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Band XXV (2006) Spalten in Vorbereitung Autor: Florian Ganslmeier

BEYERLE, Konrad, Staatsrechtler, Rechtshistoriker und Politiker, * 14.9. 1872 in Waldshut (Baden), † 26.4. 1933 in München. - Ältester Sohn des Rechtsanwalts Karl B. und Klara B., geb. Eggler. K. B.'s jüngerer Bruder - Franz B. machte sich später ebenfalls einen Namen als Juraprofessor. Nach Besuch des Gymnasiums in Konstanz trat B. das Studium der Rechtswissenschaften in München und Heidelberg an, unter anderem bei dem bedeutenden Rechtshistoriker Richard Schröder, - engagierte sich aber auch im katholischen Studentenverbindungswesen: 1891 trat er bei der K. D. St. V. Aenania ein, infolge wurde er Mitglied bei Arminia Heidelberg, Winfridia Breslau und Herzynia Freiburg (Cartellverband). In Freiburg folgte die Promotion zum Thema "Die Konstanzer Ratsliste des Mittelalters" und 1899 die Habilitation "Kriegserlebnisse der Stadt Konstanz 1632 ff.". 1902 folgte B. auf den Lehrstuhl von Felix Dahn in Breslau. Nach Lehrtätigkeit in Göttingen seit 1906 und ab 1917 in Bonn erhielt er 1918 den von Karl von Amiras angetragenen Lehrstuhl für Deutsche und Bayerische Rechtsgeschichte, Bürgerliches Recht und Handelsrecht in München. - B., von Hause aus monarchischer Gesinnung, hatte die politischen Umwälzungen 1919 zunächst skeptisch verfolgt, war zunehmend aber nicht nur "Vernunftrepublikaner", sondern überzeugter Demokrat geworden. Er übernahm einen Sitz in der verfassunggebenden Deutschen Nationalversammlung. 1920-1924 war B. Mitglied des Reichstags, zu beachten vor allem seine Mitarbeit am zweiten Hauptteil der Weimarer Verfassungsurkunde mit den Grundrechten und Grundpflichten. Insgesamt ist die Rechtsauffassung des Katholiken B. wesentlich vom naturrechtlichen Denken her geprägt. Besonderen Stellenwert räumte er den Grundrechten ein, deren überragende Allgemeingültigkeit der Staat - so B. nicht gewähre, sondern vorfinde und ihre Entfaltung fördern müsse. Aufgabe des Staates sei nicht nur Gemeinwohl und allgemeine Wohlfahrt, sondern auch die Vermittlung geistiger Werte. Nach B. kommt hier dem Staat ein Erziehungsauftrag zu, als Basis einer inneren und äußerlichen Entwicklung zur Demokratie, die er sich in der Färbung eines christlich-katholisch geprägten Gemeinwesens wünschte (vgl. Hense, s. u., S. 89). Der von ihm eingebrachte Gedanke, den Grundrechtsteil der Verfassung dem staatsorganisatorischen Abschnitt voranzustellen, wurde letztlich in der Weimarer Reichsverfassung nicht umgesetzt. Der Grundrechtsteil ist der zweite Hauptteil der Verfassung und zudem ein Spiegel des Zeitgeistes: er ist recht weitschweifig geraten, versucht sozialistischen und liberalistischen Ideen gleichermaßen gerecht zu werden; viele Bestimmungen haben zudem nur appellativen Charakter, sind nicht als einklagbare subjektive Rechte ausgestaltet. Erst das Grundgesetz von 1949 geht heute in B.s Sinne vor, stellt die Grundrechte voran und die Menschenwürdeformel des Art. 1 Abs. 1 GG an seine Spitze, gleichsam als "anthropologische Prämisse" des Verfassungsstaates (P. Häberle). Als Mitglied der BVP gehörte B. zum strengeren föderalistischen Lager; innerhalb seiner Partei ist er wohl eher zum linken Flügel zu rechnen. Sein Verhältnis zur - der Verfassung eher kritisch gegenüberstehenden - BVP unterlag bisweilen Spannungen, die wohl auch ursächlich dafür waren, daß B. 1924 nicht mehr als Reichstagskandidat aufgestellt wurde. In der Folgezeit widmete sich B. vermehrt der Rechtslehre. Bereits seit 1906 gab er als Sektionsleiter die "Veröffentlichungen der Sektion für Rechts- und Staatswissenschaften" der Görres-Gesellschaft heraus. 1927 gründete er das Institut für bayerische und deutsche Rechtsgeschichte. Nachdem der überzeugte Demokrat noch die Machtergreifung durch die Nationalsozialisten miterlebt hatte, starb er am 26.4. 1933. - In seiner Geburtsstadt Konstanz, im Bodenseegebiet, vor allem aber in Reichenau hat sich B. als Heimatforscher einen bis heute bedeutsamen Namen gemacht. Auf dem Gebiet der Staatswissenschaften und der Rechtsgeschichte ist auf die Darstellung von J. Federer (s. u.) zu verweisen. Seine politische Tätigkeit ist bislang wenig beleuchtet worden. Diesbezüglich bemerkenswert ist die kürzlich erschienene Biographie von Thomas Hense, die insbesondere B.'s Beitrag zur Rechts- und Verfassungsgeschichte der frühen Weimarer Republik würdigt.

Werke: Die Konstanzer Ratslisten des Mittelalters, Heidelberg 1898; Konstanz im Dreißigjährigen Kriege. Schicksale der Stadt bis zur Aufhebung der Belagerung durch die Schweden 1628-1633, Heidelberg 1900; Grundeigentumsverhältnisse und Bürgerrechte im mittelalterlichen Konstanz I: Das Salmannenrecht, Heidelberg 1900; Die Konstanzer Grundeigentumsurkunden 1152-1371, Heidelberg 1902; Die Geschichte des Chorstifts St. Johann zu Konstanz, Freiburg 1903; Neue Veröffentlichungen deutscher Stadtrechte, in: Deutsche Geschichtsblätter Bd. 5 (1904), 1-15, 48-56; Das ehemalige Augustinerkloster zu Konstanz, Konstanz 1905; Ergebnisse einer alemannischen Urbarforschung, Konstanz 1905; Die Deutschen Stadtbücher, in: Deutsche Geschichtsblätter Bd. 11 (1910), 145-200; Von der Gnade im Deutschen Recht, Göttingen 1910; Ein Beitrag zum deutschen Fideikommißrecht, in: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts, Bd. 58, 1911; Urkundenfälschungen des Kölner Burggrafen Heinrich III. von Arberg, 1913; Pflegschaften, 1914; Flanderns Wehklage und wir, 1916; Das Haus Wittelsbach und der Freistaat Bayern, 1921; Die Gesellschaftsordnung im Geiste des Christentums. Rede auf dem Münchner Katholikentag 1922; Die Rechtsansprüche des Hauses Wittelsbach, München/Berlin/Leipzig 1922; Ausgabe der Weimarer Verfassung mit Einleitung, 1924; Die Weimarer Verfassung als Grundlage des Staatsbürgerlichen Unterrichts, 1924; Föderalistische Reichspolitik, 1924; Zehn Jahre Weimarer Reichsverfassung. Festrede zur Münchener Verfassungsfeier der Reichsbehörden am 11. August 1929. München 1929.

Herausgeber / Mitverfasser: Deutschrechtliche Beiträge. Forschungen und Quellen zur Geschichte des Deutschen Rechts, Bd. 1-14, Heidelberg 1906-1933; Konstanzer Häuserbuch. FS zur Jahrhundertfeier der Vereinigung der Stadt Konstanz mit dem Hause Baden, 2 Bde, Heidelberg 1906 u. 1908; Veröffentlichungen der Görres-Gesellschaft. Sektion für Rechts- und Staatswissenschaften, Bd. 1-61, Köln 1908-1932; Bibliothek und Schreibstube der mittelalterlichen Reichenau, München 1925; Die Kultur der Abtei Reichenau, 2 Bde, München 1925 u. 1926; Lex Bajuvariorum, München 1926; Deutsche Einheit - Deutsche Freiheit. Gedenkbuch der Reichsregierung zum 10. Verfassungstag 11. Aug. 1929, Berlin 1929.

Lit.: Friedrich Wielandt, K. B., in: Konstanzer Zeitung, 205 (1932), Nr. 212; - C. Bauer, Karl Hoeber, F. J. Schöningh, K. B., in: Martin Honecker (Hrsg.), Katholizismus und Wissenschaft. K. B. gestorben am 26. April 1933, 2. Vereinsschrift der Görres-Gesellschaft, Köln 1933, 15 ff.; - Jacob Strieder, K. B. zum Gedächtnis, in: Hochland, 30 (1933), 281 ff.; - Otto Riedner, K. B. Nachruf, in: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte, Bd. 6 (1933), 169-170; - Eugen Wohlhaupter, K. B., in: Historisches Jahrbuch, 53 (1933), 272 ff.; - Hermann Baier, K. B. +, Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, 86 (1934), 369; - Ulrich Stutz, K. B., in: Zeitschrift d. Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Germanist. Abteilung 54 (1934), XXV ff.; - Romuald Bauerreiß OSB, K. B., in: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige, 51 (1933), Chronik 13; - Johannes Bärmann, K. B., in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 2, Berlin 1955, 206 ff.; - Julius Federer, B., in: Staatslexikon d. Görres-Gesellschaft, 6. Aufl., Freiburg 1957, Bd. 1, Sp. 1243-1246; - Peter Claus Hartmann, Dr. jur. K. B. o. ö. Universitätsprofessor für Deutsches Recht, in: 150 Jahre Katholische Deutsche Studentenverbindung Aenania, München 2001, 480-481; - Thomas Hense, K. B. Sein Wirken für Wissenschaft und Politik in Kaiserreich und Weimarer Republik, Frankfurt 2002.

Florian Ganslmeier

Letzte Änderung: 02.11.2004