WEIGER, Josef, kath. Pfarrer u. kath. Theologe, Dr. theol. h.c. (Tübingen),
* 10. Juni 1883 in Schloß Zeil b. Leutkirch, † 27. August
1966 in Mooshausen b. Memmingen. - Wenn von W. gesprochen wird,
dann ist es wesentlich, ihn inmitten seines Freundeskreises zu sehen,
dessen bedeutendste Gestalt Romano Guardini gewesen ist. Dieser Kreis,
der sich in ganz besonderer Weise erst bilden konnte, nachdem W. mitten
im ersten Weltkrieg, am 3. September 1917 Pfarrer von Mooshausen,
einem kleinen Dorf in der Nähe von Memmingen geworden war, hatte internationales
Ansehen, hier trafen sich bekannte Theologen vor allem auf dem Gebiete
der Liturgie, hier fand Romano Guardini in den Jahren 1943-1945 Zuflucht,
was wiederum W. ungemein anregte. Die beiden Schwerpunkte des Lebens
von W. waren die Verkündigung aus den Quellen der Bibel wie die Förderung
der hl. Liturgie. Die erste Anregung für das Leben der Liturgie erhielt
er bei den Benediktinern in Beuron, wo er als Fr. Martin am 31.
Oktober 1903 eingetreten war (1902 war er hier zum ersten Male während
der Pfingsttage), um es am 8. Februar 1905 unter Erzabt Placidus Wolter
in vollem Einverständnis wieder zu verlassen. Dennoch: Seinen dortigen
Aufenthalt betrachtete er als »eine der größten Gnaden Gottes«. -
Nach dem Klosteraustritt entschied sich W., in den Dienst des Bistums
Rottenburg einzutreten. Während seines Theologiestudiums in Tübingen
lernte er zum ersten Male den Studenten Romano Guardini, aus Verona
gebürtig, kennen. Für diese Freundschaft, die damals begann und zeitlebens
hielt, fand Guardini im ersten seiner »Theologischen Briefe« die bedeutsamen
Worte: »Und grüße Dich in einer Denkgemeinschaft, deren Dauer das
halbe Jahrhundert schon überschritten hat.« W. machte Guardini mit
Beuron bekannt und »eröffnete ihm einen ersten Zugang zur Liturgie
der Kirche«, (Werner Groß: Geistig wie menschlich ganz offen und reich.
Zur Biographie von Josef Weiger, in: H.B. Gerl-E. Pregadier-A. Wolf,
Begegnungen in Mooshausen...). W. betont die Bedeutsamkeit dieses
freundschaftlichen Dienstes mit den Worten: »Und damals fiel wirklich
ein Samenkorn in einen Geist, den sich Gott für eine weitverzweigte
Tätigkeit vorbehalten hat. Heute noch empfinde ich dankbare Genugtuung,
daß ich das Werkzeug sein durfte, Romanos theologischen Werdegang
in entscheidender Stunde entscheidend zu beeinflussen«. (Zitiert in:
H.B. Gerl-E. Pregadier-A. Wolf, Begegnungen in Mooshausen...S. 24).
- Sehr wichtig für den theologischen Werdegang W. war es auch,
daß Weiger und seine Freunde, zu denen neben Guardini noch in besonderer
Weise Karl Neundörfer gezählt werden darf, in der Zeit der Auseinandersetzung
mit dem Modernismus Theologie studierten. - In der Zeit seines
Pfarrerseins im kleinen Mooshausen war es vor allem die »Biblische
Bewegung« und die »Liturgische Bewegung«, die seine ganze Persönlichkeit
erfüllten. Treffend bemerkt Werner Groß: »Der Liturgie gehörte seit
seiner Beuroner Zeit sein Herz, sie war ihm unerschöpfliche Quelle
der Kraft und Erfüllung seines Lebens. Seine liturgischen Publikationen
hatten meist ihre Bewährungsprobe in der Pfarrkirche von Mooshausen
bereits hinter sich, wenn sie in Druck gingen. Josef Weiger gehörte
zu den überzeugten, aber ganz im Hintergrund wirkenden Vorkämpfern
der Liturgischen Bewegung, auch wenn er bis jetzt in dieser Hinsicht
nicht gewürdigt wurde.« (In: H.B. Gerl-E. Pregadier-A. Wolf, Begegnungen
in Mooshausen... S. 28). - Was seine literarische Tätigkeit betrifft,
so kann gesagt werden: Seine ersten Buchpublikationen waren liturgische
Ausgaben: »Liturgisches Marienbuch«, »Liturgisches Totenbuch«, »Liturgisches
Wochenbuch«. Sehr bekannt wurden seine Marienbücher: »Mutter des neuen
und ewigen Bundes« wie »Maria von Nazareth«. Von seiner Heimatdiözese
Rottenburg erhielt er den Auftrag, für die Marienweihe am Rosenkranzfest
1943 das Weihegebet zu entwerfen. Auch hier kann W. Groß sagen: »Das
von Weiger formulierte Weihegebet ging in die Gebetstradition der
Diözese Rottenburg-Stuttgart ein, in der es nach wie vor fest verankert
ist.« (In: H.B. Gerl-E. Pregadier-A. Wolf, Begegnungen in Mooshausen...S.
32). Seine Promotion zum Doktor der Theologie ehrenhalber am 22. Februar
1951 an der kath.-theol. Fakultät der Universität Tübingen hatte zur
Begründung Tatsachen, die der damalige Dekan Fridolin Stier in die
Worte gefaßt hat:« Diesen Beschluß faßte die Fakultät in Ansehung
der großen Verdienste, die sich Pfarrer Weiger als Anreger der Newman-Studien
in Deutschland, als religiöser Schriftsteller von hohem theologischen
Rang und durch sein stilles, aber weithin reichendes und in die Tiefe
gehendes Wirken als Seelsorger, in immer lebendiger Teilnahme an allem
Fragen und Fordern der Gegenwart, erworben hat.« (Zitiert in: H.B.
Gerl-E. Pregadier-A. Wolf, Begegnungen in Mooshausen... S. 34). -
Wenn Stier W. einen »religiösen Schriftsteller von hohem theologischen
Rang« bezeichnet, dann wird dies ganz besonders auch in seinem Buch
deutlich:« Der Leib Christi in Geschichte und Geheimnis.« (Würzburg
1950). In einem bedeutsamen Vorwort von R. Guardini stehen die Sätze:
»Dennoch ist die Theologie dieser Schrift nicht die der Lehrbücher
und wissenschaftlichen Monographien, sondern ein Sprechen von Gott
aus Meditation und Gebet. Ich sage das nicht aus Indiskretion, sondern
um dem Leser das Vertrauen zu geben, daß er es hier mit lebendiger
Gotteslehre zu tun hat.« (S. XI).
Lit.: J. Weiger, Mutter des neuen und ewigen Bundes, Würzburg
1936; - Ders., Maria von Nazareth, München 1954; - Ders.,
Der Leib Christi in Geschichte und Geheimnis, Würzburg 1950; -
Liturgisches Marienbuch, Mainz 1924, Liturgisches Totenbuch, Mainz
1924, Liturgisches Wochenbuch, Mainz 1925; - M. Hörhammer, Pfarrer
Dr. Josef Weiger, 50 Jahre Priester, in: Der christliche Sonntag 13
(1961) 231; - Fr. Weber, Der Dorfpfarrer von Mooshausen, in: Katholisches
Sonntagsblatt, 2. Oktober 1966; - W. Groß, Josef Weiger (1883-1966),
in: Josef Weiger, Geheimnisse des Heils, Stuttgart 1976; - H.B.
Gerl, Romano Guardini. 1885-1968. Leben und Werk, Mainz 1985, 71-78;
- E. Endrich, Wahrhaft menschlich und priesterlich. Zum Tode von
Pfarrer Dr.h.c. Josef Weiger, in: Schwäbische Zeitung, 29. August
1986; - K. Färber, Pfarrer Josef Weiger 80 Jahre alt, in: Schwäbische
Zeitung, 10. Juni 1963; - H.B. Gerl-E. Pregadier-A. Wolf, Begegnungen
in Mooshausen-Romano Guardini, Maria Knoepfler, Maria Elisabeth Stapp,
Josef Weiger, Weißenhorn 1989, 19-38.
Ekkart Sauser
Literaturergänzung:
Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz, Wahrheitsliebe e. großen "Staretz". Vor vierzig Jahren starb Pfarrer J.W. aus Mooshausen, nach Jahren d. Freundschaft mit Romano Guardini, in: Tagespost Nr. 102 vom 26.8.2006, S. 10.