Recht und Gesetz in Niedersachsen

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Richtlinie zur Durchführung des Verfahrens zur Erteilung einer Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz
RdErl. d. MS v. 1.3.2007 - 405-41022/15 (Nds.MBl. Nr.14/2007 S.252) - VORIS 21064 -
Bezug:
RdErl. v. 22.2.1995 (Nds.MBl. S.375), zuletzt geändert durch RdErl. v. 5.5.2006 (Nds.MBl. S.638) - VORIS 21064 00 00 30 009 -

Schulrecht

1. Zuständigkeiten

1.1 Untere Verwaltungsbehörde i.S. von § 3 Abs. 1 der Ersten Durchführungsverordnung zum Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung (Heilpraktikergesetz) in der im BGBl. Teil III, Gliederungsnummer 2122-2-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 4.12.2002 (BGBl. I S. 4456), - im Folgenden: 1. DVO-HPG - sind die Landkreise, kreisfreien Städte sowie die Landeshauptstadt Hannover und die Stadt Göttingen. Verfahren, die vor dem 1.5.2007 eingeleitet worden sind, werden noch von der bisher zuständigen unteren Verwaltungsbehörde abgeschlossen.

1.2 Die örtliche Zuständigkeit für die Erteilung der Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung (Heilpraktikergesetz) in der im BGBl. Teil III, Gliederungsnummer 2122-2, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 15 des Gesetzes vom 23.10.2001 (BGBl. I S. 2702), - im Folgenden: HPG - richtet sich gemäß § 1 Abs. 1 NVwVfG vom 3.12.1976 (Nds.GVBl. S.311), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 16.12.2004 (Nds.GVBl. S.634), nach den Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes i.d.F. vom 23.1.2003 (BGBl. I S.102), zuletzt geändert durch Artikel 4 Abs. 8 des Gesetzes vom 5.5.2004 (BGBl. I S.718).

2. Antragstellung

Die Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde wird auf Antrag erteilt. Dem Antrag sind folgende Unterlagen beizufügen:

a) ein kurzgefasster Lebenslauf,
b) die Geburtsurkunde oder ein Auszug aus dem Familienbuch der Eltern, bei Verheirateten auch die Heiratsurkunde oder ein Auszug aus dem für die Ehe geführten Familienbuch,
c) ein Nachweis über die Staatsangehörigkeit der Antragstellerin oder des Antragstellers (Personalausweis, Reisepass, in Zweifelsfällen: Staatsangehörigkeitszeugnis),
d) ein amtliches Führungszeugnis, das nicht früher als einen Monat vor der Vorlage ausgestellt sein darf,
e) eine Erklärung darüber, ob gegen die Antragstellerin oder den Antragsteller ein gerichtliches Strafverfahren oder ein staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren anhängig ist,
f) eine ärztliche Bescheinigung, die nicht früher als einen Monat vor der Vorlage ausgestellt sein darf, wonach keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Antragstellerin oder dem Antragsteller wegen eines körperlichen Leidens oder wegen Schwäche der geistigen oder körperlichen Kräfte oder wegen einer Sucht, die für die Ausübung des Berufs als Heilpraktikerin oder Heilpraktiker erforderliche Eignung fehlt,
g) eine Erklärung, ob und ggf. bei welcher Behörde zuvor bereits eine Erlaubnis nach dem HPG beantragt wurde, und
h) ein Nachweis darüber, dass die Antragstellerin oder der Antragsteller mindestens die Hauptschule abgeschlossen hat.

3. Überprüfung der Antragsunterlagen

3.1 Die untere Verwaltungsbehörde prüft aufgrund der mit dem Antrag vorgelegten Unterlagen, ob einer oder mehrere der in § 2 Abs. 1 Buchst. a, d, f und g der 1. DVO-HPG genannten Versagungsgründe vorliegen. Ist dies der Fall, lehnt die untere Verwaltungsbehörde den Antrag ab. Einer Überprüfung der Antragstellerin oder des Antragstellers nach § 2 Abs. 1 Buchst. i der 1. DVO-HPG bedarf es dann nicht.

3.2 Liegt kein Versagungsgrund nach § 2 Abs. 1 Buchst. a, d, f oder g der 1. DVO-HPG vor, leitet die untere Verwaltungsbehörde den Vorgang dem Gesundheitsamt zur Durchführung der Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten der Antragstellerin oder des Antragstellers gemäß § 2 Abs. 1 Buchst. i der 1. DVO-HPG zu.

4. Überprüfung der Antragstellerin oder des Antragstellers

4.1 Die zur Überprüfung der Antragstellenden erforderlichen Daten werden auf der Grundlage des NDSG verarbeitet.

4.2 Die Überprüfung dient der Abwehr von Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung. Dabei ist festzustellen, ob der Stand der Kenntnisse und Fähigkeiten der Antragstellerin oder des Antragstellers keine Anhaltspunkte dafür bietet, dass eine heilkundliche Tätigkeit durch sie oder ihn zu Schäden an der menschlichen Gesundheit führen könnte. Insoweit sind neben der Kenntnis der einschlägigen gesundheitsrechtlichen Vorschriften auch solche fachlichen Grundlagenkenntnisse der Medizin zu überprüfen, ohne deren Beherrschung heilkundliche Tätigkeit mit Gefahren für die menschliche Gesundheit verbunden sein können. Aufgrund der Überprüfung muss insbesondere festgestellt werden können, ob die Antragstellerin oder der Antragsteller die Grenzen ihrer oder seiner Fähigkeiten und der Behandlungskompetenzen der Heilpraktikerin oder des Heilpraktikers klar erkennt, sich der Gefahr bei einer Überschreitung dieser Grenzen bewusst und bereit ist, ihr oder sein Handeln entsprechend einzurichten.

5. Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten

5.1 Wird die nach § 2 Abs. 1 Buchst. i der 1. DVO-HPG erforderliche Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten von Antragstellenden nicht vom Gesundheitsamt selbst vorgenommen, so ist das Verfahren bei dem im Niedersächsischen Landesamt für Soziales, Jugend und Familie (LS) eingerichteten Gutachterausschuss durchzuführen.

5.2 Der Gutachterausschuss besteht aus fünf Mitgliedern:

a) zwei Ärztinnen oder Ärzten,
b) zwei Heilpraktikerinnen oder Heilpraktikern sowie
c) dem vorsitzenden Mitglied, das weder Ärztin oder Arzt noch Heilpraktikerin oder Heilpraktiker sein darf.

Beim Gutachterausschuss ist eine Geschäftsstelle eingerichtet.

5.3 Die Überprüfung besteht aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil. Der schriftliche Teil der Überprüfung wird vor dem mündlichen Teil durchgeführt. Die nach § 161 Abs. 2 NSchG anerkannten Ergänzungsschulen, die der Ausbildung von Heilpraktikerinnen und Heilpraktikern dienen, können auf Antrag beim Gutachterausschuss den schriftlichen und den mündlichen Teil der Überprüfung nach den Nummern 5.7.1 und 5.8.1 in ihren Räumlichkeiten durchführen lassen.

5.4 Die Geschäftsstelle des Gutachterausschusses teilt der Antragstellerin oder dem Antragsteller den Termin für die schriftliche und die mündliche Überprüfung jeweils spätestens drei Wochen vorher mit. Mit Einverständnis der Antragstellerin oder des Antragstellers sind kürzere Mitteilungsfristen zulässig.

5.5 Kann eine Antragstellerin oder ein Antragsteller einen von der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses mitgeteilten Termin nicht einhalten, so hat sie oder er dies unter Darlegung der Gründe für die Verhinderung dem Gutachterausschuss umgehend mitzuteilen. Liegen der Verhinderung Umstände zugrunde, die die Antragstellerin oder der Antragsteller nicht zu vertreten hat, wird sie oder er baldmöglichst erneut zu einem Überprüfungstermin geladen. Sind die Verhinderungsgründe nicht schlüssig dargelegt, ist das Gesundheitsamt berechtigt, im Rahmen der Stellungnahme eine Ablehnung des jeweiligen Antrags zu empfehlen. In diesem Fall gilt für bereits entstandene Kosten des Gesundheitsamtes oder des Gutachterausschusses Nummer 11 entsprechend.

5.6 Bei jeder Überprüfung hat die Antragstellerin oder der Antragsteller neben der Benachrichtigung den gültigen Personalausweis oder Reisepass vorzulegen.

5.7 Schriftlicher Teil der Überprüfung

Das Land Niedersachsen nimmt am länderübergreifenden Verfahren zur Heilpraktikerüberprüfung teil, bei dem der schriftliche Teil der Überprüfung anhand eines bundesweit einheitlichen Fragebogens erfolgt, der vom koordinierenden Gesundheitsamt beim Landratsamt Ansbach (Bayern) zu jedem Überprüfungstermin herausgegeben wird.

5.7.1 Der schriftliche Teil der Überprüfung wird jeweils am 3. Mittwoch im März und am 2. Mittwoch im Oktober eines jeden Jahres durchgeführt. Weitere Termine werden nicht angeboten. Am schriftlichen Teil der Überprüfung im März bzw. im Oktober nehmen alle diejenigen Antragstellenden teil, bei denen keine Versagungsgründe nach § 2 Abs. 1 Buchst. a, d, f oder g der 1. DVO-HPG festgestellt worden sind, soweit diese Feststellung der durchführenden Stelle für den Termin im März bis zum 1.Februar und für den Termin im Oktober bis zum 1.September mitgeteilt worden ist.

5.7.2 Der schriftliche Teil der Überprüfung erstreckt sich auf den Ausschluss von Gefahren in folgenden Sachgebieten:

a) Berufs- und Gesetzeskunde einschließlich rechtliche Grenzen der Ausübung der Heilkunde ohne Approbation als Ärztin oder Arzt,
b) Grenzen und Gefahren diagnostischer und therapeutischer Methoden der Heilpraktikerin und des Heilpraktikers,
c) Grundkenntnisse der Anatomie, pathologischen Anatomie, Physiologie und Pathophysiologie,
d) Grundkenntnisse in der allgemeinen Krankheitslehre, Erkennung und Unterscheidung von Volkskrankheiten, insbesondere der Stoffwechselkrankheiten, der Herz- Kreislauf-Krankheiten, der degenerativen Erkrankungen, der über-tragbaren Krankheiten, der bösartigen Neubildungen sowie ernster seelischer Erkrankungen,
e) Erkennung und Erstversorgung akuter Notfälle und lebensbedrohender Zustände,
f) Praxishygiene, Desinfektion und Sterilisation,
g) Deutung grundlegender Laborwerte.

5.7.3 Im schriftlichen Teil der Überprüfung werden der Antragstellerin oder dem Antragsteller 60 Fragen zur schriftlichen Beantwortung im Antwort-Wahl-Verfahren gestellt. Der Antragstellerin oder dem Antragsteller stehen für die Beantwortung der Fragen 120 Minuten zur Verfügung.

5.7.4 Die Aufsichtführenden im schriftlichen Teil der Überprüfung werden von der durchführenden Stelle oder von einem vom Gutachterausschuss benannten Mitglied bestimmt.

5.7.5 Antragstellende, die mindestens 75 v.H. der im Antwort-Wahl-Verfahren zu beantwortenden Fragen zutreffend beantwortet haben, werden zum mündlichen Teil der Überprüfung geladen.

5.7.6 Falls die Antragstellerin oder der Antragsteller den Anforderungen des schriftlichen Teils nicht gerecht wird, wird die Überprüfung abgebrochen und festgestellt, dass angenommen werden muss, dass die Ausübung der Heilkunde durch die Antragstellerin oder den Antragsteller eine Gefahr für die Volksgesundheit bedeuten würde. Die Geschäftsstelle des Gutachterausschusses teilt dies dem zuständigen Gesundheitsamt mit. Das Gleiche gilt, wenn bei der Antragstellerin oder dem Antragsteller während der schriftlichen Überprüfung Täuschungsversuche oder sonstige Unregelmäßigkeiten festgestellt worden sind.

5.8 Mündlicher Teil der Überprüfung

5.8.1 Der mündliche Teil der Überprüfung soll für diejenigen Antragstellenden, die im März den schriftlichen Teil erfolgreich absolviert haben, bis zum Ende des darauf folgen-den Monats September abgeschlossen sein. Sie soll für diejenigen Antragstellenden, die im Oktober den schriftlichen Teil erfolgreich absolviert haben, bis zum Ende des darauf folgenden Monats März abgeschlossen sein.

5.8.2 Die mündliche Überprüfung wird vom Gutachterausschuss beim LS durchgeführt.

5.8.3 Der mündliche Teil der Überprüfung erstreckt sich auf die in Nummer 5.7.2 genannten Sachgebiete sowie auf den Ausschluss von Gefahren bei:

a) Technik der Anamneseerhebung; Methoden der unmittelbaren Krankenuntersuchung (Inspektion, Palpation, Perkussion, Auskultation, Reflexprüfung, Puls- und Blutdruckmessung) und
b) Injektions- und Punktionstechniken.

5.8.4 Der mündliche Teil der Überprüfung soll für jede Antragstellerin und jeden Antragsteller nicht länger als 45 Minuten dauern. Es kann in Gruppen bis zu vier Antragstellenden überprüft werden.

5.8.5 Im mündlichen Teil der Überprüfung sind die gestellten Fragen in freier Form zu beantworten. Werden praktische Aufgaben gestellt, sind diese in Anwesenheit aller Mitglieder des Gutachterausschusses zu erledigen.

5.8.6 Aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Überprüfung entscheidet der Gutachterausschuss, ob bei der Antragstellerin oder dem Antragsteller Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Ausübung der Heilkunde durch sie oder ihn eine Gefahr für die Volksgesundheit bedeuten würde. Die Geschäftsstelle des Gutachterausschusses teilt die vom Gutachterausschuss getroffene Entscheidung mit dem Ergebnis der schriftlichen Überprüfung dem zuständigen Gesundheitsamt mit. Das Gesundheitsamt trifft daraufhin seine Entscheidung und teilt diese sowie das Ergebnis der schriftlichen und mündlichen Überprüfung der unteren Verwaltungsbehörde mit.

5.9 Niederschrift

5.9.1 Über den schriftlichen Teil der Überprüfung ist von den Aufsichtführenden eine Niederschrift zu fertigen, aus der sich insbesondere die Namen der teilnehmenden Personen und ggf. vorgekommene Unregelmäßigkeiten ergeben.

5.9.2 Über den mündlichen Teil der Überprüfung ist eine Niederschrift zu fertigen, aus der sich insbesondere ergibt, worauf sich das Ergebnis der Überprüfung stützt.

5.10 Die Regelungen der Nummer 5 gelten entsprechend, wenn die Überprüfung durch das Gesundheitsamt selbst vorgenommen wird.

6. Eingeschränkte Überprüfung

6.1 Bei Antragstellenden, die

a) den von einer inländischen oder als gleichgestellt anerkannten inländischen Hochschule verliehenen akademischen Grad einer Diplom-Psychologin oder eines Diplom-Psychologen führen dürfen,
b) glaubhaft schriftlich versichern, ausschließlich auf dem Gebiet der Psychotherapie heilkundlich tätig sein zu wollen und
c) eine Zusatz-, Fort- oder Weiterbildung in Psychotherapie nachweisen,

hat das Gesundheitsamt die Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten der Antragstellenden nach § 2 Abs. 1 Buchst. i der 1. DVO-HPG grundsätzlich nach Aktenlage durchzuführen.

6.1.1 Für den Nachweis der Qualifikation gilt:

a) Voraussetzung für den Qualifikationsnachweis gemäß Nummer 6.1 Buchst. a ist ein Abschluss, der das Fach Klinische Psychologie einschließt.
b) Wurde das in Nummer 6.1.1 Buchst. a genannte Fach zwar im Studium belegt, ist dies jedoch im Diplom-Zeugnis nicht aufgeführt, so kann der Nachweis grundsätzlich auch durch Vorlegen des Studienbuches geführt werden.
c) Können Nachweise gemäß Nummer 6.1.1 Buchst. a und b nicht erbracht werden, sind Fortbildungsbelege anzuerkennen, die die Antragstellerin oder der Antragsteller nach dem Hauptdiplom erworben hat (z.B. „klinische Psychologie BDP").

6.1.2 Ergeben sich aus der Überprüfung der Antragsunterlagen konkrete Anhaltspunkte oder Zweifel an der Qualifikation der Antragstellerin oder des Antragstellers, insbesondere dadurch, dass der Hochschulabschluss länger zurückliegt, ohne dass es zwischenzeitlich zu einer nennenswerten beruflichen Befassung gekommen wäre, oder die in Nummer 6.1 Buchst. a und c benannten Nachweise nicht geführt werden können, ist eine auf das Gebiet der Psychotherapie eingeschränkte schriftliche und mündliche Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten vorzunehmen. Bei Antragstellerinnen und Antragstellern, die ihren Antrag vor dem 1.4.2007 gestellt haben, findet das bisherige Verfahren statt, wenn die mündliche Überprüfung bis zum 31.12.2007 durchgeführt wird.

6.1.3 Von einer Überprüfung kann im Einzelfall abgesehen werden, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller aus den letzten fünf Jahren eine mindestens dreijährige psychotherapeutische Tätigkeit (Umfang in Vollzeit), vorzugsweise unter ärztlicher approbierter psychotherapeutischer Begleitung, nachweist.

6.1.4 Die Überprüfung besteht aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil. Der schriftliche Teil der Überprüfung wird vor dem mündlichen Teil durchgeführt. Die nach § 161 Abs. 2 NSchG anerkannten Ergänzungsschulen, die der Ausbildung von Heilpraktikerinnen und Heilpraktikern dienen, können auf Antrag beim Gutachterausschuss den schriftlichen und den mündlichen Teil der Überprüfung nach den Nummern 7.5 und 7.6 in ihren Räumlichkeiten durchführen lassen.

7. Eingeschränkte Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten gemäß Nummer 6.1.2

7.1 Wird die eingeschränkte Überprüfung (Nummer 6) der Kenntnisse und Fähigkeiten von Antragstellenden nicht vom Gesundheitsamt selbst vorgenommen, so ist das Verfahren bei dem im LS eingerichteten Gutachterausschuss durchzuführen.

7.2 Der Gutachterausschuss für das eingeschränkte Überprüfungsverfahren besteht aus drei Mitgliedern:

a) einer Psychiaterin oder einem Psychiater mit psychotherapeutischer Zusatzausbildung,
b) einer Diplom-Psychologin oder einem Diplom-Psychologen, die oder der in der Psychotherapie erfahren ist, oder einer Heilpraktikerin oder einem Heilpraktiker, die oder der psychotherapeutisch tätig ist, sowie
c) dem vorsitzenden Mitglied, das weder eine in der Psychotherapie erfahrene Diplom-Psychologin oder ein in der Psychotherapie erfahrener Diplom-Psychologe oder eine Psychiaterin oder ein Psychiater mit psycho-therapeutischer Zusatzausbildung noch eine psychotherapeutisch tätige Heilpraktikerin oder ein psychotherapeutisch tätiger Heilpraktiker sein darf.

Beim Gutachterausschuss ist eine Geschäftsstelle eingerichtet.

7.3 Der schriftliche Teil der Überprüfung erstreckt sich auf den Ausschluss von Gefahren in folgenden Sachgebieten:

a) Berufs- und Gesetzeskunde einschließlich rechtliche Grenzen der Ausübung der Heilkunde beschränkt auf Psychotherapie ohne Approbation als Psychotherapeutin oder Psychotherapeut,
b) Grenzen und Gefahren diagnostischer und therapeutischer Methoden bei der Ausübung einer Tätigkeit als Heilpraktikerin oder Heilpraktiker beschränkt auf Psychotherapie,
c) Kenntnisse über die Abgrenzung psychischer von somatischen Störungen, insbesondere von Volkskrankheiten, Stoffwechselerkrankungen, Systemerkrankungen und degenerativen Erkrankungen,
d) Erkennung akuter Notfälle und lebensbedrohender Zustände,
e) Kenntnisse von Symptomen und Erscheinungsbildern derartiger psychischer Störungen, die Gefahren für Patientinnen und Patienten und dritte Personen darstellen, so dass deren Behandlung ausschließlich durch Psychotherapeutinnen oder Psychotherapeuten mit Approbation angezeigt ist,
f) ausreichende diagnostische Fähigkeiten in Bezug auf das seelische Krankheitsbild,
g) Kenntnisse in psychologischer Diagnostik, in Psychopathologie und klinischer Psychologie,
h) Grundkenntnisse der entwicklungs-, sozial-, persönlichkeits- und neuropsychologischen Grundlagen der Psychotherapie,
i) Grundkenntnisse der Konzepte über die Entstehung, Aufrechterhaltung und den Verlauf psychischer und psychisch mitbedingter Erkrankungen verschiedener Altersgruppen,
j) Grundkenntnisse der psychosomatischen und der psychiatrischen Krankheitslehre,
k) medizinische und pharmakologische Grundkenntnisse im Bereich der Psychotherapie,
l) die Fähigkeit, die Patientin oder den Patienten entsprechend ihrer Diagnose zu behandeln.

7.4 Im schriftlichen Teil der Überprüfung werden der Antragstellerin oder dem Antragsteller 28 Fragen zur schriftlichen Beantwortung im Antwort-Wahl-Verfahren gestellt. Der Antragstellerin oder dem Antragsteller stehen für die Beantwortung 55 Minuten zur Verfügung.

7.5 Die Nummern 5.4 bis 5.7.1. und 5.7.4 bis 5.7.6 gelten entsprechend.

7.6 Mündlicher Teil der Überprüfung

7.6.1 Die Nummern 5.8.1 und 5.8.2 gelten entsprechend.

7.6.2 Der mündliche Teil der Überprüfung erstreckt sich auf die in Nummer 7.3 genannten Sachgebiete sowie auf den Ausschluss von Gefahren bei:

a) Ätiologie, Indikation und Therapieplanung,
b) Dokumentation,
c) Evaluation,
d) Kooperation mit den anderen Berufsgruppen des Gesundheitswesens.

7.6.3 Die Nummern 5.8.4. bis 5.9.2 gelten entsprechend.

7.7 Die Regelungen der Nummer 7 gelten entsprechend, wenn die Überprüfung durch das Gesundheitsamt selbst vorgenommen wird.

8. Entscheidungen der unteren Verwaltungsbehörde

8.1 Hat die Antragstellerin oder der Antragsteller die Überprüfung insgesamt erfolgreich absolviert, erteilt die untere Verwaltungsbehörde die Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde für Antragstellerinnen unter der Berufsbezeichnung „Heilpraktikerin”, für Antragsteller unter der Berufsbezeichnung „Heilpraktiker”.

8.2 Antragstellende, bei denen die eingeschränkte Überprüfung nach Nummer 6 zu einem positiven Ergebnis geführt hat, erhalten von der unteren Verwaltungsbehörde die Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde beschränkt auf das Gebiet der Psychotherapie unter der Berufsbezeichnung „Heilpraktikerin beschränkt auf das Gebiet der Psychotherapie” oder „Heilpraktiker beschränkt auf das Gebiet der Psychotherapie”. In die Erlaubnisurkunde ist aufzunehmen, dass vor Aufnahme der heilkundlichen Betätigung außerhalb des Gebiets der Psychotherapie eine entsprechende Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz erforderlich ist, die eine Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten der Antragstellerin oder des Antragstellers durch das Gesundheitsamt voraussetzt. Eine heilkundliche Betätigung außerhalb des Gebietes der Psychotherapie ohne vorausgegangene Erlaubnis führt zur Rücknahme der bereits erteilten Erlaubnis nach § 7 Abs. 1 der 1. DVO-HPG.

8.3 Anträge von Antragstellenden, die die Überprüfung insgesamt nicht erfolgreich abgeschlossen haben und deren Zulassung als Heilpraktikerin oder Heilpraktiker daher eine Gefahr für die Volksgesundheit darstellen würde, werden von der unteren Verwaltungsbehörde abgelehnt. Der ablehnende Bescheid ist mit Gründen und einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen.

8.4 Anträge von Antragstellenden, die sich im Rahmen der Überprüfung nach Nummer 5 bzw. der eingeschränkten Überprüfung nach Nummer 6 nach erfolgreichem Absolvieren des schriftlichen Teils der Überprüfung nicht innerhalb eines Jahres dem mündlichen Teil der Überprüfung stellen, werden von der unteren Verwaltungsbehörde abgelehnt, wenn die Nichtteilnahme am mündlichen Teil der Überprüfung auf von der Antragstellerin oder dem Antragsteller zu vertretenden Gründen beruht.

9. Überprüfungsunterlagen

Auf Antrag ist einer Antragstellerin oder einem Antragsteller nach Abschluss der Überprüfung Einsicht in die Prüfungsunterlagen zu gewähren. Schriftliche Aufsichtsarbeiten und Überprüfungsniederschriften sind zehn Jahre aufzubewahren.

10. Widerspruchsverfahren und Zurücknahme der Erlaubnis

10.1 Für das Widerspruchsverfahren gelten die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung.

10.2 Der vor Zurücknahme der Erlaubnis nach § 7 Abs. 3 der 1. DVO-HPG zu hörende Gutachterausschuss (§ 4 der 1. DVO-HPG) besteht mit einer Geschäftsstelle beim LS.

11. Kosten

11.1 Für die Erteilung der Heilpraktikererlaubnis werden Gebühren nach dem NVwKostG i.V.m. Nummer 42.1 des Kostentarifs zur AllGO erhoben. In den Fällen der Ablehnung der Erlaubnis und der Zurücknahme des Antrags werden Gebühren nach Nummer 110 des Kostentarifs erhoben.

11.2 Die Kosten des Gutachterausschusses sind in der Gebühr enthalten. Sie werden unmittelbar durch die Geschäftsstelle des Gutachterausschusses der unteren Verwaltungsbehörde in Rechnung gestellt. Die Auslagen des Gesundheitsamtes sind ebenfalls in der Gebühr enthalten. Das Gesundheitsamt ist daher berechtigt, unter Berücksichtigung von § 13 Abs. 1 Satz 3 NVwKostG, seine Aufwendungen der unteren Verwaltungsbehörde in Rechnung zu stellen.

11.3 Die untere Verwaltungsbehörde kann die Übersendung der Antragsunterlagen an das zuständige Gesundheitsamt zur Durchführung der Überprüfung davon abhängig machen, dass die Antragstellerin oder der Antragsteller einen von ihr festzusetzenden Teil der entstehenden Kosten vorher bezahlt hat.

12. Entschädigung von Sachverständigen

12.1 Sachverständige, die zu Überprüfungen herangezogen worden sind, erhalten für ihre Tätigkeiten folgende Entschädigungsleistungen:

- für jede angefangene Stunde der Sitzungsdauer eine Entschädigung von 30 EUR,
- zur Vorbereitung auf einen Sitzungstag eine Entschädigungspauschale von 30 EUR sowie
- eine Reisekostenvergütung nach dem Bundesreisekostengesetz (BRKG) vom 26.5.2005 (BGBl. I S. 1418).

12.2 Aufsichtführende, die nicht der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses angehören bzw. nicht im Hauptamt für Aufgaben nach dem HPG zuständig sind, erhalten für ihre Tätigkeit nach Nummer 5.7.4 folgende Entschädigungsleistungen:

- für jede angefangene Stunde der Überprüfung einschließlich Vor- und Nachbereitung eine Entschädigung von 6,85 EUR sowie
- eine Reisekostenvergütung nach dem BRKG.

12.3 Die gewährten Entschädigungen und Reisekostenvergütungen sind bei Kapitel 05 40 Titel 526 10 des Landeshaushalts zu verausgaben und nach Erstattung durch die zuständigen Behörden als Einnahmen des Landes bei Kapitel 05 20 Titel 111 01 zu buchen.

13. Überwachung

Es gehört zu den Aufgaben der Gesundheitsämter, die Tätigkeit derjenigen Personen, die sowohl eine allgemeine Heilpraktikererlaubnis als auch eine auf das Gebiet der Psychotherapie beschränkte Erlaubnis besitzen, zu überwachen. Zur Erleichterung dieser Aufgabe ist den Gesundheitsämtern von den zuständigen Verwaltungsbehörden jeweils eine Durchschrift der Erlaubnisurkunde zuzuleiten. 14. Schlussbestimmungen

Dieser RdErl. tritt am 1.4.2007 in Kraft. Gleichzeitig wird der Bezugserlass aufgehoben.

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