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    Traumberufe - Zwischen Illusion und Wirklichkeit "Ich verkleidete mich als Sisi" Voriger Artikel Aktuelle Artikel: Meine Zukunft Nächster Artikel Traumberufe - Zwischen Illusion und Wirklichkeit "Ich verkleidete mich als Sisi"
    Zuletzt aktualisiert: 18.06.2014 um 14:28 UhrKommentare

    "In der surrealen Welt der Oper wird man leicht verrückt"

    Mit 36 Jahren ist er einer der fünf besten Tenöre der Welt. Begonnen hat Joseph Callejas Karriere recht ungewöhnlich. Teil XL unserer Serie zu Traumberufen - zwischen Illusion und Wirklichkeit.

    Joseph Calleja als Alfredo gemeinsam mit Elizabeth Futral (Violetta) in Verdis "La Traviata"

    Foto © APJoseph Calleja als Alfredo gemeinsam mit Elizabeth Futral (Violetta) in Verdis "La Traviata"

    Sie haben mit 16 zu singen begonnen. Doch erste Impulse gab es schon vorher. Ihre Karriere ist auf fast schicksalhafte Art mit Enrico Caruso verbunden. Wie war das genau?

    JOSEPH CALLEJA: Ich muss zwölf oder 13 gewesen sein, als ich meinen Onkel besuchte. Dort lief der Film "Der große Caruso" mit Mario Lanza. Eine Szene habe ich noch ganz genau vor meinen Augen. Lanza trug als Caruso einen Mehlsack auf dem Rücken, wurde zum Singen aufgefordert und sagte: "Zu viel Mehl in der Stimme!" Nach einem Schluck Wein legte er jedoch los, und zwar mit der "Tarantella Napoletana". Ich war wie vom Blitz getroffen, versuchte, ihn gleich zu imitieren. Dieser Versuch dauerte zwei Minuten, dann war meine Stimme für zwei Wochen außer Betrieb.

    Dennoch Anlass genug, an eine Karriere als Opernsänger zu denken?

    CALLEJA: Ja, doch das war nicht einfach. Malta ist ja winzig. Meine ersten Sporen verdiente ich als Chorsänger, nahm Klavierstunden und befolgte den Rat, zu meinem Landsmann Paul Asciak zu gehen und mich von ihm ausbilden zu lassen. Er war in den Fünfzigerjahren des vorigen Jahrhunderts einer der großen Stars der Welsh National Opera, und er hat mich zu dem gemacht, was ich heute bin. Er hat mir unter anderem beigebracht, dass man ab und zu Pausen einlegen soll, und damit verhindert, dass ich in jugendlichem Überschwang meine Stimme kaputtmachte. Jeden Anflug von Größenwahn hat er abrupt gestoppt.

    Man weiß aber: Nichts kommt von nichts. Immerhin haben Sie ab 1997 drei Wettbewerbe gewonnen, unter anderem Placido Domingos Operalia-Wettbewerb. Die geheimnisvolle Beziehung zu Mario Lanza und Caruso zog sich aber weiterhin durch Ihr Leben.

    CALLEJA: Als vorletzte CD durfte ich "Be My Love", eine Hommage an Mario Lanza, aufnehmen.

    Und im US-Film "The Immigrant", in dem Marion Cotillard, Jeremy Renner und Joaquin Phoenix die Hauptrollen spielen, durften Sie in einer großen Szene als Enrico Caruso auftreten ...

    CALLEJA: Diese Verknüpfungen werden mir manchmal selbst unheimlich. Regisseur James Gray hatte mich an der Metropolitan Opera in "Lucia di Lammermoor" gesehen und mir eine Mail-Nachricht geschickt. "The Immigrant" entstand nach einer wahren Geschichte, und meine persönlichen Recherchen ergaben, dass Caruso wirklich einmal, auf Ellis Island, vor Immigranten gesungen hatte. Das filmten wir faktisch nach, ich sang eine Arie aus "Rondine". Zwölf Stunden, so lange dauerte der Dreh, war ich sozusagen ein kleines Stück Hollywood.

    Würden Sie Ja sagen, falls man Ihnen einmal anbieten würde, Caruso in einem abendfüllenden Film zu spielen?

    CALLEJA: Hören Sie auf, mein Opern-Terminkalender ist randvoll. Unlängst habe ich fünf Städte in sieben Tagen absolviert. In Wien bin ich am Ende krank geworden und musste Staatsopern-Auftritte absagen. Ich halte mich aber an den James-Bond-Titel "Sag niemals nie", habe jedoch keine Ahnung, wie gut ich als Schauspieler wäre.

    Auf der Opernbühne reicht es ja längst nicht mehr, nur zu singen. Wie viel schauspielerisches Können ist gefragt?

    CALLEJA: Oper ist die höchste Form des Theaters. Dennoch liegt der Fokus in erster Linie auf dem Gesang. Nehmen Sie Pavarotti. Der war vielleicht nicht der größte Schauspieler, doch stimmlich ein Gott.

    Sie waren erst 26, als Sie bei den Salzburger Festspielen mit Kultstar Anna Netrebko auf der Bühne standen.

    CALLEJA: Hinaufkommen, gut und schön, das ist möglich. Viel schwieriger ist es, oben zu bleiben. Da muss man sehr gut aufpassen! Dass ich mit vielen tollen Stars als Partner singen durfte, holte mich auf die Erde zurück. In meinem Sturm und Drang hatte ich nämlich manchmal geglaubt, meine Stimme sei das größte Geschenk an die Welt der Oper. Doch neben solchen Partnern bekam ich manchmal den Eindruck, sie sei zu klein.

    Was bedeutet Wien für Sie?

    CALLEJA: Für mich das beste Opernhaus der Welt. Vor meinem ersten Auftritt war ich nervös. Eines Tages stand plötzlich der damalige Operndirektor Ioan Holender in meiner Garderobe, und innerhalb von zwei Minuten hatte er meine Stimme messerscharf analysiert. Chapeau!

    Lesen Sie Kritiken?

    CALLEJA: Glauben Sie keinem Sänger, der behauptet, dass er es nicht tut. In der letzten Saison fand ich über mich nur zwei schlechte. Da war ich sehr stolz.

    Können Sie eine schöne Opernanekdote erzählen?

    CALLEJA: Mehrere. In Chicago trat ich in "La Bohème" mit Anna Netrebko auf. Sie war so wunderbar, dass ich zu weinen begann. Da flossen Tränen. Das beobachtete meine kleine Tochter Clara im Zuschauerraum. Sie war so erschüttert, weil ihr Papa weinte, dass sie selbst zu weinen begann.

    Besuchen Sie auch in Ihrer Freizeit Opernvorstellungen?

    CALLEJA: Ganz, ganz selten. Einmal zum Beispiel nur, um Anna Netrebko zu sehen. Ansonsten bin ich in dieser Hinsicht wie Caruso: Ich geh' nicht gern in die Oper, weil ich die meiste Zeit über ohnehin dort zu tun habe. Ich genieße meine Auszeit lieber abseits der Opernhäuser. Auszeit ist ungemein wichtig. Denn wer dauernd in der surrealen Welt der Oper lebt, wird leicht verrückt.

    INTERVIEW: LUIGI HEINRICH

    Zur Person

    Joseph Calleja (36) wurde in Attard auf der Insel Malta geboren. Er gewann drei internationale Bewerbe, feierte 2000 in Toronto als Rodolfo in La Bohème sein Bühnendebüt. 2009 Metropolitan Opera in New York - er übernahm für Rolando Villazón die Titelpartie in "Les contes d'Hoffmann". Bei seinem Debüt an der Covent Garden Opera in London war er in "Rigoletto" der Herzog von Mantua. Seither singt er in allen großen Opernhäusern der Welt.

    Konzerte. Immer wieder trat Calleja mit Anna Netrebko und mit dem walisischen Bassbariton Bryn Terfel auf. 2012 gestaltete er Teile der "Last Night Of The Proms". In den nächsten Wochen gastiert er an der Staatsoper in München.

    Alben. 2003 Donizettis "Maria Stuarda". Regelmäßiger Gast in Tonstudios. 2009 Bellinis "I Capuleti e i Montecchi" - mit Anna Netrebko und Elina Garanca, 2012 "Be My Love", Hommage an Callejas Idol Mario Lanza; aktuelle CD: "Amore".

    Vorteile

    Fans. Auftritte in den renommierten Opernhäusern der Welt bringen eine große Fangemeinde. Durch diverse Aufnahmen, CDs und DVDs vermehrt sich die Fangemeinde.

    Weit gereist. Als Startenor sieht man die Welt.

    Nachteile

    Stress. Um keine Probleme zu bekommen, muss man gut auf sich achten. Callejas Rezept sind fixe Auszeiten, in denen er oft ins Kino geht und viel liest.

    Ehrgeiz. "Man darf es nicht übertreiben", lautet die Faustregel von Joseph Calleja.

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