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Band I (1990)Spalten 921-923 Autor: Friedrich Wilhelm Bautz

CAPITO, Wolfgang, Reformatur Straßburgs, * 1487 in Hagenau (Unterelsaß) als Sohn des Schmiedemeisters und Ratsherrn Johannes Köpfel, † (an der Pest) 4.11. 1541 in Straßburg. - C. besuchte die Lateinschule in Pforzheim, promovierte in Ingolstadt zum Magister und studierte in Freiburg (Breisgau) Medizin und dann unter Ulrich Zasius die Rechte. Als sein an der Pest erkrankter Vater 1500 im Sterben lag, war er Zeuge, wie der Mönch bei der Letzten Ölung den Sterbenden an seine guten Werke erinnerte, sein Vater sich aber darauf nicht verlassen wollte, sondern im Blick auf das Kreuz über seinem Bett an der Wand und im Vertrauen auf Gottes Gnade heimging. Das prägte sich ihm zeitlebens tief ein und rief bei ihm eine durchgreifende Wendung hervor, so daß er sich zum Studium der Theologie entschloß. C. promovierte 1512 zum Lic. theol. und 1515 zum Dr. theol. und hielt Vorlesungen über die Scholastiker, wandte sich aber bald den Sprachstudien und den Humanisten zu. 1512 folgte er dem Ruf des Bischofs von Speyer, Philipp von Rosenberg, auf die Stiftspredigerstelle bei dem Benediktinerchorherrenstift in Bruchsal. C. ließ sich hier von einem bekehrten Juden im Hebräischen unterrichten und trat mit Johannes Ökolampad in einen innigen Freundschaftsbund. Christoph von Utenheim berief ihn 1515 zum Domprediger an das Stift in Basel. C. schloß sich dem Kreis um Erasmus von Rotterdam an, setzte seine Sprachstudien fort und gab 1516 den Psalter in der Ursprache heraus. Er wurde ein Verehrer Martin Luthers und gab 1518 mit einer anonymen Vorrede die erste Sammlung seiner Schriften heraus. Albrecht von Mainz berief ihn 1520 auf Empfehlung Ulrichs von Hutten zum Domprediger nach Mainz und ernannte ihn bald darauf auch zu seinem Kanzler. C. hoffte, daß Albrecht die unvermeidlich gewordene Reformation selbst in die Hand nehmen würde, und war stets bemüht, zwischen ihm und Luther zu vermitteln. Im Mai 1523 zog sich C. nach Straßburg zurück, wo ihm Leo X. schon im August 1521 die Propstei zu St. Thomae als Präbende verliehen hatte. Er reichte am 18. 6. 1523 sein Entlassungsgesuch beim Kurfürsten von Mainz ein und trat neben Matthäus Zell und Martin Bucer an die Spitze der Straßburger Reformationsbewegung. Seit 1524 war C. Pfarrer an Jung-St. Peter und hielt auch Vorlesungen über das Alte Testament. Am 1.8. 1524 verheiratete er sich mit Agnes, der Tochter des Ratsherrn Hans Ulrich Röttel aus einer der angesehensten Familien der Stadt. C. vereinigte sich auf dem Kirchentag zu Bern im Januar 1528 als Vertreter Straßburgs mit den Schweizern. Auf dem Reichstag zu Augsburg 1530 arbeitete er mit Bucer die »Confessio Tetrapolitana« oder das »Vierstädtebekenntnis« aus, das von Memmingen, Lindau, Konstanz und Straßburg unterzeichnet wurde. Nach dem Tod Huldrych Zwinglis (1531) reiste C. in der Schweiz umher und verfaßte auf der zur Einigung untereinander und zum Ausbau ihres Kirchenwesens vom 9. bis 14.1. 1532 in Bern abgehaltenen Synode der schweizerischen Prediger die Kirchenordnung, »Berner Synodus« genannt. 1531 starb seine Gattin. Er heiratete 1532 die Witwe seines 1531 heimgegangenen Freundes Ökolampad, Wibrandis Rosenblatt, die 1543 Bucers Gattin wurde. Am 25.5. 1536 unterzeichnete C. mit Bucer in Wittenberg die Konkordie. Den Täufern und Spiritualisten gegenüber zeigte er Duldung und Schonung. Auch nahm er teil an dem Religionsgespräch zwischen den Evangelischen und den Katholiken in Worms 1540 und in Regensburg 1541. - Wir verdanken C. das Morgenlied »Die Nacht ist hin, der Tag bricht an« und das Lied von den Nöten der Kirche und des Volkslebens »Gib Fried zu unsrer Zeit, o Herr.«

Werke: Hebr. Gramm., Basel 1518; Responsio de Missa, Matrimonio et jure Magistratus in Religionem, De Magistratus officio in religionem & mores Ecclesiasticorum regendos, 1537 (15402; 15493); Hexaemeron Dei, 1539. - Verwarnung an die Brüder v. Lande u. aus den Städten, 1542 anonym ersch., in: Klassiker des Prot., hrsg. v. Christel Matthias Schröder. III: Reformator. Verkündigung u. Lebensordnung, hrsg. v. Robert Stupperich, 1963, 366 ff.

Lit.: G. H. A. Rittelmeyer, Die ev. Kirchenliederdichtung des Elsasses, in: Btrr. zu den theol. Wissen VI, 1855; - W. Heberle, C.s Verhältnis z. Anabaptismus, in: ZHTh 27, 1857, 285 ff.; - Johann Wilhelm Baum, C. u. Butzer, Straßburgs Reformatoren. Nach ihrem hs. Briefschatze, ihren gedr. Schrr. u. andern gleichzeit. Qu. dargest., 1860; - Martin Usteri, Die Stellung der Straßburger Reformatoren Bucer u. C. z. Tauffrage, in: ThStKr 57, 1884, 456 ff.; - Nikolaus Paulus, Die Straßburger Ref. u. die Gewissensfreiheit, in: Straßburger Theol. Stud. II/2, 1895, 28 ff.; - Ders., Prot. u. Toleranz im 16. Jh., 1911, 125 ff.; - Walter Friedensburg, Briefwechsel kath. Gelehrter Dtld.s im Ref.zeitalter, in: ZKG 16, 1896, 495 ff.; - Hulshof, Geschiedenis van de Doopsgezinden te Straatsburg van 1525-1557, 1905; - Paul Kalkoff, W. C. im Dienste EB Albrechts v. Mainz. Qu. u. Forsch. zu den entscheidenden J. der Ref., 1907 (Nachdr. 1973); - Johann Adam, Ev. KG der Stadt Straßburg bis z. Frz. Rev., 1922; - Walther Köhler, Zwingli u. Luther. Ihr Streit über das Abendmahl nach seinen polit. u. rel. Beziehungen I, 1924; II, 1953; - Rudolf Wackernagel, Gesch. der Stadt Basel III, Basel 1924, 148 ff. u. ö.; - Reg. der Personen- u. Ortsnamen, bearb. u. hrsg. v. Johann Karl Lindau, ebd. 1954; - Ph. Mieg, C., le réformateur strasbourgeois, in: Bulletin de la Société de l'histoire du Protestantisme français 74, Paris 1925, 177 ff.; - Otto Erich Strasser, C.s Beziehungen zu Bern (Diss. Bern), 1928; - Ders., Die letzten Anstrengungen der Straßburger Theologen M. Bucer u. W. C., eine Union zw. den dt. Lutheranern u. den schweizer. Reformierten herbeizuführen, in: Zwingliana 6, 1933/34, 5 ff.; - Ders., La pensée théologique de W. C. dans les dernières années de sa vie, Neuchâtel 1938; - Ders., Un chrétien humaniste: W. C., in: RHPhR 20, 1940, 1 ff.; - Ernst Staehelin, Frau Wibrandis. Eine Gestalt aus den Kämpfen der Ref.zeit, Bern 1934; - Ders., W. C., in: Prof. der Univ. Basel aus 5 Jhh. Bildnisse u. Würdigungen. Hrsg. v. Andreas Staehelin, Basel 1960, 20 f.; - Die Amerbachkorr., bearb. u. hrsg. v. Alfred Hartmann, II-IV, ebd. 1943-53; - Biogr. Wb. z. dt. Gesch., 1952, 109 f.; - E. Lengwiler, Die vorreformator. Prädikaturen der dt. Schweiz, Fribourg (Schweiz) 1955, 70 f.; - Johannes Joseph Bauer, Zur Frühgesch. der Theol. Fak. der Univ. Freiburg i. Br. (1460-1620), 1957, 76 u. ö.; - Werner Näf, Vadian u. seine Stadt St. Gallen II, St. Gallen 1957; - J. Kittelson, W. C., New Haven (Connecticut) 1971; - Schottenloher I, Nr. 2738 bis 2752; V, Nr. 45480-45482a; VII, Nr. 53445-53448; - Wolf, QK II/2, 39 ff.; - Koch II, 94 ff.; - Hdb. z. EKG II/1, 62 ff.; - Goedeke II, 183 f.; - DLL II, 474 ff.; - ADB III, 772 ff.; - NDB III, 132 f.; - RE III, 715 ff.; XXIII, 294 f.; - EKL I, 667; - RGG I, 1613; - MennEnc I, 512 ff.; - MennLex I, 326 ff.; - DHGE XI, 860 f.; - LThK II, 927; - ODCC 234; - NCE III, 88.

Literaturergänzung:

Gottfried W. Locher (Hrsg.), Der Berner Synodus v. 1532, Bd. 1: Edition, Neukirchen-Vluyn 1984; Bd 2: Stud. u. Abhh., Neukirchen-Vluyn 1988.

Letzte Änderung: 24.04.2004