Was wäre dieser Verleger aber ohne seine BB, bürgerlich Annelotte Becker-
Berke, gewesen? Sie, die «Chefsekre-
tärin», war die Zeremonienmeisterin in Ledigs Königreich. Wenn ihre Pflichten es verlangten, stieg sie ihrem Chef bis in die Herbertstraße auf dem Reeperbahn-Kiez hinterher, um ihm Verträge und unaufschiebbare Briefe zur Unterschrift vorzulegen. «Da lag dann Heinrich Maria Gargantua unter mächtigen Plumeaus – und durchaus nicht allein …» BB trug ihr Schicksal mit Fassung. «Seht mal, wie niedlich, da draußen äst ein Reh – ach, dieses blöde Reinbek», lästerte sie gerne mal über den neuen Verlagsstandort draußen, weit draußen im Speckgürtel vor den Toren Hamburgs.

Und die «Ballon-Affäre», die legendäre? Schlag nach bei Raddatz! Rowohlt, «das Haus mit dem gepflegten Links-Image», hatte im wilden Jahr 1969 einen Text Jewgenija Ginsburgs über die Stalin-Lager dem Verteidigungsminsterium 50.000 Mal verkaufen können. Zum handfesten Skandal wurde der Deal mit der Bonner Hardthöhe dadurch, dass die «Propaganda-rororos» auf das Format einer Mao-Bibel verkleinert, in grünen Kunststoff eingebunden, in Frischhalte-
beuteln wasserdicht verpackt – und mittels Raketen und Ballons über


dem Hoheitsgebiet der DDR abgeworfen wurden. Statt eines Verlagsvermerks war ein Revers eingedruckt mit der unver-
hohlenen Aufforderung an die Bürger der «SBZ», sich vertrauensvoll an eine Tarnadresse der Bundeswehr zu wenden.

Zu unguter Letzt drohten auch noch militante APO-Aktivisten, den Stand des Rowohlt-Verlags auf der Frankfurter Buchmesse kurz und klein zu schlagen und sich die «Verräter» Ledig und Raddatz vorzuknöpfen. Unruhestifter, so weit das Auge reicht!