Cover Ausgabe 02 | 2007   eMail   Impressum

WAS TUN MIT DEM
VIELEN GAS?
Welche Methode der Abscheidung auch immer gewählt wird, nun gilt es, das CO2 so zu lagern, dass es nicht in die Atmosphäre entweichen kann. Auch dafür gibt es wieder verschiedene Möglichkeiten. Zum einen kann das unter Druck verflüssigte CO2 in die Tiefsee gepumpt werden. Wegen des dort herrschenden Drucks bleibt das CO2 flüssig, und es steigt nicht auf, da flüssiges CO2 etwas schwerer ist als Wasser. Weltweit ist die Skepsis gegenüber dieser Methode jedoch besonders groß, da sich das CO2 langsam im Wasser löst, sodass langfristig Ozeane aus Sodawasser entstehen – mit unabschätzbaren Folgen.
Die zweite Möglichkeit der Speicherung ist die Verpressung des verflüssigten CO2 in erschöpfte Erdöl- oder Erdgaslagerstätten. In bestimmten Fällen kann mit dieser Methode sogar noch ein letzter Rest Erdöl aus den Lagerstätten gedrückt werden. Unter bestimmten Umständen dürften auch andere geologische Formationen dafür in Frage kommen. Jedenfalls ist aber auch bei dieser Methode fraglich, wie dicht die Lager ausgeführt werden können. Auch wenn die Leckagerate beispielsweise nur 0,5 Prozent pro Jahr betrüge, wären nach 100 Jahren wieder 40 Prozent des Gases in die Atmosphäre entwichen – das Problem des Treibhausgasausstoßes wäre damit nur verschoben.

UND DIE KOSTEN?
Die Abscheidung des Kohlendioxids ist bei den beschriebenen Verfahren nicht vollständig, so dass nicht von einer emissionsfreien Technologie, sondern höchstens von einer emissionsarmen Technologie gesprochen werden kann. Für die Abscheidung des Kohlendioxids aus dem Abgas, seine Komprimierung, den Transport und die Endlagerung ist viel Energie nötig. Dadurch sinkt die Ausbeute an Elektrizität. Insgesamt emittiert ein Kraftwerk, das mit CCS arbeitet, bezogen auf die erzeugte Strommenge, etwa ein Viertel der CO2-Menge eines konventionellen Kraftwerks.
Sowohl in der EU als auch in den USA haben die Energieversorger Plattformen zur Imageverbesserung der Kohle gegründet. Tatsächlich sollen in den USA in den nächsten fünf Jahren fünfzig neue Kohlekraftwerke gebaut werden. Mit der CO2-Abscheidung sollen solche Kraftwerke als "emissionsfrei" propagiert werden. Neben der Kohlelobby setzt sich auch die Erdölindustrie für diese Technologie ein, da sie ein zweites Leben für die alten Bohrlöcher kommen sieht.
Auch die EU-Kommission befürwortet die Nutzung von Kohle unter CO2-Abscheidung und bezeichnet sie als nachhaltige Technologie (siehe Kasten Seite 11). Freilich ist unverständlich, was die Kommission damit sagen will – der heute gängige Begriff der Nachhaltigkeit als einer ökonomisch, ökologisch und sozial dauerhaften Lösung kann hier nicht gemeint sein, da diese Kriterien bei der CO2-Speicherung sicher nicht erfüllt werden: Wirtschaftlich gehört sie zu den ungünstigsten Optionen (siehe Kasten Seite 12), für die Umwelt ist die Speicherung ein unabschätzbares, langfristiges Risiko, und gesellschaftlich sind Wege der strukturellen Veränderung des Energiesystems jedenfalls vorzuziehen.
Das deutsche Umweltbundesamt stellt dementsprechend fest, dass "die technische Abscheidung und Speicherung von CO2 nicht nachhaltig ist, sondern allenfalls eine Übergangslösung". In einem Energiesystem der Zukunft wird CCS keinen Platz haben.
Dr. Christoph Streissler ist Chemiker und Mitarbeiter der Abteilung Umwelt & Verkehr in der AK Wien.
Kontroverse

City-Maut

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Stau- und Lärmbelastung nehmen in urbanen Ballungsräumen zu. Wenn fehlgeschlagene Raumordnungspolitik, etwa "Speckgürtel" oder Wohnen im Grünen, im allmorgendlichen Stau ihre Niederkunft erlebt, wird gerne Zuflucht in telematische High-Tech-Visionen gesucht. Ist die City-Maut die Königslösung?