PHILIBERT (Filibert) von Jumièges, Hl., Abt, * um 608 in
der Gascogne (Éauze), + 685 in Noirmoutier. - Als Sohn des
Bischofs und ehemaligen königlichen Hofbeamten Filibald aus einer
romanischen Familie wuchs P. am Pariser Hofe Dagoberts I. im später
für das Klosterleben in Francia wichtigen Kreis um Audoenus (Ouen)
auf. Mit 20 Jahren gab er das Hofleben auf, wurde Mönch in Rebais,
einer Gründung des Audoenus, und später Nachfolger des dortigen Abtes
Agilus. Wegen Unstimmigkeiten im Kloster legte er sein Amt nieder
und bereiste Klöster columbanischer Richtung (Luxeuil, Bobbio) sowie
andere Klöster in Francia, Burgund und Italien zum Studium der dortigen
Klosterordnungen. Wahrscheinlich hat er auf dieser Reise auch südgallische
Klöster besucht, denn die Vita Filiberti aus dem 8. Jhdt., deren Angaben
durch neuere Urkundenfunde gestützt werden, berichtet, daß P. für
seine Klöster eine kombinierte Regel geschaffen hat, die neben Benedikt
und Columban auch die Regel des Basilius und des Macarius verwendete.
Er gründete das Kloster Jumièges (654) auf ihm von Chlodwig II. geschenktem
Land und ferner das Nonnenkloster Pavilly (offenbar als Ergänzung
von Jumièges zu einem Doppelkloster). Er wurde von Audeoenus, damals
Bischof v. Rouen, und der Königin Balthilde gefördert. Als er sich
mit dem neustrischen Hausmeier Ebroin überwarf und auch von Audoenus
fallengelassen wurde, führte dies zu seiner Verbannung. Er verbrachte
sein Exil bei Bischof Ansoald von Poitiers. In der Verbannung gründete
P. mit Beihilfe des Ansoald das Kloster Noirmoutier auf der Insel
Heriou vor der atlantischen Küste. Nach Ebroins Tod kehrte er nach
Jumièges zurück und söhnte sich mit Audoenus aus. Um 684 gründete
er das Kloster Montivillers westlich von Pavilly auf Land, das ihm
der Hausmeier Waratto, der Nachfolger Ebroins, geschenkt hatte. Nach
dem Tod des Audoenus aber (684) kam er nach Noirmoutier zurück und
gründete das Kloster St. Benoît-de-Quinçay in der Diözese Poitiers.
P.s Gründungen wurden von der Königin Balthilde gefördert.
Quellen: Vita Filiberti, hrsg. v. Bruno Krusch, (= MGH
SRM V), 568-606.
Lit.: E.J. Tardiff, Les chartes mérovingiennes de l'abbaye
de Noirmoutier, avec une étude sur la chronologie du règne de Dagobert
II, Paris 1899; - E. Vacandard, Vie de saint Ouen, évêque de Rouen
(641-684). Étude d'histoire mérovingienne, Paris 1902, 210; -
R. Poupardin, Monuments de l'histoire des abbayes de Saint-Philibert
(Noirmoutier, Grandlieu, Tournus), Paris 1905; - E. Lesne, Histoire
de la propriété ecclésiastique en France I, Lille/Paris 1910, 122;
- P. Chirol, `L'abbaye de Jumièges', Calvados; Annuaire de cinq
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Freiburg i. Sch. 1948, 298; - J.F. Lemarignier, `Jumièges et le
monachisme occidental au haut moyen âge (VIIe-XIe s.)', in: Jumièges,
Congrès scientifique du XIIIe centenaire, Rouen 1956, 753-764; -
Georges Priem, `Une image sculptée inédite de saint Ph. à Montivilliers',
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- Friedrich Prinz, Frühes Mönchtum im Frankenreich; Kultur und
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