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Presseaussendung:

Strukturelles Versagen der Staatsanwaltschaft im Fall Krems

Amnesty International übt scharfe Kritik an der Arbeit der niederösterreichischen Staatsanwaltschaft nach dem Tod eines 14-Jährigen Einbrechers durch eine Polizei-Kugel vorigen Sommer in einem Kremser Supermarkt. Foto: APA/Pfarrhofer

Fokus Österreich

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Freitag, 12. März 2010

"Es ist ein menschenrechtspolitischer Skandal", findet Heinz Patzelt, Generalsekretär von Amnesty in Österreich, klare Worte für den Umstand, dass im August 2009 tagelang niemand bei der Korneuburger Staatsanwaltschaft für den Fall zuständig war. "Ich bin fassungslos und entsetzt über das völlige und strukturelle Versagen der Staatsanwaltschaft. Sie hat die hochkompetente, engagierte Ermittlergruppe de facto im Stich gelassen."

Der nach den tragischen Ereignissen in Krems (NÖ) eigens gebildete Sonderkomission schwebte damals laut Aussage ihres Leiters sowohl ein psychologisches Gutachten über die vorgebliche Vernehmungsunfähigkeit des Schützen als auch die Verhängung von U-Haft vor, habe aber zwischen 6. und 10. August keinen Ansprechpartner bei der Anklagebehörde gehabt. "So etwas ist in Österreich noch nie passiert und darf einfach nicht passieren", zeigte sich Patzelt, der den Prozess in Korneuburg seit Mittwoch verfolgte, betroffen.

Die Kritik beschränkt sich nach dem zweiten Verhandlungstag nicht auf die Ereignisse des Vorjahres, sondern trifft auch die nun zuständige Staatsanwältin. "Ich akzeptiere die unabhängige Rechtsprechung, aber ich kann nicht akzeptieren, dass die Staatsanwältin nicht versucht, ihre Anklage ernsthaft durchzubringen. Sie stellt in diesem Verfahren in diese Richtung überhaupt keine aktiv kritischen Fragen. Kann sie nicht, will sie nicht oder darf sie nicht den Aufgaben einer Strafverfolgungsbehörde nachgehen?"

Die Anklage des 43-jährigen Polizeibeamten auf fahrlässige Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen ist für Patzelt bereits "am untersten Minimum der Tatereignisse" angesiedelt. Dass die zweite Polizistin, die dem anderen jugendlichen Einbrecher (17) in die Beine geschossen hatte, gar nicht erst belangt wird - ihr wurde Notwehr zugebilligt - kann Patzelt nicht nachvollziehen: "Das bisherige Verfahren hat keinen Hinweis erbracht, dass sich die Beamtin bei ihrer Schussabgabe in einer Notwehrsituation befunden hat."

Amnesty hatte bereits an den Ermittlungen in dem Fall bemängelt, dass sie weder mit der gebotenen Sorgfalt noch transparent und unabhängig genug durchgeführt wurden.