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Band XVI (1999)Spalten 2-6 Autor: Konrad Fuchs

ABS, Hermann Josef, Bankier, * 15.10. 1901 zu Bonn, †5.2. 1994 zu Bad Soden. Geboren als Sohn des Rechtsanwalts Josef Abs und seiner Ehefrau Katharina, geb. Lückerath, wuchs A. in einer »streng katholischen Familie« auf »und in einer bürgerlichen Umgebung, die von gewissen Ressentiments gegen Preußen geprägt war, was nicht ohne »Einfluß auf seine Entwicklung und geistige Haltung« blieb (Manfred Pohl), sieht man von der kompromißlosen und mit großer Härte betriebenen Erziehung durch die Mutter einmal ab. Nach dem Besuch des Städtischen (humanistischen) Gymnasiums zu Bonn, das als eines der besten humanistischen Gymnasien Preußens galt, absolvierte A. zunächst eine Lehre in dem Bonner Privatbankhaus Louis David. Nach abgeschlossener Banklehre studierte er an der Universität Bonn ein Semester Wirtschaftswissenschaften und Jura. Im Anschluß daran bewarb er sich beim Bankhaus Delbrück von der Heydt & Co. in Köln. Hier verblieb er von September 1921 bis Februar 1923, um dann an die Amsterdamer Bank Rhodius Koenigs Handel-Maatschappij zu wechseln. Ab 1925 arbeitete A. für jeweils ein halbes Jahr in England, den USA und Südamerika. Aus der Neuen Welt zurückgekehrt, heiratete A. am 15.2. 1928 Inez Schnizler, die einer angesehenen Kölner Familie entstammte. Aus der Ehe gingen ein Sohn und eine Tochter hervor. Nach einem mehrmonatigen Aufenthalt in Spanien und Frankreich nahm A. 1928 seine Tätigkeit bei Rhodius Koenigs Handel-Maatschappij wieder auf. Von 1929 bis 1937 arbeitete er für das Berliner Privatbankhaus Delbrück Schickler & Co., das zu den damals erfolgreichsten deutschen Privatbankhäusern gehörte. 1937 wechselte A. in den Vorstand der Deutschen Bank, zu der er bereits seit Anfang der dreißiger Jahre Beziehungen unterhalten hatte. Den speziellen Reiz seiner Tätigkeit bei der Deutschen Bank sah A. in deren zu erwartenden Auslandsgeschäft. Die »Arisierung« der jüdischen Banken und Unternehmen in Deutschland war nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 zu jener Zeit bereits in vollem Gange. A. hat versucht, ihnen »in jeder Weise« zu helfen. Darin hat man auch einen Ausdruck der Haltung des praktizierenden Katlioliken A. zu sehen, denn die Katholiken lehnen den Antisemitismus aus weltanschaulichen Gründen bewußt und grundsätzlich ab. Daß A. »ein dem Nationalsozialismus diametral entgegengesetztes Weltbild« (Harold James) hatte, liegt wesentlich ebenfalls in seiner Katholizität begründet. Kurz vor Kriegsende, am 13.4. 1945, verließ A. Berlin und begab sich nach Hamburg. Hier fungierte er von Mai 1945 bis Mitte Januar 1946 als Berater der Engländer in Finanzfragen. Am 16.1. 1946 wurde A. verhaftet. Nach einer dreimonatigen Inhaftierung erfolgte seine Freilassung. - Am Aufbau der Bundesrepublik Deutschland war A. seit deren Konstituierung 1949 maßgeblich beteiligt, u.a. in der Kreditanstalt für Wiederaufbau. Zu seinen wesentlichen Leistungen in den Anfangsjahren der Bundesreoublik gehört die Regelung der deutschen Auslandsschulden. Die Verhandlungen darüber führten am 27.2. 1953 zum Abschluß des Londoner Schuldenabkommens. Seine Tätigkeit in der Deutschen Bank hatte A. 1952 wieder aufgenommen, zunächst in der Süddeutschen Bank (Frankfurt), einem der drei Nachfolgeinstitute der Deutschen Bank neben der Norddeutschen Bank (Hamburg) und der Rheinisch-Westfälischen Bank (Düsseldorf). Nachdem er zehn Jahre lang Sprecher des Vorstands der 1957 wieder vereinten Deutschen Bank gewesen war, wurde er 1967 zum Vorsitzenden des Aufsichtsrats gewählt. Von 1976 bis zu seinem Tod wirkte A. als Ehrenvorsitzender der Deutschen Bank. Die enge Verbindung des praktizierenden Katholiken A. mit der römischen Kurie kommt u.a. darin zum Ausdruck, daß er als ständiger Vertreter des Heiligen Stuhls bei der Internationalen Atom-Energie-Organisation (AEG) wirkte. Seit 1955 gehörte A. dem Ritterorden vom Heiligen Grab in Jerusalem an, von 1968 bis 1971 dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken. A., der 1923 mit Kardinal Schulte als Sekretär und cavaliere d'onore nach Rom reiste, äußerte nach 1933 auf die Frage nach seinen Beziehungen zum Nationalsozialismus, daß er zuerst Christ und erst dann Deutscher sei.

Werke: Probleme der europäischen Kreditwirtschaft, in: Wege zu einer europäischen Wirtschaft. Vorträge von Staatssekretär Prof. Hallstein und Vizepräsident Hermann J. Abs vor den Industrie- und Handelskammern zu Koblenz und Trier aus Anlaß von Tagungen des Deutschen Industrie- und Handelstages, Koblenz 1951, 18-29; Die deutsche Auslandsschulden-Regelung. Vortrag im Hessischen Rundfunk am 15. August 1952; abgedruckt in: Bank deutscher Länder, Auszüge aus Presseartikeln, Nr. 95, 20. August 1952, 2f.; Fragen der Zahlungsbilanz, des Geld- und Kapitalmarktes in der Bundesrepublik, Kiel 1954; Zeitfragen der Geld- und Wirtschaftspolitik. Aus Vorträgen und Aufsätzen, Frankfurt 1959; Die rechtliche Problematik privater Auslandsinvestitionen, Karlsruhe 1969; Probleme der deutschen Auslandsverschuldung und der Auslandskredite, abgedruckt in: Hans-Peter Schwarz (Hrsg.), Die Wiederherstellung des deutschen Kredits. Das Londoner Schuldenabkommen, Stuttgart u. Zürich 1982; Deutschlands wirtschaftlicher und finanzieller Aufbau, in: Karl Carstens, Alfons Goppel, Henry Kissinger, Golo Mann (Hrsg.), Franz Josef Strauß. Erkenntnisse, Standpunkte, Ausblicke, München 1985, 351-370; Der Weg zum Londoner Schuldenabkommen, in: Wolfgan J. Mückl, Föderalismus und Finanzpolitik. Gedenkschrift für Fritz Schäffer, Paderborn/München/Wien/Zürich 1990, 81-95; Entscheidungen 1949-1953. Die Ehtstehung des Londoner Schuldenabkommens, Mainz 1991; Management von morgen, in: Wirtschaftswoche (1986), 300-302; Mein Eintritt in die Deutsche Bank, in: Historische Gesellschaft der Deutschen Bank (Hrsg.), Frankfurt am Main (Kramer) 1991, 32-45; Diagnose der gegenwärtigen Konjunkturlage (Wirtschaftstag der CDU/CSU 1967 in Bonn. Die Wirtschaft in der politischen Verantwortung), Frankfurt am Main (Weisbecker) 1967, 55-58; Auslandsschulden in ihrer Problematik, in: Bankhistorisches Archiv. Zeitschr. f. Bankengeschichte, Beiheft 1 (Frankfurt a.M.) 1976, 15-20; Zehn Jahre Finanz- und Währungspolitik - Chancen und Risiken für eine Neuordnung in: Die Krise als Chance. 15. Internationales Management Gespräch an der Hochschule St. Gallen, Bern 1985, 15-29; Macht und Verantwortung der Unternehmer, in: Ernst H. Plesser (Hrsg.), Was machen die Unternehmer?, Freiburg 1974, 26-37; (Entwicklungshilfe), in: World Coffee Promotion Committee of the International Coffee Agreement (Der Überseetag 1962), Hamburg 1962, 101-112; Lebensfragen der Wirtschaft. Mit einer Einführung und einem Beitrag von Hans L. Merkle, Düsseldorf u. Wien 1976; Das Londoner Schuldenabkommen (Zusammenfassende Darstellung aus Vorträgen von H.J.A.), Frankfurt/M. 1953; Die finanzpolitischen Anschaungen des Freiherrn vom Stein in der Perspektive unserer Zeit, Troisdorf (Merkur Druckerei) 1972; Fragen der Zahlungsbilanz, des Geld- und Kapitalmarktes in der Bundesrepublik (Kieler Vorträge, N.F. 5), Kiel 1954; Die Tugend der Anmut und der Bildung. Eine Geburtstagsgabe für Otto Veit zum 29.12.1958, Baden-Baden 1958; Muthesius ein Purist? Eine heitere Maske im ernsten Spiel. Eine Freundesgabe für Volkmar Muthesius, Frankfurt/M. 1960; Notwendige Schritte zur Gesundung der Deutschen Bundesbahn, in: Leo Brandt/Harald Jürgensen (Hrsg.), Jahrbuch Schiene und Straße (Dortmund) 1965, 139-145; Zu den Forderungen nach Ausweitung der Mitbestimmung, in: Silikat Journal 5, H. 11 1966), 232-236; Rückwirkungen der Direktinvestitionen auf Zahlungsbilanz und Kapitalmarkt, in: Aspekte der Stabilitäts- und Wachstumspolitik, Berlin 1969, 14-20; Die Anfänge des Bankwesens in Krefeld und seine Verbindung zur Textilindustrie. Für Erich Selbach zum 70. Geburtstag 25. Juli 1975, o.O. (1975); Konrad Adenauer und die Wirtschaftspolitik der fünfziger Jahre, in: Konrad Adenauer und seine Zeit - Politik und Persönlichkeit des ersten Bundeskanzlers, Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 1976, 229-245; Erfolgreiche Vermögensverteilung in der Bundesrepublik, in: Vermögensbildung - Kapitalbildung - Krisenvorbeugung, o.O. (Hanns Martin Schleyer-Stiftung) 1980, 19-36.

Lit.: Fritz Seidenzahl. 100 Jahre Deutsche Bank 1870-1970, Frankfurt/Main 1970; - Manfred Pohl (Hrsg.), Hermann J. Abs. Eine Bibliographie, Mainz 1981; - Bernd Baehring, Hermann J. Abs, Versuch eines Portraits, Frankfurt am Main 1981 (als Manuskript gedruckt, 33 S.); - Lothar Gall, Gerald D. Feldman, Harold James, Carl-Ludwig Holtfrerich, Hans E. Büschgen, Die Deutsche Bank 1870-1995, München 1995.

Konrad Fuchs

Letzte Änderung: 26.09.1999