Ladebedarf von E-Auto-Nutzern

Dieser Artikel ist die gedankliche Fortsetzung der Ladesäulen Kosten-/Nutzen-Rechnung, ausgelöst durch ein Zitat des RWE-Online-Teams in einer Blog-Diskussion bei der Auto-Diva:

„Wir sehen grundsätzlich vertragsbasiertes Laden als Modell der Zukunft. Dabei wird pro geladener kWh gezahlt. Dies ist auch für Kunden mit regelmäßiger Nutzung günstiger als das SMS Payment.“

Wann beginnt diese Zukunft? Denn momentan passt eine monatliche Grundgebühr meines Erachtens noch nicht zum Profil eines E-Auto-Käufers.

Wer ist aktuell und demnächst Käufer eines Elektro-Autos?

Vor der Kaufentscheidung spielen verschiedene Faktoren eine Rolle, insbesondere natürlich der Preis und die Reichweite der bisher verfügbaren E-Autos sowie die Ausstattung, Sitzplätze und die Zulademöglichkeit.

Wenn die Höhe des Kaufpreises eine eher untergeordnete Rolle spielt, dann hat der private Käufer sicher auch eine Wohnung oder ein Haus mit eigenem Stellplatz und eigenem Stromanschluss. Oder es handelt sich um den typischen Zweitwagen in Städten oder den sogenannten Speckgürteln im Umfeld, dann existiert auch fast immer der eigene Stromanschluss am heimischen Parkplatz. Zuletzt gibt es die Gruppe der besonders ökologisch engagierten Privatnutzer. Diese leisten sich bewusst das teurere E-Auto, sind dann aber sehr sensibel bei der Stromnutzung und erzeugen einen Teil davon oft selbst über dezentrale regenerative Energiegewinnung.

Die gewerblichen Käufer interessieren sich bei Ihren Dienstfahrzeugen je nach Einsatzgebiet (Lieferdienste, Sozialdienste, Handwerker) auf eine passende Zuladung und bestmögliche Parkplatztauglichkeit, haben aber garantiert ebenfalls einen eigenen Betriebsstandort mit Parkplätzen und Steckdose.

Und zuletzt werden immer mehr Elektroautos auch im Carsharing eingesetzt. Dann braucht der Nutzer aber keinen eigenen Stromvertrag, sondern befüllt den Akku über die Rahmenvereinbarung des Carsharing-Gebers mit dem Energieanbieter.

Nur sehr wenige E-Auto-Nutzer werden in den kommenden Jahren in einer Wohnung ohne eigenen Stellplatz leben und sich bewusst auf ein Abenteuer reiner Ladesäulen-Nutzung einlassen. Dafür gibt es noch deutlich zu wenig Standorte, die Verfügbarkeit ist nicht immer gegeben und die thermischen Fremdparker an Ladestationen sind typisch im heutigen Stadtbild. ohne dass bisher eine klare gesetzliche Regelung für E-Auto-Parkplätze besteht.

Wann wird an Ladesäulen geladen?

Aus den vorgestellten Benutzerprofilen ergibt sich recht zuverlässig, dass die tägliche Grundladung zum sehr überwiegenden Teil zu Hause, auf dem Betriebsgelände oder zukünftig vielleicht auch vermehrt während der Arbeitszeit von Angestellten auf dem Stellplatz des Arbeitgebers stattfinden wird.

Die externe Ladesäule dient hauptsächlich als Reichweitenverlängerer, die Leistung muss dann möglichst dicht an eine echte Schnellladung gelangen, und der Standort sollte an typischen Pendlerstrecken und Schnellstraßen liegen. Entsprechend sind Verträge mit nur einem Energieanbieter aus Nutzersicht wenig zielführend, wenn keine wirklich flächendeckenden Roaming-Abkommen bestehen.

Die bisher sehr oft gebaute Innenstadt-Ladesäule wird eher selten nachgefragt, so lange die gängigen Autotypen nur geringe Ladeströme ermöglichen und damit ein Aufenthalt von einer Stunde oder weniger kaum zusätzliche Reichweite bringt. Als Alibi-Aufladung zum Erhaschen eines vielleicht günstigen zentralen Parkplatzes sind diese Ladepunkte allerdings anscheinend beliebt.

Allgemeine Herausforderungen von Ladesäulen

Dauerparker blockieren über Stunden oder Tage die Ladeplätze, obwohl die Fahrzeuge schon längst voll geladen sind (aktuell auffällig beim „RUHRAUTOe“-Projekt in Essen, Standort Hauptbahnhof Hachestraße). Ladenden Fahrzeugen kann nicht angesehen werden, wie lange sie dort schon stehen und wann sie voraussichtlich abfahren und Platz machen werden. Bestehende Verriegelungen der Ladekabel aus Diebstahl- und Vandalismusgefahren führen dazu, dass auch bei Vollladung kein weiterer Nutzer das Ladekabel des Vorgängers abziehen kann. Typ2-Ladekabel können nicht per Kabeltrommel mal eben verlängert werden, um auch vom übernächsten Parkplatz noch die Säule zu erreichen. Ladesäulen-Preismodelle für regelmäßige Nutzer mit Grundpreis und kWh-Abrechnung unterstützen diese Blockadesituation (lange stehen kostet ja nix).

Eine Zeitabrechnung für Gelegenheitsnutzer per SMS ist aus heutiger Fahrzeugsicht schlicht zu teuer, wenn der Preis der gewonnenen Reichweite höher ist als beim Tanken eines Verbrenners. (3,3 kW pro Stunde kosten im RWE-Modell 1,95 3,95 EUR + 2 SMS (seit Frühling 2013), damit werden im i-MiEV ca. 20 km Reichweite gewonnen. Ein Diesel mit 5,5 Litern/100 km benötigt für dieselbe Strecke 1,1 Liter und liegt damit bei rund 1,60 EUR).

Alle Anfang 2013 verfügbaren Serienfahrzeuge können nicht schneller als mit 3,3 kW an Typ2-Wechselstrom-Ladesäulen geladen werden. Dazu zählen Mitsubishi i-MiEV, Peugeot iOn, Citroen C-Zero, Nissan Leaf, die französische Mia, die bisherigen Renault Z. E. Modelle Kangoo und Fluence sowie der Opel Ampera und baugleiche Chevrolet Volt. Der zulassungsstärkste Renault Twizy als Quad-Leichtfahrzeug kennt sogar nur den Schuko-Anschluss.

Selbst der neue Smart Fortwo ED wird in der Standard-Auslieferung nur mit einem 3,3 kW-Bordlader ausgestattet. Hier soll optional aber zukünftig auch ein 22 kW-Bordlader angeboten werden. Der für Sommer 2013 angekündigte Renault ZOE ist ebenfalls für Leistungen bis 22 kW mit dem Chameleon-Lader vorbereitet, auch 43 kW sollen (gegen Aufpreis) möglich sein. Die technischen Daten der angekündigten VW-Elektroautos sind nicht wirklich gut zu recherchieren, der BMW i3 ist mit Schnelllademöglichkeit (80% in 30 Minuten) angekündigt.

Also werden wohl erst ab 2014 / 2015 nennenswerte Stückzahlen von Elektrofahrzeugen mit höheren Ladeleistungen auf der Straße sein.

Um bis dahin Elektromobilität im Alltag sichtbar und für die aktuellen Fahrzeuge sinnvoll zu gestalten, sollten die bestehenden Preismodelle überarbeitet werden. Es muss attraktive Konditionen insbesondere für Gelegenheitsnutzer geben. Der tatsächliche Nutzen (geladene Reichweite) ist für die Preisakzeptanz entscheidend. Die genannten heute genutzten Fahrzeuge werden hoffentlich auch in 10 Jahren noch unterwegs sein und benötigen dann ebenfalls einen der Leistungsaufnahme angepassten Tarif.

Einige Zukunftsvisionen

Kooperationen zwischen Energieanbietern und…

  • Parkflächen-Betreibern: Elektro-Parkhäuser halten immer ausreichend wettergeschützte 2,3 kW (Schuko 230V/10A) und 3,3 kW – 22 kW Typ2-Anschlüsse vor. Der Parkplatz wird komplett abgerechnet mit Standzeit und (tatsächlich oder pauschal prognostizierter) verbrauchter Energie.
  • Unternehmen bzw. Hotels: Angebot von sehr günstigen Standard-Modulen für die 3,3 kW-Ladung von Arbeitnehmer bzw. Gäste-Fahrzeugen.
  • Carsharing-Anbietern: zum Aufbau von One-Way-Mieten und Schnellladeplätzen in jedem Stadtteil
  • Autobahn-Raststätten und Autohöfen: Schnellladesäulen, die aus beiden Fahrtrichtungen ohne wesentliche Mehrkilometer erreicht werden können (Negativ-Beispiel A1 Schwerte Raststätte „Lichtendorf Süd“ CHAdeMO-Säule: wer von Nord nach Süd fährt, benötigt über Abfahrt 85 und Autobahnkreuz Do/Unna ca. 22 km, um zur Ladesäule zu gelangen und in die eigentliche Richtung weiterzufahren – dann kann man schon bald neu laden).

 Die Diskussion ist eröffnet: was ist falsch an meiner Prognose, was fehlt, was sollte man ganz anders sehen? – Ich freue mich auf viele Kommentare.

Kommentare (plattformübergreifend)

Das Brot des Künstlers ist der Applaus, das Brot des Bloggers ist (D)ein Kommentar. Und...? Wie war dieser Artikel?

 

6 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Pingback: Ladesäulen Kosten-/Nutzen-Rechnung | E-Auto.TV

  2. Ganz deiner Meinung. öffentliche Ladesäulen dürften in der Stadt wenig benötigt werden. Bestenfalls Geschäfte können damit einen Mehrwert zum Wettbewerb bietn, um mit dem Angebot des kostenlosen Ladens Kunden anzulocken.
    Am wichtigsten in der Frage der Energiebeschaffung für das gelingen der Elektromobilität halte ich zwei Punkte: Firmen sollten dazu gezwungen werden, einen bestimmten Prozentsatz der Belegschaftsszahl Ladesäulen auzustellen. Andere Länder machen das bereits vor. Das Auto steht ohnehin jeden Tag 8h am Arbeitsplatz, das wäre die prima Gelegenheit zum Laden, wenn man es nicht nachts zuhause kann. Das schafft zusätzlichen Anreiz beim derzeitigen Fachkräftemangel und ist für die Unternehmen wirklich nicht teuer. Und üblicherweise kennt man auch die Kollegen und kann sie ansprechen, mal kurz ihren PKW beiseite zu fahren, wenn das Laden beendet sein sollte und der nächste ran will.
    Der zweite Punkt sind Schnell-Ladesäulen (mind. 22KW) an den Fernverkehrswegen. Es sollte per Verordnung jede Autobahn-Tankstelle mindestens eine Ladesäule (für den Anfang) haben müssen. Der Bau einer Tankstelle kostet viele Millionen, da fallen die Kosten einer Ladesäule doch kaum ins Gewicht. Genau bei den Langstrecken sehe ich primär den Bedarf für die öffentlichen Ladesäulen.

    • E-Auto.TV

      Was Autobahn-Lademöglichkeiten angeht, wäre aus meiner Sicht sogar eine ernsthafte Überlegung, ob die Erstausrüstung mit Ladesäulen nicht – wie auch der Straßenbau – eine hoheitliche Aufgabe ist. Dann hätte die Regierung mal ein gutes Argument, warum eine individuelle E-Auto-Förderung weniger sinnvoll ist als eine Infrastruktur-Förderung.

  3. Hallo. Ich sehe da noch ganz andere Probleme. Das größte Problem: mit einer öffentlichen Ladeinfrastruktur kann kein Geld verdient werden. Es ist ein Zuschussgeschäft. Das kann man sich relativ schnell vor Augen führen, wenn man vergleicht, was pro Stunde bei durchschnittlicher Auslastung an einer Stromladesäule an Umsatz generiert werden kann. Im Fall der 3,3 kW-Technik wären das weniger als ein Euro pro Stunde. Wenn man es schönrechnet, geht man von täglich 10 Stunden Belegung aus, und kommt dann auf einen Jahresumsatz von 3.500 Euro – pi mal Daumen. Das ist natürlich als Brutto. Was mach Erzeugngskosten, Strom- und Mehrwertsteuer da netto an Erlös bleibt – genau weiß ich das nicht. Wenig jedenfalls. Und die Säule selbst, der Aufbau, die Wartung und 24-h-Service – das kostet erhebliches Geld. Von daher kann man froh sein, wenn in der Zukunft überhaupt öffentliche Struktur entsteht, die meines Erachtens auch richtig und wichtig aber nicht essentiell ist.

    • E-Auto.TV

      Aus heutiger Sicht ist das sicher so völlig richtig. Wie auch nur eine Steckdose pro Haus kaum kostendeckend sein würde. Erst eine multiple Belegung und ausreichende Menge bringt hinterher die Erträge.

      Ich könnte mir zum Beispiel „Lade-Inseln“ vorstellen, eine Lade-Zentraleinheit mit 10 oder mehr parallel zu nutzenden Ports rundherum. Jedes E-Auto zieht eine andere Energiemenge, manche möchten 22 kW, einige 11 kW, viele 3,3 KW, einige sind fertig und warten auf Abholung. Dann würde man in der Summe immer noch vertretbare Maximallasten auf der zuführenden Leitung haben, könnte aber deutlich effektiver die Umsätze generieren.

      So etwas meinte ich in einem Elektro-Parkhaus oder auch in Hotels.

      Letztlich ist es wie überall: erst bei ausreichender Nachfrage werden die Investitionskosten so gering, dass sich der Betrieb tatsächlich rechnet.

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  1. […] Die Gedanken sind zwischenzeitlich ausführlicher fortgesetzt in einem weiteren Artikel Ladebedarf von E-Auto-Nutzern. […]