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Band VI (1993)Spalten 821-823 Autor: Georgios Fatouros

NIKETAS CHONIATES (ca. 1155-1215/16). - Als Quellen für eine Biographie des N. gelten vorwiegend seine Schriften, ferner eine Monodie (Totenklage) auf seinen Tod, geschrieben von seinem Bruder Michael, sowie einige Briefe des letzteren (ed. S. Lampros, Athen 1879-1880). Demnach wurde N. in der phrygischen Stadt Chonai als Sohn einer mittelständischen, kinderreichen Familie geboren. Als Neunjähriger kam er nach Konstantinopel, wo er unter der Aufsicht seines älteren Bruders Michael eine breite enzyklopädische Ausbildung erhielt. Nach dem Studium trat N. in den Staatsdienst ein und fungierte hintereinander als Steuerbeamter in der Provinz, kaiserlicher Sekretär, Vorsteher der Staatskasse, iudex Veli, Aufseher der kaiserlichen Domänen (oder des Katasters) bis er schließlich das hohe Amt des Logotheten der Sekreta erklomm. Während der Regierung Andronikos' I. (1183-1185) blieb N. seinem Hofdienst fern. Er erlebte die schrecklichen Ereignisse der Jahre 1203 und 1204 am eigenen Leibe: Während des großen Brandes von Konstantinopel (22.-24.8. 1203) verlor er sein Haus im Stadtteil Sphorakion; nach der Usurpation des Alexios Murtzuphlos (3.2. 1204) büßte N. sein Amt des Logotheten ein; nach der Eroberung Konstantinopels durch die Kreuzfahrer wanderte er am 17.4. 1204 mit seiner Familie nach Selymbria aus. Im Frühjahr 1206 kehrte er nach Konstantinopel zurück, woher er Anfang 1207 nach Nikaia, der neuen Hauptstadt des byzantinischen Reiches, übersiedelte. Die letzten Jahre seines Lebens liegen im Dunkel, die Zeit seines Todes wird aufgrund der obenerwähnten Monodie seines Bruders erschlossen. N. war verheiratet und hatte mehrere Kinder, die noch unmündig waren, als er starb.

Werke: Hauptwerk des N. ist die »Chronike Diegesis«, ein Geschichtswerk, das in 21 Büchern die Zeit von 1118 bis 1206 umfaßt und dessen handschriftliche Überlieferung eine mehrfache Bearbeitung durch den Autor erkennen läßt. Es stellt in der byzantinischen Historiographie einen Höhepunkt dar, wie etwa das Geschichtswerk des Thukydides in der antiken. Seine Darstellung, von deren Wert und Wichtigkeit der Autor fest überzeugt zu sein scheint, läßt eine pessimistische Weltanschauung erkennen, die wohl in dem einmaligen Ereignis der Eroberung Konstantinopels ihren Ursprung hat. Das Geschichtswerk ist mit einem Anhang versehen, bekannt in der Literatur unter dem Titel »De signis«, in welchem die von den Lateinern zerstörten antiken Kunstwerke Konstantinopels beschrieben werden. N. hat außerdem rhetorische Werke (18 Reden, darunter 7 Lobreden auf zeitgenössische Kaiser), ein theologisches Werk (»Thesauros Orthodoxias« in 27 Büchern), in welchem er die verschiedenen Häresien behandelt, sowie 11 Briefe hinterlassen.

Editionen: I. Bekker, Nicetae Choniatae historia. Bonn 1835; J.-P. Migne, in : PG 139, 320-1057; I. A. van Dieten, Nicetae Choniatae historia, Bd.1-2. Berlin 1975; Ders., Nicetae Choniatae orationes et epistulae. Berlin 1972. Deutsche Übersetzung: F. Grabler, Die Krone der Komnenen; Abenteurer auf dem Kaiserthron; die Kreuzfahrer erobern Konstantinopel; Bd. 1-3. Graz 1958; Thesauros: Migne, ebenda 139, 1001-1444 (Buch 1-5 in lateinischer Übersetzung); PG 140, 9-292 (Exzerpte aus Buch 6, 9, 10, 12, 15, 17, 20 und 23-26).

Lit.: K. Krumbacher, Gesch. d. byzant. Litteratur. München 21897,281 f.; - H. Hunger, Die hochsprachliche profane Literatur der Byzantiner, I. München 1978, 429 f.; - J.-L. van Dieten, Niketas Choniates, Erläuterungen zu den Reden und Briefen nebst einer Biographie. Berlin 1971; - Ders., Zur Überlieferung und Veröffentlichung der Panoplia Dogmatike des Niketas Choniates (Zetemata Byzantina, 3). Amsterdam 1970; - Ders., in: Polychronicon: Festschrift Franz Dölger zum 75. Geburtstag. Heidelberg 1966, 166 f.; - Ders., in: BZ 49 (1956) 311 f.; 57 (1964) 302 f.; - G. Stadtmüller, Zur Biographie des Niketas Choniates. Byz. Forsch. 1 (1966) 321 f.; - A. Cutler, The De signis of Nicetas Choniates. A Reappraisal. AJA 72 (1968) 113 f.; - F. Grabler, Niketas Choniates als Redner. JÖBG 11-12 (1962-1963) 57 f., A.P. Kaþdan, in: BSl 24 (1963) 4 f.; - V. Grecu, Autour du De signis de Nicétas Choniates. REB 6 (1948) 58 f.; - Ders., Nicétas Choniatès a-t-il connu l'histoire de Jean Cinnamos? REB 7 (1949) 194 f.; - G. Fatouros, Die Autoren der zweiten Sophistik im Geschichtswerk des Niketas Choniates. JÖB 29 (1980) 165 f.; - J. Dräseke, in: ByZ 20 (1911) 101 f.; - Beck 663 f.

Georgios Fatouros

Letzte Änderung: 06.03.2003