Kleiner Schädling, große Probleme: Derzeit noch auf Osteuropa und wenige Regionen in Deutschland beschränkt, dringt der Maiswurzelbohrer weiter vor. Es drohen empfindliche Einbußen, wenn es nicht gelingt, den Käfer in Schach zu halten. Vor allem hilft ein konsequenter Fruchtfolgewechsel. Foto: agrarfoto.
Bei jedem neuen Fund läuten die Alarmglocken der Maisanbauer. Seitdem 2007 bei uns die ersten Exemplare des Westlichen Maiswurzelbohrers Diabrotica virgifera in die Fallen gegangen sind, wächst die Sorge: Lässt sich der weltweit gefürchtete Schädling hier überhaupt noch ausrotten? Am Bodensee ist die Strategie zum Teil noch erfolgreich. Im Rheingraben, in Niederbayern oder in der Oberpfalz reicht sie längst nicht.
Gegenwärtig werden die Strategien zur Quarantäne samt scharfen Auflagen auch auf EU-Ebene diskutiert. Wahrscheinlich sind folgende Änderungen: Bei dem Ziel Ausrotten sollen die Mittel und Methoden leichter umsetzbar werden, ohne dass sie groß an Effizienz verlieren. Das gilt besonders, wenn nur sehr wenige Käfer in bisher befallsfreien Gebieten erstmals auftreten. Beim
Eingrenzen steht die bisherige Strategie ebenso auf dem Prüfstand wie die Zonentiefen. Eher unwahrscheinlich ist, die Eingrenzungszone noch zu erweitern, etwa von 40 auf 100 km, wie derzeit in Polen. Diskutiert wird, das
Unterdrücken des gefürchteten Schädlings konsequenter umzusetzen. Wie die EU-Quarantänestrategie aber letztlich künftig aussieht, stand zu Redaktionsschluss noch nicht fest.
Weil Diabrotica ein Quarantäneschädling ist, unterliegt er EU-weiten Regeln. Wird der Käfer nachgewiesen, ist Quarantäne Pflicht. In bisher befallsfreien Gebieten ist schon bei punktuellem Auftreten eingeschleppter Käfer das Ausrotten vorgesehen. Dazu werden Befalls- und Sicherheitszonen festgelegt.
Ausrotten heißt im Wesentlichen: Anbauverbot von Mais und Einsatz von Insektiziden. Die Folgen sind zum Teil dramatisch, weil sich etwa Ersatzfutter kaum beschaffen lässt. Lässt sich der Käfer nicht mehr ausrotten und dehnt sich der Befall aus, wie in Bayern und Baden-Württemberg, wird
Eingrenzen veranlasst. Damit wird der Befall zumindest verlangsamt oder im besten Fall sogar gestoppt. So sollen, lautet das Kalkül, bisher befallsfreie Gebiete geschützt werden. Das allerdings geht auf Kosten der örtlich Betroffenen. Andererseits: Die Auflagen zum Eingrenzen sind weniger streng wie die zum Ausrotten. Ersteres beinhaltet nach einer Eingrenzungszone von etwa 40 km Tiefe einen Fruchtwechsel oder die Kombination von zweimal Mais in drei Jahren und den Einsatz von wirksamen Insektiziden. "Nach modellhaften Berechnungen zum Populationsverlauf", sagt Dr. Peter Baufeld vom Julius Kühn-Institut (JKI), "sind für 2011 Erleichterungen für die Landwirte vorgesehen. Um einen Populationsaufbau zu verhindern, reicht es bereits, nur einmal Mais in drei Jahr auszusetzen", so der Wissenschaftler. Das heißt, der Fruchtwechsel kann auf zweimal Mais in drei Jahren ausgedehnt und auf Insektizide verzichtet werden. Das würde Betroffenen zumindest etwas Erleichterung verschaffen und auch die betrieblichen Kosten im Pflanzenschutz senken.
Der Anbauverzicht von einmal Mais unterbricht den kontinuierlichen Anbau und hat bei den geringen Populationsdichten, wie wir sie gegenwärtig in Deutschland vorfinden, 98 Prozent Wirkungsgrad oder mehr. Baufeld: "Der Fruchtwechsel ist so eine der wirksamsten Möglichkeiten." Andersherum: "Wer kontinuierlich Mais nach Mais anbaut, trägt zum starken Populationsaufbau bei, wenn nicht zusätzlich bekämpft wird. Das hat das Beispiel in der Lombardei in Italien gezeigt." Dort hat sich der Wurzelbohrer zum Teil massenhaft und selbst für Insider erschreckend stark vermehrt. Eine wichtige Gegenwehr neben dem Ausrotten und Eingrenzen ist das Unterdrücken dort, wo der Käfer sich bereits etabliert hat. "Unterbleibt das deutliche Herabsetzen der Populationsdichte durch Bekämpfung, werden aus diesen Gebieten durch starken Verkehr immer wieder neue Käfer in bisher befallsfreie Gebiete verschleppt". Das führt wieder zum Ausrotten oder Eingrenzen. Denn egal ob Autos, Laster, Flugzeuge, Bahnen oder Binnenschiffe, sie alle eröffnen dem gefräßigen Schädling enorme Ausbreitungsmöglichkeiten, wie neue Funde vor allem an Flughäfen, Autobahnen, Bahnstrecken oder Raststätten beweisen. Diese Quarantäneauflagen sind zum einen recht teuer für das jeweilige Land. Zum anderen schränken sie aber vor allem die Entscheidungsfähigkeit der Betroffenen massiv ein. Das empfinden viele Maisanbauer als teilweise komplett übertrieben. Baufeld: "Daher kann die Strategie nur zum nachhaltigen Erfolg führen, wenn alle drei Säulen, also Ausrotten, Eingrenzen und Unterdrücken, heißt Bekämpfen, konsequent umgesetzt werden."
Die größten Erfahrungen gegen Diabrotica werden in den USA gesammelt. Dort wurden früher massiv insektizide Granulate eingesetzt, bis sich erste Resistenzen gegen die Wirkstoffe zeigten. So blieb nichts anderes, als auf die Fruchtfolge zu setzen: Mais wurde in Rotation mit Soja angebaut. Das wirkte so lange, bis die Käfer ihre Eier vermehrt in die Nachbarkultur Soja legten und es so wieder zu Schäden im Mais kam. Die Granulate wurden später vermehrt durch die praktischere Saatgutbehandlung mit Neonicotinoiden abgelöst, die nach wie vor auch gegen andere Bodenschädlinge nötig ist. Bekämpft wird der Wurzelbohrer nun hauptsächlich mit resistentem GVO-Mais. Immer wieder zogen die US-Farmer auch gegen die erwachsenen Käfer ins Feld, teils sogar koordiniert für ganze Regionen. Dabei wurden auch die Konzepte erprobt, die es durch Zusatz von Cucurbitacinen erlauben, die Dosis der Insektizide zu verringern. kb/ks
Der vollständige Beitrag ist als Titelthema in dlz März 2011 erschienen. Dort finden Sie auch weitere Tipps, welche Strategien gegen den Maiswurzelbohrer helfen.