Schrifttypologie
Rüdiger Weingarten: Orthographie des Deutschen

1. Schriftsystem und Orthographie
2. Schrifttypologie
3. Rahmenbedingungen der Schriftentwicklung
Glossar
Literatur

1. Schriftsystem und Orthographie
Ein Schriftsystem ist das System der Konventionen für die Schreibung einer Sprache. Es entsteht durch den Schreibusus: die Praxis der Schreibenden einer Sprache. Diese Praxis führt dazu, dass sich individuelle Schreibungen im Laufe der Zeit mehr oder weniger einander angleichen und sich ein mehr oder weniger stabiles Inventar von Schreibkonventionen herausbildet. Der Mechanismus, der zur Herausbildung solcher Konventionen führt, wird auch invisible hand genannt.

Ein auf Konventionen basierendes Schriftsystem weist immer eine relativ große Uneinheitlichkeit der Schreibungen auf, was ab einem bestimmten Niveau der schriftlichen Kommunikation in einer Gesellschaft zu Verständigungsproblemen führt.

Dann kann es zu schriftlichen Kodifizierungen dieser Konventionen kommen, wobei zwischen unterschiedlichen Varianten entschieden wird. Unter bestimmten politischen Voraussetzungen können diese Normen dann durch eine staatliche Instanz verordnet und durchgesetzt werden (Schulen, Verwaltung, Rechtswesen). In diesem Fall wird von einer Orthographie gesprochen: der bewussten Normierung eines Schriftsystems.

Orthographische Kodices bestehen häufig aus zwei Teilen: Einem Regelverzeichnis und einem Wörterverzeichnis. Im Regelverzeichnis stehen generalisierte Aussagen über Schreibungen. Im Wörterverzeichnis können diese exemplifiziert werden und insbesondere stehen hier solche Schreibungen, die nicht von den Regeln erfasst werden (man kann auch sagen: die Ausnahmen)

Orthographische Regelungen können aber die Schreibungen nicht für alle Personen und Zeiten festschreibenden, vielmehr ändert sich häufig im Laufe der Zeit der Schreibusus. Dies hängt mit der Eigendynamik von Schriftsystemen zusammen.

Wird der "Abstand" zwischen Schreibusus (also dem tatsächlichen Schriftsystem) und den kodifizierten Regeln (der Orthographie) zu groß, empfiehlt sich eine Orthographiereform. Im Idealfall folgt eine Reform dann den Wandlungen des Schreibusus und "erfindet" nicht selbst neue Regeln.

In der Schriftlinguistik konkurrieren zwei unterschiedliche Einschätzungen zum Status von Schriftsystemen:

Dependenzhypothese: Schriftsysteme sind sekundäre Zeichensysteme, die von einem System der gesprochenen Sprache willentlich abgeleitet sind. Daher sind sie auch als linguistische Untersuchungsgegenstände relativ uninteressant, sondern nur im Zusammenhang von Pädagogik und Bildungspolitik.

Autonomiehypothese: Schriftsysteme sind zwar historisch und (im Normalfall) ontogenetisch Systemen der gesprochenen Sprache nachgeordnet, sie folgen jedoch eigenen Prinzipien der Systembildung

Einschätzung dieser Kontroverse: Im Falle von Schrifterfindungen oder neuverschrifteten Sprachen ist die Dependenzhypothese sicherlich richtig. Bei altverschrifteten Sprachen mit einer ausgeprägten Schriftpraxis ist jedoch die Autonomiehypothese plausibler. Hier entsteht durch den Schreibusus eine eigenständige Systembildung. Lediglich im Falle systemwidriger Orthographiereformen mag es zu Einschränkungen des Autonomiecharakters kommen.

Gibt es eine Evolution der Schrift?
Da es kein für alle Sprachen und alle historischen Umstände optimales Schriftsystem gibt, kann es auch nicht eine einfache evolutionäre Rangfolge bzw. Höherentwicklung der Schriftsysteme geben. Zurückzuweisen ist daher z.B. die folgende Auffassung:

Zu völliger Reinheit und Eindeutigkeit, sowohl Konsonanten wie Vokale bezeichnend, ist die Buchstabenschrift erst unter der Hand der Indoeuropäer gelangt, ansatzweise bei den alten Indern und Persern (wo wir es mit einer Mischung von Silben- und Buchstabenschrift zu tun haben), endgültig bei den Griechen.
   Damit ist dem Prinzip nach die Entwicklung der Schrift abgeschlossen. Eine Weiterbildung ist nur noch nach zwei Richtungen hin denkbar: in der Richtung größerer Genauigkeit in der Wiedergabe der verschiedenen Sprachlaute (wissenschaftliche Lautschriften, /.../), 2. in der Richtung einer größeren Vereinfachung der Buchstabenschrift selber (Kurzschrift, /.../).
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2. Schrifttypologie
Diese Lösungen, die sich in den verschiedenen Schriftsysteme der Welt niederschlagen, lassen sich typologisch ordnen, vergleichbar der Typologie der Sprachen.

2.1 Abgrenzungen: Vorläufer der Schrift, Protoschriften
Die Schrift geht historisch aus verschiedenen Zeichensystemen hervor. Solche protoschriftlichen Zeichensysteme unterscheiden sich von Schriftsystemen dadurch, dass sie sich nicht auf sprachliche Einheiten beziehen wie Piktographien oder Ideographien.

In der Regel geht man weiterhin davon aus, dass Schriftsysteme aus graphischen Zeichen gebildet sind (im Unterschied zu sog. Gegenstands“schriften“).

Allerdings gibt es auch nicht-graphische Zeichensysteme, wie die sog. Braille ("Blindenschrift") oder Fingeralphabete, die man aus funktionalen Gründen als (Sonder-)Schriften bezeichnen muss.

Andere graphische Zeichensysteme, wie die Notenschrift oder mathematische Zeichen, fallen aus dem Gegenstandsbereich der Schriftsysteme heraus, weil sie sich nicht auf Sprache beziehen.

2.2. Typologie
Schriftsysteme sind keine Abbilder von Sprachsystemen, vielmehr sollen sie in einer optimalen Weise eine Rekonstruktion eines sprachlichen Ausdrucks aus einer Folge von schriftlichen Zeichen ermöglichen. Dazu können sie verschiedene Aspekte eines Sprachsystems repräsentieren.

Ein Schrifttypologie unterscheidet nun Möglichkeiten, wie sich ein Schriftsystem auf das System einer Sprache beziehen kann. Wie für die meisten Typologien gilt auch hier: Reale Schriftsysteme verkörpern fast nie einen idealen Typ, sondern sind Mischungen, wobei aber ein typologisches Merkmal dominieren kann.
 
  Bezug Beispiele Zeichenumfang
Inhaltsseite Konzepte 1 (eins, uno, satu, ...), Han-Schriftzeichen extrem hoch
Ausdrucksseite      
Phonologische Stuktur
Segmental Phoneme /a, b/ gering
Suprasegmental Silben,
Tonhöhen
se - h - en, 
Algonkin-Schriftzeichen,
Vietnamesische Schriftzeichen
mittel
Grammatische Struktur      
morphophonemisch z.B.Flexionsparadigma der Wald - des Waldes,
backen - Bäcker
 
syntaktisch Wort-Wortgruppe 

nominale Funktion

 

gutschreiben - gut schreiben
Die Trägen, die zu Hause liegen, 
erquicket nicht das Morgenrot,
 

Üblicherweise unterscheidet man bei Sprachen eine Formseite und eine Inhaltsseite. Diese lassen sich wiederum in vielfältiger Weise differenzieren.

Ein Bezug auf die Inhaltsseite hat den Vorteil, dass ein solches Schriftzeichen in unterschiedlichen Sprachen gleich verstanden werden kann. So wird z.B. das arabische Zeichen "1" in den meisten Schriften der Welt zwar unterschiedlich ausgesprochen, aber in gleicher Weise verstanden. Die korrespondierenden lautsprachlichen Wörter für dieses Zeichen werden hingegen nur in den jeweiligen Einzelsprachen verstanden. Ähnliches gilt für viele Han-Schriftzeichen:

Aus: The Unicode Standard Version 3.0 2000: 261. Die Superskripte in der chinesischen Spalte stehen für Töne.

Ein und dasselbe Schriftzeichen kann in allen drei Sprachen verwandt werden. Die jeweiligen Aussprachen unterscheiden sich, aber die Bedeutung bleibt gleich, so dass die einzelnen Schriftzeichen wechselseitig verstanden werden. Dies ist natürlich ein großer Vorteil für die schriftliche Kommunikation.

Der Bezug auf die Inhaltsseite bringt allerdings auch erheblich Kosten mit sich: Der Zeichenbestand ist extrem hoch, im (nicht existierenden) Idealfall eines reinen Typs wäre die Menge der Schriftzeichen gleich der Menge der Konzepte. Dieses quantitative Problem mag ein Grund gewesen sein, weswegen sich in der Schriftgeschichte der Bezug auf die Ausdrucksseite der Sprache herausgebildet hat. Hier steht dem Gewinn eines erheblich geringeren Zeichenumfangs dann der Preis gegenüber, dass die geschriebenen Zeichen nur noch innerhalb eines Sprachsystems verstanden werden können. Die meisten dominant logographischen Systeme enthalten auch Hinweise auf die Aussprache (Chinesisch, Altägyptisch, Majaschriften).

Der Übergang von der Inhaltsseite auf die Ausdrucksseite:
Die kognitve Brücke zwischen der Logographie und der Phonographie wird in dem Rebusprinzip gesehen: Ein Logogramm wird hier nicht verwendet, um ein Wort zu bezeichnen, sondern der Anlaut dieses Wortes dient als phonetisches Determinativ für ein anderes Logogramm.
Ein Bezug auf die Ausdrucksseite der Sprache eröffnet zwei Möglichkeiten: die Lautstruktur und die grammatische Struktur. Da die Codierung der gesamten grammatischen Information eines Wortes aber noch keinen Zugang zu seiner Bedeutung ermöglicht - es werden damit zu große Klassen gebildet -, basieren ausdrucksseitige Schriftsysteme überwiegend auf der Lautstruktur. Grammatische Merkmale werden dann als Ergänzungen zur Lautcodierung berücksichtigt.

Segmentale Einheiten der Lautstruktur
Die meisten segmentbezogenen Schriftsysteme repräsentieren nicht konkrete Laute, sondern Lautklassen (Phoneme). In Konsonantenschriften sind dies nur Ausschnitte aus dem Phoneminventar (Beispiel: Hebräisch, Arabisch). Ein deutscher Text in Konsonantenschrift:

D Ddn-Grmtk stt n nr lngn Trdtn: 1850 rschnn d "Grndzg dr nhch-dtschn Grmtk fr hr Bldngsnstltn nd zr Slbstblrng fr Gbldt" vn Frdrch Br.

Die Duden-Grammatik steht in einer langen Tradition: 1850 erschienen die "Grundzüge der neuhochdeutschen Grammatik für höhere Bildungsanstalten und zur Selbstbelehrung für Gebildete" von Friedrich Bauer.

In sog. Alphabetschriften werden idealtypisch alle Phoneme repräsentiert.

Suprasegmentale Aspekte der Lautstruktur
Eine Silbenschrift enthält idealtypisch ein Schriftzeichen pro Silbe. Ihre dominante Bezugsebene ist daher nicht mehr die Inhaltsseite der Sprache, sondern ein Aspekt der  Formseite, nämlich die Lautstruktur einer Sprache. Beispiel: Japanische katakana- und hiragana-Schrift, Silbenschrift der Cree (Canadian Aboriginal Symbols). Sie wurden um 1830 von James Evans für die Algonkin-Sprachen entwickelt. Außerdem werden sie für die Inuktitut- und die athapaskischen Sprachen benutzt. Beispiel:

Im Deutschen gibt es keine syllabographischen Schriftzeichen. Allerdings werden Aspekte der Silbenstruktur wie Silbengelenke, in bestimmten Fällen Silbengrenzen und Länge des Nukleus markiert.

In anderen Schriftsystemen werden suprasegmentale Merkmale wie Tonhöhen codiert werden. Z.B. das Vietnamesische hat 12 Vokale und 5 Tonhöhen. Die Vokale haben Basiszeichen:

Tonhöhen werden durch diakritische Zeichen codiert:

Vokalzeichen und diakritisches Tonhöhenzeichen werden dann wie folgt kombiniert:

Grammatische Struktur
Der morphophonemische Schrifttyp wird durch Sprachen begünstigt, die eine komplexe Flexionsmorphologie viele Homophone haben. Er kommt wohl nicht isoliert vor sondern nur als Erweiterung des alphabetischen Schrifttyps. Beispiel aus dem Französischen zur Markierung grammatischer Endungen, die nicht gesprochen werden:
 <un bon coq> <deux bons coq>

Einen syntaktischen Schrifttyp gibt es auch nicht als isolierte Form, sondern nur als Erweiterung anderer Schrifttypen. In Sprachen mit eher freier Wortstellung dienen entsprechende Schriftzeichen zur Verdeutllichung der grammatischen Struktur eines Satzes. Auch die Interpunktionszeichen sind überwiegend diesem Strukturtyp zuzuordnen.


3. Rahmenbedingungen der Schriftentwicklung
Die graphische Repräsentation von Sprache stellt ein komplexes Problem dar, für das es in der Schriftgeschichte unterschiedliche Lösungen gegeben hat. Es gibt keine universell beste Lösung für das Problem der Verschriftung. Einzelne Lösungen bzw. Schriftsysteme müssen immer in Abhängigkeit von mindestens den folgende Faktoren beurteilt werden:

Die Struktur der Sprache, die das Schriftsystem repräsentiert

Entwickelte Schriftsysteme repräsentieren eine Sprache. Sie sind keine Abbildungen der gesprochenen Sprache, sondern sie stellen verschiedene Aspekte der Sprache systematisch so dar, dass ein Leser aus einer schriftlichen Information eine intendierte sprachliche Information optimal rekonstruieren kann. Dabei ist ein günstiges Verhältnis zwischen der Struktur der Sprache (Sprachtyp) und dem der Schrift (Schrifttyp) förderlich:

Der logographische Schrifttyp ist eher für den isolierenden Sprachtyp (z.B. Chinesisch) förderlich, da die Wurzel des Wortes weitgehend unverändert bleibt, bzw. keine Wortformvarianten vorhanden sind, die graphisch gekennzeichnet werden müssten.

Der syllabographische Schrifttyp wird durch agglutinierende bzw. stammflektierende Sprachen begünstigt; d.h. durch Sprachen mit nur äußerer Flexion (grammatischen Affixen). Weiterhin ist er gut geeignet für Sprachen mit einer einfachen Silbenstruktur (CV oder CVC), da sich dann aus kombinatorischen Gründen nur ein geringes Silbeninventar und damit ein überschaubares Schriftzeicheninventar ergibt. Da das Deutsche eine komplexe Silbenstruktur (z.B. CCCVVCCC  - Du sträubst dich.).

Frage: Wie sähe eine reine Silbenschrift aus, mit der man die folgende deutsche Gedichtstrophe (Goethe: Gingo Biloba) schreiben könnte?
Dieses Baums Blatt, der von Osten
Meinem Garten anvertraut,
Gibt geheimen Sinn zu kosten,
Wie's den Wissenden erbaut.
Das Gedicht besteht aus 31 Silben (wenn man wie´s auflöst, sonst 30) und man bräuchte zu seiner Verschriftung 29 unterschiedliche Silbenzeichen, da es zu viele unterschiedliche Silben gibt (nur ten kommt dreimal vor; für die beiden den bräuchte man unterschiedliche Zeichen wegen der unterschiedlichen Vokallänge). Eine Silbenschrift für das Deutsche wäre also äußerst unökonomisch.
Der alphabetische Schrifttyp wird durch wurzelflektierende Sprachen mit komplexer Silbenstruktur begünstigt.
Interessen des Lesers und des Schreibers
Aus der Sicht des Schreibers ist ein Schriftsystem optimal, das leicht zu lernen und schnell zu schreiben ist. Da der Schreiber  ja den Text kennt, genügt eine weniger differenzierte Repräsentatin sprachlicher Sachverhalte.

Aus der Sicht des Lesers ist ein Schriftsystem optimal, das eine möglichst schnelle und genaue Rekonstruktion des Gemeinten ermöglicht.

Je mehr ein Schriftsystem zu kommunikativen Zwecken (und nicht als Gedächtnisstütze für den Schreiber) verwendet wird und je größer der Adressatenkreis ist, desto wichtiger werden die Interessen des Lesers.

Die Verwendung des Schriftsystems
Die Vielfalt der Zwecke, zu denen ein Schriftsystem eingesetzt wird und damit die Vielfalt der Textsorten, die zu verschriften sind, bestimmen, wie elaboriert das Schriftsystem sein muss.

Wenn das Schreiben und Lesen von einer kleinen Expertengruppe betrieben wird, ist ein weniger optimiertes Schriftsystem möglich (möglicherweise wird Kompliziertheit sogar kultiviert, um den privilegierten Status der Schreiber zu erhalten), als wenn breite Bevölkerungsschichten lesen und schreiben.

Die Medien der Schrift
Im Laufe der Schriftgeschichte wurden die unterschiedlichsten Materialien verwendet: Tontäfelchen (Keilschrift), Steintafeln/ Epigraphie/ Lapidarschriften, Knochen, Holz, Papier: Handschrift - Druckschrift, Computer etc.

Diese Medien wirkten sich aus auf die Geschwindigkeit des Schreibens, die Haltbarkeit der Schreibprodukte, die Kosten des Schreibens und auf Quantität und Qualität der Schreibprodukte. Je geringer die "Widerständigkeit" der Schreibmedien ist, um so besser kann ein Schriftsystem optimiert werden.

Die Vorläufer eines Schriftsystems
Die meisten Schriftsysteme basieren auf Entlehnungen von Schriftzeichen aus einem Schriftsystem für eine andere Sprache. Damit entsteht häufig das Problem, dass Lösungen, die für die Gebersprache angemessen waren, für die Nehmersprache Nachteile erbringen. Im Laufe der Schriftgeschichte der Nehmersprache müssen diese Probleme ausgeglichen werden. Beispiele: Die typologischen Unterschiede zwischen den Geber- und den Nehmersprachen führten zum Teil zu erheblichen Anpassungsproblemen auf der Seite der Nehmersprachen. So mussten z.B. für das Deutsche Lösungen für die Markierung der Vokallänge (bzw. der Unterscheidung zwischen gespannten und ungespannten Vokalen) und der Umlaute bei der Wurzelflexion (Baum - Bäume), für im Lateinischen nicht vorhandene Laute (z.B. <ng>), ... die  gefunden werden.

Neben der Übernahme von ganzen Schriftzeicheninventaren kommt es auch häufig zu einem Kontakt zwischen Schriftsystemen, in der Regel als Folge des Sprachkontaktes. Dabei werden einzelne Schriftzeichen übernommen, die nicht in das System der Nehmersprache integriert werden. In diesem Fall spricht man von Fremdgraphien. Beispiele:

<Ph> und <y> in Physik,
<C> in Computer sowie in dem Wort die Aussprache [pj], die auf die englische Lesart von <-ute> zurückgeht,
<w> in Software, wenn es bilabial und nicht labiodental ausgesprochen wird
In seltenen Fällen werden Schriftsysteme erfunden (z.B. die Cree-Schrift). Ähnlich wie den "erfundenen" Sprachen (Esperanto, Volapük) ist diesen jedoch nur ein geringer Erfolg beschrieben (was man als Unterstützung der Autonomiehypothese ansehen kann).

Glossar
 
Beispiele
Allograph Die konkreten Erscheinungsformen von Graphen können variieren, ohne dass damit funktionale Veränderungen verbunden sind. Diese Varianten heißen Allographen. Die Codierungstabellen der Computersysteme wie z.B. der ASCII-Code enthalten normalerweise Graphen. Allographische Varianten werden von sekundären Programmen, den sog. Fonts erzeugt (Times, Arial, Modern). Auch die Schriftgröße bildet eine allographische Variante. Allographen von <A>:
A, A, A, A, A, A
Alphabetreihe (bzw. das ABC) Vielfach wird eine Teilmenge des Schriftzeicheninventars einer Sprache in eine arbiträre Folge geordnet. Innerhalb des alphabetischen Schrifttyps ist sie relativ konstant, mit leichten einzelsprachlichen Variationen. Die verschiedenen Alphabetreihen gehen auf eine sehr alte Wurzel zurück, die mindestens bis 1400 v.Chr. zurückreicht.  Es handelt sich um ein ungewöhnlich stabiles System, das sich nicht nur über 3400 Jahre in seinen Grundstrukturen erhalten hat, sondern das auch einen Wechsel über sehr viele Sprachen überdauerte. Historisch lassen sich verschiedene Funktionen der Alphabetreihe ausmachen. Erstens hat sie dort Bedeutung, wo Schriftzeichen zu Rechenzwecken verwendet werden ; zweitens dient sie didaktischen Zwecken; drittens bildet sie die Grundlage für viele Dokumentationssysteme; schließlich wird sie auch zur symbolischen Strukturierung des Raumes verwendet.
Gegenstands“schrift“ nicht-graphische Zeichensysteme Quipu Knotenschnur aus Peru,
der katholischen Rosenkranz,
Kerbhölzer ("etwas auf dem Kerbholz haben")
Graphem Graphische Zeichen, die elementare Einheiten von Schriftsystemen sind. Sie sind  innerhalb eines Schriftsystems funktional (bedeutungsunterscheidend). Sie können auf zwei Arten ermittelt werden:
1. Jedem Phonem wird genau ein Graphem zugeordnet (Phonographem).
2. Grapheme werden schriftintern distributionell ermittelt (Graphographem).
Phoneme bestehen im Deutschen aus einem Buchstaben (Monographem <a>, zweien (Digraphem <ch>) oder dreien <Trigrapheme>.
Grapheme des Deutschen: 
<a, b, d, sch, ng, ...>
Graphisches Zeichen Alle zweidimensionalen, visuellen Zeichen 1, A, (, &, +, @, ...
Ideographie Auf der Grundlage einer Konvention bedeutet ein Zeichen nicht mehr den Gegenstand, den es darstellt, sondern einen (abstrakten) Sachverhalt. die meisten Verkehrszeichen,
(Gauner-)Zinken
Orthographie bewusste Normierung eines Schriftsystems Orthographie des Deutschen, Französischen, ...
Phonem kleinste bedeutungsunterscheidende Einheit einer Sprache. Wahrnehmungspsychologisch geht das Konzept der Phoneme auf das Prinzip der kategorialen Wahrnehmung zurück: Wahrgenommen werden nicht akustische Aspekte einzelner Ereignisse, sondern diese werden als Instanz einer kognitiven Kategorie wahrgenommen. Linguistisch erhält man die Phoneme durch die Bildung von Minimalpaaren
laufen - kaufen
/l/ und /k/ sind Phoneme des Deutschen, da sie bedeutungsunterscheidend sind.
Piktographie Ein evtl. schmatisiertes Bild repräsentiert einen Gegenstand frühe Hieroglyphen
Schriftart Unterschiedliche Schriftsysteme bedienen sich aus einem gemeinsamen Inventar von Schriftzeichen, wobei im Einzelnen ein modifizierter Gebrauch von diesen Schriftzeichen gemacht werden kann. lateinische Sch.a.,
kyrillische Sch.a.
Schriftsystem Es definiert die Beziehung einer Menge von Schriftzeichen zum System einer einzelnen Sprache. das französische, türkische, russische, assamesische oder hebräische Schriftsystem
Schrifttyp Ein Schrifttyp definiert die Art, wie ein Schriftsystem auf das System einer Sprache bezogen ist. alphabetisch, syllabographisch, logographisch