Kriegsführung und Taktik Schlachten und Kämpfe Unternehmen Seydlitz: Das Armee-Kavallerie-Kommando z.b.V der 9. Armee im Kampf bei Rschew, Sommer 1942
Unternehmen Seydlitz: Das Armee-Kavallerie-Kommando z.b.V der 9. Armee im Kampf bei Rschew, Sommer 1942

Ausgangslage


Walter ModelDie 9. Armee unter Generaloberst Model stand abgekämpft, nach dem sogar für russische Verhältnisse harten Winter 1941/42, bei Rschew, ca. 200 km entfernt von Moskau.
In diesem Winter versuchte die Rote Armee, nach den vorangegangenen deutschen Erfolgen,  die Initiative zurückzugewinnen und startete mehrere Winteroffensiven. Eine dieser Offensiven war die „Operation Mars“, die kurz nach der Schlacht vor Moskau gestartet wurde. Bei dieser Offensive gelang es der Roten Armee die Front bei Rschew einzudrücken und hinter die 9. Armee zu gelangen, welche dadurch von einer Einschließung bedroht war. Weiters wurde so der gesamte nördliche Flügel der Heeresgruppe Mitte bedroht.

Das Gelände war teilweise von Sumpfgebieten durchzogen und bewaldet. Die Schlammperioden machten jede Bewegung unmöglich. Mit Panzern oder anderen Fahrzeugen konnte man hier nicht agieren und so gelang es einem sowjetischen Kavallerie-Korps sogar weit in den Süden bis zur für die deutschen Truppen äußerst wichtigen Rollbahn Smolensk-Wiasma vorzustoßen.
Auf deutscher Seite hatte man dem kaum etwas entgegenzusetzen, da der letzte Kavallerieverband bereits zu einer Panzerdivision umgewandelt wurde. Die letzte verbliebene Kavallerie befand sich in den Aufklärungs-Abteilungen in Form von Reiter-Schwadronen. Zu diesem Zeitpunkt waren diese allerdings bereits derart abgekämpft, dass sie gegenüber den frischen Kavallerie-Verbänden der Roten Armee kein ernst zunehmender Gegner waren.
Im Rücken der 9. Armee befand sich die 39. Sowjetische Armee. Hinzu kam der erfolgreiche Durchbruch des sowjetischen Kavallerie-Korps Gorin im Februar 1942. Beide Verbände wurden umfangreich von sowjetischen Partisanengruppen unterstützt.

Vorbereitungen


Insgesamt dauerten die Vorbereitungen für das Unternehmen „Seydlitz“ über ein halbes Jahr. Ziel des Unternehmens war, die Bedrohung hinter der 9. Armee, besonders der Versorgungslinien, auszuschalten.
Durch die im Frühjahr  erwartete Schlammperiode entschied sich Generaloberst Model im März 1942 einen Kavallerieverband aufzustellen. Hierzu sollten die Aufklärungsabteilungen des VI., VIII. und XXVII. Armeekorps , mit Verstärkung von Infanterie-Reiterzügen, zusammen gezogen werden um dann das Kavalleriekommando z.b.V. zu bilden. Model gab Weisung einen reinen Reiterverband aufzustellen. Hierzu sollte die Beweglichkeit ausschließlich durch Pferde und sog. Panjewagen gewährleistet sein. Es sollten ausdrücklich keinerlei Fahrzeuge genutzt werden.

Während der Aufstellung des neuen Verbandes stellte sich jedoch heraus, das nach dem harten Winter nicht mehr genug Pferde zur Verfügung standen um die erforderlichen Reiter-Schwadronen damit auszurüsten. Als Ersatz sollten schließlich Radfahr-Schwadronen herangezogen werden. Für das Ziehen der schweren Waffen mussten dann doch Fahrzeuge eingesetzt werden. Dadurch ging der ursprüngliche Plan Models, einen reinen Reiterverband aufzustellen, nicht mehr auf.

Zusammensetzung und Organisation


Im April 1942 wurde das Armee-Kavallerie-Kommando z.b.V gesammelt. Es besaß eine Stärke von 3 Armee-Kavallerie-Regimentern mit jeweils 5 Schwadronen. Ein Regiment setzte sich aus 2 berittenen Schwadronen, zwei Radfahr-Schwadronen und einem Schwadron mit schweren Waffen zusammen.
Die Reiter- und Radfahr-Schwadronen bestanden aus 12 Gruppen wobei jede Gruppe zwei lMG und die Schwadronen zusätzlich noch zwei sMG hatten.
Die Reiter-Schwadronen besaßen Truppenpferde. Die Radfahr-Schwadronen benutzten für den Transport von Waffen, Ausrüstung und Verpflegung bespannte, leichte Fahrzeuge. Die schweren Schwadronen waren pro Regiment mit 6 Kavallerie-Geschützen (IG 18 7,5 cm) ausgerüstet, die bespannt waren oder von Kraftfahrzeugen gezogen wurden.
Je nach Situation sollte das Kavalleriekommando z.b.V. von Panzern, Panzerjägern, Artillerie oder der Infanterie unterstützt werden.

Nach 4-6 Wochen Ausbildungszeit wurde der Verband Einsatzfähig gemeldet. Das Kommando übernahm der ehemalige Kommandeur des Reitenden Artillerie-Regiment 1, Oberst Holste. Die Regimentskommandeure waren:
  • Armee-Kavallerie-Regiment 1: Major Laubner
  • Armee-Kavallerie-Regiment 2: Oberstleutnant von Baath
  • Armee-Kavallerie-Regiment 3: Major Briegleb
Zum planmäßigen Einsatz kam es jedoch vorerst nicht, da Teile des Kavallerie-Kommandos immer wieder an anderen Stellen eingesetzt werden mussten. Erst im Sommer gelang es dann das Kavalleriekommando z.b.V. 9 km südlich von Olenin zu sammeln.

Unternehmen Seydlitz


Am 2. Juli 1942 um 3:00 Uhr begann dann das Unternehmen „Seydlitz“ mit einem Angriff des Kavalleriekommandos z.b.V. aus dem Raum südlich der Eisenbahnlinie Welikije Luki-Rschew in Richtung Süden. An der linken Flanke befand sich die 1. Panzer-Division, links daneben das Infanterie-Regiment 427.
Der Angriff erfolgte gegen stark ausgebaute Stellungen der Roten Armee, doch bis 4:30 Uhr gelang der Durchbruch südlich des Flusses Lutschessa. Der Angriff wurde umgehend in Richtung Süden fortgeführt. Die 1. Panzer-Division konnte in diesem Gelände mit dem Tempo und der Beweglichkeit der Kavallerie nicht mit halten und viel immer weiter zurück. Gegen Mittag setzte starker Regen ein und verwandelte das Gebiet in kniehohen Schlamm. Als der Verband schließlich auf die Urwälder südlich des Flusses Lutschessa traf, mussten die Fahrräder und Pferde zurück gelassen werden.

Zeitgleich griff die 2. Panzer-Division von Süden her an und so konnte am 5. Juli der Kessel um die sowjetische 39. Armee und das XI. Kavallerie-Korps Gorin geschlossen werden. Es kam darauf hin zu äußerst heftigen Kämpfen, doch der sowjetische Widerstand zerbrach allmählich, bis der Kessel letztendlich gesäubert wurde.
Insgesamt dauerte das Unternehmen „Seydlitz“ 11 Tage. Innerhalb dieser Zeit gerieten rund 50.000 Rotarmisten in Gefangenschaft. Die deutschen Truppen erbeuteten oder vernichteten 230 Panzer, 760 Geschütze und mehrere tausend Handfeuerwaffen.

Auswirkungen


Die Gefahr im Rücken der 9. Armee war nun gebannt. Durch die Zerschlagung der sowjetischen Truppen in diesem Gebiet stabilisierte sich die Lage im Rücken der 9. Armee wieder, obwohl nicht alle zahlreichen Partisanengruppen zerschlagen werden konnten. Diese operierten weiter im rückwärtigen Gebiet der 9. Armee.
Es zeigte sich das durch den Verzicht auf technische Hilfsmittel und das wohlüberlegte Abstimmen eines Verbandes auf das jeweilige Gelände, große Erfolge erzielt werden konnten.
Zwar wurde der  Kavallerieverband von zwei Panzerdivisionen unterstützt, doch diese konnten aufgrund des Geländes nur eine unterstützende Funktion einnehmen.

Nach dem das Unternehmen „Seydlitz“ beendet war wurde das Armee-Kavallerie-Kommando z.b.V. wieder aufgelöst. Ein Grund dafür war auch, dass die in schweren Kämpfen liegenden Infanerie-Divisionen der 9. Armee dringend ihre Aufklärungs-Abteilungen und Infanterie-Reiterzüge wieder benötigten.


Kommentare (0)Add Comment
Kommentar schreiben

busy
Zuletzt aktualisiert am Mittwoch, den 09. Dezember 2009 um 00:30 Uhr
 

Unterstützung

Sie finden diese Seite hilfreich oder wollen unser Projekt unterstützen?
 PayPal
Mit den eingegangenen Spenden finanzieren wir ausschlieslich diese Homepage und garantieren eine stetige Fortentwicklung.

Unser Newsletter

Bleiben sie aktuell. Jetzt unseren Newsletter abonnieren!


Banner