I. Verfahrensablauf
Vgl. Alpmann/ Schmidt, ZPO, 10. Auflage 1999, S. 6-22.
Der Zivilprozess kann entweder durch ein Mahnverfahren (§§
688 ff. ZPO) oder durch Klage eingeleitet werden (§ 253 ZPO). Das
Mahnverfahren führt entweder zum Vollstreckungsbescheid oder bei Widerspruch
zum streitigen Verfahren.
Mit der Einreichung der Klage (§ 253 ZPO) wird der Prozess
anhängig.
Mit ihrer Zustellung wird er rechtshängig (§§ 253,
261, 271 ZPO).
Nach Eingang der Klage bestimmt der Vorsitzende der Kammer am Landgericht,
ob
-
ein früher erster Termin oder
-
ein schriftliches Vorverfahren zur Vorbereitung der Hauptverhandlung
anberaumt wird (§ 272 ZPO). Der Termin wird vorbereitet durch Schriftsätze
der Parteien (zur Form vgl. § 130 ZPO) und durch Maßnahmen des Gerichts (Aufklärung, prozessfördernde
Verfügungen). Zunächst wird die Zulässigkeit der Klage geprüft
(Prozessvoraussetzungen). Nach Ermessen wird die Sache dem Einzelrichter
zur Entscheidung übertragen (§ 348 ZPO).
In der mündlichen Verhandlung tragen die Parteien den Inhalt der
Schriftsätze vor (vor allem die Anträge). Das Gericht erörtert
mit Ihnen den Sach- und Streitstand. Ergeht nun ein Beweisbeschluss,
kann die Beweisaufnahme erfolgen, wenn die Beweismittel verfügbar
sind.
Das Verfahren kann durch Klagerücknahme, Anerkenntnis oder Vergleich
beendet werden.
Ist die Sache entscheidungsreif ergeht das Urteil (§ 313 ZPO).
Andernfalls wird ein neuer Termin anberaumt.
Der Titel (Urteil, Vergleich) wird im Parteiverfahren durch Beauftragung
eines Gerichtsvollziehers vollstreckt (nachdem er zugestellt und mit der
Vollstreckungsklausel versehen ist, §§ 750, 724 ZPO).
Das Verfahren vor dem Amtsgericht unterscheidet sich davon besonders
durch den fehlenden Anwaltszwang. Ferner besteht bei Streitwerten bis 1200
DM die Möglichkeit eines vereinfachten Verfahrens ohne mündliche
Verhandlung und ohne begründetem Urteil (§ 495a ZPO).
II. Systematik der ZPO
Der Aufbau der ZPO folgt nicht dem chronologischen Ablauf eines Zivilprozesses.
Nachfolgend werden die Vorschriften der ZPO für das erstinstanzliche
Verfahren in der Reihenfolge genannt, wie sie der ZPO entspricht.
1. Allgemeine Regeln über das Verfahren im ersten Buch der ZPO (§§
1-252 ZPO)
Das erste Buch der ZPO enthält allgemeine Vorschriften über das
Verfahren. Von besonderer Bedeutung hier die Vorschriften über die
-
sachliche Zuständigkeit (§§ 1-11 ZPO) und
-
örtliche Zuständigkeit der Gerichte (§§ 12-40 ZPO),
-
Partei- und Prozessfähigkeit (v. a. §§ 50-58 ZPO),
-
Regelung der Prozesskosten (§§ 91-1067 ZPO, dafür auch
relevant §§ 2-9 ZPO über den Streitwert sowie das GKG) sowie
-
Prozesskostenhilfe (§§ 114-127a ZPO).
-
Ferner ist hier in §§ 128 ff. ZPO der Gang der mündlichen
Verhandlung beschrieben.
In § 128 ff. ZPO sind grundsätzliche Vorschriften für die
mündliche Verhandlung enthalten. Die mündliche Verhandlung soll
in Anwaltsprozessen durch Schriftsätze vorbereitet werden (§
129 ZPO). Besonders hinzuweisen ist auf die §§ 138, 139 ZPO.
Hier sind einerseits die Erklärungs- und Wahrheitspflicht der Parteien
festgelegt, zum anderen die Verpflichtung des Gerichts zur Aufklärung
zu Hinweisen und zur sachgerechten Prozessförderung. Vorschriften
über den Inhalt des Protokolls finden sich in § 160 ZPO.
Erst nach den Vorschriften über den Gang der mündlichen Verhandlung
finden sich in § 166 ff. ZPO Vorschriften über die Zustellung
und in §§ 214 ff. über Ladungen, Termine und Fristen.
2. Verfahren bis zum Urteil im zweiten Buch der ZPO (§§ 253-510b
ZPO)
Unter Verfahren versteht die ZPO zunächst das Verfahren vor dem Landgericht
(auf das beim Verfahren vor dem Amtsgericht verwiesen wird):
-
Verfahren bis zum Urteil (§§ 253-299a, 348-350 ZPO),
-
Urteilsarten und Urteilsform (§§ 300-329 ZPO), darunter besonders
das
-
Versäumnisurteil (§§ 330-347 ZPO),
-
Vorschriften über die Beweisaufnahme (§§ 355-484 ZPO) und
das
-
selbstständige Beweisverfahren (§§ 485-494 ZPO).
-
Die Regeln über das Verfahren vor dem Landgericht gelten kraft Verweisung
(§§ 495 ZPO) - von einigen wenigen Sonderbestimmungen abgesehen
(§§ 495a-510b ZPO) - auch für das Verfahren vor dem Amtsgericht.
In § 253 ZPO ist der vorgeschriebene Inhalt einer Klageschrift niedergelegt.
Hier finden sich ferner die Voraussetzungen, unter denen besondere Klagarten
zulässig sind (§§ 254 ff. ZPO), Regelungen über die
Zulässigkeit einer Änderung des Klagantrages sowie Vorschriften
über die Klagerücknahme (§ 263 ff. ZPO). § 271 ff.
ZPO enthalten die Vorschriften über Terminsvorbereitung: Das Gericht
hat die Wahl, einen ersten frühen Termin oder das schriftliches Vorverfahren
(273 ff. ZPO) anzuordnen. Sanktionen für vom Gericht gesetzte und
nicht eingehaltene Fristen (verspätetes Vorbringen) finden sich in
§ 296 ZPO.
Vorschriften über ein zu erlassendes Urteil sind in §§
300 ff. ZPO. enthalten. Von besonderer Bedeutung ist hierbei das Versäumnisurteil
(§§ 330 ff. ZPO).
Erst hinter den Vorschriften über das Urteil finden sich Vorschriften
über die Beweisaufnahme (§§ 355 ff. ZPO). Zunächst
werden generelle Fragen der Beweisaufnahme geregelt. Sodann finden sich
in §§ 371 ff. ZPO. Vorschriften über die verschiedenen Beweismittel
(Augenschein, Zeugenbeweis, Sachverständiger, Urkundenbeweis, Parteivernehmung).
3. Rechtsmittel (§§ 511-577 ZPO), Wiederaufnahme (§§
578-591 ZPO)
Nach dem Verfahren der ersten Instanz werden die Rechtsmittelmöglichkeiten
dargestellt.
a) Berufung gegen Urteile der ersten Instanz (§§ 511-544 ZPO)
Die Berufungsinstanz ist zweite Tatsacheninstanz, in der der Sachverhalt
nochmals im Rahmen des neuen Parteivortrags erforscht wird.
b) Revision gegen Urteile der zweiten Instanz (§§ 545-566a ZPO)
In der Revisionsinstanz werden nur noch Rechtsfragen geprüft. Der
von der Vorinstanz ermittelte Sachverhalt wird zugrunde gelegt.
c) Beschwerde gegen Beschlüsse des Gerichts (§§ 567-577
ZPO)
d) Wiederaufnahme des Verfahrens (§§ 578-591 ZPO)
Dies ist eine selten mögliche Form der Wiederholung des Prozesses,
wenn das Verfahren grob fehlerhaft war (Nichtigkeitsklage) oder wenn neue
Tatsachen das Urteil als offensichtlich falsch erscheinen lassen (Restitutionsklage).
4. Besondere Teilverfahren
a) Mahnverfahren (§§ 688-703d ZPO)
Statt einer Klage wird der Anspruch durch Mahnbescheid dem Gegner zur Kenntnis
gegeben. Durch fristgemäßen Widerspruch (innerhalb von zwei
Wochen nach Zustellung) kann die Partei erreichen, dass ein streitiges
Verfahren durchgeführt wird. Im anderen Fall kann der Antragsteller
einen Vollstreckungsbescheid erwirken, aus dem die Zwangsvollstreckung
betreiben werden kann.
b) Selbständiges Beweisverfahren (§§ 485-495 ZPO)
c) Versäumnisverfahren (§§ 330-347 ZPO)
d) Einstweilige Verfügung und Arrest (§§ 916-945 ZPO)
e) Prozesskostenhilfe (§§ 114-127a ZPO)
Einer Partei, die die Kosten des Prozesses nicht aufbringen kann, wird
Prozesskostenhilfe gewährt. Sie muss besonders beantragt
werden. Voraussetzung ist neben geringen Einkommensverhältnissen oder
geringem Vermögen eine hinreichende Erfolgsaussicht des Prozesses
und keine mutwillige Rechtsverfolgung.
4. Besondere Verfahrensarten
a) Urkunden und Wechselprozess (§§ 592-605a ZPO)
Gesonderte Vorschriften gibt es zu Prozessen mit besonderem Gegenstand.
Dazu gehören der Urkunden- und Wechselprozess, in dem ein vereinfachtes
Vorbringen möglich ist (Vorlage nur von Urkunden).
b) Familiensachen (§§ 606-660 ZPO)
Besonders geregelt sind vor allem Prozesse um Ehescheidung und Unterhalt.
c) Schiedsrichterliches Verfahren (§§ 1025-1066 ZPO)
Das Schiedsrichterliche Verfahren ist nur insoweit geregelt, als gewisse
Mindeststandards bei der Vereinbarung eines Schiedsgerichts eingehalten
werden müssen (so besonders in § 1026 ZPO betont). Ferner finden
sich Regeln über die Vollstreckung von Schiedssprüchen (§§
1060 f. ZPO).
f) Zwangsvollstreckung (§§ 704-898, 899-915h ZPO)
Die Durchsetzung eines Titels (Urteils, Beschlusses, Vollstreckungsbescheids)
ist unter der Überschrift Zwangsvollstreckung geregelt. Hier finden
sich auch Vorschriften zur Erzwingung einer eidesstattlichen Versicherung.
g) Insolvenzverfahren (InsO)
Ein besonderes Verfahren ist bei Insolvenz des Schuldners vorgesehen. Die
Einzelzwangsvollstreckung ist abgelöst von einem Verfahren zur gleichmäßigen
Befriedigung der Gläubiger.
5. Prozessgrundsätze
Der Zivilprozess, wie er in der ZPO vorgesehen ist, basiert auf bestimmten
allgemeinen Grundsätzen, hinsichtlich der Gestaltung des Prozessablaufs.
Bei diesen Grundsätzen handelt es sich insbesondere um die Dispositionsmaxime,
den Verhandlungsgrundsatz, den Beschleunigungsgrundsatz sowie den Grundsatz
des rechtlichen Gehörs. Ferner gehören dazu die Wahrheitspflicht
der Parteien und Aufklärungspflichten des Gerichts.