Verbrauch, Ladeverlust und Wirkungsgrad im E-Auto

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Der tatsächliche Energieverbrauch eines Elektroautos ist oft ein Diskussionsthema. Grundsätzlich sind zwei Sichtweisen möglich, die beide ihre Berechtigung haben, aber gleichzeitig auch die Grundlage für häufige Missverständnisse sind. Dieser Beitrag soll die Hintergründe etwas beleuchten und Grundlagenwissen liefern.

Direkter Verbrauch im E-Auto

Heizung Nissan Leaf 2011

Heizung Nissan Leaf 2011

Dieser Wert ist für alle Nutzer interessant, die eine möglichst realistische Einschätzung zur Reichweite des Elektroautos erhalten wollen. Üblicherweise über Onboard-Instrumente angezeigt bzw. hilfsweise über die OBDII-Schnittstelle des Autos ausgelesen wird der aktuelle Verbrauch, der jeweilige Akku-Ladestand und die daraus resultierende Prognose der Restreichweite angezeigt. Einkalkuliert in die Reichweitenschätzung werden ebenfalls die Energieaufwände für die Nebenverbraucher wie Heizung oder Klimaanlage.

Verbrauch aus Kostensicht

IMG_20140806_205909-1000Um den Verbrauch eines Elektroautos sinnvoll aus tatsächlicher Kostensicht mit einem Verbrenner vergleichen zu können, müssen die echten Kosten „ab Steckdose“ ermittelt werden. Dazu wird zu Hause ein Stromzähler möglichst dicht am Ablesezähler des Stromanbieters benötigt bzw. der Abrechnungswert der öffentlichen Ladesäule ist das ausschlaggebende Kriterium. Mit dieser Sichtweise erhält man den tatsächlichen Strombezug, der bezahlt werden muss.

Ladeverluste

Die genannten beiden Verbrauch-Sichtweisen weichen deutlich voneinander ab, je nach Fahrzeug, Witterung und anderer Außeneinflüsse um 10% bis 30%, so eine Studie des Wuppertal Institut (PDF S.6) von 2007, die auch heute noch Gültigkeit hat. So viel mehr Strom wird benötigt, um ein Elektroauto wieder mit vollen Akkus zu versehen. Die Energie, die „unterwegs“ verloren geht, sind Ladeverluste. Davon sind alle aktuellen E-Autos betroffen. Ein kürzlich hier durchgeführter Stichprobentest beim BMW i3 hat laut Bordcomputer zu einem Verbrauch von 12,8 kWh/100 km geführt, tatsächlich mussten per Schuko-Steckdose 15,5 kWh nachgeladen werden, eine Abweichung von 21%. Ein Nutzer des Renault ZOE kommt laut Bericht in einem Forum auf 16% Ladeverlust.

Die Ursachen dafür sind vielfältig. Je näher der Ladezustand zum Beispiel beim Aufladen an die 100% herankommt, um so schlechter soll auch der Ladewirkungsgrad werden und so höher die Verluste. Kalte Akkus führen chemisch bedingt zu einer spürbar schlechteren Ladeleistung als vortemperierte Batterien. Im Winter müssen also deutlich höhere Verluste als im Sommer einkalkuliert werden. Eine Schnellladung (aktuell bis zu 50 kW, 80% Ladung in 30 Minuten) führt ebenfalls zu höheren Defiziten als eine mehrstündige Normalladung (mit 3,6 – 11 kW). Ebenso können Leitungslängen und -querschnitte zu Veränderungen führen.

Brutto-Akkukapazität vs. Nutzkapazität

Der in einem Elektroauto verbaute Akku wird technisch nie komplett für die Nutzung freigegeben. Stattdessen verbleibt ein Sockelbereich unten und oben ungenutzt, um die Akkuhaltbarkeit bestmöglich vor Tiefentladung und Überladung zu schützen. Viele Hersteller sehen das als Geheimnis an und veröffentlichen häufig nur die eingebaute Bruttokapazität. Erfahrungswerte und Messungen zeigen aber, dass oft bis zu 85% davon die tatsächliche Nutzkapazität ist. Beim Opel Ampera wird ein Nutzungsvolumen von nur 10,6 kWh vermutet bei nominell verbauten 16 kWh, also 66%. Hier ist wohl bei Leistungsverlusten eine technische „Nachregelung“ möglich, so dass auch bei allgemeinem Akkuverschleiß die ursprüngliche Leistungsfähigkeit und damit die elektrische Reichweite möglichst lange erhalten bleibt. BMW gibt beim i3 offiziell Werte von 21,6 kWh nominell und 18,8 kWh als Nutzkapazität an, hier also 87%.

Nebenverbraucher

Die wesentlichen Verbrauchstreiber neben dem Antrieb sind die Heizung bzw. die Klimaanlage, die beide ihre Energie direkt aus den Hochvoltakkus beziehen. Diese führen damit je nach Intensität der Nutzung zu einem spürbar höheren Verbrauch und damit zu einer reduzierten Gesamtreichweite. Die aus dem 12V-Bordnetz betriebenen Nebenverbraucher wie Licht, Lüftung und Radio sind hingegen nahezu zu vernachlässigen. Eine genauere Auflistung gibt es an anderer Stelle hier im Blog.

Wirkungsgrad

Über den tatsächlichen Wirkungsgrad eines Elektroautos wird entsprechend stark gestritten. Der reine E-Motor ist mit über 90% im Vergleich zum Verbrenner mit rund 30% erst einmal stark überlegen. Wenn jedoch alle weiteren Faktoren aus der Energieproduktionskette mit einbezogen werden, wird es schon enger, insbesondere wenn der deutsche Strommix mit der fossilen Energieerzeugung mit eingerechnet wird.

Letztlich ist das E-Auto immer zukunftsfähiger, je mehr regenerative Energie direkt in den Akkus ankommt – und das liegt nicht zuletzt an den Nutzern und deren persönlicher Ladeinfrastruktur.

 

 

Kommentare (plattformübergreifend)

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15 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. „Wenn jedoch alle weiteren Faktoren aus der Energieproduktionskette mit einbezogen werden, wird es schon enger, insbesondere wenn der deutsche Strommix mit der fossilen Energieerzeugung mit eingerechnet wird.“

    Kleiner Denkfehler: Auch Benzin muss irgendwie an die Zapfsäule kommen. Erdöl muss man erstmal finden, dann aus der Tiefe hochholen, in die Raffinerie bringen, dort verarbeiten, an die Tankstelle liefern…

    Ich vermute mal, dass der CO2-Rucksack eines Liters Benzin höher liegt, als das Energieäquivalent eines Elektroautos, selbst wenn man den Drittelmix heranzieht. Meinen Sie nicht auch? ; )

    • E-Auto.TV

      Es gibt einige sehr komplexe Well-to-Wheel-Analysen, die das angeblich mit berücksichtigen. Eine Zusammenstellung der dort ermittelten Fakten gibt es an anderer Stelle hier im Blog: E-Fakten. Ich selbst kann mir da keine wirklich abschließende Meinung bilden.

      Gerüchten zufolge benötigt man außerdem pro Liter Benzin allein für die Produktion in der Raffinerie 1,5-1,8 kWh Strom. Auch hier die Quellen im Beitrag „Woher kommt der Strom“.

      Letztlich sind aber eben auch die CO2-Rucksäcke bei der E-Auto-Produktion bedeutend.

    • Wie aber wird der Strom erzeugt? Wir haben noch mehr als 40% Kohlestrom bzw. über 70 % aus fossiler Energie. Die Kohle, das Gas muß auch gefördert und zu den Kraftwerken transportiert werden. Auch sind die Leitungsverluste bis zur Steckdose ebenfalls zu berücksichtigen. Wieviel Aufwand entsteht bei der Herstellung von Baterien als Speicher? Wie schwer bzw. groß ist dieser Rucksack, auch unter der Beachtung der Haltbarkeit der zurzeit vorhandenen Baterien? Wieviel Batterien werden über die Fahrleistung von z.B. 300.000 km vernbraucht?
      Welche weiteren Verluste enstehen bei Ladung der Batterien etc.?
      Solange wir noch Strom aus der Steckdose von einem alten Kohlekraftwerk beziehen mit einem Wirkungsgrad von < 35 %, wovon voraussichtlich nur max. 30 % beider Steckdose ankommt, sollte es zu keinem Einsatz von Elektroautos im normalem Strassenverkehr kommen, außer für Spezialanwendungen.

      • E-Auto.TV

        Die Förderung von Kohle und Gas ist aber sicher weniger umweltbelastend als die Ölförderung: Exxon Valdez, Deepwater Horizon oder die Ölpipeline in Nigeria seien nur als drei bekannte Beispiele genannt, deren Umweltschäden in viele Milliarden Euro gehen und die die Allgemeinheit trägt.

        In der oben genannten Well-to-Wheel-Berechnung sind sämtliche Leitungsverluste einkalkuliert. Batterien sind in der Produktion energetisch intensiver, aber nach mehreren 10.000 km Fahrt mit dem E-Auto hat sich das bereits wieder kompensiert. Nach ca. 150.000 km und 80% Restleistungsfähigkeit gehen die Akkus in ihr zweites Leben, werden aus dem Auto ausgebaut und in stationäre Strompufferspeicher eingebaut (Netzstabilisierung oder Fotovoltaikerzeugung). Danach erfolgt ein nahezu 100%-iges Recycling aller Grundstoffe, woraus dann neue Batterien gefertigt werden.

        Die angesprochenen Ladeverluste habe ich in meinen Beispielmessungen der Autoverbräuche bereits einkalkuliert. Es ist dennoch spürbar weniger als ein vergleichbarer Verbrenner.

        Und zuletzt: Fast alle, die jetzt E-Autos fahren, haben entweder eine eigene Fotovoltaik-Anlage unterstützend installiert oder/und nutzen einen der vier echten Ökostromanbieter, die einen Zubau regenerativer Energien aus ihren Umsätzen garantieren. Da findet gerade echte Energiewende statt. Warum sollten daher keine E-Autos im normalen Straßenverkehr fahren?

        Ganz außen vorgelassen: Komfortgewinn für jede Stadt durch Reduzierung der lokalen Emissionen – und das meint nicht nur CO2 / Russ, sondern insbesondere auch Lärm.

    • E-Auto.TV

      Die rein arithmetischen Durchschnittswerte bei Spritmonitor sagt meines Erachtens gerade beim i3 noch nichts aus. Da gibt es einen Ausreißer nach oben bei einer Datenbasis von nur 5 Autos. Der zieht den gesamten Schnitt nach oben. Eher könnte der Median als Durchschnittswert eine erste Tendenz liefern (13,8 kWh/100km), aber auch hier ist die Datenbasis zu klein.

      Meine Stichprobentestfahrt mit dem BMW i3 hat kürzlich 12,8 kWh (Bordcomputer) zu 15.5 kWh (Steckdosenmessung) auf 100 km ergeben.

  2. Ich fahre seit 15.01. 14 einen E-Up ( Km Stand inzwischen ca. 13 000 ) und finde nirgends Angaben zur Ladepraxis ( Wallbox 16 A )
    Beeinflusst die Ladepraxis ( erst laden bei fast leerer Batterie oder haeufiges Nachladen ) den Energieaufwand beim Laden und die Lebensdauer der Batterie ?
    Vielen Dank fuer eure Infos !

    • E-Auto.TV

      Erst einmal Glückwunsch zum e-up. Zwei Sichtweisen können bei Ihnen interessant sein.

      Die Zyklenfestigkeit der Batterien soll etwas höher sein, wenn nur der „Mittelbereich“ eines Akkus genutzt wird, also das Fahrzeug weder ganz leer gefahren wird noch ganz voll geladen wird. Da liegen mir aber keine bekannten Links zu Studien vor, die das eindeutig beweisen.

      Der andere Grund ist die schlichte Kostensicht. Bei jedem Ladevorgang entstehen die oben beschriebenen Ladeverluste. Und diese treten nicht linear auf, sondern steigen zum Ende an, wenn nur noch das Balancing der Zellen durchgeführt wird. Also wird es etwas günstiger, wenn Sie nicht voll laden.

  3. Pingback: #AMSgate – eine Chronik | E-Auto.TV

  4. Pingback: Elektroauto: So einfach geht das Tanken

  5. Endlich mal eine Seite, in der mehr Fachwissen und Objektivität beinhaltet sind, als in den üblichen Berichten der „Fachjournalisten“. Diese dienen nur der Verdummung der Massen.
    Objektiv betrachtet sind E-Autos aber ebenso Energiefresser, wie alle anderen auch. Hätte man die letzten 25 Jahre das Leergewicht der Fahrzeuge anstatt verdoppelt verringert, müssten wir heute nicht über E-Autos reden. Die wären nämlci nie konkurrenzfähig. Intelligent war das nicht. Fahrzeuge mit einem Verbrauch von einem Liter/100 km können auch E-Autos erst in „einigen“ Jahren toppen. Weshalb hat BMW nicht vor zwanzig Jahren einen i-D mit 800 kg Leergewicht und einem 1-Liter-Turbodiesel mit 80 PS und auf 150 km/h gedrosselt? Dann hätten wir uns vielleicht sogar Fracking und Sandschürfen ersparen können (mit ein paar anderen Energiesparmaßnahmen)….

  6. Mich hätten mehr genauere Werte interessiert. Ich leite aus dem Bericht folgendes ab: Winter, Aussentemperatur Minus 2 Grad, E-Auto (Kleinwagen) steht über Nacht draussen im Carport und wird dort geladen (Hausstrom). Dann Fahrt zum Arbeitsplatz am Morgen, 65 Kilometer. Dort kein Stromplatz, Wagen steht über 9 Stunden in einer Kälte knapp unter Null. Jetzt ist die Frage: Kommt man wieder nach Hause, wenn man auf Hin-und Rückweg normal heizt? Ich vermute, dass es mit einem der heutigen E-Kleinwagen knapp werden dürfte. Ich vermute, dass man für die Winterzeit den Reichweitenwert, der einem beim Kauf des Fahrzeugs angekündigt wird, grad halbieren kann. So interpretiere ich mal das, was ich bisher über E-Autos gelesen habe.
    Nach wie vor ist ein solche Fahrzeug also in unseren Breitengraden doch mehr ein Luxus-Spielzeug, das eine Komfort-Infrastruktur braucht (Garage/Tiefgarage mit Stromplatz z.B.).

  7. Guten Tag,
    zunächst einmal toller Artikel!!

    In Ihrem Artikel schrieben sie:
    „Üblicherweise über Onboard-Instrumente angezeigt bzw. hilfsweise über die OBDII-Schnittstelle des Autos ausgelesen wird der aktuelle Verbrauch, der jeweilige Akku-Ladestand und die daraus resultierende Prognose der Restreichweite angezeigt.“

    Gibt es hinsichtlich der OBD Datenabfrage, ganzheitliche OBD 2 Paramter ID´s, mit dem ich diese Daten abfragen kann?

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  1. […] bei der Klimaanlage bis zum Erreichen der 20°C sowie die übermäßige Einrechnung von Ladeverlusten (man muss insbesondere kurz vor 100% Akkuenergie deutlich mehr Energie aus der Steckdose entnehmen […]

  2. […] Ein weiterer Aspekt ist, dass bei hoher Ladeleistung der Energieverlust am geringsten ist. Die Wirkung des Ladegerätes ist von dessen Auslastung abhängig, also dem Verhältnis zwischen aktueller und maximaler Ladeleistung. Der Wirkungsgrad ist also deutlich schlechter bei geringer Auslastung als bei maximaler Ladeleistung. Mehr zum Thema Wirkungsgrad und Ladeverlust finden Sie unter anderem unter E-Auto.TV […]