Unser Schwerpunkt


Der Gedenk-Ort

Der Gedenkort für die über 10000 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter in Schweinfurt wurde Ende September 2011 der Öffentlichkeit übergeben.

Tein35Anhand von 7 Tafeln wird versucht die damalige Situation zu beschreiben. Der »Lagerweg« führt bis zum »Gedenk-Ort« (mit Tafel 7), den der Künstler herman de vries gestaltet hat.

Der Ort ist „dauerhaftes Symbol und erhebt sich als Mahnung für die kommenden Generationen, damit sich derartige verabscheungswürdige Taten gegen die Menschlichkeit niemals wiederholen“, wie es der ehemalige Zwangsarbeiter Leonardo Calossi ausdrückt.

Direkte Zeitzeugen wird es nicht mehr lange geben. Um so wichtiger ist es, etwas zu schaffen, das dauerhaft erinnert. herman de vries hat den Gedenk-Ort geschaffen. Und der Ort wird sich in den kommenden Jahren verändern – er wird wachsen.

STEIN106herman de vries sagt: »das denkmal steht da, wo früher die baracken gestanden haben für die zwangsarbeiter. die wahl der bäume hängt mit der alten deutschen tradition zusammen. auch die form, das dreieck.

der stein ist ein platz, wo man sich setzen kann, sich besinnen kann. wo man auch einfach mal in der landschaft herumgucken kann. die situation ist jetzt – glücklicher-weise – eine ganz andere, als sie es früher war.

und der spruch auf der bank ist eigentlich der zentrale punkt. der spruch auf dem stein ist der erste satz der deutschen verfassung. und das ist eine wunderbare verfassung. dieser satz ist zustande gekommen dank den erfahrungen aus der geschichte. die würde des menschen ist unantastbar.

AmGdnkOrt135Am Tag der Übergabe des Gedenkortes von links:
Carlo Calossi, Ivan Kulish, Volodymyr Zamorsky, Boris Zemliany, Roza und Janina Szymanik und Oberbürgermeister Sebastian Remelé






diese worte stehen nicht in der holländischen verfassung. und wir finden sie auch nicht in anderen verfassungen. sie stehen in der deutschen verfassung.
und das finde ich sehr repektabel.«

Empfang im Rathaus

Schon zwei Tage zuvor hatte der Oberbürgermeister der Stadt Schweinfurt Sebastian Remelé die Gäste im Rathaus empfangen mit einer Rede, in der neben dem herzlichen Wilkommen auch eine Entschuldigung enthalten war.

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Oberbürgermeister Remelé im Kreise ehemaliger »Ostarbeiter« bzw. deren Nachkommen.
Von links:Boris Zemlianyi, Ivan Kulish, Janina Szymanik, OB Remelé, Volodymyr Zamorsky.

Denn der Name Schweinfurt hat sicher bei den Eltern und auch ihnen selbst keinen positiven Klang gehabt. Hierher wurden sie gegen ihren Willen verschleppt, hier wurden sie ausgebeutet und unwürdig behandelt.

BgmFrauen27Oberbürgermeister Remelé beim Empfang im Rathaus mit Janina Szymanik  am Arm. Daneben die drei Töchter des ehemaligen französischen Zwangsarbeiters Louis Beilvert.











Die Würde wieder zurückgeben. Darum handelt es sich bei dieser Einladung. Und Sebastian Rermelé fand die richtigen Worte.

Im einzelnen handelte es sich um den ehemaligen Zwangsarbeiter Volodymyr Zamorsky aus der Ukraine, der in Kiew von den Deutschen aufgegriffen und verschleppt wurde. Er war damals 14 Jahre alt. Seine Mutter, die nach ihm suchte, wurde ebenfalls nach Deutschland verbracht. Aber sie brachte es fertig, dass sie wieder zusammen kamen. Denn sie arbeitete in der Krankenstation bei VKF in Schweinfurt. Volodymyr musste anfänglich in der Landwirtschaft arbeiten. Doch ab 1944 hatte es die Mutter ermöglicht, dass auch er zu VKF kam, um mit ihm zusammen zu sein.

Weiter um Janina Szymanik aus Polen, die als Sechsjährige mit ihrer Mutter nach Deutschland kam. Sie kamen ins Zwangsarbeits-Lager nach Oberndorf. Die Mutter mussste bei Kugelfischer Zwangsarbeit leisten. Die Kinder der Arbeiterinnen blieben in den Baracken. Dort erlebt Janina 1944 die Bombenangriffe, vor denen sie beide in den Wald flohen. In den Bunker konnten sie nicht. Daran erinnert sie sich noch heute.

Die beiden Ukrainer Ivan Kulish und Boris Zemlianyi haben ebenfalls eine Beziehung zur Stadt Schweinfurt. Kulish kam im Lager »Mittlere Weiden« zur Welt und wurde von den dort anwesenden Frauen durchgebracht, wenn seine Mutter nicht da sein konnte. Zemlianyi kam in der Ukraine 1946 zur Welt, aber seine Eltern lernten sich im Lager kennen und er, Boris ist das Ergebnis.

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Willi Erl (links) von der Initiative übergibt
symbolisch den Gedenk-Ort an
Oberbürgermeister Sebastian Remelé.

Reden bei der Übergabe des »Gedenk-Ortes« am 25. September 2011
Dr. Manfred Grieger (Historiker bei VW)
Yuriy Yarmilko  (Ukrainischer Generalkonsul)
Jacky Cottais (Schwiegersohn von Louis Beilvert)
Volodymyr Zamorskyy (Ehemaliger Zwangsarbeiter)
Carlo Calossi (Sohn von Leonardo Calossi)
Jean-François Soyez (Enkel von Lucien Buissart)
Sebastian Remelé (Oberbürgermeister der Stadt Schweinfurt)

Bildnachweis: Schweinfurter Tagblatt


Der Lagerweg

Der-PositionsPlan
 
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herman de vries in einem Interview

Auf die Frage: »Ist die Beschäftigung mit der Zwangsarbeit vor 70 Jahren nicht etwas radikal anderes, als Ihre Werke bisher, zum Beispiel Ihre „sanctuarien“ oder das rasenstück?«

antwortete er: »… es ist insoweit etwas anderes, dass es an etwas erinnert. und diese erinnerung ist eine moralisch, ethische verpflichtung von uns. dass ich das wieder mit bäumen herum mache, ist ein rückgriff auf alte

hermanHochüberlieferungen. viele bildstöcke in unterfranken haben daneben zwei oder drei linden. ein baum, der also in verbindung mit religiösen auffassungen. der rückgriff auf diese art von tradition ist mir wichtig, weil sie das erinnern in eine lebenssituation stellt. dazu kommt, dass die nazis einen missbrauch begangen haben von dem baum als symbol, besonders der eiche. und jetzt greifen wir darauf zurück und gebrauchen das auf ganz andere weise. wir nehmen es wieder in gebrauch und verlassen damit die bedeutung von solchen bäumen, die diese im nazismus hatten. die auf die volkstümlichen überlieferungen eingegangen sind und es vereinnahmt haben.

auch das hakenkreuz ist ein schönes zeichen, welche in vielen kulturen vorkommt. nach zwölf jahren naziherrschaft ist das hakenkreuz plötzlich ein verdammtes zeichen. eigentlich sollte man das zeichen immer wieder aufnehmen in ganz anderem sinn; denen ihr gestohlenes symbol wieder abnehmen. so ist es mit dem gebrauch der bäume auch.

hermanQuer

ich habe geraten zu linden. zuerst hatte ich ja, wie vorher erwähnt, an eichen gedacht. aber die linde hat eine friedlichere ausstrahlung, die habe ich dann lieber genommen. nach so vielen jahren ist es eigentlich nicht mehr angebracht, dass man zuschlägt mit heftiger kritik. es geht vielmehr darum, sich zu erinnern, das nicht zu vergessen und auch darum, dass man solche dinge nicht auf andere weise passieren lässt. die situation ist jetzt – glücklicherweise – eine ganz andere, als sie es früher war. und der spruch auf der bank ist eigentlich der zentrale punkt. der spruch auf dem stein ist der erste satz der deutschen verfassung. und das ist eine wunderbare verfassung.

dieser satz ist zustande gekommen dank der erfahrungen aus der geschichte. die würde des menschen ist unantastbar. diese worte stehen nicht in der holländischen verfassung. und wir finden sie auch nicht in anderen verfassungen. sie stehen in der deutschen verfassung. und das finde ich sehr repektabel. ob allerdings damit auch immer die würde der menschen garantiert wird, ist eine andere sache. doch die verfassung ist ein guter ausgangspunkt. man kann sich immer wieder erinnern. ob es durchgesetzt wird, liegt an der bevölkerung, das liegt an allen. und respekt vor anderen ist immer eine wichtige angelegenheit. ohne das kann eigentlich nichts funktionieren. und dazu gehört auch respekt vor der natur.

Anmerkung: herman de vries schreibt nicht nur seinen Namen, sondern alles klein. Deshalb haben wir hier in der direkten Rede diese Schreibweise übernommen.