Sie befinden sich hier: WDR.de WDR Fernsehen Wissen Quarks & Co Sendung vom 08. September 2009 Solarstrom unter der Lupe
Inzwischen kann man auf immer mehr deutschen Dächern Solarmodule sehen. Die blauen rechteckigen Platten schmücken nicht nur die Dächer von Besserverdienenden. Mehr oder weniger großflächig sind Solarmodule auf Dächern von Schulen, Baumärkten, Firmendächern und Sporthallen installiert. Dass sich die Installation finanziell lohnt, hat sich inzwischen herumgesprochen. Denn 20 Jahre lang wird jede einzelne Kilowattstunde Solarstrom vergütet. Das hat zeitweise eine derartige Nachfrage ausgelöst, dass der Rohstoff Silizium für die Solarzellen knapp wurde. Was sich finanziell für den Betreiber lohnen mag, muss aber nicht umweltfreundlich sein. Wie lange dauert es, bis eine Solarzelle genau den Strom erzeugt hat, der bei ihrer Herstellung benötigt wurde?
Der Rohstoff für die Herstellung von Solarzellen ist Silizium. Und den gibt es wie Sand am Meer. Im wahrsten Sinne des Wortes. Denn Sand ist für einen Chemiker nichts anderes als Siliziumdioxid. Und so beginnt die Herstellung einer jeden Solarzelle mit dem Einsammeln von Sand – nicht am Meer, sondern im Tagebau. Im Bayerischen Wald und in Kasachstan wird eine besonders reine Form des Sandes gewonnen. Einmal abgebaut, wird er in riesigen Öfen und chemischen Reaktoren gereinigt, bis aus ihm hochreines Silizium wird.
Zwischenbilanz: Die Energie, die Bagger, Öfen und die chemischen Prozesse bei der Gewinnung von Silizium benötigen, hat die Solarzelle ziemlich schnell wieder rein geholt - nach nur sieben Monaten Betriebszeit auf einem Dach in Deutschland. In den sonnenverwöhnten Regionen Südeuropas geht es sogar um einiges schneller.
Doch noch ist das Silizium nicht rein genug, um daraus Solarzellen herzustellen. Um auch die allerletzten Verunreinigungen zu entfernen, wird das Silizium noch einmal aufgeschmolzen. Nach drei Tagen bei 1400 Grad Celsius ist es dann zum „Solarsilizium“ geworden. Das liegt jetzt in großen Blöcken von fast einem mal einem Meter vor und muss vor der Weiterverarbeitung noch zersägt werden. Die dünnen Drähte, die das Silizium in dünne Scheibchen schneiden, haben damit mehr als einen halben Tag zu tun.
Zwischenbilanz: Diese Arbeitsschritte kompensiert jede Solarzelle nach ziemlich genau einem Jahr. Macht zusammen bis hierher 20 Monate – dann hat die Solarzelle den Strom, der bei ihrer Herstellung verbraucht wurde, wieder rein geholt.
Im nächsten Arbeitsschritt werden die dünnen Scheibchen fit gemacht fürs Sonnenlicht. Aus „Wafern“ werden jetzt die Solarzellen. In einem extrem sauberen Raum werden sie nun gereinigt, geätzt und leitfähig gemacht. Als nächstes wird die typisch blaue Antireflexionsschicht aufgetragen. Sie sorgt dafür, dass das Sonnenlicht leicht in die Solarzellen hinein kommt, aber schlecht wieder heraus. Experimente haben gezeigt, dass dies mit einer blauen Schicht aus Siliziumnitrid am besten funktioniert. Zu guter Letzt werden dann noch die elektrischen Leitungen auf die Solarzellen gepresst.
Zwischenbilanz: Obwohl der komplette Produktionsabschnitt automatisiert ist und Strom fressende Roboter all die Arbeit erledigen, ist die Energie für diese Phase der Herstellung schnell wieder zurück gewonnen: nach vier Monaten. Addiert man den Stromverbrauch bei der Herstellung bis zu diesem Produktionsschritt, braucht die Solarzelle zwei Jahre, um diesen Stromverbrauch wieder rein zu holen.
Bis die Zellen nun auf die Dächer können, werden sie noch zu Modulen montiert. Aus zehn einzelnen Zellen wird zunächst ein „String“, aus sechs Strings dann ein fertiges „Modul“. Zum Schutz kommt noch eine Glasscheibe davor. Zusätzlich gibt ein Rahmen Halt.
Zwischenbilanz: Auch bei diesen Produktionsschritten greifen Menschen nur ein, wenn es irgendwo hakt. Sonst erledigen wieder alles die Roboter. Und diese verbrauchen genau so viel Energie, wie die Solarzelle in fünf Monaten produziert. In der Addition kommen wir nun auf 29 Monate. Wenn das fertige Solarmodul die Werkshallen verlässt, muss es also erst einmal zwei Jahre und fünf Monate Strom erzeugen, um den bis hier verbrauchten Strom wieder wettzumachen.
Noch fehlen zwei Lebensabschnitte einer Solarzelle, die wichtig sind, damit die Rechnung rund ist. Zunächst ist da die Montage auf dem Dach inklusive der Herstellung aller Zusatzgeräte. Zusammen schlägt das mit fünf Monaten zu Buche. Am Ende steht noch das Recycling. Einsammeln, Demontieren und Entsorgen fließen mit insgesamt drei Monaten in die Bilanz ein.
Gesamtbilanz: Unterm Strich stehen also 37 Monate. Drei Jahre und einen Monat muss eine Solaranlage auf einem Dach in Deutschland Sonnenstrahlung in elektrische Energie umwandeln – dann hat sie genau soviel Strom erzeugt, wie bei ihrer Herstellung benötigt wurde. Etwas mehr als drei Jahre: bei einer möglichen Lebensdauer von 30 Jahren.
Silvio Wenzel
Stand: 08.09.2009
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