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Band XV (1999)Spalten 34-36 Autor: Ekkart Sauser

ANNA: hl. Mutter Mariens; Frau des Joachim. Fest: Westen: 26.7. Osten: 9.12, 25.7., 9.9. - Zum erstenmal taucht ihr Name zusammen mit dem des Joachim als Eltern Mariens im 2. Jh. im Protoevangelium auf, das in Syrien oder Ägypten verfaßt wurde. - Genoveva Nitz kennzeichnet das Wachsen der Gestalt der A.: »In der Nachbildung der AT-Geschichte der unfruchtbaren Anna (Hanna), der Mutter Samuels (I Sam 1-20), erzählt das Apokryph von wunderbaren Ereignissen, die die Geburt Mariens begleiten. Die Erzählung kam dem Interesse der Volksfrömmigkeit an der Herkunft der Gottesmutter entgegen und legte für sie eine königliche, davidische Abstammung fest. Auch dienten die Wunderelemente, Erscheinungen und Verheißungen des Engels dazu, Mariens Auserwählung von Anfang an zu betonen.« (LThK3 Bd. I, Sp. 689). Im Osten, sehr gefördert durch das Kaiserhaus in Byzanz, wird A. bereits im 6. Jh. verehrt, für das Abendland »liegen erste schwache Anzeichen aus dem 8./9. Jh. vor« (M. Zender). Später kam es im Abendland, gefördert durch die Kreuzfahrer, zu einer sehr starken Förderung des Annenkultes. Dies gilt vor allem seit dem 12. Jh. Auch Reliquien (Annenschleier) spielten eine große Rolle. - Bedeutsam ist dann aber auch der Einfluß der Franziskaner. Matthias Zender bemerkt dazu: »Theologische Grundlage der Verehrung im Abendland wurde die vor allem von den Franziskanern gegen die Dominikaner vertretene Lehre von der Unbefleckten Empfängnis Mariens, die also schon im Mutterleib Annas von der Erbsünde frei gewesen sei. Damit wurde die Großmutter Jesu direkt in das Heilsgeschehen einbezogen. Mittelalterlichem theologischem Verständnis war es durchaus einsichtig, daß eine Frau, die solcher Gnade teilhaftig wird, auch selbst geheiligt ist. Daher sind die Franziskaner mit den anderen Anhängern dieser Lehre die eifrigsten Propagatoren des Annakultes. (Theol. Realenzyklopädie II, Sp. 735). - Sehr bald begann dann die Kunst, A. entsprechend betont herauszuheben. Vor allem sind hier die Annaselbdrittdarstellungen zu erwähnen. - Für den weiteren Aufstieg des Annakultes ist von Bedeutung das Bürgertum, wozu wiederum Zander sagt: »Die weitverzweigte Familie der hl. Anna, die Sippe Christi, entsprach so sehr dem bürgerlichen Familiengefühl des späten Mittelalters, daß schon unter dem Gesichtspunkt der Gleichheit von Diesseits und Jenseits Anna und ihre Sippe die Familie des Spätmittelalters ansprechen mußte.« (Theol. Realenzyklopädie II, Sp. 753). - Daß die Lesungen der Liturgie zu ihrem Feste am 26.7. im Westen sehr stark das Bild von der »mulier fortis« entstehen ließen, hatte wiederum zur Folge, daß A. zur Patronin von Zünften und von Handels- und Gewerbetreibenden wurde. Sie wurde auch um Vermehrung des Reichtums angerufen. Selbst die Bergleute begannen, sie anzurufen, eben wegen des Ev. Wortes vom »Schatz im Acker« . - A. wurde also neben Barbara, Helena und Daniel zur ausgesprochenen Bergwerkspatronin. Die Verehrung stieg nochmals im 13. und frühen 16. Jh. Viele Annakapellen, tausende von Altären und Statuen wurden zu ihren Ehren errichtet. Auch M. Luther soll sie besonders angerufen haben (Gewittererlebnis). - Durch die Reformation wurde der Anstieg der Annenverehrung behindert. Trotzdem blieb der Annenkult weit verbreitet: Annagürtel, Annaglocken, neun Annadienstage. Im 19., bis ins 20. Jh. erhielten sich im deutschen Sprachgebiet an die 100 größere und kleinere Wallfahrtsorte zu Ehren der hl. A. - Düren ist hier besonders zu nennen. Außerhalb Deutschlands ist es bes. Kanada, wo A. sehr bekannt ist. - Nach 1945 hat die Annaverehrung durch die vertriebenen Schlesier in Westdeutschland einen großen Aufschwung erlebt. - Trotzdem sind auch heute noch der Annaberg in Sachsen wie der Annaberg in Schlesien unübertroffene Zentren des Annakultes. - Auf den Ikonen erscheint Anna häufig auf den Geburtsikonen Mariens wie auf den Ikonen der Begegnung von Joachim und Anna an der Goldenen Pforte. - Der Osten weist im Vergleich zum Westen, der nur einen Annatag kennt, drei Tage der Annafeier: 9. Dezember, 25. Juli und 9. September.

Lit.: B. Kleinschmidt: Die hl. Anna: ihre Verehrung in Geschichte, Kunst und Volkstum, Düsseldorf 1930; - G. Barnaud: L'iconographie de Ste-Anne, Paris 1956; - S. Gohr: A. Selbdritt: Die Gottesmutter. Marienbild in Rheinland und in Westfalen, hrsg. v. L. Küppers, Bd. I, Recklinghausen 1974, 241-254; - TRE 2, 732-735 (Lit); - Schiller 4/2, 31-76, 154-165; - LThK3 Bd. I, Sp. 689-690 (G. Nitz); - MarL 1, 157-162; - LCHI Bd. V, Sp. 168-183 (M. Lechner), Sp. 185-190 (J.H. Emminghaus); - Marienlexikon Bd. I, 154-162.

Ekkart Sauser

Literaturnachtrag:

Ton Brandenbarg, Heilig Familieleven. Verspreiding en waardering van de Historie van Sint-Anna in de stedelijke cultuur in de Nederlanden en het Rijnland aan het begin van de moderne tijd (15de/16de eeuw) Nijmegen, 1990; - Angelika Dörfler-Dierken, Die Verehrung der heiligen Anna in Spätmittelalter und früher Neuzeit, (Diss. Heidelberg 1990) Göttingen 1992.

Letzte Änderung: 26.09.2002