Echter Umweltschutz oder „Grünfärberei“?: Wie grün ist Ökostrom wirklich?
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- Dienstag, 11. März 2014, 18.20 - 18.50 Uhr
- Mittwoch, 12. März 2014, 13.00 - 13.30 Uhr (Wdh.)
Grün, grün, grün sind alle meine Stromtarife – das ist das Lied, das die deutschen Stromanbieter seit der Katastrophe in Fukushima anstimmen. Hunderte Tarife tragen Natur und Ökologie im Namen. Sind sie alle gleich sauber, oder betreiben manche Anbieter bloß Greenwashing?
Hunderte Tarife zur Auswahl
Als es vor drei Jahren in Fukushima knallte, war das in Deutschland der Einstieg in den endgültigen Atomausstieg: Bis 2020 sollen alle Atommeiler von Netz gehen. Viele Kunden und Verbraucher begrüßen die Energiewende und wünschen sich grünen Ökostrom statt grauem „Egalstrom“ aus Atom- oder Kohlekraftwerken. Die Stromerzeuger, so scheint es, kommen diesem gestiegenen Bedürfnis gerne nach. Sie überhäufen ihre Kunden geradezu mit Ökostrom-Tarifen – bundeweit sind es fast 1.000. „Pro-Öko“, „Naturenergie Plus“, „Grundgrün“ oder gar „Prima Klima“ heißen solche Tarife. Doch wie grün ist Ökostrom wirklich?
Grün ist nicht gleich grün
Schaut man sich auf Vergleichsportalen im Internet die Tarifinformationen für die Ökostromtarife an, scheint auf den ersten Blick alles in Ordnung zu sein: „100 Prozent regenerativ“ heißt es da häufig. Wenn ein solcher Tarif dann auch noch vom TÜV zertifiziert wurde und zudem deutlich günstiger ist als der Grundversorger, dann kann man doch getrost zugreifen, oder?
Grünfärberei als Vermarktungsmasche
Doch grün ist nicht gleich grün. „100 Prozent regenerativ“ kann zum Beispiel folgendes heißen:
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Ökostrom ist oft noch günstiger als der Basistarif vom Grundversorger.
Ein großer Stromkonzern hat schon seit Jahrzehnten einen gewissen Prozentsatz Strom im Angebot, der mit Wasserkraft erzeugt wird. Dieser kommt nicht aus Deutschland, sondern wird aus dem Wasserkraft-Wunderland Norwegen importiert, in dem Wasserkraft im Überfluss erzeugt wird. Das Kraftwerk kann durchaus 50 Jahre alt sein.
Nun verschiebt der Konzern einfach auf dem Papier den umweltfreundlichen Teil seines Strom-Portfolios. Während früher alle Kunden viel Kohle- und Atomstrom und einen kleinen Teil Wasserkraft bekamen, wird jetzt die Wasserkraft exklusiv mit Öko-Etikett vermarktet und – zumindest in der Theorie – nur zu den Kunden in die Steckdose geleitet, die den Ökotarif bezahlen.
CO2-Einsparung: 0,0 Prozent
Werbeleute nennen das „Greenwashing“. Insgesamt wird nicht eine einzige Kilowattstunde umweltfreundlicher erzeugt als zuvor, denn im Gegenzug enthalten die normalen Stromtarife plötzlich nur noch Kohle- und Atomstrom, ohne dass die Stammkunden das merken. Die CO2-Einsparung aus einem 50 Jahre alten norwegischen Wasserkraftwerk beträgt in diesem Fall 0,0 Prozent.
Auf den Zubau kommt es an
Experten legen die sogenannte Zubauwirkung als Maßstab dafür an, wie „öko“ ein Stromtarif tatsächlich ist. Zubauwirkung bedeutet: Nur, wenn ein Ökostromtarif dazu beiträgt, dass ökologische Anlagen wie Solaranlagen, Wind- oder Wasserkraftwerke neu entstehen oder zumindest ausgebaut werden, gibt es einen ökologischen Effekt.
TÜV-Label: Ein Schimmer von Grün
Viele Ökostrom-Tarife sind durch eines der zahlreichen TÜV-Label zertifiziert. Dadurch ist garantiert, dass der Strom regenerativ erzeugt wurde. Zusätzlich verspricht der TÜV:
„25 Prozent der Strommenge sollen (!) dabei aus Neuanlagen kommen. Die auf den Ökostrom erhobenen Preisaufschläge dienen dem Ausbau regenerativer Energien.“
Eine gewisse Zubauwirkung wird also garantiert, doch ist sie denkbar gering: Gerade einmal 0,25 Cent pro Kilowattstunde sollen in den Zubau fließen. Die Förderung durch das EEG ist 25-mal so hoch. Der Kauf einer LED-Lampe bringt deutlich mehr CO2-Ersparnis.
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Beim "Grüner-Strom-Label" fließt ein "Förder-Cent" pro Kilowattstunde (Privatkunden) in Zubauprojekte.
OK-Power-Label und das Grüner-Strom-Label: Grüner wird‘s nicht
Experten raten daher zu den beiden Labeln: „OK-Power“ (Träger sind die Verbraucherzentrale NRW und das Öko-Institut e. V.) und „Grüner-Strom-Label“ (getragen unter anderem von NABU, BUND und EUROSOLAR), die deutlich strengere Kriterien anlegen als der TÜV.
Kriterien des OK-Power-Labels
Für das OK-Power-Label muss der Ökostrom zu mindestens 66 Prozent aus neuen Anlagen stammen:
- 1/3 der Anlagen muss jünger sein als sechs Jahre
- 1/3 der Anlagen muss jünger sein als zwölf Jahre
Kriterien des „Grüner-Strom-Labels“ (GSL)
Beim „Grüner-Strom-Label“ fließt ein „Förder-Cent“ pro Kilowattstunde (Privatkunden) in Zubauprojekte wie etwa den Ausbau von
- Stromspeichern
- Intelligente Stromnetze
- Elektromobilität
Über 1.000 Projekte wurden durch den GSL-Förder-Cent im letzten Jahr unterstützt.
Und der Preis für Ökostrom? Im grünen Bereich und meist günstiger als der Basistarif
Wie günstig ein Anbieter echten Ökostrom anbieten kann, hängt von vielen Faktoren ab. Auch hier bedeutet dies: Der eine wirtschaftet besser, der andere schlechter. Grundsätzlich aber gilt: Die Förderung von Ökostrom und der Zubau neuer umweltfreundlicher Energieanlagen kostet Geld, und dieses Geld kommt vom umweltbewussten Kunden. Doch der ist oft gerne bereit, zusätzlich zu den 6,24 Cent EEG-Umlage noch mehr zu zahlen, um der Energiewende auf die Sprünge zu helfen.
Viel muss das gar nicht sein, wie unsere Beispielrechnung zeigt: Verbraucht ein Durchschnittshaushalt 3.600 kW/h pro Jahr, zahlt er bei einem zusätzlichen Förder-Cent drei Euro pro Monat drauf. So ist auch zertifizierter, „echter“ Ökostrom im Regelfall immer noch günstiger als der Egalstrom vom Grundversorger. Er ist allerdings etwas teurer als die Tarife von Strom-Discountern.
Autor: Michael Bisping
Links zum Thema:
- Auf dieser von der Verbraucherzentrale empfohlenen Liste sind die Anbieter und Tarife zusammengefasst, die durch OK-Power oder Grüner-Strom-Label zertifiziert sind.
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Artikel und Testergebnis zum Angebot von Ökostromtarifen aus dem Jahr 2012
(Stiftung Warentest) - Homepage mit Informationen zum Grüner Strom Label e. V.
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Kriterienkatalog zum Download
(Grüner Strom Label e. V.) -
Homepage mit Informationen zum OK-Power-Label
(EnergieVision e. V.) - Homepage von Greenpeace-Energy, das ähnlich strenge Kriterien anlegt wie OK-Power und Grüner-Strom-Label.
Stand: 11.03.2014, 10.00 Uhr
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