Wie alles begann

Die Geschichte der Braunkohle im Rheinland

  • Dienstag, 14. April 2009, 21.00 - 21.45 Uhr
  • Samstag, 18. April 2009, 12.00 - 12.45 Uhr (Wdh.)

Szenenbild aus der Sendung Quarks & Co

Mann hackt Braunkohle in einer flachen Grube

Die ersten Kohlengruben waren nicht mehr als flache Kuhlen

Wann die Menschen im Rheinland begannen, die Braunkohle als Brennstoff zu nutzen, lässt sich nicht genau sagen. Dafür gibt es einen einfachen Grund: Lange machte man keinen Unterschied zwischen der bröseligen braunen Kohle und dem Brennstoff Torf, aus dem die Braunkohle vor vielen Millionen Jahren entstanden ist. Wahrscheinlich wurde Braunkohle im Rheinland zuerst im Bereich des Höhenzugs Ville südwestlich von Köln verwendet, denn dort reicht die oberste Kohlenschicht direkt bis an die Erdoberfläche. Noch heute kann man dort mit Hacke und Schaufel Braunkohle auf offenem Feld finden. Schon im Mittelalter kam die „braune Erde“ als Farbstoff zum Einsatz, nachweislich ab dem 16. Jahrhundert auch als Brennstoff.

Von Kuhlen und Klütten

Arbeiter stülpt Klüttenform um

Die eimerförmigen Klütten trockneten unter freiem Himmel

Rohbraunkohle ist feucht, brennt nicht besonders gut, qualmt und riecht stark. Lange blieb die Braunkohle deshalb der Brennstoff der armen Leute auf dem Land. Weil die Bevölkerung im Rheinland zu Beginn des 18. Jahrhunderts aber immer stärker wuchs, konnte man auf die Braunkohle zum Heizen und Kochen im größeren Umfang bald nicht mehr verzichten.

Seit etwa 1730 entstanden an vielen Orten der Region kleine Braunkohlengruben. Dort arbeiteten meist nur einige wenige Arbeiter, die oft zugleich als Bauern die umliegenden Felder bewirtschafteten.

Um die oft bröselige Braunkohle besser transportieren und verkaufen zu können, wurde sie in Formen gepresst. Dazu mischte man die Rohbraunkohle mit Wasser, zerstampfte sie und setzte Schmiermittel wie Ton oder auch Kuhmist zu. Dieser Kohlenmatsch wurde dann in kleine eimerähnliche Formen gefüllt, gestürzt und unter offenem Himmel getrocknet. Das Endprodukt – die sogenannten Klütten – brannten zwar nicht viel besser als die rohe Braunkohle, waren aber wesentlich besser zu transportieren und zu lagern.



Nass und trocken gepresst

Braunkohlenbrikett der Marke Union

Erst in getrockneter, gepresster Brikettform setzte sich die Braunkohle großflächig als Brennstoff durch

Die Industrialisierung brachte auch für die Braunkohle einschneidende Veränderungen. Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die Braunkohlengruben im Rheinland immer größer, und verschiedene Unternehmer versuchten, mit dampfbetriebenen sogenannten Nasssteinpressen die Klüttenproduktion zu automatisieren. Die Nasspresssteine brannten aber immer noch so schlecht wie die handgeformten Klütten.

Erst die Einführung der dampfbetriebenen Trockenpressen brachte den Durchbruch für die Braunkohlenbriketts. Um 1885 entstand eine Brikettfabrik nach der anderen und von 1890 bis 1910 verzehnfachte sich die Förderung der Braunkohle im Rheinland. Die Klütten aus den neuen Dampfpressen waren nun nicht mehr nur der Brennstoff für arme Leute vom Land, sondern auch für wohlhabende Städter. Auch der Abbau und Abtransport der Rohbraunkohle wurde damals automatisiert. Dampfbagger hielten in die Tagebaue Einzug, lange Kettenbahnen brachten den Rohstoff direkt in die Brikettfabriken.



Strom und Briketts

Ein Eimerkettenbagger

Mit der steigenden Nachfrage nach Braunkohle werden Tagebaue und Bagger immer größer

Der letzte entscheidende Schritt für die Braunkohle war die Elektrifizierung. Schon ab 1900 tauchten die ersten elektrisch betriebenen Braunkohlenbagger in den Gruben auf. Ihren Strom bekamen sie aus den Brikettfabriken. Dort standen kleine Kraftwerke, die vor allem den Dampf für die Brikettpressen lieferten, aber auch Strom für Maschinen und Beleuchtung. Nach und nach ersetzen elektrische Lokomotiven die Dampfloks der Grubenbahnen.

1910 begann endgültig eine neue Ära, als die Stadt Köln einen langfristigen Vertrag über die Lieferung von Strom abschloss. Vertragspartner war die neu gegründete „Rheinische Electrizitätswerk im Braunkohlenrevier Aktiengesellschaft“ (REW), eine Tochter der erst 1908 aus einem Zusammenschluss verschiedener kleinerer Gesellschaften entstandenen „Rheinischen Aktiengesellschaft für Braunkohlenbergbau und Brikettfabrikation“ (RAG). Die RAG sollte innerhalb der folgenden Jahrzehnte zur mächtigsten Organisation des rheinischen Braunkohlenreviers aufsteigen. Das erste Großkraftwerk wurde an der Grube Fortuna nahe Niederaußem gebaut und liefert ab dem 1. April 1912 Strom in das nur wenige Kilometer östlich gelegene Köln. Ab diesem Zeitpunkt hatte die Braunkohlenindustrie zwei Standbeine: Briketts und Strom. Über die Jahrzehnte verschob sich das Gewicht immer weiter in Richtung Strom.



Braunkohle heute

Braunkohlentagebau Garzweiler mit Schaufelradbaggern

Im Braunkohlentagebau arbeiten die größten Bagger der Welt

Heute landet der größte Teil der Braunkohle im Kraftwerk. Im Jahr 2008 wurden in Deutschland insgesamt 175 Millionen Tonnen abgebaut, davon rund 96 Millionen Tonnen im Rheinland und der Rest in der Lausitz, im Mitteldeutschen Revier und im Revier um Helmstedt. Rund 159 Millionen Tonnen wurden in Kraftwerken verbrannt, 1,6 Millionen Tonnen Briketts und 4 Millionen Tonnen Braunkohlenstaub produziert. 23,5 Prozent des deutschen Stroms werden aus Braunkohle erzeugt.

Im Rheinland gibt es noch drei Tagebaue: Hambach, Inden und Garzweiler. Der Tagebau Hambach ist der größte von ihnen – jedes Jahr fördert die RWE hier 40 Millionen Tonnen Braunkohle. Die Erweiterung des Tagebaus Garzweiler war lange umstritten. Anfang 2006 haben die Bagger begonnen, das 48 Quadratkilometer große Gebiet abzubauen. Bis in das Jahr 2045 will RWE hier, in Garzweiler II, 1,3 Milliarden Tonnen Braunkohle fördern.



Autor: Daniel Münter


Stand: 14.04.2009


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Torf
Torf entsteht, wenn Pflanzenreste in einem Moor nicht vollständig zersetzt werden. Braun- und Steinkohle sind vor vielen Millionen Jahren aus Torf entstanden.

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