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Band I (1990)Spalte 258 Autor: Friedrich Wilhelm Bautz

ASTRUC, Jean, der Begründer der modernen Pentateuchkritik, * 1684 in Sauve (Languedoc) als Sohn eines protestantischen Pfarrers jüdischer Abstammung, † 1766 in Paris. - A.s Vater trat noch vor Aufhebung des Edikts von Nantes (1685) zum Katholizismus über und widmete sich seitdem fast ganz der Erziehung seiner beiden Söhne. Er wurde später wieder protestantisch. A. erwarb in Montpellier die Magisterwürde und studierte dann Medizin. Er wurde 1707 in Montpellier, 1711 in Toulouse und schließlich wieder in Montpellier Professor der Medizin. 1729 war er kurze Zeit Leibarzt des Königs August II. des Starken in Dresden und wurde 1730 konsultierender Arzt des Königs Ludwig XV. von Frankreich, 1731 Professor am Königlichen Collége in Paris und 1743 zugleich Mitglied der Pariser Medizinischen Fakultät. - A., dessen Spezialstudium das Gebiet der Geschlechts- und Frauenkrankheiten war, pflegte auch eifrig theologische Interessen. In der Geschichte der Pentateuchkritik ist er bekannt als Begründer der sog. »älteren Urkundenhypothese«. A. beschäftigte sich eingehend mit der Frage nach der Entstehung der Genesis und stellte fest, daß in ihren Erzählungen die Gottesnamen »Elohim« und »Jehova« (= Jahwe) miteinander wechseln, ohne daß dieser Wechsel befriedigend erklärt werden kann. Diese Feststellung hatten vor ihm auch schon andere gemacht. A. wertete die verschiedenen Gottesnamen als Quellenmerkmale und entdeckte, als er die Stücke mit dem Gottesnamen Elohim und die mit dem Gottesnamen Jehova zusammenstellte, daß es sich um zwei zusammenhängende Quellenschriften handelte, die im wesentlichen denselben Erzählungsstoff boten. Diese Entdeckung war neu. In Gen. 7, 20. 23 fand A. Spuren eines dritten Parallelberichts und außerdem noch neun andere Urkunden, die Mose ohne wesentliche Veränderungen zusammengestellt habe. Die Abfassung des Pentateuchs durch Mose bezweifelte er nicht im geringsten. Nach längerem ängstlichem Zögern veröffentlichte A. seine wichtige Entdeckung, die aber bei der zünftigen Theologie keine freundliche Aufnahme fand. Erst Johann Gottfried Eichhorn (1752-1827) wurde durch A.s Buch angeregt, die Quellenscheidung der Genesis noch einmal selbständig durchzuführen, und verschaffte damit der Entdeckung A.s die ihr gebührende Anerkennung.

Werke: Conjectures sur les mémoires originaux dont il paroit que Moyse s'est servi pour composer le livre de la Genèse. Avec des remarques qui appuient ou qui éclaircissent ces conjectures, Brüssel 1753 (anonym; dt. Übers.: Mutmaßungen in betreff der Originalberichte, deren sich Mose wahrscheinlicherweise bei Verfertigung des ersten seiner Bücher bedient hat, nebst Anm., wodurch diese Mutmaßungen teils unterstützt, teils erläutert werden, Frankfurt a. M. 1783); Dissertation sur l'immatérialité, l'immortalité et la liberté de l'âme, Paris 1755.

Lit.: A. C. Lorry, Eloge historique de M. Astruc, in der Ausg. v. A.s hinterlass. Mémoires pour servir à l'histoire de la Faculté de Médecine de Montpellier, Paris 1767; - Adolphe Lods, J. A. et la critique biblique au XVIIIme siècle, Strasbourg et Paris 1924; - Roland de Vaux, A propos du second centenaire d'A. Réflexions sur l'état actuel de la critique du Pentateuche, in: VT Suppl. Vol. 1, 1953, 182 ff.; - J. de Savignac, L'oeuvre et la personnalité de J. A., in: NC 5, 1953, 138 ff.; - E. O'Doharty, The Conjectures of J. A., in: CBQ 15, 1953, 300 ff.; - HansJoachim Kraus, Gesch. der histor.-krit. Erforschung des AT v. der Ref. bis z. Gegenw., 19692, 96 f. 141 f. u. 6.; - EJud III, 611 ff.; - DBF III, 1391 ff.; - RE II, 162 ff.; - RGG I, 666; - LThK I, 967.

Letzte Änderung: 11.10.2000