammlungen, Schriften etc. g95
&) An den Nieren der meisten Fische lässt sich ein Kopf- und
Bauchtheil unterscheiden. Ersterer ragt bis an oder über den grossen
Keilbeinflügel, letzterer bis zum Ende der Bauchhöhle, und setzt sich,
wie bei Cobitis fossilis 5 selbst in den Canal der unteren Dornen der
Schwanzwirbel fort. Zuweilen fehlt der Bauchtheil gänzlich, und die
kurzen, gelappten, oblongcn Nieren nehmen ganz und gar, wie bei
den Gymnodonten, den Habitus der Amphibienniere an, und sind
auch mit denselben zuführenden Venen versehen.
c) Die allgemeine Regel, dass die Nieren der Wirbelsäule ent-
lang und über der Schwimmblase gelagert sind, erleidet einige merk-
würdige Ausnahmen. So finden sich Nieren im Fleische der Rücken-
muskeln über den QuerforLsätzen der Wirbel (Arms), Nieren im
Schweife, l Zoll hinter dem After (bei Cepola rubescens), Nieren
ausserhalb der Bauchhöhle zur Seite der Träger der Afterflossen (bei
Soled und Monorftir), Nieren unter der Schwimmblase (wie bei den
Welsen), ja .sogar Nierensegmente im Herzbeutel (wie bei den
Schleien), und paarige Niemi in der Wirbelsäule ihrer ganzen Länge
nach (bei Cent^onotus gunefivs). Aus der ursprünglich einfachen
Niere entsteht; di^ vielfach durchbrochene der Clupeen, die Durch-
bruchsstellei)ksind dm'(*h (HO stark vorspringenden InierverCebralknorpeI
bedungen. Mit (lein (irossorwerden der Durchbruchsöffnungen und
ihrem Verschmelzen untereinander, bleibt zuletzt nur eine brücken-
artige Vereinigung der Imden Nieren übrig, welche am häufigsten
am Basioccipihlo und un den vordersten Wirbeln statt hat
d) Je kürzer die Nieren, desto länger die Harnleiter, welche
sich nur selten in den gespaltenen zweili^rnigen Scheitel der Blase
einsenken (CtfprhiuS) Tinca-s tichUbe); meistens nahe am
Ursprunge der Hm'nruhre im'mdon, — und zuweilen, ohne sich zu
einer Harnblase zu verbinden, gleich zur Urethra verschmelzen (wie
bei Henuramphus fmisil^ Esox bellone, Clupea spraitus, Cobi-
tis etc.), oder .spiralis gewunden erscheinen (wie bei Lophius,)—
oder selbst frei durch die Schwimmblase passiren (wie bei Mer-
luccius), oder wie bei Virnelodus sammfc der Vena renalis die
Querfortsätze der vorderen Stammwirbel durchbohren, um das Kopf-
stück mit dem Bauchstücke der Nieren zu verbinden, oder mit Diver-
ticulis versehen sind, welche entweder beim Austritte aus den Nieren
(Zeus falber), oder bemi Eintritte in die Blase vorkommen (wie bei
Chironectes^).
38 ^

^96 Hyrtl. Über den Verlust seiner
e) Eine sehr merkwürdige Erscheinung ist die auffallende,
häufig vorkommende Asymmetrie der Harnblase. Dieses bei wasser-
bewohnenden Thieren scheinbar nutzlose Behältniss liegt nur selten
vollkommen symmetrisch, seine lange Axe mit der geraden Korper-
axe parallel. Sie weicht entweder nach links oder nach rechts ab,
indem sie das Mesorchium oder das Aufhängeband des betreffenden
Eierstockes durchohrt, oder ihrer ganzen Länge nach an die eine
Seitenwand des Unterleibes geheftet erscheint. Der ausgesuchteste
Fall dieser Art findet sich bei der Forelle, wo die elliptische Harn-
blase durch ein kurzes Mesenterium an die rechte Bauchwand geheftet
ist. Selbst symmetrisch in der Medianlinie gelegene Blasen werden
dadurch unregelmässig, dass, wenn sie seitliche Hörner besitzen,
diese an Grosse und Richtung differiren, oder nur eines derselben
vorhanden ist, wie bei Cullionymus Morrisonü, wo die über dem
linken Ovarium gelegene Harnblase von ihrem Grunde ein zum rechten
Eierstock herübergekrümmtes Hörn aussendet. Es ist leicht zu be-
greifen, dass bei einem im labilen Gleichgewichte schwimmenden
TMere, dessen Schwerpunkt, wie bei allen Fischen, über demMitteI-
punkte seiner Masse liegt, ungleiche Belastung seiner beiden Hälften
leicht ein Umschlagen des Leibes hervorrufen würde, wenn nicht
die Asymmetrie der übrigen Eingeweide, und namentlich der Leber,
eben durch die seitliche Verschiebung der oft sehr voluminösen Blase
corrigirt, und dadurch die horizontale Richtung und die aufrechte
Haltung des Fisches auch im ruhenden Zustande möglich gemacht
würden. Auch die ungleiche Grosse der recht- und linkseitigen Blut-
adern und ihrer grossen Sinuse gibt ein wichtiges statisches Moment
für die Aequilibrirung des Fischleibes ab.
Diese Compensationsverhältnisse sind so richtig berechnet und
wiederholen sich so oft in derselben Weise, dass es möglich ist,
beim ersten Blick in die geöffnete Bauchhöhle eines Fisches zu sagen,
ob die Blase nach links oder nach rechts abweichend gefunden wer-
den wird. Es kommt auch vor, dass eine seitlich liegende, sehr
lange, eylindrische Blase, wie sie den Schleimfischen eigen ist, und
welche im gefüllten Zustande schwerer als der Leberlappen sein
würde, welchem sie das Gleichgewicht zu halten hat, sich mit ihrem
Seheitel über die Wirbelsäule weg nach der ändern Seite krümmt,
um sieh selbst zu eontrebalaneiren,

anatomischen Sammlungen, Schriften etc. ^07
Die Formen der Harnblase sind so mannigfaltig, dass sie sich
nur durch die Ansicht eines Tableaus versinnlichen Hessen, welches
die Übergänge von der sphärischen (Chrysophrys aurata) zur
cylindrischen, zweihörnigen, zweifacherigen, und endlich doppelten
Blase darstellte. Die merkwürdigste Form zeigt Lota vulgaris, von
welcher ich ein sehr grosses Exemplar zu untersuchen Gelegenheit
hatte. Die grosso, birnförmige , links abweichende Harnblase war
mit ohngefähr 20 Nebenblasen besetzt, welche, so oft sich die Blase
zusammenzog (ich untersuchte das Thier lebend) und den Harn in
diese Nebenblasen trieb, zur Grosse einer Erbse und darüber turges-
cirten, und der Blase das Ansehen einer beerenbesetzten Traube
verliehen. (Vielleicht ein pathologischer Zustand.) In der Blase
desselben Thieres fand ich einen 18 Gran schweren Blasenstein _
der einzige bekannte Fall von Concrementbildung im Fischharne. _
Drüsige Nebenorganc der Harnblase fand ich beim Sandaal
(Ammodytes tobiunus)^ eine mit feinen Rauhigkeiten (wie
Zähnchen) besetzte rundliche Knochenscheibe in der Rückenwand
der Blase bei Uranoscopus scaber, abweichende Lagenverhält-
nisse bei Conger 6r<m7., Maraenophw saga und Sfuraena Helena,
f) Auch die Anordnung der äusseren Öffnungen der Geschlechts-
und Harnwerkzeugo bietet interessante und für die Bestimmung des
Geschlechtes nicht unwichtige Verschiedenheiten dar. Es ist nicht
richtig, dass bei allen Fischen, wie e^heissl, die ürogenitalöffnungen
hinter dem After liegen. Bei den aus dem Linneischcn Genus Pleu-
ronectes gebildeten Gattungen kommen seitlich vom After befindliche,
links-oder rechtaständige Urethralmündungen vor. Bei Hippocampus
münden Harn- und Geschlechtswege in den After, welcher bei den
Diodonten und Tetrodonten sieh zu einer wahren Amphibienkloake
umwandelt. Auch ist es unrichtig, dass die Zeugungswcge sich
immer mit einer einfachen Mündung nach aussen öffneten. Ich habe
bei einem sehr grossen männlichen Exemplare von Blennius gatto-1
rugine die Ductus ejaculatorii zu beiden Seiten der ürethralöffnung
münden gesehen, während bei den Weibchen derselben Art nur ein
einfacher Geburtsweg sich vor der Harnröhre öffnet. — Wahre
Samenbläschen liabe ich in merkwürdig verzweigter Form bei Blen-
nius, als einfache Divertieula des Samenleiters bei Mullus barbatus
aufgefunden. — Cuvier behauptete, dass die bei allen Blennius-
arten hinter dem Äff er befindliche Papille die Rolle eines Begattungs-

gQg H y r t L Üi)er den Verlust seiner
organs übernehme. Da diese Papille bei beiden Geschlechtem
vorkommt, so erschien mir diese Angabe von ^vornherein verdächtig.
Ich habe dagegen durch die Untersuchung mehrerer Species dieser
Gattung bewiesen, dass diese penisartige Papille der erste verküm-
merte und knorpelig bleibende Flossenstrahl der Afterflosse ist,
welcher sich von seinen Nachfolgern isolirt, aber noch immer durch
dieselben Muskeln bewegt wird. — Unter der Haut der Aftergegend
versteckte epigonale Säcke der weiblichen Zeugungsorgane fand ich
bei Malthe vespertilio 5 — ebenso einen knorpeligen, mit dicken
Muskelschichten umhüllten Behälter zur Aufnahme und ProJection des
Sperma bei Clinus superciKosus. Eine Tabelle lieferte eine
genaue Übersicht über die bei verschiedenen Geschlechtern sehr
verschiedenen Verhältnisse der äussercn Geschlechtsorgane zu der
ürethralmtindung, welche unter den Rubriken von vorspringenden
Vaginalcylindern, ürogenitalpapillen und ürethralwärzchen einer-
seits, andererseits von vertieften Trichtern, Gruben und wahren
Cloakenbilduftgen zusammengefasst wurden. —
Da ich das zu diesen Untersuchungen verwendete Materiale
mit der Zeit wieder zusammenzubringen hoffe, werde ich auch im
Stande sein, die Arbeit wieder zu beginnen, und ihr vielleicht noch
mehr Vollständigkeit zu geben, als es bei der ersten Vornähme der-
selben möglich war. Nur der miskroskopische Theil, welcher eine
Tabelle von Messungen der Harncanälchen und der Malphighischen
Nierenknäule der Fische enthielt, bleibt unersetzlich, da meine an
SOOO Numern reiche Sammlung der feinsten Gefassinjcctionen mir
nicht mehr zu Gebote steht.
Die z weite Untersuchung betraf das Venensystcm der Fische.
Ein Blick in die umfassendsten vergleichend anatomischen Handbücher
mag es beweisen, wie gering unsere Kenntnisse über den venösen
Antheil des Gefässsystems der Fische waren. Mit Ausnahme der
grossen, mit dem Herzen zusammenhängenden Venenstämme, waren
alle weiteren Verzweigungen derselben vollkommen unbekannt. Die
Schwierigkeit, ja Unmöglichkeit, die äusserst dünnwandigen und
grossentheils nur als Sinuse existirenden Venen der Fische durch
das gewöhnlich gebräuchliche Injections verfahren zu füllen, und
dadurch der Präparatton zugängig zu machen, erklärt es zur Genüge,
warum eine vollständige anatomische Schilderung dieses Systems
so lange auf sich warten liess. Durch vielfache Versuche ist es mir

anatomischen Sammlungen, Schriften etc. 599
gelungen, ein Injectionsverfahren auszumitteln, welches eine voll-
ständige Füllung des Venensystems ermöglicht, und nur dem einzigen
Üebelstande unterliegt, dass es bei lebendigem Leibe des Fisches
vorgenommen werden muss, somit für Weingeist-Exemplare nicht
anwendbar ist. Es bestellt, in Kürze, in Folgendem: Die ünterleibs-
höhle des Fisches wird bis zum Jugulum geöffnet, die Durchgangs-
stelle einer grösseren Lebervenc durch das Diaphragma blossgelegt,
die Vene gffnet, und ein in eine feine Spitze ausgewogenes Glas-
röhrchen durch sie in den, von mir als Sinus pericardiaco-phrenicus
bezeichneten Sammelbehälter aller Korperveuen eingeführt. Das in
ihm enthaltene Blut wird mittelst dieses Uohrchcns ausgesaugt, und
da der Sinus sich mit jeder DiaMole neuerdings füllt, durch fort-
gesetztes Saugen das ganze Venensystem so ziemlich von Blut
gereinigt. Hierauf wird in der Kreisfurchc- zwischen Herzkammer
und Bulbus eine Ligatur angelegt, und mittelst eines anderen Glas-
röhrchens, welches mit nüssiger und kalter Injectionsmasse gefüllt
ist, letztere in den Sinus, und von da aus in alle mit ihm zusammen-
hängenden Blutadern (angeblasen. \vobei ein auf die tm'gescirendc
Auricula molhodLsch luigehnieh^r Fingerdruck das Eindringen des
InjectiousstoffesbLs in die loixicu Vonou-RaulificulioDen iu den Flossen
wesentlich fördert. Die von mir angewendete (njedionsmassc besieht
aus Gulta porcha in Scinvefelol aufgelöst, und mit gleichen Theilen
warm gepulsten Leinöls und einem färbenden Bloipniprute xusam-
mengcriehcn. Diese Ma.sn^ hieihf m^hnTC Tug^ lang flüssig, und
gewinnt allmählich, wahrend dci* Fisch in Weingeist gelegt wird,
eine pfl{]Lst(TsUu»licht% I»alf)Wt4«*lie Cou^lsl^ux, wolchc^ die Präparalion
der injicirtcn (xefösse viel iue!»r crlt^cliteri, als die in sehr kurzer
Zeii spröde und bruchig" vu^nlendo« Mischungen von Torpcnlin und
Leinül» weleho ühri^cns für suKl^rc1 Zwi^^kc mit Vorthcii gebraucht
werden koinien.
Ich hutiü alli» Fis^l^-firoiteru A^v Donau und der (KsternnchLschon
Gebirge-Seen auf HCNO Wt^i^^ {m^earl^oit^t, und die Resultate der
Untersuchung in iK'iner t^hJehoyraphia pisdufu in lateinischer
Sprache niedergelegt. 8 Tsifelu, von Dr. Kl finge r\s Meisterhand
gezeichnet, enthielten die AhLilduu^en des Systems beiJBso^ lucius^
Abru^fs brama^ Luciopemi aandru und Slluru^ glanis. Im
Monate Juni unternalmn ich eiuc Reise an die LstrLsch^n Küsten, um
auch die Fauna der S<^ in <lus Bemch der Untcrauchung aufau-

gOO H yr 11. Über den Verlust seiner
nehmen, und war so glücklich eine reiche Sammlung injicirter Fische
zu Stande zu bringen, welche, Gott sei Dank, dem traurigen Schick-
sale meiner übrigen Präparate entging, indem der Anatomie-Diener,
an welchen ich die Sendung von Italien aus adressirte, die Kisten im
Keller aufbewahrte, wo sie während der Octobertage vergessen und
somit gerettet waren.
Ich entsinne mich auf folgende wichtigere Resultate meiner
Arbeit:
a) Die Zahl der Herzvenen der Fische schwankt zwischen 3 und
S. Sie entleeren sich, mit Ausnahme einer, in dieAuricula, dicht
am Ostium atrio-ventriculare. Die nicht in dieAuricula tretende Herz-
vene macht einen langen Umweg, indem sie am rechten Rande des
Herzens und seines Bulbus nach vorn zum Kiemengerüste geht, und
sich entweder in eine untere Bronchialvene, oder in einen Zweig der
gleich näher zu bezeichnenden Vena jugularis inferior entleert. Beim
Hecht senkt sie sich in einen niedlichen Plexus venosus ein, welcher
die Austrittsstelle des Bulbus aus dem Herzbeutel umgibt.
6) An der Kehl- und ünterkiefergegend aller Fische findet sich
ein bisher gänzlich übersehener Abschnitt des Venensystems, welchen
ich als das System der Vena jugularis inferior bezeichne. Es sammelt
seine ersten Zweige aus der Umgebung der Maxilla, nimmt Aeste vom
Zungenbeinbogen auf, und betritt als einfacher oder doppelter Stamm
einen Canal an den unteren Schlussknochen der Kiemenbogen, wo
es bei den Fischen mit langer Kehle zu einem mächtigen Sinus sich
erweitert, welcher definitiv so viele untere Bronchialvenen sammelt,
als Kiemenbogen» existiren, und dann in zwei Schenkel divergirt,
welche zwischen Herzbeutel und Schlund nach hinten ziehen, und
in den vorderen Rand des Sinus pericardiaco-phrenicus einmünden.
Die beiden Schenkel sind nur selten gleich gross (Odontognathus
aculeatus), häufig ist der rechte ungleich weiter als der linke (Tra»
chinus 5 Lepidoleprus 5 Anthias^ Centriscus}, weicherzuweilen
vollkommen fehlt (Anabas scandens, Mesoprion chrysurus, Ca-
ranx xanthurus). In sehr seltenen Fällen ist das System der unte-
ren Jugularis durch einen einfachen symmetrisch in der Medianlinie
der oberen Herzbeutelwand verlaufenden Stamm repräsentirt (wie
bei Myletes Hcisselquistii und Batistes tom-entosus). In den sinus-
artigen Erweiterungen dieses Systems bei Esox lucius habe ich
zuweilen Helminthen aus der Ordnung der Filarien angetroffen,

anatomischen Sammlungen, Schriften etc. 601
welche, wie aus anderweitigen Beobachtungen hervorgeht, im Blute
unserer Teichfische zur Sommerszeit nicht so selten vorkommen,
und die veranlassende Ursache jener Varicositäten zu sein scheinen,
welche an den grossen Körpervenen dieser Fische (besonders älterer
Exemplare) häufig getroffen werden.
c) Die Ramificationen der Kopfvenen sind an bestimmten Stellen
mit Sinusen versellen, — so die Vena jugularis .superior am grossen
Keilbeinsflügel bei Esox, die Kiemendeckelvene bei Trigia und
Uranoscopus^ die Zungenboumme bei Sih(rus gfanis, dieCerebral-
vene am Schädelgrunde bei Lophivs piscatorius. Auch venöse
Wundernetze von strahliger Form finden sich an den Kiemendeckeln
der Hechte, uiul cavernöse Geflechte in der Schleimhaut der Riech-
gruben. Der an der Schädelbasis befindliche, die Ursprünge der
Augenmuskeln enthaltende knöcherne Canal enthält gleichfalls ein
dicht genetztes Rete nural>ile, welches eine Abtheilung der Augen-
venen aufnimmt.—Die Hyaloidoa und die hintere Wand der Linsen-
kapsel des Fischaupes ist eine mit den schönsten Blutadernetzen
reichlich versehene Membrane, und ich habe mich wiederholt über-
zeugt, dass di<\se Net%o nicht der anliegenden Gefösaschicht der
Retina zugehoron.
d) Rathke\s Canlinalvemm nehmen nie die Venen des Schul-
tergürtols auf, welche .sich nmr^r .selbständig in den Sinus peri-
cardiaco-plircnicus entleemi, sondern sind in der überwiegend
grösseren Nehrxahl d^r Fillte l)l(»s.s V<»nae »Ttude^ rev^hentes. Sie sind
äusserst selten einander nn Voliimün ^leicii (wie bei Diodon und
Teirodon)\ meistens fthertrifn <lie iTclitft die linkü um daa Kßfaehe
(wfe bei ISxocoetw^ Periop/ifhnif^uff, C/fnu«, Züarce«, Acan-
thopw)) und (\s ist ir nur F!<II iH^annt geworden, wo die
linke gegen die rechte im Vortheil war, wie bei dein merkwürdigen
Erythriws winofati^. Bei den Pmtüiden und vielen amderen Fami-
lien der Acanthopte.rygii, wo diü hinteren End^n der beiden Nieren
zu einem unpaureu keilronnigtHi I^ippen verschmolzen sind, liegt an
der unteren Flachü de^elhen eil» medianer unpaarer Sinus, welcher
von beiden Niereu Blut aufnimmt, und sich nur in die rechte Vena
cardinalis fortsetzt. Die linke Cardinalvene, welche demzufolge bloss
Blut aus dem Kopfende der linken Kiere abßllirt, reicht filr dieses
Geschäft mit dem hieinsten Volumen aus. — Üie grosse Prävalenz
der rechten Nierenvene kommt .sehr oft mit linkseitiger Lagerung der

g 02 Hyrtl. Über den Verlust seiner
Harnblase vor, wenn die Leber in der Mittellinie liegt, oder beide
Lappen derselben gleich gross sind. — Elliptische Bulbi und spindel-
förmige Erweiterungen finden sich in der rechten Nierenvene bei
CoMtis, Silurus und Sphyrena picuda; bei Aspro Ziingel
bildet jeder aus der linken in die rechte Niere übertretende Venen-
zweig auf der unteren Fläche der Wirbelsäule einen sphärischen
Bulbus. Ob diese Bulbi Contractilität besitzen, hatte ich nicht
untersucht.
e) Der lange bestehende Streit über die Existenz eines Nieren-
pfortadersystems bei den Fischen wurde dahin entschieden, dass das
Vorkommen eines zuführenden Nierenvenensystems keine allgemeine
gültige Regel ist, wie bei den Amphibien. Ich erinnere mich mit
Bestimmtheit, dass bei den Gattungen CUnus, Trigia, Prionotes^
Mugü, Caranx, Lopfims, Cottus und Tetrodon die Caudalvene,
nach ihrem Austritte aus dem Canale der unteren Wirbelbogen, zur
Vena renalis advehens wird, während sie sich bei Echeneis y Am-
modytes und Scomber ohne Unterbrechung in die rechte Nierenvene
fortsetzt, oder wie bei Acipenser und Conger in der Medianlinie
zwischen beiden Nieren gegen das Herz fortlauft. Ausser der Cau-
dalis sind noch die Wirbel-, Bauchwand- und Rückenmuskelvenen
häufig als Renates advehentes verwendet, was besonders bei den
Plagiostomen, und unter diesen in sehr hervorragender Weise bei
Squatina angelus der Fall ist. Bei Lophius und Batrachus
besitzt die Niere für die ein-und austretenden Venen besondere HilL
Der für die eintretenden Venen bestimmte liegt auf der Rückenseite
der Niere, und empfängt auch die Vena subclavia als Renalis ad-
vehens. — Noch muss ich erwähnen, dass die von mehreren Autoren
im Rückgrats canal der Fische, über der Medulla liegend angegebene
Vene ein Lymphgefäss ist, welches mit dem äusserst reich ent-
wickelten absorbirenden Gefäss-Systeme der Rückenflossen im Zu-
sammenhange steht, und dass jeder Flossenstrahl eine hohle Röhre
ist, in welcher ein Lymphgefäss liegt, welches am Gelenke des
Flossenstrahls mit seinem Träger eine herzähnliche Erweiterung
bildet. Das Lymphgefäss der Rückgratshöhle theilt sich am ersten
Wirbel gabelförmig in zwei Schenkel, welche sich an die untere
Fläche der Hirnschale begeben, dort mit den grossen Lymphräumen,
welche den hinteren Umfang des Augapfels umhüllen, zusammen-
hängen , und zuletzt in ein Diverticulum der oberen Jugularvene ein<-

anatomische« Sammlungen, Schriften etc. 603
münden. So verhält sich die Sache wenigstens bei Labrax, Mullus,
Corvina, Trachypterus, Scomher, Alosa, und allen von mir unter-
suchten einheimischen Finssflschen.
Ich habe diese wenigen Punkte angefuhrt, um einen Massstab
zu geben, nach welchem der Umfang der verlorenen Arbeiten beur-
theilt werden möge, und will zum Schluss nur noch einiger Gegen-
stände erwähnen, welche den zur gelegentlichen Publication be-
stimmten Vorrath meines Zeiehnungon-Portefeuilles bildeten, dessen
Inhalt durch das Zusammenwirken von drei in meinem Laboratorium
beschäftigten Künstlern eine reiche üeber^chan vereinzelter, neuer
anatomischer Beobachtungen darbot.
I. Aus der menschlichen Anatomie:
a) Die Geflechte, welche die Aoste des Ncrvus acusticus,
während ihres Durchfrittes durch die Maculac cribrosae des Laby-
rinthes bilden. Sie sind ein Prärogativ des menschlichen Gehör-
organs, fohlen selbst den Simiis mithropomorphis, und kommen nur
an den VorsaaLsnerven, nicht an jenen der Schnecke vor. Giesst
man in den inneren Geh<)rganff rino.s rein maeorirten Felsenbeins,
welches öher einer Woinpoistlampe whihA wird, geschmolzenes
Wachs, so sangt sidi di<*8(^ durch CapillariUU iu die äusserst feinen
Oeffnungen dei* Mtuulhu* <*rihn»sae (»in» und wird hierauf der Knochen
in Salzsäure corrodirt, ^o bloil»(, der Abguss jener vielfach ver-
zweigton und unl(*i* citialHlor auaatomosirönden Röhrchen zurück»
welche an d^n (h^n«u»gßn (.ler Maculne beginnen, die genannten
Geflechte do^ G^horneryon (»insciiiliesson, und nach kurzem Verlaufe
in der ttöhle des Vomales münden.
&) Rine neue Bur^ inueo^H an der m^nschlichon Wange, zwi-
schen dem Msixillarursprung der Fu.scin hucco-pliaryngea und der
inneren Fche (h\s Huterkiefeiustc«.
c) Kinc* allere» in Prag ^e^mmmelte Suite von Varietäten der
von mir entdeckten Museull pleuro- und broncho-oesophagei des
Menschen, vvorun<<^r KIne besonders merkwürdig, indem der schmale
Muscnlus pleuro-oesophagous den Ductus thoracicus durchbohrte
(durch ein Ohr dcaydben durcligeradelt war).
d) Eine Anzahl gleichfalls älterer, chirurgisch wichtiger Ano-
malien der pr^s^ren Schlagadern, worunter eine Vertretung der
Cruralis durch die Lsehiadica, — eine aus der Art tarsea entsprin-
geade und zurücklaufende Tibialis anlieft, — eine Cruralis dextra

@04 HyrtL Über den Verlust seiner
aus der linken IIiaca communis, — eine den Ellbogennerv bis zum
Carpus begleitende Collateralis ulnaris, — zwei Thyreoideae infe-
riores aus der Carotis communis, etc.
e) Die Entwickelung des Collateralkreislaufes nach Unterbindung
der Brachialis, und nach spontaner Obliteration des Aortenbogens
hinter dem Ursprunge der Subclavia sinistra. Ein Blatt darunter
stellte den rankenförmigen Verlauf der bis zur Dicke eines kleinen
Fingers erweiterten Arteria intercostalis quarta der linken Seite dar,
durch welchen die betreifende Rippe auf eine dünne, und in der
Mitte vollkommen unterbrochene Knochenspange atrophirt war.
f) Eine Anzahl Muskel-Varietäten als interessantere Thierähn-
lichkeiten, etc.
Viel reicher war das vergleichend-anatomische Zeichnungs-
Materiale.
1. Tafeln zur Anatomie der Wundernetze des Faulthieres, des
Seehundes, des gemeinen Delphins, der einheimischen Nager, der
Didelphys murina, des Lagidium perumanum, so wie unter den
Vögeln von Otis tarda, Meleagris gällopavo, Psittacus ochroce-
phalus^ Tetrao wogallus u. m. a.
2. Zur Anatomie des gesammten arteriellen Gefass'systems von
Dasypus setosus, welches sich dadurch von den bekannten Formen
unterscheidet, dass die einzelnen Schlagadern des Kopfes, des
Beckens und Schwanzes, des Samenstranges, der Bauchdecken und
der Gliedmassen sich nicht während ihres Verlaufes baumförmig
verzweigen, sondern der Stamm einer Arterie plötzlich in ein Büschel
von strahlig divergirenden Röhren auflöst, welche, ohne sich weiter
zu ramifieiren, zu ihren Bestimmungsorten gehen.
3. Die Anatomie des Gefässsystems von Vespertüio und
Plecatus.
4. Beiträge zur Anatomie des Schlagadersystems des Proteus,
der Salamandrinen und der Bafrachia anura (vorzugsweise Hyla
betreffend).
5. Vorarbeiten zu einer Monographie der Chiropteren (worun-
ter Abbildungen zur Embryologie von Pkyllostoma jamaicense).
Was meine zu Grunde gegangenen Präparate anbelangt, so
kann ich versichern, dass die Sammlung der mikroskopischen In-
jectionen wahrhaft einzig in ihrer Art war, und nie wieder in jener
Vollkommenheit zu Stande gebracht werden kann, welche sie

anatomischen Sammlungen, Schriften etc. g Og
auszeichnete. Sie enthielt in circa SOOO Numern die mikroskopischen
Gefässverhältnisse aller Organe und von allen einheimischen und
exotischen Thieren, deren ich seit meiner ISjährigen Thätigkeit
als Anatom habhaft werden konnte, geordnet in einer Art, dass jedes
Organ, jedes Gewebe, von den Mollusken und Knorpelfischen ange-
fangen, durch alle Classen und Ordnungen der Wirbelthiere hinauf
bis zum Schlussstein der Schöpfung — dem Menschen — in der
stufenweise fortschreitenden Entwickelung seines Gefässsystems stu-
dirt werden konnte. Ich fühle ihren Verlust doppelt schwer, da die
grosse Anzahl von Doubletten. und ihre fortdauernde Vermehrung mit
Neuem, mich in den Stand setzte, ich darfes sagen, mit fast allen
Anatomen der Welt in Tauschverbindung zu treten, welche nun leider
auf lange Zeit unterbrochen, und mir dadurch der Zufluss werthvollen
Materials für anderweitige Arbeiten abgeschnitten ist. Von Kasan
bis New-York wird schwerlich eine anatomische Aastalt von einigem
Rufe oder ein Fachgenosse existiren, welche nicht durch diesen
Verbindungsweg mit mir in für beide Theile vortheilhaften Verkehr
gestanden wären. Das letzte, während der Ferien eingelangte Aner-
bieten zu Kauf- oder Tauschverbindung kam von Prof. Homer in
Philadelphia.
Nicht weniger werthvoll und umfangsreich war meine Samm-
lung von Gehörorganen. Von der Zwergspitzmaus bis zu den riesigen
Geschlechtern der Pachydermen und der Balänen des Nordeap
existirt keine Thiergattung, aus welcher ich nicht wenigstens von
Einem Repräsentanten die vollständigen Gehörorgane auf die sorg-
samste und niedlichste Weise auspräparirt besessen hätte; — jeder
technische Anatom weiss, was das sagen will! — Die Anatomie des
menschlichen Gehörs allein bildete ein prachtvolles Tableau von 80
Numern, und enthielt die Entwickelungsgeschichte des Labyrinthes
vom dreimonatlichen Embryo bis zum siebenzigjährigea Greise, so
wie die Gehörorgane von Missgeburten, von Taubstummen, von
verschiedenen Menschenracen, selbst jene von Mumien fehlten nicht.
— Ich werde ihren Verlust nie verschmerzen, weil man Solches im
Leben nur Einmal macht!
Von meinen übrigen Präparaten will ich nur die osteotomi-
schen Arbeiten, die zerlegbaren Crania, die Darstellungen des Zahn-
wechsels, die Osteologie menschlicher und thierischer Embryonen, eine
Sammlung vergl. anatomischer Zahnschliffe, als Curiosa: Injections-

606 H yr t L Verlast seiner anatomischen Sammlungen etc.
präparate von Ruysch (authentisch, Ende des 17. Jahrhunderts)
und die Racen- und Thierschädel namhaft machen, welche ich auf
meinen Reisen sammelte.
Unter solchen Umständen wird man ersehen, dass mein Verlust
ein grosser, ja ein theilweise unersetzlicher ist. Ich wäre mit Freuden
zu einem namhaften Dankesopfer für die Wiederherstellung gesetz-
licher Ordnung bereit gewesen, aber Alles zu verlieren, was den
Stolz und das Lebenselement eines wissenschaftlichen Mannes
bildet, ist in der That für mich ein unverdienter und allzuharter
Sehicksalsschlag. Ich muss von Neuem anfangen, da ich der Lauf-
bahn, die ich einmal zur Aufgabe meines Lebens mit schönen Hoff-
nungen erwählte, nicht abtrünnig werden kann. Es fehlt mir nur an
Stoff, nicht an Willen, welcher Kraft gibt. Ich kann den Gedanken
nicht ertragen, meine Hände in den Schooss zu legen, und als stei-
nerner Gast an den Verhandlungen dieser wissenschaftlichen Kör-
perschaft, wenn auch nur eine Zeit lang, Antheil zu nehmen. Durch
die Verlegung der Anatomie in das Josephinum werde ich bald
wieder in meinem Elemente leben, und wenn auch die Errichtung
einer Kanzel und Sammlung für vergleichende Anatomie bei dem
grossen Kostenaufwande, den sie erfordern, und bei den auf ausser-
ordenÜiehe Weise so vielfach in Anspruch genommenen Staatsmitteln,
für längere Zelt ein frommer Wunsch bleibenindürfte, so hoffe ich
doch, dass die kais. Akademie der Wissenschaften die Bitte um eine
massige Unterstützung zum Ankauf von zootomischem Materialc nicht
unberücksichtigt von sich weisen wird.
Nachdem die Classe von Herrn Professor Hyrti eine nähere
Aadeutung seiner Wünsche vernommen, wurde einstimmig beschlossen,
auf Bewilligung des Betrages von 8OO fl. C. M. zum Ankaufe von
Material zu seinen zunächst beabsichtigten anatomischen Arbeiten;
ferner, so wie im vorigen Jahre auch für das kommende auf die
Bezahlung eines Zeichners mit monatlichen 20 fl. C. M. anzutragen,
welche Anträge die Genehmigung der Gesammt-Akademie erhielten.
Der Director der Sternwarte zu Kremsmünster, P. Augustin
Reslhuber, h%l üW sehe Beobachtungen während der Nord-

Reslhuber. Beobachtangen während des Nordlichtes. 607
lichter am 18. October und 17. November 1848 nachstehende Mit-
theilung eingesendet:
L Beobachtungen während des Polarlichtes am 18.
O ct. 1848 auf der Sternwarte zu Krems münster.
Da ich schon eine geraume Reihe von Jahren mich mit dem
Studium der Naturwissenschaften beschäftige, so war es schon
lange mein sehnlichster Wunsch, einmal ein Nordlicht in vollstän-
diger Entwickelung zu sehen. Unerwartet wurde dieser mein Wunsch
am 18. October Abends erfüllt. Schon am Nachmittage des 18. zeig-
ten die G a us suchen Magnetometer einen ungewöhnlichen Stand
und eine auffallende Bewegung, welches auf besondere magnetische
Vorgänge schliessen liess. Abends war der Himmel bis gegen 8 Uhr
13 Min. mittl. Zeit vollkommen trüb; nun zertheilten sich in der
Richtung gegen Nord die Wolken, und durch einen langen schmalen
Wolkenriss zeigte sich der nördliche Himmel hellroth, wie von einem
grossen Brande erleuchtet; die Magnete waren in grosser Aufregung;
der Schluss auf ein Nordlicht konnte daher nicht zweifelhaft sein.
Ich liess soglüich die beiden Magnetometer unausgesetzt bis 10 Uhr
beobachten; um 10 Uhr begann ohnediess der magnetische Monats-
termin, wo die Stände der Magnete durch 24 Stunden ununterbrochen
aufgezeichnet werden.
Ich gebe in Folgendem die Beobachtungen, welche während
dieser interessanten Erscheinung theils mit freiem Auge über deren
Ansehen, theils an den Magnetometcrn und über die atmosphärischen
Zustände, die das Phänomen begleiteten, gemacht wurden.
Das feurige Itoth, in welchem das Nordlicht nach Zertheilung
der Wolken (811 IS' mitil. Zeit) zuerst auftrat, verlor sich gegen 811
30'; dieselben Gegend des J-Kmmels erscheint nun m grosser Aus-
dehnung hell w eissgelb, bis über den Pol hinauf erleuchtet; tief
am Horizonte ist die Beleuchtung grauschwarz, jedoch so, dass man
die helleren Sterne durchscheinen sieht. So blieb der Anblick, mit
geringer Almahme der Helligkeit, bis gegen 10 Uhr.
Es schien mir, obgleich der theilweise oft stark trübe Himmel
dieses nicht mit voller Bestimmtheit behaupten lässt, dass die eigent-
liche Mitte des Nordlichtes vom Anfange des Erscheinens an bis gegen
911 30' langsam aus NW. (etwa 50 Grade von West gegen Nord
gezählt) gegen Nord vorrückte, dann aber den Platz am magnetischen
Pole unverändert behauptete. Der stets wechselnde Zustand der

608 Reslhuher.
Bewölkung liess den Verlauf des Phänomens während dieser Zeit
nicht genau verfolgen.
Um 10 Uhr wird der ganze nördliche Himmel heiter, das Nord-
licht zeigt sich in seiner ganzen Ausbreitung; der Himmel war vom
Horizonte an bis über den Pol sehr schön hellgelb erleuchtet; die
Grenzen dieser Beleuchtung erstrecken sich vonNord bis über 60 Grade
gegen West und Ost. Um l O11 2O/ beginnen herrliche Strahlen etwas
divergirend aufzuschiessen, bis zu einer Höhe von ohngefähr SO Grade,
die hellsten in weissgelbem Lichte über dem magnetischen Pole, blas-
sere schmale mehrere zu beiden Seiten; im NW. (etwa 60° von N.
gegen W.) und im NO. (etwa 30° von N. gegen O.) stehen zwei
breite, fast blutrothe Strahlen, als die äussersten des ganzen Bildes.
Das Centrum des Strahlenbogens fällt tief unter den Horizont. Am
Horizonte bis zu mehreren Graden Höhe war der Himmel hellgrün-
gelb beleuchtet, und die ganze Lichtmasse in einer unruhigen zit-
ternden Bewegung. Die mittleren blassen Strahlen verschwinden,
andere von gleicher Färbung und Breite fahren neben ihnen von Zeit
zu Zeit auf, die am magnetischen Pole bleiben immer die längsten und
hellsten, so dass durch selbe die Sterne im grossen Bären sehr in
ihrem Glänze geschwächt werden. Um l O11 40' mag die Erscheinung
ihren Glanzpunkt erreicht haben, wo das Licht und die Färbung der
Strahlen am intensivsten war. Ich muss gestehen, dass ich nie einen
schoneren Anblick des Himmels gehabt habe. Um diese Zeit waren
die Magnete in der höchsten Aufregung.
Von nun an nimmt die Erscheinung allmählich an Stärke der
Beleuchtung ab. Aus Südwest ziehen einzelne Cirrus heran, welche
im Bereiche des Nordlichtes eine dunkelrussige Farbe wie Rauch-
wolken darboten. Um l O11 5O7 fahren abwechselad noch immer Strah-
len auf, aber von stets schwächerem Lichte. Immer mehr Cirrus
verbreiten sich über den nördlichen Himmel. Um 11 Uhr ist die
Stelle im NW. (60° von N. gegen W.) wieder feuerroth, welche
Färbung sich gegen II1115^ langsam verliert, indem die Federwolken
in jener Gegend immer dichter werden.
Um II11 20' war wegen Bewölkung und Mondschein wenig mehr
auszunehmen; um II11 30' der ganze Himmel trüb.

Beobachtungen während des Nordlichtes etc. 609
Beobachtungen an den Magnetometern;
Die Beobachtungen enthält die Tabelle I und II; sie sind gemacht
an einem Gaus suchen Variations-Declinatorium mit einem vierpfün-
digen Stabe, und an einem Bifilar-Appante mit einem 24pfundigen
Stabe. Die Angaben der Stände der Magnete sind in Millimeter-
Theilen, die Zeitangaben in mittlerer Göttinger Zeit. (Die Meridian-
differenz zwischen Kremsmünster und Göttingen beträgt 16'46" in
Zeit, um welche Differenz die gegebenen Beobachtungszeiten vermehrt
werden müssen, um die mittlere Ortszeit zu erhalten.)
Der Werth eines Scalatheiles (Millimeters) beim Unifilare ist
== WAi im Bogen.
99 , (Millimeters) beim Bifilare ist
-lO^T im Bogen.
(Millimeters) beim Bifilare ist
^ggg g in Theilen der ganzen
Intensität.
Die Änderung im Stande des Bifilars für 1°O R. ist === IS^ßl
Millimeter.
Zur Reduction der ünifilarbeobachtungen auf absolute Declina-
tionen dient die Gleichung
^ == 14o SO' r.68 -+ (495-40 — A) 20^76,
wo S die absolute Declination, und L == der gemachten Lesung am
Unifilare ist.
Zur Reduction der Bifilarbeobachtungen auf absolute Intensität
dient die Gleichung
log T= 6.1233446 + log (13877.6 + L + 13.61. c),
wo T die absolute Intensität, L die Lesung am Bifilare und c die
Temperatur in R6aumur-Graden im Kasten des Bifilars bedeutet.
Die Scalentheile laufen so, dass, wenn die Lesungen zunehmen,
beim Unifilare die Declination kleiner, beim Bifilare die Intensität
grös s er wird.
Die Tafel I enthält die Beobachtungen der beiden Instrumente
von S11 bis l O11 Abends; die Tafel II jene während des Termins von
1O11 Abends des 18. Octobers bis l O11 Abends des 19. Octobers. Zur
Beurtheilung dieser Beobachtungen sind in Tafel III, aus dem Tage-
buche der Sternwarte, die täglichen Stände der zwei Magnetometer
zu den gewöhnlichen Beobachtungsstunden 811 Morgens, 211 und 811
SityJ). d. mathem.-naturw. CI. I. Bd. 39

610 Reslhuber.
Abends mittlerer Göttinger Zeit von den 16 Tagen beigefügt, in
deren Mitte die Nacht des Nordlichtes fällt, und am Ende die mittle-
ren Declinationen und Intensitäten zu den gewöhnlichen Beobach-
tungsstunden für diesen Zeitraum, so wie jene des 18. Octobers zu
den Stunden 811 Morgens, 211 und 811 Abends angesetzt. Die Tafel IV
stellt den Gang der beiden magnetischen Elemente, Declination und
Intensität, aus den gemachten Beobachtungen abgeleitet, nach ihrer
Zeitfolge dar, wie er während des Nordlichtes stattfand.
Aus der Tafel IV. ersieht man sogleich den auffallenden Stand
und die Änderungen der zwei magnetischen Elemente. Vergleicht
man diese Grossen zu den gewöhnlichen drei Beobachtungsstunden
am 18. October mit den Mittleren, der unmittelbar vorausgehenden
und nachfolgenden Tage.
8h M. 2h Ab. 8h Ab.
MittL § = l4o 5O'.7 Igo r.7 14° 5r.9
18. Oct. <?== 52.0 9.3 44.8
8h M. 2h Ab. 8h Ab.
Intens. = 1.955821 1.956OO1 1.957555
== 1.958913 1.950357 1.950383
so ist der geänderte Zustand der erdmagnetischen Verhältnisse um
211 und Sh Abends leicht zu erkennen, denn selten ist in diesem
Monate die Declination um 811 Abends kleiner als um 811 Morgens, die
Intensität ist fast immer um 811 Abends grösser als um 811 Morgens
und 211 Abends.
Von 811 Abends, als wir des Nordlichtes ansichtig wurden, stieg
die Declination langsam bis 1O11 6" Abends, wo § === 15° 2'.3 wurde,
die Intensität erhält sich unter kleinen Schwankungen fast in gleichem
Stande (während dieser Zeit bot das Nordlicht keinen besonderen
Anblick dar); von l O11 6' an, nimmt die Declination sehr rasch ab
bis 1O11 42', wo das Minimum der Declination (?==14o 16'.2) ein-
trat, die Intensität verstärkte sich in derselben Zeit zur mittleren
Grosse des Monates. Die rasche Änderung der magnetischen Ele-
mente beginnt beim Anfange des Strahlenaufschiessens, zur Zeit der
grössten Entwickelung des Phänomens.
Von 10^ 42/ nimmt die Declination schnell wieder zu, während
die Intensität sich noch etwa 10 Minuten auf der grössten erreichten

Beobachtungen während des Nordlichtes etc. gH
Höhe erhält, und dann schnell abnimmt, nach einigem Hin- und
Herschwanken (das Nordlicht hat inzwischen an Intensität abgenom-
men) erreicht um II11 48' die Declination abermals ein Minimum, die
Intensität ein Maximum (wahrscheinlich verstärkte sich das Nordlicht
noch einmal; bei uns war wegen trüben Himmels nichts mehr zu
sehen), wor'aufdie Declination wieder wächst, die Intensität aber erst
nach 12 bis 18 Minuten merklich abnimmt; dann bleiben durch län-
gere Zeit beide Elemente auf ziemlich unverändertem Stande, bis die
Intensität um 1311 IS' das Minimum, die Declination um 1311 527 ein
Maximum erreicht. Gegen 211 Morgens kam das Declinatorium in seine
gewöhnliche Lage, und behauptete dieselbe unter massigen Oscilla-
tionen während der übrigen Zeit des Termins; das Bifilare aber
blieb fortwährend sehr aufgeregt, und kam erst spät am Abende
des 19. Octobers in seinen gewöhnlichen Stand.
Die grösste beobachtete Ablenkung des Declinatoriums während
dieses Phänomens von 211 O' bis l O11 42' beträgt 1S3 Millimeter
oder 43 Minuten im Bogen; in der kurzen Zeit von l O11 6' bis
l O11 42^ als die Strahlenentwickelung begann, und am lebhaftesten
wurde, beträgt die Ablenkung 133 Millimeter = 46 Minuten im Bogen.
Die stärkste beobachtete Änderung der Intensität von 8h Mor-
gens bis l11 IS' Nachts beträgt 128 Millimeter oder 41 Minuten im
Bogen, in Theilen der ganzen Intensität === O.O16441.
Die Bewegungen der Magnete zur Zeit der grössten Änderungen
waren fast unaufhaltsam pro- oder regressiv, so dass sie nie regel-
massige Schwingungen machten.
Aus diesen Beobachtungen ergibt sich demnach als Schluss, dass:
a) zur Zeit eines Nordlichtes die Magnete sehr afficirt werden;
b) dass derEinfluss am grössten ist zur Zeit der vollkommensten
Entwickelung des Nordlichtes;
c) dass der Nordpol des Declinatoriums gegen Nord abgelenkt,
also die Declination kleiner wird;
d) dass der Nordpol des Bifilar-Apparates, als das Nordlicht nicht
vollständig entwickelt ist, von West gegen Süd abgelenkt,
die Intensität kleiner, zur Zeit der vollsten Entwickelung
aber von West gegen Nord abgelenkt, die Intensität
g rosse r wird.
NB. Bei unserem Bifilare ist in der transversalen Lage der Nordpol gegen
Webt gekehrt.
39*

g l 2 Reslhuber.
Atmosphärische Zustände während des Nordlichtes,
Die Tafel V enthält die täglichen Beobachtungen des Barometers,
Thermometers, der Wolken und des Windes vom 18. October und
den unmittelbar vorausgehenden und nachfolgenden drei Tagen.
Das Barometer stand in den Tagen 16., IT., 18., 19. October
ziemlich tief; der Grund liegt in den südöstlichen Luftströmungen
der oberen Regionen, wie sich dieses aus dem Wolkenzuge heraus-
stellt; es fällt das Barometer bis auf 26".267 Pariser Zolle am Mor-
gen um 5 Uhr des 19. Octobers, von wo an es steigt, und am Morgen
des 21. Octobers sich wieder dem mittleren Stande des Ortes
== 26//.92O Par. Zolle stark nähert.
Die Temperatur zeigt am 18. nichts Auffallendes im Gange; das
Minimum betrug 2°4 R., das Maximum 1O°6 nach 211 Abends; aber
ganz ungewöhnlicher Weise tritt in der Nacht um 211 Morgens des
19. Octobers ein neues Maximum === 11°9 R. ein, welches sogar
grösser als das Maximum am Tage war; die Ursache ist, dass sich die
südliche Luftströmung, aus den höheren Regionen auf die Oberfläche
der Erde herabsenkte, von 211 Morgens bis nach 411 des 19. Octobers
weht ein ziemlich heftiger Südwind.
Das Interessanteste in den atmosphärischen Verhältnissen dieses
Abends war, dass man schon um 611 Abends bei ganz bedecktem Him-
mel bis gegen i\ Nachts, selbst als der Himmel ganz rein war, im
S., SSO. und SSW. beständig blitzen sah, was für unsere Gegend
in dieser Jahreszeit schon eine Seltenheit ist.
Sonst bieten weder die Tage vor noch die nach dem Nordlichte
eine besondere Änderung der Witterung dar,
IL Nordlicht am 17. November 1848.
Am 17. November zeigte sich bei der Beobachtung um 211
Abends eine bedeutende Störung des Bifilarmagnetometers, während
das ünifilare fast auf seinem mittleren Stande war; ich beobachtete
die Stände beider Magnete wieder nach 3\ und fand sie nun beide
in starker Bewegung; um 811 Abends hatten Beide auffallend niedere
Stände; ich liess die Magnete durch eine Stunde fort beobachten,
die Ergebnisse dieser Beobachtungen sind in Tafel VI zusammenge-
stellt. Declination und Intensität sind ungewöhnlich klein. Da das
ünifilare während einer ganzen Stunde fast stationär blieb, und der
Himmel gänzlich trüb durchaus keine Hoffnung für Ausheiterung gab,

Beobachtungen während des Nordlichtes etc. 613
so wurden die Beobachtungen leider! eingestellt; leider, denn um
ungefähr l Oh 30 trat ein Nordlicht mit solch intensiver Beleuchtung
auf, dass die Heiligkeil die Wolken durehdrang, und mehr als den
halben Himmel wahrhaft blutig röthete. Beobachter an höher gelege-
nen Orten, wo die Bewölkung den Anblick weniger hinderte, sagen
aus: „das Ansehen dieser Beleuchtung war schauerlich; da die Gegend
mit Schnee bedeckt war, an einigen Orten während dem Schnee fiel,
so wurde das rothe Licht von der Schneedecke und den fallenden
Flocken nach allen Seiten reflectirt; es war der Anblick nicht anders
als sähe man die Gegend und den Himmel durch ein blutigrothes Glas
an. Die Helligkeit war so gross, dass man deutlich lesen konnte."
Von einer Strahlenentwickelung war natürlich bei diesem Zustande
des Himmels in unserer Gegend nichts auszunehmen. Die ganze
Erscheinung dauerte kaum eine halbe Stunde.
Die wenigen an den Magnetometern gemachten Beobachtungen
bestätigen wieder den Einfluss des Nordlichtes auf die magnetischen
Instrumente, und zwar in demselben Sinne, wie er sich aus den
Beobachtungen bei dem Nordlichte am 18. October herausstellte, als
das Nordlicht noch nicht seine grösste Ausbildung erreicht hatte.
Das ünifilare war am Morgen des 18. Novembers wieder in Ord-
nung, während das Bifilare erst am Nachmittag des 19. Novembers
von einer so heftigen Aufregung sich wieder erholte.
Aus Rom berichtet ein Correspondent der allgemeinen Augs-
burger Zeitung vom 17. November, dass man dort bei ganz reinem
Himmel am Abende dieses Tages zwischen 10 und 11 Uhr ein pracht-
volles Nordlicht mit den schönsten farbigen Strahlen beobachtet habe,
welches sich fast über den ganzen nördlichen Himmel verbreitete. Im
Nordwest ausser dem Bereiche des Nordlichtes sah man zugleich
beständiges Blitzen.
Das Barometer stand bei uns am 16. und 17. November über
dem mittleren Stande des Ortes, fiel am 18. und 19. ein Bischen,
und erhebt sich am 20. November wieder über den mittleren Stand.
An den Tagen vor diesem Nordlichte stand das Thermometer
immer in der Nähe des Gefrierpunktes, am 16. in den Morgen- und
Abendstunden unter O°O R.; am 17. erhält es sich stets über Null,
so auch am 18., 19., 20. Am 18. November Maximum==S°3 R.; am
21. tritt grossere Kälte ein (Minimum — 4°O R.) und hält durch
3 Tage an, worauf die Temperatur wieder milder wird.

614 Reslhuber.
Der Himmel war meist mit Cumulo stratus bedeckt, welche aus
West ziehen; der vorherrschende Wind war West, welcher sich am
17. um l O11 Abends bis 2—3 verstärkte, und mit gleicher Kraft fast
die ganze Nacht anhielt, bis er am Vormittage des 18. wieder
schwächer wurde.
Auffallendes war sonst an den Witterungsverhältnissen bei uns
nichts beobachtet.

Beobachtungen während des Nordlichtes etc.
615
Magnetische Beobachtungen am 18. October 1848 zu Kremsmünster.
Beohachtung'en am üniillar-Apparate.
Mittl. GÖtt. Zeit 18. Oct. ä11 0'
439.88

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510.87

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517.67

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523.60

37
514.38

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512.93

50
513.93

57
507.20

911 3
5OO.8O

12
506.40

20
506.92

29
50OAO

35
49^.32

41
488.73

W
490.88


Beobachtungen am Bifilar-Apparate.
Mittl. Gott.-Zelt 18. Oct. ^ ö'
682.74
Temper. im Kasten
S 0
681.57
des Bifilars
10
682.08
===. Q^O R.
2^
669.05

26
656.34

3^
652.75

W
656.91

46
678.33

52
679.2^

59
665.63

9'1 7
661.73

17
673.72

23
684.53

32
669.78

38
671.34

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680.00

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665.7^


An diese Beobachtungen schliessen sich nun die in den folgenden Seiten
beigegebenen Termins-Beobachtungen an.

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Beobachtungen während des Nordlichtes etc.
617

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Beobachtungen während des Nordlichtes etc.
619
Um die Änderungen der beiden magnet. Elemente, der Decli-
nation und Intensität, während des Polarlichtes besser übersehen
zu können, stelle ich hier die aus den Beobachtungen abgeleiteten
absoluten D'eclinationen und Intensitäten nach ihrer Zeitfolge zu-
sammen:
18. October.
Mittlere


Mittlere


Gott.
Declinat.
Intensität
Gott.
Declinat.
Intentität
Zeit


Zeit


811 O'M.
1^0
1.958913
911 51'

1.948460
211 0 A.
15 93
1.950357
57

1.953155
811 O
1^ ^.8
1.950383
lO11 0
14° 57^

10

1.950450
3

1.947867
13
1^ 42A

6
15 2.3

2^

1.948719
9

1.950480
26

1.9^7030
12
14 54.2

29
^0.4

15

1.946470
3^

1.94655^
18
49.7

37
43-6

21

1.945996
40

1.9W106
24
27.7

43
^.1

27

1.95^073
4ß
TCÖ

1.94995^
30
19.6

50
4:3.7

33

1.954736
52

1.950068
36
19.3

07
46.0

39

1.956679
59

1.048265
42
16.2


7,0 0

45


911 3
TCÜ.Ö




7

1.9^7747
48
38.7

12
46.3

51

1.956190
17

1.9^9294
54
48.1

20
46.1

67

1.950'm
91
w9

1.950776
II11 0
39.8

29
^8.4

3

1.948156
3^

1.9^8996
6
28.4

35
50.5

9

1.949677
38

1.9^9äO^
12
28.4

41
52A

15

1,951990
44:

1.950354
18
37.0

47
51.8

21

1.950^60


620
Reslhub er.
18. October.
Mittlere
Gott. Zeit
Declinat.
Intensität
Mittlere
Gott. Zeit.
Declinat.
Intensität
llh W
14° W8




87

1.947586
W 54'
1 SG'O

30
34.3

57

1-94^561
33

1.947533
13h 0
36-4

36
25A

3

1-947098
39

1.945W
6
32-6

^2
^.7

9

1-944916
45

1.956415
12
32-2

48
21.8

15

1-9^2472
51

1.957353
18
37-0

5^
28.6

21

1-942590
57

1.956863
24
37-9

1&11 0
37.5

27

1-9^3919
3

1.956^96
30
45-7

6
38.7

33

1-9^72^
9

1.951998
36
1^ 08-0

12
a5.2

39 .

1-950356
15

1.950859
42
15 4-3

18
32.8

45

1-950269
21

1.950013
48
14 57-4

24
34.2

61

1-9W71
27

1.94756^
64
48-3

30
3%.3

57

1-947475
33

1.946971
0
42-5

36
30.6

W 3

1-949029
39

1.947904



42
31.6




^5

1.946296



48
34.2




51

1.945784





Beobachtungen während des Nordlichtes etc.
621


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ßOfi Haidinger.
Über die regelmässige Gestalt des Wismuths.
Von W. Haidinger.
Ganz neuerlich beschreibt Herr J. Nikles Krystalle von Zink
in „Pentagonal-Dodekaedern, die in Allem an die Form von Schwe-
felkies und Glanzkobald erinnern" 1), während 'früher Nöggerath
die Krystallform des reinen Zinks als „eine sechsseitige Säule" 2)
angegeben hat. Herr Nikles bemerkt dabei, dass von allen Metallen
nur Zink, Antimon und Arsenik Formen besitzen, die nicht zum
regulären System gehören. Übrigens wird doch noch angeführt,
dass das Zinn dimorph sei, viergliedrig nach Miller 3), würflig
nach Frankenheim, ferner dass Palladium und Iridium nach
Gustav Rose isodimorph seien, indem beide im „rhombischen
(soll heissen rhomboedrischen) und cubischen" Systeme krystal-
lisiren 4).
Auch die Krystallform des Tellurs gehört in das rhomboedrische
System, wie dies bereits Phillips 5) gefunden und erst neuerlich
Hausmann durch die Lage der Theilbarkeit, spiegelflächig, parallel
den Seitenflächen, in Spuren senkrecht auf die Axe eines regelmässig
sechsseitigen Prismas, bestätigt hat 6). Hausmann untersuchte
geschmolzenes Tellur; auch das natürliche stimmt in dieser Eigen-
schaft vollkommen üb er ein, nach Stücken in dem k. k. Hof-MineraIien-
Cabinete, welche ich zu vergleichen Gelegenheit hatte.
Das metallische Wismuth wurde bisher immer als eines von
den Metallen betrachtet, deren Formen in das tessularische System
gehören. Herr Dr. Moritz Hörne s gibt rhomboedrische Formen an,
mit einem scharfen Grundrhomboeder von 70° 57', dessen Axe
== ^17.189, so zwar, dass die gewöhnlich als Octaeder angenom-
mene Theilungsgestalt eine Combination der Basis und dieses Rhom-
boeders wäre, die Winkel also anstatt sämmtlich 109° 28' 16" zu
betragen, an den Combinationskanten == 109° S3', an den Seiten-
i) Poggendorff's Annalen 1848, Nr. 7, LXXIV, S. 4^2. Ann. de chimie etc.
Ser. III, t. XXU, p. 37.
a) PoggendorfTs Annalen XXXIX, S. 324.
8) Pogg. LVHI, S. 660.
*) Pogg. LV, p. 329.
5) Elementary Introduction to Mineralogy. IV Ed. By R. Allan, p. 340.
6) Hausmann. Handbuch der Mineralogie. S. 17.

Über die regelmässige Gestalt des Wismuths. ß2g
kanten === 109° 3' messen würden. Er gibt an: „Nach Haidinger's
Messungen wurde das Grundrhomboeder berechner1).
Die Angaben von Verbesserungen, in systematischen Werken
zerstreut, werden oft sehr lange vernachlässigt, während einzelne
Mittheilungen mit grösserer Wahrscheinlichkeit der Aufmerksamkeit
des wissenschaftlichen Publicums dargebracht werden. Ich glaube
daher auch in dem gegenwärtigen Falle durch Mittheilung der
näheren Umstände bei der Bestimmung der rhomboedrischen Kry-
stallform des metallischen Wismuths sowohl eine kleine Lücke in
der Geschichte des Fortschrittes der in diesen Kreis gehörigen Ar-
beiten auszufüllen, als auch der allgemeinen Theilnahme das neue
Resultat an sich noch einmal vorlegen zu sollen.
Herr Dr. Hörne s hatte an sehr deutlichen, wenn auch nur
rauh begrenzten Wismuthkrystallen von Penzance in Cornwall, die
durch Herrn Krantz in Berlin an das k. k. Hof-Mineralien-Cabinet
eingesendet worden waren, Krystallformen beobachtet, die offenbar
nicht dem tessularischen Systeme angehören konnten. Es waren
scharfe Rhomboeder, in Combination mit der Basis und flacheren
Rhomboedern in paralleler Stellung, wobei die der letzteren entspre-
chenden Flächen so sehr an Ausdehnung gewonnen hatten, dass das
Ganze das Anseilen einer sechsseitigen Tafel mit abwechselnd schief
angesetzten Scitoullächcn gewann. Jeder aufmerksame Beobachter
hat wohl auf den Theilungsflächen des geschmolzenen Wismuths,
schembar dem Octaeder angehörig, gewisse Streifen bemerkt, die
den Kanten dieser Octaeder parallel sind. Sie fanden sich sehr
deutlich an den von den natürlichen Krystallen abgetrennten Blätt-
chen, genau so wie an den geschmolzenen Massen, von welchen
ich laugst sehr glattflächige Stücke zu einer gelegentlichen Unter-
suchung aufbewahrt hatte. Die Streifen sind in der Regel sehr
schmal und erscheinen deutlich als Krystalltheile, die in einer etwas
abweichenden Lage in den Hauptkrystall eingewachsen sind, so wie
man dies etwa am Albit, Oligoklas u. s. w. zu finden gewohnt ist
Es gelang Herrn Dr. Hörne s und mir sehr bald selbst eine Mes-
sung des von den Haiiptflächen und den als dünne Blättchen einge-
wachsenen Krystalltheilen anzustellen, die für die Neigung an der
l) Übersichtliche Darstellung des Mohs'ßchen Mineralsystems, S. 101.
Berichte über die Mitth. v. Freunden der Naturwissensch. II. S. ä53.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Cl. I. Bd. 40

626 Haidinger.
sehr stumpfen Kante 178° 20' gab, wenn auch nur ziemlich unvoll-
kommen und mit einem trüben Bilde der Kerzenflamme.
Die Lage der Blättchen A B ist aus
der Figur ersichtlich. War die Form ein
Octaeder, die Blättchen also von zwei
Würfelflächen begrenzt, so konnte kein
ausspringender oder einspringender Winkel
entstehen, wenn man ein Blättchen A B in
einer um 180° herumgedrehten Lage denkt.
Gab es dergleichen Winkel, so war die Form rhomboedrisch, und
zwar ein stumpferes Rhomboeder als R === 70° 31' 44", welches dem
Octaeder angehört, wenn der ausspringende Winkel des Blättchens
auf der Seite gegen die Spitze C, der einspringende auf der Seite
der Kante, hier in der Projection durch D vorgestellt, dagegen aber
ein schärferes, wenn der ausspringende Winkel an der Seite der
Kante D, der einspringende auf der Seite gegen die Spitze C hinge-
wendet lag. Die Beobachtung zeigte ohne Ausnahme den ersten Fall.
Man hatte es also ohne Zweifel bei den regelmässigen Formen des
Wismuths nicht mit Octaedern zu thun, sondern mit Rhomboedern,
und zwar mit solchen, die etwas stumpfer sind als R===7O031'44//.
^ In der Figur stellt CD eine dicke Platte
j vor, damit man die Winkelverhältnisse
besser übersehen könne. Der gemessene
Winkel ist hier der ABC. Er besteht aus
der Summe der beiden Winkeln A B D und
CBD. Man hat aber
ABD^BDE, und
CBD^BDF^BDE+EDH, daher
ABC^BDE+EDff, und
smABC^sm2BDEsEDH+ cos^BDE smEDH.
Da nun B D die Projection einer Fläche des flachern Rhomboe-
ders Vs R vorstellt, wenn HD die Projection der Fläche des schär-
feren Rhomboeders derTheilbarkeit R ist, so sind alle Daten vorhan-
dißn, um den Winkel A R C aus der Axe des Rhomboeders und um-
gekehrt die Axe des Rhomboeders aus dem Winkel unmittelbar zu
finden.
Aber der regelmässige Weg ist hier durch die Zusammen-
gesetztheit der Ausdrücke wenig vortheilhaft, besonders weil man

Über die regelmässige Gestalt des Wismuths. 627
keine ganz genauen Messungen zum Grunde legen kann. Auch weicht
der Winkel so wenig von 180° ab, dass man mit der Berechnung des
Winkels aus den einzelnen Stücken, indem man kleine Abweichun-
gen der Axe von 1/4.8 für den Würfel und 1/18 für das O'ctaeder
annimmt, nach ein paar Annäherungen schneller zum Ziele kommt,
und zugleich auch den Ausdruck für die Axe gewinnt. Auf diese Art
findet man mit der Axe des schärferen Rhomboeders === ^17.2 den
Winkel von 178° 2l', der von dem gemessenen 178° 20' nur wenig
abweicht. Die Axenkantenwinkel der beiden Rhomboeder sind dann
folgende, zugleich mit Würfel und Octaeder verglichen.
Rhomboedrisch. Tessularisch.
% R == 90° S27 Würfel === 90°
R == 70° S^ Octaeder == 70° 31' 44'
Die Axe von Ys R ist === 1/4.3.
Es ist mir bis jetzt noch nicht möglich gewesen, den uieht unbe-
deutenden Unterschied von S2' an gut krystallisirtem künstlich dar-
gestellten Wismuth zu prüfen. Zwar verdanke ich sehr schone Kry-
stalle davon Hrn. Professor Schrott er, aber auch hier erscheinen
die würfelähnlichen Krystalle auf die gewöhnliche Art mit vertieften
Oberflächen, und geben kein genügendes Bild durch Spiegelung.
Die Streifen aber auf den Theilungsflächen sind auch hier deutlich
zu sehen, eben so gut wie bei den natürlichen Krystallen oder bei
Bruchstücken der gewöhnlichen geschmolzenen Masse.
Ferner bemerkt man überall, dass die einzelne senkrecht auf
die Axe stehende Theilungsfläche etwas vollkommener ist, als die drei
ändern, dies ist vorzüglich auffallend bei einer natürlichen Theilungs-
gestalt aus Cornwall in dem k. k. Hof-Mineralien-Cabinete zu sehen.
Bei dem Versuche einen Theil der Krystalle oder kristallinischen
Massen abzuspalten, findet sich indessen noch der Nachtheil für die
Bestimmung der Winkel, dass die Blättchen biegsam sind und dem
Messer nachgeben, während auch die Weichheit der Substanz selbst
ein Hinderniss bildet, welches sich der Gewinnung vollkommen eben-
flächiger messbarer Blättchen entgegenstellt.
Dass die Krystallform des Wismuths in das rhomboedrische
System gehöre, ist wohl nicht zu bezweifeln. Es ist die Meinung
ausgesprochen worden, ob man dieses Metall nicht zu den dimorphen
Körpern zählen soll, wenn man die hier angeführten neuesten Bestim-
mungen zwar gelten lässt, aber den älteren Angaben, welche immer
40 *

628 Haidinger.
würflige Krystalle für das geschmolzene Wismuth haben, die gleiche
Autorität zugesteht. Gegen ein solches Verfahren muss ich mich auf
das Nachdrücklichste erklären. Entweder man nehme bloss die
neueren Erfahrungen, oder wenn man ihnen nicht hinlängliches Ver-
trauen schenkt, bloss die älteren. Es gibt unzweifelhaft dimorphe
Körper, man kennt von mehrern selbst die Bedingnisse ihres Beste-
hens, aber es ist gewiss kein Gewinn, ihr Verzeichniss durch erdich-
tete Beispiele zu vermehren, deren es jetzt schon so manche gibt,
und die man nur mit Mühe wieder aus den Lehrbüchern hinausbringt,
in welchen sie zugleich mit den sicher bewiesenen aufgeführt werden.
Es ist die Pflicht des wahren Naturforschers, der Genauigkeit der
Thatsachen die erste Stelle zu gönnen, und nicht durch unnütze
Hypothesen den Weg der Erfahrung zu verlassen, der allein durch
die Masse der täglich neu erforschten Thatsachen einen sichern Fort-
sehritt gewährleistet.
Der Herr Bergrath stellte noch folgenden Antrag:
In der letzten Versammlung von Freunden der Naturwissen-
schaften theiIteHerr Adolph Patera sehr anziehende Forschungen
über neue Üranverbindungen mit. Schon früher (am 24. März 1848)
hatte er eine praktische Probe angegeben, um den Gehalt der Joachims-
thaler Uranerze schnell und möglichst genau zu bestimmen. Die
Arbeiten mit diesem Metalle führten unvermuthet auf die Entdeckung
einer Reihe von schwefelhaltigen Verbindungen, die nach den genaue-
sten Analysen, insbesondere mit dem Kali- und dem Barytsalze, nach
Patera die eigenthümliche Formel (CsK+3S)+21 (@2K+2H)
haben. Von dem Ammoniaksalze beginnend, wurden die Kali-, Natron-,
Baryt-, Strontian-, Kalk- und Magnesia-Verbindungen dargestellt, so
wie auch noch andere bisher noch nicht verfolgte Forschungen unter-
nommen. Jene üransalze besitzen grösstentheils sehr hohe rothe
Farben, bei mehreren aus dem Zinnober selbst gegen Karmin geneigt.
Die Versuche, welche bis jetzt angestellt wurden, sie als Malerfarben
brauchbar zu machen, haben nicht geglückt.
Ich habe geglaubt, die Aufmerksamkeit der hochverehrten Classe
auf die Arbeiten Patera^s in Anspsuch nehmen zu sollen, um darauf
einen Antrag zu gründen, der darin besteht, dass die kais. Akademie

Antrag beglich Patera's. 629
der Wissenschaften ihm eine kleine Barsumme zur Erleichterung
seiner Arbeiten bewillige.
Allerdings werden die Arbeiten in dem k. k. GeneraI-Probiramte
unter der Direction meines verehrten Freundes, A. Löwe, ausgeführt.
Der grösste Theil der Apparate, Reagentien u. s. w. ist also daselbst
bereits vorhanden, und wird auch für wissenschaftliche Untersuchun-
gen freigebig benützt. Indessen ist die Riciitung des Institutes eigent-
lich doch mehr technisch und den montanistischen Bedürfnissen
gewidmet. Es wird daher bei den erwähnten rein wissenschaftlichen
Arbeiten doch durch eine Verwilligung so Manches wirklich erleich-
tert werden. Vorzüglich aber würde die Thatsache derselben als
eine walire Aufmunterung betrachtet werden können, und in dieser
Beziehung vornelimlich wünschte ich, in Übereinstimmung mit meinem
verehrten Freunde Löwe den Antrag zu stellen:
Die mathematisch-naturwissenschaftliche Classe der kais. Aka-
demie der Wissenschaften wolle Herrn Adolph Patera, zur
Erleichterung der Fortsetzung seiner Arbeiten über das Uran, die
Summe von 1OO fl. Conv. Münze gütigst bewilligen.
Der Antrag wurde genehmigt.


Aus den
Verhandlungen der Gesammt-Akademie.

fi q 0 Aus den Verhandlungen
Aus den
Verhandlungen der Gesammt-Akademie.
In der Gesammtsitzung vom 8. April 1848 stellte Herr Professor
S c h rotte r folgenden Antrag:
„Meine Herren! Jede im Staate bestehende Körperschaft muss
als ein lebendiges Ganzes mit demselben organisch verbunden sein,
und also auch an seiner geistigen Entwickelung im vollen Masse theil-
nehmen. Von der Überzeugung durchdrungen, dass die kaiserliche
Akademie hierin sogar weiter zu gehen und an der Spitze dieser
Entwickelung zu stehen habe, wenn sie ihre Mission erfüllen soll,
halte ich es für meine Pflicht, in einem Augenblicke in welchem
unser Vaterland einen so grossen Schritt auf dem Wege seiner
politischen Umstaltung vorwärts gethan hat, einige Punkte zur
Sprache zu bringen, deren Erledigung bei den früheren traurigen
Verhältnissen, die glücklicher Weise nun wie ein schwerer Traum
weit hinter uns liegen, kaum zu hoffen war. Jetzt ist diese Erledi-
gung eine dringende, nicht länger verschiebbare Nothwondigkoit
geworden."
„Ich bin weit entfernt zu glauben, dass die kaiserliche Aka-
demie als solche durch Verbreitung von Schriften, welche die Fra-
gen der Zeit berühren, nach Popularität haschen, oder durch gemein-
fassliche Erläuterungen solcher Fragen auf die öffentliche Meinung
einen Einfluss auszuüben trachten soll; vielmehr ist es meine Ansicht,
dass sie für die Erhaltung der Wissenschaft in ihrer Reinheit, sowie
für ihr ungetrübtes Fortschreiten, selbst in Mitte der sturmbewegten
Zeit zu sorgen habe. Damit sie aber diese grosse Aufgabe lösen

der Gesammt-Akademie. ßtl
könne, thut vor Allem Noth, dass sie die Wissenschaft auch wirklich
vollständig repräsentire. Dies ist jedoch nicht der Fall, so lange
die Philosophie, die politischen Wissenschaften und die theoretische
Medicin von derselben ausgeschlossen sind. Ich stelle daher fol-
genden Antrag:
„Seiner Majestät die Bitte zu unterbreiten, dass sich die kai-
serliche Akademie durch mindestens zwölf wirkliche Mitglieder
verstärken könne, und zwar sechs für die mathematisch-naturwissen-
schaftliche, und sechs für die historisch-philologische Classe. Die
Benennungen der Classen wären dann in physikalisch-mathe-
matische, und philosophisch-historische umzuändern und
die Mitglieder so zu wählen, dass durch dieselben die Philosophie
im wirklichen Sinne des Wortes, die politischen Wissenschaften und
die theoretische Medicin ilire würdigen Vertreter fänden."
„Ich hoffe, die kaiserliche Akademie wird meine Ansicht, dass
die in dem vorliegenden Antrage berührten Punkte wirkliche Lebens-
fragen derselben betreffen, theilen und sie daher einer gründlichen
Discussion unterwerfen, bei welcher sich vielleicht herausstellen
dürfte, dass ich in meinen Reformvorsdilägen noch nicht weit genug
gegangen bin."
[)i<1 Akademie stimmte diesem Antrage bei; statt des Ausdruckes
„politische Wissenschaften" wurde die Benennung „Staats-Wissen-
ychafteir angenommen, die bisherige Benennung der mathematiseh-
naturwisscnschanlichen Classe. aber beibehalten, für die andere aber
die Bezeichnung philosophisch-historische Classe" gewählt.
Auf Grundlage dieses Beschlusses richtete das Präsidium der
Akademie an Seine k. k. Hoheit den durchlauchtigsten Herrn Curator
das Ansuchen um Erwirkung der allerhöchsten Genehmigung der in
Antrag gebrachten Erweiterung der Akademie, welche Genehmigung
Seine k. k. Majestät mit allerhöchstem Cabinetsschreiben vom 3. Juni
l. J. zu ertheilen geruhten. Da der durchlauchtigste Herr Curator
mit hohem Erlasse vom 17. Mai Seine beifällige Zustimmung zu dem
erwähnten Antrage ausgesprochen und die Bevorwortung derselben
bei Seiner Majestät zugesichert hatte, fand sich die Akademie ver-
anlagst, in der zur Vornahme von Wahlen bestimmten Gesammt-
sitzung vom 24. Mai auch schon die Besetzung dieser neuen Plätze
wirklicher Mitglieder zu berücksichtigen.

634 Aus den Verhandlungen
Bereits in der Gesammtsitzung vom 31. Jänner hatte die Aka-
demie, gleichfalls auf des Herrn Professors Schroffer Antrag,
beschlossen, bei dem durchlauchtigsten Herrn Curator um Ermäch-
tigung zur Erhöhung der im §. 44 der Geschäftsordnung auf 72 fest-
gesetzten Zahl der correspondirenden Mitglieder um 48 in gleicher
Vertheilung nach beiden Classen und nach dem In- und Auslande
anzusuchen, welche Ermächtigung von Seiner kaiserlichen Hoheit
mit hohem Erlasse vom 13. März ertheilt wurde.
Da Herr Regierungsrath Professor Endlicher die ihm von
Seiner k. k. Majestät bei der Gründung der Akademie ertheilte Stelle
eines wirklichen Mitgliedes zurückgelegt, Herr Professor Petzval
die auf ihn am 26. Jänner gefallene und von Seiner Majestät bestä-
tigte Wahl zum correspondirenden Mitgliede nicht angenommen hat
und das wirkliche Mitglied Adrian v. Balbi mit Tode abgegangen
ist, so waren ausser den obengenannten noch zwei Stellen wirklicher
Mitglieder und die eines inländischen correspondirenden Mitgliedes
zu besetzen.
Sämmtliche in der Gesammtsitzung vom 24. Mai beschlossenen
Besetzungsvorschläge und Wahlen erhielten die allerhöchste Geneh-
migung, worüber der Akademie nachstehender Erlass des k. k. Mi-
nisteriums des Innern zugekommen ist:
„Seine k. k. Majestät haben mit allerhöchster Entschliessung
vom 26. Juni und 17. Juli l. J. die erledigten Stellen wirklicher
Mitglieder an der k. Akademie der Wissenschaften, nach dem Vor-
schlage derselben, und zwar bei der historisch-philologischen Classe
dem Scriptor der üniversitäts-Bibliothek, Joseph Diemer, und
bei der mathematisch-naturwissenschaftlichen Classe dem Custos-
adjuncten des k. k. zoologischen Hof-Cabinetes, Leopold Fitzinge r,
zu verleihen geruht."
„Ferner haben Seine Majestät ausAnlass der wegen der Hinzu-
fßgung einer philosophischen und staatswissenschaftlichen, dann
einer Abtheilung für die Zweige der theoretischen Medicin bewil-
ligten Vermehrung der Zahl der wirklichen Mitglieder der Akademie,
gleichfalls nach dem Antrage derselben, den Franz Exner, Dr. und
Professor der Philosophie an der Prager Universität, den Ernst
Freiherrn von Feuchtersieben, Dr. der Medicin und ünter-
Staatssecretär des ünterriehts-Ministeriums, den Joseph Kudler,

der Gesammt-Akadmie* 635
k. k. Regierungsrath, Dr. der Rechte und Vicedirector der juridi-
schen Studien in Wien, den Ami Boue, Dr. der Medicin in Wien.
den Karl Diesing, Dr. der Medicin und Custos-Adjunct des k. k.
zoologischen Hof-Cabinetes, 'den Jak. H e ck el, Conservator und Prä-
parator des k k. NaturaIien-Hof-Cabinetes, denFriedr. Rochleder,
Dr. der Medicin und Professor der Chemie an der technischen Aka-
demie in Lemberg, den Karl Rokitansky, Dr. der Medicin und
Professor der pathologischen Anatomie an der Wiener Universität
und den Joseph Skoda, Dr. der Medicin und Professor der medi-
cinischen Klinik in Wien, zu wirklichen Mitgliedern der k. Akademie
der Wissenschaften in Wien zu ernennen, und zugleich zu der von
der Akademie unterm 28. Mai l. J., Z. 446, angezeigten Wahl
mehrerer correspondirender Mitglieder im In- und Auslande für die
historisch-philologische und für die mathematisch-naturwissenschaft-
liche Classe die allerhöchste Genehmigung zu ertheilen geruht/'
„Hiervon wird das Präsidium der k. Akademie in Kenntniss
gesetzt."
Wien am 85. Juli 18^.
Doblhoff m. p.
Die neu erwählten correspondirenden Mitglieder sind:
Für die historisch-philologische Classe:
Im Inlande:
Bauernfeld, Eduard, Edler von, Concipist bei der k. k. Lotto-
Gefällen-Direction zu Wien;
Birk, Ernst, Scriptor der k. k. Hof-Bibliothek;
Prokesch, Anton, Freiherr von Osten, k. k. Feldmarschall-Lieute-
nant, bevollmächtigter Minister am königl. griechischen Hofe;
Remele, Johann Nepomuk, Dr. der Philosophie, Professor der
ungrischen Sprache und Literatur an der Universität zu
Wien;
Schlager, J. E., Magistrats-Secretär zu Wien;
Schuller, Johann Karl, Professor am Gymnasium zu Hermannstadt
A. C.;
S p au n, Anton, Ritter von, ständischer Syndicus zu Linz.

ß36 Aus den Verbandlungen
Im Auslande:
Bland, Nathaniel, Keeper of the Comity of oriental Texts zu
London;
Creuzer, Friedrieh, geheimer Hofrath zu Heidelberg;
Fallroereyer, Jakob Philipp, Professor und Mitglied^der königl.
bayrischen Akademie der Wissenschaften zu München;
Gervinus, Georg Gottfried, Honorar-Professor zu Heidelberg;
Stalin, Christoph Friedrich, Studienrath und Bibliothekar zu
Stuttgart;
ühland, Ludwig, Dr. der Rechte zu Tübingen;
Wilkinson , J. G.,MitgIied mehrerer Gelehrten-Gesellschaften zu
London.
Für die mathematisch-naturwissenschaftliche Glasse:
Im Inlande:
Balling, Karl, Professor der Chemie an der ständisch-technischen
Lehranstalt zu Prag;
Freyer, Heinrich, Custos am ständischen Museum zu Laibach;
Fuchs, Wilhelm, k. ungrischer Ministerialrath zu Ofen;
Ginti, Wilhelm, Dr. der Philosophie, Professor der Physik im
Dienste bei den Staats-Telegraphen;
Hruschauer, Franz, Dr. der Medicin, Professor der chirur-
gischen Vorbereitungs-wissenschaften an der Universität zu
Gratz;
Löwe, Alexander, k. k. General-Land- und Haupt-Münzprobirer zu
Wien;
Moth, Franz, Professor der Mathematik am Lyceum zu Linz;
Reiehenbach, Karl, Freih. v., Dr. der Philosophie zu Wien;
R ei s s ek, Siegfried, Custos-Adjunct am k. k. Hof-Naturalien-Cabinete
zu Wien;
Salomon, Joseph, Professor der höheren Mathematik am polytech-
nischen Institute zu Wien;
Wertheim, Theodor, zu Wien;
Wertheim, Wilhelm, Dr. der Medicin, gegenwärtig zu Paris,

der Gesammt-Akademie. 637
Im Auslande.
Agassiz , B., Professor zu Genf;
Bischoff, Theodor Ludwig Wilhelm, Professor an der Universität
zu Giessen;
Dove, Heinrich Wilhelm, Professor und Akademiker zu Berlin;
Ehrenberg, Christian Gottfried, Akademiker zu Berlin;
Fuchs, Johann Nep., königl. bayrischer Hofrath und Akademiker
zu München;
Gmelin, Leopold, grossherzoglich Baden'scher Hofrath und Pro-
fessor der Chemie zu Heidelberg;
Grunert, Johann August, Professor an der Universität zu Greifs-
wald;
Mädler, D. J. H., kaiserlich-russischer Staatsrath, Director der
Sternwarte zu Dorpat;
Milne Edwards, Henri Professor und Akademiker zu Paris;
M o hl, Hugo, Professor zu Tübingen;
O wen, Richard Esq., Mitglied der königl. und geologischen Gesell-
schaften, Professor am Collegium für Wundärzte zu London;
Schieiden, J. J., Professor zu Jena.
In der historisch-philologischen Classe blieben drei Plätze wirklicher, dann
fünf Plätze correspondirendcr Mitglieder im Inlande und eben so viele im Aus-
lande vor der Hand noch unbesetzt, über welche später verfugt werden wird.
In der Gesammtsitzung am 13. Mai hielt der Präsident der Aka-
demie, Freiherr Hammer-PurgstaII, nachstehenden Vortrag:
„Einer der längsten Zöpfe des deutschen Michel sind die langen
Titulaturen nach verschiedenen Abstufungen des Hochgeborn,
Hoch- und Wohlgeborn, Hochwohlgeborn, Wohlge-
born, Hochedelgeborn, Wohledelgeborn u. s. w., über
welche sich schon Rabener mit Recht lustig gemacht; warum soll
der Deutsche wie der Engländer, Franzose und Holländer nicht mit
Weglassung dieses veralteten Schnörkelwerks seine Briefe mit
„Mein Herr" — „Mein GraF — „Mein Fürst" — beginnen und
eben so enden? Wenn er diese weitschweifigen Wiederholungen
auch im Laufe des Schreibens auslässt und dafür Sie und Ihnen

638 Aus den Verhandlungen
gebraucht, so wird er es sogar dem Engländer zuvorthun, der, an
einen Grafen oder Herzog schreibend, denselben Your Lordship,
d. i. Eure Herrlichkeit, und Your Grace, d. i. Euer Gnaden, betitelt.
Die letzte Anrede sollte füglich nur für Frauen vorbehalten sein, oder
bei Bedienten geduldet werden, in deren Munde auch in England
vw&ÄsMylady zu hören ist, während man in guter Gesellschaft
nur Madam sagt. Mehr als wider die Abschaffung der vielfach
Gebornen dürfte wider die Umänderung der üblichen Unter-
schriftsformeln einzuwenden sein, indem selbst die Engländer und
Franzosen sammt ihrem Sir und Monsieur den tres humble et tres
obeissant serviteur und den most humble and most obedient Ser-
wnt beibehalten haben. Dieses erklärt sich wohl aus der Anrede
des Herrn, welche voraussetzt, dass der Schreiber ein Diener
desselben, sei es nun ein unterthänigster oder unterthä-
niger, ein gehorsamster oder gehorsamer, ein ergeben-
ster oder ergebener. Diese Eigenschaftswörter mögen sich nach
dem gesellschaftlichen Verhältnisse des Schreibenden, zu dem, an
den er sehreibt, verschieden gestalten. In den Schreiben der Aka-
demie kommen dieselben ohnedies nicht vor, es wäre aber auch sehr
zeitgemäss, dass sich dieselbe der Eingangs erwähnten Titulaturen
entledige und hierin nicht nur Österreichern, sondern auch anderen
deutschen Akademien,, in deren Zuschriften diese Titulaturen bisher
beibehalten worden, mit gutem Beispiele vorausginge. Das Wort
Monsieur, Sir oder Herr, als Anrede an Jedermann ist eine Ge-
burt des Mittelalters, welche in neuer europäischer Sitte so fest-
gewurzelt ist, dass selbst die jüngsten Republikaner Europa's, die
Franzosen, so wie die Bewohner der vereinigten Staaten in Amerika
nicht anders, als mit Monsieur und Sir angeredet sein wollen; in
den alten Republiken ist hiervon keine Spur und selbst im römischen
Kaiserreich war die Anrede Domino nur dem Kaiser vorbehalten,
wie dann der jüngere Plinius nur den Trajan mit Domine an-
spricht."
Ohne also das bei allen europäischen Völkern übliche Herr und
Diener anfechten zu wollen, beschränkt sich dieser Vorschlag bloss
auf die Abschaffung der V o r l äu fer desselben, nämlich der verschie-
denen Gebornen, welche, so wie die Laufer schon abgekommen
sind, auch bald gänzlich ausser Lauf gesetzt werden dürften. Hierzu
mache die kaiserliche Akademie der Wissenschaften den Anfang."

der Gesammt-Akademie. 639
Dieser Antrag wurde mit einstimmigem Beifalle vernommen und
beschlossen, in dem Verkehre der Akademie als Körperschaft die
gerügten Titulaturen nicht mehr zu gebrauchen; zugleich wurde der
Wunsch laut, dass die Herren Akademiker auch in ihrer Privat-
correspondenz sich derselben enthalten und auf Nachahmung dieses
Verfahrens hinwirken mögen.
Das wirkliche Mitglied der kaiserlichen Akademie der Wissen-
schaften, Herr Bergrath Haidinger stellte in der Gesammtsitzung
am 13. Mai l. J. den Antrag, die Akademie möge sich mit einer Re-
form ihrer Einrichtungen beschäftigen. Er leitete seinen Vorschlag
mit nachstehendem Vortrage ein :
„Der Fortschritt der Zeit ist auch in dem Entwiekelungsgange
der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften sichtbar gewesen.
Nichtmitglieder werden bereits zu den wissenschaftliehen Sitzungen
zugelassen. Durch den Beginn der Herausgabe der Sitzungsberichte
ist die Verbindung mit der wissenschaftlichen Welt eröffnet. So
manche Verbesserungen erscheinen aber heute noch wünschens-
werth, um das schöne Institut von jenem Geiste der Arbeit und des
Vertrauens, aber auch der Verantwortlichkeit durchdrungen zu sehen,
gegen den man sich nun nicht mehr verschliessen darf."
„Die kaiserliche Akademie der Wissenschaften erhielt ihre Ge-
schäftsordnung, aber auch schon ihre Statuten, welchen jene ange-
schmiegt werden musste, unter dem Grundsatze der Censur und
Controle. Ein unnöthig hemmender Geschäftsgang wird dadurch
herbeigeführt. Wenn auch in der Praxis schon manche störende
Elemente beseitigt wurden, so fehlt doch auch die Anerkennung der
Nothwendigkeit solcher Abweichungen, und die gerade unumwun-
dene Aussprache dessen, was uns erforderlich ist."
„Aber die ursprünglichen Statuten selbst zeigen uns im §. 6
den gesetzlichen Weg, Wünsche und Bitten Seiner Majestät
unserem allergnädigsten und gütigsten Monarchen, in
Untertliänigkeit darbringen zu können, nämlich durch Seine k. k.
Hoheit unsern durchlauchtigsten Herrn Curator."
„Ich bitte die kaiserliche Akademie der Wissenschaften, gütigst
in Erwägung ziehen zu wollen, ob es nicht zeitgemäss wäre, eine
Commission zu ernennen, um die Grundsätze zu besprechen, welche

640 Aus den Verhandlungen
in einer solchen Eingabe zu berücksichtigen wären, und um einen
Entwurf zu verfassen, der sodann der kaiserlichen Akademie zur
Gutheissung vorgelegt würde."
„Die Grundlage aller Abänderungen würde auf der Erleich-
terung der Arbeit und der Vereinfachung des Geschäfts-
ganges beruhen. Die kaiserliche Akademie wird dabei als eine
Körperschaft, sowie alle einzelnen Mitglieder derselben als Indivi-
duen betrachtet, welche Vertrauen verdienen."
Hieran knüpfte der Herr Bergrath Bemerkungen über die wich-
tigsten der Erörterung zu unterziehenden Punkte der bisherigen
Statuten, und schloss seinen Vortrag mit folgenden Worten:
„Die hochverehrte kaiserliche Akademie der Wissenschaften
wird es mir zu Guten halten, wenn ich bemerke, dass die leitenden
Ideen der heutigen Vorlage keine anderen sind, als die, welche
meinen Bemerkungen zu der Geschäftsordnung im vorigen Sommer
zu Grunde gelegt wurden:
„Arbeit, nicht Censur;"
„Concurrenz, nicht Monopol;"
„Die Akademie ist Mittel, nicht Zweck/' u. s. w.
„Ich glaube auch heute weniger einen freiwilligen Schritt za
thun, als meinem Pflichtgefühle zu entsprechen, indem ich der
kaiserlichen Akademie der Wissenschaften die vorhergehenden Be-
trachtungen dargeboten habe."
„Der Antrag aber, der sich daraus ergibt, ist folgender:
„Die kaiserliche Akademie der Wissenschaften ernennt eine
Commission, welche über die Fragen Bericht erstattet, ob, in wel-
cher Form und in welcher Ausdehnung Schritte gemachtwerden
sollen, um solche Veränderungen in den Statuten derselben herbei-
zuführen , die den gegenwärtigen Zeitverhältnissen angemessen und
für das künftige Bestehen des Institutes vortheilhaft erscheinen."
Die Mehrheit der Stimmen sprach sich für die Annahme dieses
Antrages aus; die Commission wurde aus dem Herrn Antragsteller
und den Herren S chrötter und v. Ettingshausen von der einen,
dann den Herren Arneth, Chmel und Wolf von der ändern
Classe gebildet.
Dieselbe erstattete ihren Bericht in der Gesammtsitzung vom
30. Mai. Sie theilte bei den Anträgen über die Veränderungen an

der Gesammt-Akademie. 641
der Organisation der Akademie, welche sie für nöthig erkannte, und
denen sie die oben erwähnten Bemerkungen des Herrn Bergrathes
zum Grunde legte, auch die Ansicht desselben, dass diese Verände-
rungen sich nicht auf blosse Umstaltung der Geschäftsordnung be-
schränken sollen, sondern allerdings Bestimmungen berühren müssen,
welche in den Statuten enthalten sind, da diese, dem Geiste unserer
gegenwärtigen Staatsverfassung gemäss, wohl nicht mehr in ihrer
früheren Bedeutung als Ausfluss des absoluten Herrscherwillens auf-
gefasst werden können. Nach Anhörung des Berichtes beschloss die
Akademie weiter, es solle die Commission sogleich die Statuten, wie
auch die Geschäftsordnung, in die Form bringen, in welcher selbe
nach ihrer Ansicht künftighin zu gelten hätten, und die Gründe für
die gemachten Änderungen beifügen; der hieraus erwachsende Auf-
satz sei sodann in Druck zu legen, und jedem wirklichen Mitgliede
mit der Aufforderung zuzusenden, seine Ansicht darüber der Aka-
demie mitzutheilen. Erst nachdem diese Gutachten berücksichtigt
worden, wolle die Akademie über die Allerhöchsten Ortes in Antrag
zu bringenden Reformen einen Beschluss fassen.
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SUzb. »l. iniith.-naturw. Cl. I. Bd. 4t

g 4 2 Verzeichniss
ERSTES VERZEICHNISS
der
bei der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften im Laufe
des Jahres 1848 emgegangenen Druckschriften.
Aben-Esra, R. Abrah., Sephat Jether. Beleuchtung dunkler
Bibelstellen und R. Saadia's Erklärungen vertheidigend gegen
R. Adonim Levita. (Aus einer seltenen Handschrift, zum ersten
Male gedruckt.) Mit einer Einleit. von M. Letteris. Press-
burg 1838; 12-o.
Academie d'Arch6ologie de Relgique, Ruiletin et Annales.
Tom. IV, 2 B., 4. liv., Anvers 1847; 8-vo.
— — Vide Espinoy.
Academie royale de Belgique, Annuaire. 4 Vol., Rruxelles
1844—1847; 8-vo.
— — Bulletins. Tom. L—XIV. l. Partie, Bruxelles 1836—1847;
22 Vol. 8-vo.
— — Memoires. Tom. VI.—XX. Bruxelles 1880—1847; IS Vol.
4-to. "
— — Memoires cowonnes. Tom. VIII.—XX. Bruxelles 1832
1847; 18 Vol. 4-to.z.
— — Les moyens de soustraire Fexploitation des mines de houille
aux chances d^explosion. Recueil de memoires et de rapports;
publi6 par: . . . . Bruxelles 1840; 8-vo.
Acad6mie des Sciences et Lettres de Mon'tpellier. Memoires
de la section des Sciences. Annee 1847. Montpellier; 4-to.
Annales de Fobservatoire Royal de Bruxelles; publ. aux
frais de Fetal par le directeur A. Quetelet. Tom. l.—S. Bru-
xelles 1834—1846; 6 VoL 4-to.

der eingegangenen Druckschriften. 643
Annali di fisica, chimica e mathematica ecc., diretti d. Prof.
G. A. Majo chL 24 VoL u. Tom. XXVIL Nr. 7. Milano 1841—
1846; 8-vo.
Archiv der Mathematik und Physik etc. Herausgegeben von
Prof. Job. Aug. Grunert. Bd. X, l., 2., 3. H.; Greifswald
1847; 8-vo.
Alberi, Eugenio, G. Galilaei in Jovis satellites lucubrationes quae
per 2OO fere annos desiderabantur, in lucem vindicatae. Flo-
rentiae 1046; 8-vo.
Averrois comment. in Aristotelis de arte rhetorica libros tres.
hebraice versus a Todroso Todrosi Arelat. Nunc primum ed.
Goldenthai J. Lipsiae 1842; 8-vo.
L'Armonia universale. Poema didascalico in sesta rima. Di N. de
B-o B-i. Vienna 3. ed. 1846; 4-to.
Ateneo veneto, Esercitazioni scientifiche e letterarie delF . . .
Venezia 1847; 4-to
— — Discorsi, letti nella pubblica adunanza del 11. Giug. 1847.
Venezia 1847; 8-vo.
, 'w
Aiti deila distribuzione de'premj d'industria ecc., nella pubL adu-
nanza d. I. R. Istituto Lombarde ecc. 1847. Milano 1847;
4-to.
Balbi, Adr. cd Eng., Compendio nuovo di Geografia etc. Torino
1847; 8-vo.
B e darschi, Jedajah Penini, Bechinoth Olam.' Betrachtungen über
das Weltleben. Mit interpunct. ebräisch. Texte und mit einer
neuen, metrisch gereimten, treuen Übersetzung von M. E.
Stern. Nebst einer biograph. Einleit v, Jos. Weisse. Wien,
1847; 12-o.
Bellomö, Giov. La Palla d'oro deir I. R. Patriarcale Basilica di
S. Marco, considerata sotto i risguardi storiei. arcbeologici ed
artistici. Venezia 1847; 4-to.
Bensew I. L. Ozar Haschorosehim. Hebr.-deutsch und deutsch-
Iiebr. Wörterb. über d. alte Testament 3. Aufl. verm. und verb.
v. M. Letteris. 3 Bde. Wien 1839—1844; 8-vo.
Hermann, fe^, aSiftIi^e Statiftif obef geogt^if^e ^arftrihmg
bei lüi^t. ftatifi. aSe^attnipe eufot?. @taftten, mit 6efonbwr Äu^
ftd?t ter Dfterr. SSKona^ie, t'n fähigen harten K. SBien 1848,
4-to (mit harten).
41 *

g 44 Verzeichniss
©ef^ieiBung her (Srfmbungen unb SBetfieffenmgen, füt tüeHe in ben
f. f. oflerr. ©taaten latente erteilt töurben, unb bereu ^ßriüile^
gmm^Sauet nun eriof^eu ip:. ^eiai^g. auf ^tnorbnung bei f. t
angem.^offammet. S SBbe. aßien 1841—1848; 4-to.
Sifure ^aittim. (Sine (Sammlung e6raifd}et Stuffä^e, eyeget, ^
Mogif^en unb ^öetifd^en 3nl?alte^. Sßien 1848? S^0- •&^au^< üon
9R. @. @tern. <
Blanco, Lor. CavaL Varietä nei volumi Ercolanesi.- Napoli 1846;
8-vo.
Boucher de P'erthes. La Marquise de Montalle. Comedie en-
6 actes. Paris 1820; 12-0.
— — Romances, Ballades et Legendes. Paris 1830; 12-o.
— — Chants armoricains, ou souvenirs de Bässe-Bretagne. 2. ed.
Paris 1831; 12-o.
_ Nouvelles. Paris 1832; 12-o.
— — Opinion de M. Christophe sur les prohibitions et la liberte
du commerce. 2. ed., 4 Vol. Paris 1831—1834; 12-o.
— — Petit Glossaire, traduction de quelques mots financiers.
Esquisses de moeurs administratives. 2. Vol. Paris 18 38;
12-o.
— — Delaprobit^. Abbeville 1835; 12-o.
— — Satyres, contes et chanso nettes. Paris 183S; 12-o.
— — Delamis^re. Abbeville 1839; 12-o.
— — Du courage, de la bravoure, du courage civiL Abbeville
1837; 12-o.
— — De la creation. 5 Vol. Paris 1841; 12-o.
— — De r^ducation du pauvre. Abbeville 1842; 12-o.
— — Du patronage ou de Finfluence par la charit^. Abbeville
1846; 12-o.
— — Antiquites celtiques et antediluviennes etc. Paris 1847;
12-o.
Caimi, Pietro da Sondrio , Memoria in risposta al quesito additore
la migliore e piü facile maniera per rimettere i boschi nelle
montagne diboschite delF alta Lombardia (Proposta dalF I. R.
Istituto Lombarde 1844, distinta colla menzione onorevole
1846). Milano 1847; 4-to.
Catullo, Tomas. Anton., Remarques etc. sur la geognosie paleo-
zo'ique des alpes venitiennes. s. l. et d. 8-vo.

der eingegangenen Druckschriften. 645
Catullo, Cenni sopra il terreno di sedimento sup. delle provincie
Venete, e descr. d. aicune specie di Polipai foss. (Inser. n.
Vol. IV. d. Memor. d. R. B. Istituto Veneto.) Venezia 1847;
4-to.
Prodromo di Geognosia paleozoica delle Alpi Venete. Modena
1841; 4-to.
Trattato sopra la costituzione geognost. fisica dei terreni allu-
viali o postdiluv. d. provincie Venete. Padova 1844; 8-vo.
Osservazioni sopra un scritto di N. Achille de Zigno intorno
alla non promiscuitä dei fossili tra il Biancone e la calcaria
ammonitica d. Alpi Venete. Padova 1847; 8-vo.
Memoria su le caverne delle proyincie Venete. Venezia 1844;
4-to.
Champollion, Pigeac, Documents bist. inedits, tires des collec-
tions manuscr. d. l. bibliothäque roy. etc. Vol. 2. 3. Paris
1847; 4-to.
Cazwini, Zakanja Ben Muhammed Ben Mahmud, Cosmographie.
Herausgegeb. v. Ferd. Wüstenfeld. IL Th., l. Göttingen 1847;
8-vo.
Cesarini, Emidio, Principii della Giurisprüdenza commerciale.
2 ed. Macerata 1840; 4-to.
Cittadella-Vigodarzere, Andrea. Cenni di Giuseppe Barbieri.
Bassano 1847; 8-vo.
Demonville, Philosophie primitive. 3 VoL, Paris 1845; 8-vo.
In 4 Exemplaren.
Deutsch, videKrafft.
Espinoy, Philippe de, Pr61ats, Barons, Chevaliers etc. de
la Duch6 de Brabant etc. en 13OO. (Kompression literale
par FAcademie d1 Archeologie de Belgique.) Anvers 1847;
8-vo.
(g^e^iet. ^eiau^gegefeen üon'®tern, Sßten 1842; 8-vo.
gaüre, 91., SSemerfungen ü6er bie geoloflifc^en harten üpn ©nglant).
(^u§ b. SBeri^ten über b. aRitt^eUungen üon greunben her ^atu^
tüiffenf^aften..)
Fenicia, Salvatore. Canto sopra Venezia. Bari 1847; 12-o.
Diana la Gatta. Bari 1847; 12-o.
— Memoria scientifica sulla massima cagion fisica onde ne avvenga
ehe le plante indigene della zona torrida non attechiscono e

ßAß Verzeichniss
propaghinsi solto le zon& fredde, e viceversa le polari etc. etc.
Bari 1846; 12-o.
Firnhaber, Friedr., Vincenzo Guidoto's Gesandtschaft am Hofe
König Ludwigs von Ungarn , 1523—1S2S. Wien 1848; 4-to.
Gazali, Tusensis, El. Misan sive Compendium Doctrinae Ethicae,
hebraicae convers. ab Abrah. bar-Chasdai Barcinonensi etc.
nunc prim. ed. hebraicisque proleg, instr. J. GoldenthaL
Lips. 1839; 8-vo.
Gesellschaft, furstl. Jablonowskische^ Abhandlungen bei
Begründung der k. sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften
etc. Leipzig 1846; 4-to.
®efeCfcf)aft, fd)Ieftfd)e, für üaterlanb. (Suttur. ÜSerft^t her leiten unb
aSeranberungen berfetfien zc. SBre^Iau 1847, 4-to.
Giornale per servire ai progressi della Patologia e della Tera-
peutica etc. diretto dai Dottori Fantonetti e Namias.
1847 Lugl.—Dec., 1848 Genmijo. Venezia 1847—1848;
8-vo.
Goldenthai, J. Vide Rabbi Nissim, Al-Gazali, Averroes, Kalo-
nymus.
Gräberg da Hemso, Jacopo Conte Cavaliere. Specchio geograf. e
statist. delF impero di Marocco.1 Genova 1834; 8-vo.
Sül sistema di rotazione in coltura usato n. prov. svezzesi etc.
Firenze 1840; 8-vo.
Observations authentiques sur la peste du Levant etc. Florence
1841;8-vo.
Relazioni commerciali dell' Egitto etc. coi porti delE Italia etc.
Firenze 1841; 8-vo.
Notizia intorno alla famosa Opera istorica di A^Bd-Er-Rahhman
Ibau Khaldun, Filosofo africano del sec. 14. ed. nuov. Firenze
1846;8-vo.
— Ultimi progressi d. Geografia, Sünto letto alla sezione di Geol.
e Geograf. della 4—8 ital. riunione di scienziati etc. Milano
1843—1846. Torino 1846; 8-vo.
Cenni sulE agricoltura e I' industria dell1 Africa francese etc.
Firen&e 1847; 8-vo.
Annotazioni sul veneno viperino. s. l. 1834; 4-to.
Memoire sur la necessit^ en Toscane d"un institut d'a^riculture
etc. Paris s. d.; 8-vo.

der eingegangenen Druckschriften. 647
Gräberg da Hemso, Jacopo Conte Cavaliere, Cenni storici ipono-
mici e statist. sulla miniera di rame detta la Cava di Caporciano
etc. Firenze 1847; 8-vo.
Grimelli, Geminiano. Osservazioni ed esperienze intorno al me-
todo deir assopimento ammale ed umano ecc. Modena 1847;
8-vo.
Haidinger, Willi. Naturwiss. Abhandlungen, gesammelt und durch
Subscript. herausgeg. Wien 1847; 4-to.
Geognostische Übersichtskarte der Österreichischen Monarchie.
9 BL FoL-
— Bericht über die geogn. Übersichtskarte etc. Wien 1847; 8-vo.
- Über das Eisenstein-Vorkommen bei Pitten in Österreich. Prag
1846; 4-to.
— Der rothe Glaskopf; eine Pseudomorphose nach braunem etc.
Prag 1846; 4-to.
Hombus-Firmas, Bar. d\, Rapport sur le congres scient. de
Milan etc. s. l. et d.; 8-vo. ^
Jomard. Sur la publication des monuments de la Geographie. Paris
1847; 8-vo.
3Eofua, her @o^n ©frac^. Sie Sßei^eit^ @^ud^e. 3En metnfd^
gemmter SSearfieitung nacf) SBen ©e6^ eSraif^er unt) her dten
aramäif^en ÜSerfe^ung berfriS^. 3Si?n 9Ä. ®, ®tern. Sßien
1848;8-vo.
Kalonymi Apologia Mosis Maunonidis ect. nunc primum ed. Göl-
denthalJ. Lips. 184S; 8-vo.
K appeller, L. J. Preis-Verzeichniss physikalischer Instrumente
und ehem. Geräthschaften. Wien 1847$ 8-vo.
K a r a j a n , Th. G. von. Zehn Gedichte Michael B e h e i m s zur Ge-
schichte Österreich und Ungarns. Mit Erläuterungen. Wien
1848; 4-to.
Kochbe Jizchak. Eine Sammlung ebräisch. Aufsätze, exeget.
und poetischen Inhalts. Herausgeg. von M. E. S t e r n, 10 Bde.
Wien 184S—1847; 12-o.
K r a ff t, Albr. und D e u t s e h, Sim. Die handschriftlichen hebräi-
schen Werke der k. k. Hof-Bibliothek in Wien. Wien 1847;
4-to.
Krieger, Jos., die Enträthselung der sogenannten Platon. ZahL
Tirnau 1847; 8-vo.

ß48 Verzeiclmifa&
Laplace. Oeuvres. 6 VoL Paris 1843—1846; 4-to.
Letteris, M. Vide Bensew, Aben Ezra, Racine, Luzzatto.
9K. SSRa^for. ®ie famrntL geftge6ete her Sfraeliten. ÜSerfe^t unb
mit%nmer(. ^91847, 8-vo.
(^agen au^ bem Orient. (Sarßru^e 1847, 8-vo.
_ Esther, Tragödie, tiree de rEcriture sainte, hebr. von Letteris
Prag 1843; 12-o.
Löwenstern, Isidore. Expose des elemens constitutifs du Systeme
d. L troisieme ecriture cuneiforme de Persepolis. Paris 1847;
4-to.
— Essai de dechiffrement de Fecriture Assyrienne p. serv. ä Fex-
plication du Monument de Khorsabad. Paris 1845; 4-to.
L u ca s, L P. A., Traite d'application des traces geom^tr. auxlignes
et aux surfaces du deuxieme degre etc. Paris 1844; 4-to.
Luzzatto. Moses vita. Migdal-Oz, Drama quadripartitum. Monu-
mentum linguae neohebraicae praestantiss. nunc primum ex
Codiee italico ed. c. com. Sam. Dar. Luzzatti et Meiri Let-
teris. addidit prolegom. e cod. Francisci-DeIitzschiL Lipsiae
s. d.; 8-vo.
MajocchL Vide Annali.
Melloni, Macedonio Memoria sulF Abassamento di temperatura
prodotto alla superf. terrestr. durante le notti placide e serene
etc. s. l. et d.; 4-to.
Mohl, Jules, Rapport annuel fait ä la societ6 asiatique. Paris 1847;
8-vo.
Namias, «Giacinto, Osservaziom cliniche intorno al Valerianato di
Zinco. Venezia 1845; 8-vo.
Osservazioni sopra casi d'impedimento alla respirazione, ehe si
guariseono fumando le foglie dello stramonio s. l. et d.; 8-vo.
— Delle condizioni di Venezia in cio ehe risguarda la vita e la
ssalute delF uomo. Venezia 1847; 4-to.
— Vide Giornale d. Patologia.
Navarini, Andr., Sülle affezioni periodiche intermittenti del Cav.
Prof. Tommasini. Bassano 1847; 8-vo.
Su la membranea interna dei vasi sanguigni. Bassano 184T;
8-vo.
Nawawi. Abu Zakariya Yaliya El, The biografical Dictionary of
illustrious men chiefly at the beginning of Islamism. Now first

der eingegangenen Druckschriften, g 4 9
ed. etc. by Wüstenfeld Ferd. Part VIIL Götting. 1845;
8-vo.
Nissim R. Ben Jacob Cairovanensi, Clavis Talmudica. Opus adhuc
incogn. nunc prim. e codice vet. a Bibl. Palat. Vienn. ed J.
GoldenthaL Yindob. 1847; 8-vo.
Nordmann, Alex., Dicouverte de gttes riches en ossemens fossiles,
faifce en 1846 ä Odessa etc. Odessa 1847; 8-vo.
Nyssen, I. I. Examen critique et litteraire de la Rodolphiade de L
L. Pyrker etc. Saint-Trond 1847; 8-vo.
Otto, F. Bemerkungen über den Einfluss der Umdrehung derArtil-
leriegcschosse aufH^re Balm etc. Berlin 1843; 4-to.
— Erste Fortsetzung der Bemerkungen etc. Neisse 1847; 4-to.
Paravey, M. de. De Fessai sur les Hieroglyphes Egypt. par M.
FAbb^ Affre. Paris 1833; 8-vo.
Etndes sur F arch^ologie et sur un monument Bibique etc. ä
Thebes en Egypte. Paris 1834; 8-vo.
— Essai sur quelques Zodiaques apport6s des Indes. Paris 1834;
8-vo.
Mömoire sur l' origine Japonaise, Arabe et Basque de la civili-
sation des peuples du plateau de Bogota etc. Paris 1835;
8-vo.
Dissertation abregne sur le nom antique et hi6roglyphique de
la Jud6e. Paris 1836; 8-vo.
^Documens hi6roglypliiques empörtes d'Assyrie et conserves en
Chine et en Amerique sur le d61uge de N06 etc. Paris 1838;
8-vo.
— Dissertation sur le Ting-ling ou la nation de Centaures. Paris
1839; 8-vo.
— Dissertation sur les Amazones. Paris 1840; 8-vo.
— Astronomie ancienne et 6gyptienne etc. Paris 1840; 8-vo.
_ Note abr6g6e rel. aux Obos ou Tumulus du Bosphore cimm^rien.
Paris 1840; 8-vo.
_ L'Amerique sous le nom de pays de Fou-Sang est-elle citee
dans les grandes Annales de la Chine etc.? Paris 1844; 8-vo.
_ Ninive et Babylone, expliquees dans leurs ecritures et leurs
monumens. Paris 184S; 8-vo.
_ Quelques observations sur les travaux de M. de Bansen, de
Lepsius etc. Paris 1847,

QgQ Verzeichniss
Paravey, De Fetal des sciences chez les Anciens. Paris s. d.; 8-vo.
_ Communications faites ä FAcad&nie des sciences sur quelques
d6couvertes modernes qui avaient ete connues des Anciens.
Epernay, s. d.; 8-vo.
Lettres sur les caracteres d. l. clef du cheval, et sur le ver etc.
Lilie, s. d.; 8-vo.
— Quelques idees s. l. collections d. fleurs peintes envoyees de la
Chine etc. Paris s. d.; 8-vo.
— Note relative ä un passage d' El-Bakoui sur les migrations des
anciens Arabes vers la Chine, s. l. et d.; 8-vo.
— Fragments sur F histoire litt^raire et politique de Raguse etc.
s. l. et d.; 8-vo.
Nouvelles preuves, que le pays du Fou-Sang mentionn6 dans
les livres chinois est FAmerique, s. l. et d.; 8-vo.
Origine asiatique d'un peuple de FAmerique du Sud etc. Paris
s. d.; 8-Yö.
Patellani, Luigi. Abozzo p. un trattato d'Anatomia e Fisiologia
veterinaria. Milano 1847; 8-vo.
Quetelet, M. A., De Finfluence du libre arbitre de Fhomme sur
les faits sociaux, et particulierement sur le nombre des maria-
ges. Rruxelles s. d.; 4-to.
Recherches statistiques. Bruxelles 1844; 4-to. .
Vide Annales de F observatoire de Bmxelles.
Racine. Athalie. Hebräisch von Letter i s. Wien 183S; 8-vo.
Regnault, M. V., Relation des experiences pour d6termmer les
principales lois physiq[ues et les donnees numeriques qui entrent
daas le caicul des machines ä vapeur. Paris 1847; 4-to.
3(tem6Ie, 3o^ s»., 8e^r6it^ ber ungarif^en ^ra^e. 2. äe^. unb
üerm.Slup. Sßiwl846; 8-vo.
%iä4fe uttgarifc^er SIafpfei. aBien f. b.; 8-vo.
Ungarif^er ®efd)aft^l m SBeifpieIen. SBien f. b., 8-vo.
Reuss, Aug. Em., Die Versteinerungen der böhmischen Kreide-
formation l., 2. Abtheil. Stuttg. 184S—1846; 4-to.
Santarem, de, Examen des assertions contenues dans un opuscule,
intitul6: Sur la publication des monuments de la Geographie.
Paris 1847; 8-vo.
Schrotter, Ant. Die Chemie nach ihrem gegenwärt. Zustande.
l. Bd. Wien 1847; 8-vo.

der eingegangenen Druckschriften. g51
Schweigger, \L S. C. Über das Elektron der Alten etc. Greifs-
walde 1848; 4-to.
Schuitz, A. F. W., Beobachtungen über den täglichen Gang
der meteorologischen Instrumente zu Berlin und Rom. S. l. et
d. Fol.
Societe roy. d^Abbeville d'emulation, Memoires. S Vol. Abbeville
1833; 8-vo.
Ethnologique. Memoires. 2 Vol. Paris 1841—1848; 8-vo.
— — Bulletin. Ann6e 1846—1847. s. l. et d.
Philomatique d.e Paris. Extraits des proees-verbaux des seances.
9 Vol. Paris 1838—1846; 8-vo.
@tern, SÄ. @. ^erienSIumen. ^re^urg 1832; 8-vo.
gRif^tt. 3ßienl833^ 12-o.
^mnen an t)ie göttliche ©m^eit äßien 1840; 8-vo.
ÄIange äug her aSorjeit Sßien 1841; 8-vo.
SBei^af^er. aßien 1842,4 8-vo.
—— ®eber @Ii(f)ot^ aSoÜftanb. ÜSerf^. bei ©e6ete füt bie SSüßtage,
Sßien 1842; 8-vo.
S)iä)tuna§6Iü^en. SCBien 1843; 12-o.
Solbotl; Sfrael. ®efä)tc^te her 3uben, üon her ^eimfe^r au§ 33^
S^ton 6i§ sur gerftonwg beg Sem^etö. aSanb II. aßien 1843,
8-vo.
©^ulSuä) ber l)e6rair^en ®^a^e. 2. Slu^gaBe, aßien 1844;
8-vo.
^ie fammtKcf)en geftgefiete her S^aetiten. S SSonbe. aßien 1844;
8-vo.
^ie Ätagelieber Am Sage ber ßerflonmg 3emfa(em^ aßten 184S:
8-vo.
®ie fromme 3{ou^ocl)ter. SInba^Su^ für 3^eß gtauen unb
9Kabc^en. 4. mm. 9Iu^8. 3Bien 1846, 12-o.
perlen be§ Orient. 3ßien 1847^ 8-vo. ^
£tt5^^^ ^atif^i. 2 »be. SEßien 1847,- 8-vo,
Vide Kodibe Jizchak, Josua, Ezechiel, Bikure Haittim, Be-
darschi.
TuTraUo?, r. K. BaXaßapara, ^wro^ r^g Ma^aßaparag etc.
£%&o»?££aa etc. loav Aovp.<x. Athen 184T; 8-vo.
Villa, Ant. et G. B., Coleoptera Europae dupleta in Collectione
Villa. Mediol. 1838; 8-vo.

652 Verzeichniss
Villa, Ant et G. B., Note su aicuni insetti osservati nel periodo
delF ecciisse. Milano 1842; 8-vo.
Catalogo dei Coleopteri d. Lombardia. Milano 1844; 8-vo.
— Catalogo dei Molluschi d. Lombardia. Milano 1844;
8-vo.
— Sulla costituzione geologica e geognost. della Brianza. Milano
1844; 8-vo.
Degli insetti carnivori adoperati a distruggere le specie dannose
alF Agricultura etc. Milano 184S; 8-vo.
Rivista analitiea delle objezioni publ. dai S. S. Bassi e Bellani
sulle memorie intorno gli insetti carnivori e le locuste. Milano
1846; 8-vo.
Dispositio system. conchyliarum terrestr. et fluviatil. quae
adservantur in eollectione fratrum Villa. Mediolanensis 1847;
8-vo.
ütilitä dei boschi montani nella Lombardia. Milano 1847;
8-vo.
aßatterid), §. @. ömi, Sufta. SSien 1843 y 8-vo.
S^ato. ^rag 1843; 8-vo.
®ab. ^rag 1844; 8-vo.
^^ Denfmat bet @r^et^S ^ari^egion. ^ßrag 1846, 8-vo.
§(ie8enbe®Iatterl846, 8-vo.
W ü s t e n fe l d. Vide EI-Nawawi, C azwini.
Zanon, Bart, Analisi delle acque potabili di Treviso. Padova
1847; 4-to.
Zigno, A. Nob., Plantae cryptogamae in provincia Patavina. Patav.
1833; 8-vo.
— Sulla giacitura dei terreni di sedimento dei Trivigiano. Padova
1841; 8-vo.
Sopra aicuni corpi organici ehe si osservano nelle infusioni.
Padova 1842; 8-vo.
Atti verbali d. sezione d. Geologia etc. d. 4. riunione de sci-
enziati italiani in Padova 1842. Padova 1843; 4-to.
Introduzione allo studio della Geologia. Parte I. Padova 1843;
8-vo.
— Nota intorno alla non promiscuitä dei fossili fra il bian-
cone e la calcaria ammoma delle alpi venete. Venezia 1846;
8-vo.

der eiügegaugenen Druckschriften. gg;-{
Z ig n o , A. Nob., Osservazioni intorno ai cenni äel Professore T. A.
Catullo sopra il sistemo cretaceo delle alpi venete. Padova
1846; 8-vo.
Osservazioni sul terreno cretaceo delF Italia settentrionale.
Padova 1846; 4-to.
— Sul marmo di Fontana fredda nei monti Euganei. Venezia
1846; 8-vo.
ZWEITES VERZEICHMSS.
A u er, Alois, Sprachenhalle. Wien 1844, FoL
33 016, 21. $eumd), SlaurüpSMatter. ®fn ^euJa^gefc^enf fut ^reunbe
morgenlanb. Sßfffen^ unb (^riftent^um^. Sßien 1848; 8-vo.
Boiler, Anton, Ausführliche Sanskrit-Grammatik für den öffent-
lichen und Selbstunterricht. Wien 1847; 8-vo.
Boyer, M. X., Rodolphe de Habsbourg, ou FAlsace au 13. si&cle.
Colmar 1847; 8-vo.
aSranbi^, 3a(. ^nbra gm^. äon, ®ie ©efd^te bei Sanbe^au^tteute
üon Zwt ^eft l, 2, 3. 3;nnß6tutf 1847; 8-vo.
Brogni.ez, A. L, Apercu historique sur la Prothese locomotrice
humaine, depuis le 17. stiele jusqu^änosjours. Bruxelles 1847.
Burg, Adam, Compendium der populären Mechanik und Maschinen-
lehre. Wien 1846; 8-vo.
Codazza, Giov., Sopra un metodo di prospettiva pel disegno di
machine. Nota di Geometria descrittiva. Como 1842; 8-vo.
Nozioni teorico-pratiche sul taglio delle pietre e sulle centine
delle volte. Pavia 1844; 8-vo.
Considerazioni sulF equilibrio astratto delle volte. Pavia 1847:
4-to.
Remarques sur la throne de la chaleur dans Fhypothese des
ondulations. s. L et d.; 4-to.
Demonville, M6moire explicatif des Ph^nomenes de F aiguille
aimant<Se pour faire suite ä la question de longitude sur mer.
Paris 1833: 8-vo.

g g 4 Verzeichniss
Demonville, Resume philosophique des principaux problemes et
phenomenes de la nature. Paris 1847; 8-vo. 7 (S^ernylare.
_ Vrai Systeme du monde. Simple exposition. Paris, Baquenois.
s. d.; 8-vo.
— R6ponse au Rapport fait par M. Bouvard sur le Systeme du
monde. Paris, s. d.; 8-vo.
Sercfen^i, 3o^ greife üon, @tubien ü6er ein ^umane^ SKitteI
gegen ben Sommuntönnt^ ^ße^ 1846; 8-vo. 3S (Syem^Iare,
tüonmtet baffrfoe äßerf in ungrif^er, fran^ofif^er unb englifc^er
©prac^e.
— Bericht an die k. k, Landwirthschafts-Gesellschaft in Wien
über eine 183ys unternommene Reise durch Italien. Wien;
8-vo.
Eenens, A., Anvers et la Nationalite beige. Liege 1846 ; 8-vo.
Fusinieri, A., Sülle ipotesi del Sign. Melloni circa il calore rag-
giante. ^Beigeheftet:
Riposta ad un articolo del Sign. Melloni circa la causa della
sollecita fusione del neve attorno le plante ecc. (Sing: Annali
di scienze del Regno Lombardo-Veneto). 1838 und 1841;
4-to.
©efelifc^aft, ^urtanbff^e, fm* Siteratut unb ^unft Sirteitenber
^ 1—3. mitau 1847; 8-vo.
©enbungen III. SBb* SKitau, 1847 4-to.
Gesellschaft, naturforschende in Zürch, Meteorologische Be-
obachtungen, angestellt auf Veranlassung der. — 10 ^efte.
Zürch 1837—1846; 4-to.
— Denkschrift zur Feier des hundertjährigen Stiftungsfestes.
rch 1846; 4-to.
Mittheilungea. Zürch 1847; 8-vo.
©etonnnet, ^emr., Sugenb unb Sdper in i^rem ©etoanbe. SBien
1839, 12-o.
Gianelli, Gius. Luigi, Dei iniglioramenti sociali efficaci e possi-
bili a vantaggio degli agricoltori e degli operaj. 2 ed. Milano
1847; 4-to.
Grunert, Job. Aug., Über die mittlere Entfernung einer Figur von
einem Punkte. Greifswald 1848; 8-vo.
Heider, Ed. F., Theorie der schiefen Gewölbe und deren prakti-
sche Ausführung. Wien 1846; 8-vo.

der eingegangenen Druckschriften, ßgg
3a6ortU99.aiItenfett, 3». 3?re^. ^n, (mib (S^Nnigg, SGfreb
©raf), Äarnten^ romif^e SKtett^umer m SttSilbmtgen. ^eft l, 2.
Ä(a3enfurtl843^ 8-vo.
Istituto L R. Lombardo di scienze, lettere ed arti, Giornale e
Biblioteca italiana. Nuova serie. Fase. l, 2, 3. Milano 1847;
4-to.
^etüall, »., Örientatif^ aSIut^en. SBien 1847; 12-o.
.S rau^ 3i^ aSapt., §»anb6u(^ u6er ben montänipif^en ^taat^eamten
©eierten — unb getoerff^aftti^en ®eamten^®tanb b^ ofierr.
^aifert^um§. 11. %a^gang, aßien 1848; 8-vo.
Mädler, Dr. J. H., Untersuchungen über die Fixstern-Systeme
2 Bde. Mitau 1847—1848; foL
Pop, ZenobiosK., METPIKH2 EIBAtA B. Wien 1803; 8-vo.
Rangabe, A. R., Antiquites Helleniques, ou Repertoire d'Inscrip-
tions et d'autres Antiquites decouvertes depuis rajBFranchisse-
ment de h Grece. Vol. l Athenes 1842; 4-to.
R o t h, Rud., Jäskäs Nirukta sammt den Nighantaras, herausgegeb.
von — l. Hft. Göttingen 1848; 8-vo.
Santini, Giovanni, Teoria degli stromenti ottici destinati ad
ostendere i confini della visione naturale. Padova 1828;
8-vo.
Elcmenti di Astronomia etc. Ed. 2. Vol. 2. Padova 1830; 4-to.
De.u'rizione del circolo meridiano dell' I. R. Osservatorio di
Padova etc. 1840; 4-to..
Tavole dei logaritmi dei numeri naturali dalF l sino al 101 OOO,
etc. Padova 1843; 8-vo.
Osscrvazioni intorno alle comete apparse nelF anno 1843, etc.
Modcna 1844; 4-to.
Osservazioni astronomiche, fatte neir L R. Osservatorio di
Padova intorno alla cometa periodica di Biela, etc. Padova
1847; 4-to.
Posizioni medie delle stelle fisse etc. Padova s. d.; 4-to.
@d)Iager, S.®., ©eorg Stafael Sonnet. ®in aSetoag jut operr.
ÄiwpgefWe. aSien 1848, 12-o.
Schröiter, Ant, Die Chemie nach "ihrem gegenw. Zustande.
2. Bd. l. Hft. Wien 1848; 8-vo.
Soleil, M., Nouveau saccharimetre. Paris 1846; 4-to.

g g R Veraeichniss
Soleil, Note sur un perfectionnement apporte au pointage du
saccharimetre. Paris 1847; 4-to.
<^paun, ^ Satter üon, S)ie ^lage. (Sin beutf^ $elbengebtd)t be§
12. Sa^unbertg. ^ef^ 1848, 8-vo.
Thiernesse, A., Experiences relatives aux effets des inhalations
d^ther sulfurique. Bruxelles 1847; 8-vo.
Wenrich, Joann. Georg., Commentatio de Poeseos Hebraicae
atque Arabicae origine etc. Lipsiae 1843; 8-vo.
— Commentatio de Auctorum graecorum versionibus et comment.
Syriacis etc. Lipsiae 1842; 8-vo.
Commentarii rerum ab Arabibus in Italia etc. gestarum. Lipsiae
184S; 8-vo.
DRITTES VERZE1CHNIS8.
Bache, A. D., Superintendent ofthe CoastSurvey, Report showing
the progress of that work for the year ending october. 1847;
8-vo.
Berichte über die Mittheilungen von Freunden der Natur-
wissenschaften in Wien. Hft. l, 2, 3. Wien 1847—1848;
8-vo.
Birk, Ernst, Beiträge zur Geschichte der Königin Elisabeth von
Ungern und ihres Sohnes'Königs Ladislaus. Wien 1848; 4-to.
Blücher, E. J., Grammatica aramaica. Wien 1838; 8-vo. r^ '
Bogaerts, Felix, Histoire civile et religieuse de la colombe depuis
les temps les plus recules jusqu'ä nos jours. Anvers 1847;
8-vo.
Brühl, Karl, Bernhard, Anfangsgründe der vergleichenden Ana-
tomie aller Thierclassen. Wien 1847; 8-vo. mit 19 Tafeln.
— Zur Kenntniss des Wirbelthier-Skelettes. Erste Abtheilung.
Die Methode des osteologischen Details. Wien 184S; 4-to.

der eingegangenen Druckschriften, g g 7
©änpatt, (S., Ü6er bie otgamf^en ^te ber Valvula bicuspidalis
b ^eng unb i^re Stagnofe. erlangen 1848$ 8-vo.
— Über Chlorosis. Erlangen 1848; 8-vo.
„£)ie Organifation her %r6eit unb beß %muntoefen^ (Srianaen
1848, 8-vo.
USer Delirium tremens unb ©e^mileiben her Käufer überhaupt.
(Sttangen 1848; 8-vo.
Ca n statt, C., Quid physica aegrotorum tlioracis organorum ex-
ploratio praxi attulerit. Erlangen 1848; 8-vo.
Memoire ophthalmo-pathologique sur les obscurcissemens du
fond de Foeil. Bruxelles 183S.
Mdmoire et obscrvations sur la cause qui entre.tient FOphthalmie
militaire dans Parmee beige. Bruxelles 1834; 8-vo.
©ietriä), aSincen^ ©a§ ©anje ber aSerfo^tung in fte^enben SKeiIern
ober bie fogenannte ttaltenifc^e ^o^Ierei. ®ra^ 1847,* 8-vo.
Frei, Christ, TMNO2 i[<; roc ^evs^cc rou xupioL» y.y.i ^rr)po<;
^w 'mSOr XPISTOT. Graecii 1847; 4-to.
Gesellschaft, deutsche, morgenländische, Zeitschrift derselben.
Leipzig 1846 und 1847, Hft. I, II, III; 8-vo.
— Jahresberichte. 1846—1847; 8-vo.
Nasifi Al-Jazigi Berytensis, Epistola critica, Lipsiae 1848;
8-vo.
©fröret, %. 8^ ©efc^lc^te bei o(^ unb toeftftänfif^en Scirolinger
toom £obe 8ubig§ be§ grommen, W jum ®nbe (Sonrnb^ L
(84O918).gw6ut3 1848, 8-vo.
Karsten, Hermann, Die Vegetationsorgane der Palmen. Berlin
1847; 4-to.
Maatschappij, hollandsche der Wetenschappen te Haarlem,
Naturkundige Verhandelingen. Haarlem 1847, IV. Vol.;
4-to.
Maly, Jos. CaroL, Enumeratio plantarum phanerogamicarum im-
perii Austriaci universL Vindobonae 1848; 8-vo.
Morlot, A. v., Erläuterungen zur geologisch bearbeiteten VIII.
Scction der Generalquartiermeisterstabs-Specialkarte von Stei-
ermark und Illyrien. Wien 1848; 8-vo.
_ Über die geologischen Verhältnisse von Istrien. Wien 1848; 4-to.
SÄuc^ar, m. ^ ®ef^icf)te be§ ^erjö9^um§ ©teiemaA ®^ 1844,
4. Sßb.; 8-vo.
Sitzb. d. maihem.-naturw. Cl. I. Bd.

g g g Verzeichniss
Ob er leitner, Karl, Die nordischen Runen. Nach Joh. G. Lilje-
green. Wien 1848; 4-to.
$rato6mra, (Sbuarb, Sßag ^at @teiermarf in ben Sürfenfaiegen für
gmtien getrau ? ®ta^ 1848, 12-o.
@^mibl, ^. 9XbD^ S)a^ ^aifert^um Öfteneid). ©tuttgayt 1842—
1843, LIL aSoL; 8-vo.
Verein, historischer, für Innerösterreich, Schriften. Gratz 1848;
8-vo.
aSoIn^, ©regor, S)ie SKarfgraffc^aft SKa^en. ©runn, aSöl, 6, 7 £^L
1838—1842^ 8-vo.
Wähler, F., Grundriss der organischen Chemie. Vierte Auflage.
Berlin 1848; 8-vo.
Von dem Ehren-Mitgliede Sr. Exe. Herrn Karl Grafen Inzaghi
erhielt die Akademie zum Geschenke:
Diderot et D' AI ernte r t Encyclapedie ou Dictionnaire
raisonne des sciences, des arts et des metiers, par une
societe des gens des leeres, Troisieme edition. Livourne
1770—1779. Fol, 21 Bände Text und 12 Bände Tafeln.
VIERTES VEBZEICHNISS.
Academie d^Archeologie de Belgique. Bulletin et Annales. VoL
V, liv. III. Anvers 1847; 8-vo.
Anna l e n der k. k. Sternwarte in Wien. Nach dem Befehle Sr. Ma-
jestät auf Öffentliche Kosten herausgegeben von J. J. Littrow.
L bis XX. ThI. Wien 1821—1840; foL
— Neue Folge, herausgegeben von C. L. Edlen von Littro w und
F. Schaub. XXL bis XXX. Th. Wien 1841; 4-to.

der eingegaugenen Drucicschriften. figQ
SBeibteI, Sgnci^ Uoer He ^riüat^Setewe; 8-vo. CSlu^ ^ @t S(r-
c^V.)
fi6er bie Mittel jiir aSenninberung b^ ^arteigei^ in ®eutf6fanb
1841, 8-vo.
aSetra^tungen liber einige htrd) bfe 3eitumftanbe Sefimbe^ toi^tia
geworbene ©egenftanbe ber 6tüträefe^e6un8 unb @taat§toirt6fAaft
II. Z% Seidig 1843,* 8-vo.
U6erp(f)t her ©ef^i^te be^ ßflerr^aifeifiaate^ »ei^ig 1844 < 8-vo.
£)ie ^olitif^en ßitftanbe ber oflerr. Staaten uaS) bem 3upanfce üom
16. alyrit 1848. 2ßien 1848; 8-vo.
Beke, Charles T., Esq., A statement of facts relative to the trans-
actions between the writer and the late british political mission
to the court öf Shoa m Abessinia. 2. Edit. London 1846;
8-vo.
Raffel, ^irfc^ »,, Sugenb^ unb Me^Ie^e, bearäeitet nac^ ben $rin^
ci^ien be§ SEalmubS unb nac^ ber §orm ber ^ifofop^ie. SBien
1848; 8-vo.
Flesch, Josephus, Philo Jud. de vita Mosis. Pragae 1838; 8-vo.
G e s e 11 s c h a ft, antiquarische, in Zürich. Berichte über die Ver-
richtungen der .... Zürich; 4-to.
— Mittheilungen der .... VI. Vol. I., II. Hft. Zürich 1848; 4-to.
— Deutsche, morgenländische, Zeitschrift der .... IL Bd.
L, II. IIft. Leipzig 1848; 8-vo.
G o l d c n t h a l, J., Vortrag über den Einfluss der arabischen Philo-
sophie auf das Mittelalter, mit Bezugnahme auf die Verhält-
nisse der Gegenwart, gehalten bei Eröffnung der akademischen
Vorlesungen über das religions-philosophische Werk: Cusari.
Wien 1848; 8-vo.
Haldat, de, Hisloire du Magn^tisme dontles phenom&nes sont ren-
dus sensibles par le mouvement. Nancy 184K; 8-vo.
Deux M6moires sur le Magn^tisme. Nancy 1846; 8-vo.
Nouvclles Recherches sur rAttraction magn^tique et sur la dis-
position g<Sn6rale des corps ä acquerir cette force. Nancy 1848;
8-vo.
Holmboe, C.A., Sanskrit og Oldnorsk, en sprogsammenlignende
Afhandling. Christiania 1846; 4-to.
Det oldnorske Verbum, opiyst ved Sammenligmng med Sanskrit
og andre Sprog ofsamme Act. Christiania 1848; 4-to.
42^

gg0 Ven&eicbniss
Holmboe, Das älteste Münzwesen Norwegens bis gegen Ende
des 14. Jahrhunderts; 8-vo.
Jelinek, C., Bahnbestimmung des von de Vico am 24. Jänner
1846 entdeckten Cometen. Prag 1848; 4-to.
Kreil, Karl, Magnetische und geographische Ortsbestimmungen in
Böhmen ia den Jahren 1843—184S. Prag 1846; 4-to.
_ Magnetische und meteorologische Beobachtungen zu Prag, in
Verbindung mit mehreren Mitarbeitern ausgeführt und auf
öffentliche Kosten herausgegeben von .... Prag 1841—1847;
4-to.
Maatschappij, hoUandsche der Wetenschappen te Haarlem,
natuurkundige Verhandelingen. S Deel. l. Stuck. Haarlem
1848; 4-to.
Morlot, A. v.. Über die geologischen Verhältnisse von Istrien mit
Berücksichtigung Dalmatiens, und der angrenzenden Gegenden
Croatiens, ünter-Krams u. des Görzer Kreises. Wien 1848; 4-to.
— Erläuterungen zur geologisch bearbeiteten VIII. Section der
Generalquartiermeisterstabs-Specialkarte von Steiermark und
fflyrien. Wien 1848; 8-vo.
Pertz, G. H., Über ein Bruchstück des 98. Buches des Livius.
Berlin 1848; 4-to.
Rüssegger, Joseph, Der Aufbereitungs-Process gold- und silber-
haltiger Pecherze im salzburgischen Montan-Bezirke. Stuttgart
1841; 8-vo.
Reisen in Europa, Asien und Africa mit besonderer Rücksicht
auf die naturwissenschaftlichen Verhältnisse der betreffenden
Länder. MiteinemAtlas. Stuttgart, 12 Lief. 1841—1847; 8-vo.
@^u6ett, grätig V&tt bfe aSemga^rung. ffiürjSuig 1849,* 4-to.
Steiner, 30^. SSi^. ©^ ÜBer b altbeutf^e unb ingfiefonbete
dtSamf^e ©m^t^efett, tn SBejug auf Affentfid^eit unb 2Kunb^
It^fctt beg erfa^en§ in Surgerlt^en unb peinlichen Sftect)t^et>
faHen^iteu. ^affeü6utg 1824; 8-vo.
— ®efd^te unb SlUett^umet be^ Sttobgau^ im atten SiKamgciu ©am^
(labt 1833, 8-vo.
©efc^t^te unb S^ogra^te be§ SKamgebiete^ unb ^effartg unter
bmSÜmem, iugtef^a&e9ä)efferfßtSÄetfenbe.S)annpabtl834^ 8-vo.
te f ne r, (S^olm, Sattbgrdjüi üon ^eifen^aTOjlabt. £)armpabt 1841;
8-vo.

der eingegangenen Druckschriften. 661
(Steiner, Subtoig L, ©rof^erjog ümi^efTen unb 6ei S^ein, nac^ feinem
Seoen unb SBirfen. OffenSad) 1842; 8-vo.
•— ®efd)icf)te be^ ^attimomalgeri^te^ Sonborf unb her grei^emn üon
Sßotbef jUt Sftafienau. Sarmftabt 18465 8-vo.
Storia celeste, del R., Osservatorio di Palermo dal 1793 al
1813. Vienna 1845; 4-to. Vide Annalen der k. k. Sternwarte
in Wien. Neue Folge.
©tßisel^ Äarl, Üüer (Sntfte^ung unb ^rtenttüi (feiung ber SRüßenjutfe^
§a6rifation unb in86efonbere bie (Soncurren^ j^if^en SKo^t^ unb
Sftu6ensit(fer. äSerim 1848, 8-vo.
aSe6er, ©eorg, 13. ^^u^m^t Uüer tue ^o^ere aSurgerf^uIe iu
^eibetterg. ^eibetterg 1848; 8-vo.
Werthheim, Guillaume, Memoires de physique mecanique. Paris
1848; 8-vo.
FÜNFTES VERZEICHNISS.
Aboulf6da, Geographie d' . . . Traduite de rArabe en Fran^ais
et accomp. de notes et d'eclaircissements par M. Reinaud. Paris
1848; 4-to.
Acad6mie royale de Belgique, Annuaire. Bruxelles 1848; 12-o.
— Bulletins. Tom. 15. l. Partie. Tom. 14. 2. Partie, Bruxelles
1848; 8-vo.
Mänoires. Tom. 21, 22. Bruxelles 1848; 4-to.
Annales de Fobservatoire Royal de Bruxelles, publiees aux frais
de r6t^t par le directeur A. Quetelet. Tom. 6. Bruxelles
1848; 4-to.
— des sciences physiques et naturelles, d'Agriculture et d'in-
dustrie, publiees par la Soci6t6 R. d'Agriculture de Lyon Annee
1846. VoL 9; 8-vo.

g g 2 Verzeichnis»
Beiträge zur meteorologischen Optik und zu verwandten Wissen-
schaften. I. Th., I. Hft. In zwangslosen Heften herausg. von
Job. Aug. Grunert. Leipzig 1848; 8-vo.
Boue, A., Essai sur la distribution g^ographique et g^ologique des
mineraux, des minerais et des roches sur le globe terrestre,
avec des apergus sur leur geog^nie; 4-to.
gar rar a, graq, ^atona utib feine Äu^gtafilmgen. Sßien 1847.
Catalogue des livres de la Bibliotheque de FObservatoire R. de
Bruxelles. Bruxelles 1847; 8-vo.
S)enff^rift be^ 6o^nnfd)en ®etoer6eüemne§ ii6er ben SInfe^Iu^ Öfters
retd^ an ben ^eutfc^en ßolfaerein. ^ßrag 1848; 8-vo.
Fenicia, Salvatore, II Grippe ed il colera. Articolo dettato del
Presidente. 1848; fol.
Gesellschaft, physikalische, zu Berlin. Die Fortschritte der
Physik im Jahre 1846. II. Jahrgang. Redigirt von Professor
Dr. G. Karsten. Berlin 1848; 8-vo.
Guinon, M., Note sur Femploi du sucre pour pr^server les
chaudieres ä vapeur des incrustations salines. Lyon 1847;
8-vo.
Ha i ding er, Wilh., Handbuch der bestimmenden Mineralogie, ent-
haltend die Terminologie, Systematik, Nomenclatur und Charak-
teristik der Naturgeschichte des Mineralreiches. Wien 1848;
8-vo.
;3toid)ieötd}, ©te^an, ^angra^ie ober Itniüerfal^c^rift. (Sine neue
für äffe SSeIt üerftanbK^e unb 6rauc^6are ^unft. aSien 1848; 4-to.
Stefano, Pangrafia ovvero scrittura universale. Arte nuova cos-
mopolitica. Vienna; 4-to.
Kerckhove, J. R. L., Vicomte de, Quelques mots ä la m^moire
de S. A. R. le Grand-Duc de Hesse Louis II. Extrait des
Annales de F Academie d1 Archäologie de Belgique. Anvers
1848; 8-vo.
K r eil, Karl, Magnetische und geographische Ortsbestimmungen im
österr. Kaiserstaate, ausgeführt von K r e i I und K. 'F r i t s c h.
I. Jahrgang 1848. Österreich ob und unter der Enns, Tirol
und Vorarlberg, Lombardie. Prag 1848; 4-to.
Mulsant, E., Description de 2 col^opteres nouveaux. Lyon 1847;
8-vo.

der eingegangenen Druckschriften. 663
Pipitz, F. E., Die Grafen von Kyburg. Leipzig 1839; 8-vo.
Quetelet, A., Notice sur le Colonel G. P. Dandelin. Bruxelles
1848; 8-vo.
— Rapport adresse ä M. le Ministre de F Interieur, sur F etat et
les travaux de F observatoire R. pendent V annee 184T. Bru-
xelles 1847; 8-vo.
Vecchia, Angelo dalla, Sopra la subtriplicazione di un arco di
circolo. Ricerche geometriche. Vicenza 1848; 8-vo.


INHALT.
Sitzung vom 25. November 1847.
Seite
Haidinger, Geognostische Übersichtskarte der osterreichischen
Monarchie .«.....«,<...»,.,,..». 3
Nendfvichy über den Sand von Olähpian in Siebenbürgen «. , . , 10
Sitzung vom 9. Decemher 18^7.
Partsch und Haidinger, Bericht über die Unternehmung einer geo-
logischen Karte Österreichs «.•........»,, 11
Hyrti, Beitrag zur vergleichenden Angiologie .•...••», 20
Partsch, Bericht über den goldführenden Sand von Olähpian . . «. 20
Schroffer, über einen neuen allotropischen Zustand des Phosphors » 25
Sitxun^ vom 23. December 1847.
Kappeller, unterzieht der Ansicht der Classe ein von ihm verfer-
tigtes Normal-Barometer ............... 33
Haidinger, ^Der rothe Glaskopf, eine Pseudomorphose nach braunem,
nebst Bemerkungen über das Vorkommen der wichtigsten eisen-
haltigen Mineral-Species in der Natur" — .„Über das Eisen-
stein-Vorkommen von Pitten in Österreich'* ....... 33
Göpperf, übersendet ein Stuckchen des bei Seeläsgen unweit Frank-
furt an der Oder gefundenen Meteoreisens ...'•<.. 34

666 IDhalt-
Seite
Sitzung vom 8. Jänner 1848.
Parisch, über die geognostischen Verhältnisse von Olahpian . , 35
Sehr öfter, Antrag wegen Regalirung von Massen und Gewichten . 44
Sitzung vom 13. Jänner 18^8.
Schroffer, Commissionshericht über Anschaffung von Normalmassen
und Gewichten . . ....... ...... 46
Hyrtt, ein neuer Muskel des Gehororganes bei Phocavitulina. Zusätze
und Berichtigungen über die Trommelhöhle und die Gehör-
knöchelchen seltener Säugethiere ......... 47
Parisah, Bericht über das hei Seeläsgen, unweit Frankfurt an der
Oder, gefundene Meteoreisen .•••••••• 47
Sitzung vom 10. Februar 1848.
Haidinger, Abriss eines Aufsatzes über die Metamorphose der
Gehirgsarten ................ 51
über Czjzek's geognostische Karte der Umgebungen Wiens. 59
Unger, landschaftliche Darstellung von vorweltlichen Perioden in
12 Blättern ................ 61
». Ettingskausen, Abhandlung über die Differential-Gleichungen der
Lichtschwingangen ........... . . 62
Sitzung vom 17. Februar 1848.
Kollar und L» Redtenbaeher, Insecten-Fauna von Farsistan . . 68
Byril, Abhandlung über die Caroiiden des Ai (Bradipus torquafus) 69
B&idinger, über die dichroskopische Loupe ........ 70
5, über eine neue Varietät von Vivianit ........ 75
über den Meteor-S taub fall vom l. Februar ...... 77
ünger, Gene a et Species plantarum fossilium (Manuscript.) . 80
Baidinger, Theorie der schiefen Gewölbe ........ 80
Sitzung vom 24. Februar 18^8.
)s. Bawlah, üher seine im Jahre 1817 ausgeführte Aufnahme der
Gletscher-Gruppe des Ötzthales .......... 81
Schroffer^ alleinige Ansprüche auf das Verdienst der Nachweisung
der Beschaffenheit des rothen Phosphors ...... .84-
ffaidinger, über den Zusammenhang des orientirten Flächenschillers
mit der Lichtabsorption farbiger Krystalle ...... 84
Baumgartner und Kreil, Anwendung der galvanischen Telegraphie
z,ur geographischen Längen-Bestimmung ....... 90
Byril, Vorlegung eines Gesuches des Dr. Weisz ...... 92
Sitzung vom 23. März 184fc8.
Kollar, Beurtheüung des von Dr. Medovics an die gerbische
Regierung erstatteten Berichtes aber Entstehung und Vertil-
gung der GoUabat&er Müe^n (T,af- ^lU-) ...... 92

Inhalt. 667
Seite
Hyrti, Abhandlang über die Wirbel und Lymphherzen des Schelto-
pusik (Pseudopus Pallasii) ............ 107
Schroffer, neue Einrichtung des Barometers ........ 107
Haldinger, über Herrn v. Morlot's Sendschreiben an Herrn
Elie de Beaumont die Bildung des Dolomits betreffend . 108
Nachricht über Russegger's Arbeiten zu Wieliczka für
geologische Zwecke .............. 11 o
Sitzung vom 30. März 18^8.
Hyrti, Commissionsbericht wegen Unterstützung der Arbeiten
des , Dr. W e i s % über den Eisengehallt des thierischen
Organismus ................ 118
Herrmann, Verbesserung der II. CaUet'schen Tafel der gemeinen
Logarithmen mit 20 Decimalen .. ........113
Stampfer, Bemerkungen zu obigem Aufsätze ........ 126
HecJcel, Vorlegung von Abbildungen fossiler Fische . . . . .127
JIa.idin.ger, über die systematische Gruppirung ungleichartiger
Feldspathe ................. 130
Schroffer, über die Fähigkeit mehrerer Stoffe den amorphen
Zustand anzunehmen ............. 135
Kollar, über Preyer's neues Crustaceum aus den unterirdischen
Gewässern von Krain ............. 137
v. Eüingshawen, über SoleiFs Sacharometer . ...... 138
Sitzung vom 13. April 1848.
Haidinger, über die Galmaihöhle und die Prauenhohle bei Neu-
berg in Steiermark .............. 139
Koller, Abhandlung Über die Berechnung periodischer Natur-
erscheinungen" .....<.•........ 147
Kollar, über das ungewöhnliche Auftreten gewisser Insecten-Lar-
ven im lebenden thierischen und menschlichen Körper. . .149
ffaidinger, Antrag auf Unterstützung der Herausgabe von Bar-
rande's Werk über die silurischen Formationen in Böhmen 152
Antrag auf Schritte bei der k. k. Hofkammer im Münz-
und .Bergwesen zur Erhaltung des Tellar's für wissenschaft-
liche Zwecke ................ 158
Schroffer, Antrag, den Herrn Minister des Innern von Seite der
Akademie um Ausschreibung der Wahlen der Abgeordneten
zur Reichsversammlung nach Frankfurt anzugehen . . . .159
Sitzung vom 27. April 1848.
Rochleder, über die Kaffeegerbsäure ........••160
fiber die Säure der Blätter von Hex paraguayensis . . - 164
Prechtl, über Krystallisation aus dem glühenden Flusse . . . .166

668 Tnhalt
Seite
SehrOtter, uher die Zusammensetzung einiger sehr alten Mörtel-
Sorten .................. 169
KoUar, über ein die Körnerfrucht verwüstendes Insect . . . .173
Sitzung vom 4. Mai 1848.
Parfsek und Baidinger, Instruction für die mit einer wissen-
schaftlichen Reise betrauten Herren Ritter v. Hauer und
Dr. Moriz Hörnes ... ( ..... ...... 176
Haidinger, Commissionsbericht wegen Herausgabe von Barran-
de's Werk über die sibirischen Formationen in Böhmen . .178
Auszog aus Mittheilungen von Russegger und Reuss 183
über ein neues Vorkommen von Kupferkies im Salzberge
von Hall. ................ ..184
Kollar, fiber eine noch unbeschriebene Art von Schildläusen
(Cocus Aesculi) ............... 188
Martin, Dank für Unterstützung zu photographischen Versuchen .189
Sitzung vom 25. Mai 1848.
Redtwbaeher, Ansuchen um Unterstützung der Arbeiten Roch-
leder's über Caffem ............. 189
ünger, Abhandlungen:
I. über Aufnahme von Farbestoffen bei Pflanzen . . . .189
H. Beiträge zur Lehre von der Bodenstetigkeit gewisser Pflanzen 189
HI. Rückblick auf die verschiedenen Entwickelungsnornaen beblät-
terter Stämme. ............... 190
IV. Pflanzen-MissbiIdungen .............190
KoUar, Beitrag zur Entwickelungsgeschichte eines neuen blattlaus-
artigen Insectes (Acanthochermes Quercus) (Taf. IV.) . . .191
Sitzung vom 8. Juni 3848.
Stampfer und Burg^ Commissionsbericht über Moth's Abhandlung:
Begründung eines eigenthümlichenRechnungs-Mechanismus zur
Bestimmung der reeUen Wurzeln der Gleichungen mit nume-
rischen Coefficienten ............. 194
Deppler, Abhandlung: Versuch einer auf rein mechanische Prin-
cipien sich stützenden Erklärung der galvano-elektrischen
und magnetischen Polaritäts-Ersc h einungen . . . , . .198
Fenssl, Abhandlung: Über eine neue Pflanzengattung Arctocalyx 201
Baidinger, Abhandlung über den Dutenkalk . . . . . . . .203
Schrötter, Porzellangeräthe zum chemischen Gebrauche aus der
Hardtmuth'schen Fabrik; ferner von üchazius darge-
stellte krystallisirte Massen Blei, Zinn und Zink . . . .204
Baidinger, Ansuchen um eine Unterstützung zur Herausgabe seiner
Sammlang naturwissenschaftlicher Abhandlungen . . . .204

Sitzung vom 2^. Juni 18W.
Inhalt 669
Seite
Gorgey, über die festen, flüchtigen, fetten Säuren des Cocosnussöles 208
Baumgartner, widmet seinen Functionsgehalt der Ausstattung
meteorologischer Observatorien mit Instrumenten .... ^27
Krell, Entwurf eines meteorologischen Beobachtungs-Systems für
die Österreichische Monarchie .......... 228
Haidinger, über Pseudomorphosen des Feldspathes ..... 229
Kollar, Gebilde auf Blättern von Quercus Cerris . . . . . .235
Unger's, Manuscript: Genera et Species plantarum fossilium wird
zum Drucke bestimmt ............. 235
Sitzung vom 6. Juli 1848.
Haidinger, Abhandlung: Über eine neue Varietät von Amethyst . 235
Ettingshausen, Note über eine directe und strenge Ableitung der
Tayior'schen Formel ............. 238
Sitzung vom 13. Juli 1848.
Haidinger, über den PIeochroismus des Oxalsäuren Chromoxydkali's 244
Heller, brießiche Mittheilungen:
I. über den Staat Tabasco ............ 248
II. über den Staat von Chiäpas und Soconusco in der Republik
Mexico .................. 255
Ettingshausen, Note über den Ausdruck der zwischen einem gal-
vanischen Strome und einem magnetischen Punkte stattfinden-
den Action ........ ......... 266
Sitzung vom 20. Juli 1848.
Baumgartner, über die Wirkungen der natürlichen Elektricität
auf elektromagnetische Telegraphen (Tat. V.) ..... 270
Uaidinger, über den Antigorit ............ 278
Ettingshausen, über einen Satz Green's, das elektrische Poten-
tial betreffend ................ 282
Fen'd, über monströse Bluthenhildungen von Rosa centifolia L.
(Taf. VI, VIl.) ............... 283
HecJcel, über eine neue Gattung von Poecilien mit rochenartigem
Anklammerungs-Organe (Taf. VIII, IX.) ....... 289
Haidinger, Briefe der Herren v. Hauer und Hörnes. . . .303
IL Band der naturwissenschaftlichen Abhandlungen . . .308
Morlot, Erläuterungen zur geologisch bearbeiteten VIII. Section
der General - Quartiermeisterstabs - Specialkarte von Steier-
mark und Illyrien .............. 310
Dietrich, das Ganze der Verkohlung in stehenden Meilern . . .310

^70 Inhalt-
Seite
Sitzung vom 5. Octoher 1848.
Haidinger, Note über den metallähnlichen Schiller des Hypersthens 311
Nachricht über neue Fundorte von Gosau-Petrefacten aus
einem Schreiben von Herrn v.Morlot . . . . . . .313
Steinheil, briefliche Mittheilung über Ausführung seines Centrifu-
gal-Warfgeschosses im Grossen ..........315
Queielet, Sendung von Druckschriften der Akademie und der
Sternwarte zu Brüssel ............. 315
Math, Manuscript Die mathematische Zeichensprache in ihrer
organischen Entwickelung" ...........316
Knochenhauer, über die Veränderungen, welche der Entladungsstrom
einer elektrischen Batterie erleidet, wenn mit dem Schliessungs"
drathe eine zweite Batterie in Verbindung gesetzt wird(Taf.X.) 316
Jelinek, Elemente des von de Vico am 20. Februar 1846 ent-
deckten Kometen .............. 393
Ryll, Abhandlung über Ortsversetzungen durch Rechnung oder
über die Elemente der Lage-Rechnung. ....... 396
Barimann, Edler v. Franzenshuld, Manuscript Ein neues all-
gemeines Gesetz der Dreieckseiten und dessen Anwen-
dungen" ...... ........... 430
Peche, Abhandlung über die Bestimmung der Integrale
, /^ "^"w ,
C x" ^ und / ^ da!
J VA + Bx 4- Cx2 + Dx2 ^ VA + Bsc + Cx^ -r Dx^ + Ex^
wenn n eine ganze Zähl vorstellt in geschlossenen Formen 430
Langer, Abhandlung über den Haarwechsel bei Menschen und
Thieren ................. 435
Uaidinger, Antrag wegen Herausgabe von Herrn Barrande's
Werk über das sibirische System von Böhmen . . . , .436
Femsl, Antrag auf eine Geldunterstützung für den Wiener Reisen-
den Herrn Karl Heller ............. 438
Sitzung vom 9. November 18^8.
Baidinger, Bemerkungen über den Glanz der Körper * . . . .439
Wertheim, Theodor, Abhandlung über das Piperin . . . . 453
Berrmann, Bestimmung der trigonometrischen Functionen aus den
Winkeln und der Winkel aas den Punctionen, bis zu einer
beliebigen Orenze der Genauigkeit ......... 465
Beschluss einer Unterstützung für Herrn Theodor Wertheim zur
Fortsetzung seiner Arbeit über die Alkaloide und für Herrn
Dr. Botzenhart zur Herausgabe eines Lehrbuches der
Kristallographie ............... 481
Sitzung vom 16. November 18^8.
KoUar, über den Sitophilus Oryzae Schonherr ....... 48^

Inhalt. ß71
Seite
Reissek, über die Fasergewebe des Leines, des Hanfes, der Nessel
und der Baumwolle .............. 484
Haidinger, über die Ursache der Erscheinung der Polarisations-
büschel .................. 485
über einen wichtigen Fundort von Pflanzenabdrücken in dem
Alpenkohlengebilde von Untersteiermark (aus einem Briefe
des H. v. Morlot) .............. 493
Hauer, Bericht über seine und des Dr. Hornes Reise nach Frank-
reich und England ••»........,.. 494
'Diesing, Abhandlung: Systematische Übersicht der Foraminifera
monostegia und Bryozoa anopisthia" ........ 494
Schroffer, Analyse des Mineralwassers zu Mödling ..... 527
Koller, Nachricht über das am 18» October in Kremsmünster gese-
hene Nordlicht (aus einem Schreiben des dortigen Astro-
nomen P. Aug. Reslhuber) ...........530
Haidinger, Antrag auf eine Unterstützung für H. v. Morlot zu
Versuchen über Bildung von Dolomit . . « . . . . .530
Schrötter'S wissenschaftliche Reise nach England wird von der
Akademie unterstutzt ............. 532
Sitzung vom 30. November 1848.
Kr eil, Bestimmung einiger Längenunterschiede mittelst des elektro-
magnetischen Telegraphen ........... 532
Burg, über die am 27. Juli l. J. auf der Kaiser Ferdinands Nord-
bahn stattgefundene Explosion der Locomotive „Jason" . .546
Martin, Bericht über den Erfolg seiner photographischen Arbeiten
auf Papier ................. 558
Diesing, über sein „Systema Helminthum'' . . . . . . . .567
Fenzi, Ansuchen um Ankauf des peruanischen Herbars von Poeppig 577
Hauer, Fortsetzung seines Reiseberichtes ......... 579
Schönbichler^s Multiplications-Register .......... 579
Sitzung vom T. Decemler 18^8.
Haidinger, über eine eigenthümliche Varietät von Talk . . . .580
Hauer, Schluss seines Reiseberichtes .......... 583
Sitzung vom 14. December 18^8.
Morlot t über Versuche zur Begründung der Theorie der Bildung
des Dolomits ...........••••• 589
Hyrti, über seine bei den October-Ereigmssen erlittenen Verluste
an Präparaten, Zeichnungen und Maniiscripten ..... 593
Reslhuber, Beobachtungen während der Nordlichter am 18. Octo-
ber und 17. November 1848 auf der Sternwarte zu Krems-
munster . ..........*•••»•» 606

872 Inhalf.
Seite
Haidinger, aber die regelmäßige Gestalt des? Wismuths . . . .624
Antrag auf Unterstützung der Arbeiten des Hrn. Pater a
aber das Uran .............. 628
Aas den Verhandlungen der Gesammt-Akademie.
Sehrötier^ Antrag auf Erweiterung der Akademie . . . . . .632
Allerhöchste Bestätigung der netterwählten Mitglieder . . . . .634
Hammer-Pur fffiedl, Antrag auf Abschaffung der Titulaturen im
* schriftlichen Verkehre der Akademie . . . . . , . .637
Baidinger, Antrag tuaf Reform der Statuten und Geschäftsordnung 639
Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften . . . . , . . 642

SiMliam. sencemn Meig
verwandt mi der rrolliibafzer nie^p.
Tat. L
Aus der TrTc Sof iuii Staats BruAwii.
Siteunäsb ä k AM. (l W;mata naüirw. (1. BdJ 1852.

Süuuh™ sericemii Meig
VTI wandt mt iler froIlTibatxer The°e
TafI
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Sitzmi*»s"b (l k ^ad (l V in.nli n-ilww Cl Bd l ls^2

Siiiralimn senceum Meig
verwaiidnnit der [Tolhibatzer Fliese
^ Ierl"k Hol iiiiA SiAits. "Druchei ci
Wxiinö^ d L AUä ä ^ in-nli nitm-w 01 ^(1 l 1852

Tat If.
hu (kr k'k "Hflf-TiHtl Staats DrncLerei
SitiimgsK niAteiA.d.W^ath-imtttTW Cl Bi.I 1852.

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lq)ho]»hoTiis llellerii
FüJJ.
Aas ck-c'k.'k.Bof--BaA Staats-"ürake;
Sitzmi^sb. A.^Akad. ä."W:niatli. Tiatorw. CLM.I. 1S52.

Iiphö]»hoTii8 Ihiianilatus (1.2.)
liphophom gradlLs (3.4J
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Aus Aer k.L'.Hof-miA Staats-DmAeTN
SitmuOsT». L t.AM. d..W. inafh..iianu-w. CI. M. 1.1852 . .

&Lü ehe n li an er, Terälulmin^eii äes Entlathin^.s'.siroiiies. ^k.
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Sitzun^T). (l.Tr.AlvaA. »l-X math-.-aatürw. Cl. Bll. 1852.


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