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Band VII. (1994) Spalten 1534-1537 Autor: Susanne Siebert

REINHARD, Franz Volkmar, Theologe, * 12.3. 1753 in Vohenstrauß, + 6.9. 1812 in Dresden. - R., Sohn des Predigers Johann Stefan Matthias R., besuchte von 1768 an bis zum Herbst 1772 das Gymnasium poeticum in Regensburg. In dieser Zeit verlor er beide Eltern. Ostern 1773 immatrikulierte er sich an der Universität von Wittenberg, wo er bis 1776 studierte. 1777 hielt er erste Predigten in Dietrichsdorf. Noch im selben Jahr habilitierte er sich in den Fächern Philosophie und Philologie. Seit 1778 hielt er als Assistent der philosophischen Fakultät Vorlesungen ab und erwarb im November desselben Jahres das Baccalaureat der Theologie. 1780 wurde er zum außerordentlichen Professor und Dekan der theologischen Fakultät, 1782 zum ordentlichen Professor der Theologie und außerordentlichen Professor der Philosophie berufen. 1780 heiratete R. die Witwe seines vormaligen Lehrers in der Theologie Christian Friedr. Schmid. Seit 1784 wirkte er als Propst der Schloß- und Universitätskirche zu Dresden und als Assessor des Konsistoriums. In den Jahren 1782 bis 1787 veröffentlichte er anonyme Rezensionen für die »Allgemeine Litteraturzeitung« und die »Allgemeine Deutsche Bibliothek«. Im Universitätsjahr 1790/91 versah R. das Rektorenamt an der Universität von Wittenberg. Am 22.4. 1792 hielt er die Antrittspredigt für das Amt als Oberhofprediger und Kirchenrat in Dresden. Am 27.2. 1794 schloß R. die zweite Ehe mit Ernestine v. Charpentier, der Tochter eines Freiberger Mineralogen. Seine berufliche Laufbahn wurde abgeschlossen mit der Berufung zum Visitator der Universität Leipzig 1808 und der Ernennung zum Vizepräsidenten des Dresdener Oberkonsistoriums. 1810 unternahm R. eine Visitation und Revision der sächsischen Universitäten und Fürstenschulen. Den Hauptteil des R.schen Werkes machen seine Predigten aus, die er im Sinne der Aufklärung als ein moralisches Besserungsmittel verstand. In theologischer Hinsicht stand er dem zeitgenössischen Rationalismus nahe. In seiner Auseinandersetzung mit dem Werk Kants versuchte er, dem unbedingten Vernunftglauben Grenzen zu setzen und die kritische Philosophie eines inneren Widerspruchs zwischen dem Begriff der reinen Erkenntnis und den Beweisen in der Theorie zu überführen. Indem er der kritischen Philosophie Grenzüberschreitungen nachzuweisen versuchte, strebte er danach, ihren Geltungsanspruch einzuschränken. Seine Auseinandersetzungen führte er auch im Feld der Theologie selbst, wenn er in seiner Reformationspredigt des Jahres 1800 gegen Kollegen polemisiert, sie fühlten sich dem Werk Luthers nicht mehr verpflichtet. R. mußte sich schließlich selbst den Vorwurf der Inkonsequenz gefallen lassen, da er sich im Laufe der Jahre immer stärker dem Supranaturalismus annäherte. Das Werk von R. ist auch bedeutend als ein Ausdruck der Krise der Aufklärung in Theologie und Philosophie.

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Werke: Disputatio De versionis alexandrinae auctoritate et usu constituenda librorum hebraicum lectione genuina, Wittenberg 1777; Disp. De morte voluntaria quid et quam clare praecipiat philosophia, ad locum Platonis in Phaidone cap. VI, ebd. 1778; Disp. Symbola ad interpretationem Psalmi sexagesimi octavi. Specimen I et II, ebd. 1778; Programma De veterum inductione ad locum Diogenes Laertii LIII Segm. 53-55, ebd. 1780; Progr. Consilium bene merendi de universo humano genere ingenii supra hominem elati documentum, ebd. 1780; Oratio De coniugenda cum tradendis philosophiae placitis eorundem historia, ebd. 1780; Oratiuncula De ratione docendi socratica in institutis philosophiae academicis imitanda. Cum additamento de methodo docendi socratica, ebd. 1780; Versuch über den Plan, welchen der Stifter der christlichen Religion zum Besten der Menschheit entwarf, ebd. 1781, 18305; Über das Wunderbare und die Verwunderung. Ein psychologischer Versuch. !. Teil, Wittenberg, Zerbst 1782; Diss. De notione felicitatis humanae ad iudicium de placitis christianae religionis parum idonea, Wittenberg 1782; Programma Utrum et quando possint oratores divini in administrando munere suo demittere se ad vanas hominum opiniones, ebd. 1782; De prudentia theologi, in comparandam et augenda eruditione theologica aetatis suae rationem habentis, ebd. 1782; Progr. Explanatio loci Jes. XI, 1-5, ebd. 1783; Progr. De Christo, suam dum viveret resurrectionem praedicente, ebd. 1784; System der christlichen Moral, 4 Bde., Wittenberg, Zerbst 1788-1810, ebd. 18155 u. Reutlingen 5 Bde. 1802-1816; Predigten bei einer Amtsveränderung gehalten, Wittenberg 1792; Geist des Christentums in Hinsicht auf Beruhigung im Leiden (aus dem Latein. v. Joh. Sam. Fest), Leipzig 1792; Über die Grundsätze und die Natur des Schönen, hrsg. v. Adam, Berlin 1797; (Mithrsg.) Dresdnisches Gesangbuch, Dresden 1797, 17982; Vorlesungen über die Dogmatik. Mit litterarischen Zusätzen hrsg. v. Joh.Gottfried Imm. Berger, Nürnberg, Sulzbach 1801, 18245; Opuscula academica, hrsg. v. Karl H. L. Pölitz, 2 Bde., Leipzig 1808-09; Geständnisse, seine Predigten und seine Bildung zum Prediger betreffend, in Briefen an einen Freund, Sulzbach 1810; Die Psalmen, übers. u. erläutert, hrsg. v. Joh. G. Aug. Hacker, Leipzig 1813; Sämtliche Predigten, hrsg. v. J.G.A. Hacker, 42 Bde., Reutlingen 1815-1821; Anweisung ein guter Kanzelredner zu werden. Nach den vom verstorbenen Hrn. Oberhofprediger F.V.R. selbst diktierten Sätzen und mit Hinzufügung der Grundsätze anderer berühmter Kanzelredner in Bezug auf diesen Gegenstand für junge Leute, die sich dem Predigerstand widmen wollen ... von einem Zuhörer R.s, Leipzig 18172; Dr. F.V.R.s sämtliche zum Theil noch ungedruckte Reformationspredigten, hrsg. v. Leonhard Berthold, 3 Bde., Sulzbach 1823-25; Vierzehn bisher noch ungedruckte Predigten, gehalten in der Universitätskirche zu Wittenberg, neben einer Abhandlung über die Wahrheit der christlichen Religion ..., Meißen 1826; C.F. Illgen (Hrsg.), Von den Streitigkeiten der Christen über die Person Jesu. Eine noch ungedruckte Predigt F.V.R.s, in: Zeitschrift für historische Theologie 1843, 4. Heft.

Lit.: Joh. Wilhelm Linde, R. und Ammon, oder Predigt-Parallele, als Beytrag zur Homiletik,..., Königsberg 1800; - Wilhelm Köster, Neueste protestantische Bekenntnisse über Sectengeist und Canzellkrieg, veranlaßt durch die Reinhardische Reformationspredigt von 1800, o.O. 1802; - Karl Heinr. Ludwig Pölitz, Darstellung der philosophischen und theologischen Lehrsätze des Oberhofpredigers F.V.R. ..., 4 Teile, Amberg u. Sulzbach 1801-04; - Ders., Grundriß der Reinhardischen Dogmatik zunächst für Gymnasien und Schulen ..., München u. Amberg 1803; - Ders., F.V.R. nach seinem Leben und Wirken dargestellt, 2 Bde., Leipzig 1813-1815; - Jonathan Schuderoff, Ein paar Briefe über den neunten Brief in R.s Geständnissen, Sulzbach 1810; - Daniel Alexander Eichhorn, Gamaliel, Mitglied des Hohen Raths zu Jerusalem, u. F.V.R., ..., in Rücksicht ihrer Urtheile über Gottes- und Menschenwerk, Hannover 1811; - Heinrich Gottlieb Tschirner, Briefe, veranlaßt durch R.s Geständnisse seine Predigten und seine Bildung zum Prediger betreffend, Leipzig 1811; - Friedr. Aug. Koethe, Über F.V.R.s Leben und Bildung. Zwey Vorlesungen, Jena 1812; - Ernst Zimmermann, Homiletisches Handbuch für denkende Prediger, 4 Teile, o.O. 1812-1822; - Carl Aug. Böttiger, F.V.R. literarisch gezeichnet, Dresden 1813; - Christian Friedr. Fritzsche, R. und Ammon als Dogmatiker, Leipzig 1813; - Joh. Ludwig Ritter, Sammlung fast aller von R. in Predigten abgehandelten Hauptsätze nach den Sonn- und Festtagen geordnet, und Dispositionen seiner noch ungedruckten Predigten, vorzüglich seiner letzten Vorträge, ..., Leipzig 1813, 18302; - Carl Friedr. Dietzsch, Christliche Religionslehre für die reifere Jugend, aus R.s Glaubens- und Sittenlehre ..., Sulzbach 1825; - Ders., Reinhardisches Beicht- und Communionbuch ..., Frankfurt/Main 1814; - Ders., R.s ..., Belehrungen und Tröstungen an den Gräbern unsrer Lieben, Stuttgart 1823; - J.B. Stapf, Heinr. Theod. Stiller, Repertorium sämtlicher Predigtsammlungen des Hrn. F.V.R. ..., Sulzbach 1822, 18282; - M.F. Scheibler, Aus dem Leben F.V.R.s, Leipzig 1823; - Ders., Memoria Reinhardi Magni, Sulzbach 1826; - Urceus (Pseud. für Wilh. T. Krug), Meine Lebensreise, ... Nebst F.V.R.s Briefen an den Verfasser, Leipzig 1825; - Joh. G.S. Leuchte, Zwei bisher noch ungedruckte Briefe F.V.R.s, in: ZHTh 1832, 1. Heft; - G.P.C. Kaiser, Ein bisher noch ungedruckter Brief F.V.R.s in: ebd. 1833, 1. Heft; - Joh. Gustav Diegel, F.V.R., in: Die Predigt der Kirche, Klassikerbibliothek XV, Leipzig 1891; - Ernst Schwabe, der Dresdener Oberhofprediger F.V.R. und sein Einfluß auf das höhere Unterrichtswesen Kursachsens, in: Mitt. der Gesellschaft für dt. Erziehungs- u. Kulturgeschichte 16 (1906); - J. Winter, Ein brennendes und scheinendes Licht. Gedenkartikel zum 100. Todestag R.s,. in: Sächsisches Kirchen- und Schulblatt 36 (1912); - F. Blanckmeister, F.V.R. Ein Lebens- und Charakterbild, in: Beitrr. z. sächsischen Kirchegeschichte 25 (1912); - Ders., Dresden und Weimar. Beziehungen F.V.R.s zu Goethe, Herder, Wieland, Humboldt, in: Beitrr. z. sächsischen Kirchengeschichte 40 (1931); - W. Friedensburg, Geschichte der Universität Wittenberg, Halle 1917, 524 f., 527, 531, 538, 568-60, 572, 573, 597, 618; - Paul Gabriel, Der Streit um R.s Reformationsfestpredigt vom Jahre 1800, in: ZKG 41 (1922); - Harald Martin, Die Bedeutung des Theologen F.V.R. unter besonderer Berücksichtigung seiner homiletischen Wirksamkeit, Diss.theol. Jena 1965; - Christian-Erdmann Schott, Möglichkeiten und Grenzen der Aufklärungspredigt. Dargestellt am Beispiel F.V.R.s, Göttingen 1978; - ADB XXVIII, 32-35; - RE XVI, 560; - RGG3 V, 246; - MGG V, 946; - Goedeke V, 444; - Bosls Bayerische Biographie, hrsg. v. K. Bosl, Regensburg 1983, 624; - DLL XII, 878-879.

Susanne Siebert