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Band I (1990)Spalten 223-225 Autor: Friedrich Wilhelm Bautz

ARNDT, Ernst Moritz, Dichter, * 26.12. 1769 in Schoritz auf der damals noch schwedischen Insel Rügen als Sohn eines Gutsinspektors, † 29.1. 1860 in Bonn. - A. bezog 1787 das Gymnasium in Stralsund und 1791 die Universität Greifswald, um Theologie zu studieren, widmete sich aber mehr philosophischen und historischen Studien, die er 1793 in Jena fortsetzte. Nach seiner theologischen Prüfung kehrte er Herbst 1794 auf das väterliche Pachtgut Löbnitz zurück und wanderte von Frühjahr 1798 bis Herbst 1799 durch Deutschland, Österreich, Ungarn, Italien und Frankreich. A. ließ sich 1800 in Greifswald als Privatdozent für Geschichte und Philosophie nieder und heiratete seine Jugendliebe, Marie Charlotte Quistorp, die Tochter eines Greifswalder Professors, die aber bereits 1801 starb. A. wurde 1805 ao. Professor und arbeitete 1806 in der Regierungskanzlei in Stralsund. Hier hatte er, weil er für Deutschland eintrat, mit einem schwedischen Offizier ein Duell, das ihn fast das Leben kostete. A. gab 1806 den 1. Band seines Hauptwerkes »Geist der Zeit« heraus, eine Kampfschrift gegen Entartungserscheinungen auf allen Gebieten des Volkslebens. Als Preußen in den Händen der Franzosen war, fühlte er sich in Stralsund nicht mehr sicher und ging darum nach Stockholm. Mit Hilfe von doppelten Pässen reiste A. Herbst 1809 in die Heimat und von dort nach Berlin, wo er mit nationalgesinnten Männern zusammentraf. Frühjahr 1810 kehrte er in das nach dem Frieden mit Frankreich wieder an Schweden gekommene Greifswald zurück, wo er seine Lehrtätigkeit wieder aufnahm, aber bald klar erkannte, daß er fliehen müsse. Auf abenteuerlicher Flucht gelangte A. über Berlin, Breslau und Prag, durch Galizien und Wolhynien nach Kiew und weiter nach Moskau und schließlich im August 1812 nach St. Petersburg, wo er der Mitarbeiter des Reichsfreiherrn vom und zum Stein wurde, mit dem er im Januar 1813 nach Deutschland zurückkehrte. Durch zahlreiche Flugschriften wirkte A. für die nationale Erhebung und entflammte durch Wort und Lied die wehrhafte Jugend zum Kampf. A. wurde am 9.8. 1818 an der neugegründeten Universität Bonn Professor der Geschichte und verheiratete sich am 18.9. 1818 mit Nanna Schleiermacher, der Halbschwester des bekannten Theologen. 1818 gab er den 4. Band von »Geist und Zeit« heraus, der das Mißfallen Friedrich Wilhelms III. erregte. A. fiel der wesentlich durch die burschenschaftliche Bewegung hervorgerufenen Demagogenverfolgung zum Opfer. Er wurde zu nächtlicher Stunde von der Polizei, die seine Papiere und Briefe beschlagnahmte, verhaftet, aber nach einigen Tagen aus dem Gefängnis wieder entlassen. Er war unschuldig und wurde doch am 10.11. 1820 seines Amtes entsetzt. Obwohl die im Februar 1821 vorgenommene Untersuchung ergebnislos eingestellt wurde, durfte A. seine Lehrtätigkeit doch nicht wieder aufnehmen. Erst 1840, nach der Thronbesteigung Friedrich Wilhelms IV., wurde er wieder in sein Amt eingesetzt und war 1840/41 Rektor der Universität. A. wurde 1848 in die Deutsche Nationalversammlung gewählt und befand sich auch unter denen, die 1849 Friedrich Wilhelm IV. die Botschaft brachten, daß die Mehrheit der Nationalversammlung beschlossen habe, ihm die Kaiserkrone anzubieten. Er war bitter enttäuscht, als der Preußenkönig ablehnte, worauf er aus der Nationalversammlung ausschied. - Die Dichtungen A.s umfassen einen Zeitraum von 72 Jahren. Von seinen vaterländischen Liedern seien genannt: »Der Gott, der Eisen wachsen ließ, der wollte keine Knechte«; »Was blasen die Trompeten? Husaren, heraus !«; »Was ist des Deutschen Vaterland?«; »Wer ist ein Mann? Wer beten kann« und »Wo kommst du her in dem roten Kleid und färbst das Gras auf dem grünen Plan?« In seiner Schrift »Vom Wort und vom Kirchenliede« hat A. 1819 der Liederverderbnis seiner Zeit ihr Urteil gesprochen und zugleich neben eigenen Liedern Kleinode aus der Urzeit der Kirche und der Reformation mitgeteilt. Von seinen geistlichen Liedern seien genannt u. a. sein Glaubensbekenntnis: »Ich weiß, woran ich glaube« (EKG 278); die Perle seiner kirchlichen Lyrik: »Geht nun hin und grabt mein Grab«; das Abendmahlslied: »Kommt her, ihr seid geladen« (EKG 160); die Weihnachtslieder: »Der heilge Christ ist kommen« und »Du lieber, heilger, frommer Christ, der für uns Kinder kommen ist«; das Lied kraftvoller Glaubenszuversicht: »Was willst du dich betrüben? Der alte Gott lebt noch.«

Werke: Gedichte, 1803, 11, 18, 40, 43, 60; Geist der Zeit I, 1806; II, 1809; III, 1814; IV, 1818; V, 1854; Fragmente über Menschenbildung I.II, 1805; III, 1809; Kurzer Katechismus für teutsche Soldaten nebst einem Anhang v. Liedern, 1812; Katechismus für den teutschen Kriegs- u. Wehrmann, 1813; Der Rhein, Teutschlands Strom, nicht aber Teutschlands Grenze, 1813; Vom Wort u. vom Kirchenliede, nebst geistl. Liedern, 1819; Märchen u. Jugenderinnerungen I, 1818; II, 1843; Erinnerungen aus dem äußeren Leben, 1840 (neu hrsg. v. Friedrich Max Kircheisen, 1913); Notgedrungener Ber. aus seinem Leben, 2 Bde., 1847; Schrr. für u. an seine lieben Deutschen, 4 Bde., 1845-55; Geistl. Lieder, 1855; Meine Wanderungen u. Wandlungen mit dem Reichsfreiherrn Heinrich Carl Friedrich vom Stein, 1858 (neu hrsg. v. Ricarda Huch, 1925).- Sämtl. Werke, hrsg. v. H. Rösch, H. Meisner u. E. Schirmer, 14 Bde., 1892-1909; H. Meisner u. R. Geerds, E. M. A. Lb. in Briefen, 1898; Geistl. Lieder, hrsg. v. R. Eckhart, 1910; Ausgew. Werke, hrsg. v. August Leffson u. Wilhelm Steffens, 12 Tle., 1912; Staat u. Vaterland. Ausw. aus A.s polit. Schrr., hrsg. v. Ernst Müsebeck, 1921; Rügen-Märchen, hrsg. v. Erich Gülzow, 1931; Volk u. Staat. A.s Schrr. in Ausw., hrsg. v. Paul Requadt, 1934; Gedichte. Mit einem Lb. A.s v. Oskar Anwand, 1935; Erinnerungen aus dem äußeren Leben (Ausz.), hrsg. v. Ernst Wilhelm Saltzwedel, 1939 (19442).

Lit.: Georg Lange, Der Dichter A., 1910; - Ernst Müsebeck, E. M. A., 1914; - Ders., E. M. A., in: Pommersche Lb. I, 1934, 1 ff.; - Hermann Petrich, A. u. das Kirchenlied des letzten Jh.s, 1923; - Friedrich Gundolf, Hutten, Klopstock, A., 1924; - Heinrich Laag, Die rel. Entwicklung E. M. A.s, 1926; - Emmy Cremer, E. M. A. als Gesch.schreiber (Diss. Kiel), 1927; - Paul Hermann Ruth, A. u. die Gesch., 1930; - Justus Hashagen, Freiheit u. Gebundenheit bei E. M. A., in: HV 26, 1931, 312 ff.; - Kurt Leese, Krisis u. Wende des christl. Geistes. Stud. z. anthropolog. u. theol. Problem der Lebensphilos., 1932 (19412); - Wolfgang v. Eichhorn, E. M. A. u. das dt. Nationalbewußtsein (Diss. Heidelberg), 1933; - Richard Wolfram, E. M. A. u. Schweden, 1933; - Hans Kern, E. M. A., in: Die Großen Deutschen II, 1935, 503 ff.; - Helmut Plath, E. M. A. u. sein Bild vom dt. Menschen (Diss. Kiel), 1935; - A. G. Pundt, A. and the Nationalist Awakening in Germany, New York 1935; - Paul Knauer, E. M. A., 1935; - Hans Polag, E. M. A.s Weg z. Dt. Stud. z. Entwicklung des frühen A. (1769-1812), 1936; - Rudolf Fahrner, A.s geist. u. polit. Verhalten, 1937; - Karl Klingemann, E. M. A., ein Kämpfer für Glaube u. Freiheit, 1937; - Johannes Kulp, A. als christlich-völkischer Dichter, 1937; - Paul Breitenkamp, Künder dt. Einheit. Das Leben E. M. A.s, 1939; - Anna Ritter, Die Frage der Bewußtheit in der Erziehung des Einzelnen u. des Volkes bei E. M. A., 1939; - Karl Schwarze, E. M. A. u. sein Kampf gegen den Geistesidealismus, 1939; - Eitel Stapelfeld, Die Kultur- u. Rel.philos. E. M. A.s (Diss. Hamburg), 1939; - Gerhard Heine, E. M. A. Der Weg eines dt. Mannes, 1939 (19412); - Richard Weigand, Grundzüge der Anthropolog. v. E. M. A. (Diss. München 1941), 1939; - Paul Hermann Ruth - Leopold Magon - Erich Gülzow, E. M. A. Ursprung, Wesen, Wirkung, 1944; - U. Willers, E. M. A. och hans svenska förbindelser, Stockholm 1945; - Lotte Hass, A. u. Stein. Erlebnis u. Darst. (Diss. Bonn), 1946; - Annemarle Windemuth, E. M. A.s Napoleonbild im Vergleich mit der Auffassung Fichtes (Diss. Berlin), 1946; - Ingeborg Wollesen, E. M. A.s Anschauung vom Wesen des Volkes (Diss. Hamburg 1948), 1947; - Friedrich Seebaß, Christentum u. dt. Geist. 10 Aufsätze z. neueren Litgesch. (enthält: A.s innere Wandlung), 1947; - Ders., E. M. A. Deutscher u. Christ, 1958; - Götz v. Selle, Ostdt. Biogrr., 1955, Nr. 361; - Richard Löwe, E. M. A. Freiheitskämpfer aus Glauben, in: Menschen vor Gott, hrsg. v. Alfred Ringwald, I, 1957, 78 f.; - Friedrich Laubscher, E. M. A., 1959; - Günther Ott, E. M. A. Rel., Christentum u. Kirche in der Entwicklung der dt. Publizisten u. Patrioten (Diss. Halle), 1961; - Koch VII, 140 ff.; - Goedeke VII, 815 ff.; - Kosch I, 48 ff.; - Hdb. z. EKG II/1, 276 f.; - ADB I, 541 ff.; - NDB I, 358 ff.; - RE XXIII, 117 ff.; - EKL I, 219 f.; - RGG I, 630 f.

Letzte Änderung: 08.10.2000