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Band XXI (2003) Spalten 39-42 Autor: Ronny Baier

ASKEW, Anne, protestantische Märtyrerin; * 1521 in Stallingborough, Lincolnshire; † 16. Juli 1546 in Smithfield (London) durch Verbrennen. - Anne Askew war die Tochter von Sir William Askew, Haupt einer alten begüterten Familie in Lincolnshire. Anne wuchs in behüteten Verhältnissen auf. Sie war, was in jener Zeit noch eine Seltenheit unter Frauen war, sehr gebildet und belesen. Sie studierte eifrig die Bibel und hatte Freude daran, mit dem Klerus an der Kathedrale in Lincoln theologische Gespräche zu führen. Ihre Schwester war mit Thomas Kyme aus Kelsey verlobt, starb aber noch bevor die Heirat stattfinden konnte. Daraufhin drängte William Askew seine Tochter Anne den Platz der verstorbenen Schwester einzunehmen und Thomas Kyme zu heiraten. Anne fügte sich widerwillig der Order des Vaters. Die Ehe mit Thomas Kyme, der zwei Kinder entsprangen, war entsprechend unglücklich. Anne wurde schließlich von ihrem Mann wegen ihrer protestantischen Überzeugungen verstoßen. Sie ging daraufhin nach London, wo sie sich vergeblich um eine Scheidung aus religiösen Gründen bemühte (sie behauptete nach 1 Korinther 7,15, daß ihre Ehe ungültig sei, weil ihr Mann ungläubig sei). - In London fand sie über eine Bekannte Zugang zu den höfischen Kreisen um Katharina Parr, der letzten Ehefrau Heinrichs VIII.. 1545 wurde Katharina Parr von den konservativ-katholischen Kräften im Privy Council der Häresie beschuldigt und in den durch die Anschuldigung angestoßenen Untersuchungen im Umfeld der Königin wurde schließlich auch Anne befragt und verhört. Während sich Katharina Parr von den Vorwürfen freimachen konnte (sie beseitigte rechtzeitig ihre protestantischen Bücher und Schriften), wurde Anne der Häresie überführt. Sie leugnete nämlich die Transubstantiation [die katholische Lehre, wonach bei der Eucharistie unter Wahrung der äußeren Form die Substanz der Gaben von Brot und Wein in die Substanz des Leibes und Blutes Jesu verwandelt wird], wie sie von Heinrich VIII. in der Act of the Six Articles verbindlich festgeschrieben wurde. Bischof Bonner von London tat sein Bestes, um Anne zu retten und sie wurde am Ende wegen fehlender Zeugen freigesprochen. - Doch wenig später wurde sie in Greewich vor das Privy Council bestellt, welches sie zum öffentlichen Widerruf aufforderte. Da Anne dies verweigerte, wurde sie auf die Folterbank gelegt, weil man glaubte, daß sie in ihrer Haltung von einflußreichen Personen ermutigt würde, deren Namen sie unter der Folter vielleicht verraten würde (natürlich dachten die Foltermeister bei den "Hintermännern" an Katharina Parr oder an Personen in ihrem Umfeld). - Der Arrest Anne´s muß als Teil einer Kampagne der Konseravtiven am Hof gegen die Reformpartei gesehen werden, zu deren Unterstützer die Königin zählte. Die Königin überlebte, wie erwähnt, Anne jedoch nicht. - 1546 wurde sie erneut der Häresie angeklagt, zusammen mit Dr. Shaxton, dem früheren Bischof von Salisbury, und zwei anderen. Shaxton widerrief, Anne und die beiden anderen nicht. So wurden die drei am 16. Juli 1546 in Smithfield öffentlich verbrannt. Anne mußte auf einem Stuhl zum Scheiterhaufen gebracht werden, so übel war sie von der Folter zugerichtet worden. - Dr. Shaxton wurde aufgefordert, die Predigt zu halten, bevor die Feuer entzündet wurden, und im letzten Augenblick bot ihr Lordkanzler Wriothesley ein Pardon an, wenn sie nur widerrufe. Erneut lehnte sie ab und so starb sie am Ende in den Flammen. Ihre Leiden wurden abgekürzt durch kleine Beutel mit Schießpulver, die man um ihren Körper gebunden hatte. - Anne Askew´s Aufzeichnungen von den Verhören und ihre Bekenntnisse und Gebete wurden bald darauf außer Landes gebracht und im niederrheinischen Wesel veröffentlicht. Später flossen sie in John Foxe´s "Acts and Monuments" ein. - Die Schriften und Bekenntnisse legen Zeugnis ab von Annes tiefem Glauben, sie zeugen aber auch von sprachlichem und literarischem Können. Zurecht wird Anne Askew daher den weiblichen Schriftstellern der englischen Renaissance zugerechnet.

Werke: "The first examinacyon of Anne Askewe", Wesel 1546; - "The latter examinacyon of Anne Askewe", Wesel 1547; letztere wurde mit einer Einführung des Druckers Johannes Bale versehen.

Editionen: John Foxe, The Acts and Monuments of John Foxe, hrsg. von George Townsend, London 1843 / 49; Neuauflage New York 1965; - Elaine V. Beilin (Hrsg.), The Examinations of Anne Askew, Oxford 1996.

Lit.: Charles Wriothesley, A Chronicle of England, Campden Society, 2 Bände, London 1875 / 77; - Elaine V. Beilin, A Challenge to authority: Anne Askew, in Redeeming Eve: Women Writers of the English renaissance, Princeton 1987; - Jane und Paul Schluetere (Hrsg.), An Encyclopedia of British Women writers, New York und London 1988; - Paula McQuade, Except that they had offended the Lawe': Gender and Jurispredence in the Examinations of Anne Askew, Literature & History, 3 (1994), 1-14; - Randall Martin (Hrsg.), Women Writers in renaissance England. London und New York 1997; - Lorna Sage (Hrsg.), The Cambridge Guide to Women's Writing in English, Cambridge 1999; - F. M. Paul Zahl, Five Women of the English Reformation, Eerdmans 2001; - Kathryn Kerby-Fulton and Linda Olson (Hrsg.), Stepping into the Pulpit? Women's Preaching and Scriptural Interpretation in The Book of Margery Kempe and The Examinations of Anne Askew", in Voices in Dialogue: New Problems in Reading Medieval Women's Cultural History, University of Notre Dame 2002.

Ronny Baier

Letzte Änderung: 27.12.2002