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Radioaktive Belastung von Wildschweinen

Es ist allgemein bekannt, dass seit dem Reaktorunfall von Tschernobyl in Wildfleisch teilweise noch erhöhte Werte an Radiocäsium auftreten. Insbesondere Wildschweine sind davon betroffen, da Wildschweine im Boden wühlen und dabei mit Radiocäsium belastete Erde schlucken. Cäsium-137 hat eine Halbwertszeit von 30 Jahren. Radiocäsium vom Tschernobyl-Unfall findet sich nach 25 Jahren immer noch löslich in Waldböden in bestimmten Regionen und damit auch in Wildtieren bzw. Wildpilzen in messbaren Konzentrationen, teilweise auch in Mengen über dem Grenzwert. In Ackerböden bzw. auf Weiden ist Cäsium an Bestandteile des Bodens fix gebunden und wird von Pflanzen und Tieren nicht aufgenommen.

Die Ergebnisse einer vom Gesundheitsministerium in Auftrag gegebenen AGES-Studie zur Belastung von Wildbret zeigen, dass etwa 10 % der untersuchten Wildschweine und etwa 4 % der untersuchten Rehe Cäsium-137-Werte über dem Grenzwert von 600 Bq/kg aufweisen. Der mit Abstand höchste gemessene Wert liegt bei etwa 6000 Bq/kg, also 10-fach über dem Grenzwert. Die Zahlen dieser Studie sind nicht repräsentativ für Österreich, da im Rahmen des Projektes vorwiegend Wild aus durch den Tschernobyl-Unfall höher belasteten Gebieten untersucht wurde. Die Anzahl der Grenzwertüberschreitungen für Gesamtösterreich liegt jedenfalls deutlich darunter.

Grenzwerte stellen keine scharfe Trennung zwischen gesundheitsgefährdend und völlig unbedenklich dar. Sie sind so gewählt, dass selbst dann ein ausreichender Schutz gegeben ist, wenn ein großer Anteil der Nahrungsmittel einen Radioaktivitätsgehalt in Höhe der Grenzwerte aufweist. Daher ist der gelegentliche Konsum von Nahrungsmitteln, deren Radioaktivität über dem Grenzwert liegt, nicht gesundheitsgefährdend, sofern der Großteil der sonstigen Nahrungsmittel nicht belastet ist. Zwar treten bei Wildschwein und Reh in einigen Fällen noch Grenzwertüberschreitungen auf, die Mittelwerte für diese zwei Gattungen liegen gemäß AGES-Studie mit 250 Bq/kg bzw. 126 Bq/kg jedoch deutlich unter dem Grenzwert von 600 Bq/kg. Für eine strahlenhygienische Bewertung sind eher die Mittelwerte von Bedeutung, weniger die Höchstwerte. Aufgrund der oben erwähnten stärkeren Probenahme in höher belasteten Regionen liegen die tatsächlichen Mittelwerte in Österreich auch deutlich unter den im Rahmen dieser AGES-Schwerpunktstudie erhobenen.

Welche Dosis erhält man nun durch den Verzehr von belastetem Wildschweinfleisch?

Unter der Annahme, dass eine Person jährlich 10 Portionen Wildschwein zu je 250 g isst, das mit dem höchsten gemessenen Wert von etwa 6000 Bq/kg belastet ist, ergibt sich daraus eine Dosis von etwa 0,2 mSv. Nimmt man für die Belastung den Mittelwert für Wildschweine von 250 Bq/kg an, so ergibt sich unter sonst gleichen Annahmen eine Dosis von etwa 0,008 mSv. Zum Vergleich: Die natürliche Strahlenexposition beträgt in Österreich im Mittel etwa 3 mSv pro Jahr. In Regionen mit hoher natürlicher Radioaktivität im Grundgestein (zB Waldviertel) sind Werte von 10 mSv pro Jahr keine Seltenheit. Trotzdem werden in diesen Regionen keine negativen gesundheitlichen Auswirkungen beobachtet.

Die Konsumrate von Wildfleisch beträgt in Österreich 0,5 kg pro Person und Jahr. Davon ist der weitaus überwiegende Teil sogenanntes Gatterwild, das in der Regel kaum mit Radiocäsium belastet ist. Die Strahlenbelastung der österreichischen Bevölkerung durch den Konsum von Wildfleisch ist daher entsprechend gering und stellt trotz gelegentlicher Grenzwertüberschreitungen kein gesundheitliches Problem dar.

Neben in regelmäßigen Zeitabständen in Auftrag gegebenen Studien zur Wildfleischbelastung wird in Österreich routinemäßig Wildfleisch stichprobenartig kontrolliert. Die Ergebnisse dieser von der AGES durchgeführten Kontrollen stehen im Einklang mit den Ergebnissen der erwähnten AGES-Studie. (08.04.2011)

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