Verlag Traugott Bautz
www.bautz.de/bbkl
Zur Hauptseite
Bestellmöglichkeiten
Abkürzungsverzeichnis
Bibliographische Angaben für das Zitieren
Suche in den Texten des BBKL
Infobriefe des aktuellen Jahres

NEU: Unser E-News Service
Wir informieren Sie vierzehntägig über Neuigkeiten und Änderungen per E-Mail.

Helfen Sie uns, das BBKL aktuell zu halten!



Band I (1990)Spalten 434-437 Autor: Friedrich Wilhelm Bautz

BEA, Augustinus, Jesuit, »Kardinal der Einheit«, * 28.5. 1881 Riedböhringen bei Donaueschingen als Sohn eines Zimmermanns und Baumeisters, † 16.11. 1968 in Rom. - B. kam mit 12 Jahren nach Sasbach bei Achern (Baden) in die »Lendersche Lehranstalt«, wechselte 1897 über in das konfessionell gemischte Gymnasium in Konstanz, blieb aber nur ein halbes Jahr dort, weil das »Konradihaus«, in dem er wohnte, umgebaut wurde. B. hatte sich bereits für den Priesterberuf entschieden und besuchte darum bis zum Abitur im Jahr 1900 das Erzbischöfliche Gymnasial-Konvikt in Rastatt. Schon als Gymnasiast hatte er den Gedanken erwogen, Ordenspriester zu werden. Die Kapuziner zogen ihn an; dann begeisterte er sich für das Benediktinertum. 1898 während der Exerzitien bei den Jesuiten in Tisis-Feldkirch (Vorarlberg) fiel die Entscheidung zugunsten der Societas Jesu. Doch zunächst begann B. mit dem Studium der Theologie an der Universität Freiburg (Breisgau). Am 8.4. 1902 trat er in den Jesuitenorden ein, der aber seit 1872 in Deutschland verboten war. Das Noviziat befand sich bei Goch im Schloß Blyenbeek (Holland), wurde aber 1903 nach einem Brand nach Exaeten bei Roermond verlegt. Seit 1904 studierte B. an der Ordenshochschule in Valkenburg bei Maastricht und kam nach Beendigung seiner philosophischen Studien als Lehrer in das Aloysiuskolleg in Sittard bei Maastricht. 1910 ging er zum Studium der klassischen Philologie nach Innsbruck, kehrte aber nach einem Semester zum Theologiestudium nach Valkenburg zurück, wo er am 25.8. 1912 zum Priester geweiht wurde. 1913 schloß B. seine theologischen Studien mit der Promotion zum Dr. theol. ab; die philosophische Doktorwürde hatte er nach Abschluß der philosophischen Studien erlangt. Im Sommer 1913 studierte B. an der Philosophischen Fakultät der Universität Berlin orientalische Sprachen. Da er bei Ausbruch des Weltkriegs vom Militärdienst zurückgestellt wurde, gründete B. in Aachen im Auftrag seines Ordens dessen erste neue Niederlassung auf deutschem Boden. Er wurde 1917 in Valkenburg Professor für alttestamentliche Exegese und 1919 auch Studienpräfekt. Nach Aufhebung des Jesuitenverbots 1917 wurde 1921 die deutsche Ordensprovinz in zwei Provinzen geteilt, in die niederdeutsche mit Sitz in Köln und die oberdeutsche mit Sitz in München und B. zum Provinzial der oberdeutschen Provinz ernannt, für deren Aufbau er sich tatkräftig einsetzte. Viele neue Niederlassungen des Ordens wurden geschaffen. Im September 1924 legte B. den Grundstein für das Berchmanskolleg in Pullach bei München, die Philosophische Hochschule der Jesuiten in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Auch für die Jesuitenmissionen in Indien und Brasilien sorgte er als Provinzial. Ende 1924 siedelte B. nach Rom über, um die Leitung eines Studienheims für Doktoranden des Ordens und einen Lehrstuhl an der Gregorianischen Universität zu übernehmen. 1925 führte er eine Visitationsreise nach Japan durch. Da das große Erdbeben von 1923 auch die von Jesuiten geleitete katholische Universität zerstört hatte, entwarf B. die Pläne für ein großes neues Universitätsgebäude, obwohl die Universität kaum 200 Studenten zählte; heute sind es bereits über 7000. Seit 1929 war B. auch Konsultor der Päpstlichen Bibelkommission und 1930-49 Rektor des 1909 zur Abwehr der modernistischen Lehren gegründeten Päpstlichen Bibelinstituts, das damals durch völlige Ablehnung auch der anerkannten wissenschaftlichen Forschungsmethoden in der wissenschaftlichen Welt nicht mehr ernst genommen wurde. Durch B. kamen nun die historisch-kritischen, philologischen, archäologischen und exegetischen Disziplinen zu ihrem Recht. Studienreisen nach Palästina und durch viele Länder des Vorderen Orients und Ausgrabungen vermittelten ihm nicht nur neue und für das Päpstliche Bibelinstitut wertvolle Kenntnisse und Anregungen, sondern auch Begegnung und Gedankenaustausch mit nichtkatholischen Archäologen, Orientalisten und Alttestamentlern. So kam es, daß B. zum ersten, von den evangelischen Professoren Paul Volz und Johannes Hempel im September 1935 veranstalteten »Internationalen Kongreß für alttestamentliche Wissenschaft« in Göttingen eingeladen wurde und mit Zustimmung des Papstes der Einladung folgte. Er präsidierte in der Endphase des Kongresses und hielt Referate und die Schlußrede. »Diese Begebenheit war ein Zeichen der Zeit«, erklärte B. 1961. »Sie zeigte, daß man auf dem Gebiet der Bibelwissenschaft über die Periode des Angriffs und der Polemik hinaus war und einen über die konfessionellen Schranken hinausgehenden Gedankenaustausch suchte, um so die Meinungsverschiedenheiten durch ruhige und offene Aussprache zu beheben.« Während seines Rektorats war B. seit 1931 Schriftleiter und Mitarbeiter der wissenschaftlichen Zeitschrift des Instituts »Biblica« und gründete die parallele Zeitschrift »Orientalia« für die Sprachen und die Kunde des alten Orients sowie die Schriftenreihe »Analecta Orientalia«. Pius XII. beauftragte 1941 das Bibelinstitut, eine neue Übersetzung der Psalmen aus dem Urtext ins Lateinische zu erarbeiten. Mit noch fünf anderen Professoren arbeitete B. als Leiter der päpstlichen Kommission vier Jahre an der neuen Psalmenübersetzung, die am Palmsonntag 1945 veröffentlicht wurde. Durch diese große wissenschaftliche Leistung und auch als Beichtvater des Papstes seit 1945 wurde B. weithin bekannt. 1949 trat er auf eigenen Wunsch vom Rektorat des Päpstlichen Bibelinstituts zurück, setzte aber seine Vorlesungen noch fort. Pius XII. ernannte ihn gleichzeitig zum Konsultor des Heiligen Offiziums. Johannes XXIII., der Nachfolger des 1958 verstorbenen Pius XII., erhob B. am 14.12. 1959 zum Kardinal und ernannte ihn zum Mitglied der Ritenkongregation, der Seminarienkongregation und der Päpstlichen Kommission für die biblischen Studien. Im Januar 1960 trug B. dem Papst den Wunsch vor, an der Kurie eine Institution zu schaffen, die sich besonders mit dem Problem der Einheit der Christen befassen sollte. In seinem Motu proprio »Superno Dei nutu« vom 5.6. 1960 machte Johannes XXIII. zugleich mit der Errichtung der vorbereitenden Kommissionen des Konzils die neue Einrichtung bekannt: »Um in besonderer Weise unsere Liebe und unser Wohlwollen zu zeigen all denen gegenüber, die den Namen Christi tragen, aber von unserem Apostolischen Stuhl getrennt sind, und in der Absicht, daß diese den Arbeiten des Konzils folgen und leichter den Weg finden können zur Erlangung jener Einheit, die Jesus Christus vom himmlischen Vater in heißem Gebet erfleht hat, haben wir ein eigenes Amt oder Sekretariat errichtet.« Als Präsident des »Sekretariats für die Förderung der Einheit der Christen« sammelte B. aus verschiedenen Nationen und Sprachen seinen Mitarbeiterstab. Ungezählte ökumenische Reisen führten ihn seit 1960 nach Westdeutschland und in die DDR, in die Schweiz, nach Österreich, Portugal, Spanien, England, Dänemark, Griechenland, nach Amerika und in die Türkei. In seinem Mühen bei der Ebnung des Weges zur Einheit der Christen besuchte er u. a. 1962 und 1965 den Primas der Anglikanischen Kirche, Arthur Michael Ramsey, in London, 1965 den Weltkirchenrat in Genf, wo er mit dem Generalsekretär Willem A. Visser't Hooft und dem Präsidenten Marc Boegner zusammentraf, und im gleichen Jahr den Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, Athenagoras, in Istanbul. Auf dem 79. Katholikentag in Hannover erklärte B.: »Der Weg zur Einheit ist lang und beschwerlich. Er fordert von uns viel Geduld und große Liebe, und wir werden mehr als einmal auch Enttäuschungen erleben. Aber sollen wir deshalb verzagen? Gewiß nicht. Gott der Herr hat, nach den Ereignissen der jüngsten Zeit zu urteilen, deutlich gezeigt, daß er will, daß gerade in unserer Zeit alle, die in Christus getauft sind, sich zusammenfinden.« Am 19.4. 1962 empfing B. durch Johannes XXIII. die Bischofsweihe. Was er als Konzilsvater in den Jahren 1962 bis 1965 des II. Vatikanischen Konzils geleistet hat, kann im einzelnen nicht geschildert werden und läßt sich im ganzen Umfang noch gar nicht ermessen. B. hat sich um die ökumenische Öffnung der römisch-katholischen Kirche große Verdienste erworben. Sein Anliegen war es auch, daß alle Christen gemeinsam der sozialen Gerechtigkeit und dem Frieden der Welt dienen mögen. Seine Bemühungen für den Frieden in der heute so gefährdeten Welt wurden anerkannt und gewürdigt durch die Verleihung des Friedenspreises des westdeutschen Buchhandels am 25.9. 1966 gleichzeitig an Kardinal B. und den bisherigen Generalsekretär des Weltkirchenrats Willem Adolf Vissert't Hooft.

Werke: De Pentateucho, Rom 1928 (19332); De inspiratione Sacrae Scripturae, ebd. 1930 (19352); Pontificii Instituti Biblici de Urbe prima quinque lustra, ebd. 1934; Archaeologia Biblica, ebd. 1939; De effossionibus in Palestina factis, quae Sacram Historiam illustrant, ebd. 1941; Liber Psalmorum cum Canticis Breviarii Romani, ebd. 1944 (19452; mehrfach in andere Sprachen übers.); La nuova traduzione latina del Psalterio; Origine e spirito, ebd. 1945 (19462); Il problema antropologico in Gen. 1-2. Il Transformismo, ebd. 1950; Liber Ecclesiastes qui ab Hebraeis appellatur Quohelet. Nova Interpretatio latina cum notis criticis et exegeticis, ebd. 1950; Canticum Canticorum, ebd. 1953; Officium Parvum B. M. V. (Kl. Marian. Offizium), editio amplior, Torino-Roma 1953; Die seelsorgerl. Bedeutung des Wortes Gottes in der Liturgie (Vortr.), 1957 (Neudr. 1958); Der Priester als Diener der Einheit (Vortr.), 1962; Der Katholik u. das Problem der Vereinigung der Christenheit. Der große Ruf z. Einkehr in die Herde Christi. Aus dem It. übers. v. Eva Volkmann, 1962; Das 2. Vatikan. Konzil u. die Einheit der Christen (Vortr.), 1962; Die Einheit der Christen. Probleme u. Prinzipien, Hindernisse u. Mittel, Verwirklichungen u. Aussichten. Aus dem It. v. Maria Schätzle, 1963 (dass. Kleine Ausg.: Herder-Bücherei 152, 1963), 19642 (Bibliogr.: 274 ff.); Hl. werden f. andere, 1964; Das Konzil im Rahmen neuerer KG, 1964; Das Konzilsdekret über den Ökumenismus. Aus dem It. übers. v. Werner Ruffing, 1965; Einheit in Freiheit. Betrachtungen über die menschl. Freiheit. Dt. Übers, aus dem Engl., 1965; Die Geschichtlichkeit der Evv. Anh. 1: Dogmat. Konstitution über die göttl. Offb. Anh. 2: Instruktion über die hist. Wahrheit der Evv. Aus dem It. übers. v. Josef Hosse, 1966; Von Christus erfaßt (Tlsmlg.). Paulin. Christentum in einer modernen Welt. Aus dem It. übers. v. Marianne Wilke, 1966; Die Kirche u. das jüd. Volk. Aus dem It. übers. v. Franz Johna, 1966; Der Weg z. Einheit nach dem Konzil, 1966; Konzil u. Rel.freiheit, 1966; Friede zw. Christen (mit Willem Adolf Visser't Hooft), 1966; Die Kirche u. die Menschlichkeit. Aus dem It. übers. v. Franz Schmal, 1967; Zum Dienen gerufen (Service, dt.). Überlegungen z. Lehre des Konzils u. der Schr. über das Dienen, 1968; Die Lehre des Konzils über die Offb., 1968; Der Ökumenismus im Konzil. Öffentl. Etappen eines überraschenden Weges. Aus dem It. übers. v. Franz Schmal, 1969. - Der Mensch B. Aufzeichnungen des Kard. 1959-1968, hrsg. v. Stjepan Schmidt, 1971.

Lit.: Eva Maria Jung-Inglessis, A. B. - Kard. der Einheit. Biogr. u. Dokumentation, 1962; - Werner Becker, A. B., in: Ökumen. Profile. Brückenbauer der einen Kirche, hrsg. v. Günter Gloede, II, 1963, 167 ff.; - Ders., A. B. - Kard. der Einheit, in: ThJb 1965, 97 ff.; - Luitpold A. Dorn, Porträts kath. Bisch. Dtld.s, 1963; - Hubertus Guske, A. B., 1967; - Giovanni Caprile, Morte del card. A. B., in: La civiltà cattolica 119, Roma 1968, 492 f. 656; - R. A. F. MacKenzie, A. B., in: Biblica 49, Roms 1968, 453 ff.; - Peter Bläser, A. Kard. B. z. Gedächtnis, in: Bibel u. Leben 10, 1969, 1 ff.; - Stefano Schmidt, Il card. A. B. Profile spirituale, in: La civiltà cattolica 120, Roma 1969, 8 ff.; - August Hasler, Die ökumen. Bedeutung v. Kard. B., in: ÖR 18, 1969, 252 ff.; - Luitpold A. Dorn, A. Kard. B., in: Für die Menschen bestellt. Porträts kath. Bisch. Dtld.s, hrsg. v. Konrad Wilhelm Kraemer, 1963, 39 ff.; - Heinrich Fries. Ein Friedenspreis f. ökumen. Arbeit. Zur Verleihung des Friedenspreises des dt. Buchhandels 1966 an Kard. A. B. u. Willem Visser't Hooft, in: StZ 91, 1966, 161 ff.; - Hans Heinrich Harms, Die Träger des Friedenspreises 1966. Der dt. Buchhandel ehrt A. B. u. Visser't Hooft, in: Welt u. Wort. Literar. Mschr. 21, 1966, 227 f.; - RGG I, 848.

Friedrich Wilhelm Bautz

Literaturergänzung:

W. Sandfuchs, Der Kardinal der Einheit. Zum Tode von Augustinus Kardinal Bea. In: Münchener Kath. Kirchenzeitung Nr. 47, 24.11.1968, 24 (Abb.); - Bernd Mathias Kremer, Augustin Kardinal Bea. Zum Lebenswerk d. Kardinals d. Einheit u. zum Kardinal-Bea-Museum in Riedböhringen, in: FDA 123. 2003, S. 125-148; - Bernd Mathias Kremer, A. Kardinal B. (1881-1968). Vorkämpfer d. Ökumene u.d. Aussöhnung mit d. Juden, in: FrRu 13.2006, S. 82-92; - Timm Maximilian Hirscher, Pionier d. Ökumene. Kardinal A.B. vor 125 Jahren geboren, in: ÖI 2006, Nr.18, S. 3f.; - Jerome-Michael Vereb, "Because he was a German!" Cardinal B. and the origins of Roman Catholic engagement in the ecumenical movement. Grand Rapids 2006; - Dorothee Recker, Die Wegbereiter d. Judenerklärung d. Zweiten Vatik. Konzils. Paderborn 2007; - Hugo Ott, "A. Kardinal B. (28. Mai 1881 - 16. Februar 1968) - Herkunft u. Entscheidung f.d. Gesellschaft Jesu. Gedenkrede an Christi Himmelfahrt (25. Mai) 2006 anläßl. d. 125. Geb. in Riedböhringen, in: FDA 126.2006, S. 65-76.

Letzte Änderung: 03.08.2007