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VCÖ: Spritverbrauch der Autos viel höher als Hersteller angeben
Factsheet: 2011-03
Die Spritpreise steigen. Umso schmerzlicher für Autofahrerinnen und Autofahrer, dass ihre Pkw in der Regel deutlich mehr Treibstoff verbrauchen, als die Hersteller angeben. Grund ist ein alter, realitätsferner Test-Fahrzyklus.
Der Durchschnittsverbrauch der privaten Pkw in Österreich liegt laut Statistik Austria bei rund sieben Liter pro 100 Kilometer. Wenn Autohersteller einen Verbrauch von drei oder vier Liter pro 100 Kilometer angeben, klingt das aufs erste sehr positiv. Doch schon nach der ersten Fahrt kann die Ernüchterung groß sein, wenn der tatsächliche Verbrauch viel höher ist. Die Zeitschrift „Auto, Motor und Sport“ testet regelmäßig Neuwagen. Die Auswertung von 216 Tests, die im Jahr 2010 durchgeführt wurden, ergibt: Der tatsächliche Spritverbrauch der Pkw war im Schnitt um ein Drittel höher als die Herstellerangaben.
Schaden für Autofahrer, Klima und Staat
Der „Neue Europäische Fahrzyklus“ (NEFZ) aus dem Jahr 1996 testet bei
der Fahrzeugzulassung den Verbrauch der Fahrzeuge. Beim Test sind viele
Spritverbraucher ausgeschaltet. Der Test wird bei für Motoren idealen
Temperaturen durchgeführt. Im automobilen Alltag herrschen meist andere
Bedingungen. Das bedeutet für Auto-fahrende höhere Spritkosten. Das
Klima wird mit höheren Treib-hausgas-Emissionen belastet. Und die
Repu-blik Österreich wird geschädigt, da B-onus beziehungsweise Malus
bei der Normverbrauchsabgabe auf Basis der NEFZ-Typenprüfwerte berechnet
werden.
Veralteten Test-Fahrzyklus bei Pkw rasch reformieren
Der Spritverbrauch der Neuwagenflotte lag in Öster-reich laut NEFZ-Typenprüfung im Jahr 2009 im Schnitt bei 6,3 Liter Benzin und 5,7 Liter Diesel. Damit verursachten die neu zugelassenen Pkw im Schnitt 150 Gramm CO2 pro Kilometer, im Jahr 2010 waren es nach vorläufigen Daten 144 Gramm CO2. Aber leider nur auf dem Papier. In der Realität ist der Spritverbrauch und damit auch der CO2-Ausstoß deutlich höher als die Hersteller angeben.
Spritverbrauch wichtiges Kaufkriterium
Der Spritverbrauch ist angesichts steigender Treibstoffpreise ein
wichtiger werdendes Kaufkriterium. Autofahrende erwarten sich durch den
Umstieg von einem alten Pkw auf einen Neuwagen auch eine deutliche
Verringerung ihrer Spritkosten. Dabei vergleichen sie den realen
Verbrauch ihres alten Pkw mit den Herstellerangaben des gewünschten
neuen Pkw. Das böse Erwachen ist vorprogrammiert. Damit sind Neuwagen in
der Realität klimaschädlicher als sie auf den ersten Blick erscheinen.
Test-Fahrzyklus veraltet und praxisfern
Seit dem Jahr 1996 gilt in der EU der „Neue Europäische Fahrzyklus“
(NEFZ). Der Test-Fahrzyklus dauert rund 20 Minuten und findet bei
idealen Luftwiderstandswerten und bei für Motoren optimaler
Umgebungstemperatur von fast 30 Grad Celsius statt. Bei niedrigeren
Temperaturen, etwa im Winter oder bei Kaltstart, ist der Verbrauch
deutlich höher. Sprit-fresser, wie Heizung oder Klimaanlage, sind beim
Test ausgeschaltet. Dabei kann eine Klimaanlage den Verbrauch um bis zu
zwei Liter pro 100 Kilometer erhöhen. Die Höchstgeschwindigkeit beim
Test beträgt 120 km/h, und das nur wenige Sekunden. Der Verbrauch bei
über 120 km/h bleibt ausgeblendet. Unrealistisch sind auch die langsamen
Beschleunigungen, nämlich von 0 auf 50 km/h innerhalb von 26 Sekunden.
Der deutlich höhere Verbrauch bei starken Beschleunigungen wird nicht
berücksichtigt. Zudem werden die Fahrzeuge von der Autoindustrie auf den
Test-Fahrzyklus hin optimiert.
Verbrauch in der Realität deutlich höher
Der Adac hat einen realitätsnäheren Test-Fahrzyklus entwickelt, der
ebenfalls unter Laborbedingungen stattfindet. Der Verbrauch der Pkw ist
beim Adac-Test höher als die Hersteller angeben. Noch größer ist der
Unterschied bei Fahrtests, die im realen Verkehr stattfinden. Die
Analyse von 216 im Jahr 2010 durchgeführten Fahrtests der Zeitschrift
„Auto, Motor und Sport“ zeigt: Im Schnitt ist der Verbrauch um ein
Drittel höher als die Herstellerangaben. Eine Studie des
ÖkoGlobe-Instituts der Universität Duisburg-Essen ergab, dass der reale
Verbrauch im Schnitt um 27 Prozent oder 2,4 Liter über den
Herstellerangaben liegt.
Schaden für Autofahrerinnen und Autofahrer
Im Jahr 2009 wurden in Österreich 319.403 Pkw neu zugelassen. Der
Durchschnittsverbrauch lag den Herstellerangaben zufolge bei rund sechs
Liter pro 100 Kilometer. Wenn ein um 20 Prozent höherer tatsächlicher
Verbrauch angenommen wird, dann bedeutet das bei 15.000 Kilometer einen
zusätzlichen Spritverbrauch der gesamten Pkw-Neuwagenflotte von 57,6
Millionen Liter und zusätzliche Spritkosten von rund 78 Millionen Euro.
Abweichung von Angaben bei als „sparsam“ beworbenen Modellen hoch
Praxistests haben gezeigt, dass gerade Pkw, die als „sparsam“
angepriesen werden, oft eine besonders große Differenz zwischen
Herstellerangaben und rea-lem Verbrauch aufweisen. So braucht der VW
Polo 1.6 TDI Blue Motion Technology laut Herstellerangaben 3,7 Liter pro
100 Kilometer, der tatsächliche Verbrauch beim Test von „Auto, Motor
und Sport“ war mit 5,3 Liter pro 100 Kilometer um 43 Prozent höher. Bei
einer Fahrleistung von 150.000 Kilometer ergibt das einen zusätzlichen
Spritverbrauch von 2.400 Liter und plus 6.384 kg CO2-Emissionen.
Große Belastung für Klima und Umwelt
In Österreich wurden in den Jahren 2000 bis 2010 rund 3,35 Millionen Pkw
neu zugelassen. Laut Herstellerangaben verursachen diese Pkw insgesamt
5,37 Millionen Tonnen CO2 pro 10.000 Kilometer. Bei um 20 Prozent
höheren Emissionen beim realen Fahren erhöht sich die CO2-Belastung um
rund eine Million Tonnen pro 10.000 Kilometer. Damit wird das Erreichen
der Klimaschutzziele massiv erschwert. Zudem wird die Umwelt mit
zusätzlichen Schadstoffen, wie Stickoxiden und Feinstaub, belastet.
Auch Republik Österreich wird geschädigt
Seit dem Jahr 2008 gibt es bei der Normverbrauchsabgabe ein
Bonus-Malus-System. Derzeit gibt es für neue Pkw, die laut Hersteller
weniger als 120 Gramm CO2 pro Kilometer verursachen, einen Bonus von 300
Euro, für Pkw mit mehr als 160 Gramm CO2 einen Malus. Der VW Touareg V6
TDI Blue Motion kommt laut Herstellerangaben auf 195 Gramm CO2 pro
Kilometer. Damit ist ein CO2-Malus von 1.250 Euro fällig. Laut Test von
„Auto, Motor und Sport“ ist der Spritverbrauch und damit auch die
CO2-Emissionen um 44 Prozent höher als angegeben. Mit dem beim Fahrtest
ermittelten realen Wert von rund 280 Gramm CO2 würde der CO2-Malus 7.000
Euro betragen. Durch die nicht der Realität entsprechenden Angaben
entgehen der Republik Österreich Steuereinnahmen von mehreren Millionen
Euro pro Jahr.
Autoproduktion belastet Klima
CO2-Emissionen entstehen auch bei der Fahrzeugproduktion. Für die
Produktion eines einzigen Autos werden im Schnitt 70 Tonnen Materialien
und Ressourcen verbraucht. Ein Pkw belastet daher das Klima bereits
bevor dieser auch nur einen Kilometer zurückgelegt hat. Durch die
Produktion eines Kleinwagens werden rund vier Tonnen CO2 verursacht, bei
der Produktion eines großen Pkw sind es sogar sechs bis sieben Tonnen
CO2. Allein durch die Herstellung eines Pkw wird so viel CO2 verursacht,
wie durch 30.000 Kilometer Autofahren mit einem durchschnittlichen Pkw
entstehen.
VCÖ: Korrekte Informationen für Autokauf
Immer mehr europäische Staaten berücksichtigen bei autobezogenen Steuern die vom Fahrzeug verursachten CO2-Emissionen. Gleichzeitig steigt bei höheren Spritpreisen auch das Interesse der Konsumentinnen und Konsumenten für sparsamere Autos. Für Autohersteller ist es daher wichtiger geworden, beim Test-Fahrzyklus niedrigere Verbrauchswerte zu erreichen. Die Fahrzeuge werden auf den Test-Fahrzyklus hin optimiert. Für Autofahrende, die sich wegen des angeblich niedrigeren Verbrauchs für den Kauf eines neuen Autos entschieden haben, gibt es in der Praxis häufig ein böses Erwachen. Der tatsächliche Verbrauch kann um 30 bis 40 Prozent höher sein als die Hersteller versprechen. Das kann zu Zusatzkosten von 1.000 Euro oder mehr im Jahr führen. Ein höherer Spritverbrauch belastet auch das Klima.
Test-Fahrzyklus auf EU-Ebene rasch reformieren
In der EU wurden im Jahr 2010 rund 13,3 Millio-nen Pkw neu zugelassen.
Etwa jeder vierzigste neue Pkw wurde in Österreich gekauft. Die
Abweichung der Herstellerangaben laut -Typenprüfzyklus vom realen
Spritverbrauch betrifft europaweit viele Millionen Konsumentinnen und
Konsumenten. Die EU möchte aber erst im Jahr 2014 den bestehenden,
praxisfernen Test-Fahrzyklus reformieren. Gerade die aktuell stark
steigenden Spritpreise sollten für die EU Anlass sein, den
Test-Fahrzyklus schneller auf ein der Praxis entsprechendes Verfahren
umzustellen. Denn die Zeiten des billigen Erdöls sind für immer vorbei.
Auch für die Erreichung der Klimaschutzziele ist es unerlässlich, dass
die Pkw halten, was die Hersteller versprechen.
vcö-empfehlungen:
Neuen praxisnahen Test-Fahrzyklus einführen
Der bestehende „Neue Europäische Fahrzyklus“ (NEFZ) ist veraltet und entspricht immer weniger dem realen Verbrauch.
CO2-Werte für Bonus und Malus bei NoVA tiefer ansetzen
Solange der veraltete Test-Fahrzyklus besteht, sind die CO2-Grenzwerte bei der Normverbrauchsabgabe tiefer anzusetzen.
Strengere CO2-Grenzwerte für Autohersteller
Die Autohersteller sind auf EU-Ebene verpflichtet, bis zum Jahr 2015 die
CO2-Emissionen der Neuwagenflotte auf 130 g/km zu verringern. Bei der
Revision im Jahr 2013 soll die reale Emission Grundlage für strengere
CO2-Grenzwerte sein.
Umfassende CO2-Kennzeichnung
Die Konsumentinnen und Konsumenten haben das Recht auf -umfassende und
korrekte Informationen. Deshalb soll in die CO2-Kennzeichnung auch die
durch die Autoproduktion verursachte CO2-Belastung einbezogen werden.
Bewusstsein für spritsparendes Fahren schaffen
Durch eine spritsparende Fahrweise kann der Verbrauch um bis zu 20 Prozent verringert werden (siehe www.spritspar.at).
DI Martin Blum, VCÖ-Verkehrspolitik:
„Der Spritverbrauch ist ein wichtiger werdendes Kriterium beim Autokauf. Umso wichtiger ist es, dass der reale Verbrauch den Herstellerangaben entspricht. Derzeit verbrauchen die Pkw aufgrund eines veralteten und realitätsfernen Test-Fahrzyklus‘ deutlich mehr Sprit als die Hersteller versprechen.“