Dank technologischer Verbesserungen erlebt der Sektor der
phototropen Brillengläser
nach einer Stagnationsphase in den 80er Jahren jetzt einen deutlichen
Aufschwung. Phototrope Brillengläser werden traditionell aus Mineralglas
hergestellt. Die Brillenträger können die praktischen Verteile von phototropen
Kunststoffgläsern jedoch immer stärker nutzen und kommen in den Genuss einer
breiteren Farbpalette.
BRILLENGLÄSER
Bei der Herstellung von phototropen Brillengläsern werden zum Grundmaterial
Substanzen hinzugefügt, die auf UV-Strahlen reagieren. Die auf diese Weise
behandelten Gläser verdunkeln sich mit zunehmender Lichtstärke. Dieser Vorgang
kehrt sich um, wenn das Licht schwächer wird: Das Glas kehrt in seinen
deaktivierten Ausgangszustand zurück. Phototrope Brillengläser dürfen aber nicht
mit Sonnenschutzgläsern verwechselt werden. Phototrope Brillengläser sind nicht
als vollständiger Sonnenschutz gedacht, sondern eher als eine variable
Lichtschutzoption. Es gibt Situationen, in denen der Brillenträger mit einem
permanent getönten Rezeptglas besser bedient ist; dies gilt beispielsweise Für
lang andauerndes Sonnenlicht. Wenn man phototrope Gläser trägt, erübrigt es sich
die meiste Zeit über jedoch, zwischen zwei Brillen, d.h. zwischen einer Brille
mit Farblosen Rezeptgläsern und einer Plansonnenbrille, hin- und herzuwechseln.
FARBEN
Alle phototropen Brillengläser besitzen eine Farbtönung. Bis vor kurzem waren
die meisten phototropen Brillengläser grau oder braun. Diese begrenzte
Farbauswahl erklärt sich durch die hohen Entwicklung kosten von speziell
getönten phototropen Brillengläsern. Seit kurzem werden jedoch Maßnahmen
ergriffen, um den Kunden eine größere Farbauswahl anzubieten und die
Verbrauchernachfrage nach phototropen Brillengläsern zu stimulieren. Ein
Beispiel ist die Einführung des Glases Transitions "Green" im europäischen
Markt. Dieses Glas war so erfolgreich, dass Transitions eine breite Palette an
phototropen Gläsern in modischen Farben wie Hellblau, Hellrosa, Hellviolett,
Orange und Blaugrün im Markt eingeführt hat.
Die meisten phototropen Brillengläser erfüllen die Bedingungen
der Norm über die Erkennbarkeit von Signallichtern und gelten als für das
Autofahren bei
Tageslicht geeignet (die minimale Lichttransmission muss bei 8% liegen). Da für
das Autofahren bei Nacht eine Lichttransmission von mindestens 75-80 % gegeben
sein muss, wird davon abgeraten, phototrope Brillenträger bei schwachen
Lichtverhältnissen zu tragen. Hinzu kommt, dass die Windschutzscheibe die
UV-Transmission reduziert, d.h. phototrope Gläser verdunkeln sich im Fahrzeug
nicht vollständig. Der Brillenträger muss also wissen, dass sich phototrope
Brillengläser beim Autofahren nicht optimal aktivieren und ihn daher nicht vor
intensivem Sonnenlicht schützen.
Da alle gegenwärtig im Markt erhältlichen phototropen
Brillengläser durch UV-Licht aktiviert werden, bietet das aktivierte phototrope
Glas dem Brillenträger UV-Schutz.
Dieser Schutz ist aber nicht hundertprozentig: Eine geringe Menge an UV-A-Licht
[mit Wellenlängen zwischen 380 und 400 nm) wird dennoch zum Auge durchgelassen.
Die Transmissionsmenge nimmt jedoch proportional zur Lichtstärke ab. Davon
abgesehen reduzieren phototrope Brillengläser die Menge an sichtbarem blauem
Licht (im unteren Teil des Lichtspektrums), das langfristig gesehen schädlich
sein könnte.
REAKTIONSZEITEN
Die Geschwindigkeit, mit der sich phototrope Brillengläser verdunkeln und dann
wieder aufhellen, und die Menge der Lichttransmission sind temperaturabhängig:
Bei niedrigen Umgebungstemperaturen verlangsamt sich die
Reaktionsgeschwindigkeit, aber das Glas verdunkelt sich stärker. Umgekehrt sind
die Reaktionszeiten bei höheren Temperaturen kürzer, aber das Glas verdunkelt
sich wenige stark (siehe Abb. I).
Dieses Phänomen ist bei Kunststoffgläsern ausgeprägter
als bei Mineralgläsern.
Phototrope Mineralgläser sind seit Jahren im Markt erhältlich. Die bekanntesten
Produkte sind wahrscheinlich Photogrey und Photobrown von Corning. Diese Gläser
hab, eine komplexere Zusammensetzung als farbloses Standardmineralglas. Sie
enthalten große Mengen an Bor und Siliziumoxiden, woher auch der Name
Borsilikatglas kommt. Dem Glasmaterial werden Silberhalogenid- Mikrokristalle
beigemengt. Sie spalten sich unter Lichteinwirkung in Silberpartikel und
Kolloide auf, die für die phototropen Eigenschaften des Glases verantwortlich
sind. Phototrope Mineralgläser werden mit mittleren und hohen Brechwerten
hergestellt.
Die Silberhalogenid-Kristalle garantieren die phototrope Leistung während der
gesamten Lebenszeit mineralischer Brillengläser. Bei phototropen
Kunststoffgläsern hingegen kommt es wegen der organischen Moleküle mit der Zeit
zu einem Leistungsverlust. Er hängt von mehreren Faktoren ab; man kann jedoch
sagen, dass diese Leistungsverringerung für den Brillenträger erst nach zwei
Jahren wahrnehmbar ist Bei den meisten phototropen Brillengläsern variiert die
Lichtdurchlässigkeit um 60%, d.h. sie geht von 85% bis zu einer Verdunkelung auf
eine Lichtdurchlässigkeit von etw. 25% bei Rezeptgläsern. Es gibt spezielle
phototrope Materialien mit einer noch stärkeren Verdunkelung für die Verwendung
als Sonnenschutzglas.
Die Transmissionseigenschaften des Glases Corning PGX
(sieh Abb. 2) entsprechen dem typischen Einfärbungsbereich von phototropen
Brillengläsern (25% bis 90%).
Phototrope Kunststoffgläser gibt es noch nicht seit sehr langer Zeit.
Transitions Optical war das erste Unternehmen dass im Jahr 1990 Kunsthoffgläser
mit variabler Tönung erfolgreich herstellte und verkaufte. Seitdem weist dieser
Marktsektor ein rapides Wachstum auf. Die Transitions-Produkte sind bereits
heute in einer breiten Auswahl an Brechindizes und Gläserformen erhältlich.
Jetzt geht Transitions zu Polycarbonatgläsern und Hochbrechenden Materialien
über. Transitions-Gläser sind bei allen großen Brillenglasherstellern
erhältlich; sie schicken ihre Blanks a eines der Transitions-Werke, in denen
ihnen phototrope Eigenschaften verliehen werden.
Auch Corning ist mit seinem Glas Sunsensors in den Markt der phototropen
Kunststoffgläser eingetreten. Im Gegensatz zu Transitions, das die phototropen
Chemikalie in fertig gegossene Gläser einarbeitet, liefert Corning den
Brillenglasherstellern Chemikalien, die sie dem Grundmaterial vor dem Gießen
beimengen, so dass sie sowohl fertige als auch halbfertige phototrope Blanks
herstellen können.
Die Technologie macht aber weiter Fortschritte. Die Firma PPG
Industries, die Technologie der Transitions Gläser entwickelt hat, testet ein
völlig neues Phototropie
Verfahren. Das Unternehmen stellt in den USA gegenwert ein "elektrotropes"
Produkt mit dem Namen "Intelligent Optics Eyewear" vor. Diese
batteriebetriebenen Fassungen die das Ergebnis einer mehr als neunjährigen
Forschung sind, können durch Drücken auf kleine Knöpfe am Bügel nach Bedarf
aufgehellt und verdunkelt werden.
20/20