ANSGAR (Anskar, Anscharius), Erzbischof von Hamburg-Bremen, der »Apostel des Nordens«, * 8.9. 801 in der Picardie, † 3.2. 865 in Bremen. - Nach dem frühen Tod der Mutter wurde A. dem Benediktinerkloster Corbie bei Amiens zur Erziehung übergeben. 822 kam er nach Corvey bei Höxter an der Weser, einer Tochtergründung von Corbie, als Prediger und Vorsteher der Klosterschule. Mit dem Mönch Autbert von Corbie begleitete A. den aus Dänemark geflüchteten König Harald, der bei Ludwig dem Frommen Schutz suchte und sich 826 in Mainz hatte taufen lassen, in seine Heimat zurück, um die von dem Erzbischof Ebo von Reims 823 begonnene nordische Mission fortzusetzen. Er gab die Mission in Südjütland bald auf, weil Harald 827 vertrieben wurde und sein Genosse erkrankte und starb. A. wurde Frühjahr 829 mit Witmar, seinem früheren Mitarbeiter an der Klosterschule in Corvey, nach Schweden abgeordnet, weil eine schwedische Gesandtschaft Ludwig den Frommen um Missionare gebeten hatte. Auf der Überfahrt wurde er von Wikingern überfallen und ausgeplündert und erreichte nach mühseliger und entbehrungsreicher Wanderung schließlich die auf einer Insel im Mälarsee gelegene Stadt Birka. Der Häuptling jener Gegend nahm sie freundlich auf und erbaute ihnen auf seinem Grund und Boden eine Kapelle. A. kehrte 831 heim, um dem Kaiser von seiner Missionsarbeit zu berichten. Drogo von Mainz weihte ihn November 831 zum ersten Erzbischof des neugegründeten Bistums Hamburg, und der Kaiser schenkte ihm das Kloster Turholt in Westflandern als finanzielle Grundlage seiner Arbeit. A. reiste nach Rom und wurde von Gregor VI. zum päpstlichen Legaten für die Mission im Norden ernannt. Mit Ebo von Reims, der bereits 823 von Paschalis I. zum päpstlichen Legaten für den Norden ernannt worden war, verständigte er sich dahingehend, daß er die Dänenmission und die Christianisierung Transalbingiens übernahm, während Ebo Schweden behielt und zum Leiter der dortigen Mission seinen Verwandten Gauzbert bestimmte. A. vermehrte die drei in seinem Bistum bestehenden Kirchen in Hamburg, Meldorf und Schönefeld um eine weitere in Heiligenstedten bei Itzehoe und errichtete in Hamburg ein Kloster und eine Schule. Mit der Missionsarbeit in Dänemark hatte er keinen Erfolg, so daß es ihm nicht gelang, auch nur eine einzige Kirche jenseits der Eider zu gründen. Nach dem Tod Ludwigs des Frommen verlor A. durch die Reichsteilung 843 infolge des Vertrags von Verdun das Kloster Turholt. 845 überfielen die Dänen Hamburg und zerstörten es völlig. A. fand Aufnahme in Ramesloh (Bistum Verden), während Ludwig der Deutsche sich bemühte, ihm den erledigten Bischofsstuhl von Bremen zu übertragen. Er zog 849 als Erzbischof in Bremen ein und erlebte noch, daß Nikolaus I. 864 die Vereinigung der Diözesen Hamburg und Bremen bestätigte. A. nahm die Dänenmission wieder auf und baute unter König Horich in Schleswig und unter seinem Enkel, Horich dem Jüngeren, in Ripen eine Kirche. Auch die Mission in Schweden setzte er fort, sandte den Priester Ardgar dorthin und zog später für einige Jahre selbst nach Birka, wo er Rimbert, einen Verwandten des Bischofs Gauzbert von Osnabrück, als Leiter der dortigen Mission zurückließ. In seinem letzten Jahrzehnt widmete sich A. der kirchlichen Aufbauarbeit in seinem Bistum. Sein Nachfolger wurde sein Schüler Rimbert.
Werke: Pigmenta (d. h. Balsam; Sammlung kurzer Gebete), hrsg. v. J. M. Lappenberg, in: Zschr. des Ver. f. Hamburg. Gesch. 2, 1847, 1 ff.; Virtutes et miracula beati Willehadi, in: MG SS II, 379 ff.; Schreiben an die dt. Bisch., in: Hamburg. Urkundenbuch I, 1842, Nr. 17.
Lit.: Vite Ansgari auctore Rimberto, hrsg. v. Georg Waitz, in: MG SS rer Germ. in us. schol., 1884; übers. v. Johann Karl Mauritz Laurent (1856) u. neu bearb. v. Wilhelm Wattenbach, in: GDV 22, 19393 übers. v. Richard Haupt, in: A.-Heft, Schrr. des Ver. f. Schleswig-Holstein. KG, 2. Reihe, 8/2, 1926; Der Speer Gottes. Das Leben A.s v. seinem Schüler Rimbert. Aus dem Urtext übertr. u. eingel. v. Rochus Schneider, 1940; hrsg. u. eingel. v. Wilhelm Schamoni, 1965; - Georg Dehio, Gesch. des Erzbistums Hamburg-Bremen I, 1877, 42 ff.; - Hans v. Schubert, A. u. die Anfänge der schleswig-holstein. KG, 1901; - Ders., KG Schleswig-Holsteins I, 1907, 34 ff.; - Ders., Gesch. der christl. Kirche im Früh-MA, 1921, 504; - Ch. H. Robinson, Anekar, London 1921; - Johannes Oskar Andersen, A.s Betydning for det nordiske Missionsarbejde, in: Nordiske Missionstideskrift 3, V, 1926, 97 ff.; - Karl Künstle, Ikonogr. der Hll., 1926, 65; - Simon Schöffel, KG Hamburgs I, 1929, 63 ff.; - Gustav Lehmacher, A., der Bahnbrecher des Glaubens im Norden, 1929; - S. Lindquist, St. A., hans värld och verk I, 1930; - E. de Moreau, Saint Anschaire, Leuven (Louvain) 1930; - Philippus Oppenheim, Der hl. A. u. die Anfänge des Christentums in den nord. Ländern, 1931; - Georg Schäfer, Der hl. A., 1937; - Otto Heinrich Mey, Regesten der EB v. Bremen I, 1937, 6 ff.; - Hermann Dörries, A. u. die älteste sächs. Missionsepoche, in: Zschr. d. Ges. f. niedersächs. KG 45, 1940, 81 ff.; - Lauritz Weibull, A., in: Scandia 14, 1941, 186 ff.; - Joseph Braun, Tracht u. Attribute der Hll. in der dt. Kunst, 1943, 84; - Ernst Meyer, A.s Kirchengründung u. die vormalige Nikolaikirche in Schleswig. Ein Btr. z. A.forschung u. z. ältesten Stadtgesch. v. Schleswig, 1947; - Philibert Schmitz, Gesch. des Benediktinerordens I, Einsiedeln 1947, 116 ff.; - Hal Koch u. Bjorn Kornerup, Den Danske Kirkes Historie I, 1950, 47 ff.; - Jörg Erb, Die Wolke der Zeugen I, 19522, 134 ff.; - Ders., Geduld u. Glaube der Hll., 1965, 51; - Friedrich Hauß, Väter der Christenheit I, 1956, 88 f.; - Wilhelm Erich Kühn, A. u. sein Weg. Ein Denkmal für den Apostel des Nordens, 1956; - Otto Wimmer, Hdb. der Namen u. Hll., 19592, 118; - Basilius Senger, A., Mönch u. Apostel des Nordens, 1964; - Gottfried Mehnert, A., Apostel des Nordens, 1964; - Peter Dan, Rolf u. A. Aus dem Dän. übers. v. Alfred Anderen, Zürich 1964; - Hans Aurenhammer, Lex. d. christl. Ikonogr. I, Wien 1967, 150 f.; - LM I, 272; - Hauck II, 693 ff.; - Zimmermann I, 159 ff.; - NDB I, 311 f.; - RE I, 573 ff.; XXIII, 66; - EKL I, 130 f.; - RGG I, 399; - DHGE III, 435 ff., - EC I, 1403; - LThK I, 597 f.; - Dansk Biografisk Leksikon I, 1933, 458 ff.