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Band XXIV (2005) Spalten 226-231 Autor: Manfred Berger

BERG-SCHRIMPF, Elsa (Sr. Elisabeth) von, Ordensgründerin der (heutigen) "Blauen Schwestern von der Hl. Elisabeth", * 30. August 1874 in München (fälschlicherweise wird u. a. Nürnberg genannt), † 26. Oktober 1905 in München. - Das Geschlecht der von B.-Sch. stammt ursprünglich aus Schweinfurt, wo es seit 1574 in den Kirchenbüchern mit der Namensform "von Berg" nachweisbar ist. Elsa war das erste Kind des Königlichen Revisors und Leutnants Maximilian von Berg, genannt Schrimpf (1851-1923) und dessen Ehefrau Maria, geb. Brunner (1852-1924). Dem Ehepaar wurden drei weitere Kinder geboren: Emma (* 1875), Franz (* 1878) und Leander (* 1880). Nach Absolvierung der Volksschule und des Greineder Privatinstituts war B.-Sch., entsprechend dem damaligen Zeitgeist, als höhere Tochter an das Haus gebunden, mehr oder weniger gezwungen auf eine standesgemäße Ehe zu warten. Mit der Situation des "Haustochterdaseins" unzufrieden, suchte Elsa nach einer sinnvollen Arbeit. So engagierte sie sich für vier Jahre unentgeltlich im "Frauenverein vom Roten Kreuz". In dieser Zeit kam die Adelige in Kontakt mit Not, Krankheit und Elend der "kleinen Leute". Diese lebten in den dichtbesiedelten Münchener Vorstädten, wie z. b. in Haidhausen. Zu dieser Gesellschaftsschicht, die durch die Maschen der Ende des 19. Jahrhunderts verabschiedeten Bismarck'schen Sozialgesetze fiel, gehörten, wie von B.-Sch. formulierte, "die kleinen Gewerbetreibenden, die in keinem festen Arbeitsverhältnis stehenden Arbeiter, wie aus den weiblichen Kreisen: Putzerinnen, Wäscherinnen, Zugeherinnen, Näherinnen, und dergleichen mehr" (zit. n. Panzer/Plößl 1997, S. 41). Die elenden Zustände in manchen Stadtbezirken bewegten die junge Frau so sehr, daß sie den Entschluß faßte, vor Ort den armen Menschen zu helfen. Ihr Ansinnen war vor allem die Krankenpflege auszubauen. Doch diesem Begehren stellte sich der Vater zunächst energisch entgegen, weil er befürchtete, daß Elsa dieser harten Tätigkeit körperlich wie gesundheitlich nicht gewachsen sei. Aber die älteste Tochter setzte sich durch. Sie stellte ein provisorisches "Damenkomitee" zusammen und lud am 21. Januar 1901 zu einer Versammlung ins Café "Reichshof" in die Münchener Wörthstraße 17 ein. 17 Frauen und Mädchen waren gekommen: - "Elses erstes Anliegen ist es, eine Privatkrankenanstalt zu schaffen, die Armen und Unbemittelten offen steht. Um dies zu erreichen, regt sie die Gründung eines sogenannten Pfennigvereins (am 22. April 1901 in das Vereinsregister eingetragen; M. B.) an. Für einen Beitrag von einem Pfennig - ab 1910 von zehn Pfennigen - pro Monat konnte jeder in ihm Mitglied werden und dann entweder ganz oder teilweise unentgeltliche Krankenpflege in Anspruch nehmen. Else von Berg-Schrimpf legte den Anwesenden auch gleich fertige ausgearbeitete Statuten vor. Wie es scheint, hatte sie bei dieser ersten Versammlung noch nicht an die Gründung einer Schwesterngenossenschaft gedacht. Doch dann kam Widerspruch gegen die Pläne auf. Andere in der Krankenpflege tätige Vereinigungen fürchteten die Konkurrenz durch eine neue Krankenanstalt. Bei einer zweiten Sitzung am 10. Februar 1901 kamen daher auch die Gegner zu Wort und so wurden die Statuten abgeändert. Neben der Erbauung einer Krankenanstalt sollte nun auch die Gründung eines Pflegerinnen-Vereins als Vereinsziel festgelegt werden. So kam es am 15. März 1901, wieder im Café 'Reichshof', zur ersten ordentlichen Generalversammlung, an der 20 Mitglieder teilnahmen. Hier wurden die Satzung festgelegt und der Name für die Schwestern des Privatpflegerinnenvereins: 'Bayerische Schwestern vom Pfennigverein'" (2001, S. 10). Im Volksmund wurden die Pflegerinnen kurz "Pfennigschwestern" genannt. Die Statuten des neugegründeten Vereins hatten u. a. zum Ziel die "Heranbildung katholischer Mädchen zum Privatkrankendienst" und den Bau einer privaten Krankenanstalt "für arme katholische Kranke und nach Tunlichkeit auch für Andersgläubige" (2001, S. 11). Jedoch der Anfang gestaltete sich äußerst schwierig. Nur drei junge Frauen schlossen sich B.-Sch. an und die Gemeinschaft wollte nicht weiter anwachsen. Da kam dem Verein und seiner Gründerin die bekannte Kinder und Jugendschriftstellerin Emmy Giehrl (1837-1915), genannt Tante Emmy, zur Hilfe. Genannte verfaßte in der vor allem bei jungen (überwiegend katholischen) Mädchen und Frauen beliebten Zeitschrift "Notburga" (vom 6. September 1902) einen Artikel über die Ausbildung und das Wirken der "Bayerischen Schwestern vom Pfennigverein": - "Obwohl man seit einer Reihe von Jahren in großen und kleinen Städten alles aufgeboten hat, die Bedürfnisse der Kranken ernstlich in Erwägung zu ziehen, obwohl man auch auf dem Lande Krankenhäuser baut, die allen Bedürfnissen entsprechen - machte sich doch mehr und mehr, gerade auf dem Lande, das Verlangen geltend nach guter Privat-Pflege. Diese wird ja selbst in den Städten, in welchen Ordensschwestern zur Verfügung stehen, ein immer lauteres Bedürfnis, da die Zahl der Pflegenden nicht in dem Grade zunimmt, als die der Leidenden und Hilfsbedürftigen... Der Pfennigverein in München (Metzstraße Nr. 12/II) hat sich die Aufgabe gestellt, unbescholtene, an Leib und Seele gesunde katholische Mädchen im Alter von 21 bis 35 Jahren zu Privatkrankenpflegerinnen heranzubilden und sie, wenn sie ihrer Aufgabe gerecht zu werden vermögen, als seine bleibende Mitglieder zu erhalten, zu lohnen und bis an ihr Lebensende zu versorgen. - Die christliche Charitas hat das Bedürfnis nach möglichst rascher und ausgedehnter Verbreitung solcher Privat-Krankenpflege nach jeder Hinsicht anerkannt, und wäre es nun recht erwünscht, recht viele, opferbereite, von wirklichem Geiste christlicher Liebe durchdrungene katholische Jungfrauen für diesen Verein zu gewinnen. - Ihre Aufgabe ist eine doppelte. Sie stellen sich zunächst den armen Kranken zur Verfügung, die sie unentgeltlich bei Tag und Nacht pflegen. Gerade bei armen Leuten fehlt ja oft jegliches Verständnis für Behandlung ihrer Kranken, ebenso die für sie kostbare Zeit, und deshalb muß nicht selten der Leidende solchen Übelständen erliegen. - Die 'Bayerischen Schwestern' pflegen auch die Wohlhabenden und Bemittelten, die ihre Hilfe begehren und verschaffen dadurch ihrem Verein die nötigen Existenzmittel; derselbe strebt ja mit der Zeit der Erbauung und Unterhaltung einer Privat-Kranken-Anstalt im Südosten der Stadt München an. - Den theoretischen Unterricht erhalten die Schwestern von der Vorsteherin des Vereins, den praktischen Unterricht in einem der hiesigen Krankenhäuser; und sie werden nach Ablauf eines Lehrjahrs von dem betreffenden Arzt und der Oberin geprüft. Auch Massage und Naturheilverfahren ist im Unterricht der Krankenschwestern einbegriffen. - Man bindet sich nicht für immer, sondern kann nach drei Jahren das Verhältnis gegenüber dem Verein wieder lösen. Die Statuten besagen alles Nähere und sind bei Fräulein von Berg, der Vorsteherin der Bayerischen Schwestern vom Pfennigverein... zu haben. - Vielleicht fühlt manches brave Mädchen sich durch diese Zeilen angeregt über das so schöne, heilige Amt einer Pflegerin der Armen und Kranken nachzudenken. Die Sache steht auf streng katholischer Grundlage, die bayerischen Schwestern stellen sich und ihr Wirken und Arbeiten unter den Schutz des göttlichen Herzens Jesu. Sie tragen waschechte Kleider von blauem Stoff mit weißen Leinenkragen, schwarze Schürze, blaue Haube mit weißem Umschlag und eine Brosche, die ein himmelblaues Kreuz auf weißem Grunde zeigt. - 'Vielleicht ruft das göttliche Herz da und dort eine fromme Seele zum Dienste des Nächsten, und gibt dann Seinen Segen zur weitern Verbreitung und Bekanntgebung des schönen Unternehmens, wie ja der liebe Heiland selbst das herrliche Gleichnis vom kleinen Senfkörnlein gesprochen hat, das zum großen Baume gewachsen ist, in dessen Schatten zuletzt die Vöglein wohnen und ruhen. Und welche Thätigkeit ist denn wohl lieblicher, glückverheißender, als die unter demütigem Gehorsam geübte Barmherzigkeit? - 'Selig die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen'" (Giehrl 1902, S. 283 f). - Der Aufruf der hochgeschätzten Kinder- und Jugendschriftstellerin hatte durchschlagenden Erfolg. Viele "gesunde katholische Jungfrauen" stellten Aufnahmegesuche, "so daß 67 Mädchen, die als Pflegerinnen ausgebildet werden wollten, auf die Warteliste gesetzt werden mußten" (2001, S. 12). Der Schwerpunkt der Aktivitäten der Schwesternschaft verlagerte sich immer mehr von der Kranken- hin zur Säuglingspflege. Und so kam es 1903 in München zur Errichtung einer Kostkinderstation: - "In einem Zimmer (im ersten Stock der Metzstraße 12; M. B.) wurden vier Säuglinge in Kinderwägen untergebracht. Der damals zuständige Kostkinderarzt Dr. Sokolny machte die Schwestern darauf aufmerksam, daß zwei Ärzte bereits an der Gründung eines Säuglingsheims gearbeitet haben. Man bündelte also die Kräfte und die mittlerweile zwölf Schwestern gründeten zusammen mit den beiden Ärzten Dr. Meier und Dr. Rommel in den Räumen der Kostkinderstation ein Säuglingsheim mit 15 Betten. Die Mittel für die Einrichtung kamen von den Ärzten. Die medizinischen Leistungen wurden von ihnen ehrenamtlich übernommen. Die Pflege übernahmen die Bayerischen Schwestern vom Pfennigverein ebenfalls ohne Honorierung. Als das Heim am 15. Oktober 1903 in Betrieb genommen werden konnte, war es die erste Einrichtung ihrer Art in Süddeutschland" (S. 13). - Keine geringere als die höchste Dame des Deutschen Reiches, Kaiserin Auguste Viktoria (1858-1921), bekundete ihr Interesse an der sozial-karitativen Institution und visitierte das Säuglingsheim kurz nach seiner Gründung. Bereits am 3. Dezember 1903 wurde zum Unterhalt und Betrieb der Einrichtung der "Verein Säuglingsheim e. V." gegründet (vgl. Gmelin 2004, S. 14 ff.). Die Pflege der Säuglinge, sowie die wirtschaftliche Führung blieb in den Händen der Schwestern, deren Gemeinschaft von nun an klösterlichen Charakter annahm. Die Pflegerinnen wurden offiziell eingekleidet und erhielten Schwesternnamen. Ein Pater übernahm die geistliche Begleitung der Gemeinschaft, die nach benediktinischer Regel lebte. Sr. Elisabeth B.-Sch. rief bald noch ein Heim für fürsorgebedürftige Kinder im vorschulpflichtigen Alter, also für Kinder im Alter von 1 bis 6 Jahren, ins Leben, das im Juli 1905 mit drei Kindern seinen Betrieb auf nahm. Zur Unterstützung des Kinderheimes gründete man den Verein "Kinderheim". Ihre Königliche Hoheit Kronprinzessin Marie Gabrielle, geb. Herzogin in Bayern (1878-1912), übernahm das Protektorat. Das war ein Erfolg, über den sich die Hauptverantwortlichen des Vereins sehr freuten, zumal durch diesen "gnädigen Akt" das Ansehen des Vereins in der Münchner Bevölkerung enorm stieg. - Da die Schwestern Angestellte der drei verschiedenen Vereine waren, gründeten sie am 1. Juli 1905 einen eigenen Verein, ließen sich in das Vereinsregister eintragen und nannten sich fortan "Bayerische Schwestern vom Blauen Kreuz". Sr. Elisabeth von B.-Sch. wurde zur Oberin gewählt, die bereits wenige Wochen später im Alter von nur 31 Jahren an Tuberkulose starb. - Die Schwesternvereinigung wurde 1951, im 50. Jubiläumsjahr ihrer Gründung, zu einer Drittordensgemeinschaft erhoben und Januar 1952 in den Franziskusorden aggregiert. Kardinal Michael von Faulhaber genehmigte den neuen Namen "Blaue Schwestern von der Hl. Elisabeth" sowie die neuen Statuten. Heute sind die "Blauen Schwestern von der Hl. Elisabeth" eine sehr kleine Gemeinschaft, der 2001 31 Ordensfrauen angehörten. Der letzte Ordenseintritt fand 1963 statt. Das Mutterhaus steht noch immer an seiner alten Stelle in München. Aktiv tätig sind noch einige Schwestern in der Regensburger St. Hedwig Klinik, einem Krankenhaus für Frauen und Kinder, das u. a. eine Krebsstation zur stationären Behandlung für Kinder und ein Perinatalzentrum beherbergt.

Archiv: Ida-Seele-Archiv, 89407 Dillingen.

Lit. (Ausw.): Giehrl, E.: Die bayrischen Schwestern von Pfennig-Verein, in: Notburga, 26 1902/Nr. 18, 283 f; - Giehrl, E.: Die Bayerischen Schwestern vom Pfennig-Verein, in: Notburga, 28 1904/Nr. 2, 29 f; - Weimann, B.: 100 Jahre Blaue Schwestern von der Hl. Elisabeth München und Regensburg, Regensburg 2001; - Panzer, M. A./Plößl, E.: Bavarias Töchter. Frauenporträts aus fünf Jahrhunderten, Regensburg 1997, 40ff.; - Eder, M.: "Helfen macht nicht ärmer". Von der kirchlichen Armenfürsorge zur modernen Cariats in Bayern, Altötting 1997, 149; - Wolff, H.-P. (Hrsg.): Biographisches Lexikon zur Pflegeschichte, Band 2, München/Jena 2001, 24f.; - Gmelin, J.: Die Chronik der Kinderklinik an der Lachnerstrasse - "Lachnerklinik", München 2004 (Diss.).

Webseite: http://www.klinik-st-hedwig.de/bhb_statisch/bhb _statisch/vorlagen/427.html (21.3.2004); http://www..barm herzige-regensburg.de (28.4.2004).

Manfred Berger

Letzte Änderung: 22.01.2005