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Band VI (1993)Spalten 871-872 Autor: Ansgar Frenken

NIKOLAUS V. Gegenpapst (Pietro Rainalducci). * 3. Viertel des 13. Jhdts. in Corvaro (Prov. Rieti/Abruzzen), + 16. Oktober 1333 in Avignon. Aus einfachen Verhältnissen stammend, verließ er nach 5jähriger Ehe Giovanna Mattei und trat dem Konvent des Franziskanerklosters Santa Maria in Aracoeli/Rom bei. Zeitgenossen waren in ihrem Urteil zur Person N.s uneins, teils schilderten sie ihn von geradezu heiligmäßiger Askese, teils von eher zweifelhaftem Ruf. Mit Teilen seines Ordens (Spirituale) hatte er sich im Gefolge des Armutsstreits mit Papst Johannes XXII. überworfen. - In der Auseinandersetzung zwischen Ludwig dem Bayern und dem in Avignon residierenden Johannes XXII. ließ der Kaiser während seines Krönungsaufenthalts in Rom den Papst »wegen Häresie« absetzen und veranlaßte das römische Volk, einen neuen zu wählen. Am 12. Mai 1328 wurde N. von einem Wahlkollegium von 13 römischen Priestern - jedoch ohne Beteiligung eines Kardinals - zum [letzten kaiserlichen] Gegenpapst gewählt; am 15. Mai gekrönt. Unmittelbar darauf kreierte N. sechs seiner insg. neun Kardinäle und begann mit dem Aufbau einer Kurie. Gut zwanzig Bischofsernennungen, meist aus den Reihen der Johannes XXII. feindlich gegenüberstehenden Franziskaner bzw. Augustiner, folgten. - Größere Bedeutung und breitere Anerkennung fand N. nicht einmal in Italien, wodurch das Ziel des Ks., seinen päpstl. Widersacher in Avignon zu schwächen, gescheitert war. Nach Ludwigs Abreise aus Rom (4. August 1328) verlor N. rasch an Einfluß und Anhängern. Am 3. Januar 1329 traf er nochmals mit Ludwig in Pisa zusammen, blieb jedoch in Mittelitalien, als der Ks. nach Norden aufbrach. Von den wenigen verbliebenen Anhängern verlassen, verzichtete N., nachdem ihm Leben und Pension zugesichert worden waren, auf seine Würde (25. Juli 1330 in Pisa), begab sich nach Avignon und unterwarf sich schließlich reumütig Johannes XXII. (25. August). Nach 3jährigem Aufenthalt in Avignon starb er dort am 16. Oktober 1333; begraben wurde er in der Franziskanerkirche. - Als Person ohne größere Bedeutung, war N. lediglich das Werkzeug eines kurzfristigen Augenblicks in der langjährigen Auseinandersetzung zwischen Johannes XXII. und Ludwig dem Bayern, ein Instrument einer ksl. Politik, die ihr Ziel letztlich verfehlte.

Quellen: B. Platina, Liber de Vita Christi ac omnium Pontificum, ed. G. Gaida, in: Rerum Italicarum Scriptores2 III/1, 269 f.; L. Wadding, Annales minorum VII, Roma 1733, 78-81, 106-111; G. Mollat (éd.), Jean XXII (1316-1334). Lettres communes, Paris 1904 ff., Nrr. 42499-42714, 46324-46507; E. Baluze - G. Mollat (Ed.), Vitae paparum Avenionensium ..., Paris 1914-1927, I 143-151; II 196-210; III 433-450; Konrad Eubel, Der Registerband des Gegenpapstes N.V., in: Archivalische Zeitschrift NS 4, 1893, 123-212; G. Biscaro, in: Archivio della R. Società romana di storia Patria 42, 1919, 308-310; Angelo Mercati, Supplementi al registro dell'antipapa Nicolò V, in: Studi e Testi 134, Città del Vaticano 1947, 59-76.

Lit.: Fortlaufende Bibliographie in: Archivum Historiae Pontificae 1 ff.; Roma 1963 ff.; - E. Eubel, Hierarchia catholica medii aevi ... I, Münster 21913, 16 f.; - Franz Xaver Glasschröder, Die Unterwerfung des Gegenpapstes Petrus von Corbara und seine Haft in Avignon (1330-1333), Innsbruck 1889; - Julius von Pflugk-Harttung, Die Wahl des letzten kaiserlichen Gegenpapstes (N.V. von 1328), in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 22, 1901, 566-585; - Konrad Eubel, Der Gegenpapst N.V. und seine Hierarchie, in: Historisches Jahrbuch 12, 1891, 277-308; - Ders., Die letztwilligen Legate des Gegenpapstes N.V. (Petrus von Corbara), in: Römische Quartalschrift 17, 1903, 181-183; - H. Otto, Zur italienischen Politik Johannes XXII., in: QFIAB 14, 1911, 168-175; - Ch.-J. Hefele - H. Leclercq, Histoire des Conciles VII., Paris 1915, 767 A. 4, 770-776 [ältere Lit. und Forschungsstand]; - Angelo Mercati, Frater Francesco Bartoli d'Assisi Michelista e la sua ritrattazione, in: Archivum Francisanum Historicum 20, 1927, 260 ff.; - Guillaume Mollat, Miscellanea Avenionensia (elezione e corte), in: Mélanges d'archéologie et d'histoire 44, 1927, 5-10; - Ders., Les Papes d'Avignon 1305-1378, Paris 101965, 350-360; - LThK1 7, 1935, 587; - DThC 12, 1935, 1922-1927; - ECatt 10, 1953, 505 f.; - Seppelt-Schwaiger 42, 1957, 106 f.; - RGG3 4, 1960, 1488; - LThK2 7, 1962, 979; - NCE 10, 1967, 445; - H. Jedin, Handb. d. Kirchenge. III/2, 1968, 390; - Gebhardt, Handb. d. dt. Geschichte I9, 1970, 528-530; - Cath. 9, 1982, 1238; - J.N.D. Kelly, The Oxford Dictionary of Popes, 1986, 216 f.

Ansgar Frenken

Letzte Änderung: 20.07.1998