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Flächendeckende LKW-Maut

Ein Weg mehr zu Klimaschutz?
Durch die Vorgaben der EU, bis 2020 die Treibhausgasemissionen um 20 Prozent reduzieren zu wollen, hat die Klimaschutz-Debatte neuen Auftrieb erhalten. Der Verkehr ist der größte Verursacher. Kann eine flächendeckende Lkw-Maut dazu beitragen, die Klimaschutzziele zu erreichen?
Pro:
Maga. Sylvia Leodolter
Wenn es um den Klimaschutz und die Gesundheit der österreichischen Bevölkerung geht, dürfen sich Maßnahmen nicht auf den Transitverkehr beschränken. Ein Großteil der Probleme und Emissionen des Schwerverkehrs ist eindeutig hausgemacht. Fast drei Vierteil der Lkw-Transportleistung in Österreich wird ausschließlich im Binnenverkehr erbracht, der Transitverkehr macht nur circa zehn Prozent aus.
Die flächendeckende Lkw-Maut soll dazu beitragen, dass der Schwerverkehr jene Kosten, die er verursacht, auch selbst stärker als bisher trägt. Denn der Gütertransport auf der Straße ist immer noch eindeutig zu billig. Vor allem auf dem niederrangigen Straßennetz, also auf den Landes- und Gemeindestraßen, trägt er nicht einmal jene Kosten, die er für die Errichtung und Instandhaltung des Straßennetzes verursacht. Laut Wegekostenrechnung kommt der Lkw-Verkehr auf den ehemaligen Bundesstraßen nur zu 47 Prozent für die Straßeninfrastrukturkosten auf, auf dem restlichen Landes- und Gemeindenetz gar nur zu 13 Prozent. Die enormen Kosten für Umwelt-, Gesundheits- und Unfallfolgeschäden sind da freilich noch nicht eingerechnet.
Derzeit werden auf dem hochrangigen Asfinag-Netz 56 Prozent der in Österreich gefahrenen Lkw-Kilometer bemautet, für 44 Prozent der Lkw-Kilometer auf dem Landes- und Gemeindestraßennetz zahlen Lkw – anders als in der Schweiz – keine Maut. Die 2006 durchgeführte AK-Studie "Lkw-Roadpricing" belegt aufgrund einer Verkehrserhebung bei Sondermautstrecken und ausgewählten Streckenabschnitten zum ersten, dass die Frächter durch die Maut zu mehr Effizienz gezwungen werden und dass der Leerfahrtenanteil im Schnitt deutlich von 21 Prozent auf unter 16 Prozent zurückgeht. Dieser Effekt ist auch auf den Landes- und Gemeindestraßen zu erwarten, wo der Leerfahrtenanteil generell höher ist. Nach vorsichtigen Schätzungen würde die Vermeidung von Leerfahrten den Treibstoffbedarf des Güterverkehrs um etwa drei Prozent senken. Das bedeutet eine Entlastung der österreichischen Treibhausgasbilanz um über 300.000 Tonnen CO2 jährlich. Noch nicht einberechnet sind dabei Einsparungseffekte durch mehr Effizienz und durch Verlagerungseffekte auf die Schiene, die in bescheidenem Umfang sicher auch möglich sind. Klarer Gewinner einer flächendeckenden Maut wird jedenfalls die Bevölkerung an den derzeitigen Mautausweichrouten sein, die jetzt durch Unfallgefahr, Lärm und Abgase besonders belastet ist. Sie kann aufatmen, wenn es sich nicht mehr lohnt, statt über die Autobahn schwer beladen durch Ortsgebiete zu fahren, weil überall der selbe Mautsatz gilt.
Die Einführung der Maut auf dem Asfinag-Netz hat aber auch bewiesen, dass die Ängste der KonsumentInnen vor massiven Preisschüben völlig zu Unrecht geschürt wurden. In Österreich hatte die AK 2001 mit einer maximalen Inflationserhöhung von 0,21 Prozent gerechnet. Tatsächlich waren die Preiserhöhungen jedoch so gering, dass sie für die meisten Produkte nicht messbar waren und insgesamt von den KonsumentInnen kaum wahrgenommen wurden. Das selbe gilt für Deutschland und die Schweiz. Eine Ausdehnung der Maut auf das gesamte Straßennetz würde eine Inflationssteigerung von maximal etwa 0,14 Prozent ausmachen, wurde im Rahmen der oben erwähnten AK-Studie berechnet. Sicher kein Grund, auf die positiven Effekte für Klima, Gesundheit und mehr Chancen für den öffentlichen Verkehr zu verzichten.

Pro:

Maga.Sylvia Leodolter ist Ökonomin und Leiterin der Abteilung Umwelt & Verkehr in der AK Wien
Weniger Leerfahrten und Ausweichverkehr entlasten Bevölkerung und Klima.

Con:

Dr. Veronika Kessler ist Juristin und Leiterin der Abteilung für Verkehrs- und Infrastrukturpolitik der Wirtschaftskammer Österreich.
Flächendeckende LKW-Maut belastet sowohl Wirtschaft als auch KonsumentInnen
Kontroverse

Flächendeckende LKW-Maut

Ein Weg mehr zu Klimaschutz?
Durch die Vorgaben der EU, bis 2020 die Treibhausgasemissionen um 20 Prozent reduzieren zu wollen, hat die Klimaschutz-Debatte neuen Auftrieb erhalten. Der Verkehr ist der größte Verursacher. Kann eine flächendeckende Lkw-Maut dazu beitragen, die Klimaschutzziele zu erreichen?